Draghis zweiter Streich
Was die Märkte trotz trister Konjunkturdaten trägt, ist die Hoffnung auf die Geldpolitik. Aus dem Potpourri an Berichten über die Absichten der Europäischen Zentralbank lassen sich Vermutungen über den nächsten Schlag von Mario Draghi anstellen.
Seit der EZB-Chef an der Pressekonferenz vom 2. August in nur sehr allgemein festgehalten hat, wie die Zentralbank den durch explodierende Zinsen auf Staatsanleihen gefährdeten Ländern helfen könnte, schiessen die Gerüchte und Meldungen ins Kraut, was denn nun genau kommen wird. Doch auf den Märkten hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass Draghi eine weitere Bazooka zünden wird: Massive Käufe von Staatsanleihen gefährdeter Länder. Das zeigt sich besonders deutlich an der Entwicklung der Rendite spanischer Staatsanleihen, die seit der Draghi-Pressekonferenz sehr deutlich zurückgegangen sind (Quelle: Bloomberg):

Am 25. Juli ist diese Rendite sogar auf über 7,75 Prozent angestiegen. Warum solche Sätze bei Wachstumserwartungen (des Internationalen Währungsfonds) von -1,8 Prozent im laufenden und 0,1 Prozent im nächsten Jahr und einer Arbeitslosenquote von rund 25 Prozent ins Verderben führen, zeigt die Schuldenfallenformel.
Was hat Mario Draghi am 2. August konkret angekündigt? Hier das Wichtigste, die Details sollten noch von zwei Kommissionen ausgearbeitet werden, bevor ein eindeutiger Entschluss fällt:
- Aufkäufe von Staatsanleihen gefährdeter Staaten durch die EZB kann es nur geben, wenn ein Land zuerst einen offiziellen Hilfsantrag an den Rettungsschirm EFSF bzw. seinen Nachfolger, den ESM gestellt hat. Damit muss sich ein Land den strengen Bedingungen und der Kontrolle für solche Hilfsmassnahmen unterstellen und kann auch erst dann Staatsanleihenkäufe durch die EZB erwarten.
- Die Unterstützung durch den ESFS, bzw. ESM ist nur notwendige Bedingung für einen EZB-Einsatz, keine hinreichende. Die Notenbank wird auch dann noch prüfen, ob sie tatsächlich eingreift.
- Die EZB hat sich am 2. August auch nicht darauf festgelegt, in welchem Ausmass sie allenfalls eingreifen würde. So liess Draghi offen, ob solche Käufe unbeschränkt getätigt würden (die früheren Käufe über das so genannte «Securities Markt Programme» SMP waren beschränkt). Weiter erklärte er, es sei noch nicht entschieden, ob solche Käufe sterilisiert würden – das heisst, ob die dadurch verursachte Geldmengenausweitung durch andere Massnahmen neutralisiert wird. Eine fehlende Sterilisierung kann potenziell je nach Ausmass der Käufe für Inflationsdruck sorgen. Ihre bisherigen Käufe von Staatsanleihen (SMP) hat die EZB zu sterilisieren versucht.
- Die Käufe von Staatsanleihen sollten sich auf kurzfristige Anleihen beschränken. Weil die EZB hier das grösste Drohpotenzial erkannte. So sind die Renditen zweijähriger spanischer Staatsanleihen am 25. Juli auf über 7 Prozent gestiegen (und lagen damit nur um 0,75 Prozent unter dem Hoch der zehnjährigen Sätze), mittlerweile sind sie wieder unter 3,7 Prozent gesunken.
Die Pressekonferenz hat damals unter den anwesenden Journalisten und in der Berichterstattung zu einer gewissen Verwirrung geführt. Immerhin hat Draghi wenige Tage früher, am 26. Juli in London eine Rede gehalten, aus der die Beobachter auf sehr viel umfassendere und eindeutigere Massnahmen zu schliessen glaubten. Die Rede war wohl die Hauptursache dafür, dass die Extremrenditen von Spanien vorerst wieder deutlich nachgelassen haben. Schaut man sich diese Rede im Kontext der weiteren Entwicklung seither genauer an, ergibt sich ein recht klares Bild von den Absichten des EZB-Chefs: Er versucht erneut (wie schon bei den LTRO-Geldspritzen im Dezember und Februar) den Spagat zwischen den beschränkten Möglichkeiten, die ihm das EZB-Mandat belässt und den dringenden Erfordernissen zur Verhinderungen eines Totalkollapses in der Eurozone. Um dieses Bild deutlich werden zu lassen, nun die Entwicklung der Reihe nach:
Zuerst die wichtigsten Botschaften in Draghis Londoner Rede vom 25. Juli:
But there is another message I want to tell you. Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.
Die EZB werde alles tun, um den Euro zu bewahren! Die folgenden Sätze gaben schon damals klare Hinweise auf Draghis Pläne und seine Lösung für den erwähnten Spagat:
Then there’s another dimension to this that has to do with the premia that are being charged on sovereign states borrowings. These premia have to do, as I said, with default, with liquidity, but they also have to do more and more with convertibility, with the risk of convertibility. Now to the extent that these premia do not have to do with factors inherent to my counterparty – they come into our mandate. They come within our remit. To the extent that the size of these sovereign premia hampers the functioning of the monetary policy transmission channel, they come within our mandate. So we have to cope with this financial fragmentation addressing these issues. I think I will stop here; I think my assessment was candid and frank enough.
Käufe von Staatanleihen – im Sinne einer Finanzierung von Regierungen – zählen explizit nicht zum Mandat der EZB. Schon die früheren Käufe (SMP) hat sie deshalb mit einem gestörten Transmissionsmechanismen ihrer gewöhnlichen Geldpolitik rechtfertigt. Käufe mit dem Ziel von tieferen Zinsen für Staaten blieben aber ein Tabu. Draghis neue Doktrin ändert das jetzt: Ab einer gewissen Höhe drücken die Zinsen laut Draghi nur die Wahrnehmung auf den Märkten aus, dass ein Land aus dem Euro aussteigen müsste («Risk of convertibility»). Gegen diese ungerechtfertigte und übertriebene Risikoprämie auf den Zinssätzen vorzugehen, liegt laut Mario Draghi im Mandat der EZB (siehe dazu auch den Beitrag meines Kollegen Tommaso Manzin auf dem «Momentum»-Blog).
