14 Fragen und Antworten zum Weko-Entscheid

Christian Lüscher am Mittwoch den 16. Dezember 2015
ARCHIV --- ZUR DEBATTE IM NATIONALRAT ZUM SERVICE PUBLIC STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Divers ecrans de television, tablette, ordinateur, smartphone, montrant les sites d'informations de SSR / SRG le groupe de radio et de television du service public suisse, SRF, RTS, RSI, et Roger de Weck, directeur general de la SSR, sont photographies pour illustrer la revision de la loi federale sur la radio et la television, LRTV, ou RTVG, soumise a votation en juin prochain ce mardi 12 mai 2015 a Lausanne. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

Was macht SRG-Chef Roger de Weck nach seiner Pensionierung? Wird er Verwaltungsrat von Ringier? Bild: Jean-Christophe Bott (Keystone)

Es geht was im Schweizer Medienbetrieb. Im Parlament wird bereits munter die Service-public-Debatte lanciert. Und mit der Einreichung der «No-Billag-Initiative» kommt auch zusätzlich Schwung in die Sache.  Und heute gab die Wettbewerbskommission (Weko) ihre Erlaubnis für die umstrittene Werbeallianz zwischen SRG, Swisscom und Ringier. Das sind im Moment die wichtigen Fragen und Antworten:

Um was geht es?

Die Wettbewerbskommission genehmigte das Werbe-Joint-Venture von Ringier, Swisscom und Schweizer Fernsehen (SRG). Mit dem neuen Unternehmen – bis heute noch namenlos – wollen die drei Partner ihr Werbeinventar gemeinsam vermarkten. Durch die Zusammenlegung der Werbedaten, Kontakte und Infrastruktur kann das Trio eine führende Vermarktungsplattform aufbauen.

Wie wichtig ist der Entscheid?

Als Folge des Entscheids wird sich der Markt neu ordnen. Stimmt auch das Eidgenössische Departement für Kommunikation (Uvek) zu, wird künftig die neu genehmigte Werbeallianz den Schweizer Werbemarkt dominieren. Brisant ist, dass der Bund dabei die Finger im Spiel hat. Dies dank der staatlichen Mehrheit bei der Swisscom und an den Gebühren der SRG. Die Weko sieht darin keine Wettbewerbsverzerrung. Sehr vieles ist derzeit noch ungewiss. Der Markt ist so stark im Wandel, dass nicht abgeschätzt werden kann, welche Folgen der Entscheid in ein paar Jahren haben wird.

War der Entscheid absehbar?

Im Prinzip schon. Dass die Weko zu einem anderen Urteil kommen würde, damit hat man in der Branche nicht gerechnet. Was allerdings überraschte, ist der Zeitpunkt der Kommunikation. Die Wettbewerbshüter hatten für ihre Prüfung bis zum 6. Januar 2016 Zeit. Eigentlich nutzt die Weko die Fristen aus.

Wo liegt das Problem?

Erstens fusionieren drei der grössten Schweizer Unternehmen in der Medienbranche ihre Vermarktung. In der Grösse – 600 Millionen Franken Werbeumsatz – sehen die Kritiker eine Wettbewerbsverzerrung. Aber problematischer ist etwas anderes: Mit Ringier profitiert ein privates Unternehmen von mit 1,2 Milliarden Franken Billag-Gebühren finanzierten Inhalten der SRG, die gemeinsam mit dem «Blick» exklusiv vermarktet werden können.

Wer sind die Verlierer?

Ganz klar die Verleger. Der Verband Schweizer Medien hat die Wettbewerbskommission Anfang September aufgefordert, den Zusammenschluss zu verbieten. Federführend waren die Medienhäuser NZZ, AZ Medien, Basler Zeitung, Somedia und Tamedia. Der Entscheid der Weko dürfte die SRG beflügeln. Sie wird ihre Anliegen, beispielsweise den Ausbau ihres Onlineangebotes, wahrscheinlich forcieren.

Welche Möglichkeiten haben die Verleger noch, um gegen die Werbeallianz vorzugehen?

Ihre Hoffnung ist das Uvek. Falls das Joint Venture die Erfüllung des SRG-Auftrags beeinträchtigt oder den Entfaltungsspielraum anderer Medienunternehmen erheblich beschränkt, kann das Uvek Auflagen erlassen. Ein Prüfverfahren läuft, eine Frist gibt es nicht. SRG, Swisscom und Ringier scheinen die Prüfung durch das Uvek nicht abwarten zu wollen. So schreibt die SRG, nun dürfe die neue Vermarktungsorganisation gegründet werden.

Welche Rolle spielt Bundesrätin Doris Leuthard?

Die Werbeallianz hat mit Bundesrätin Doris Leuthard eine starke Befürworterin. Aus dem Umfeld eines Bundesrats heisst es, Leuthard habe «kein Verständnis für Wettbewerbsargumente».

Was kann die neue Werbeallianz?

Die drei Partner begründen ihr Zusammengehen, weil man der internationalen Werbekonkurrenz  – namentlich Google oder Facebook – die Stirn bieten wolle. Ob dies dem neuen Unternehmen gelingen wird, ist nicht klar. Suchmaschinenwerbung wie Google dürfte es nicht anbieten. Und das Problem ist, dass noch niemand so recht weiss, wie denn die gemeinsame Firma aussehen wird, was sie anzubieten hat, wie sie Kunden überzeugen will. Es ist aber davon auszugehen, dass das Joint Venture eine Sogwirkung erzeugen und grosse nationale Werbekunden an sich binden wird. Sicher zum Nachteil der anderen Medienunternehmen. Je nach Entwicklung im Bereich der personalisierten, digitalen Werbung wird die Allianz vermutlich auch hier den Markt dominieren.

Wann werden die ersten privaten Verlagshäuser zur SRG überlaufen?

Das ist nun die grosse Frage. Es ist so: Mittlere und kleinere Verlage, die heute das Konstrukt kritisieren, sind am Ende vielleicht dazu gezwungen, sich der Allianz anzuschliessen. Erstens, weil es daneben keine Alternative gibt. Zweitens, weil eine Partnerschaft interessant werden könnte – beispielsweise bei einer Mindestumsatz-Garantie. Wenn die Werbeallianz den Schweizer Markt dominiert, stellt man sich mit ihr besser gut. Ganz nach dem Motto: «If you can’t beat them, join them.»

Was bedeutet der Entscheid für die kommende Service-public-Debatte im Parlament?

Es wäre naiv, zu denken, die SRG werde nach diesem Entscheid noch mehr unter Druck kommen. Die SRG wird vermutlich am Ende eher einen Sieg auf ganzer Linie erzielen.

Gibt es in Zukunft einmal eine private Konkurrenz zum Schweizer Fernsehen? 

Die Dominanz der neuen Werbeallianz wird wahrscheinlich so gross, dass diese Frage getrost kurz beantworten werden kann: Jetzt nicht mehr.

Schreibt der «Blick» nun positiver über das Schweizer Fernsehen?

Angesichts der Tatsache, dass der «Blick» mit dem Schweizer Fernsehen ein Geschäft betreibt, ist die Antwort ein selbstbewusstes Ja.

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