Die «FAZ» und ein gängiges Fehlurteil

Die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist nur die halbe Geschichte: Lagerturm von VW in Wolfsburg. (Bild: Keystone)
Überschüsse im Aussenhandel seien ein Zeichen der Stärke, Defizite eines der Schwäche. Deshalb seien nur letztere ein Problem. Die renommierte deutsche «FAZ» liefert die Argumente – und haut daneben.
Im laufenden Jahr dürfte der Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands sechs Prozent gemessen am BIP überschreiten. Während Deutschland im Aussenhandel kräftig Überschüsse verzeichnet, sieht das Bild in den krisengeplagten Ländern wie Spanien und Italien genau umgekehrt aus: Hier zeigen sich drastische Defizite. Für viele Ökonomen zeigt sich hier ein gefährliches Ungleichgewicht zum Schaden aller.
Anders sieht das die «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ), wie dort ein Kommentar von Philip Plickert vom letzten Dienstag zeigt. Ich gebe ihn hier in voller Länge wieder. Er enthält weitverbreitete Missverständnisse und eignet sich genau deshalb ausgezeichnet, um das Thema genauer zu beleuchten:
Deutschlands Exportüberschuss ist nochmals gestiegen. Jetzt wird wieder über angebliche «Ungleichgewichte» debattiert. Verfehlt ist eine solche Diskussion vor allem dann, wenn sie Überschüsse und Defizite als gleichermaßen problematisch anprangert.
Wenn Länder permanent sehr hohe Leistungsbilanzdefizite haben und mithin immer höhere Auslandsschulden aufhäufen, kann das nicht gut gehen. So ist die Euro-Peripherie in die Krise gerutscht. Ihre Handelsdefizite waren und sind Ausdruck mangelnder Wettbewerbsfähigkeit. Deutschlands hohe Überschüsse liegen dagegen an der besonderen Stärke und Struktur der hiesigen Wirtschaft. Sie produziert die hochqualitativen (Investitions-)Güter, die in den aufstrebenden Ländern gebraucht werden. Das ist kein Grund zur Sorge.
Schon der Begriff des «makroökonomischen Ungleichgewichts» ist hoch fragwürdig. Wäre es denn anzustreben, dass ein Land eine «ausgeglichene Leistungsbilanz» hat – also genau so viel Waren und Dienstleistungen ausführt wie es einführt und netto weder Kapital exportiert noch importiert? Wer sollte das steuern und wie?
Chinas Überschuss hat mit der unterbewerteten Währung und der künstlichen Exportaufblähung durch die Planwirtschaft zu tun. In Deutschland haben Marktkräfte zu dem hohen Überschuss geführt. Verfehlt ist eine «Ungleichgewichte»-Diskussion vor allem dann, wenn sie Überschüsse und Defizite als gleichermaßen problematisch anprangert.
Was ist hier falsch?
Beginnen wir mit einem Satz, der nicht falsch ist – dem letzten im Text mit der generellen Aussage über die deutsche Wirtschaft:
Sie produziert die hochqualitativen (Investitions-)Güter, die in den aufstrebenden Ländern gebraucht werden. Das ist kein Grund zur Sorge.
Nein, dass Deutschland hoch produktiv ist, ist kein Grund zur Sorge und es wäre tatsächlich vollkommen widersinnig und würde niemandem helfen, wenn Deutschlands Produktivität abnehmen würde oder – um beliebte Metaphern in dieser Debatte zu verwenden – wenn Deutschland schwächer würde: Die deutsche Stärke ist nicht das Problem.
Doch darum geht es gar nicht. Wo liegt das Problem bei obigem Text und der durch ihn auf den Punkt gebrachten weit verbreiteten Ansicht:
- Permanente und hohe Überschüsse eines Landes sind ein Problem – ganz besonders unter fixen Wechselkursen und damit auch in einer Währungsunion. Den Ländern mit Überschüssen müssen zwingend andere Länder gegenüberstehen, die Defizite verzeichnen. Sind die Strukturen eines Landes – wie im Fall von Deutschland – strukturell auf Aussenhandelsüberschüsse ausgerichtet, bedeutet das umgekehrt nichts anderes, dass auf der anderen Seite Länder mit Defiziten in der gleichen Höhe stehen müssen. Man kann also schlecht behaupten, Überschüsse seien anders als Defizite kein Hinweis auf Ungleichgewichte, wenn die Überschüsse darauf bauen, dass andere Defizite verzeichnen und für diese anderen die Defizite ein Problem darstellen.
- Bei fixen Wechselkursen, bzw. in einer Währungsunion akzentuiert sich das Problem, weil hier genau jener Mechanismus fehlt, der gewöhnlich zu einem gewissen Ausgleich führt: Flexible Wechselkurse. Schauen wir uns das zuerst für ein Defizitland an:
- Die Währung eines Landes mit permanenten und steigenden Handelsdefiziten schwächt sich ab. Diese Währung wird relativ weniger nachgefragt, als jene seiner Handelspartner. Diese Abwertung ist für das Defizitland ein Segen, denn es vergünstigt seine Produkte auf den Weltmärkten. Gleichzeitig werden die ausländischen Güter teurer, was auf die Importe drückt und die inländischen Produzenten relativ wettbewerbsfähiger macht. Dieser Ausgleichsmechanismus entfällt in der Währungsunion. Damit zu einem Land mit Überschüssen:
- Die Währung des Überschusslandes wertet sich bei flexiblen Wechselkursen auf (im Verhältnis zu den Währungen seiner Handelspartner). Diese Aufwertung sorgt über die Verteuerung seiner Güter zu einer Abnahme der Exporte und einer Zunahme der Importe.
- Wir können folgern: Ohne Euro (oder bei seinem Auseinanderbrechen) würde die deutsche Währung durch die deutsche Exportstärke deutlich aufwerten, die Exporte dämpfen und die Importe befeuern. Die aktuellen Euro-Defizitländer hätten bessere Absatzchancen für ihre Produkte. Deutschlands permanente und gewachsene Exportüberschüsse sind also nicht bloss Ausdruck der eigenen Stärke, sondern auch eine logische Folge der Währungsunion. Während der Euro (im Vergleich zu unabhängigen Währungen) die deutschen Exporte preisgünstiger macht, ist er für die Defizitländer in der Währungsunion zu teuer.
- Die folgende Grafik zeigt die Leistungsbilanzsalden von Deutschland (blaue Linie) und von Italien und Spanien zusammengenommen (rote Linie) seit 1995. Wie sich deutlich zeigt, driften die beiden Linien fast genau mit dem Start der gemeinsamen Währung deutlich und fast spiegelbildlich auseinander (Quelle: Fred-Datenbank):

- Aussenhandelsdefizite- und überschüsse können daher nicht – wie es der «FAZ»-Autor gemacht hat – unabhängig von der Währungsunion beurteilt werden. So lange Deutschland hier Mitglied ist und die Einheitswährung aufrechterhalten will, kann es sich nicht um die Zahlungsbilanzungleichgewichte scheren.
- Ja, die Defizitländer könnten hochtheoretisch auch die Löhne entsprechend senken, bis sie wieder die preisliche Wettbewerbsfähigkeit erlangen. Doch das ist sehr viel schwieriger zu erreichen, als durch Währungsabwertungen (die Erklärung hat Milton Friedman geliefert), weshalb das als Weg zur Stabilisierung der Wirtschaftslage kaum je gelungen ist. In Ländern wie Spanien mit einer hohen privaten Verschuldung ist das auch deshalb keine gangbare Strategie, weil stark sinkende Löhne und Preise die reale Schuldenlast weiter ansteigen lassen, ein solches Land noch weiter nach unten reissen und dadurch auch die politische und soziale Stabilität gefährden würden.
- Im Text des FAZ-Kommentators schwingt schliesslich auch das berühmte Missverständnis der Merkantilisten mit: Aussenhandelsüberschüsse werden als Ausdruck besonderer Wirtschaftskraft gefeiert und als Möglichkeit zu grösserem Reichtum. Damit verbunden ist auch die falsche Vorstellung, dass ein Land wie ein Unternehmen funktioniert, dessen Gedeihen von seinen Verkäufen an andere Länder abhängt. Das ist komplett falsch. Der wichtigste ökonomische Zweck des Aussenhandels liegt für ein Land darin, den Nutzen für seine Bewohner zu steigern: Ein Land muss dank Aussenhandel nicht alles, was seine Bewohner schätzen, selbst herzustellen. Es kann sich auf die Bereitstellung jener Produkte und Dienste konzentrieren, die es relativ am produktivsten herstellen kann («Gesetz der komparativen Kostenvorteile»). Diese kann es dann im Aussenhandel gegen Produkte und Dienste anderer Länder eintauschen (vermittelt durch Geld und auf Märkten). Leistungsbilanzüberschüsse zu verzeichnen heisst schliesslich, dass die entsprechende Volkswirtschaft die eigenen Produkte ohne entsprechende Gegenleistung an Gütern und Diensten ans Ausland vergibt – das Land verzichtet auf inländischen Konsum und Investitionen im Ausmass des Überschusses. Unter dem Titel «Deutschlands riskante Abhängigkeit vom Export» bringt der Kommentator einer anderen deutschen Zeitung – Mathias Ohanian von der «Financial Times Deutschland» – das Problem perfekt auf den Punkt:
Jahrelang produzierte die Wirtschaft wertvolle Waren, die woanders gebraucht wurden. Die Exporte stiegen und stiegen, ebenso die Importe der europäischen Nachbarn. Einiges war finanziert auf Pump. Als die Blase platzte, war klar: Deutschland bleibt auf dem Gros seiner Geldforderungen sitzen.
Ein schlechter Deal, viele Deutschen hatten jahrelang verzichtet. In Zahlen drückt sich die Geschichte so aus: Von 2000 bis 2007 legten die privaten Konsumausgaben in Deutschland inflationsbereinigt um knapp vier Prozent zu, im Währungsraum insgesamt gab es ein Plus von 13 Prozent. Ähnlich krass ist die Divergenz bei den Investitionen.
Eigentlich wäre Deutschland jetzt an der Reihe. Doch das Gegenteil ist der Fall: Durchbrachen die Ausfuhren 2011 erstmals die Marke von 1000 Mrd. Euro, wird in Deutschland heute drei Prozent weniger investiert als vor der Finanzkrise. In der ersten Hälfte 2012 sanken die Investitionen sogar: Die offiziellen Zahlen geben die Geschichte vom Binnenboom nicht her.
Worin würden denn nun aber mögliche Lösungen liegen, wenn die Eurozone bestehen bleibt?
- Wie anfänglich gesagt, selbstverständlich nicht darin, dass das Überschussland – Deutschland – schwächer wird, sondern in einem grösseren Gewicht von dessen Binnenwirtschaft im Mix der Gesamtnachfrage: Auf Kosten der Exportnachfrage sollte jene nach deutschen Gütern und Dienstleistungen aus dem Inland zulegen. Das ist selbstverständlich nichts, was man verordnen kann und was sich über Nacht einstellt. Lohnzurückhaltung der deutschen Beschäftigten hat der deutschen Wirtschaft geholfen, aus dem Jammertal zu Beginn der 2000er-Jahre zu kommen. Jetzt sollte Deutschland hier und bei den Staatsausgaben nicht auch noch drastisch auf die Bremse treten, da damit die letzte Hoffnung auf Nachfrageimpulse für die Krisenländer auch noch flöten ginge. Leider geht die Entwicklung in Deutschland in die andere Richtung, wie dieser Artikel meines Kollegen Peter Rohner zeigt: Auch die Deutsche Binnennachfrage lahmt. Tatsächlich ist das ein zentraler Grund für die hohen Leistungsbilanzüberschüsse – denn diese steigen nicht nur, wenn die Exporte zunehmen, sondern auch wenn die Importe abnehmen.
- Eine etwas höhere relative Inflation in Deutschland im Vergleich zu den Krisenländern (und damit eine etwas höhere Durchschnittsinflation in der Eurozone generell) wäre ebenfalls hilfreich. So könnten Löhne in den Krisenländern real sinken, ohne es nominal zu tun. Nominallohnsenkungen – sinkende Lohnbeträge – sind sehr viel schwerer zu bewerkstelligen als Reallohnsenkungen, das heisst, wenn die Löhne zwar nicht zurückgehen, aber nicht oder weniger zunehmen als die Inflation. Zu so einer Lösung wird die Europäische Zentralbank allerdings keine Hand bieten. Schliesslich besteht ihr Mandat gerade darin, die Inflationserwartungen in engen Grenzen zu halten – mittelfristig darf die Inflation nicht über 2% steigen.
Kurz: Lösungen sind keine in Sicht. Schlimmer aber ist, dass vielerorts noch nicht einmal das Problem richtig verstanden wird, wofür der obige Kommentar der FAZ kein untypisches Beispiel ist.
120 Kommentare zu «Die «FAZ» und ein gängiges Fehlurteil»
Der Artikel macht zwar deutlich, daß erhebliche Ungleichgewichte in der Eurozone entstanden sind, aber er erklärt nicht, wie es dazu kommen konnte, denn Deutschland hat im Jahr 2000 die Stabilitätsdkriterien der Eurozone deutlich verletzt, andere Länder dagegen noch nicht.
Jetzt zeigt sich, daß die Südländer teils viel zu riskant (Spanien) oder viel zu nachlässig mit dem Euro gehandelt + gearbeitet haben (Italien, Griechenland, Portugal, Irland).
Als um das Jahr 2000 Deutschland massiv viele Arbeitsplätze verloren hat, unter anderem in der Telekommunikation, haben auch Gewerkschaftsbosse lernen müssen, daß ihnen die Mitglieder einfach weglaufen, wenn Arbeitsplätze massenweise wegbrechen. Dieser Lernprozess steht in den Südländern vermutlich noch bevor.
Merkwürdig genug, daß kein Artikel die Frage nach der Zukunft Europas in einer Welt eines ständig verschärften Wettbewerbs berührt, daß dabei die Hebelwirkung von Innovationen kaum erwähnt wird – wie z.B. aus einem Überflieger in einer Branche (Nokia) innerhalb kurzer Zeit eine notleidende Größe und aus einem Zwerg ein Riese (Apple) werden kann.
Es wäre richtiger gewesen, den Euro als Referenzwährung parallel zu den nationalen Währungen zu halten, damit grenzüberschreitende Geschäfte wahlweise in Euro oder in einer Landeswährung hätten abgewickelt werden können. Dann wäre das Ventil der Abwertung einer Landerwährung erhalten geblieben.