Weil in Deutschland Käufe von Staatsanleihen am stärksten auf Widerstand stossen, hat das Jörg Asmussen, das deutsche Mitglied im EZB-Direktorium, die gleiche Botschaft gleich auch noch dem heimischen Publikum verkündet:
Die Lage an den Finanzmärkten in der Eurozone hat sich seit Mitte letzten Jahres noch einmal verschlechtert. Die Risikoprämien, die von Investoren in Staatsanleihen verlangt werden, spiegeln mittlerweile nicht nur das Insolvenzrisiko einzelner Staaten wider, sondern sogar ein Wechselkursrisiko, das es theoretisch in der Währungsunion nicht geben dürfte. Das heißt, die Märkte preisen ein Auseinanderbrechen des Euroraums ein. Solche systemischen Zweifel sind dramatisch – und für die Europäische Zentralbank nicht akzeptabel. Nur eine Währung, an deren Bestand es keinen Zweifel gibt, ist eine stabile Währung…
Die einheitliche Transmission der Geldpolitik der EZB wird jedoch weiter durch die starken Verwerfungen am Markt für Staatsanleihen behindert. Insbesondere Spekulationen über einen Austritt einzelner Krisenstaaten – verbunden mit einer Abwertung – beeinträchtigen die Funktion des Interbankenmarktes massiv. Deshalb hat die EZB Anfang August ein neues Anleihekaufprogramm angekündigt, das eine bessere Transmission gewährleisten wird.
Am vorletzten Wochenende hat schliesslich das Magazin «Spiegel» in seiner gedruckten Ausgabe mit der Nachricht überrascht, die EZB wolle mit der Macht ihrer Geldschöpfungsmöglichkeiten auf dem Unterschied («Spread») zwischen den Zinsen von Anleihen von Krisenländern und jenen Deutschlands ein Maximum festlegen. Das würde genauso funktionieren, wie es die Schweizerische Nationalbank mit dem Wert des Frankens gegenüber dem Euro tut. Steigen die Zinsen eines gefährdeten Landes über diesen festgelegten Maximalabstand zu jenen von Deutschland hinaus, würde also die EZB genauso mit eigenen Mitteln eingreifen (zum Beispiel Käufen von Staatsanleihen gefährdeter Länder), wie es die SNB mit Eurokäufen tut, wenn der Franken sich so stark aufwerten würde, dass ein Euro weniger als 1.20 Franken Wert hätte.
Anfänglich galt der Spiegel-Bericht noch als relativ abstrus und auch die EZB widersprach – wenn auch halbherzig. Immerhin wäre das eine deutliche Abkehr der bisherhigen EZB-Politik. Doch mittlerweile gibt es weitere Hinweise: Um ein Maximum bei den Spreads glaubhaft durchzusetzen, müsste die Zentralbank bereit sein, unbeschränkt solche Anleihen aufzukaufen (wie es die Schweizer Nationalbank mit Euros tun muss, um die Aufwertung des Frankens auf einen Eurokurs von unter 1.20 Franken zu verhindern, bzw. nur schon, um entsprechende spekulative Angriffe zu vermeiden).
- Als EZB Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen im Rahmen eines Interviews mit der «Frankfurter Rundschau» direkt auf solche unbeschränkten Käufe angesprochen wurde, bestätigte er das indirekt:
(Frage:) Das alte Programm (gemeint: SMP) war immer zeitlich und im Volumen begrenzt. Diese Worte hat Mario Draghi nicht in den Mund genommen. Könnte das neue Programm deshalb erfolgreich sein, weil es unbegrenzt sein wird?
(Antwort Asmussen:) Sie haben ihm richtig zugehört. Aber warten sie es ab.
Auch die deutsche Bundesbank geht in ihrem Monatsbericht zum August darauf ein und schreibt über das geplante neue Anleihenkaufprogramm:
Das Ankaufsprogramm des Eurosystems soll auf das kürzere Laufzeitenende konzentriert werden. Das Volumen könnte unbegrenzt, soll in jedem Fall aber ausreichend sein.
Bei der Berichterstattung beliess es die Deutsche Bundesbank in diesem Bericht aber nicht, es folgte eine für die gewohnte Zurückhaltung von Notenbankern in der Öffentlichkeit recht klare Verurteilung dieser Pläne. Und sie beliess es auch hier nicht dabei: In der Titelgeschichte des aktuellen «Spiegel»-Magazins doppelte Bundesbank-Chef Jens Weidman noch nach. In einem ausführlichen Interview machte er noch einmal deutlich, dass er von den neusten Absichten der EZB und ihres Chefs wenig hält (hier eine Zusammenfassung in der Online-Ausgabe des Magazins).
Fazit:
- Mario Draghi sagt es und meint es so: Mit geldpolitischen Massnahmen der EZB kann die Krise nicht beendet werden, weil die Ursachen tiefer liegen.
- Die langfristige Lösung sieht Draghi in einer sehr viel stärkeren Integration der Eurozone, wie er es in einem gemeinsamen Papier mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Eurogruppenchef Jean-Claude Junker niedergeschrieben hat.
- Doch Draghi erkennt auch, dass der Teufelskreis der Euroschuldenländer angesichts der drastisch steigenden Zinsen dringend unterbrochen werden muss, da sonst eine selbsterfüllende Prophezeiung die Folge ist: Länder wie Spanien, das vor kurzem bei den Staatsfinanzen noch besser dran war als Deutschland, können tatsächlich insolvent werden. Diesen Kreislauf kann nur die EZB mit ihrer unbegrenzten finanziellen Feuerkraft stoppen.
