Kampf um die Nummer 1

Christian Lüscher am Mittwoch den 2. Dezember 2015

Bald die neue Nummer 1? Dani Büchi, Geschäftsführer von Radio Energy. Bild: zvg

Können Sie sich noch an das grosse Erdbeben in der Zürcher Radioszene erinnern? An den 31. Oktober 2008? Ich erinnere mich noch so genau an diesen Tag, weil meine Kollegen vom Branchenportal Persoenlich.com und ich damals folgende News publizierten: «Das Uvek wird Energy Zürich keine Konzession mehr erteilen.» Der Satz erschütterte die Medienwelt. Ringier-Boss Marc Walder rief uns an. Er habe gerade 60 verunsicherte Mitarbeiter von Energy bei sich, sagte er.

Der damalige Uvek-Entscheid war der Auftakt zu einer der skurrilsten Geschichten im Schweizer Medienbetrieb. Radio Energy Zürich wurde in der Folge mit viel Aufwand gerettet. Ringier kaufte die kleine Konzession von Giuseppe Scaglione. Und bis heute beschäftigt die Vergabe der Radio- und TV-Konzessionen die Branche. Wirtschaftlich, weil in der Zwischenzeit der Sender 105 pleiteging. Juristisch, weil noch heute Radiomacher versuchen, die Konzessionen anderer streitig zu machen.

Im Januar 2016 könnte es nun wieder zu einem Beben in der Radiobranche kommen. Setzt sich der Trend fort, dann wird Radio 24 unter den Schweizer Privatradios nicht mehr die Nummer 1 sein. Dieser Titel hat das von Roger Schawinski gegründete Radio während 32 Jahren verteidigt. Danach wird voraussichtlich Konkurrent Energy Zürich der neue Platzhirsch sein. Wir hatten Einblick in die Zahlen (Stand 13. November): Radio 24 ist 14’000 Hörer im Rückstand. Das ist ein beträchtlicher Vorsprung für Energy. Es bleiben Radio 24 noch eineinhalb Monate, um aufzuholen. 

Warum ist die Nummer-1-Position so wichtig? Der Marktführer profitiert in der Regel von höheren Werbeeinnahmen. Eine Anekdote zeigt, wie wichtig der Titel ist: Als Radio Z (daraus wurde später Energy Zürich) im April 1995 auf dem eigenen Sender die Position der Nummer 1 verkündete, weil die Quartalszahlen für den Sender für einmal einen marginal besseren Marktanteil auswiesen, soll Markus Gilli, der damalige Programmleiter von Radio 24, wutschnaubend angerufen haben: Gilli forderte, dass diese Behauptung sofort zurückgezogen werde, ansonsten kläre er dies im eigenen Mittagsjournal. Die Z-Moderation machte munter weiter, sodass es schliesslich zu Gillis legendärer Wutrede kam. In einem zweiminütigen Beitrag titulierte er die Konkurrenten als «Häkler und Wadenbeisser von der Kreuzstrasse», die «völlig irrelevante Quartalszahlen» zu einem «hässlichen, kleinen Triumph» nutzten.

Angesichts der vielen Strategiewechsel von Radio 24 war es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis Energy den langjährigen Branchenleader überholen würde. Seit Jahren liefern sich die beiden Radios ein Kopf-an-Kopf Rennen. Während bei Radio 24 in den vergangenen Jahren kontinuierlich Programm und Chefs änderten, hat Energy an Programm, Strategie und Chef festgehalten. In keinem Medium ist Kontinuität so wichtig wie beim Radio. Jahrzehntelang war Radio 24 das traditionsreiche Zürcher Newsradio. Im vergangenen Frühling unterzog sich der Sender einer Verjüngungskur. Das vergraulte – wenig überraschenddie ältere Stammhörerschaft. Dieses Problem hat Energy Zürich nicht, weil sich der Sender seit 2003 klar als das junge Zürcher Radio positioniert. 

Wenn Radio 24 nun tatsächlich entthront werden sollte, wird dies seine Kommunikation erschweren: Die Programmverantwortlichen müssten ihren Slogan «Nummer eis vo Züri» ändern, denn diese Werbung wäre dann unlauter. Das dürfte Besitzer Peter Wanner schmerzen, der 2011 Radio 24 von Tamedia (die auch den «Tages-Anzeiger» herausgibt) als grösstes Privatradio der Schweiz erwarb. Als zweitgrösstes wird es weniger wert sein. 

Was sagen die Verantwortlichen von Radio 24 zum drohenden Verlust? Sie verweisen diesmal brav auf den Geschäftsführer, und der wiederum schreibt via Mail: «Wir kommentieren keine Hörerdaten, welche nicht mindestens ein Semester umfassen. Für kürzere Auswertungszeiträume ist die Stichprobe der Messung schlicht zu klein. Die Daten des zweiten Semesters 2015 liegen gegen Ende Januar 2016 vor.» Bei Energy hält man sich mit einem Statement ebenfalls zurück. Die Vorfreude auf den sich abzeichnenden Triumph ist am Telefon allerdings spürbar. Schliesslich galt Energy-Boss Dani Büchi im Oktober 2008 ohne Konzession noch als der grosse Verlierer. Im Januar 2016 könnte er nun als Gewinner dastehen. Inzwischen hat Energy Zürich wieder eine Konzession, aber das Sendegebiet ist um ein Drittel kleiner als jenes von Radio 24. Und trotzdem kann der damalige Verlierer nun nach 32 Jahren erstmals die neue Nummer 1 im Radiomarkt werden.