Deutschland hat einen Exportüberschuss und weil die Wechselkurse in der Währungsunion fix sind, kann ein Ausgleich durch die Anhebung des Wechselkurses und somit einer Verteuerung der Produkte mit weniger Export erfolgen. Bin kein Oekonom, aber eine Frage drängt sich bei mir auf; im Staatenbund der USA sind die Zentren auch verschieden und sind ja durch die gemeinsame Währung des Dollars verbunden, trotz sehr starkem Binnenmarkt mit entsprechendem Warenfluss scheint es dort diese massiven Ungleichgewichte wie Deutschland vs. Spanien/Italien nicht zu haben. Kann man das in einfachen Worte erklären? Ist diese Währungsunion und der Markt auf der anderen Seite des Atlantiks so viel anders?
@Th. Ernst, Hi, hi, danke für die grammatikalische Korrektur, ich wollte nicht so unartig sein und unseren deutschen Bloglesern diese Tatsachen so direkt unter die Nase reiben, aber sie haben natürlich vollkommen recht. So alle 60 bis 70 Jahre schaffen es jeweils eine wortmächtige Elite in unserem Nachbarland die Bevölkerung für ein grossartiges, die Welt veränderndes Projekt vor den Karren zu spannen und wenn die Sache dann wieder mal schief läuft, kann man getrost darauf vertrauen das die fleissigen Bürger nicht verzweifeln, sondern brav die Trümmer wegräumen und das Land wieder aufbauen. Hinter dem Projekt der Ausdehnung des gemeinsamen Währungsraums um jeden Preis, steckt dieselbe irrige Annahme das mehr Expansion mehr Stabilität und Wohlstand bringen soll, die auch schon die Nationalsozialisten antrieb. Die Geschichte wiederholt sich zwar, nicht aber sie reimt sich. Der Wahnsinnn scheint in der Tat alternativlos zu sein.
@ Gion
Fern von jeder Hoffnung, dass unsere Blogbeitraege irgendetwas ändern delektiere ich mich klammheimlich an Ihrem exquisiten Scheibstil. So bleibt doch noch etwas Freude am Leben…
🙂 -et
Wenn die deutschen Arbeiter in den letzten 10 Jahren keine grosse Reallohnerhöhungen erhalten haben um so der eigenen Industrie zu erlauben, ihre hochwertigen Investitionsgüter konkurrenzfähig exportieren zu können, dies oft sogar noch mit Krediten von deutschen Banken, dann wäre es fatal wenn plötzlich die südeuropäischen Kunden die sich diese Produkte oftmals auf Pump gekaufte haben, zahlungsunfähig würden. Denn dies würde ja plötzlich bedeuten, das die deutschen Arbeitnehmer 10 Jahre lang vergebens gedarbt hätten.
@Gion
Wenn Sie den Konjunktiv in Ihrem Beitrag durch den Indikativ ersetzen haben Sie eine ziemlich exakte Situationsbeschreibung für den deutschen Michel. Gutmütig und obrigkeitshörig hat er getan, was die Grosskopfeten von Ihm verlangten, und zum Dank wird Hartz 4 gekürzt. Die Milliarden braucht Mutti Stasi-Merkel schliesslich für die Griechen (= die eigenen Grossbanken).
Noch ein kleiner Zuschlag in Bezug auf die Problematik der EURO-Zone.
Ich habe im Zero-Hedge (sofern ich mich richtig erinnere) eine Analyse gelesen in Bezug auf den Verfall von Waehrungszonen (3 an der Zahl). Darin wurde klar erkannt, dass nicht die schwachen Mitglieder sich verabschieden werden, sondern eines der kleinen aber starken Mitglieder dies in Gang bringen dürfte. Somit sollten wir uns auf die nördlichen Kleinstaaten fokussieren um den möglichen Verfall der Waehrungszone zu evaluieren. Ebenfalls erklärte der Artikel, dass sich jene, welche sich absetzten, einer eher sehr positiven Zukunft erfreuten.
@Linus
Wenn das wahr ist, dass die ersten (kleinen Starken) die davonlaufen, am meisten profitieren (bzw. am wenigsten vom Desaster betroffen werden), verstehe ich die ungeschminkten Finnischen Kommentare zum Stand der Eurozone und der Vorbereitungen zum Ausstieg.
Luxemburg wäre noch prädestinierter, aber LUX ist derart verhängt in der ganzen BeNeLux-Kiste und derart obrigkeitshörig, dass das nichts wird. Das geographisch periphere Finnland dürfte dann wohl den Anfang machen. Die „wahren Finnen“ warten ja nur darauf…
Da Deutschland und auch viele Euroländer eher kein Paradies für Rohstoffe ist, sondern ganz im Gegenteil darauf angewiesen ist, wird eine Abwertung nicht zu den erwarteten Steigerungen führen. Eine Abwertung des Euro wird die Krise nicht lösen.
Europa, speziell Deutschland, exportiert nicht nur Waren, sondern auch massenweise Kapital. Kapital wird exportiert, weil sich Investitionen außerhalb der Eurozone anscheinend besser lohnen.
Zum Thema Staatsausgaben bzw. Investitionen: Arthur Laffer neulich darauf hingewiesen, dass unter den OECD-Staaten diejenigen, die im Zeitraum von 2007 bis 2009 ihre Ausgaben am stärksten erhöhten, in diesen Jahren das geringste Wachstum ihres Bruttoinlandsprodukts aufzuweisen hatten.
Investitionen werden bei uns zudem sehr unterschiedlich betrachtet. Ist es denn eine Investition, wenn die Regierung ein Gebäude baut, welches nicht benötigt wird? Wenn man Bürger mit Arbeiten belastet, die nicht produktiv sind, sondern nur „sinnlose“ Tätigkeiten sind?
Naja, für mich ist das, was die FAZ schreibt, wesentlich höher zu bewerten, als der Artikel eines kleinen Provinzblattes.
Ein herrlicher Artikel von Herrn Diem, hat er mich doch an den Beginn meines Studiums in den 80er Jahren erinnert. Es ist ein Versuch, die derzeitige Situation monokausal über die Wechselkurse zu erklären. Aber was würde passieren, wenn D eine eigene Währung hätte, die zweifelsohne stark aufwerten würde?
Beispiele haben wir genug aus der Vergangenheit: Deutsche Firmen würden in weitere Effizienzsteigerungen investieren, die Sparquote bei den Deutschen noch mehr steigen. Und: wenn z.B. eine Lira oder Peseta abwerten würde: sollten wir dann mehr spanischen Rotwein trinken, weil der billiger wird?
Die Länder haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Außer in D gibt es heute in Europa kaum noch funktionierende Industrien. Finanzwirtschaft, Bau, Dienstleistung. Darauf wurde zu lange gesetzt. Wie soll das ohne Industrie im Hintergrund funktionieren? Die Südländer haben diese Tatsache zu lange durch katastrophale Verschuldung kompensiert.
Und genau hier liegt der Denkfehler von Herrn Diem: die jetzige Krise wurde nicht durch die Wechselkurse ausgelöst, sondern durch die unsinnig niedrigen Zinsen. Nicht nur, dass dies eine apokalyptische Verschuldung bei Staaten und Privaten fördert, nein auch unsere Altersversorgung wird unter diesem Irrsinn leiden.
@Rudi: die Schweiz hat auch seit vielen Jahren niedrige Zinsen und trotzdem blieb die industrielle Basis und die Wettbewerbsfähigkeit stark und die Verschuldung des öffentlichen und privaten Sektors im gesunden Rahmen. UK und USA haben die Globalisierung dazu benutzt, die eigene industrielle Basis abzubauen und Güter lieber vom Ausland produzieren zu lassen. Die Schweiz und Deutschland haben dies nicht getan.
Warum? Es muss also noch mehr Gründe geben als (zu) niedrige Zinsen.
Die Verschuldung im privaten Bereich ist wohl eher nicht in einem gesunden Rahmen. Wir sitzen auf viel zu hohen Hypethekarbestaenden, welche durch die entsprechenden Steuergesetze verursacht sind und natürlich ihren Ausdruck in den Immobilienpreisen finden.
Die akzeptable Hoehe von Hypotheken sollten viel stärker aufgrund des Einkommens anstelle dem Wert einer Liegenschaft festgelegt werden.
@ Linus
„Die akzeptable Hoehe von Hypotheken sollten viel stärker aufgrund des Einkommens anstelle dem Wert einer Liegenschaft festgelegt werden.“
Das wird von den Banken durchaus gemacht. Der Faktor nennt sich „Tragbarkeit“ und läuft im wesentlichen drauf hinaus, dass die Finanzierungskosten (Hypo) nicht mehr als 30% des Einkommens ausmachen sollen, wobei mit einem langfristigen Zinssatz von 5% gerechnet wird.
Ist die Tragbarkeit nicht gegeben, wird die Bank zunächst mal prüfen, ob eine niedrigere Hypothek in Frage käme (nur erste, bis 60% statt total bis 80%). Im Detail hängt natürlich alles von der Einzelsituation ab (z.B. ob der Kunde das Eigenkapital freihändig aufbringt (z.B. aus einer Erbschaft oder so), oder ob er dazu schon sein BVG plündert.
Das Problem dabei ist allerdings, dass meist einfach die gegenwärtige Einkommenslage extrapoliert wird. Kommt eine Wirtschaftskrise und wird der Haupterwerbstätige entlassen oder zurückgestuft, geht die Rechnung natürlich nicht mehr auf.
Ich meine nicht die Zinsenzahlungen, sondern die Hoehe der Hypothek dividiert durch z.B. das jährliche Einkommen darf nicht höher als z.B. maximal 5 sein.
Das kommt via die Zinsberechnung auf dasselbe hinaus, wenn nicht mit dem aktuellen, sondern mit einem Standardzinssatz von 5% gerechnet wird.
Das (zu) niedrige Zinsniveau in den GIIPS-Ländern war im weitesten Sinne ja ein Wechselkursproblem: Durch die Euro-Einführung verflog bei den Investoren die Angst vor einer Währungsabwertung, weshalb sie tiefere Zinsen verlangten. Selbst wenn die EZB die Kreditblase erkannt hätte, wären ihr weitgehend die Hände gebunden gewesen. Die Währungspolitik ist schliesslich auf den Durchschnitt der EU-Zone ausgerichtet. Sich bei einem sehr tiefem Zinsniveau zu verschulden ist rational, wie man auch im CH-Immobilienmarkt sieht. Es wird seit Jahren darüber diskutiert, ob die Zentralbanken neben den Konsumenten- auch die Asset-Preise im Auge behalten sollten. Klar ist, dass sich Zentralbanker durch eine restriktive Geldpolitik bei Banken, Exportsektor, Häuslebauern und Gewerkschaften nicht besonders beliebt machen.
Norditalien verfügt über eine wettbewerbsfähige Industrie, die von eine Währungsabwertung mit Sicherheit profitieren würde. In Spanien gibt es immerhin 18 Autofabriken. Zudem handelt es sich bei allen GIIPS-Ländern (mit Ausnahme Irlands) um Länder mit einem bedeutenden Tourismussektor. Auch kann eine Handelsbilanz nicht nur durch mehr Exporte ausgeglichen werden: Es würde schon viel helfen, wenn die Importe der GIIPS-Staaten dank einer Abwertung auf ein nachhaltigeres Niveau reduziert würden. Dann würden griechische Tavernas vielleicht keinen Fisch mehr aus Thailand, Zitronen aus der Türkei und Tomaten aus den Niederlanden servieren.
Aber da ein Austritt eines GIIPS-Landes wohl katastrophal wäre, erübrigt sich die Diskussion darüber ohnehin.
@ Stefan
Waehrungsabwertungen dieser Länder war ja einzig das Resultat der defizitären Staatshaushalte und nicht die Ursache selber. Das Risiko blieb doch offensichtlich bestehen und musste sich an einem späteren Zeitpunkt in irgend einer Form bemerkbar machen, sofern die entsprechende Risikopraemie nicht mehr erhoben wurde in der Form von höheren Zinsen. Die Idee, dass das Risiko verschwindet, wenn man entsprechend manipuliert, ist einer der wichtigsten Fehlschlüsse, welche mir heute immer wieder begegnen. Das Risiko bleibt bestehen und frisst sich schrittweise zum Kern des Systems vor. Es destabilisiert dadurch das System selber.
Wie schon gesagt, ist dies nicht des Durchschnittsbürgers Problem, sondern das Problem der entsprechenden Investoren und sollte aufgrund verschiedener extrem wichtiger Prinzipien nicht mit unlimitierter Liquidität einer Zuführung einer wirklichen und nachhaltigen Lösung entzogen werden.
Dass Zentralbanker sich unbeliebt machen ist eine ihrer wichtigsten Funktionen, weil sie genau dann, wenn die Party am schönsten zu sein scheint, diese eben beendet um den am folgenden Morgen auftretenden Kater ein wenig erträglicher zu machen. Die Zentralbanken muessen doch gar nicht Preise beobachten, sondern einzig die Kreditmenge im System, deren Wachstum nicht zu sehr vom Wirtschaftswachstum abweichen sollte. Vor etwa 8 Jahren hat z.B. das FED die Messung des M3 mit einer fadenscheinigen Begründung eingestellt. Dies zeugt von einer offensichtlichen Vernachlässigung und Aberkennung der Funktion der Kreditmenge zwecks Anwendung in der Formulierung der Geldpolitik.
Es ist auch völlig verfehlt, sich auf die Inflationsrate der Konsumentenpreise mit diesem extremen Fokus zu konzentrieren. Wir brauchen in erster Linie stabile Währungen (sound money) und könnten problemlos auch mit einer leichten Deflation der Konsumentenpreise leben, wie dies sich in natürlicher Weise auch in elektronischen Gütern etablierte. Der Grund von Inflation liegt schlussendlich immer in der inflationären Geldpolitik, welche mindestens mit Schuld an der gegenwärtigen Misere trägt.
Alle Wege, die Politiker einschlagen können, sind Holzwege, denn:
“Im Grunde ist Politik nichts anderes als der Kampf zwischen den Zinsbeziehern, den Nutznießern des Geld- und Bodenmonopols, einerseits und den Werktätigen, die den Zins bezahlen müssen, andererseits.”
Otto Valentin, aus “Warum alle bisherige Politik versagen musste”, 1949
Am Anfang der 1950er Jahre befand sich allein die junge Bundesrepublik Deutschland kurzzeitig auf dem einzig richtigen Weg, von dem sie aber wieder abwich, was zwangsläufig zu der gegenwärtigen, desolaten Situation führen musste:
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/08/personliche-freiheit-und-sozialordnung.html
Es gibt eigentlich nur 2 Lösungen um die Eurokrise zu beenden. Ein politisches Europa der Vereinigten Staaten von Europa mit Hauptstadt und Ministerien und den europäischen Parlamenten in Brüssel nach dem Modell der Vereinigten Staaten zu gründen sind oder aber der Euro muss wieder abgeschafft werden. Etwas anderes ist nicht zu haben. Jetzt müssen die europäischen Politiker zeigen, dass sie auf der Höhe dieser Aufgabe sind. Die Zeit ist gekommen wo nationalistisches Gedankengut keinen Platz mehr hat. Ansonsten wird sich Europa in der globalen Welt nicht behaupten können und ein Zerseztungsprozess, der schon begonnen hat, Europa in den Abgrund treiben.. Europa braucht Staatsmänner und nicht diese ewig lavierenden Kleinpolitiker, die heute den Ton angeben.