- Draghi weiss aber auch, dass er mit solchen Käufen das Mandat der EZB strapaziert. Dem begegnet er dadurch, dass er die zu hohen Zinsen als Ausdruck des Zweifels am Fortbestand der Währungsunion identifiziert (womit er Recht hat), was ihm seiner Ansicht nach das Recht gibt, solche Aufschläge zu bekämpfen, um die Entschiedenheit der EZB an der Bewahrung der Eurozone zu beweisen.
- Um den Sorgen vor einem «Moral Hazard» zu begegnen – die unterstützten Länder könnten dadurch in ihrem Reformeifer gebremst werden – macht er die entsprechende Unterstützung von einem Antrag eines Landes an den Hilfsfonds EFSF, bzw. ESM abhängig. Die Folge sind dann ohnehin strenge Auflagen und ebensolche Kontrollen durch die EU-Organe.
- Draghi gibt sich alle Mühe, sein Handeln als weitgehend normale Geldpolitik zu verkaufen. Das ist ein Grund dafür, dass er sich bei den Käufen auf kurzfristige Papiere konzentrieren will, da Zentralbanken gewöhnlich ihre Geldpolitik mit kurzfristigen Ausleihungen abwickeln.
- Schliesslich ist der EZB-Präsident aussergewöhnlich vorsichtig in seiner Wortwahl und in seinem Vorgehen. An seiner letzten Pressekonferenz hat er gleich mehrfach auf Fragen seinen vorbereiteten Text zitiert. Seine Reise ans Zentralbankertreffen nach Jackson Hole hat er eben abgesagt, wohl auch deshalb, um vor der nächsten Sitzung der EZB keine weiteren Erwartungen zu schüren. Ausserdem macht Draghi auch immer wieder klar, dass noch nichts entschieden sei und selbst wenn ein gefährdetes Land die Hilfe des Rettungsfonds beantragt, sei noch lange nicht klar, ob die EZB dann auch handle.
- Diese Vorsicht und die deutliche und scharfe Ablehnung der Draghi machen allerdings auch klar, dass ein tatsächliches Eingreifen der EZB alles andere als eine sichere Sache ist. Sollte am Ende diese Erwartung enttäuscht werden – bzw. vor allem Spanien keinen Antrag an den Rettungsfonds stellen – könnte sich die Krise sehr rasch wieder erheblich verschärfen.
Schon nächste Woche dürften sich die Schleier weiter lüften, denn am 6. September wird Mario Draghi über die jüngsten Entscheide des Führungsgremiums der EZB berichten.
Update:
Inzwischen hat Mario Draghi eine weitere Charmeoffensive gestartet. Er wendet sich in der morgigen Printausgabe (Donnerstag) der «Zeit» direkt an die Bevölkerung – nach dem «Spiegel»-Interview von Bundesbankpräsident Jens Weidmann vor allem an die Deutschen. Mehr dazu von meinem Kollegen Tommaso Manzin – inklusive einer Zusammenfassung des Briefs . Auf der Homepage der EZB findet sich der Text schon jetzt sowohl in deutsch wie in englisch.
37 Kommentare zu «Draghis zweiter Streich»
Man muss kein Goldbug sein, um den Ausführungen Jim Grants zu folgen und seine guten Argumente gegen die gegenwärtigen Manipulationen der Zentralbanken erkennen zu können. „Zimbabwe of the Alps“ wird die Schweiz heute dank der fragwürdigen Strategie der SNB bereits betitelt. – Enjoy
http://www.bloomberg.com/video/james-grant-on-markets-fed-policy-gold-standard-fJFcrowzQrCEZbOSat3IfQ.html
…echt scharf, das mit dem Alpenzimbabwe… Danke für den Hinweis
Etwas weniger süffig, aber nicht weniger bedeutend, der Hinweis, dass SNB (und FED) gerade in der Wirtschaft ein neues Laborexperiment durchführen – mit der gesamten Wirtschaft…
„was ihm seiner Ansicht nach das Recht gibt, solche Aufschläge zu bekämpfen“
Damit legt dieser Mann eine Überheblichkeit an den Tage, welche mich fast zum kotzen bringt.
Was glaubt den dieser Zwerg, wer er ist, dass er glaubt das Recht nach seinen Wünschen zurecht zu biegen? Jeder von uns würde bei solch abartiger Argumentation von Gesetzen zweifelsfrei schuldig erklärt.
Leider haben sich diese Entscheidungsträger wohlbewusst ihrer korrupten Verhaltensweise die Immunität zugesprochen, wobei ich denke, dass wenn ich Draghis Art von Rechtsverdrehung anwenden würde, diese Immunität wohl schnell aufzulösen wäre, da es sich hier um einen unlauteren und sittenwidrigen Selbstschutz handelt.
@Linus Huber: Ich glaube nicht, auch wenn dies MDM behauptet, dass Draghi als EZB Präsident je gesagt hat, irgend etwas würde IHN zu irgend etwas berechtigen, mindestens hat er gesagt, es würde die EZB berechtigen und vermutlich mit dem Zusatz „und verpflichten.“ Sollte er es tatsächlich so gesagt haben, wie zitiert, schliesse ich mich Ihrer Kritik an.
Ob dies einer „abartigen“ Auslegung von Gesetzen bedarf, kann nur anhand dieser Gesetze beurteilt werden: Welche sind es? Juristisch ist nur eine Argumentation abartig, welche ohne Blick in die entsprechende Gesetze erfolgt. Als EZB Präsident hat Draghi nicht viel mehr Rechte und Pflichten, als Sitzungen einzuberufen und Themen zu traktandieren. Alle übrigen Rechte und Pflichten sind dem Direktorium bzw dem EZB Rat übertragen, nicht dem Präsidenten.
