Deutschland-Argentinien am Arnisee


Vor einem Jahr wanderten wir am 3. Juli von Gurtnellen hinauf zum Arnisee. Es war die Zeit der Fussball-WM, und wir hatten den Plan, uns um vier Uhr nachmittags am See den Match Deutschland-Argentinien anzuschauen. Am Telefon hatte mir der Wirt des Restaurants Alpenblick gesagt, er habe ein WM-Stübli eingerichtet. Doch als wir dann angekommen waren, zog gleich ein Gewitter heran. Wir nahmen einige Zeit vor Spielbeginn das Seilbähnli hinab nach Intschi und waren schon in Flüelen, als Unwetter und Match begannen.

Der Pfad ist das Ziel

Vorangegangen war eine aussergewöhnlich schöne Wanderung. Wir starteten in Gurtnellen-Wiler. So heisst die Häuserballung rund um den Bahnhof Gurtnellen, an dem kein Zug mehr hält. Das Dorf liegt eine Wanderstunde weiter oben am Hang, wenn man auf dem Fahrsträsschen hochtippelt. Eine gute halbe Stunde länger dauert der Umweg via Stäubenkapelle. Wir wählten nach der Bahnunterführung diese Variante. Und wir wählten kurz darauf, nachdem wir eine Freiluftauslage mit käuflichen Bergkristallen passiert hatten, diejenige Untervariante zur Kapelle, die weiter nach Süden ausholt und den Gornerbach quert.

Dieser Pfad ist Teil eines Erlebnisweges, und er war ein Erlebnis. Der Bach stiebt dem Wanderer entgegen, der froh ist um die Stege und geländergesicherten Partien. Wenn diese Route auch für Familien gedacht ist, so sollte man Kinder doch im Auge behalten. Die Stäubenkapelle stellte sich als Ort der Ruhe heraus im Kontrast zum lärmgeplagten Tal der Reuss. Wenig später auf dem sanft abwärts verlaufenden Weg von der Kapelle zum Dorf sahen wir direkt hinab auf die Gotthard-Autobahn, die teilweise in einer mit Gras überdeckten Galerie verläuft. Mir fiel das Unglück von 2006 ein. Damals stürzte von der Bergflanke gegenüber Gurtnellen ein Felsbrocken auf das Auto eines deutschen Urlauber-Ehepaares, beide starben, Autobahn und Kantonsstrasse wurden gesperrt. Später verfolgte ich im TV die Live-Sprengung der diabolischen Felspartie.

Dem Gewitter entkommen, den Match verpasst

In Gurtnellen-Dorf rasteten wir im Restaurant Feld. Gleich vis-à-vis steht als Wahrzeichen die Kirche St. Michael mit der roten Turmhaube; sie ist auffallend kompakt gebaut mit einem kurzem Turm wegen der Druckwellen: Der Lawinenkataster listet für Gurtnellen mehr als 50 Lawinenzüge auf. 1942 tötete eine Lawine auf einen Rutsch neun Menschen. Hernach wurden grossflächig Verbauungen erstellt, für Millionen Franken. Den berüchtigten Hang des Geissbergs, von dem damals die Lawine kam, querten wir gleich anschliessend. Im Sommer ist das alles friedlich: weite, von Geröll und Felsbrocken sowie kleinen Bauernhöfen durchsetzte Weiden. Das Auge schwelgt in der Weitsicht, gegenüber sieht man das Fellital und den markanten Bristen, eine Pyramide aus Stein.

Schliesslich erblickten wir von der Heissigegg aus vor uns den Arnisee auf seiner Terrasse. Er wurde vor 100 Jahren angelegt zwecks Stromerzeugung und ist ein ausnehmend schönes Gewässer, an dem man verweilen möchte; mit dem «Alpenblick» gibt es bei ihm auch eine gute Wirtschaft, in der man ein Zimmer beziehen könnte. Wir kehrten ein. Ich ass einen Coupe Dänemark. Und dann liessen wir die Einheimischen mit dem Gewitter allein. Dass ich den Match verpasste, war mir übrigens ganz recht. Mein Grüpplein hat es angeregt, ich selber mache mir nichts aus Fussball.

Route: Gurtnellen Wiler, Gotthardstrasse (Bus) – Stäubenkapelle – Gurtnellen Dorf – Rinderstafel – Heissigegg – Arnisee – Bergstation Arnisee (Seilbähnchen hinab nach Intschi zum Bus).

Gehzeit: vier Stunden.

Höhendifferenz: 800 Meter aufwärts, 200 abwärts.

Einkehr: In Gurtnellen, zum Beispiel im Restaurant Feld. Am Arnisee im Alpenblick. Info unter www.arnisee.ch, auch zur Bahn.

Charakter: Steil und nicht-so-steil im Wechsel. Gute Familienwanderung dank der Abwechslung. Aussichtsreich.

Höhepunkte: Die Erschliessung des Stäubenbach-Hanges mit einem Erlebnisweg. Die Kapelle. Der Tiefblick auf die Gotthard-Verkehrsadern. Der das Auge erfrischende Arnisee.

Novität 1: Vier Urner Wander- und Bikekarten 1: 25 000 in der Box, www.urnerwanderwege.ch

Novität 2: Bei Tourist Info Uri gibts 128-seitigen Urner Alpen- und Alpkäseführer, www.uri.info unter «Broschüren».

Thomas Widmers Wanderbücher gibt es im Echtzeit-Verlag: www.echtzeit.ch.

Wanderblog: widmerwandertweiter.blogspot.com

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4 Kommentare zu «Deutschland-Argentinien am Arnisee»

  • Thomas Widmer sagt:

    Liebe Frau van Ligten, hätte ich das gewusst…. TW.

  • SomeintPhia sagt:

    .. Titel und Wanderung sind etwas lange her .. ;-)

    • Lisbeth Eller van Ligten sagt:

      Leider wird mein kleines Buch „Geschichte und Geschichten vom Arni“ (Gamma-Verlag, Altdorf) im Artikel über Arni nicht erwähnt. Es enthält u.a. ein paar interessante Informationen über die Entstehungsgeschichte.
      ISBN 3-906 200-13-2.
      Wäre vielleicht für die Leser- und Leserinnen auch interessant.
      Ich schrieb es vor ein paar Jahren, aktuell ist es immernoch.
      Beste Grüsse
      Lisbeth Eller van Ligten

  • Dieter Walker sagt:

    Sehr schön; etwas aus meiner URheimat!

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