@ Rolf
Es gibt keine schmerzlosen Lösungen, was auch Sie persönlich in den nächsten Jahren erleben werden.
@Rolf
Das wirtschaftlich/gesellschaftlich/politische System ist so konstruiert, dass es genau diese „ewig lavierenden Kleinpolitiker“ produziert. Diese passen zum System. Wer gestern noch IM Hohlkopf in der DDR war und für die Stasi Agitprop gemacht hat, ist heute Spitzenpolitikerin in Deutschland
Oder anders formuliert: „Was kann der Siegismund dafür, dass er so schön ist?“
Es braucht eine Kultur, welche wirklich verantwortungsbewusste Menschen in die systemrelevanten Positionen befördert. Die mediengelenkte, parteiendominierte Pseudodemokratie ala BRD ist das jedenfalls nicht. Kulturwandel ist aber ein sehr schwieriges Geschäft und lässt sich nicht rational steuern.
Was mir auffällt hier: kaum einer der Kommenatoren hat sich die Mühe genommen, den Artikel zu verstehen, bevor sie oder er Kommentare schreibt. Dabei ist das eine der klarsten Erklärungen des Problems, die ich je gefunden habe!
@ Albrecht
Für Menschen, welche sich mit dieser Problematik schon ein Weilchen intensive beschäftigen, ist obiger Artikel eine 0815 Nummer.
wie werden die exportüberschüsse überhaupt errechnet? annahme firma abc aus sprockhövel kauft in ungarn unlackierten apparat für 95’000, malt in an und er wird dann für 100’000 weiterverkauft—wird für die bilanz dann 100’000 genommen oder nur die differenz von 5’000?
Exportüberschuss = Export – Import!
Import: unlackiert a 95.000
Export: lackiert a 100.000
Überschuss: 5.000
Es wird ein Export über 100 000 € registriert und ein Import über 95 000 €. Alle internationalen Geldüberweisungen laufen über die Zentralbank (im Fall von Deutschland entspricht die Bankleitzahl der Kontonummer der Bank bei der Bundesbank), so dass die Zahlen einfach sichtbar werden. Um die Zahlen mit Inhalten zu belegen (welche Transaktion steckt dahinter) gibt es Meldepflichten, in Deutschland bei Überweisungen ab 12 500 €. In einem Formular gilt es anzukreuzen, was genau hinter der Transaktion steckt.
Es wird oft die Kritik angebracht, das deutsche Exportwunder beruhe darauf, die genannte Maschine aus Ungarn mit einem Stempel zu versehen und weiterzuverkaufen (H.W. Sinn nannte das die „Basar-Ökonomie“). Man hört jedoch nicht mehr viel davon, die Kritik scheint nicht berechtigt gewesen zu sein.
Sorry, aber ich mag das ganze männliche Geschwafel gar nicht mehr lesen. Nachdem männliche Hirne in den letzten paar tausend Jahren nicht viel mehr zustande gebracht haben als einseitige (religiöse/politische/wirtschaftliche) Systeme zu erfinden, die massive Nebenwirkungen hatten (=Verlierer) ist es wohl an der Zeit, dass Frauen, die ich als „lebensnaher“ erlebe, das Steuer in die Hand nehmen.
Nun, was heisst lebensnah, was ist die Grundlage des menschlichen Lebens? Männliche (Wirtschafts-)Vorstellungen kreisen da um Begriffe wie Stärke, Wettbewerb, Konkurrenz, Überlegenheit. Wäre das die Grundlage des menschlichen Lebens, hätten wir keinerlei kommunikative, kooperative und empathische Fähigkeiten entwickelt. Selbst Menschenaffen versöhnen sich nach einem Kampf, um das Vertrauen wieder herzustellen.
Die Fairnessforschung von Ernst Fehr zeigt es sehr klar: Neben dem egoistischem Verhalten ist Fairness ein Grundprinzip des menschlichen Interaktion. Fairness erzeugt erst Vertrauen und Vertrauen erst Kooperation.
Dieses Fairness-Prinzip wird aber in der Wirtschaft sträflich vernachlässigt.
Der Mensch hätte sich mit dem „Sieger-Verlierer“-Prinzip nie zu dem entwickelt was er ist: das gescheiteste und sozialste Wesen auf der Erde. Nur das „Win-Win“-Prinzip (Gegenseitigkeit statt Einseitigkeit) erzeugt überhaupt erst die Bereitschaft für Kooperation.
Solange wir Systeme haben, die Gewinner und Verlierer produziert werden wir nie „Ruhe“ haben. Denn die Verlierer werden immer versuchen es den (unfairen) Siegern irgendwann zurückzuzahlen und so die Fairness wieder herzustellen.
Sehr geehrter Herr Baer, obgleich der Sieg des Olympus über die «Unterwelt» die von Ihnen beschriebene Einseitigkeit abbildet, greift die Verklärung des Matriarchats daneben. Blutrünstige DiktatorInnen und autoritär führende Frauen unterscheiden sich, außer dem Geschlecht, kaum von ihren männlichen «Vorbildern». Ohne ein Miteinander von Passivem und Aktivem läuft gar nichts.
Stimmt Frauen sind nicht automatisch gut und Männer schlecht.
Ich denke aber, dass Männer anfälliger sind für Ideologien der „Unabhängigkeit“. Frauen fühlen sich mehr „abhängig“ (u.a. vom eigenen Körper durch Zyklus, Schwangerschaft und Geburt) und sind deshalb weniger anfällig für verschrobene Vorstellungen von Stärke/Allmacht/Freiheit/Unabhängigkeit sondern gezwungenermassen mehr an Interaktion/Kooperation/Kommunikation/Hilfe orientiert.
Wer weiss wie die Welt auschauen würde wenn die Männer schwanger/gebären würden…
@ Albert
In aller Bescheidenheit fürchte ich, dass Sie das Symptom für die Ursache halten, und nun den Sack schlagen (die Männer), obwohl Sie den Esel (die Kultur) meinen.
Die kulturelle Entwicklung der Menschheit (und jedes einzelnen Menschen) läuft (verkürzt dargestellt) über die Stufen natürlich – magisch – mythisch – rational – spirituell. Die magische Stufe (Jäger und Sammler, Nomaden, bzw. Alter ca. 2-8) ist matriarchal, da das Bewusstsein für die Rolle der Väter noch nicht im Vordergrund steht, während die Mutter immer klar ist.
Mit der Erfindung der sesshaften Zivilisation (Ackerbau, Viehzucht; Assyrien, Aegypten, Sumer etc.) wechselt die Kultur in die mythische = patriarchale Phase (Könige, Pharaonen etc.). Jedes Pyramidensystem mit einem „Chef“ an der Spitze (Militär, Unternehmen, Staaten, Fussballclubs, Rotarier, Parteien etc.) ist Ausdruck des mythischen Weltbildes und der linearen Kultur.
Obwohl wir seit ca. 1650 die rationale Kultur (Wissenschaft) entwickeln, scheint immer noch die mythische Kultur von Hierarchie, Macht und Dominanz vorherrschend. Die Frauen (Merkel, Clinton, Von der Leyen, Alice Schwarzer etc.), die heute an der Spitze einer Organisation stehen, verkörpern nicht das weibliche Element, sondern sind einfach bessere Männer.
Daher: Es nützt nichts, die Männer zu verdammen. Man muss die Kulturentwicklung verstehen, und verstehen, dass wir vom Weiblich-dominanten (magisch) zum Männlich-dominanten (mythisch) zum Gleichberechtigten (rational) Kulturverständnis kommen müssen, um auf der Welt insgesamt zu besseren Ergebnissen zu kommen.
Wow!
Danke für diese wie ich finde sehr treffende Zusammenfassung/Analyse. Das wollte ich eigentlich sagen. Trotzdem finde ich, ist es kein Zufall, dass Männer eine Kultur erfunden haben, für die sie eine körperliche Disposition haben. Die geistige/kulturelle Welt baut auch auf der körperlichen Welt/Erfahrung auf.
Wie gesagt: Wenn Männer schwanger würden, hätten sie wohl eine andere „männliche“ Kultur erfunden.
@ Albert
„Wenn Männer schwanger würden, hätten sie wohl eine andere “männliche” Kultur erfunden.“
Im Kern einverstanden. Das Sein bestimmt das Bewusstsein, und die körperliche Disposition prägt schon die Wahrnehmung. Untersuchungen zeigen, dass Frauen die Welt anders wahrnehmen, als Männer.
Das mit dem „erfunden“ ist sicher ironisch gemeint. Kultur wird nicht gemacht, sie entsteht evolutionär / selbstorganisiert. D.h. der Mensch hat zwar einen gewissen Einfluss, aber niemand „steuert“ die Kulturentwicklung. Dazu ist der Prozess viel zu komplex.
Also: Männer – werdet schwanger! Für eine bessere Zukunft.
Mit „erfunden“ wollte ich ausdrücken, dass Kulturen nicht einfach naturgegeben sind und somit unveränderbar bzw. „richtig“. Die Evolution bringt ganz verschiedene Kulturen hervor. So unterscheidet sich z.B. die „Kultur“ von Bonobos und Schimpansen grundlegend.
Der Euro ? Ja der mag eine Rolle spielen aber da gab es eine 2e Revolution, die allzugerne übersehen wird, die Osterweitung der EU ! Sie erfolgte kurz nach der Einführung des Euro und sie hat die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Nord und Süd veändert. Waren sich viele der südlichen Mitgliedstaaten gewohnt eine Art verlängerte Werkbank der wirtschaftlichen stärkeren nördlichen Mitgliedstaaten zu sein, so erwuchs ihnen nach der Osterweiterung hier unverhofft neue Konkurrenz. Die Bürger dieser Staaten waren oftmals besser qualifiziert und sie waren bereit für deutlich weniger Lohn zu arbeiten. Die staatliche Administration wurde nach dem Zusammenbruch des Ostblocks radikal reformiert um die Eingangshürden für die EU Mitgliedschaft zu meistern ….. derweil sich viele der südlichen EU Mitgliedstaaten auf ihren Lorbeeren ausgeruht haben und weder die ausufernde Bürokratie noch Konsumexzesse (z.B. die Immobilienblase in Spanien) in den Griff bekamen ….
Das Ergebnis ist offenkundig, in vielen der neuen Mitgliedstaaten im Osten Europas boomt die Wirtschaft, wurden neue Fabriken/ Industrien aufgebaut, was in der Folge im Süden unterblieb …. Das ist nicht die Schuld der Deutschen – wenn man mal davon absieht dass Deutsche Autobauer lieber in der Slowakei fertigen lassen anstatt in Spanien oder Portugal – sondern die der Südländer, die es versäumt haben sich schnell genug auf die neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einzustellen. Das Problem war bekannt, wurde innerhalb der EU auch offen diskutiert, nur geschah nichts um es frühzeitig in den Griff zu bekommen.
Das mit Osteuropa als Produktionsstandort stimmt natürlich, allerdings ist Osteuropa auch in ähnlichem Maße zum Absatzmarkt geworden. Der größte Teil von Osteuropa ist bis heute noch nicht im Euro.
Spanien ist übrigens nach Deutschland der größte Produzent von Automobilen in Europa, über 2 Mio Stück pro Jahr. Die Zahl ist seit Einführung des Euros gewachsen. Spanien export 30% seines BIPs, das ist nicht wenig.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/spanien/schuldenkrise-autos-sind-spaniens-exportschlager-11828671.html
Schon ab der 2. Hälfte des 19. Jh. wurde Deutschland zur weltweit führenden Nation der industriellen Herstellung, eine Fortsetzung der Handwerkstradition. Nach der Losung «Die Briten sind Bastler, wir sind Ingenieure» eroberte sie mit hoher Fertigungsqualität und niedrigen Stückkosten einen Markt nach dem anderen. Der Konkurrenzneid Großbritanniens und Frankreichs war eine Hauptursache der Weltkriege, wobei Deutschland nach von Bismarck leider auch auf militärische Ausdehnung setzte. Nach 1970 beging Deutschland nicht den schweren Fehler der Anglo-Amerikaner, einseitig auf die Finanzbranche zu setzen. Sollte Deutschland morgen die D-Mark wieder einführen, hat es wirtschaftlich wenig zu fürchten.
Die Eurozone als geschlossene Wirtschaftszone zu betrachten wie das der Autor tendenziell macht ist jetzt schon falsch und wird immer fragwürdiger, entwickeln sich doch China und andere aufstrebende Länder zum Haupthandelspartner Deutschlands.
Ein Handelsüberschuss zwischen Deutschland und Spanien kann auch durch mehr Tourismus – mehr Deutsche machen in Spanien Ferien – ausgeglichen werden. Eventuell ist das eine der wenigen Ausgleichsmöglichkeiten wenn Spanien sonst keine Produkte produziert, die in Deutschland nachgefragt werden.
Wie der Autor gut begründet profitiert Deutschland vom tiefen Euro. Und die Euro-Abwertung wird durch die Schwäche der PIIGS-Länder ausgelöst. Das würde einen Finanztransfer, dessen berechtigte Höhe man noch berechnen müsste, von Deutschland zu den PIIGS-Ländern rechtfertigen. Interessant aber, dass die Schwäche der PIIGS-Länder Deutschland bis jetzt kaum in seiner Exportfähigkeit beeinträchtigt hat, obwohl die PIIGS-Länder jetzt wohl weniger deutsche Produkte importieren aus dem schlichten Grund weil sie sich nicht mehr leisten können. Der deutsche Export geht also verstärkt ins nichteuropäische Ausland.
Im übrigen begründet der Autor sehr gut, warum die innere Abwertung – die eigentlich notwendigen Lohnsenkung – für die PIIGS-Länder ein extrem schmerzhafter Prozess ist, der zudem ihr Defizit erhöht. Insgesamt liefert der Autor sehr viele gute Gründe für die Auflösung der Eurozone. Deutschland würde als eines der wenigen Länder darunter leiden. Das ist aber immer noch besser als die Marginalisierung aller PIIGS-Staaten.
@Martin: wenn Deutschland nicht alles falsch macht, dann würde es unter der Auflösung der Eurozone so sehr leiden wie die Schweiz unter ihrer Inselwährung in Kombination mit einer Exportwirtschaft leidet. Gibt schlimmere Szenarien 🙂
Der Euro und die falsche Risikowahrnehmung haben dazu geführt, dass sich das Kapital frei im Euroraum ausgebreitet hat. Zerbricht das System, flieht das Kapital weltweit in Richtung Deutschland als sicherer Hafen und große Volkswirtschaft. Die PIIGS können dann zwar billiger werden aber Investitionen werden schwer bleiben aufgrund hoher Zinsen, während Deutschland und seine Wirtschaft sich dauerhaft zu Niedrigzinsen finanzieren kann. Wie die Schweiz.