14 Kommentare zu “Kampf um die Nummer 1”

  1. Fredy Glarner sagt:

    Reisserisch und schlecht recherchiert bzw. nicht eindeutig geschrieben. Hier werden offensichtlich Äpfel mit Birnen verglichen, da Radio 24 und Energy Zürich unterschiedliche Konzessionsgebiete haben. Im Konzessionsgebiet von Energy Zürich war Radio 24 bekannterweise schon mehrere Jahre die Nummer 2. Könnte man in jeder Medienmitteilung nachlesen. Im Konzessionsgebiet von Radio 24 kann Energy jedoch nicht mithalten.
    Über die Musik kann man sich streiten aber ich finde es immer wieder amüsant, wie selbst bei einem “gemässigten” Programm wie dem von Radio 24 immer wieder von 10 Wiederholungen am Tag gesprochen wird. Das zeigt, wie subjektiv Radiohören ist.

    • Franz sagt:

      Und gerade darum geht es in dem Aritkel: Auch wenn das Sendegebiet von Radio Energy um einen Drittel kleiner ist, hat der Sender insgesamt nach neuesten Berechnungen mehr Hörer als Radio 24 – und das ist für das Zürcher Radio in der Tat eine schwierige Situation. Dass Energy im Raum Zürich schon längere Zeit mehr Hörer hatte als R24 ist bekannt – aber eben nicht, dass es Energy auch in den absoluten Zahlen mehr als R24 hat.

  2. felix schwaibold sagt:

    nee Radio srf1 soll doch die neue Nummer 1 von Zürich sein weil alle ehemalige radio24 Mitarbeiter und Moderatoren arbeiten jetzt und sind jetzt Radio srf1 (ex.drs) zu hören radio24 hat sich in die letzten Jahren automatisch als Schweizer Radio drs1 konvertiert

  3. Felix Berini sagt:

    Seit Elena Bernasconi am Mittag moderiert, höre ich erst spät am Nachmittag Radio 24,die Musik gefällt mir aber besser.

  4. Lara Careletti sagt:

    Es überrascht mich nicht, dass Energy jetzt Radio 24 überholt. Musik, Moderatoren und Events sind um Welten besser. Und ich höre täglich, dass ein motiviertes und engagiertes Team am Werk ist und die Leute ihren Job lieben. Und somit wohl im Endeffekt auch die Hörer begeistern. Gratulation!

  5. Tom Meier sagt:

    Bin wohl langsam zu alt um zu begreifen dass man mit diesen grotttenschlechten Moderatorinnen und Moderatoren zur Nummer 1 aufsteigen kann. Ueber Musikgeschmack kann man ja geteilter Meinung sein.

  6. Noldi sagt:

    Mär göhnäd au am Büchi mal es Füfi.

  7. Theodor Rickli sagt:

    Dani Büchi hat schlicht und einfach den besseren Job gemacht. Er ist der “junge Roger Schawinski”. Und bei Wanner frage ich mich, woher er das viele Geld aufgetrieben hat, um all die Sender zu kaufen und vor allem im TV-Bereich auszubauen. War da Onkel Blocher behilflich? Es ist offensichtlich, dass die Wanner-Sender politisch ausgerichtet wurden.

  8. Chris Fogg sagt:

    Leider servieren sowohl Radio 24 wie auch Energy den gleichen Einheitsbrei und wiederholen die Hauptlieder 10 mal am Tag. Dabei gibt es so vielseitige Musik, welche alle spielen könnten ohne sich zu wiederholen. Daher höre ich schon lange nur noch Internetradio wo die Vielfalt einfach unglaublich ist.

    • Herr Fogg, das freut mich zu hören, dass sich jemand öffentlich als Hörer von Internetradio bekennt.
      kanal8610.net ist der erste Webradio und das erste Radio überhaupt aus Uster und im Zürcher Oberland.
      Kanal8610 ging am 1. August 2015 On Air.

  9. Melanie Wind sagt:

    Ich frage mich immer und immer wieder, warum Mensch diesen elend schlechten, langweiligen und vorallem volksverblödenden Sender hören?! Man hört permanent die gleichen Songs (wenn man überhaupt noch von Musik sprechen kann), bis zu 5x am Tag. Die Moderation immer Über-happy-lässig-aufgestellt. Zielpublikum unter 25-jährige. Einfach nur schlecht und nervig! Musikprogramm Chef sollte echt mal über die Bücher!

  10. bela summermatten sagt:

    Radio Energy oder Radio 24? Das ist Jacke wie Hose. Beide verstehen sich vorzüglich in der Zubereitung des massenverträglichen Audio-Einheitsbreis, zubereitet von immer ach so aufgestellten Moderatorentalenten. Ja nicht anecken, immer nur den Mainstream vor Augen (sonst wird ja keine Werbung mehr verkauft), ein bisschen Bärchen&Hasi-Sex zum Abschmecken – schon fertig ist das Programmrezept. Das Problem ist nur, die aufgetischte Kost ist ungeniessbar, um nicht zu sagen zum kotzen.

  11. Martin Wacker sagt:

    Man munkelt es in der Szene schon länger… Sehr peinlich für Peter Wanner, seine Übernahme und (vermutlich) auch sein Einfluss haben schlussendlich Radio 24 noch ganz das Genick gebrochen. Energy hat in den letzten Jahren vor allem marketingtechnisch eine wahnsinnige Entwicklung durchgemacht während dem Radio 24 stehen geblieben ist. Alleine wenn man die beiden Social Media Auftritte etc vergleicht wird klar wer dort schon lange die Nummer 1 ist. Über Musik und Inhalte kann man immer streiten. Aber Energy hat heute definitiv die besseren Moderatoren, das bessere Marketing und nutzt zusätzliche Kanäle wie Facebook, Youtube etc deutlich besser und intensiver. Man kann nur gratulieren!