„Die EZB stellt über das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion sicher.“ heisst es wohl irgendwo in den Verträgen (Ich kenne EU-Recht nicht):
Kann die EZB den ohne ihr Handeln unweigerlich eintretenden Zusammenbruch des Euro verhindern, wäre sie wohl berechtigt und verpflichtet, dies zu tun, denn die EZB hat Verantwortung (gell @Thomas Ernst) gegenüber der EU und der Eurozone, für das „reibungslose Funktionieren der Währungsunion“. Gegenüber den Nationalstaaten hat die EZB keine direkte Verantwortung.
Ob diese generellen Kompetenz, auch die Ermächtigung umfasst, falls notwendig von detaillierten Bestimmungen der Vereinbarung abzuweichen (Verbot der Finanzierung von Staatsfinanzen) kann juristisch diskutiert werden (Die Spezialbestimmung geht der generellen Bestimmung vor, nicht aber, wenn sie die generelle Regel faktisch verunmöglicht: Notstandsregeln), weder pro noch contra wären absurd.
@ Anh Toan
Es handelt sich nicht um eine Krise des EUROs an sich, sondern um eine Krise der überschuldeten Staaten, welche nach normalen Insolvenzverfahren abgewickelt werden sollte. Mit Eingriffen der EZB wird dieses Problem nicht beseitigt, sondern zeitlich verschoben. Es handelt sich um gesuchte Ausreden um Geld zu drucken und den Status Quo noch ein paar Monate, ja vielleicht Jahre aufrecht zu erhalten.
Der Transmissionseffekt funktioniert nicht aufgrund der Tatsache, dass die Zinsen zu hoch sind für die sich im Grenzbereich aufhaltende Staaten. Solch Geschwafel kann er vielleicht Ihnen verkaufen, aber sicherlich nicht mir. Es gibt keinen Notstand für den EURO sondern einzig für Staaten, welche nicht wissen zu haushalten. Dafür sind die Politiker der einzelnen Staaten verantwortlich und nicht die EZB. Natürlich versuchen die Politiker die EZB einzuspannen, jedoch genau dies ist langfristig der komplett falsche Weg und aus genau diesem Grunde versucht man die Zentralbanken unabhängig zu haben.
Wir muessen gar nicht in die Details der Regeln gehen sondern muessen nur den Geiste des Prinzips, worauf die EZB ins Leben gerufen wurde klar erfassen und wir alle wissen, dass das Anwerfen der Geldpresse eine klare Verletzung darstellt.
@Linus
Stimme Ihnen hier grundsätzlich zu.
Das Problem der laufenden Diskussionen in Europa (und auch hier in diesem Blog) ist, dass (wegen der Gesamtkomplexität) gerne und fast ausschliesslich einzelne Ausschnitte des Gesamtbildes betrachtet und analysiert (d.h. noch weiter in Details zerlegt) werden. Wenn dann noch eine betont juristische, d.h. eine sich an Details, einzelne Regeln und Formulierungen orientiertende Sichtweise dazukommt – Anh Toan ist für diese juristische Korinthenkackerei ein leuchtendes Beispiel – geht die Gesamtsicht endgültig flöten.
Die zentralste aller Fragen wird weder gestellt noch transparent beantwortet. Jeder unterstellt, dass seine Sicht automatisch und natürlich auch die Sicht aller anderen ist. Viele sind sich auch ihrer stillen Annahmen gar nicht bewusst.
Die zentrale Frage lautet:
Was soll der EUR eigentlich? Wozu ist der da? Was will man (wer?) damit eigentlich erreichen?
Die gelegentlich öffentlich angeführten Gründe sind nicht stichhaltig: Auch wenn es für die Reisenden und den Handel sicher Vorteile hat, nicht an jeder Landesgrenze die Währung wechseln zu müssen – das ist bei Gott kein politisch relevanter Grund.
Die „Stabilität“ der Wechselkurse, die Planbarkeit etc. im innereuropäischen Handel sind schon eher politikrelevant. Allerdings haben sich die Unternehmen auch ohne EUR via Termingeschäfte absichern können. Es wurde m.W. bisher nicht nachgewiesen, dass die Einführung des EUR einen nützlichen Einfluss hatte – ganz im Gegensatz zu den 4 Freiheiten (Personen, Kapital, Dienstleistungen, Waren), welche man ja auch mit einer gewöhnlichen Freihandelszone hätte erreichen können.
„Krieg in Europa verunmöglichen“ gehört auch schon eher zu den politischen Argumenten. Fakt ist aber, dass Freihandel, wirtschaftiche Verflechtung, Personenaustausch / grenzüberschreitende Heiraten etc. friedenssichernde Entwicklung sind – wozu man den EUR aber nicht benötigt.
Bleibt das Projekt „New World Order“, das Abschaffen/Auflösen der Nationalstaaten, die Bildung der „Vereinigten Staaten von Europa, aka EUdSSR. Damit würden die Politiker die leidigen und mühsamen Demokratien los, wie ja auch die EU-Regierung (Komission) nicht gewählt, sondern ernannt ist, und das direkt gewählte Parlament keinen relevanten Einfluss auf Europa hat, sondern als Alterspfründe für willfährige Parteipolitiker genutzt wird.
Da bekanntlich grosse Umwälzungen in allen Regierungsformen nur vor dem Hintergrund einer grossen Krise vom Volk akzeptiert werden und die Mächtigen wegen den reinen Mengenverhältnissen (1% vs. 99%) selbst in Diktaturen den Schein relativer Plausibilität und Rechtmässigkeit Ihrer Handlungen aufrecht erhalten müssen, muss diese Katastrophe notfalls selber erzeugt werden.
Ich gehe davon aus, dass das die wahre Agenda hinter dem EUR war. Weder Kohl noch Miterrand noch die Goldenboys oder die US-Kriminellen waren blöd genug, zu glauben, dass eine Währungsunion von derart heterogenen Staaten langfristig funktionieren würde. Die absehbare wirtschaftlichen Katastrophe war Programm, da sie zusätzlich den Vorteil hat, grossflächige Umverteilungen von unten nach oben, von den Spareren, Rentnern und Steuerzahlern zur Grossfinanz und den mit ihnen affiliierten Politikern, Think-Tanks und dem Militärisch-Industriellen Komplex zu generieren.
