Die Weltwirtschaft in drei Grafiken

China ist längst schon eine ökonomische Supermacht. Das zeigen die wichtigsten Grunddaten des Landes: die Bevölkerungszahl, sein Bruttoinlandprodukt und der Energieverbrauch. (Bild: AFP)

Kommt bald der grosse Einbruch Chinas? Im Moment dominiert diese Frage alle Diskussionen zur Zukunft der Weltwirtschaft. Selbst die Eurokrise ist deswegen an den Rand gedrängt worden. Ausgelöst wurden die Diskussionen durch eine Reihe von schlechten Nachrichten zum chinesischen Export und zur Industrieproduktion.

Wie bei jeder China-Debatte gibt es zwei Positionen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Auf der einen Seite stehen die Optimisten, die glauben, dass das Wirtschaftspotential Chinas noch lange nicht ausgeschöpft ist. Kürzlich argumentierte eine viel beachtete Studie von Goldman Sachs in diesem Sinne. Auf der anderen Seite steht ein Chor von Pessimisten, der schon seit längerem erwartet, dass das chinesische Wachstumsmodell an seine Grenzen stösst. Sie haben zurzeit viel Aufwind.

Die Debatte ist sehr anregend und äusserst lehrreich. Man erfährt viel über grundlegende ökonomische Zusammenhänge. Sie ist aber auch ermüdend, weil sie eine Tendenz zur Übertreibung hat. Von aussen gesehen verstärkt sich der Eindruck ständig, dass hier über eine Frage diskutiert wird, die schon längst entschieden ist. Nämlich: Wird China eine ökonomische Supermacht?

Sie ist es schon längst, und um dies zu beweisen, braucht man keine komplizierten Berechnungen anzustellen, sondern nur die wichtigsten Grunddaten aufzulisten: Bevölkerung, Bruttoinlandprodukt und Energieverbrauch. Davon lässt sich die Hierarchie der Weltwirtschaft leicht ableiten. Die drei folgenden Grafiken zeigen, wie gross das Gewicht Chinas bereits geworden ist. Die Daten stammen alle aus dem Jahr 2008.

Die erste Grafik zeigt die Bevölkerungszahl der zehn grössten Länder (Quelle: Angus Maddison, Zahlen sind in Tausend Einwohner):

Die zweite Grafik zeigt die zehn grössten Länder gemäss ihrem Bruttoinlandprodukt (Quelle: Angus Maddison, Zahlen sind in Millionen 1990 International Geary-Khamis Dollars):

Die dritte Grafik zeigt den Energieverbrauch (Quelle: U.S. Energy Information Administration, Zahlen sind in Quadrillion Btu: Details zur Einheit findet man hier):

Die Unterschiede zwischen China und dem Rest (mit Ausnahme der USA) sind also bereits so gross, dass es nicht von Bedeutung ist, ob China dieses Jahr nur sieben oder fünf Prozent wächst. Natürlich wäre diese Verlangsamung für die Weltkonjunktur sehr schädlich. Aber die Frage, ob Chinas Aufstieg gebremst wird, halte ich für erledigt.

Politisch ist China ohnehin schon seit 1949 ein wichtiger Faktor. Die Verteidigung Nordkoreas im Koreakrieg und der Sieg des Vietkong im Vietnamkrieg wären ohne das kommunistische China undenkbar gewesen. Und der neuste Konflikt um die Inseln im Ostchinesischen Meer zeigt, dass China nun auch die Konfrontation mit den USA nicht mehr scheut. Das 21. Jahrhundert hat längst begonnen.

16 Kommentare zu «Die Weltwirtschaft in drei Grafiken»

  • Ueli der Pächter sagt:

    Interessant wäre eine Grafik des BIP pro Kopf. Ist ja logisch dass 1.3 Mia Menschen etwas mehr erwirtschaften sollte als ein Land mit 100 Mio. Einwohner. Bei einer entsprechenden Auswertung sähe China deutlich bescheidener aus.

    China BIP pro Kopf rund 6500 GE
    USA BIP pro Kopf rund 31500 GE

    • Thomas ernst sagt:

      @Ueli

      Es kommt eben sehr darauf an, WOZU man die Zahlen braucht. Für einen Machtvergleich braucht es absolute Zahlen. Für einen Leistungsvergleich benötigt man per capita Zahlen.

