Der pawlowsche Aktienmarkt

Ben Bernanke hält im Fernsehen eine Rede, während Händler an der New Yorker Börse arbeiten. (Bild: Reuters)
Der Aktienmarkt ist ein sonderbares Biest.
Eigentlich sollte er ja stets die rationalen Erwartungen aller Marktteilnehmer spiegeln: Investoren, die laufend alle verfügbaren Informationen verarbeiten und die zukünftige Gewinnkraft aller an der Börse kotierten Unternehmen abschätzen.
So zumindest lehrt es – freilich stark vereinfacht dargestellt – die Finanztheorie.
In der Praxis ist der Aktienmarkt ein Organismus, der zwischen den emotionalen Extremen von Gier und Angst schwankt und dabei immer mal wieder grotesk überbewertet (etwa 1999 oder 2007) oder kolossal unterbewertet (1982 oder Anfang 2009) ist. Der Zustand der rationalen Erwartungen und der fairen Bewertung wird dabei jeweils nur vorübergehend erreicht. (Falls es Sie interessiert, wie es um das aktuelle Bewertungsniveau der Weltbörsen steht: Hier eine eingehende Analyse dazu.)
Der Aktienmarkt weist aber noch eine andere Eigenschaft aus, und um die soll es heute gehen: Er ist extrem einfach manipulierbar. Nicht von irgendwem natürlich, aber von den Notenbanken.
Nichts zeigt diese Tatsache besser als der Börsenverlauf in den vergangenen vier Jahren. Meine Redaktionskollegen Gregor Mast und Tommaso Manzin haben in einer aktuellen Arbeit (hier der vollständige Artikel dazu) diese aussagekräftige Grafik erstellt (Quelle: FuW):

Die rote Kurve zeigt den amerikanischen Leitindex, den S&P-500 (linke Skala). Die blaue Kurve, für die vorliegende Betrachtung nicht von Bedeutung, zeigt die Rendite zehnjähriger Treasury Notes (Staatsanleihen) in Prozent (rechte Skala). Die blassblaue Kurve zeigt die Fed Funds Target Rate, den Leitzins der US-Notenbank.
Es ist schön zu sehen, wie der S&P-500 im Oktober 2007 sein Allzeithoch erreichte, dann ins Rutschen geriet und nach dem Kollaps von Lehman Brothers am 15. September 2008 abstürzte.
Nun kommt die Notenbank ins Spiel, und hierfür sind die grünen Flächen in der Grafik von Bedeutung: Ende November 2008 kündigte Ben Bernanke, der Vorsitzende der US-Notenbank, eine Reihe unkonventioneller Stimulusmassnahmen – sprich: den Kauf von Staatsanleihen und verbrieften Hypothekarkrediten durch die Notenbank – an. Für diese Massnahmen bürgerte sich später der Begriff Quantitative Easing ein.
Fast punktgleich mit Bernankes Ankündigung sprang der S&P-500 in die Höhe. Er sackte dann im Februar und März 2009 zwar nochmals ab, doch dann setzte er zu einem 80%-Boom an, während das QE-Programm lief und zeitweise sogar noch ausgedehnt wurde.
Mit dem vorterminierten Ablauf des QE-Programms im Juni 2010 begann der Index wieder zu sinken.
Doch sogleich hiess es «Bernanke to the rescue»: Am 27. August 2010 kündigte er am Notenbanksymposium in Jackson Hole, Wyoming (es findet dieses Wochenende wieder statt), ein weiteres Liquiditätsprogramm – QE2 – an. Exakt an diesem Tag drehte der Aktienmarkt wieder und legte eine neue Rally von 30% hin.
QE2 endete im Juni 2011, und der Zauber an der Börse endete wieder.
Doch auf Ben war Verlass: Am 21. September 2011 kündigte er die Operation Twist an, deren explizites Ziel es war, das langfristige Zinsniveau in der US-Wirtschaft zu senken (das «normale» Arbeitsinstrument einer Notenbank sind eigentlich die kurzfristigen Zinsen). Voilà: Der Tag dieser Ankündigung markierte abermals einen Wendepunkt an den Börsen, und der S&P-500 stieg um weitere 30%.
Eigentlich hätte die Operation Twist im Sommer 2012 auslaufen sollen, doch am 20. Juni 2012 wurde sie bis Ende des Jahres verlängert, was den Börsen neuen Schub verlieh.
Das Verdikt ist recht eindeutig: Hauptsächlicher Treiber an den Aktienmärkten der vergangenen Jahre waren nicht etwa aufhellende Konjunkturdaten (im Gegenteil: in den vergangenen Monaten sind die Vorlaufindikatoren abgetaucht, während die Aktienmärkte weiter stiegen – hier eine Auseinandersetzung dazu im «Momentum»-Blog der FuW), sondern Stimulusmassnahmen der Notenbanken.
Es wäre also grundfalsch, aus den steigenden Aktienkursen eine Gesundung der Weltwirtschaft abzulesen.
Obige Darstellung befasst sich nur mit der Politik von Ben Bernanke seit 2008. Schon Bernankes Vorgänger Alan Greenspan wusste mit seiner Zinspolitik – etwa 1987, 1994, 1998 und 2003 – die Börsen gezielt zu beeinflussen. Ein ähnliches Bild war im Dezember 2011 zu beobachten, als die Europäische Zentralbank unter Mario Draghi die dreijährige Longer Term Refinancing Operation (LTRO) ankündigte (hier mehr Details dazu).
Wie geht es nun weiter?
Am Freitag, 31. August, hält Bernanke seine mit Spannung erwartete Rede in Jackson Hole. Draghi hätte eigentlich am Samstag auftreten sollen, aber er hat seine Reise nach Wyoming abgesagt – mit der Begründung seiner hohen Arbeitsbelastung. Nächste Woche, am 6. September, kommt der nächste Zinsentscheid der EZB, und in der Folgewoche ist die nächste Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank.
Man darf gespannt sein.
Persönlich halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass Fed und/oder EZB irgendwann in den kommenden Monaten neue, grosse, unkonventionelle monetäre Stimulusmassnahmen beschliessen werden. Und dann, wenn diese Ankündigung draussen ist, werden die Börsen wieder nach oben rauschen.
Wetten?
62 Kommentare zu «Der pawlowsche Aktienmarkt»
The G20 is under growing pressure to call an emergency food summit after the price of essentials jumped by ten per cent on average in July.
Oh, unser Geld wurde schon verpulvert um die Elite zu retten, hey. Ein bisschen Abspecken tut uns doch allen gut.