Der Kerngedanke hinter Herrn Diem Meier’s Kritik am FAZ-Kommentar sollte m.E. unbestritten sein: Deutschland hat eine tendenziell zu billige Währung (Durchschnitt aus starkem DE-Euro und schwachem IT/GR/ES/..-Euro). Seine Exportprodukte sind daher tendenziell zu billig, etwa im Vergleich zu Schweizer Ware gleicher Qualität. Die Exportüberschüsse sind daher wenigstens zum Teil auf Kosten schwacher EU-Länder, deren Währung umgekehrt zu teuer ist (ein Durchschnitt ist immer höher als der niedrigste Beitrag, wenn diese nicht alle gleich sind).
Übrigens: Die Ironie des Vergleichs mit China und seiner „unterbewerteten Währung“ scheint dem FAZ-Autor komplett entgangen zu sein…
leider beginnt die Grafik 1995. Sie zeigt nicht das die Deutsche Handelsbilanz vor 1990 positiv und zwischen 1991 und 2000 defizitär war. Hier handelt es sich ganz offensichtlich um einen Effekt der Wiedervereinigung. Man muß davon ausgehen dass ansonsten auch vor 2000 der deutsche Exportüberschuß erheblich höher gewesen wäre. Der Kurs des € gegenüber Yen, US Dollar und Renimbi wirkt sich sicher positiv auf den Exportüberschuß aus, hat aber keinen Einfluß auf die innereuropäischen Handelsbilanzen. Auch ein Blick auf die überaus negative Außenhandelsbilanz des Vereinigten Königreiches mit eigener Währung zeigt auf dass Produktinnovation, Bildungswesen, Infrastruktur, Produktivität/Automatisierungsgrad und gesetzliche Rahmenbedingungen die entscheidenden Faktoren für die Entwicklung von Wirtschaftsräumen (sofern keine Bodenschätze, Öl und Gas verfügbar sind) sind. Das erklärt die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und zeigt auf wo im Club Med, UK und USA nachgebessert werden muß. Die Diskussion um Wechselkurse leitet in die falsche Richtung.
Folge dem Geld!!! In welche Taschen fliessen die Gewinne aus den Exportüberschüssen? Kaum mehr in die der Angestellten. Ergo… der Konsum bleibt aus! Nicht nur die multilateralen Gleichgewichte sind gestört! Die Globalisierung führte kontinuierlich zu massiven Ungleichgewichten, die so einfach nicht mehr korrigierbar sein werden.
@Tina: Aus lokaler Sicht mag dies durchaus zutreffen, aus globaler Sicht wurden lediglich die bestehenden Ungleichgewichte zwischen Nordamerika/Europa/Japan und dem Rest der Welt nicht mehr negierbar.
Da Laender wie Griechenland nicht mehr abwerten koennen, werden die Ungleichgewichte immer groesser. Deutschland profitiert auch von einem schwachen Euro auf den Weltmaerkten. Der Euro ist langfristig nicht haltbar, solange Staaten mit solch unterschiedlichen Exportfaehigkeiten in einer Waehrungsunion sind.
Der archimedische Punkt ist der deutsche Lohnskandal. Seit ca. 15 Jahren weigert sich Deutschlands Besitzerkaste nach Vorbild der USA, die Angestellten weiterhin fair am Produktvitätszuwachs zu beteiligen. Hier und nur hier muss man ansetzen, um die Binnenwirtschaft/Gesellschaftsstrukturen/EU-Wirtschaftszone wieder ins Lot zu bringen.
Erwartungen, dass die Faz als neoliberale Systemstütze solche Einsichten hat oder gar vertritt, sind naiv.
Genau!
Weigerung der Besitzerkaste? In Deutschland herrscht nicht das vorrevolutionäre russische Feudalsystem. Wenn man der Ansicht ist, dass es Lohnsteigerungen hätte geben müssen bzw. geben muss, dann sollte man den Vorwurf eher den Gewerkschaften machen.
Haben Sie das Gefühl, dass sich das Zentralbüro der Arbeitgeber deutschlandweit verschworen hat, um die Löhne nicht zu erhöhen? Was ist mit Angebot und Nachfrage?
Die Nachfrage ist zT in die Schweiz abgewandert (v.a. höhere Qualifikation, daher tendenziell höhere Lohnforderung). Damit fehlen die „Lohntreiber“ auf dem Arbeitsmarkt, die höhere Forderungen stellen könnten und damit in der Tendenz das Lohnniveau heben würden. Ob das auch ein Grund ist, weshalb die EU so stark auf die PFZ pocht? Lohntreiber wandern ab (und — Zugabe!! — verteuern im Verhältnis den ausländischen Arbeitsmarkt, was deren Konkurrenzfähigkeit tendenziell senkt), während Lohndrücker (Arbeitgeber) im Inland (bzw EU-Raum) dann am leicht längeren Hebel sitzen. Weshalb sonst würde jemand auf einen Mechanismus pochen, der eine Abwanderung hochqualifizierter (und teuer ausgebildeter) Arbeitnehmer begünstigt? Nur so ein Gedanke…
Das überzeugt mich nicht ganz. Wenn ein deutscher Arzt in die Schweiz kommt, hat das wohl keinen grossen Einfluss auf den Lohn eines Arbeiters in der deutschen Maschinenindustrie. Wenn ein deutscher Maschinenarbeiter hingegen in die Schweiz kommt, erhöht er den Lohn der in D verbliebenen Maschinenarbeiter, da sich nun die gleichen Arbeitgeber um weniger Arbeiter streiten.
Und dass der Arzt hier in Deutschland den CH-Arbeitsmarkt verteuert, widerspricht allen Klagen, die man hierzulande über deutsche Fachkräfte immer hört.
Sie haben das weasel-word „tendenziell“ nicht bemerkt… 😉
Es sind ja aber nicht nur Ärzte, die abwandern, aber auch wenn es nur Ärzte wären, trügen auch die zu einem …ähem… „tendenziell“ … tieferen Global-Lohn-Niveau im Inland bei, wenn die abhauen. Ich möchte aber nicht darauf behaftet werden. Das war nur so ein Spontan-Kommentar.
…und zum zweiten Punkt: ich sagte „verteuern ‚im Verhältnis‘ “ und meinte das eher so wie in dem Witz vom Österreicher, der in die Schweiz kommt und so den IQ von Österreich hebt und den der Schweiz senkt, einfach mit Lohn statt IQ. Ich sollte vielleicht die Klappe halten… 😀
Immer wieder die selbe, selbstgefällige Leier des sogenannten Wirtschaftsblogs. Der Grundfehler von Herrn Diem Meier ist, daß er den FAZ-Artikel nur unter dem Dach der Eurozone zerpflückt, worauf dieser sich nicht ausschließlich bezog. Die deutsche Exportwirtschaft exportiert in die Eurozone zu zwischen 50 und 60 Prozent, wobei in dieser Eurozone eben auch noch andere als die schwachen Südländer sind. Der Rest, also fast die Hälfte, wird in Nicht-Euro-Länder exportiert, und dieser Anteil steigt weiter – aus gutem Grund, denn die dt. Exprotwirtschaft ist sich der Gefahr wohl bewußt, daß mit sich abschwächender Kaufkraft der Südländer Alternativen stärker beackert werden müssen – gerade ein Zeichen, wie stark die Exportindustrie ist, sie sucht sich ihre Märkte.
Auch ist es falsch, daß die Binnennachfrage zurückgeht, das Gegenteil ist der Fall. Natürlich kann die Binnennachfrage nicht beliebig steigen, Deutschland ist nunmal zu klein, um hier ein Gleichgewicht mit den Exporten herzustellen. Der Ruf nach höherer Inflation ist zu billig, Deutschland will (auch aus historischen Gründen, die man nicht einfach ignorieren kann) alles außer höherer Inflation.
Die Südländer haben DANK Euro und billiger Kredite eben nicht in ihre Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit investiert, sondern kurzfristige Booms und Konsum finanziert, allenfalls noch aufgeblähte und ineffiziente Verwaltungen, Beamtenapparat und Frührenten. Verlogen, jetzt via EZB nach mehr Solidarität zu schreien. Das ist Fakt, wie oft will man hier noch daran vorbei argumentieren. Hätten sie eigene Währungen, könnten sie abwerten, schön, aber wettbewerbsfähiger würden sie dadurch noch immer nicht, sie waren es gegenüber Deutschland schon vor dem Euro nicht.
Der Euro ist eine politische Kreatur, mit allen Fehlern und schlechten Entwicklungen, die kaum abzustreiten sind. Die Probleme müssen aber dann auch auf politischer Ebene gelöst werden. Währenddessen soll die deutsche Exportindustrie schön weiter schaffen und exportieren – es ist schlicht nicht ihr Problem. Denn das Problem ist m.E. sehr wohl verstanden, kein Wirtschaftsführer, egal ob in DE oder ES, IT, GR u.s.w. kann so viel beschönigen, verschleiern, abstreiten und lügen wie es Politiker bezüglich des Euro tun. Und keine exportorientierte Firma ist gesetzlich verpflichtet, nur in der Eurozone aktiv zu sein.
Warum wußten die exportorientierten Unternehmen in Deutschland, daß Lohnzurückhaltung die Exporte nur beflügelt und bei Gedeihen der Wirtschaft die Binnennachfrage ebenfalls steigt, während nicht wettbewerbsfähige Unternehmen in den schwachen Ländern kräftig die Löhne erhöht haben? Ersterer Weg ist der sicher langsamere, dafür nachhaltigere Weg, nicht irgendwelche künstlichen Maßnahmen auf Pump.
@ Martin
Guter Kommentar.
Vor der Einführung des EURO, lag das Zinsniveau in den südeuropäischen Staaten deutlich höher als z.B. in Deutschland. Man könnte ja auch die Frage stellen, wer und aufgrund welcher Analyse den suedlichen Staaten günstiges Geld zur Verfügung stellte. Waren es nicht die Institute der Finanzindustrie, welche offensichtlich (ähnlich wie bei der Immo-Blase in den USA) fahrlässig handelten in der Vergabe von Krediten?
Die Tatsache, dass diese Staaten eine nicht nachhaltige Wirtschaftspolitik verfolgten, muesste doch jedem Ökonomen (auch jenen in den Banken) eingeleuchtet haben. Wenn wir also die Angelegenheit auf geldpolitischer Ebene betrachten, muessen wir unweigerlich zum Schluss kommen, dass die auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtete Finanzindustrie Kreditvolumina in diesen Ländern schuf, welche massiv über dem Wirtschaftswachstum lagen und damit jede Nachhaltigkeit vermissen liess. Der Bezug auf die Kreditbewertung der Agenturen wie Moody’s oder S&P sind fehl am Platz, sondern beweisen einzig, dass diese Institute die Funktion eines Feigenblattes für die Unzulänglichkeit im Bereiche der Sorgfalt bei Kreditvergabe der Banken einnehmen.
Der Ruf von Ökonomen, dass Deutschland sich heute in der Form von höherem Konsum ebenfalls verantwortungslos Verschulden soll, ist aus diesen Gründen sehr suspekt und man könnte sich Fragen, ob diese Meinung nicht auch durch die Banken-Lobby zumindest gefördert wird.
Das Grundproblem, welches mit in diese Analyse fliessen muss, besteht in den nicht nachhaltigen Kreditvolumen, welche sich zu reduzieren haben. Bis anhin wird dieser Aspekt nicht in jeder Analyse mit einbezogen, was oft zu Fehlschlüssen führt. Die weitere Ausdehnung der allgemeinen Kreditblase durch zusätzliche Kredite ist ein verzweifelter Versuch den Status Quo zu verteidigen. Die einzig wirkliche Lösung besteht darin, dass ein grosser Teil der fahrlässig gewährten Kredite abgeschrieben wird und dass Länder wieder lernen, einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu führen. Zusätzlich muessen die Zentralbanken das Wachstum des Kreditvolumens im System an das Wirtschaftswachstum koppeln, um eine Wiederholung solcher Miseren zu vermeiden. Da diese Massnahmen gegen die Interessen der Banken laufen, werden sie bis heute nicht in Erwägung gezogen.
@ Linus Huber:
Langfristig gesehen habe Sie völlig recht.
Das Problem an der Sache ist jedoch, dass jeder Kredit zugleich ein Guthaben darstellt. Die hohe Verschuldung eines Teils der GIIPS-Länder bedingte das Auftürmen hoher Auslandsvermögen durch Staaten mit Leistungsbilanzüberschüssen (v.a. Deutschland). In den GIIPS-Ländern befinden sich die faulen Kredite hauptsächlich in den Büchern der Banken. Die Banken kaufen GIIPS-Staatsanleihen, um diese als Sicherheiten bei der EZB zu hinterlegen. Die Staaten sind darauf angewiesen, dass die heimischen Banken ihre Anleihen kaufen. Gleichzeitig sind viele Banken ohne staatlichen Bailout nicht überlebensfähig. Für über einen Viertel der EZB-Kredite haftet die Bundesbank (sofern keine GIIPS-Staaten als Bürgen ausfallen), dazu kommt noch die Haftung Deutschlands für EFSF/ESM-Kredite sowie die Exposure der TBTF-Banken gegenüber den GIIPS-Staaten. Massive Abschreibungen würden deshalb höchstwahrscheinlich Deutschland hart treffen.
Auch ist nicht einleuchtend, wie die GIIPS-Staaten innerhalb der Euro-Zone Leistungsbilanzüberschüsse (= Entschuldung) erzielen sollen, wenn Deutschland nicht das Gegenteil tut. Zudem frage ich mich, ob es eine kluge Strategie Deutschlands ist, unsichere Guthaben gegenüber GIIPS-Staaten aufzubauen, indem man auf realen Konsum verzichtet. Wobei andererseits immer wieder betont werden muss, dass ein Staat kein Individuum ist – dass Deutschland Kapital exportiert bzw. spart ist die Folge von Billionen von Einzelentscheidungen.
Zur Kreditvergabe: Es ist äusserst schwierig, in einem sehr heterogenen Währungsraum via Geldpolitik eine übermässige Kreditvergabe zu verhindern. Durch die Einführung der Euro-Zone wurde ja gerade auf nationale Geldpolitiken verzichtet. Nationalen Notenbanken und Bankenaufsichten haben zudem oftmals kaum Anreize, exzessive Kreditvergabe einzudämmen – schliesslich wird dadurch die Wirtschaft angekurbelt. Übertreibungen wurden und werden immer wieder rationalisiert (siehe „This Time is Different“ von Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff).
@ Stefan
Ich verstehe Ihre Einwände sehr gut und der Glaube an eine schmerzlose Lösung ist noch immer weit verbreitet. Es erinnert mich an den Alkoholiker, welcher all die negativen Konsequenzen einer Entziehungskur schildert.
