Zum «Ausklettern» in 15 Stunden durch eine 850-Meter-Wand gestiegen

Simon Gietl, Roger Schaeli

Simon Gietl und Roger Schaeli (r.) auf dem zweiten Gipfel: Ein Bild mit Selbstauslöser.

Foto: visualimpact.ch | Thomas Ulrich

Unsere Route. Dieser Granit-Tower liegt vis-à-vis der Big Wall und ragt 1250 Meter direkt aus dem Meer empor.

Simon und mir ist zum «Ausklettern» noch eine superschöne Tour gelungen.

Der Felsturm steigt 1295 Meter direkt aus dem Meer empor. Der Zustieg führt erst über kompakte Stufen und Platten. Die Kletterwand misst rund 850 Meter. Unsere neu erschlossene Route führt in 30 Seillängen über tadellosen Granit auf den Gipfel, ist problemlos mit mobilen Geräten abzusichern, die Schwierigkeit liegt im 7. alpinen Grad.

Ein absoluter Hochgenuss, wunderbare Kletterei! Wir brauchten 15 Stunden.

Gestartet sind wir gestern um 18 Uhr, kletterten dann die ganze Nacht durch, biwakierten nach 15 Seillängen kurz für eineinhalb Stunden. Da wir keine Zelte oder Schlafsäcke dabei hatten, steckten wir unsere Füsse in die Rucksäcke, damit es nicht zu kalt wurde. Als Kopfkissen dienten uns die beiden 60-Meter-Seile. Kurz nach 9 Uhr heute Morgen sassen wir auf dem Gipfel. Ein geniales Erlebnis.

Roger Schaeli

Roger Schaeli in der 850-Meter-Granitwand.

Wie der Berg heisst, wissen wir nicht. Die Tour war eine spontane Aktion, ausserdem haben wir ja kein genaues Kartenmaterial dabei. Es ist bis zur Abreise aus der Schweiz nicht eingetroffen.

Aber auf dem Gipfel fanden wir keine Schlinge, kein Steinmännchen oder ein anderes Zeichen einer früheren Besteigung.

Simon Gietl

Simon Gietl nach 15 Stunden kurz vor dem Gipfel.

Beim Abseilen kam starker Regen auf, es wurde kalt und abenteuerlich, wir mussten uns nochmals konzentrieren. Pro Stand verwendeten wir je einen Bohrhaken, insgesamt 20 Stück. Der ungesicherte Abstieg zu unterst über die Felsstufen war glitschig wie eine Rutschbahn, auf einer Flechte bin ich sogar noch ausgerutscht. Aber wir mussten lachen, waren so müde, es war wie im Trickfilm.

Natürlich ist diese Tour nicht zu vergleichen mit der anspruchsvollen Big Wall auf den Grundtvigskirken letzte Woche. Aber wir sind zufrieden mit unserer Leistung, wir hatten mega Spass und sind happy. (Aufgezeichnet von Natascha Knecht)

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16 Kommentare zu «Zum «Ausklettern» in 15 Stunden durch eine 850-Meter-Wand gestiegen»

  • barbar-ella sagt:

    wie wärs mit einem namen für die route in einer der grönländischen sprachen?
    sowohl dänisch wie englisch finde ich ein bisschen kolonial…

    beim anschauen eurer bilder hab ich grad sehnsucht nach der weite im norden. gute rückreise!

  • Joachim Adamek sagt:

    Kære venner,

    ich habe vorletzte Woche Euren Blog angeklickt, weil ich September in die Dolomiten will und mir gedacht habe, es könnte nichts schaden, Profi-Kletterern vorher ein wenig über die Schulter zu schauen.
    Eure Berichte und Fotos sind so super, daß sie jedes Mal – auch beim wiederholten Lesen – ein wahres Feuerwerk in mir auslösen. Als ich Euch das erste Mal in der “Big Wall” klettern sah, war beispieslweise urplötzlich diese Angst wieder da, die ich schon oft beim Aufstieg erlebt habe, wenn ich kurz in die Tiefe sah, und ich mußte daran denken, wie ich mir in solchen Momenten immer sage: “Du mußt da rauf, sonst stürzt Du ab.” — Widersinnig? Nein, ein ganz normaler Reflex. Es gibt so viele Gründe, auf einen Berg zu steigen. Nicht zuletzt, des Perspektivwechsels wegen.
    Die Wochenenden sind immer gut, um ein bißchen zu entspannen und Distanz zu gewinnen. Ich muß mich entschuldigen — Undskyld! — für meine Einträge in Eurem Blog. Ich komme mir vor, wie ein frischer ABC-Schütze, der einem Professor Ratschläge erteilt. Welche Vermessenheit!

