Eiskalt zum sportlichen Erfolg

Fit nach der Kältekammer: Immer mehr Sportler schwören auf die Therapie bei minus 110 Grad Celsius. (Foto: Bundesleistungszentrum Kienbaum)
Irgendwie irre! Nach einer vierjährigen Sperre wegen Dopingmissbrauchs nahm Justin Gatlin nun wieder an der Leichtathletik WM in Südkorea teil. Sein Comeback gelang allerdings nicht zu seiner Zufriedenheit, denn er hatte Frostbeulen an den Füssen. An einer Pressekonferenz erklärte der amerikanische 100-m-Olympiasieger von 2004, sie seien die Folgen eines dummen Unfalls in der Kältekammer.
Ganzkörper-Kältetherapien liegen neuerdings nicht nur bei Profis im Trend, sie werden offenbar auch Hobbysportlern empfohlen. Kältekammern wurden ursprünglich für medizinische Therapien entwickelt, doch auch Sportler sollen davon profitieren können: Eine kurzzeitige (0,5 bis 3 Minuten) Einwirkung extremer Kälte genüge, um Schmerzen zu lindern, entzündliche Prozesse einzudämmen, verkrampfte Muskulatur zu lockern und das Immunsystem zu stärken. Mit einem Aufenthalt in einer Kältekammer würden die gleichen Effekte erzielt.

Auch die deutschen Hürdenläufer Alexander John, Matthias Bühler und Jens Werrmann (v. l.) machen Werbung für die Kältekammer (Foto: Bundesleistungszentrum Kienbaum)
Beachtliche Leistungssteigerung
Bereits über 300 wissenschaftliche Untersuchungen weltweit wollen Vorteile der Kältetherapie festgestellt haben. Die Kammer ist quasi eine Weiterentwicklung des guten alten Kühlwickels.
2007 liess etwa das English Institute of Sport der Loughborough University junge Sportler 90 Minuten auf dem Laufband ein strenges Intervalltraining absolvieren. Danach legte sich eine Gruppe der Testpersonen 10 Minuten in ein 10 Grad kaltes Eisbad. Diese Läufer spürten in den Tagen danach weniger Muskelschmerzen als jene, die kein Eisbad genommen hatten. Dies, obschon die Mediziner bei beiden Gruppen dieselben Muskelverletzungen feststellten.
Seither nutzen immer mehr Leute die Therapie in der Ganzkörper-Kältekammer. Spitzensportler würden dadurch im Ausdauerbereich ein bis zwei Prozent mehr Leistung erbringen. Bei Hobbysportlern seien es sogar fünf bis zehn Prozent – in Einzelfällen sogar noch mehr.
Regenerieren bei minus 110 Grad Celsius
Die Temperatur in einer solchen Kammer beträgt minus 110 Grad Celsius – kälter als jede Temperatur, die jemals auf der Erde gemessen wurde. Bevor man sich hineinbegibt, muss man sich bis auf die Unterwäsche ausziehen und man darf keinen Schmuck tragen. Stattessen gibt es Handschuhe, eine Atemschutzmaske, ein wollenes Stirnband und trockene Socken. Erst geht es während je 10 bis 15 Sekunden durch zwei «Akklimations-Kammern», in der ersten beträgt die Temperatur minus 10 Grad, in der zweiten minus 60 Grad. Danach folgen 2,5 bis maximal 3 Minuten in der minus 110 Grad kalten Eiskammer.
Sportler schwärmen, dank der Therapie würden sie sich schneller von ihren Trainingsstrapazen erholen. Dazu gehören Boxer, Fussballer, Schwimmer, Leichtathleten, etc. Dopingsünder und Olympiasieger 2004 Justin Gatlin hatte kurz vor der WM in Südkorea einfach den Fehler gemacht, keine frischen Socken anzuziehen, bevor er in die Kammer ging. Sie seien nach dem Training noch verschwitzt und nass gewesen, darum hätten sie sich sofort an seine Füsse gefroren, erklärte er an einer Pressekonferenz.
Schnellere Regeneration
Auch französische Forscher publizierten vergangenen Juli eine neue Studie zur Ganzkörper-Kältetherapie. Wie die Engländer 2007, liessen auch sie die Probanden auf dem Laufband ein speziell hartes Training absolvieren, das Muskelverletzungen und Schmerzen auslöste. Danach ging eine Hälfte der Teilnehmenden während fünf Tagen ein Mal pro Tag in die Ganzkörper-Kältekammer. Die andere Hälfte ruhte sich während fünf Tagen täglich 30 Minuten gemütlich sitzend aus.