Die Frage besteht nicht darin, ob wir Schmerzen verspüren werden, sondern darin, wie diese gesellschaftlich verteilt werden. Die Kaufkraft des Durchschnittsbürgers in der westlichen Welt wird auf jeden Fall negativ beeinflusst werden, welchen Weg wir auch einschlagen.
Aber bevor wir zu jenem Punkt kommen, muss sich die Erkenntnis bei den Entscheidungsträgern durchsetzen, dass die Verschleppungstaktiken mehr Schäden als positive Resultate erzeugen und dass die Zentralbanker ihre verfehlte Geldpolitik anerkennen und dem Wachstum der Kreditmenge im System die entsprechende Gewichtung geben bei ihren Entscheiden.
Die gegenwärtigen Massnahme sind diametral entgegengesetzt zu einer erfolgreichen Lösung des Problems. Es gibt verschiedene Wege das Problem zu lösen, aber alle sollten folgende Aspekte verfolgen:
1. Reduktion des Kreditvolumens und damit des Einflusses der Banken
2. Stärkung der marktwirtschaftlichen Regeln indem nachhaltiges Verhalten sich lohnen muss und spekulatives auf kurze Gewinnmaximierung ausgerichtetes Verhalten Verluste produziert.
3. Rechtsstaatlichkeit ist ein extrem wichtiger Wert für den Erfolg einer Gesellschaft und muss gestärkt werden, indem sichergestellt wird, dass gesellschaft-schaedliches Verhalten der verschiedenen Akteure negative Konsequenzen nach sich zieht.
4. Eine Lösung muss medienmaessig aufgearbeitet werden, womit sie auf demokratischer Basis akzeptiert werden kann. Fairness gegenüber sämtlichen Bevölkerungsschichten sowie die Sicherstellung, dass vergangene risikolose Bereicherung eines Teils der Elite rückwirkend zurückgefordert werden, helfen einer möglichen Lösung, welche dadurch durch demokratische Kräfte unterstützt werden dürfte.
Ich erkläre Ihnen oben nur einige Gedanken, welche mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kommen und, da eh verfrüht, beanspruche keinesfalls Vollständigkeit in diesem Kommentar.
Die Entscheidungsträger werden erst zu dieser Einsicht gelangen, nachdem alle andern Massnahmen fehlschlugen. Leider.
Wenn man den steigenden Target2-Saldo der Deutschen anschaut, muss man unweigerlich zu der Ansicht kommen, dass der hohe Überschuss im Aussenhandel nichts bringt. Dieser wurde durch Lohnverzicht erreicht, bringt den Deutschen aber nichts, da die exportierten Waren am Ende nicht bezahlt werden. Aus meiner Sicht wäre es für Deutschland und die EU besser, wenn sie die Löhne in Deutschland steigen lassen würden, damit den Konsum in Deutschland ankurbeln, dafür aber nur soviel exportieren, wie am Schluss auch bezahlt wird. Denn im Moment haben die Deutschen trotz Rekordüberschüssen, einer für Deutschland optimal tief bewerteten Währung und rekordtiefen Zinsen für deutsche Staatsanleihen immer noch keinen Ausgeglichen Staatshaushalt.
Der Beitrag von Markus Diem Meier erhellt zusammen mit dem Kommentar von Anh Toan vor allem eines: Das Geflecht der (Welt-)Wirtschaft ist weitaus komplexer, als es in den meisten Untersuchungen und Betrachtungen angenommen wird. Am Beispiel hier: Die FAZ lässt den Einfluss der Waehrungsunion weg, MDM korrigiert und kommt zu anderen Schlüssen. Anh verweist auf Anomalitaeten am Beispiel CH und belegt damit weitere Einflussfaktoren, welche MDM ausgeblendet hatte.
Natürlich führt es ins Elend, wenn Leute (Politiker, Manager) an Zeug rumpfuschen, das sie nicht richtig verstehen. Das zeigt die aktuelle Krise in jeder unerwünschten Deutlichkeit. Mit der selektiven Betrachtung von einzelnen Teilen aus einem Geflecht kommt man nur auf Abwege. Doch was tun, wenn die Situation zu komplex ist für Mutti’s Hausverstand?
Die moderne Systemtheorie hat ein recht gutes Verständnis für solche komplexen Systeme, d.h. fuer Systeme, welche nicht nur aus sehr vielen Elementen und sehr vielen Beziehungen bestehen, sondern deren Beziehungen sich auch noch ständig ändern und die oft rekursiv auf sich selbst zurückwirken – wie zB in einer offenen Volkswirtschaft.
Die Systemtheorie sagt zB dass man komplexe Systeme nie wirklich „managen“ kann, dass man sie aber beeinflussen kann. Ferner sagt die Systemtheorie, dass die „weichen“ Faktoren wie zB die Firmenkultur, Geschaeftsusanzen, Überzeugungen etc viel Grössere Wirkung haben, als „konkrete“ Massnahmen wie eine Lohnkürzung.
Ein auf den systemtheoretischen Grundlagen basiertes Management hat einen grossen Nachteil: Die Rolle des Chefs, sei das der CEO oder der Bundeskanzler, ist sehr bescheiden. Da man an einem komplexen System nichts wirklich „machen“, sondern eben nur vorsichtig beeinflussen kann, ist der Chef eben nicht der grosse Macher, der Held, der das Ungeheuer (die Krise) dank seiner Kraft und Raffinesse besiegt, sondern eher ein Medizinmann, der andere Kräfte auf den Plan ruft, und an der Problemlösung selbst scheinbar unbeteiligt ist.
Diese bescheidene Rolle kollidiert leider mit dem heute gepflegten Selbstbildnis der Top-Shots in Wirtschaft und Politik. Die Chefs sehen sich als grosse Macker, die mit beherztem Griff die Probleme eigenhändig lösen. Das tun sie leider auch dann, wenn sie weder die Folgen ihres Tuns, noch die unvermeidlichen 2. und 3.Rundeneffekte auch nur annähernd überblicken können.
In diesem Sinne muss ich MDM auch kritisieren, weil er das völlig naive Weltbild der FAZ zwar um einige Faktoren erweitert, selber aber auch so tut, wie wenn mit seinem (immer noch viel zu banalen) Modell die Wirtschaft verstehen könnte. Auch MDM bleibt damit letztlich in einer reduktionistisch-mechanischen Weltsicht gefangen, die glaubt, durch Analyse der Einzelteile das Gesamte zu verstehen. Welch ein verheerender Irrtum.
Hayek wäre stolz auf Sie. (Positiv gemeint.)
Der beste Kommentar des ganzen Blogs.
Der deutsche Exportüberschuss bedeutet nicht nur, dass das Land unter seinen Verhältnissen lebt (also auf Konsum verzichtet), sondern auch dass Forderungen im Ausland aufgebaut werden, letztlich Anteile am Produktionsvermögen in diesen Ländern. Dies ist wichtig im Hinblick auf die Altersstruktur in Deutschland. Immer weniger Beschäftigte müssen einen wachsenden Anteil an Rentnern versorgen. Man könnte sagen, dass Deutschland momentan auf Konsum verzichtet, diesen jedoch für später anspart.
Funktioniert natürlich nur, wenn die Volkswirtschaften, die den deutschen Konsum der Zukunft erwirtschaften sollen, bis dahin nicht alle kaputtgehen.
@ Achim
Guter Hinweis. Die Kraft der demographischen Entwicklung ist ein nicht zu vernachlässigender Aspekt, welcher oft nicht in solchen Analysen berücksichtigt wird. Tendenziell verändert respektive reduziert sich das Konsumverhalten im Alter (abgesehen von Gesundheitskosten). Ebenfalls reduziert sich der Bedarf an Wohnfläche und Mobilität im Allgemeinen.
Dieser Artikel erinnert mich stark an die Oberseminare während meiner Studienzeit: Lehrbuchökonomie, die sich nicht die Mühe macht, die tatsächlichen Gegebenheiten genau zu analysieren. Spanien leidet an einer Immobilienkrise, die im Kern eine Bankenkrise ist und mit dem Euro allenfalls indirekt (Zinsniveau!) etwas zu tun hat. Wenn der Autor die Struktur der deutschen Exporte analysiert hätte, wüsste er auch, dass mehr als 50% der Exporte in die hoch kompetitiven Märkte in Asien und Amerika gehen. Der weltweite Wettbewerb auf diesen Märkten ist zu einem guten Teil nicht ein Preiswettbewerb sondern ein Wettbewerb, der auf Faktoren wie Innovation, Technologie und Finanzkraft beruht. Die Wettbewerbsfähigkeit in diesen Märkten aufs Spiel zu setzen wäre für Deutschland geradezu hoch fahrlässig.
Eine Frage zum zitierten FT-Artikel: Wenn der deutsche Konsument weiterhin so sparsam ist, heisst das nicht, dass dann mehr Geld für Investitionen übrig ist? Wird nicthUnd würde Inflation nicht bedeuten, dass der Anreiz, sein Geld zu investieren, noch tiefer wäre? Dass Nachfrage/Konsum allein der wichtigste Faktor sei, ist doch ein überholter alter keynesianischer Hut, oder nicht?
So viel ich weiss, ist es sinnvoll, während Inflation zu investieren, da das Geld dann ja an Kaufkraft verliert. Wenn der Deutsche Konsument spart, bleibt für die Firmen im Endeffekt weniger Geld um zu investieren.
Da blick ich nicht ganz durch. Wenn ich weiss, dass mein Geld an Wert verliert, geb ichs doch lieber für ein Auto aus, als es an jemanden auszuleihen, der mir inflationsbereinigt weniger Geld zurückgeben wird. Wenn ich spare, tu ichs Geld aufs Konto, wo es dann von der Bank für Investitionen genutzt wird.
@John Peer: Selbst wenn Sie mit Bargeld sparen, leihen Sie Ihr Geld der Notenbank, also letztendlich dem Staat, der es investiert oder schon investiert hat. Sparen und Investition sind eine Identität, @Baer: Danke!
Herzlichen Dank für diesen profunden Beitrag.
Ich bin jedoch nicht einverstanden, dass der Handesbilanzüberschuss Deutschlands primär auf Kosten der südlichen Euroländer einhergeht. Natürlich macht dies obige Grafik (blaue und rote Linie) uns glauben. Wenn wir jedoch die Struktur der Euro-Schuldenkrise analysieren, importieren südliche EU-Länder nicht mehr von Deutschland als vor der Krise, sondern sogar weniger! Weil sie sich gerade in einer Rezession befinden. Der Abschwung des Südens und der Aufschwung der Exportnation Deutschland (und mit ihr die Zulieferer in der Schweiz) ist nur eine Gleichzeitigkeit – keine Ursächlichkeit. Tatsächlich besteht der Erfolg des aktuellen Wirtschaftshochs im tiefen Euro und geht primär nach Asien und andernorts in Übersee. Dank dem tiefen Euro werden Deutsche Wertartikel zu einem sensationell günstigen Preis produziert.
Im Euroraum hingegen ist es so, dass Güter aus Deutschland zum gleichen Preis wie vor der Krise gekauft werden können. Das mag schlecht sein für die einheimische Industrie in den Krisenländern, denn so können sie nicht abwerten und noch tiefer gehen. Das Verhältnis der Preise innerhalb des Euroraums hat sich aber überhaupt nicht verändert. Hingegen wurden viele Importgüter ausserhalb des Euroraums (Asien und USA) wesentlich teurer, was selber wieder den Krisenländern nützt.
Am Schluss ist es dann auch wieder Deutschland, das die Hauptkosten des EU-Krisenmanagements bezahlen muss.
Alles in allem ist deshalb der kräftige Handesbilanzüberschuss Deutschlands nicht das grösste Problem Europas.
Zu einem Gedanken, den ich mir schon gemacht habe, wurde kaum diskutiert bisher:
Man spricht immer von der deutschen Wirtschaft, wie leistungsfähig und stark sie ist und dass sie so riesige Exportüberschüsse macht. Natürlich ist sie stärker als die Wirtschaft in den Südländern. Aber es ist doch sicher zu einem Teil so, dass die Exportüberschüsse einfach daher stammen, dass D durch den für sie zu schwachen Euro viel günstiger ist als Spanien, Spanien nicht ausgleichen kann, technisch aber schon in der Lage wäre, gleichwertige Produkte zu liefern.
Beruhen die D-Exportüberschüsse nicht daher, dass D (überspitzt gesagt) den „Ramsch“ liefert, den auch Spanien könnte?
Und dass sich dadurch eine Selbstgefälligkeit einstellt, dass Konkurrenz nicht vorhanden ist und so die Innovation ausbleibt?
Dass D „Massenprodukte“ herstellt und die Entwicklung technisch hochstehender, „besserer“ Produkte auf der Strekce bleibt?
Dass dies eigentlich auch ein Wachstum ist, das auf Sand gebaut ist?
Und dassdie deutsche Bevölkerung für ihre guten Produkte, die sie herstellt, viel zu tief entschädigt wird?
Würde mich freuen, wenn jemand meine Fragen aufnimmt und mir Antworten liefert…
Die Exportüberschüsse von D haben verschiedene Gründe: Seit den 90er stiegen die Löhne fast nicht mehr, also hat D an Konkurrenzfähigkeit gewonnen. Stagnierende Löhne führen zu stagnierendem Konsum (schwacher Binnenmarkt) was wiederum zu weniger Importen führt. D liefert keinen „Ramsch“ das alles kommt aus Asien, die hochwertigen Produkte blieben keinesfalls auf der Strecke, von Selbstgefälligkeit kann keine Rede sein, denn aufgrund des schwachen Binnenmarktes drängen immer mehr Firmen auf den Exportmarkt.. Durch den Euro war Deutschland vor Aufwertung geschützt. Exporte sind immer etwas auf Sand gebaut, wenn der Importeur ein Problem hat gehen sie zurück.
Spanien ist kein typisches Exportland, die Exportquote liegt etwa bei 50% eines typischen Exportland. Die Industrie lebt vorallem vom Binnenmarkt (das ist z.T. noch ein Erbe aus der isolationistischen Franco Zeit). Das Land ist stark auf die Bauwirtschaft, Tourismus und Agrarwirtschaft ausgerichtet. Der erste Pfeiler brach nun weg und der 3. ist auch nicht zukunftsträchtig. Die Löhne stiegen schneller als die Produktivität. Spanien hat sich im Gegensatz zu Deutschland nicht auf den € eingestellt. Aber Spanien wird nie ein Ort für Billigproduktion werden, die haben gar nicht die Infrastruktur dazu.
„technisch aber schon in der Lage wäre, gleichwertige Produkte zu liefern.“ Nein. Spaniens Industrie ist nicht in der Lage die Hightech-Produkte zu liefern, die Deutschland’s KMUs und Konzerne in alle Welt lieferen.