Das ist auch nach wie vor die Agenda von Stasi-Merkel, die schon heute als die Mächtigste Frau der Welt und Kaiserin von Europa gehandelt wird.
Das Programm läuft immer noch wie geplant, und männiglich diskutiert darüber, ob die gesetzlichen Regeln der EZB den indirekten Aufkauf von Staatsanleihen via ESM erlaubt, oder nicht.
Das ist die wahre Tragödie Europas.
@ Thomas ernst
Ich denke, Sie lieben Merkel und EWS etwa so sehr, wie ich Draghi und den Bernank. Zweifelsohne würde ich Ihnen in jeder der Positionen, welche diese Leute einnehmen, mehr Vertrauen schenken und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Sie zu wenig trainiert sind um täglich zu luegen und betrügen.
Danke für die Blumen – allerdings ist das Vertrauen in mich nicht gerechtfertigt.
Zum einen bin ich als Unternehmensberater trainiert, Fakten durch geschickte Darstellung so aussehen zu lassen, wie sie mein Auftraggeber sehen will.
Zum andern – und das nimmt etwas den moralischen Druck von Draghi, Merkel & Co – haben mehrere Untersuchungen bestätigt, dass das Amt, bzw. seine Privilegien die Menschen verändert. Die Chefs verändern ihre Wahrnehmung von der Welt. Das berühmte Zitat von Prinzessin Marie-Antoinette: „Die Leute haben kein Brot?? Dann sollen sie doch einfach Kuchen essen!“ bringt das auf den Punkt (und brachte Marie-Antoinette unter die Guillotine).
Macht korrumpiert immer. Jeden. Bei manchen dauert es länger, und bei anderen (Dalai Lama) ist die Macht soweit zerlegt, ausgedünnt und spiritualisiert, dass der Einfluss beherrschbar bleibt.
Solange wir aber an den hierarchischen Machtstrukturen der mythischen Kultur festhalten, werden wir immer wieder relativ normale Menschen in Situationen bringen, wo sie sich zum schlechten verändern. Darum halte ich mich von solchen Positionen tunlichst fern. Das würde mir jede Hoffnung auf Erleuchtung zerschiessen…
@ thomas ernst
Ein, Deine VT-Theorien unterstützender Bericht:
on the power elite, how they developed and how they rule.
http://nplusonemag.com/the-foundation-statesmen
@ Thomas ernst
In diesem Zusammenhang eine Frage an Dich.
Siehst Du, dass die „Versklavung“ der 99% mit Hilfe der Androhung der Zerstörung der Existenzgrundlage von Abweichlern erfolgreich sein wird oder glaubst Du, dass eine reaktive Bewegung sich genügend stark formieren könnte, um dies abzuwenden? Natürlich spielt hier das gewählte Time Frame mit eine Rolle.
„dass er die zu hohen Zinsen als Ausdruck des Zweifels am Fortbestand der Währungsunion identifiziert (womit er Recht hat)“
Das ist typisches „den Wagen vor das Pferd spannen“.
Die unzuverlässige Haushaltsführung dieser Staaten war seit je bekannt und drückte sich vor dem Beitritt dieser Staaten zur Währungsunion EURO in vom Markt verlangten höheren Zinsen aus. Die Investoren, welche in diese Staatsanleihen investierten, nahmen somit bewusst in Kauf, sich damit einem erhöhten Risiko auszusetzen, da durch den EURO dieses Risiko selbstverständlich nicht verschwindet.
Dass die Kosten dieses Fehlverhaltens seitens Investoren nun den unschuldigen und in keiner Weise involvierten Buergern untergejubelt werden soll, ist das eigentliche Übel in dieser ganzen Angelegenheit und in keiner Weise ein Lösungsansatz. Das Ausfall-Risiko auf diese Anleihen ist ob mit oder ohne EURO korrekterweise angestiegen und hat nichts mit der Währung an sich zu tun.
Wie kommt der Autor dazu, Draghis Fehlanalyse mit (womit er Recht hat) zu kommentieren, ohne eine ausgewogener Analyse zu präsentieren.
Der Aufkauf der Anleihe aus EU-Krisenstaat dient ledglich um eine kurzfristige Stabilisierung. Die Lösung liegt in betroffenden Ländern selbst. Die EZB kann die Situation im Anleihmarkt nur kurzfristig ändern. Für Draghi ist klar, dass wenn er mit Anleihkauf erst anfingt, kann er nicht mehr stoppen, d.h. er muss alles was auf den Anleihmarkt zum Verkauf anbietet, aufkaufen, das könnte EZB nicht durchführen.
Fazit: Es ist eine Illusion zu glauben, dass die EZB die ulimative Lösung für die EU-Schuldkrise sei. Das ist auch für Draghi klar.
Draghi steckt in einem Dilema, welch durch seine geldpolitische Entscheidung zum Ausdruch bringt. Er spricht von Preisstabilität und Stabilität des Euro, gleichzeitig senkt er den Zinssatz. Somit verliert er die Glaubswürdigkeit. Es ist ausgeschlossen, dass die EZB expansive und restriktive Geldpolitik gleichzeitig betreiben wird, deshalb ist solche Aussage absurde. Er muss endlich im Klartext reden, nur so kehrt die Stabilität im Markt wieder zurück, mit psychologische Manipulation kommt er heute nicht mehr weit. Die Situaiton hat sich grundlegend geändert, die Marktteilnehmer lassen sich nicht mehr von seiner Gerede täuschen.
Grundsätzlich sollte man Draghi nicht nach seiner Meinung fragen, da er aus Selbstinteresse die Idee des Euros selbstverständlich verteidigt.
Ein paar Anmerkungen zu seinem Brief.