TOKYO: Political gridlock in Japan over a bond bill could force the government to delay spending, which would deal another blow to the fragile economy as well as under-pressure Prime Minister Yoshihiko Noda.
Tokyo is facing a cash crunch, with parliament yet to pass a law that would let the government issue bonds to cover about 40 per cent of its spending plans for the year to March.
Blasen sind scheinbar schwierig zu erkennen, jedoch wenn ein Staat 40% des Haushalts durch zusätzliche Schulden decken muss, kann selbst ein Primarschueler den Ponzi Scheme Charakter erkennen.
Economically, America has descended into poverty. As Peter Edelman says, “Low-wage work is pandemic.” Today in “freedom and democracy” America, “the world’s only superpower,” one fourth of the work force is employed in jobs that pay less than $22,000, the poverty line for a family of four. Some of these lowly-paid persons are young college graduates, burdened by education loans, who share housing with three or four others in the same desperate situation. Other of these persons are single parents only one medical problem or lost job away from homelessness.
Mehr unter diesem Link: http://www.economicpopulist.org/content/america-s-descent-poverty
Ein wenig off topic aber naturgemäßes verbunden mit den „Anstrengungen“ der Zentralbanken, Wachstum zu kreieren.
Even if innovation were to continue into the future at the rate of the two decades before 2007, the U.S. faces six headwinds that are in the process of dragging long-term growth to half or less of the 1.9 percent annual rate experienced between 1860 and 2007. These include demography, education, inequality, globalization, energy/environment, and the overhang of consumer and government debt. A provocative “exercise in subtraction” suggests that future growth in consumption per capita for the bottom 99 percent of the income distribution could fall below 0.5 percent per year for an extended period of decades.
Diese Konklusion erzielt diese neue Studie von Robert J. Gordon Department of Economics Northwestern University. Es gibt zunehmend solche Art von Analysen, welche das zukünftige Wachstumspotential als sehr schwach einstufen, welche im Allgemeinen viele Aspekte (auch nicht rein ökonomischer Natur) berücksichtigen.
Das Volumen der Analyse umfasst 23 Seiten:
http://www.nber.org/papers/w18315.pdf?new_window=1
Depression Cures That Don’t Work – Murray Rothbard
http://www.youtube.com/watch?v=uYu6bYUXD7Q&feature=player_embedded
Please answer the following questions before launching a rousing defense of the All-Powerful Fed and its chairman:
1. What is the nominal yield on your savings account, thanks to the Fed’s zero-interest rate policy (ZIRP)? (Answer: 0.25%)
2. What is the inflation-adjusted yield on your savings account? (Answer: – 2.25%)
3. What is the rate of interest the Fed charges banks for „free money“? (Answer: 0%)
4. What is the average interest rate for bank-issued credit cards? (Answer: 14.52%)
5. What is the interest rate for student loans? (Answer: 6.8%, and 7.9% or 8.5% for PLUS loans)
6. Does the Fed pay interest on the funds banks have borrowed from the Fed for 0% and then deposited with the Fed? (Answer: yes)
7. Exactly how has the average American worker benefited from the Fed’s policies?(Answer: interest on credit cards has declined from 19.9% to 14.52%, if the worker has outstanding credit, which few of the bottom 90% do.) Theoretically, workers could re-finance their homes at lower interest rates, but the vast majority are either underwater or no longer qualify. Ben and the Merry Thieves love pulling Catch 22.
8. How has the average parasitic Neofeudalist Financial Lord benefited from the Fed’s „rob the poor to give to the rich“ policies? (Answer: Handsomely. The top 1%’s income and net worth has soared as Ben and his Merry Band of Thieves have stripmined interest income from the poor and pension funds and diverted it to the rich.)
9. Have the Fed’s Reverse Robin Hood policies narrowed income disparity in the U.S.?(Answer: no–income disparity has widened further as a result of Fed goosing of risk assets.)
10. How many of the nation’s 14.5 million unemployed have gotten jobs as a result of Fed policies who would not have gotten a job if the Fed had been abolished in 2009?(Answer: unknown, but the best guess is 17, including Bennie the part-time janitor, with a statistical error of + or – 17.)
11. How does Ben the Reverse Robin Hood justify his thievery?
(Answer: he doesn’t. Officially sanctioned propaganda casts him in the role of selfless do-gooder, protecting saintly Neofeudalist Financial Lords from restless debt-serfs.)
Listen up, debt-serfs, you have it good here on the manor estate. You get three squares of greasy fast-food or heavily processed faux-food a day, and if Reverse Robin Hood and his Merry Band of Thieves is ripping you off it’s for a good reason: the predatory Neofeudalist Financial Lords need the money more than you do, as they have a lot of political bribes to pay: it’s an election year, and the bribes are getting increasingly costly. Poor things, we’re sure you understand. Now go back to work or watching entertainment (or „news,“ heh) and leave the Lords alone.
Aus dem link:http://charleshughsmith.blogspot.com/2012/08/the-real-reverse-robin-hood-ben.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+google%2FRzFQ+%28oftwominds%29
Wow! Dass der Betrug derartige Ausmasse an EInfachheit angenommen hat, war mir nicht bewusst. Ich habe gewusst (und andernorts geschrieben), dass es komplizierte Betrugs-Schemas gibt, etwa der Spanien-Raub (Privatschulden müssen vom Staat übernommen werden, der dann in der Folge zum Schuldenstaat wird, der dann in der Folge Staatsbetriebe an jene Kreise privatisieren muss, die ihre Schulden an den Staat abtreten konnten), aber dass der Betrug so einfach ist, war mir nicht bewusst: Banken bekommen das Geld schlicht geschenkt!!!
6. Does the Fed pay interest on the funds banks have borrowed from the Fed for 0% and then deposited with the Fed? (Answer: yes)
Mir kommt beim Lesen solcher Dinge seltsamerweise immer ein französischer Arzt in den Sinn, an dessen Name ich mich gerade nicht erinnere, dessen Vorname aber Joseph-Ignace ist, und der während der Französischen Revolution „praktizierte“.
Ja Ralph
Bleiben Sie bitte möglichst aktiv und helfen Sie die Bevölkerung aufzuklären. Mir wird immer öfter fast zum kotzen übel, wenn ich mir die Korruption innerhalb der Elite betrachte.
Herr Huber, deshalb unterstützen die (Schweizer [nicht nur sie]) Banken die Republikaner im US-Wahlkampf besonders intensiv. Die Eliten ( von denen es praktisch nur noch solche mit finanziellen Interessen gibt) haben es noch immer relativ leicht die Menschen an der Nase herumzuführen.