Die Bluttest ergaben, dass die Läufer, welche sich der Kältekammer-Therapie unterzogen, weniger Muskelentzündungen aufwiesen als jene, die sich im Sitzen erholten. Resultat: Dank der Kältetherapie regeneriere der Körper schneller und das Schmerzempfinden nehme ab. Sportler können somit mehr trainieren.
Besser als Warmlaufen
Aber nicht nur das: Eine Kältetherapie soll nicht nur nach dem Training helfen, sondern auch vor dem Wettkampf. Sie sei sogar besser als das Warmlaufen. Warum? Weil sie unter anderem die Herz-Kreislauf-Tätigkeit ökonomisiere: Der Körper kühlt ab, die Hauttemperatur wird deutlich reduziert. Und das Herzschlagvolumen werde erhöht, was bedeute, dass das Herz je Schlag mehr Blut in den Kreislauf pumpe. Ausserdem sinke die Frequenz der Herzschläge um acht bis zwölf Schläge pro Minute. Und das Schöne daran: Kältetherapien stehen auf keiner Dopingliste.
Gerade wenn die Umgebungstemperatur während eines Wettkampfs hoch ist, sei eine Vorkühlung besonders wirksam. Die besten Marathonzeiten werden gemessen, wenn die Temperatur zwischen 10 und 12 Grad liegen. Als Alternative zur Kältekammer wird übrigens eine Kühlweste empfohlen, oder vor der sportlichen Belastung 20 Minuten in 18 Grad kaltem Wasser zu baden.
Was tut man eigentlich alles für den sportlichen Erfolg?
30 Kommentare zu «Eiskalt zum sportlichen Erfolg»
Meine Schwester und ich haben Fibromyalgie und wir haben gehört das die Kältekammer über längere Zeit die Schmerzen stark reduzieren könne. Wo in der Schweiz gibt es so eine Kältekammer, welche man benutzen kann?
medice Kältekammer
Sportgebäude Allmend Luzern
Zihlmattweg 46
6005 Luzern
Tel: 041 318 61 60
http://www.med-ice.ch
Ich mag Sauna sehr und danach ins kalte Bad oder im Winter in den tiefen Schnee und sich abrollen. Das tut sehr gut. Ich würde gerne mal so einen „Gefrierschrank“ -110 Grad ausprobieren. Wo kann man das? Gibt es dies auch in Kombination mit Sauna?
Das ist auch eine tolle Idee, um noch mehr Energie zu verschwenden.
kleine frage….wo sind solche kältestationen positioniert?
gibts sowas in der nähe von Basel?
Zuerst Doping und nun die Kältekammer. Das ist der Grund, warum ich keine Sportsendungen mehr schaue.
Der Vergleich mit der Sauna ist sehr gut, auch dort wird dem Körper eine sehr hohe Temperaturdifferenz zugemutet, von bis zu +100C auf Schneetemperaturen (in Finnland jedenfalls). Da scheint die Skepsis nicht mehr allzu gross zu sein.
Zudem ist die Aussage, man solle den Körper leiden lassen doch sehr unqualifiziert. Der Körper hat ein Schmerzgedächtnis, weshalb Schmerzbehandlungen durchaus sinnvoll sind. Wenn diese dann ohne Medikamente erreicht werden können, ist das sehr positiv zu bewerten.
Grundsätzlich steht diese Therapie als Entzündungshemmer im Vordergrund und er gaukelt dem Sportler ein Hochgefühl vor, wie alle Extreme. Gerade durch dieses „Hochgefühl“ , dass ihn zu weiteren Bestleistungen treibt, obwohl seine Verletzungen noch nicht ganz geheilt sind, bezweilfe ich ob es nicht doch auch zu schweren Dauerschäden kommt. Diese mögen zwar jetzt in der Kürze der Tests nicht sichtbar sein, aber reden wir mal in 10 Jahren darüber. Wohlweisslich, dass ja jeder Sptizensportler in der einen oder anderen Form gesundheitlichen Schaden nimmt.
Ist ja ein Art Anti-Sauna ;-) An den Gedanken, uns Temperaturen von +100°C kurzzeitig auszusetzen haben wir uns gewöhnt und das ist auch kein Doping. Warum nicht auch in die andere Richtung?
Eine Sauna mit Holzbänken und Aufguss klingt nur gemütlicher.
