Der Kaiser ist ein Käser

Diese Woche im Schwarzseegebiet (FR)


Die Kaiseregg ist keine Egg, sondern ein richtiger Berg. Eine Bastion, eine Burg, die sich schirmt mit Geröll, Fluhen und Felsen. 2185 Meter hoch ist sie immerhin und trennt als Teil einer langen Gipfelkette zwei Regionen: das Freiburger Senseoberland und das Berner Simmental. Und deshalb kann man sie auch von zwei Seiten her erwandern: Streng ist der Zugang von Boltigen BE oder Weissenbach BE via Walopsee. Und vergleichsweise leicht gelangt man vom Schwarzsee FR hinauf.

Ich wählte die leichte Variante. Fuhr mit dem Bus vom Bahnhof Freiburg via Tafers und Plaffeien hinauf zum Schwarzsee. Trank in der Seewirtschaft Gypsera vorbeugend ein Mineralwasser; es würde ein heisser Tag werden. Nahm dann den Sessellift zur Riggisalp hinauf, wo sie Monstertrottis bereithalten mit riesigen Reifen; man kann so ein Ding mieten und dann zu Tal rasen.

Von Schroffheit durchbrochene Lieblichkeit

700 Höhenmeter sind es von der Bergstation Riggisalp bis zur Kaiseregg. Bevor ich losmarschierte, schaute ich mich um und konstatierte wieder einmal: Die Gegend besteht aus zweierlei Baumaterial. Zum einen ist sie geprägt von sanftgewellten Hügeln und samtweichen Matten, darin Bauernhäuser mit silbrig schimmernden Dächern fast bis zum Boden. Zum anderen wird diese allgemeine Lieblichkeit durchbrochen von punktueller Schroffheit: Einige böse Abschreckungszacken ragen gen Himmel.

Von der Bergstation zog ich hinab zum grossen Riggisalp-Hof, wo man einkehren und einfache Sachen essen kann; viereinhalb Stunden später würde ich hier sitzen mit einem schönen Käseteller vor mir – aber von diesem Glück wusste ich noch nichts. Der Weg hinauf zum Kaisereggpass, den ich alsbald unter die Füsse nahm, gleicht einem auf den Kopf gestellten V. Die erste Rampe zieht vorbei an einem magischen Dolinenseelein zur Salzmatt: wieder eine Alp, wieder eine Wirtschaft. Dann eine Spitzkehre. Die zweite Rampe führt steiler und wilder zum Kaisereggpass, wobei die letzten hundert Höhenmeter mit Fels- und stellweise Holztritten gebändigt sind.

Kaiserliche Aussicht

Auf dem Pass jähes Staunen: Nun sah ich auf einen Schlag das Simmental und seine Berge. Ich genoss den Weitblick, indem ich mich auf einer verwitterten Bank niederliess, ruhte, schaute. Zum Gipfel waren es dann nur noch 20 leichte Aufwärtsminuten, den Rucksack liess ich liegen. Oben fand ich wieder eine Bank vor, das Gipfelkreuz, das ich schon von der Salzmatt ausgemacht hatte, und viel Volk, das wie ich aus dem Rucksack sich verpflegte und mit der Karte die einzelnen Berge in der Runde zu identifizieren suchte.

Doch, die Kaiseregg ist toll, dachte ich, während ich hernach auf demselben Weg wieder abwärts hielt, wieder zur Salzmatt und zum Riggisalp-Sessellift. Wahrhaft kaiserlich ist diese Kaiseregg. Allerdings las ich dann zuhause, dass sich hinter dem Namen gar kein Kaiser verbirgt. Sondern ein kommuner Käser. Das ist durchaus plausibel angesichts der Alpen rundum; und im nicht allzu weit entfernten Cousimbert steckt ja auch das deutsche «Käsenberg». Aber ein wenig desillusioniert fühlte ich mich schon; manchmal schafft Wissen nicht Erleuchtung, sondern Enttäuschung.

Route: Riggisalp (Sessellift ab Schwarzsee Gypsera) – Riggisalp (Alpwirtschaft 10 m später) – Salzmatt – Kaisereggpass – Kaiseregg . Und retour.

Gehzeit: 4 1/4 Stunden.

