Wanderung zum Wandermaler

Diese Woche auf den Piz Mundaun über der Surselva (GR)


Der Piz Mundaun in der Ecke von Surselva und Val Lumnezia wird oft «Bündner Rigi» gerufen. Mich stört das. Hey, Mundaun, mehr Selbstbewusstsein, bitte! Du hast es nicht nötig, dich der Welt mit einem Vergleich anzudienen! Du bist der Mundaun! Du bist du selbst, kannst ein Prachtspanorama vorweisen – man sieht von dir aus die halbe Bündner Bergwelt. Sieht aber auch hinüber in die Tödigegend. Zum prähistorischen Flimser Bergsturz, dem grössten der Alpen. Und ganz nah strebt der Vorderrhein der Schlucht von Versam zu.

Diesen grossen Mundaun, der keineswegs ein Rigi-Abklatsch ist, erblicken wir schon aus dem Zug, von der Station Castrisch aus. Sein Aufbau ist felsig, doch oben ist er begrünt. Um ihm näherzukommen, nehmen wir wenig später vom Bahnhof Ilanz den Bus hinauf nach Flond. Die Wanderung startet mit dem Anblick des Dorfkirchleins von Flond, das tapfer auf seinem Felsbuckel hockt. Mal auf Strässchen, mal auf feuchten Wald- und Wiesenwegen geht es via Marschaga und Valmata aufwärts durch ein Land der sonnenverbrannten Ställe und Stadel. Dann das Restaurant – da ist der Name wieder – «Bündner Rigi», von weitem sichtbar, ein weisses Einzelhaus. Auf seiner Terrasse ist gut rasten. Der Wirt veranstaltet laut Homepage übrigens ab und zu einen Alphornkurs.

Der alte Dorfkern harmonisiert Wanderers Seele

Hernach geht es auf einem steilen Steig, aber nie ausgesetzt durch Alpenrosenbüsche, zum Gipfel des Mundaun. Herrlich, wie schon gesagt, das Panorama. Auf der Plattform unter der Antenne ist ein Alpenzeiger montiert. Haben wir uns sattinformiert, können wir uns im Sattel neben dem Gipfel verpflegen: schon wieder ein Restaurant. Es gehört zur Sesselbahn hinab nach Cuolm Sura oberhalb von Surcuolm, Flonds Nachbardorf. Wir allerdings streben auf die andere Seite, ins Val Lumnezia. Der Abstieg ist nicht immer gut ausgeschildert, doch falsch machen kann man nicht viel. Via Triel, auch wieder eine Bergwirtschaft, auch wieder eine Sesselbahn, geht es hinab nach Vella.

Der Eintritt ins Dorf: ein Schock, ein Graus, man möchte weinen. Am oberen Rand stehen Neubauten seltener Hässlichkeit; wer um Himmels willen lässt so etwas geschehen, und wo war Gott an jenem Tag? Der alte Dorfkern von grosszügiger Weite harmonisiert Wanderers Seele wieder. Empfehlenswert die «Ustria dalla Posta», in der man nett bedient wird. Auch sind da zwei bemerkenswerte historische Gebäude. Das Schloss de Mont: was für ein Trutzbau! Die katholische Kirche wiederum, die auf das 16. Jahrhundert zurückgeht, ist auf der Längsseite mit Malereien des Hans Ardüser geschmückt, Heiligenmotiven.

Ein einzelnes Häuschen, zum Bewohnen zu klein

In Vella lebt und bauert bekanntlich Renzo Blumenthal, vormals Mister Schweiz. Nichts gegen ihn und seine Bioware – dennoch denke ich, es wäre sinnvoller, mit Vella diesen Hans Ardüser zu verbinden, den grossen Wandermaler. 1557 in Davos geboren, hat er als ambulanter Künstler in gut vier Dutzend Dörfern seiner Bündner Heimat um die 100 Werke geschaffen. 20 sind erhalten, jedes lohnt die Betrachtung. Und nun ein letztes zu Vella: Im Dorf steht auch ein einzelnes Häuschen, das zum Bewohnen zu klein wäre. Es ist im lokalen Idiom Sursilvan angeschrieben: «Salun da Pedicura». Fusspflege muss sein, auch bei den Rätoromanen.