    Mange tak, Natascha! Denn auch das Schreiben ist eine Gratwanderung. Du machst Deinen Job prima. Werde mich bemühen, künftig weniger Nonsens von mir zu geben.

  • Schorsch sagt:

    Wisst Ihr eigentlich, dass „euer“ Berg nicht Grundtvigskirken, sondern Tsavagattaq genannt wird. Ohne Eure Topleistung schmälern zu wollen, aber Ihr habt „Tsavagattaq“ bestiegen, nicht Grundtvigskirken (der ist ein paar hundert Meter weiter südlich).
    Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Tsavagattaq und weiterführende Links.

    • Pierre Amiguet sagt:

      Bin so klug als wie zuvor: Redet ihr jrtzt über den Big-Wall Berg oder den Auskletter-Berg? Oder umgekehrt?

      Greenhorn Frage: Um sowas hoch zu kommen braucht es da immer einen Felsspalt wie im Bild? Und wenn man mal so zwei Seillängen runter fällt, schmerzt das doch ein wenig und ist damit auf Grund von Schock die Tour zu Ende, oder gehört so ein Sturz zum Kletteralltag?

      • Es geht um den Big-Wall-Berg – den spektakulären Grundtvigskirken.

        Zu Frage: Grundsätzlich stürzt man immer doppelt so weit wie die letzte Sicherung. Roger, Simon, Daniel und Thomas haben mobile Sicherungsgeräte verwendet (Friends, Kleimmkeile, etc. die der Vorkletterer in feinen Rissen oder kleinen Felslöchern befestigt, der Nachsteiger nimmt sie wieder mit).

        Zwei Seillängen fällt man eigentlich nie, theoretisch wäre das aber möglich. Nämlich, wenn man eine ganze Seillänge keine Sicherung einhängt und beim Erreichen des nächsten Standes stürzt. Dann fällt man nicht zurück in den letzten Standplatz (eine Seillänge), sondern zurück in den vorletzten Stand (zwei Seillängen)!

        Kleine Stürze gehören zum Kletter-Business, grosse Stürze (wie zwei Seillängen) wissen die Profis zu vermeiden.

    • Hans sagt:

      @Schorsch: Diese Feststellung ist leider falsch! Der von Roger Schäli, Daniel Kopp, Simon Gietl und Thomas Ulrich – durch die 1325-Meter-Bigwall – bestiegene Berg heisst ‚Grundtvigskirken‘ und ist offiziell 1977 Meter hoch.

      Zur Erklärung für alle Interessierten, warum überhaupt der Name des Berges noch ein Diskusionspunkt sein kann:

      Als die Expedition nach Grönland gestartet ist, hatte sie nur rudimentäres Kartenmaterial aus freien Online-Quellen zur Verfügung, weil die in Dänemark vor langer Zeit bestellten Karten nicht rechtzeitig eingetroffen sind (sind sie noch immer nicht). Gestützt auf eine Online Karte des dänischen Topo-Amtes haben wir den Berg ‚Grundtvigskirken‘ genannt.

      Mehrere Blog-Leser (unter anderem auch Schorsch) haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht stimme und der Berg ‚Tsavagattaq‘ heisse. Sie stützten Ihre Aussage auf frühere Expeditionsberichte, die den bestiegenen Berg tatsächlich als ‚Tsavagattaq‘ (Grönländisch für Harpune) beschrieben.
      Vor diese Tatsachen gestellt habe ich mich entschieden, der Sache auf den Grund zu gehen und habe beim zuständigen (dänischen) Amt nachgefragt. Dabei ist rausgekommen, dass es tatsächlich zu Verwechslungen gekommen ist, weil in der Vergangenheit zwei verschiedene Berge als ‚Grundtvigskirken‘ bezeichnet worden sind. Einerseits der von Roger Schäli und Team bestiegene ‚echte Grundvigskirken‘ – aber auch ein in der Nähe gelegene Berg mit 3 Gipfeln.
      Dieser Irrtum ist insofern nachvollziehbar, weil er sogar einem Kartografen unterlaufen ist: in der ersten detaillierten Karte der Gegend (1: 250’000) von 1972 ist der Nachbar des echten ‚Grundvigskirken‘ mit dessen Namen angeschrieben. Aufgefallen ist der Irrtum dem Mitarbeiter des damals für Grönland zuständigen Geological Survey of Denmark and Greenland, A.K. Higgins. Ihm ist aufgefallen, dass der auf der Karte als ‚Grundtvigskirken‘ bezeichnete Berg – im Gegensatz zum echten – keinerlei Änlichkeit mit der gleichnamigen in Koppenhagen stehenden Kirche hat. Er hat das „Place Name Committee for Greenland“ mit seiner Argumentation überzeugt, woraufhin der echte ‚Grundvigskirken‘ seinen Namen zurückerhielt und seither auf neuem Kartenmaterial entsprechend angeschrieben worden ist.