„Wenn an Kapitalmärkten Angst und Irrationalität vorherrscht,“ (Draghi)
Inwiefern rechtfertigt Draghi seine Annahme, dass Irrationalität vorherrscht? Was wirklich irrational ist in der gegenwärtigen Situation liegt in der Idee, dass eine mathematische Unmöglichkeit nicht akzeptiert wird von der Elite. Natürlich produzieren Massnahmen, welche auf fehlerhaften Theorien basieren, eine gerechtfertigte und keinesfalls irrationale Angst.
„dann erreicht das geldpolitische Signal der EZB nicht alle Bürger der Euro- Zone gleichermaßen“ (Draghi)
Natürlich nicht und wird es auch nie, da die Erweiterung der Bilanz einer Zentralbank in erster Linie die elitären 1% bevorteilt (ausser eine Zentralbank würde das Geld unter Umgehung des Bankensystems direkt an die Bürger verteilen).
Aber die wichtigen Signale erreichen immer mehr Bürger, welche namentlich die folgenden sind: der Status Quo wird mit ALLEN Mitteln verteidigt und ohne Rücksicht auf das Ausmass des dadurch entstehenden kollateralen Schadens; Regeln, welche im Wege stehen, werden direkt gebrochen oder umgangen, ohne Rücksicht wie sich dies auf den Geist des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit mittel- bis langfristig auswirken wird; die Grundlagen der freien Marktwirtschaft werden schrittweise ausgehebelt und durch zentralplanerisches Taktieren ersetzt; Spekulanten werden zulasten von Sparern belohnt, womit wir nicht nur falsche Anreize produzieren und für die Gesellschaft schädliches Verhalten fördern, sondern zusätzlich auch die Umverteilung von Wohlstand zulasten des Mittelstandes an die Elite bewerkstelligen.
Hier analysiere ich einzig einen einzigen Satz Draghis. Es ist erschreckend, wie diese Leute versuchen, uns mit Falschheit und Verblendung zu täuschen um die Macht ihrer eigenen Institution und Position weiter auszubauen. In meinen Augen ist dieser Mann eine Schande für die Menschheit.
Die Eliten machen seit Jahren mit mathematischen Unmöglichkeiten Kapital. Der Staat ist nicht die Bürger -vielmehr die Banken., denn für sie wurde die Demokratie inzwischen abgeschafft -was die Finanzordnung und Regulierung anbetrifft.
Wenn auch die angesammelten Schulden (und vor allem mit den Zinsen und Zinseszinsen) niemals mehr abgebaut werden können, so werden frischfröhlich weitere Schuldenpakete geschnürt und auf den Börsen in Paketen abgefüllt verhökert. Es gibt eben keine Polizei die gegen mathematischen Unmöglichkeiten einschreitet, Fiatmoney ist ein in der Schuldenmenge nach oben offenes System. In den USA wird in regelmässigen Abständen die Verschuldung ausgeweitet, man könnte glauben es spielt keine Rolle mehr ob da 16 Billionen Defizit in der Bilanz sind oder demnächst vielleicht 60 Billionen. Und in der EU scheint das Ungleichgewicht im Target-2 System ebenfalls nur virtuelle Bedeutung zu haben, Draghi wird das Ungleichgewicht auf Bankenebene mit Sicherheit wiederolt mit der Gulaschkanone für die Reichen kompensieren.
@ ast
Zum Glück bin ich noch nicht 80 und nahe dem Tode, sodass ich die Hoffnung aufrecht erhalten kann, dass ich in meinem Leben noch sehen kann, wie diese Scharlatane ihr verdientes Schicksal erleben werden. Meine Schwäche liegt in der Ungeduld, jedoch haben sich jeweils alle meine Prognosen der letzten 10 Jahre, wenn auch verspätet, schlussendlich erfüllt. Trotz des damit verbundenen Leidens, welches umher gehen wird, wird es ein Freudentag sein, wenn all diese Luegner entlarvt werden für was sie wirklich sind und einer vielleicht sogar zu harschen Strafe zugeführt werden.
Draghi war Chef von Goldman Sachs Europa, als Griechenland mit deren Assistenz die Zahlen fälschten um im Euro aufgenommen zu werden. Dies nur mal vorab, um die Person Draghi richtig einzustufen. Weiterer Kommentar wird folgen.
„Diese Vorsicht und die deutliche und scharfe Ablehnung der Draghi machen allerdings auch klar, dass ein tatsächliches Eingreifen der EZB alles andere als eine sichere Sache ist. Sollte am Ende diese Erwartung enttäuscht werden – bzw. vor allem Spanien keinen Antrag an den Rettungsfonds stellen – könnte sich die Krise sehr rasch wieder erheblich verschärfen.“
Die Gefahr sehe ich nicht. Draghi geht es in erster Linie darum, sich nicht vollständig in die Karten blicken zu lassen und die Aktion nicht als starren, vorhersagbaren Mechanismus erscheinen zu lassen. Er will angemessene Spreads und hat die Unabhängigkeit und Diskretion nach eigener Maßgabe einzuschreiten. Er formuliert einige Grundpfeiler (wie z.B. die wirklich gute Idee, dass sich alle Länder dem ESM unterwerfen müssen) aber der Rest bleibt intransparent. Genau wie es eine Notenbank machen sollte.
Weidmann bleibt in seinem SPIEGEL-Interview recht harmlos. Er mosert rum und bekundet grundsätzliche Bedenken aber er macht auch klar, dass von der Bundesbank keine Eskalation zu erwarten ist. Dass ein gewichtiger Teil der Eurosystems die Probleme offen anspricht und weiter vertritt, ist wichtig. Ansonsten hätten wir einen einstimmigen Chor nach dem Motto „Geldrucken ist toll“.
@ Achim
Sie beschreiben die Willkür, welcher wir alle ausgesetzt sind, ausgezeichnet. Schrittweise opfern wir die Grundsätze der Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie um den Status Quo zu retten, nicht erkennend, dass wir dadurch das ursprüngliche Rezept für unseren Erfolg der Vergangenheit zu Grabe tragen.