Noch ein Gedanke zum Quantitative Easing. Der Name trügt -denn der Effekt dieser Geldmengenausweitung betrifft praktisch nur die Banken und Grossinvestoren, aber nicht die Realwirtschaft. Das Geld wird unter den Eliten aufgeteilt und wandert dann in Schwarzgeldkanäle ab, in überrissene Managerlöhne, in das Spielkasino des Hochfrequenzhandel und dient zur Schaffung von täglich hunderten neuer Wertpapiere die auf den Markt geworfen werden. In gewissen Bereichen wirken die Geldspritzen sogar Deflationär, weil das Geld wie ein Sog wirkt welches auch noch Geld aus dem Kreislauf abzieht zu den Börsen. Dieses „mitgerissene“ Kapital wird somit der Realwirtschaft entzogen.Weniger Geld in der Realwirtschaft bedeutet Deflation, und nicht Inflation -die gibt es nur an den Börsen und bei Rohstoffen. Ja, so lange die Politik auf Sparkurs getrimmt bleibt, ist nichts mit Inflation -die entstand bisher nur noch jeweil VOR einem erneuten Quantitative Easing. Eine grössere Inflation wird dann erst kommen wenn die Schuldenberge langfristig nicht mehr abgearbeitet werden können -dann wird das gesammte ausgeweitete Geld mit einem Schlag aus den Börsen abgezogen -und niemand mehr will es.Wenn die SNB die bald halbe Billion abstossen will -dann ist Inflations-Time -dann werden alle alles verlieren -ausser die Eliten natürlich -sie sind vorbereitet und halten Gold, Silber und Immobilien.
Sicher, die Börsen werden durch das Bernanke-Geld wieder hochgetrieben, es geht ja praktisch nichts davon in die Realwirtschaft -im Gegenteil.
Übrigens -vielleicht hat es jemand bemerkt, die Schweizerische Nationalbank hat inzwischen eine Bilanzsumme von 409,189 Milliarden angehäuft, Ende Jahr könnte die Menge dem gesammten BIP der Schweiz entsprechen. Vor lauter Schutztrieb für die elitäre Exportwirtschaft läuft die Schweiz in Gefahr wie die BUBA im Fall eines Euro-Kollaps mit in den Abgrund gezogen zu werden.
Ob es die Verfechter des Kapitalismus wahrhaben wollen oder nicht Marx stellte schon vor mehr als 100 Jahren in seinen Studien fest
“ Der Kapitalismus ist parasitär und faulend“
Die aktuelle Situation zeigt einmal mehr wie Recht er hatte. Nur leider muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass der Sozialismus keine wirkliche Alternative darstellt.
Vielleicht sollten wir Menschen unser Streben nach mehr einmal komplett überdenken.
Aus den Kommentaren erkenne ich, dass wir Fortschritte machen. Was will ich damit sagen?
Schrittweise erkennen immer mehr Menschen den Effekt der monetären Manipulation (Umverteilung von den 99% an die 1%). Es handelt sich um einen schrittweisen Sinneswandel, welcher sich schrittweise verbreitet.
Auch die Entscheidungsträger sind diesem Sinneswandel ebenfalls unterworfen. Sie wollen nicht auf der falschen Seite der Gleichung erscheinen und werden aus diesem Grunde schrittweise vorsichtiger werden in ihren manipulativen Eingriffen.
Ich verstehe sehr gut die Ansicht, dass die nächsten unkonventionellen monetären Eingriffe ein erneutes Feuer an den Börsen entfachen wird. Jedoch auch diese potentiellen Explosionen sind nicht wirklich aufgrund der monetären Maßnahmen erklärbar, da der groesste Teil dieser virtuell kreierten Kreditvolumina nicht in der wirklichen Wirtschaft ankommen, sondern einzig als zusätzliche Reserven der Banken bei den Zentralbanken figurieren. Nur schon aus diesem Grunde sollten sich die Zentralbanker langsam fragen, was das eigentlich soll. Es handelt sich um die Promotion von Spekulation und Blasenbildung zulasten der einfachen Sparer und dürfte schrittweise eher negative Auswirkungen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung entfalten.
Aus diesem Grunde bin ich nicht überzeugt, dass eine weitere monetäre „Spritze“ unbedingt zu einer neuen Explosion an den Aktienkursen führen muss, sondern die Wirkung dieser fragwürdigen Manipulationen schrittweise an Effektivität verlieren dürfte.
Wenn Draghi Schüler von Benankes wäre, wäre er ein schlechter Schüler. Die expansive Geldpolitik in EU stellt zur Zeit keine Option dar – Draghi hat seine Hausaufgabe nicht richtig gemacht.
Gestern Nacht hat orf2 einen Report über Goldman Sachs, „die Bank die die Welt dirigiert“ gebracht. Wird auf orf2 anscheinend heute, 11:55 wiederholt.
Was die Kursentwicklung an den Börsen anbelangt, hat der verstorbene Börsenprofi Andre Kostolany einmal geschrieben, diese hänge davon ab, ob an der Börse mehr Titel oder mehr Idioten versammelt seien. Damit wollte er darauf hinweisen, dass die Psychologie eine ganz entscheidende Rolle spielt.
…oder „kurz und bündig“ aus seinem Buch Börsenseminar von1987, [Seite 171]:
“Das allgemeine Wohl verlangt Lügen und Verrat. Mit etwas Zynismus würde auch ich behaupten, dass das ganze kapitalistische System eine Illusion, sogar ein Schwindel ist – aber eben ein gut gemachter. Gott soll geben, dass er noch lange besteht.”
@Bob Baumeister
Mit dem „allgemeinen Wohl“ meinte der selige Kostolany wohl eher sein „eigenes Wohlergehen“ – vielleicht hat ihm Gott ja jetzt auch verraten ob der Kapitalismus tatsächlich sein Lieblingssystem ist und wie lange es noch bestehen soll.
Oh ja! – In einem gaaaanz alten Buch steht doch genau geschrieben w i e der Kapitalismus funktioniert!!!
…7 x 7 Jahre…dann kommt der Reset – die Stunde Null – das Ende U N D der Neuanfang!!!
tick-tack – bald ist Jubeljahr!
…(Dtn 15.1 – Der Verzicht auf Forderungen in jedem siebten Jahr…Lev 25,8 – 7x 7 Jahre, dann kommt das Jubeljahr, also der Reset – die Stunde Null – das Ende….und
upps – Rest sollte eigentlich gelöscht sein…naja – ein bisschen in alten Büchern stöbern kann ja nicht schaden…
@Bob Baumeister
Zu einem Reset wird es nicht mehr kommen – eher zu weltweiten Bürgerkriegen, welche ja schon überall toben. Die Vermögenden verstecken sich dann hinter Stacheldrahtzaun, Privatmilizen oder gleich in der Schweiz und die Bevölkerung der zusammenbrechenden Staaten wird in eine endlose Gewaltspirale hineingerissen (siehe Mexiko u.s.w.).