Höhendifferenz: je 780 Meter auf- und abwärts.

Langvariante: Aufstieg von der Riggisalp zur Kaiseregg und retour zum Kaisereggpass wie beschrieben. Dann via Walop hinab nach Boltigen im Simmental. 6 Stunden, 890 m aufwärts, 1560 abwärts.

Wanderkarte: 5025 T «Saanenland/Simmental», 1: 50 000.

Spazieren: Wers gern gemütlich hat, fährt mit dem Sesselalp auf die Riggisalp und spaziert von dort zum Dolinenseelein am Weg zur Salzmatt. Hin und zurück gut 30 Minuten.

Charakter: Sanft im unteren Teil, geröllig und steil zum Kaisereggpass hin. Der Weg ist gut unterhalten und für durchschnittliche Berggänger kein Problem. Keine ausgesetzten Stellen; einzig auf dem Gipfel ist es gefährlich, zu nah an die Abbruchkante zu gehen.

Höhepunkte: Das herzige Dolinenseelein vor der Salzmatt. Die wohlgeformten voralpinen Hügel des Senseoberlandes vom Gipfel aus. Der Gipfel-Rundblick. Die schönen Alpwirtschaften Salzmatt und Riggisalp.

Hund: Machbar, sofern der Hund sessellifttauglich ist. Anstrengend.

Einkehr unterwegs: Riggisalp-Wirtschaft und Salzmatt, beide in der Alpsaison durchgehend offen.

Wanderblog: widmerwandertweiter.blogspot.com

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4 Kommentare zu «Der Kaiser ist ein Käser»

  • hallo thomas

    danke für deinen wandertipp.
    ich wohne in der stadt bern, und besuche diese wunderbare gegend jedes wieder.

    das panorama vom kaiseregg ist wunderbar. vom mont-blanc bis zu den berner riesen sieht mal alles…
    auch einige 4000er der walliser alpen sind zu sehen.

    ich wünsche allen viel spass in diesem natur paradies.

    gruss von
    raphael wellig / http://www.raphaelwellig.ch

  • Hanspeter Rellstab sagt:

    Der Kaiser ist „doch“ ein Kaiser !
    Nict vergeben sagen wir aut „Schloss“ und meinen damit die Kaiseregg.
    Noch heute hat es alte Mauerreste auf Schloss.
    In ein Schloss gehört ein König oder eben ein Kaiser.
    Gekäst wurde nie viel, erst nach der Auflösung des Milchkontigentes wurde wieder zur Harfe gegriffen.

  • Hans Müller sagt:

    Ich war kürzlich auch wieder in dieser Gegend wandern (Schwarzsee-Gantrischgebiet). Das Gebiet ist für die hochsubventionierte Produktion von Milchüberschüssen leider völlig übernutzt. Keine offene Grasfläche ohne Kühe oder Schafe. Die meisten der kleinen Seelein, von welchem es im Gebiet einige hat, sind nur noch stinkende, von Kuhmist überdüngte Kloaken. Und zum Schutz der jährlich mit mind. 40Mio. CHF subventionierten Schafen vor dem bösen Wolf kläfft neuerdings auf jeder zweiten Alp einer dieser Herdenschutzhunde herum. Als Steuerzahler kommt man sich da schon ein bisschen blöd vor: Zuerst bezahlt man die Schafe, dann noch den Herdenschutzhund und zum Dank wird man beim Wandern in den Hintern gebissen. Und wenn man dann denkt, dass man im Restaurant oder in der Metzgerei nun wenigstens einheimisches Schaffleisch vorgesetzt bekäme, dann ist leider auch das Fehlanzeige: Neuseeland und Australien. Ich empfehle das Gebiet allenfalls als Anschauungsunterricht für eine verfehlte Landwirtschaftssubventionspolitik. Aber den Hund lassen Sie besser zu Hause, darauf reagieren die Herdenschutzhunde nämlich ziemlich allergisch, Leine hin oder her!

  • Urs Kyburz sagt:

    Auch eine sehr schöne Tour von der Riggisalp aus ist die Rundwanderung „Urlandschaft Brecca“, die sehr gut für Familien geeignet ist. Wird nächstes Jahr in meinem Familien-Bergtourenführer erscheinen.

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