@Stefan Schmid:
Der „Ramsch“ der früher in Italien & Co. produziert wurde, wird heute in Asien produziert. (In den 70ern stand Fiat für „Fehler in allen Teilen“)
Auf den Weltmärkten konkurriert Asien mit Italien & Co, Deutschland mit USA, Japan etc.
Ich habe auf http://www.asien-auf-einen-blick.de/china-vr/export.php Zahlen gefunden, gemäss denen Deutschland 2010 mit China eine ausgeglichene Handelsbilanz hatte (5.3% der Importe Chinas sollen aus Deutschland stammen, jedoch nur 4.3% der Exporte Chinas, nach Deutschland gehen, die höhere Basiszahl der China exporte wird durch die tiefere Prozentzahl etwa ausgeglichen). So tief, die Konkurrenzfähigkeit Deutschlands mit China zu erklären, sind die deutschen Löhne nicht, Deutschland und China sind nicht Konkurrenten, darum hat Deutschland eine ausgeglichene Handelsbilanz mit China.
Die Betrachtung der europäischen Volkswirtschaft aus rein binnenmarktlicher Sicht ist unvollständig.
@ Wetter, Toan.
Das Wort „Ramsch“ war wohl schon etwas gar provozierend. Ich meine damit eher Produkte, die hochwertig und gut sind, aber nicht auf Spitzenniveau. Produkte also, die bewährt, aber nicht hochinnovativ sind.
Und eben, meine Frage ist, ob Deutschland nicht sehr viele solcher Produkte produziert, welche in Spanien selbst produzieren würde, wenn sie eine eigene Währung hätten, und diese abwerten würden? Denken sie nicht, dass dies so ist?
Und dass die Firmen dadurch genügend Aufträge haben und gar nicht besser werden müssen, da die Auftragsbücher ja gefüllt sind…
@Stefan Schmid:
Eine italienische Wirtschaft mit schwacher Währung wäre keine Konkurrenz für
– den Finanzplatz Frankfurt, die Deutsche Bank, Münchner Rück & Co., die würden eher zumindest kurzfristig und relativ, gewinnen.
– für BMW, Mercedes, VW (mit Audi und Porsche einerseits und Seat und Skoda andrerseits hat am meisten Optionen)
– für Siemens, SAP & Co.
– die vielen KMU die in Spezailgebieten für Produkte, die z.B. Siemens an „Konsumenten* verkaufen könnte, erfolgreich tätig sind.
– im Detailhandel oder Gastronomie hat ein ausländischer Investor kaum Kostenvorteile auf Grund seiner schwachen Heimwährung, und Kapitalverkehrskontrollen werden wohl versuchen, entsprechende Investitionen im Ausland zu verhindern)
– die Tourismusdestination Deutschlands: Wer freiwillig Sommerferien an Nord- oder Ostsee verbringt (nahtlos Gänsehaut), lässt sich auch mit einem Preis nicht nach Griechenland oder Italien locken, dem hat es dort zuviel Ausland.
Die Währung Italiens müsste so schwach sein, dass die Wirtschaft mit den Schwellenländer konkurrieren könnte. (Monatslohn 500-1’000 USD, nicht Euro). In ein die Lira wieder einführendes Italien, würde kaum viel Investitionskapital fliessen, man müsste im Gegenteil Kapitalflucht verhindern. Man müsste also schnell eine weltmarktfähige Wirtschaft mit geringem Investitionsbedarf entwickeln. Damit konkurriert man aber direkt mit den Schwellenländern. Beispiel: Eine neues italienisches Autoventure kauft die Rechte am Golf Vorgängermodell mit den ganzen Produktionsanlagen, Mustern und Modellen (braucht viel weniger Kapital als selbe entwickeln) und produziert mit tiefen Löhnen Autos für Indien, Brasilien und China. Die werden diese Autos dann aber nicht ohne Zölle ins Land lassen…., ich habe sogar Zweifel, dass dies erfolgversprechend ist.
Das geht wohl etwas daneben. Italien ist sicherlich kein Schwellenland. Das Land erwirtschaftet einen Primärüberschuss und hat eine fast ausgeglichene Handelsbilanz, gerade mit Deutschland. Die Probleme von Italien sind der hohe Schuldenstand, hervorgerufen durch den schwachen Süden und der schlechten Regierung. Bereits zum Start des Euros waren die Schulden Italiens exorbitant.
Griechenland fehlt das Geschäftsmodell, Spanien hat massive Probleme im Bankensektor aber Italien steht nicht schlecht da.
@Achim Haase: Da gebe ich Ihnen absolut recht, ich widerspreche nur der Aussage, Italiens Wirtschaft würde es mit einer schwachen Lira besser gehen. Stefan Schmid spricht von den Südländern, wenn dies nicht Italien oder Spanien ist, dessen Situation ohnehin besonders ist, bleiben nur Portugal und Griechenland. Griechenland ist nochmal was eigenes, also reden wir von Portugal?
Und da ich gerade bei Portugal bin. Die Kurse der portugiesischen Staatsanleihen setzen ihren Aufwärtstrend fort. Warum? Die sind doch dem Untergang geweiht im Euro.
@Anh: Portugal? Good Governance. Die reißen sich zusammen, konsolidieren ihren Haushalt, setzen Reformen um, etc. Vielleicht wird Portugal uns zeigen, dass Austerität tatsächlich funktioniert. Im Vergleich zu Deutschland hat Portugal nach wie vor einen großen Lohnkostenvorteil und im Vergleich zu Spanien keine Immobilienblase mit daraus folgender Bankenmalaise. Dazu kommt noch, dass Spaniens Regierung zwar fest im Sattel sitzt, der spanische Föderalismus mit den autonomen Regionen jedoch teilweise in Opposition zur Zentralregierung steht.
Die Bondyields spiegeln Vertrauen wider. Spanien hat gezeigt, dass sie ihr Land nicht im Griff haben. Die Wahrheit wurde vertuscht und kam scheibchenweise ans Licht. Erst war alles OK, dann war Bankia über Nacht Pleite. So etwas mögen Investoren nicht. In Portugal war die Nachrichtenlage sehr stabil in den letzten Monaten. Zusagen und Prognosen sind eingehalten worden. Das Kapital ist ein scheues Reh und wenn es auf der Lichtung eine Zeit lang ruhig ist, kommt das Reh wieder aus dem Gebüsch.
@Achim Hase: Ich sehe Portugal etwa wie Sie, will eigentlich dagegen protestieren, dass selbst in diesem Blog von den Medien laufend Untergangsstimmung verbreitet wird. Niemand schreibt, tönt oder zeigt Portugal. Aber ich sehe die Kurse deren Staatsanleihen steigen.
Stefan, die Lohnstückkosten in Deutschland sind zwar im EU-Vergleich am geringsten gewachsen in den letzten Jahren, jedoch nach wie vor eine der höchsten weltweit. Mit Ramsch ist Deutschland also sicherlich nicht konkurrenzfähig.
Worauf Du wahrscheinlich anspielst, ist der Fakt, dass das hoch entwickelte Deutschland erstaunlich stark bei der Produktion von Massengütern ist und nicht nur bei Hochtechnologie. Das liegt an der hohen Automatisierung und damit der Produktivität. Wenn die Massenproduktion komplett maschinell erfolgt, benötigt man wenig Arbeitskraft. Bei den für die Massenproduktion notwendigen Maschinen ist Deutschland traditionell sehr stark.
@Achim: Ich frage mich einfach: Angenommen, der Euro crasht (muss aktuell durchaus als eine realistische Möglichkeit angesehen werden). Die neue D-Mark wird sich aufwerten, das heisst die Südländer können selbst billiger produzieren und werden weniger importieren, da zu teuer.
Deutschland muss dann entweder Kosten senken, oder halt wirklich Spitzenprodukte herstellen, Produkte, welche die Südländer nicht herstellen können.
Ist Deutschland auch bereit, mit solchen veränderten Bedingungen zurecht zu kommen? Sie sagen ja… Ich weiss es nicht
@Schmid: Wenn die ensprechende Industrie vorhanden ist kann Abwertung helfen. Aber es ist nicht so dass neue Firmen bei Abwertung spriessen wie Pflanzen nach dem Regen. Zudem steigt bei Abwertung die Inflation und dem muss mit Zinserhöhungen begegnet werden was die Wirtschaft bremst. Abwertung ist eine Art Strukturerhaltung deshalb wird z.B. in Italien viel veraltetes Zeugs produziert und ich weiss die können auch anders. Ich war an einer Messe für Werkzeugmaschinen, da stellten gegen ein Dutzend Hersteller Bügelsägen aus, weiss nicht wie die überleben.
Zu Deutschland: Eine zu erwartende Aufwertung von 30% würde den Export abwürgen, die Binnenwirtschaft ist eh schon schwach, es würde zu einer langanhaltenden Rezession kommen. Wenn Sie wissen wollen was nach einem Euro Crash sein wird studieren Sie die 90er Jahre nach dem ECU Crash und rechnen Sie damit dass es viel schlimmer wir als damals. Aber um eine Idee zu bekommen; wir waren damals von 92-97 praktisch dauernd in der Rezession mit entsprechenden Arbeitslosenzahlen. Ich möchte das nicht noch einmal erleben.
Ihre Aussage ist total falsch: „Den Ländern mit Überschüssen müssen zwingend andere Länder gegenüberstehen, die Defizite verzeichnen.“ Das ist völliger Stuss!
Wenn Brasilien die halbe Welt ernährt mit Soja, das sie auf Ihrem Land anbaut, und mit Rohstoffen, die sie abbauen, und anschliessend mit dem erwitschafteten Geld Ausrüstungsgüter und Maschinen in Deutschland kauft, dann ist das genau nicht so wie sie behaupten!
Dann stehen auf beiden Seiten Länder gegenüber die eine positive Leistungsbilanz haben. 1+1=2!!
Das Problem entsteht erst dann, wenn Brasilien Güter kaufen würde, die nicht Ihre Produktivität verbessert, sondern die nur Konsumgüter sind, oder wenn sie den Staatsapparat noch weiter aufblähen, mit den Überschüssen die sie produzieren. (Was sie leider tun)
Wenn Braslien mit dem Sojageld deutsche Maschinen kauft, dann haben sie per Definition keinen Überschuss, sondern eine ausgeglichene Handelsbilanz 🙂
Findet kein Handel zum Ausgleich statt, so geht es über die Kapitalbilanz. Bestes Beispiel sind die USA, die Kapital importieren zum Ausgleich ihres chronischen Handelsbilanzdefizits.
Blödsinn!!
Wenn Brasilien doppelt soviel Soja (Wert) wie verkauft wie Maschinen (Wert) importiert, dann bedeutet das einen Überschuss!!
Wenn Brasilien doppelt soviel Maschinen (Wert) importiert wie Soja (Wert) verkauft , dann bedeutet das einen Defizit!
Das Argument das sagt dass “Den Ländern mit Überschüssen müssen zwingend andere Länder gegenüberstehen, die Defizite verzeichnen.” stimmt immer noch nicht!
Natürlich stimmt es, Bilanzen haben die Eigenschaft, dass sich in der Summe alles per Definition ausgleicht. Hat ein Land ein Ungleichgewicht in seiner Leistungsbilanz, dann ändert sich erstmal der Wert seiner Währung. Im Euroraum sind das die TARGET2-Salden. Die USA gleichen ihre Defizite in der Handelsbilanz durch Import von Kapital aus. Wie man sieht, kann dies über einen längere Zeitraum funktionieren. Nur wehe wenn plötzlich alle zur Ansicht kommen, dass die im Rahmen des Kapitalimports erworbenen Vermögenstitel (sprich US Treasuries) nicht mehr werthaltig sind…
Lassen sie mal die doppelte Buchhaltung beiseite, die brauchen wir dann wieder wenn wir die Käufe und Verkäufe verbuchen.
Aussenhandel und Volkswirtschaft haben zunächst nichts mit doppelter Buchhaltung zu tun!
Die Aussage dass in einem Handel immer einer der etwas verkauft ein Defizit beim anderen auslöst, ist totaler Stuss.
Wenn sie Ihre doppelte Buchhaltung betrachten, dann ist ein Kauf eines Autos ja nichts weiter als ein Tausch des Autos gegen Geld! Und hat auf die Erfolgsrechnung keinen Einfluss! Das Geld geht beim Aktivkonto (Bank) raus und beim Aktivkonto (z. B: Mobilien) geht die Ware (Auto) rein! Fr.0.- Verlust und Fr. 0.- Gewinn. Der Kaugf eines Fahrzeuges beispielsweise ist nicht relevant für die Erfolgsrechnung, weil der Gegenwert des Geldes das ich aus der Bank genommen habe nun im Auto steckt!
Wenn ich aber etwas produziere, schaffe ich Mehrwert und Gewinn, falls ich es gewinnbringend verkaufen kann.!Wenn ich für mich Mehrwert schaffe dann wird deshalb niemand ärmer!
Wenn ich eine Apfelplantage habe und die Früchte nicht ernte und nicht vermarkte, muss ich einen Kredit aufnehmen um meine Lebenshaltungskosten zu decken, dann lebe ich über meine Verhältnisse und so wird niemand reicher werden! Ernte ich die Äpfel und vermarkte sie, dann bleibt für mich etwas übrig, was mich reicher macht als zuvor, aber deshalb wird niemand ärmer werden!
Auch Sie betreiben doppelte Buchhaltung, wenn Sie auf beiden Seiten Autos gegen Geld aufrechnen, nur leider nicht mit der nötigen Konsequenz. Die Aussage, dass die Summe der Bücher immer 0 ergibt ist trivial. Was Sie allerdings nicht beantworten, ist die Frage, woher das Geld für das Auto ursprünglich kommt. Der Verweis auf ein Bankkonto verschiebt die Begründung einfach auf eine andere Entität, die in Ihrer Erzählung nicht erwähnt wird. Und ob Autos nun von Menschen gemacht werden oder auf Bäumen wachsen (wie die Äpfel) ist für die monetäre Seite der Geschichte vorerst irrelevant. Dies ist ein logischer Fehler – und leider einer, von dem viel schlechte (Makro)Ökonomie ausgeht.
Herr Baumann, Sie haben das 1×1 der Buchhaltung noch nicht begriffen. Der Überschuss des Einen ist das Defizit des Anderen, punkt! In Ihrem 1. Fall hat Brasilien einen Überschuss und der Rest der Welt ein Defizit, im 2. Fall ist es umgekehrt. Es kann nicht anders sein und wird nie anders sein. Es ist ausserdem bigott und lächerlich einen Überschuss zu feiern und das spiegelblidliche Defizit zu verteufeln.
Stimmt troztdem nicht!!
Des einen Überschuss ist nicht des anderen Defizit!
Das würde nur dann stimmen, wenn es immer gleich viele Waren gibt.
Wenn ich aber Waren herstelle, dann schaffe ich Mehrwert und schlussendlich habe ich mehr zu verteilen, und kann mit Überschuss abschliessen obwohl ich Waren einkaufe.