Hab nur den Schluss der Sendung gesehen. Aber es hat schon gereicht. Das Statement, bisher habe es keine Regierung der Welt gewagt, denen zu nahe zu kommen, sagt alles.
@will williamson: Sie haben nur den Schluss gesehen, aber das hat schon gereicht, Ihre bereits vorher feststehende Meinung zu bestätigen. Genau das wollte der Orf, weil Eintschaltquoten sind auch fürs staatliche Fernsehen wichtig. Wenn der etwas gegen die Mainstreammeinung sendet, guckt keiner hin, weil Meinungen wollen bestätigt werden, sonst entsteht Unsicherheit, und das mögen Menschen nicht, vor allem seit sie keine Religion mehr haben, die Ihnen Gewissheit gibt.
„Für die Investmentbanken sind die Politiker die besten Kunden: Sie brauchen immer Geld und verstehen nichts vom Geschäft. „So werden am Vorabend des griechischen Schuldenschnitts neue Details bekannt, wie Goldman Sachs den Griechen half, die EU zu betrügen. Für Goldman war es ein extrem profitables Geschäft. Für die Euro-Zone war es das Initialereignis für die größte Krise ihrer Geschichte.“ (Deutsche Mittelstandsnachrichten, 08.03.12).
Vielleicht hat der ORF etwas übertrieben, vielleicht auch nicht. Hier hat sie immerhin dirigiert, die Bank, die gemäss eco-orf die Welt dirigiert.
Kaum übertrieben @williamson . Übrigens war damals als Goldman Sachs den Griechen zu fälschen geholfen hatte der heutige Chef der EZB , Mario Draghi Mitglied im Goldmannschen „Europa-Management“. Besonders korrupt ist die Brüsseler Europa Denkfabik -Zentrale Bruegel, es handelt sich dabei um ein ökonomisches Schattenregierungssystem welche Politik ausserhalb demokratischer Einflüsse macht und dann die entsprechenden Figuren die das umsetzen in Brüssel an die Macht bringen.
Ich habe von einer empirischen Studie gelesen, die gezeigt hat, dass 95% der Volatilität der Börse „endogen“ ist, d.h. aus sich selber entsteht: Preise steigen, weil sie steigen und fallen, weil sie fallen. Dazu kommt, dass Marktteilnehmer die Börse nach demselben Prinzip beurteilen, wie in den Fotowettbewerben, bei denen jener gewinnt, der das von allen Teilnehmern als schönstes bestimmte Foto gewählt hat. Man wählt nicht „das schönste“ Foto, sondern versucht zu erraten, welches von den meisten andern als schönstes gewählt werden könnte. Die Wahl (und analog das Geschehen an der Börse) ist daher eine selbsterfüllende Prophezeiung. Schliesslich wird ein Grossteil der Bewegungen an der Börse von Computerprogramme ausgelöst, sodass die Behauptung, die Börse reflektiere die gebündelte Weisheit aller Anleger, ein blanker Unsinn ist. Es ist daher aus all diesen Gründen nicht nur „grundfalsch, aus den steigenden Aktienkursen eine Gesundung der Weltwirtschaft abzulesen“, sondern überhaupt etwas über den Zustand der Wirtschaft abzulesen. Die Börse ist grösstenteils ein Casino, das nach dem Greater Fool Prinzip operiert. Wer etwas anderes behauptet, ist schlicht ein Lügner (ich würde höchstens reine Dividendenpapiere ausnehmen, da bei denen ein „innerer“ Wert, nämlich die künftigen Dividenden, im Preis drinstecken).
Wie sehr die neoliberale Markt-ist-geil Ideologie unsere Vorstellung von der Wirtschaft bereits vergiftet hat, zeigt sich an dümmlichen TV-Sendungen wie der „SF Börse“, die nichts weiter sind als Gratiswerbung für eine private Aktiengesellschaft (http://de.wikipedia.org/wiki/SIX_Swiss_Exchange) und ideologische Berieselung für das Volch. Genausogut könnte das Schweizer Fernsehen vor der Tagesschau die Kennzahlen des Grand Casino Basel darlegen (auch eine private AG), mit dem wesentlichen Unterschied, dass deren Marktteilnehmer tatsächliche Menschen sind und keine Roboter.
@Ralph Sommerer
Willkommen in der Matrix! Was aber höchst real ist an dieser „virtuellen Realität“: Wir alle leben und sterben für`s Profitprinzip.
Die Lösung: Wir sollten aufhören uns selber als „Warenansammlung“ zu betrachten und stattdessen wieder Menschen werden. Gegen Roboter habe ich nichts – solange sie uns dienen und nicht umgekehrt.
Während der New Economy unter Clinton hatte Alan Greenspan nach der Studie der Daten der Realwirtschaft (die im Gegensatz zu den horrenden Gewinnen an den Börsen nicht angestiegen sind) eine Warnung ausgesprochen, das System sei nicht stabil und führe nur zu einer Blasenbildung. Leider gab er danach unter dem massiven politischen Druck nach.
Was danach folgte wissen wir alle: Asienkrise (Bailout der Banken und Hedgefonds durch den IWF, Totalabsturz der lokalen Wirtschaft und Unruhen in Südostasien), Dotcomkrise (das brutale Ende der New Economy vor der Greenspan eigentlich warnen wollte) und die Subprimekrise (die Bailouts sind uns ja noch bewusst und ongoing), die nahtlos in die heutige „Staatsfinanzenkrise“ (natürlich wiederum mit Bailouts verbunden) überging.
Helicopter-Ben und Draghi kämen nichtmal auf die Idee eine derartige Warnung auszusprechen, wirtschaftliche Kennzahlen sind ja auch aus fast jeder Berichterstattung verschwunden. Das einzige was heutzutage noch interessiert ist die „Stabilität des Marktes“ und vorallem der grossen Marktteilnehmer auf Kosten aller anderen Menschen auf diesem Planeten. Aber das sowas passiert wenn man Menschen wie ehemaligen Goldmann Sach Kaderleuten (und andere, aber die sind grad so schön prominent und mit Rubin zb bereits in der Asienkrise vorne mit dabei) das Management der von ihnen verursachten Krise überlässt. Den Bock zum Gärtner zu machen ist ja bekanntlich eine sinnvolle Entscheidung.