      Alle, die in absoluten Zahlen hantieren, fragen implizit “ Wer würde einen Krieg gewinnen…?“

  • will williamson sagt:

    8% Wachstum des BIP über Jahre erscheint auf den ersten Blick gigantisch. Man muss aber beachten, von welcher Basis das Wachstum ausgeht. In 20 Jahren wächst das BIP bei 8% Wachstum auf das 4,66-fache. Startet man mit 1000, ergibt das dann 4660 nach 20 Jahren.

    Chinas BIP pro Kopf dürfte 1990 um 700 USD betragen haben und wird für 2009 auf 2700 USD veranschlagt, was einem durchschnittllichen Wachstum von zwischen 7 und 8% entspricht (USA 41,660 USD). Je höher das Ausgangsniveau, desto stärker macht sich das Gesetz vom abnehmenden Grenzertrag bemerkbar.

  • Stadelman Reto sagt:

    China ist meiner Meinung nach schon lange eine Weltmacht. Was mich eher interessieren würde ist, ob und wie China die gewaltigen Probleme die auf das Land zukommen bewältigen wird. Das ist meiner Meinung nach nämlich der einzige Finger der die Richtung Chinas aufzeigen kann.
    Da wäre mal die Altersstruktur, ein allgemeine Problem dieser Welt. Aber in China wird sie durch die immer noch geltende Einkindpolitik und die riesige Bevölkerung zu einem noch grösseren Problem. Ganz zu schweigen davon das die Anzahl geborener Knaben zweitweise 2009 auf ein Niveau 120 zu 100 Mädchen hochschnellte. Kann sich da jemand die kommenden Probleme vorstellen? (Quellen: Wikipedia, bpd.de)
    Dann ist da das Problem mit der „Demokratie“ die meiner Meinung nach „nicht echt“ ist. Ich kenne mich zwar wenig mit China aus um eine vernünftige Hypothese zu stellen, aber 1.3 Mrd Menschen die zu Wohlstand kommen? Wie will man diese alle noch lange bändigen und unter Kontrolle halten? Auch hier ein Brennpunkt.
    Und dann wäre da immer noch die wenig nachhaltige Wirtschaft die oftmals auch von Dumpingpreisen etc. lebt. Wie schon gesagt, ich bin kein Experte, aber es scheint mir unwahrscheinlich das die USA/EU sich das noch viel länger bieten lassen.
    Alles in allem also kommt eine spannende geopolitische Zeit auf uns zu. Ich hoffe nur, dass diese nicht in einem Krieg endet.

    • Martin Holzherr sagt:

      Ein so schnelles Wachstum – über Jahrzehnte hinweg mehr als 8 % pro Jahr – ändert die Lebensverhältnisse und die Einstellungen der Menschen radikal. Ein Chinese des Jahres 2020 ist ein ganz anderer Mensch als ein Chinese des Jahres 2000. Das führt auch zu Spannungen und bedeutet, dass sich China neu erfinden muss.
      Es grenzt schon an ein Wunder, dass das bis jetzt so glatt abgelaufen ist. Inzwischen steht aber fest, dass eine schwere Krise Chinas auch eine Weltkrise sein wird.

    • G. Nardone sagt:

      @ Stadelman Reto: „die Anzahl geborener Knaben zweitweise 2009 auf ein Niveau 120 zu 100 Mädchen hochschnellte“ – Nun ja, dann müsste man dort das Gegenteil vom Islam einführen; Frauen dürfen mehr als 1 Mann heiraten.
      Die ständigen Export-Überschüsse Chinas sind in USA ein Problem, die ja ständig Import-Defizite haben. China muss oder sollte in Zukunft ihre Löhne erhöhen, dann könnten vielleicht auch ihre neu gebauten Geisterstädte mit Leben gefüllt werden.