Wenn ein Land in ein anderes Land Waren exportiert ist es klar dass ein Land Kauft und bezahlt und das andere Land liefert und kassiert. Aber das bedeutet nicht automatisch, dass das eine Land im Defizit ist und das andere Land Überschuss hat.
Das Problem kommt immer erst dann, wenn sie über ihre Verhältnisse leben, und nicht soviel Mehrwert schaffen, um Ihren Ansprüchen zu genügen, und Waren importieren, die sie sich nicht leisten können.
Wenn Waren im gleichen Wert im- und exportiert werden verzeichnet keine Seite ein Handels oder ein finanzielles Defizit. In dem Fall herrscht Gleichgewicht.
Wenn ich dir nun einen Apfel gebe, du mir im Gegenzug aber nur einen Schuldschein ausstellst, den ich nicht einlöse (ich spare ihn), dann habe ich via einem Handelsüberschuss (ich habe Äpfel exportiert) einen Leistungbilanzüberschuss eingefahren. Du hingegen hast via einem Kapitalüberschuss (du hast Geld exportiert) ein Leistungsbilanzdefizit erwirtschaftet. Ich bin in realen Werten ärmer aber in finanziellen reicher geworden. Du hast zwar, laut deiner eigenen Definition, über deine Verhältnisse gelebt, hast aber immerhin gegessen. Das Eine bedingt jedenfalls das Andere in einer monetären Wirtschaft.
Das System nennt sich doppelte Buchhaltung und ist seit Menschengedenken Grundlage des Handels, bzw. des Geldes und ist spätestens seit dem Mittelalter auch bei uns formell in Gebrauch.
Es geht hier nicht um die Buchhaltung und es geht auch nicht darum woher das Geld kommt, wenn ich ei n Auto kaufe!
Es geht um die Aussage: “Den Ländern mit Überschüssen müssen zwingend andere Länder gegenüberstehen, die Defizite verzeichnen.”
Diese Aussage ist total daneben und falsch!!
Mein Überschuss macht niemanden Arm! Wenn ich etwas produziere dann ist es nicht so dass dadurch andere Arm werden!!
Dieser Zusammenhang ist ganz einfach falsch!
Die Doppelte Buchhaltung ist logischerweise so dass es immer einen Ausgleich gibt, ABER Mein Eigenkapital ist grösser wenn ich einen Gewinn erziele. Dieser Gewinn ist nicht der Verlust eines Anderen!! Es st der Gewinn den ich mir erwirtschaftet habe.
Ein Staat macht nicht ein Defizit, weil ein anderer Staat Profite macht! Falls dieser Staat das Defizit vermeiden will dann darf er nicht über seine Verhältnisse leben, dann muss er dafür sorgen, dass seine Wertschöpfung mit seinen Ansprüchen Schritt hält!
Wenn es so wäre dass, meine Apfelernte andere Arm macht, dann ist es demnzufolge so, dass wenn niemand Äpfel erntet es kein Defizit gäbe????!!. So ein Schwachsinn!
Dafür, dass Sie die Begrifflichkeiten nicht verstehen und das gesammelte Wissen der letzten 5’000 Jahre gegen sich haben, argumentieren Sie relativ selbstbewusst.
Es geht um die Aussage: “Den Ländern mit Überschüssen müssen zwingend andere Länder gegenüberstehen, die Defizite verzeichnen.”
Diese Aussage ist total daneben und falsch!!
Mein Überschuss macht niemanden Arm! Wenn ich etwas produziere dann ist es nicht so dass dadurch andere Arm werden!!
Dadurch, dass Sie etwas produzieren, haben Sie auch noch keinen Überschuss erwirtschaftet. Dieser entsteht erst, wenn Sie das Produzierte an jemanden gegen Geld verkaufen. Und er wird erst wieder abgebaut, wenn Sie das erwirtschaftete Geld wieder gegen reelle Waren oder Dienstleistungen zurücktauschen. ‚Überschuss‘ ist ein finanzieller Begriff. Man kann ihn sich als sparen von Schuldscheinen (z.B. Geld) vorstellen.
Wenn Audi genau gleich viele Autos produziert, wie bis anhin, diese aber nicht nach Spanien und Griechenland, sondern innerhalb Deutschlands verkauft, hat Deutschland zwar die gleiche Wirtschaftsleitung erbracht (Autos produziert), gegenüber Spanien und Griechenland aber keinen Überschuss erwirtschaftet. Audi wird auch den gleichen Gewinn verbuchen, aber anstatt der Bürgern oder Firmen Spaniens und Griechenlands, sind es nun die Bürger und Firmen Deutschlands, die ein Defizit verbuchen. Dieses kann durch neue Kreditaufnahme gedeckt werden, oder stammt aus bisherigem Einkommen, wobei sich dann wieder die Frage stellt, woher dieses ursprünglich stammt. Bei einer konsequenten Analyse werden Sie um diese Frage nicht drum herum kommen.
Erklären sie mir mal mit der doppelten Buchhaltung wie man auf den Mond fliegt bitte!!
Habe ich gesag, dass ich produziere?? Ich habe gesag dass ich produziere und vermarkte!!
„es nun die Bürger und Firmen Deutschlands, die ein Defizit verbuchen“ Schon wieder dieselbe Idiotie!!
Ich werde doch nicht ein Defizit kriegen wenn ich ein Auto kaufe!! Mein Geld wird gegen Waren getauscht!! Wertzuwachs Fr. 0.00. Ist ja klar, dass wenn ich das Geld nicht habe, dann habe ich halt das Auto auf pump gekauft,
Es ist auch klar dass das Geld vom Käufer zum Produzenten wechselt, aber derselbe Wert wechselt ja auch vom Produzenten zum Käufer. Sie haben nur dann Recht, wenn sie nur das Gelt losgelöst von allem anderen betrachten! So eine Sichtweise ist aber ziemlicher Schachsinn!
Es ist deshalb auch klar, dass wenn der Spanier der das Auto auf Pump kauft einen Kredit aufnehmen muss!! Wenn aber der Spanier etwas produziert und mit seinem erwirtschafteten Geld das Auto kauft, dann heisst das nicht, dass er ein Defizit macht. Dann heisst das, dass er eine Positive Rechnung hat wie die Deutschen!
Lassen sie es sein! Sie argumentiren mit Spitzfindigkeiten! Ihre Aussage „Der Überschuss des Einen ist das Defizit des Anderen, punkt!“ Sagt einiges über ihr logisches Verständnis: Es gibt nicht immer dieselbe Anzahl Waren! Sie verwechseln Äpfel mit Birnen!!
Sagen sie mir noch sie seien ein Prof. Dr. Oec dann ist für mich der Fall klar!!
@ Markus und Oliver
Wenn ich Ihre Diskussion einigermassen richtig verstanden habe, geht es im Kern um die Rolle bzw. Abbildung der Wertschöpfung.
Eine Doppelte Buchhaltung ist eine Nullsummensituation (per definition). Sie kennt keine Wertschöpfung im eigentlichen Sinne. Wenn eine Firma in einem Jahr einen Gewinn macht (= Wertschöpfung), der Gewinn auch in der Erfolgsrechnung sauber ausgewiesen ist, wird trotzdem in der Bilanz neben den Aktiven (z.B. Geld auf der Bank) auch die Passiven (Reserven, Eigenkapital, Gewinnvortrag etc.) ausgewiesen.
Das muss so sein, damit die Bilanz auf Null aufgeht. Als Kleinunternehmen habe ich es mir aber angewöhnt, die „Passiven“ nicht als „Schulden“ und die Aktiven nicht als „Guthaben“ zu interpretieren, sondern:
– Aktiven = Wo (und in welcher Form) liegt das Geld? (z.B. Bankguthaben, Auto, Haus, Boot, Bilder, Gold etc.)
– Passiven = Wem gehört das Geld? (Aktienkapital, Gewinnvortrag, Darlehen vom Nachbar etc.)
In diesem Sinne stehen wohl den Aktiven immer gleichviele Passiven gegenüber, aber Passiven sind nicht immer Schulden, es können auch Gewinne sein –> dort zeigt sich die Wertschöpfung in der Buchhaltung.
Im realen Leben ist natürlich die Ausgewogenheit der Buchhaltung, wie Markus Baumann zurecht sagt, kein relevantes Thema. Im echten Leben sind Gewinne nicht dasselbe wie Schulden. Das echte Leben ist eher eine Milchbüchlein-buchhaltung: Soviel eingenommen, soviel ausgegeben, soviel blieb übrig.
In einem Punkt muss ich mich eindeutig auf Markus‘ Seite stellen: Das echte Leben schert sich einen Deut um seine Abbildung im Korsett einer Buchhaltung, und man muss gut aufpassen, dass man z.B. die Buchhaltung nicht mit der Firma verwechselt und glaubt, durch Betrachtung der Buchhaltung die Firma verstehen zu können. Mir scheint, das ist aber, was im heutigen Finanzsystem mit ganzen Staaten passiert: Man verwechselt die nationale Buchhaltung mit dem Staat….
Herr Baumann vergleicht Äpfel mit Birnen. Der korrekte Gegenwert zu einem Handelsbilanzüberschuss eines Landes ist die Summe aller Handelsbilanzüberschüsse und -defizite dieses Landes mit allen Ländern, mit dem es wirtschaftet. Das heisst genau nicht, dass alle Länder gleich viel exportieren wie sie importieren, wie mir Hr. Baumann fälschlicherweise unterstellen will.
Beispiel. Nehmen wir eine Welt bestehend aus 2 Ländern, nennen wir sie D und CH.
D hat im Jahr 1 eine Wirtschaft bestehend aus:
1’000’000 Wert an produzierten und konsumierten Lebensmitteln für den Eigenbedarf
300’000 Wert an produzierten Autos
davon 20’000 für den Export nach CH
CH hat während dieser Zeit folgende Daten zu verbuchen:
500’000 Wert an produzierten und konsumierten Lebensmitteln für den Eigenbedarf
30’000 Wert an Autorobotern für den Export nach D
Die Bilanzen lesen sich nach diesem Jahr wie folgt:
D
GDP = 1’300’000
Handelsbilanz = 20’000 Export – 30’000 Import = 10’000 Handelsbilanzdefizit
CH
GDP = 530’000
Handelsbilanz = 30’000 Export – 20’000 Import = 10’000 Handelsbilanzüberschuss
Wir sehen, die Wirtschaftsdaten sind, unabhängig von einander, komplett unterschiedlich, aber das Handelsbilanzdefizit des Einen entspricht, auf den Rappen genau, dem Handelsbilanzüberschuss des Anderen. Q.E.D. Manifestieren wird sich dieses auf der einen Seite als erhöhte Auslandsschulden von D und auf der anderen Seite als erhöhte Devisenreserven von CH.
Von dort aus kann man sich dann fragen: Ist dies schlimm? Muss man etwas dagegen tun? Und wenn, dann was genau und wie? Man kann die Bewohner Ds als Faulenzer beschimpfen und ihnen sagen, sie würden über ihre Verhältnisse leben und sollen sich gefälligst in ihrem Konsum von Autorobotern zügeln. Aber ich fürchte, CH wäre über einen solchen Schritt wenig erfreut. Oder man könnte CH dazu animieren, einen Teil ihrer Überschüsse in D zu investieren, damit dieses in Zukunft mehr Autos produziert, die es dann nach CH exportieren kann. Es gibt jedenfalls verschiedene Szenarien, aber diejenigen, die in Europa zurzeit gehandelt werden, sind m.E. bei weitem nicht die besten.
Also: Wenn nun aber D Handel mit F zusätzlich betreibt und 20’000 Waren dorthin ausführt dann hat D kein Defizit von 10’000 sondern ein Überschuss von 10’000
Also haben CH Überschuss 10’000, CH Überschuss 10’000, F Defizit 20’000 falls die gar keinen anderen Handel treiben etc.
Also ist die Aussage falsch dass des einen Überschuss des anderen Defizit ergibt, meine Rechnung kann durchaus positiv sein, wenn ich auch ein Defizit zu einem Handelspartner habe.
Ist ja klar dass wenn das Geld von einem Ort zum anderen wandert, es dann bei einem Negativ beim anderen Positiv gebucht wird, das hat auch niemand bestritten.
So ist es auch falsch zu behaupten, dass weil Deutschland Exportweltmeister ist, die anderen Europäischen Staaten deshalb alle Defizite aufweisen. Diejenigen Staaten die Defizite aufweisen können problemlos mit Deutschland eine posivtive Handelsbilanz ausweisen.
Falls die Staaten aber längere Zeit nur Defizite ausweisen, dann entstehen genau diese Probleme in die diese Staaten jetzt geraten sind. Wenn sie keine Kredite kriegen mehr würden, würden sie sich nicht noch mehr Verschulden. Hätten die Rating- Agenturen diese Staaten schon vor 15 Jahren auf Ramsch-Status gesetzt (weil die Situation ja damals schon bekannt war), dann wäre es nie zur jetzigen Situation gekommen. Im nachhinein Staaten herabzustufen wenn sie schon Pleite sind braucht keine studierten Ökonomen, das kann jedes Kind. Das zeigt, dass Rating- Agenturen, so wie sie jetzt funktionieren Überflüssig sind. Es ist das Eingeständnis, dass diese Agenturen keine Ahnung haben was sie da beurteilen.
Für jedes abgegrenzt betrachtete System, ob jetzt D & CH, D & CH & F, oder die gesamte Welt gilt: die Summe aller Handelsüberschüsse ist gleich der Summe aller Handelsdefizite. Alle anderen Betrachtungsweisen sind Unfug. Sie verwechseln ausserdem Staatsschulden mit Auslandsverschuldung. Diese haben wenig bis gar nicht miteinander zu tun, vor allem zwischen Ländern mit flexiblen Wechselkursen.
Für Europa kann man folgende Aussagen machen:
Vor einführung des Euro hielten sich Exporte und Importe zwischen den Euro Staaten und dem rest der Welt ca. die Waage. Dies galt, bis auf wenige Ausnahmen auch für die einzelnen Mitglieder. Innerhalb der Eurozone waren die Handelsströme ebenfalls einigermassen ausgeglichen. Deutschland hatte nach der Wiedervereinigung einige Jahre sogar Defizite zu verbuchen.
Seit Einführung des Euro hat sich weder die Situation der Europ Zone als Ganzes, noh die seiner Mitgliedstaaten, gegenüber dem Rest der Welt wesentlich verändert. Allerdings haben sich die Ungleichgewichte INNERHALB der Eurozone masiv erhöht. Laut den Befürwortern des Euro und der gängigen wirtschaftlichen Theorien, mitunter auch der des hier oft gerühmten Giftzwergen Milton Friedman, hätte genau das Gegenteil passieren müssen.