Route: Flond, Vitg (Bus ab Ilanz) – Marschaga – Valmata – Bündner Rigi – Piz Mundaun, Gipfel – Piz Mundaun, Bergstation – Triel – Vella (Bus nach Ilanz).

Gehzeit: 4 3/4 Stunden.

Höhendifferenz: 900 Meter aufwärts, 830 abwärts.

Charakter: Ungefährlich, aber anstrengend. Aussichtsreich. Herrlicher Dorfkern am Schluss.

Höhepunkte: Der Blick vom Restaurant Bündner Rigi hinab zum Vorderrhein. Der Rundblick vom Mundaun mit den Glarner Alpen am Horizont. Der historische Dorfkern von Vella, die Wandmalereien von Hans Ardüser (und Alois Carigiet) an der Kirche.

Hund: Machbar, aber anstrengend.

Einkehr: Bündner Rigi (Mi Ruhetag), www.buendnerrigi.ch. Auf dem Mundaun und in Triel, www.obersaxen-mundaun.ch In Vella.

Privater Blog: widmerwandertweiter.blogspot.ch

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6 Kommentare zu «Wanderung zum Wandermaler»

  • Liebe Kommentierer, vielen Dank für die Korrekturen und Ergänzungen; ich gebe gern zu, in dieser tollen Gegend leider noch nicht besonders BEWANDERT zu sein. Ich will es aber nachholen und zum Beispiel diese Woche auf den Flimserstein steigen! Herzlich, Thomas Widmer.

  • schöner Bericht, danke Herr Widmer, das tut uns gut. Empfehlenswerte Wanderung, wirklich. Wir Bergbeizli am Mundaun gehören aber nicht nur den Bahnen, wir haben noch viel mehr zu bieten. Diesen Sommer/Herbst veranstalten wir zum Beispiel die kulinarischen Zeitreisen wo in jedem Restaurant am Mundaun einmal ein kulinarischer Höhenflug gepaart mit viel Geschichte und Anekdoten zum Berg Mundaun angeboten wird. Da erfährt man dann auch warum der Berg früher Bündner Rigi hiess….. herzliche Pizgrüsse Marlis Derungs

  • Christian sagt:

    Auf Bild 6/11 ging der Blick auf die falsche Seite, nämlich nach Obersaxen und das Vorderrheintal. Damit Nachahmer sich nicht falsch verleiten lassen…

  • claudio deflorin sagt:

    Sehr geehrter Herr Widmer
    Mit Vergnügen und Interesse lese ich Ihre jeweiligen kurzweiligen Wandervorschläge und Berichte. Zum letzten Bericht eine kleine, aber für die Einheimischen nicht unwichtige Berichtigung: Die Lumnezia ist integraler Teil der Surselva, auch wenn sie von der RhB nicht bedient wird, und bildet keineswegs eine Ecke zur Surselva, wohl eher zur Foppa, oder meinten Sie das Vorderrheintal ? Und was den Wandermaler Ardüser betrifft, auch Alois Carigiet hat in Vella Spuren hinterlassen (die allerdings kaum mit Ardüsers Werken mithalten können.)

    Salids cordials e bien viadi

    C.D.

    (Ich lege keinen Wert auf ide Veröffentlichung meiner Reaktion… . Danke)

  • hallo thomas

    danke für die abwechslungsreichen wanderungen. der kanton graubünden muss zum zuge kommen… schliesslich ist es der
    kanton mit nicht weniger als 150 tälern…
    sehr interessanter wandervorschlag…

    ich wünsche allen schöne wanderungen.

    gruss von
    raphael wellig / http://www.raphaelwellig.ch

  • Projer sagt:

    Danke Widmer! Endlich kommt auch mein schöner Heimatort zum Zug, bzw. zum Erwandern! Fürwahr schön ist der Teil grenzend zur Natur nicht- solte da der Beau aus Vella nicht sein Auge draufwerfen?
    Übrigens ist es auf der Höhe (Mundaun-Um Su) weiter nach Vrin auch sehr schön.

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