„Glauben Sie mir…“ ist eine magische Beschwörungsformel, keine rationale Aussage.
Draghi gibt damit unbewusst zu erkennen, wie stark die magisch-mythische Komponente im unsäglichen Eurodesaster bereits geworden ist.
Man koennte das auch in Klartext übersetzen: Beim EUR hilft nur noch beten!
Nicht die EZB, die SNB hat ein Problem mit ihren Euro-Milliarden !
Ja, die SNB-Garantie ist eine sehr praktische Sache für uns Eurobürger. Wir haben endlich jemanden, der den Euro unbegrenzt aufkauft und stabilisiert. Mittlerweile ist die SNB der größte Gläubiger Deutschlands, sprich hat weltweit den größten Berg an deutschen Staatsanleihen (ca. 8% aller Titel).
Wir wir jetzt die SNB noch dazu bekommen, anstatt deutscher Staatsanleihen lieber griechische, spanische, italienische etc. zu kaufen, dann sind wir endgültig gerettet!
Nicht die SNB, wir Schweizer Einwohner haben ein Problem! Die SNB ist ein unpersönliches Konstrukt. Wir Einwohner müssen mit dem CHF und seinem Wert(Verlust) täglich leben, unsere Sparguthaben, AHV und Pensionskassengelder werden weginflationiert. Der SNB ist das völlig egal.
Blebt nur zu hoffen, dass Mario Draghi die „Kurve“ kriegt. Dank seiner Intelligenz nicht ganz auszuschliessen. Ein Scheitern seiner Bemühungen ergäbe ein „teufliches wirtschaftliches Chaos“ mit nicht voraussehbaren Folgen für ALLE. Vielen Dank an Herrn Diem für diese klare Analyse.
@ Bruno
Das Euroland knallt unweigerlich gegen die Wand: Entweder das EUR-Konstrukt zerbricht, mit allen unschönen Folgen, oder die Demokratiereste, die es heute in den Euroländern noch gibt, werden auf dem Altar des Neoliberalen Wirtschaftsmodells geopfert und Euroland wird Vorreiter der New World Order.
So oder anders, den Normalo wird es übel treffen – Harz 4 und Griechenland zeigen, wie die moderne Sklaverei aussieht.
Spielt es da wirklich eine Rolle, ob Draghi vorher noch ein paar Quintillionen wertloser Euros druckt und diese gegen ebenso wertlose Schuldverschreibungen tauscht?
Viele intelligente Beobachter sind der Ansicht, das ein Auseinanderbrechen der EU von den starken, nicht den schwachen Ländern ausgeht.
Kauft die EZB unbegrenzt Staatsanleihen der schwachen Länder, werden die starken Länder austreten, niemand übernimmt wirtschaftlich betrachtet die unbegrenzte Haftung für alle gegenwärtigen und zukünftigen Schulden eines anderen. Das wäre das Ende des Euro, das hat meines Erachtens Draghi nicht begriffen.
Darum wird allenfalls die EZB dem ESM unbegrenzt Mittel versprechen, damit dieser versprechen kann, unbegrenzt zu handeln. Die EZB wird nicht über die Käufe entscheiden, das bedürfte garantiert der einstimmigen Änderungen der Verträge zum Euro, inklusiv der Zustimmung der EU aber nicht EUR Mitglieder. Ich meine, auch eine unbegrenzte Kreditzusage an den ESM bedürfte einer entsprechenden Änderung, jedoch erscheint mir dies weniger zwingend, immerhin fliesst das Geld primär an eine europäische Institution, und nicht an einen Nationalstaat.
Wenn mein steuerkomissar dieses Konstrukt sehen würde, täte er lauthals „Umgehung“ brüllen. Was die Eurogewaltigen da machen, sind doch einfach bloss miese Tricks und Scheingeschäfte, während sie jede vertragliche Regel brechen, die man dem Bürger als heilig und „unbreakable“ verkauft hat.
Naja, kauft der ESM gibts dazu Vereinbarungen ob dieser das darf. Die EZB entscheidet ja auf diesem Weg nicht, ob Staatsanleihen tatsächlich gekauft werden, dies entscheidet der ESM entsprechend seinen Kompetenzen. Das zur Verfügung unbegrenzter Mittel durch die EZB an den ESM, wie gesagt eine europäische Organisation, ist zumindest in den Verträgen nicht explizit ausgeschlossen. Dass ein anderes Organ in die Entscheidfindung einbezogen wird, spricht eher gegen die Vermutung einer Umgehung. Scheingeschäfte und Umgehungen können vermutet werden, wenn beide Parteien des Geschäfts letztendlich von einer Person kontrolliert werden, nicht bei Geschäften mit Dritten. Der ESM und die EZB sind organisatorisch getrennt, es gibt keine direkten Einflussrechte etc.
@ Anh
Das passt aber gar nicht zu Ihrer sonst gezeigten kritischen Intelligenz, dass Sie diese Potemkinschen Fassadenorganisationen plötzlich als seriös unabhängig und frei von den üblichen politischen Machtspielchen und Einflussnahmen wahrgenommen haben wollen.
Ich glaube ja gerne, dass alle Mainstreammedien uns dieses üble Geflecht aus Nepotismus, Bestechung, Machtmissbrauch und Gesetzesbruch als wohlgeordnete und sauber abgezirkelte, dem gewöhnlichen Recht unterstellte Organisationen verkaufen wollen.
Wozu brauchen dann all die Beteiligten plötzlich immerwährende Immunität und Schutz vor jeder Untersuchung?
Da wäscht doch eine Hand die andere, und Mutti orchestriert so gut sie kann – und sie kann gut! Hat das ja bei der Stasi auch von der Pike auf gelernt.
“ Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.“
Beim internationalen Finanzpoker geht es doch nicht zuletzt darum, seine Gegner zu überzeugen und dafür sind alle verbalen Mittel recht und billig. Bei der allfälligen Realisierung wird er mit einem Veto von Weidmann rechnen müssen, jedenfalls wenn das Urteil Bundesverfassungsgerichts nicht carte blanche geben wird.