Jetzt muss sich jeder Wettkampfathlet zu seiner sonst schon teuren Ausrüstung noch einen Super-Kühlschrank auf Rädern kaufen…
Die Kältekammertherapie ist in erster Linie zur Beseitigung von rheumatologischen Erkrankungen oder anderen entzündlichen, grossflächigen Beschwerden gedacht. Der Einsatz in der Sportmedizin ist neu und mit erstaunlichen Resultaten verbunden. Die Therapie selber ist dabei ausserordentlich angenehm – ja, und irgendwie cool. Zimmer Elektromedizin AG – Basel. Hersteller des IceLabs.
Lebensmittel werden bei circa -20°C SCHOCKGEFROSTET.
Naja, jedem Tierchen sein Plässierchen
Im Gefrierschrank zu Hause herrschen etwa -18°C, da wird gar nichts schockgefrostet, dafür brauchts einiges mehr (oder weniger…)
hehe -50° und noch tiefer (mit Stickstoff -196), man sollte seine kommentare nochmal lesen vor dem posten
Doping müsste eigentlich entkriminalisiert werden, anstatt professionelle Sportler zum Ausweichen auf Scheinheiligkeiten wie Kältekammern etc. zu zwingen. Das Publikum will neue Rekorde sehen.
stimmt nicht, wir wollen Ästhetik sehen
Die Kältekammer… ein Test für Dummheit… nach jedem Besuch ein besseres Resultat!
Lass den Körper schmerzen?! Mit anderen Worten: nicht begriffen, worum’s geht… Es ist nicht wieder eine dieser Methoden, bei denen man eine Abkürzung nimmt, damit man in der halben Zeit sieben Mal so viel leisten kann… Genau lesen, dann nachdenken, dann nochmals nachdenken, vielleicht noch ein Drittes mal, dann schreiben. Es ist gesund, man unterstützt(!) den Körper. Ist doch ein krasser Unterschied zu: Dem Körper was nehmen, das er braucht…
Ich glaube, dass eher du nichts begriffen hast. Das Problem ist nicht die Kältekammer sondern das der Körper überstrapaziert wird und danach irgend eine Form der Behandlung braucht. Ob du Pillen schluckst, dir die Hoden abfrierst oder Yoga brauchst ist dann völlig egal.
Und dann kann man sich ja noch grundsätzlich fragen, wieso man beim Sport das letzte Quentchen Leistung rauskötzeln muss: Wozu das ganze? Um dir selber etwas Gutes zu tun? Das würde sich selbst widersprechen. Um andere zu beeindrucken? Um der alltäglich Sinnlosigkeit mit Sinnlosem zu begegnen? Um nicht vor Langeweile shoppen gehen zu müssen?
@Pit Sehr schön gesagt ;)
lasst den körper schmerz haben? das ist ja mal was bescheuertes…. Dann darfst du auch keine Schmerztabletten nehmen bei Kopfweh.
nur soviel: Es lässt sich sehr viel mit weniger erreichen. Eine kalte Dusche reicht bei den meisten
Eben genau darum, weil eine kalte Dusche ausreicht, ist diese ‚Kältetherapie‘ bescheuert.
Also ich find das auch irgendwie bescheuert. Lasst doch den Körper Schmerzen haben wenn man ihn schon schindet, auch er hat seine Ruhephasen verdient. Diese dann künstlich zu verkürzen oder zu lähmen finde ich…. wie schon gesagt…. bescheuert.
Was soll daran pervers sein? Ein absolut legales Mittel, das gesund ist, keine Nebenwirkungen hat und zudem jeder selber zuhause ausüben kann (es müssen keine -110°C sein, 5-10° über längere Zeit reichen auch). Genial, wenn ich mit einer kalten Dusche nach zwei Tagen wieder voll trainieren kann ohne Schmerzen; andere pumpen sich mit zig Mitteln voll um diesen Effekt zu erreichen.
Pervers!
dann muss ich also ein Perverser sein… Denn ich habe es rein interessenshalber vor ca. einem Monat mal ausprobiert, weniger wegen den möglichen therapeutischen Wirkungen, sondern um zu erleben, wie sich solche Kälte während 3 Minuten anfühlt. Positiver Nebeneffekt: Ein extrem gutes Körpergefühl nachher, ich fühlte mich förmlich energiegeladen. Ich würde es wieder tun!
Ich bin in diesem falle auch pervers. Hab es wie Christoph auch ausprobiert. Der Effekt war grandios!
es gibt immer Menschen, die Neues pervers finden. War so bei Strom, Telefon… Ich sehe in einer Kältekammer nichts perverses… ist so was wie das Gegenteil einer Sauna, aber die ist OK, denn daran haben wir uns gewöhnt.
… am besten mit trockener Unterwäsche…
Das blöde daran ist, dass man das Hirn auch in die Kammer mitnehmen muss…