Eine bitte an die Webmaster: Hier hat man zwar genug Zeichen, das editieren in der kleinen Eingabebox ist jedoch sehr schwer (man kann nicht drin rumscrollen, nur top/down), das liesse sich jedoch sehr schnell ändern 😉
Ich finde es bedenklich, dass durch diese „unkonventionellen Massnahmen“ eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet, Blasenbildung gefördert wird, „creative destruction“ verunmöglicht wird durch Bailouts, übermässige Spekulation ermöglicht wird, die Weltwirtschaft destabilisiert wird und die Märkte total von den Notenbanken statt von Realwerten gesteuert werden – aber in der öffentlichen Wahrnehmung, gestützt durch Aussagen von Politikern und Medien, all diese Probleme dem (inexistenten) „freien Markt“ angelastet werden, verbunden mit dem Ruf nach mehr „Regulierung“.
Diese Beobachtung ist für mich die wichtigste Diskussion im politisch-ökonomischen Bereich, die wir führen müssen in den nächsten Jahren, aber praktisch nie angesprochen wird. Hat jemand eine Vermutung, warum das so ist?
Weil die „oben“ (damit sind nicht die Politiker gemeint sondern die „neue Elite“ aus Vorstandsmitgliedern/CEO’s von Grossbanken oder Hedgefonds inkl ihren Ablegern wie Bernanke oder Draghi) das sagen haben und natürlich sich selbst und ihre Geschäfte nicht einfach fallen lassen. Eine Diskussion darüber wäre sogar mehr als nötig, dazu müsste sich aber ein Grossteil unserer Mitmenschen erst einmal wieder dafür interessieren.
Hat nicht unbedingt mit diesem Thema zu tun (aber trotzdem eine sehr gute Doku, auch über den aktuellen Ayn Rand Hype, was der Grund war wieso ich eigentlich drauf stiess), im ersten Teil wird aber ziemlich gut erklärt was ich mit dieser „Finanzelite“ meinte: http://www.bbc.co.uk/programmes/b011k45f
Ich habe schon den Eindruck, dass es die meisten Menschen (gezwungenermassen) interessiert, da ihr Lebensstandard direkt betroffen ist. Ich frage mich nur, wieso sie nicht sehen, dass wir nicht weniger, sondern mehr freie Märkte brauchen. Wenn 50% jeder Transaktion aus Geld besteht und der (auch zu erwartende zukünftige) Wert dieses Geldes dem zentralisierten Gestaltungswillen der Zentralbanker unterliegt, also alle Tranksaktionen zur Hälfte monopolisiert und indirekt von oben herab „verfälscht“ werden, wie kann man da gegen Kapitalismus und freie Märkte schimpfen? Wenn Banken vom Staat gerettet werden? Wenn Staatsausgaben fast die Hälfte des BIP ausmachen? Wenn die Hälfte des Lohns vom Staat eingezogen und umverteilt wird?
Das ist ein Riesenpropagandaerfolg für die Antikapitalisten – die Frage ist, wieso glauben die Leute ihnen, wenn sie sagen, dass der „freie Markt“ schuld sei?
Ich denke, dass der Leidensdruck noch sehr bescheiden ist (im Durchschnitt), um wirkliche Veränderung möglich zu machen.
Das Problem: Wenn das herrschende Dogma besagt, dass der freie Markt unterbunden werden muss, wird der verstärkte Leidensdruck, der auf uns zukommt, nur dazu führen, dass von der breiten Masse dirigistische Rezepte aus der sozialistischen Mottenkiste verlangt werden. Die wird natürlich verkleidet in neue Mäntelchen wie demokratische Wirtschaft, Public-Private-Partnerships, Nachhaltigkeit, etc., doch was dahinter steckt, wird mehr Zentralismus, mehr Top-Down, mehr Staat und dadurch mehr Korruption, Vetternwirtschaft und Armut sein.
@ John
Ich stimme Ihnen zu, dass je länger wir mit grundlegenden Entscheidungen warten, desto groesser wird der Schaden schlussendlich ausfallen und desto groesser wächst die Wahrscheinlichkeit, dass es gar nichts mehr zu entscheiden gibt.
Mit grundlegenden Entscheiden meine ich, dass man damit aufhört, die natürliche und notwendige Deflation (Resultat der vorhergehenden Kreditblase) verhindert und damit die Fehlinvestitionen nicht anerkennen will, desto groesser wird der schlussendliche Schaden für die Gesellschaft ausfallen. Der erneute Versuch die Kreditblase aufleben zu lassen produziert zusehends mehr negative als positive Effekte für die Gesellschaft, welche von der Elite entweder ignoriert und/oder in Kauf genommen werden oder evtl. sogar gewollt sind.
Ich kann es nicht abschätzen, inwieweit die Bevölkerung die Problematik zu erkennen beginnt aber denke schon, dass aufgrund zunehmender Zukunftsangst sie sich schrittweise informieren wird.
@ John Peer: Sie glauben wohl, Bankster & Co. seien moralisch besser, als „kleine“ Beamte, die schauen, dass sie mal auch etwas zum Beissen haben…
Sie vergleichen „Teppichetage Gängster“ mit Menschen, die aus „Not“ mal eine angefangene „Stulle“ fertigessen und dafür gefeuert werden. Steurvermeider und -Umgeher geschützt durch Lobbisten sind mir dann doch lieber.., oder? Ekliche Trittbrettfahrer….
Demokratisch legitimiert zu sein ist allemal „besser“, als von einer „gefütterten Hand leben und kriechen zu müssen. Letzlich hat ja die Mehrheit das Recht zu kotrollieren und wenn nötig einzugreiffen.
Vor allem muss die private Geldschöpfung aufhören, wenn Schulden nur sozialisiert werden.
Bitte eine Monetative!
@ Greg
Ich denke, dass Sie John’s Darstellung falsch verstehen. In einem freieren Markt würden viele Banken heute gar nicht mehr existieren, sondern wären schon lange Bankrott erklärt und liquidiert worden. Jedoch Banken mit einem nachhaltigen Geschaeftsmodell würden überlebt haben und in die Bankbranche von sich aus erneuern.
Oder Länder die in Wirklichkeit Bankrott sind würden automatisch einem Insolvenzverfahren zugeführt, da ihnen niemand mehr Kredit gibt, womit jene, welche unvorsichtig genug waren, diese bewiesenermaßen unfähig zu nachhaltiger Haushaltung Staaten zu finanzieren, damit den Schaden zu verbuchen hätten und nicht die Allgemeinheit.
Dies würde die notwendige Disziplin wieder hergestellt haben und hätte auch die Banker der Möglichkeit beraubt, sich risikolos und unangebracht zu bereichern.