      Auf meine Nachfrage hin, hat – der inzwischen pensionierte – A.K. Higgins den Sachverhalt bestätigt:
      Nicht wir haben den Berg verwechselt, sondern die Autoren der früheren Publikationen (American Alpine Journal + Climbmagazine) bezeichnen den ‚Grundvigskirken‘ fälschlicherweise als ‚Tsavagattaq‘!

      Fazit: Der Einwand war – aufgrund der früheren Verwechslungen und des darauf basierenden Wikipedia-Eintrages – berechtig. Er ist jetzt aber definitiv widerlegt. Der auf neuer Route bestiegene Berg heisst ‚Grundtvigskirken‘.

      Hans Ambühl, Geschäftsführer VISUAL IMPACT GmbH, Interlaken

      • Adrian sagt:

        @Hans Ambühl: Herzlichen Dank für Ihre Abklärungen. Danke aber auch für den Beitrag von Schorsch und den Wiki-Link. Dadurch ist nun immerhin gesichert, dass es keine Erstbesteigung war. Am Anfang des Blogs war noch die Rede von: „spektakuläre Erstbesteigung eines noch namenlosen Gipfels in Grönland“. Also: war wohl nichts. Der Gipfel hat sogar zwei Namen (einen richtigen und einen falschen) und wurde mindestens schon zweimal bestigen. Schade. Ich hab den Blog mit Spannung verfolgt und war sehr fasziniert. Dass es keine Erstbesteigung war schmälert die sportliche Leistung der Erstbegehung der Nordostwand nicht im Geringsten. Aber es wäre vielleicht dennoch wichtig, dass das irgendwo im Haupttext noch hingeschrieben wird. Danke.

  • Joachim Adamek sagt:

    Kære venner,
    aha, “Ausklettern” nennt Ihr so eine kleine Erstbesteigung. Kann gut sein, wenn ich das so sehe, daß das Grundtvigskirken 2 ist. Namen, Karten: Vergeßt das, Ihr seid in Grönland.
    Ja, schlechte Nachrichten: Vejret bliver køligt i området af Scoresbysund. Det skal regner en del i sondag og måndag, og derefter forventes også sne. — Nehmt’s gelassen: Wenn es Euch so geht wie mir, werdet Ihr auch in 25 Jahren Grönland noch bestens in Erinnerung haben.

    Skål! Genießt den heutigen Tag!

  • Sweet u r my star……cause u ´stop´when its @ the right time….man sollte immer dann aufhören, wenn s am schönsten ist. Enjoy the nature………….not long 2 go…………..´nahla´and ´tj´r thinkin of u…………….and we r so happy in ur success***ur family

    …greets 2 tha boys…

  • furger brigitte sagt:

    lieber Roger

    du bist so natürlich und nah, dabei bewältigst du schier unmögliches.

  • Jo Adams sagt:

    Sounds like another great climb! Glad you were able to complete it and got back down safely.

  • Soa sagt:

    gLÜkLIchSEIn VeRvIELfäLTIgt sICh, wENn MaN es TeIlT…danke

  • Schuler-Schäli sagt:

    Hallo Roger, Hallo Simon
    Ihr seid vielleicht verrückte Jungs. Wir sind alle froh, dass es euch gut geht.
    Bis bald.

    Barbara, Leo, Diva und Prinzesschen

  • Christian Marogg sagt:

    Ihr seid richtige „Sibäsieche“! Hammer, gratulliere auch dazu :-)

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