…was für ein „Veto“?
In der ECB gibt’s meines Wissens eben kein Vetorecht (im Gegensatz zur EU).
Nicht Draghi führt die Geschäfte der EZB, sondern ein Direktorium (6 Mitglieder). Viele Kompetenzen (Richtlinien der Geldpolitik und festlegung von Leitzinsen) liegen jedoch beim EZB Rat (EZB Direktorium + 17 Notenbankpräsidenten). Viele (wichtige) Entscheide im EZB Rat brauchen Einstimmigkeit, da kann man von einem Vetorecht reden. Der EZB Rat tagt alle 14 Tage, was darauf schliessen lässt, dass nur wenige Kompetenzen beim Direktorium und noch weniger beim Präsidenten dieses Direktoriums treffen.
Ob Draghi mächtig ist, hängt davon ab, ob er auf Grund fachlicher und persönlicher Qualifikationen diese Gremien „beherrschen“ kann, juristisch ist er „nur“ der Präsident, der allenfalls im Direktorium einen Stichentscheid hat.
Draghi hat mit dem von @H. Tickler zitierten Satz „versprochen“ unbegrenzt Anleihen der schwachen Länder aufzukaufen, (so wollte er verstanden werden und so wurde er verstanden), ein Versprechen, dass er alleine gar nicht halten kann. Fraglich ist, ob er wusste, dass ihm der Rückhalt für sein Versprechen fehlt, oder ob er davon ausgehen durfte, ihn zu haben. Auf alle Fälle sieht es so aus, dass Draghi nicht kann, so wie er möchte und versprochen hat.
Mit der Rede von Draghi Ende Juli vergleichbar wäre, wenn EWS der Presse verkünden würde, die Schweiz werde ganz bestimmt der EU beitreten: Sie könnte zwar dieses Versprechen abgeben, einhalten könnte sie es aber nicht.
Auch MDM tut so, als wäre die EZB ein von Draghi absolutistisch geführte Institution. Vor dem Schreiben dieses Beitrages hätte er sich wenigstens ein wenig mit den Kompetenzen Draghis, des EZB Direktoriums und des EZB Rates auseinandersetzen sollen.
@ Anh
Sie sprechen hier den Unterschied zwischen formaljuristischer Kompeten und echtem Einfluss an, über den Draghi verfügen könnte. Normalerweise sind Leute wie zB im EZB Rat ja nicht nur dort, sondern in diversen anderen Gremien tätig und treffen sichnbei allen möglichen Gelegenheiten, wo sie sich informell abstimmen.
Nach meiner Erfahrung wird in solchen „Räten“ (Verwaltungs-, Aufsichtsrat, Bundesrat, Geschäftsleitung, Steering Committees etc) kaum jemals wirklich diskutiert, Meinungen gebildet und Mehrheiten gesucht. Das alles geschieht Tage vorher in bi- und trilateralen Treffen, Telefonkontakten und durch Helfershelfer und Lobbyisten. Wenn der Rat dann tagt, sind die Meinungen gemacht, die Mehrheiten stehen fest, es muss nur noch offiziell zu Protokoll gegeben werden.
Die Frage bleibt daher: Wer zieht in der EZB wirklich an den Strippen? Haben Sie, Anh
da weitere Informationen, Hinweise?
Die Stellung der nationalen Notenbanken in der EZB ist stark, vieles das bei der SNB in der Kompetenz des Direktoriums liegt, liegt in der EZB in der Kompetenz des Rates und nicht des Direktoriums, der Präsident hat in der EZB institutionell viel weniger Macht, als der Präsident der SNB oder der Chairman der FED. Ich fühle mich jedoch nur ausreichend informiert, um festzuhalten, dass dies untersucht und bei Beurteilung der Aussagen Draghis zu berücksichtigen ist, Draghi ist nicht die EZB, es ist schlecht, wenn er Versprechungen abgibt, für deren Umsetzung er nicht den notwendigen Rückhalt in den zuständigen Gremien hat. Anders lässt sich das PR Disaster zwischen Ende Juli und Anfang August nicht erklären.
Gelingt es Draghi, mit seinem Vorpreschen von Ende Juli (ich glaube nicht, dass man ihm zuerst Zustimmung signalisiert hat, um ihn blosszustellen, das wäre mir zu beängstigend für den Zusammenhalt der EU), die Organe der EZB zu Handlungen entsprechend seinen Versprechungen zu bringen, kann festgestellt werden, dass er auf Grund seiner institutionellen Macht, zumindest Themen und Handlungsoptionen in die Diskussion zu bringen, und seinen persönlichen Fähigkeiten (Strategie und Taktik) die zuständigen Organe in sein Boot zu holen, tatsächlich mächtig ist.
Wenn „wer zahlt, befiehlt“ gilt, hat in der EZB die BUBA viel zu sagen, institutionell zeigt sich dies darin, dass die BUBA in allen Gremien zwingend sitzt, die wirklich Kompetenzen haben (Direktorium und Rat), und viele Beschlüsse qualifizierten Mehrheiten oder gar der Einstimmigkeit bedürfen. Ich kenne die Machtverteilung in der EZB nicht wirklich, erkenne lediglich, dass man diese berücksichtigen muss, um die EZB zu „verstehen“.
Siehe SPIEGEL-Interview. Weidmann macht klar, dass er kein Freund der Maßnahmen ist, sie jedoch nicht hintertreiben wird.
http://blog.zeit.de/herdentrieb/2012/08/26/weidmann-winkt-draghis-anleiheplan-durch_5173
Dass Weidmann nichts gegen diese Massnahmen unternehmen würde kann man aus den im angegebenen Link zitierten Sätzen nicht schliessen.
Es gehört eher zur Taktik, in der Öffentlichkeit nicht unnötig Öl ins Feuer zu giessen.