@John Peer
Ist ja schon blöd, dass es ihren „reinen Kapitalsmus“, indem die „creative destruction“ des Rätsels Lösung wäre, nur in Ihrer Phantasie besteht. In der „Prawda“ stand auch immer: „Wir brauchen einfach einen „reineren Kommunismus“ – dann funktioniert es auch mit dem 5 Jahres Plan. Also lasst uns paar „Konterrevolutionäre“ (in diesem Fall die Notenbänker) an die Wand stellen.“
Die Wiederholung der marktradikalen Märchen macht diese auch nicht wahrer. Aber – es ist ja auch für eine gläubigen Katholiken schwer sich vom Dogma der „unbefleckten Empfängnis Marias“ loszusagen. Vielleicht sollten Sie sich mal an den Sektenberater in Ihrer Nähe wenden – der weiss vielleicht Rat.
Polemik statt Argumente –> keiner Antwort würdig. Der Liberalismus wendet keine Gewalt an, um seine Ziele zu erreichen, sondern versucht, durch rationale Argumentation die Menschen zu überzeugen. Darum muss er langfristig auch zwangsläufig erfolgreich sein, trotz Leuten wie Ihnen.
@John Peer
Der Liberalismus wendet als Ideologie keine Gewalt an – aber in der Praxis führen Politiker / Manager / CEOs / Lobbyisten, die sich als „Liberale“ bezeichnen würden, Krieg, lassen Millionen von Menschen verhungern, lassen Schulen und Krankenhäuser wegen „mangelnder Rentabilität“ schliessen, gönnen den Armen dieser Welt nicht einmal den Dreck unter dem eigenen Fingernagel, untergraben jegliche Solidarität unter Menschen u.s.w. – alles unter dem „Deckmäntelchen der Freiheit“. Wie schon Orwell schrieb: Freiheit ist jetzt Sklaverei, Krieg ist Frieden und Ignoranz ist Macht.
@ UELI
Sie erzählen wirklich einen Unsinn hier. Solidarität ist ein menschliches Bedürfnis. Wer sich unsolidarisch verhält, wird von der Gesellschaft geächtet. Das ist die Grundregel.
Wenn jedoch der Staat sogenannte Solidarität versucht zu erzwingen, handelt es sich fur den Einzelnen nicht mehr um Solidarität, sondern um Extortion. Somit wird sich jeder selbst der Nächste und kümmert sich einen Dreck um seinen Nachbarn, da dies ja Staatsaufgabe ist.
Sie erkennen das grundsätzliche Problem nicht, dass der Staat im Grunde meist unsinnige Regeln produziert, wodurch sich die Gesellschaft entsprechend verändert. Gerade heute erkennt man doch zunehmend, dass sich jeder nur noch um sein eigenes Wohl kümmert. Aber dies ist doch genau das Resultat der „gut gemeinten“ Regelungen, welche der Staat erlaesst. Ansonsten wären wir viel stärker darin verflochten, nachbarschaftliche Beziehungen zu pflegen und uns in unserer Umgebung als Schicksalsgemeinschaft zu sehen.
Es gibt immer unsoziales Verhalten, aber dies würde in einer wirklich freien Gesellschaft geachtet, womit der Betroffene sehr wohl sich seiner Stellung bewusst wird, solange er sich nicht total abkapseln will.
@Linus Huber
Ich könnte auch sehr gut ohne Staat – aber der Kapitalismus nicht! Und genau dies sehen Sie als „Anarchokapitalist“ nicht ein. Der „frei Markt“ mit seinem „Eigentumsrecht an Produktionsmitteln“ in den Händen weniger ist mehr auf die Polizei, den Justizapparat und die Gesetzgeber angewiesen als ich. Wieso? Weil ich nichts zu verlieren habe – ausser vielleicht meine Zahnbürste und meinen Lieblingssessel. Der bürgerliche Staat ist also nicht der „Feind“ des Kapitals, sondern die Grundvoraussetzung, damit das System der Kapitalakkumulation überhaupt funktionieren kann. Der Staat, ursprünglich zur Wahrung gemeinsamer Interessen ausgebildet, erhält den Zweck, die Herrschaftsbedingungen der herrschenden gegen die beherrschte Klasse gewaltsam aufrechtzuerhalten.
@John Peer
Um Ihrem Vorwurf, dass ich nur Polemik statt Argumente bringe, etwas entgegenzuhalten bringe ich jetzt mal paar „Argumente“, die den Kern Ihrer falschen Vorstellung vom Kapitalismus treffen:
Der wirtschaftliche Interventionismus ist nicht, wie die liberale Schule meint, systemfremd aufgepropft, sondern systemimmnanent, Inbegriff von Selbstverteidigung. Das Kapitalsismusmodell selbst hat nie so rein gegolten, wie die liberale Apologie es unterstellt. Es war bereits bei Marx Ideologiekritik, wie wenig der Begriff, den die bürgerliche Gesellschaft von sich selbst hegte, mit der Realität sich deckte. Nicht enträt es der Ironie, dass gerade dies kritische Motiv: dass der Liberalismus in seinen besten Zeiten keiner war, heute umfunktioniert wird zugunsten der These, der Kapitalismus sei eigentlich keiner mehr. Das Fluten von Märkten mit billigem Geld, die gewaltige weltweite Kreditexpansion der letzten 40 Jahre (in Amerika z.B. von 1 Billion auf jetzt 50 Billionen US-.Dollar) waren eine Notmassnahme, damit die Party an den Börsen weitergeht. Irgendwann bricht das Kreditkartenhaus zusammen und dann muss halt der Staat eingreifen, weil wir sonst in einer Krise landen wüden, die die „grosse Depression“ der dreissiger Jahre wie einen Kindergeburtstag aussehen liesse. Aber die Staaten können die Krise natürlich nur in die Zukunft verschieben – aber bei einer Krise, die das Ende der Zivilisation bedeuten könnte, macht dies durchaus Sinn. Wir kaufen uns halt noch ein bischen Zeit – aber dann ist fertig.
@ John
Sie erkennen die Kernprobleme gut.
@ Ueli
wb, long time no see, hey. Nichts ist rein, weder die Nachvollziehung der kapitalistischen Idee noch sonst eine Nachvollziehung einer gedankliche Struktur für die Gesellschaft. Es handelt sich immer um eine Idealvorstellung.
Die Frage liegt eher darin, inwieweit wir von der Idee abweichen und welche damit verbundenen Nebenwirkungen erzeugt werden, sowie wie sich die Elite in diesem Spiel verhält. Natürlich verändern diese manipulativen und korrupten Eingriffe das gesellschaftliche Modell, indem es immer mehr heissen dürfte: Jeder für sich und Gesetze sind hier um gebrochen oder umgangen zu werden.