  • Martin sagt:

    Interessanter Artikel. Ich denke auch, dass China längst zu den ökonomischen Supermächten gehört. Besonders dank seines hohen Vorkommens an Metallen der Seltenen Erden hat China eine Monopolstellung in einem der wichtigsten Märkte unserer hoch technologisierten Welt. Sie regieren quasi den Markt für einen Rohstoff der in vielen Schlüsseltechnologien benötigt wird. Deshalb denke ich auch, dass es noch nicht so schnell vorbei sein wird mit China’s Wirtschaftswachstum.

    • Martin Holzherr sagt:

      Dass China 80% aller seltenen Erden fördert liegt allein an den niederen Erschliessungskosten, die mit den niederen Umweltstandards im chin. Bergbau zu tun haben. Seltene Erden gibt es an vielen Stellen der Erde, doch die Förderung ist ein extrem „dreckiges“, potentiell gesundheitsgefährdendes Geschäft. Minen in den USA, Kanada und Australien wurden deshalb geschlossen, China blieb übrig. China ist halt immer noch ein Billiglohnland – allerdings kommt es bereits davon weg.
      Das Wachstumspotential ist in China vor allem deshalb noch gross, weil das Pro-Kopf-Einkommen im Jahre 23011 mit 5400 Dollar immer noch 8 Mal tiefer ist als in den USA, weil die Bevölkerung nach mehr Reichtum strebt und weil die Urbanisierung weiterhin zunimmt. Erst Ende 2011 lebten mehr als 50% der Chinesen in Städten und die Urbanisierung wird wohl noch 2 Jahrzehnte fortschreiten. Es gibt weiterhin viele Wanderarbeiter, die bereits viel besser verdienen als sie vorher auf dem Land verdient haben und die danach streben den vollen Status eines Stadtbewohners zu erhalten.
      Die hohen Investitionen des Staates in Infrastruktur (Hochgeschwindigkeitsbahnen) und Hightech (Raumfahrt, Software, Biotech, etc) sprechen ebenfalls dafür, dass China seinen Weg zu einer reichen Industrie- und später Dienstleistungsgesellschaft fortsetzen wird.

  • Martin Holzherr sagt:

    Die BIP-Graphik stimmt nicht mit den Wikipedia-Informationen aus den List of countries by GDP überein.
    Sie könnte aber Sinn machen, wenn man sie als Kaufkraftparität auffasst.
    Das ändert allerdings nichts an der Beantwortung der Frage: „Wird China eine ökonomische Supermacht?“ China als ganzes Land ist bereits eine ökonomische Supermacht. Das Pro-Kopf-Einkommen und auch der Pro-Kopf-Energieverbrauch ist aber in China immer noch sehr bescheiden. Die Frage muss also vielmehr lauten, ob die Chinesen wohlhabend werden und bald ein Leben führen, das man mit dem Leben im Westen vergleichen kann.
    Diese Frage ist ebenfalls teilweise beantwortet. In den Städten gibt es teilweise schon einen Lebensstil, den man mit dem hier vergleichen kann. Die Urbanisation entscheidet also und diese schreitet in China sehr schnell voran.

  • H.Trickler sagt:

    Schade dass sich Hr. Straumann nicht die Mühe gemacht hat, auch Zahlenwerte für die EU und die Schweiz in der Grafik zu zeigen.

    Aber kein Zweifel, China ist eine Grossmacht und man kann nur hoffen, dass das politische System dort genügend Stabilität aufrecht erhalten kann, so dass keine grosse Revolution ausbricht.

  • Ernst Meier sagt:

    Da hat der Ueli recht. Vielleicht sollten die Autoren schon noch erklären, weshalb man BIP-Zahlen von 2008 in einer fiktiven Währungseinheit abbildet, welche den Stand von 1990 repräsentiert. Sonst hätte man das BIP auch in Anzahl Reissäcken in der Packgrösse von 1830 darstellen können, da wären dann wahrscheinlich auch sehenswerte Ergebnisse herausgekommen.

  • Ueli der Knecht sagt:

    Die BIP-Grafik ist Fake:

    Deutschland: 3.57 Billionen US-Dollar
    Indien: 1.779 Billionen US-Dollar

  • Ueli der Knecht sagt:

    Die BIP-Grafik ist Fake:

    EU 17.577
    US 15.094
    Ch 7.298

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