@Linus Huber
Die Marktwirtschaft selber schafft doch die Situation, dass immer gigantischere Kapitalverflechtungen und Monopole entstehen, welche meiner Ansicht nach schon längstens die „Weltregierung“ bilden. „Der Markt“ ist als Anarchie der Warenproduktion – „jeder für sich, Gott (die unsichtbare Hand) für uns alle“ – prinzipiell asozial und begünstigt den kapitalkräftigsten Akteur. Die „Manipulation“ und die „korrupten Eingriffe“ beginnen also schon auf einem viel grundlegenderen Level. Die Staaten und Nationalbanken sind einfach die Gesammtkapitalisten, die wiederum in einem Kampf jeder gegen jeden stehen und den wortwörtlichen Handelskrieg betreiben. Einem Akteur in diesem Spielchen vorzuwerfen, dass er nicht auf das Wohl der Allgemeinheit (wer ist das überhaupt? Die Weltbevölkerung oder nur die Bevölkerung eines einzelnen Staates? Oder nur die Belegschaft eines Betriebes?) bedacht sei, scheint vollkommen hirnrissig, da dies nicht seine Aufgabe ist. Aus diesem Grund hat ja A. Smith auch das Märchen von der „unsichtbaren Hand“ erfunden. –
@ Ueli
Ich weiss, dass Sie eine ganze andere Weltanschauung pflegen. Trotzdem:
„Die Marktwirtschaft selber schafft doch die Situation, dass immer gigantischere Kapitalverflechtungen und Monopole entstehen“
Wirklich? Sie unterstellen quasi, dass wir in einer freien Marktwirtschaft leben und liegen damit komplett falsch. Die Marktwirtschaft hätte die Banken schon lange hops gehen lassen und die Sache bereinigt.
Die Marktwirtschaft hätte Griechenland schon vor 2 Jahren in das notwendige Insolvenzverfahren getrieben, womit die unvorsichtigen Investoren ihre Lektion gelernt hätten. Es ist nicht die Marktwirtschaft, welche das Problem ist sondern die zunehmende Zentralplanung der Zentralbanken und Regierungen.
Natürlich hätte die Marktwirtschaft auch den chf stärker gehalten als er jetzt ist mit allen Konsequenzen. Aber auch hier wird sich am Ende herausstellen, dass die Manipulation des chf-Kurses wohl mehr schaden produzierte als nutzen. Warten wir nur noch ein paar Jahre und auch dies wird sich klar herausstellen.
Danke für Ihre guten, durchdachten Einwürfe. Leider prallen wir damit bei vielen Dogmatikern auf eine Wand. Vielleicht sollten wir mehr markige Sprüche herumbrüllen.
@Linus Huber
Ihre Vorstellung von „Marktwirtschaft“ existierte in der realen Welt zu keinem Zeitpunkt.
Wir können uns auch über Einhörner und sonstige Phantasiekonstrukte unterhalten – das ist zwar amüsant aber bringt uns nicht wirklich weiter.
@John Peer
Ist das jetzt die neuste Masche der Marktradikalisten? Jeden, der nicht ans Dogma „des allwissenden / allheilenden Marktes“ glaubt, als Dogmatiker zu bezeichnen? Wenn das mal keine Contradictio in adiecto ist. –
@Ueli: Dogmatiker sind Leute, die sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit anderen Argumenten verweigern, weil diese nicht ins eigene Weltbild passen. Die gibt es in allen politischen Schattierungen. Meistens schwillt die Zahl der Dogmatiker an, wenn die betreffende Weltsicht am Schwächeln ist – insofern stimmt es mich fast hoffnungsvoll, dass Sie mit persönlichen Angriffen und Polemik um sich werfen, statt auf meine Argumente einzugehen. Prost!
@John Peer
„Weltanschauungsdiskussionen“, die Sie offensichtlich führen wollen, sind sowieso für die Katz, da diese sowieso alles relativ erscheinen lassen und somit ein „Scheingefecht“ darstellen.
Ihre heilige Kuh, der kreditgetriebene Markt, hat abgewirtschaftet und es ist nur eine Frage der Zeit bis selbst der letzte Marktradikalist dieses Faktum anerkenn muss. Übrigens propagiere ich keineswegs den „Staat“ als Lösung, da dieser nichts anderes als die andere Seite der Medaille des Systems darstellt und als Gesammtkapitalist sowieso auf der Seite der Kapitalisten agiert.
„Ihre Vorstellung von “Marktwirtschaft” existierte in der realen Welt zu keinem Zeitpunkt.“
Schon wieder eine fragwürdige Aussage. Gingen nie etwelche Banken Konkurs? Wurden nie etwelche Staaten einem Insolvenzverfahren unterzogen?
Natürlich, diese Vorgehen wurden bis unlängst (bis es uns im Westen selber traf) nicht nur gepredigt sondern auch so vollzogen. Es handelt sich immer um die Richtung, in welche wir uns bewegen, und nicht um die gegenwärtige Situation. Und die eingeschlagene Richtung führt uns in eine Sackgasse, aus der wir nicht mehr herausfinden werden, da die Nachhaltigkeit fehlt. Da nuetzt die Kritik der Marktwirtschaft wenig und ist fehl am Platz, wenn wir uns zusehends Richtung Planwirtschaft bewegen.
Ich erkenne aus Ihren Ausführungen, dass Sie die Solidarität als anstrebenswert betrachten. Erzwungene Solidaritaet beinhaltet jedoch das Problem, dass man sich immer weniger persönlich verantwortlich fühlt, solidarisch zu leben, da dies ja der Staat übernimmt. Wir kümmern uns nicht mehr um unsern Nachbarn und um unsere unmittelbare Umgebung ausserhalb unserer eigenen Familie und fühlen uns auch nicht mehr als eine Schicksalsgemeinschaft als Quartier oder Dorf, sondern jeder versucht das System so gut es geht zu seinen Gunsten auszunutzen.
Der Mensch ist von Natur aus solidarisch gestrickt (natürlich mit Ausnahmen, wie überall) und die staatliche Einmischung führt (wie z.B. auch die Wohneigentumsfoerderung) langfristig in den weitaus meisten Fällen zu negativen Nebeneffekten.
„Meistens schwillt die Zahl der Dogmatiker an, wenn die betreffende Weltsicht am Schwächeln ist “
Lernen Sie erstmal geradeaus zu denken, John Peer.. Wie soll man das Schwächeln einer Weltsicht messen, wenn nicht an ihren Vertretern? Mit so logischen Doppelsaltos direkt aufs Gesicht tun sie sich selbst keinen Gefallen.
Das System „Kapitalismus“ muss um jeden Preis gerettet werden. Bezahlt wird von kommenden Generationen, mit einer Inflation wie wir sie noch nie gesehen haben. Krawalle, Aufstände, Mord und Totschlag werden die Folgen sein. Die Armee wird gegen die eigene Bevölkerung marschieren und als bewährtes Mittel zum Ablenken von dieser Plünderung der Unterklasse 99 %, ist eine Kriegserklärung. Hierfür eignet sich der Iran vorzüglich und wird von den Amis und ihren Verbündeten auch entsprechend vorbereitet. (Atomstreit). Herrliche Zeiten werden auf uns zukommen und der Preis für die Aufrecht Erhaltung der Macht von 1 % wird hoch sein. Angst und Terror werden sie begleiten. Keiner der Führer dieser dominierenden Nationen ist fähig sich von den Einflüsterern im Hintergrund zu lösen, die keine Veränderung dieses Systems dulden. Warum auch, sie haben ja im Uebermass davon profitiert.
Der Kommunismus ist tot, der Kapitalismus liegt im sterben, wie wäre es mit „Kompatismus“.
Ihr Kommentar über unseren sogenannten „Kapitalismus“ ist ein gutes Beispiel für die Wahrnehmungsverzerrung, die ich in meinem Kommentar unten angesprochen habe. Wieso glauben Sie, dass diese Interventionen etwas mit „Kapitalismus“ zu tun haben? Ist das böser Wille, Unreflektiertheit, Begriffsverwirrung oder gibt es einen anderen Grund? Will Sie nicht angreifen, bin nur sehr neugierig, diesen Diskurs zu durchleuchten.
Nagel-auf-den-Kopf-Award: Das System “Kapitalismus” muss um jeden Preis gerettet werden.
Die Wenigsten haben wohl eine Ahnung, wie hoch der Preis ist, den wir dafür bezahlen: In den USA musste 2009 die Finanzindustrie hinter dem Rücken des Kongresses und des Amerikanischen Volks vom Federal Reserve mit Gratiskrediten (zu 0.01%) von USD 7.7 Billionen (7700 Milliarden), dies entspricht der Hälfte des US-Bruttoinlandprodukts, alimentiert werden, um den drohenden Kollaps des Finanzsystems abzuwenden und damit die Illusion eines funktionierenden Finanzsystems am Leben zu erhalten (http://www.bloomberg.com/news/2011-11-28/secret-fed-loans-undisclosed-to-congress-gave-banks-13-billion-in-income.html).
Mir ist schleierhaft, wie kann jemand ernsthaft behaupten kann, ein System „funktioniere“, das vom Staat mit Geldmitteln in der Höhe der Hälfte des BIP vor dem eigenen Suizid gerettet werden muss. Andererseits ist die Kapazität des homo sapiens, Unsinn zu glauben, unbegrenzt…
Naja wenn Sie davon profitieren müssen Sie ja nicht daran glauben, sondern das ganze nur glaubhaft verkaufen. Das ist nicht so schwer.
Das Problem ist eher wie bringt man den Grossteil der Menschen dazu nicht mehr auf diese billigen (dafür allgegenwärtigen, unseren Qualitätsmedien sei dank) Marketingtricks reinzufallen.
Das stimmt natürlich vollkommen. Dem Reichen ist es egal, ob der trickle-down Neoliberalismus funktioniert oder nicht, solange er davon profitiert, dass Ökonomen weiter ihre Märchen predigen von Rationalen Akteuren, die die Zukunft korrekt vorhersehen können und von Effizienten Märkten im sanften Gleichgewichte, das da währet immerdar, Amen.
Ich sehe es eher als Normalfall, dass Aktienmärkte eine steigende Tendenz haben, solange kein Grund zur Beunruhigung besteht (insbesondere nach einem Einbruch). Bernanke hätte gewiss auch Dinge tun können, welche für Beunruhigung gesorgt hätten und die Aktienkurse tief gehalten hätte, aber warum hätte er das tun sollen??
Inwiefern besteht denn momentan kein Grund zur Beunruhigung wenn man sich die wirtschaftlichen Kennzahlen der Weltwirtschaft anschaut (und nicht die anscheinend völlig davon entkoppelten Börsenkurse)? 😉
Stimulusmassnahmen der Notenbanken. Es wäre also grundfalsch, aus den steigenden Aktienkursen eine Gesundung der Weltwirtschaft abzulesen.
Um in diesem Zusammenhang von Stimulus zu reden, postulieren Sie einen Transmissionsmechanismus von Aktienkursen zurück in die Reralwirtschaft, den Sie aber im nächsten Satz selber verneinen. Ich würde behaupten, der Transmissionsmechanismus (wealth effect?) ist negierbar und es sollte daher nicht von Stimulus, sondern höchstens von Destabilisierung oder erneuter Blasenbildung die Rede sein.
@ Oliver
Ausgezeichneter Kommentar. Ganz in meinem Sinne.
Bernanke, bzw. die Notenbanken der Welt bestimmen mit QE & Co. die Shortseite des Trades: Cash muss investiert werden, denn Cash halten bringt Verluste, und wenn das so ist, sollten logischerweise auch (kurzfristige) Kredite aufgenommen werden, das bringt Gewinne. Dies nennt man den Bernanke Put.
Heikler ist die Frage, welcher Long Trade am besten funktioniert: Aktienmarkt, Immobilienmarkt, High Yield oder langfristige Staatsanleihen, andere Währungen (CHF bis Anbindung an EUR) oder Rofstoffe inkl. Gold. Die Kunst- und Antiquitätenmärkte sind wohl zu klein, um hunderte von Milliarden USD/CHF/GBP/EUR aufzunehmen. Für die USA erscheint mir die am tiefsten bewertete Assetklasse Immobilien und deren Derivate (Hypotheken etc.) zu sein. Aktien, insbesondere Zykliker, erscheinen im Umfeld einer stotternder Weltwirtschaft nicht mehr zwingend als die beste Option.
Zum Bernanke Put teile ich die Überzeugung Herrn Dittlis, betreffend der Longposition erscheint mir in den USA der Immobilienmarkt, das eigentliche Ziel Bernankes, zumindest langsam in die Favoritenrolle zu gelangen. Steigende Immobilienpreise würden jedoch auch die Kurse der Financials treiben, jedoch nur, wenn diese nicht zum Beispiel durch die Probleme Europas belastet werden.