Ein Problem, dem auch die Ratingagenturen zum Opfer fielen, war, dass das Augenmerk immer nur auf die Haushaltsdefizite der Staaten gerichtet war. Auch die jetzige Austeritätspolitik richtet sich immer nur an Staaten und verkennt dabei Kausalitäten und blendet gleichzeitig diejenigen Wirtschaftszweige aus, die die Probleme erst auslösen. Das Wort Verschuldung wird in ständig wechselnden Bedeutungen wild umher geworfen, ohne dass sich jemand die Fragen stellt: Wozu dient Verschuldung? Wodurch kommt sie zustande? Wer profitiert davon? Was gibt es überhaupt für verschiedene Arten der Verschuldung? Sind alle gleich zu behandeln? Welche führt in der Kausalität? M.E. sind sämtliche dieser Fragen aus vornehmelich ideologischen Gründen (Stichwort Antietatismus) falsch beantwortet worden. In den erweiterten Dunstkreis dieser Fehlinterprätationen gehört auch die im Artikel richtigerweise angeprangerte Misskonzeption, dass Handelsbilanzüberschüssen (oder auch Leistungsbilanzüberschüssen, Staatshaushaltsdefiziten, Privatverschuldung etc.) keine entsprechenden Handelsbilanzdefizite (bzw. die entsprechenden Pendents) gegenüber stehen. Alle diese Überschüsse und Defizite müssen auf ihre jeweiligenVerknüpfungen, absolute Grösse, systemische Wichtigkeit und individuelle Tragbarkeit hin untersucht werden. Grundsätzlich gilt: Ohne Verschuldung kein Geld und ohne Geld kein Wachstum. Gute Systeme sind die, die das Geld und die dazugehörigen Schulden so verteilen, dass sie möglichst effizient zum Wachstum beitragen, die Risiken dort liegen, wo sie am besten getragen werden, aber nötigenfalls getrennt voneinander abgeschrieben werden können. Hierin sind sicherlich einige Paradoxen begraben, die nicht linear zu lösen sind, aber zumindest die Analyse sollte säuberlich begangen werden.
Es zeigt einmal mehr, dass Deutschland der alleinige Profiteur des Euros ist und dies auf Kosten der schwächeren Euro-Länder. Ich behaupte, Griechenland, Spanien und Italien hätten ohne Euro nicht dieselben Probleme wie heute.
Im Moment sieht es so aus als ob D der alleinige Profiteur ist. Deutsche Politiker erklären ja auch wiederholt, D profitiere vom Euro am meisten. Allerdings stellt sich die Frage, ob das dann immer noch gilt, wenn der Euro baden geht und die ausstehenden Guthaben nicht mehr einbringlich sein sollten. Im Prinzip ist es für ein Land ja nicht interessant, über längere Zeiträume Hardware gegen „Luftbuchungen“ zu liefern und diese dann irgendwann abzuschreiben.
Die Schweiz hatte von 1960 bis Miite 90er eine deutlich negative Handelsbilanz. Da die Schweiz eine eigene Währung hatte, hätte diese abwerten müssen. Vorübergehend abgewertet hat der CHF zum Euro, als die Schweiz bereits Handelsbilanzüberschüsse hatte (2002-2007), da hätte der CHF doch dann aufwerten müssen..
Der Franken hat nicht abgewertet, im Gegenteil musste Aufwertung bekämpft werden, die Reallöhne sind nicht gesunken, die Schweizer Volkswirtschaft ist nicht eingebrochen, weil die negative Handelsbilanz durch Kapitalimporte ausgeglichen wurde. Anscheinend war das Kapital schlauer als die Oekonomen, gemäss deren Theorien der Franken hätte abwerten müssen. Der Franken hat weiter aufgewertet, das Kapital hat Gewinne erzielt (in DM, Lire, USD, GBP oder USD).
Fraglich erscheint mir nun, ob es den Oekonomen gelingt, die Realität ihren Modellen, oder ihre Modelle der Realität anzupassen.
Prägnant formuliert, hat das Kapital gemacht, was gemäss den Theorien der Oekonomen hätte Verluste bringen müssen, und hat recht behalten.
?.
Naja, die Schweiz hilft selten als Erklärungsmodell, da es dort viele Besonderheiten gibt. Der Kapitalzustrom in die Schweiz ist primär nicht durch die schweizer Wirtschaft und deren Wachstumsaussichten motiviert gewesen, sondern durch den Status der Schweiz als sicherer Ort zur Aufbewahrung des Kapitals.
@Achim Hase: Und anscheinend ist also der Status als „sicherer Hafen“, was zweifellos eine zwar einigermassen kollektive, aber dennoch eine subjektive Wertung von selektiven Wahrnehmungen ist, wichtiger für die Währungsentwicklung, als die von den Oekonomen definierte, gemessene und benutzte Realität der Handelsbilanz.
Wenn dem aber so ist, stellt dies doch die Relevanz des ökonomischen Modelle für die Realität in Frage.
@Achim Hase: Gerade die Ausnahmen von der angenommenen Regel weisen auf Schwächen der angenommenen Regel hin. Modelle sind sowieso immer vereinfacht und damit nicht alle Fälle abdeckend. Ein Teil zur Erklärung des Handelsbilanz-Paradoxons, das Anh Toan angesprochen hat, ist bestimmt die „innerstaatliche Nachhaltigkeit“.
Die „innerstaatliche Nachhaltigkeit“ ist umso höher, je weniger Ressourcen zum Erreichen eines bestimmten Resultats benötigt wird. Beispiel: Einen Hochwasserdamm so zu bauen, dass er auf 100% der Länge zuverlässig dicht hält, ist nur unwesentlich aufwendiger als einen Hochwasserdamm zu bauen, der auf 99% der Länge zuverlässig dicht hält. Ein kurzer fehlerhafter Abschnitt und es gibt riesige Überschwemmungsschäden – alle Mühe für die Katz.
So geht das „für die Katz“ quer durch alle Bereiche. Unmotivierte Lehrer bilden schlecht aus. Korrupte Staatsbeamte untergraben den Staat, eigennützige Politiker plündern den Staat, zusammenbrechende Stromversorgung schädigt die Industrie, marode Schienen führen zu Zugsausfällen, schlechte Strassen behindern den Transport, etc, etc. Wenn Staat A und B identische Aussenhandelsbilanz haben, aber bei A Einsatz, Fleiss und Pflichtbewusstein dominieren und bei B hingegen der Pfusch, dann muss man nicht lange raten, wo der Wohlstand grösser ist.
@Karin Gut:
Schlechtes Beispiel
einen Damm oder ein anderes technisches System von 99% auf 99.9% Sicherheit zu bringen ist in der Regel 10 bis 100 Mal so aufwendig, wie das 99% Prozent sichere System zu erstellen. 100% Sicherheit bedeutet einen unendlich hohen Aufwand (unendlich im mathematischen Sinn und nicht im übertragenen Sinn).
@Christian Bolliger: Nein, für diesen Fall ist Ihre Argumentation falsch. Ein Damm bricht dann, wenn er eine Schwachstelle hat. Normalerweise arbeiten alle Firmen an allen Bauabschnitten mit der geforderten Qualität. Leider gibt es aber manchmal Schlaumeier, welche z.B. statt dem korrekten teuren Material lieber ein paar Wurzelstöcke im Damm verschwinden lassen. Genau diese kleine Stelle, bei welcher eine Firma etwas Geld sparen wollte, könnte nach dem verrotten der Wurzelstöcke der Ort sein, wo das Gesamtbauwerk seine Funktion verliert. In der Schweiz kennt man das weniger, bei uns überlaufen die Dämme normalerweise bei zu starkem Hochwasser (gute Dammqualität!). Aber im Ausland kommt es häufiger vor, dass die Dämme wegen durchdrückendem Wasser (an Hang und Grund) an Stabilität einbüssen und nachgeben, bevor das Hochwasser die Dammkrone erreicht hat.
Die Handelsbilanz ist bekanntlich eine Teilbilanz der Leistungsbilanz (= Ertragsbilanz). Da die Schweiz traditionell ein grosses Nettovermögen im Ausland sowie einen starken Dienstleistungssektor aufweist, war die Leistungsbilanz seit Mitte der 1960er stets positiv (Ausnahme: 1981). Dies führte ceteris paribus zu Aufwertungsdruck.
@Stefan Häberli: Danke! Zum Glück habe ich mit einem Fragezeichen aufgehört.
Der Autor hat meinen Fehler provoziert: Zwar schreibt er von Leistungsbilanz, aber gleichzeitig zitiert er den FAZ Autor, der von Aussenhandelsdefiziten und -überschüssen schreibt, was wohl auf Handelsbilanz und nicht Leistungsbilanz schliessen lässt..
@Stefan Häberli: Ich riskiere sogar noch einen fachlichen Einwand:
Wie wurde, zumindest vor Einführung der MWST, die Dienstleistungsexporte ermittelt?
Wie werden, erscheint mir noch schwieriger, in Leistungsbilanzen, die im Ausland bezogenen Dienstleistungen ermittelt?
Welche Dienstleistungen, ausser Callcenters, Code schreiben und Buchhaltung lassen sich exportieren? Was davon in den 60ern bis 90ern? Dienstleistungen lassen sich in grossem Umfang nur in der Finanzbranche „exportieren“, dies setzt aber ausländischen Mittelzufluss voraus.
Wenn Schweizer die Erträge aus ihren Auslandsinvestitionen wieder nach Hause bringen, statt sie im Ausland zu reinvestieren, ist es noch immer das Kapital, das sich gemessen an den ökonomischen Modellen, irrational verhält.
Kurz behaupte ich einfach mal ganz mutig, erst die „safe haven“ Funktion der Schweiz hat dazu geführt, dass die Leistungsbilanz positiv war, falls sie es überhaupt war, denn eine Leistungsbilanz ist, zumindest war bis zur Einführung der MWST nicht messbar. Weil die Währung trotz der negativen Handelsbilanz stark war, hat man die Leistungsbilanz so gemessen, dass diese positiv war, so konnte das Modell der Ökonomen gerettet werden.
Kurz: Der Leistungsbilanzüberschuss ist Folge, nicht Ursache der starken Währung der Schweiz, zumindest von 1960-1990.
@ Anh Toan:
Die meisten makroökonomischen Daten können nur annähernd ermittelt werden. Dies gilt nicht nur für BIP (Schattenwirtschaft), Arbeitslosigkeit (RAV / SAKE), sondern auch für den Dienstleistungshandel. Vor der Einführung der MWST wurde letzterer meines Wissen von der SNB durch Fragebögen ermittelt. Da man via Kapitalverkehrsbilanz gut Rückschlüsse auf die Leistungsbilanz ziehen kann (doppelte Buchhaltung), ist ein jahrelanger systematischer „Bias“ in die gleiche Richtung praktisch ausgeschlossen.
Wesentliche exportierbare Dienstleistungen sind Tourismus, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Patente / Lizenzen, Transport, Transithandel und Telekommunikation. Im Fall der Schweiz sind insbesondere der Tourismus und Finanzsektor von grossem Gewicht.
Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit richtig, dass der CHF primär aufgrund der „Safe Haven“-Funktion so stark bewertet ist (und nicht wegen chronischer Leistungsbilanzüberschüsse). Ihre These, dass die Leistungsbilanz absichtlich so gemessen wird, dass theoretische ökonomische Modelle gut dastehen, ist hingegen eine unsinnige Verschwörungstheorie:
Die ökonomische Theorie sagt einzig und allein, dass CETERIS PARIBUS Leistungsbilanzdefizite zu Abwertungen und Leistungsbilanzüberschüsse zu Aufwertungen führen. Dieser Effekt kann selbstverständlich durch Geldpolitik, Erwartungen und Spekulation (bzw. alles, was Angebot und Nachfrage nach einer Währung beeinflusst) überlagert werden.
Die Argumentation von Diem Meier war einfach und logisch:
1. Egal, was die eigentlichen Ursachen für die Krise in den beiden Ländern bzw. im Euro-System sind: Spanien und Italien weisen Leistungsbilanzdefizite aus, die Deutschland, Österreich und die Niederland Leistungsbilanzüberschüsse.
2. Solange ein Land Leistungsbilanzdefizite erzielt, muss es sich im Ausland verschulden (= Kapitalimporte). Dies folgt nicht aus einem abstrakten ökonomischen Modell, sondern aus einer Identität (Leistungsbilanzdefizit = Verschuldung im Ausland, Leistungsbilanzüberschuss = Sparen bzw. Abbau von Verschuldung gegenüber dem Ausland).
3. Gehörten Spanien und Italien nicht dem Euro an, könnten sie ihre Leistungsbilanz durch eine Währungsabwertung verbessern. In einem Regime flexibler Wechselkurse würden sich Lira und Peseta aufgrund des Leistungsbilanzdefizits abwerten, während sich D-Mark, Schilling und Gulden aufwerteten. Dies würde die wirtschaftlichen Probleme zwar nicht in Luft auflösen, aber doch etwas lindern.
@Stefan Häberle: Ich meine nicht Verschwörungstheorie, die Politiker und Think Tanks können nicht sagen, wir wissen nicht, die müssen so tun als wissen sie.
Einer Handelsbilanz glaube ich einigermassen, einer Zahlungsbilanz noch mehr, der Abgrenzung zwischen Kapitalimport und Export von Dienstleistungen traue ich zumindest vor den Meldepflichten bei internationalen Überweisungen (kamen doch erst in den 90ern mit der Geldwäschediskussion) allenfalls sehr bedingt. Diese Abgrenzung lässt sich nicht aus den Zahlungen lesen. Bei Unternehmen lässt es sich aus Buchhaltungen ermitteln, jedoch auch nur mit Vorbehalt (falsche Verrechnungspreise zu Gunsten der Schweiz gehen am besten bei Dienstleistungen wie Management Fees oder Lizenzgebühren, Zinsen). Dienstleistungen werden aber in grossen Mengen von Privaten konsumiert (auch über die Grenze zum Coiffeur, Zahnarzt oder Prostituierten, oder die kommen über die Grenze und arbeiten schwarz), der Erwerb einer Liegenschaft auf falschen Namen mit Schwarzgeld unter der Lex Furgler.
Da helfen Fragebögen der SNB nicht viel.
Zu Ihrem Punkt 3:
Klar würden sich die Probleme etwas lindern, es wären aber z.B. Kapitalverkehrskontrollen oder extrem hohe Zinsen notwendig, um überhaupt noch Kapital im Land zu halten oder gar aus dem Ausland zu erhalten. Vor allem würden aber wohl bald die letzten Spanier mit einer Chance auf einen Job in Deutschland abhauen, solange sie noch können. Und diese Kosten scheinen mir zur erwarteten Linderung unverhältnismässig.
@ Anh Toan:
Nachtrag:
Sie schreiben:
„Wenn Schweizer die Erträge aus ihren Auslandsinvestitionen wieder nach Hause bringen, statt sie im Ausland zu reinvestieren, ist es noch immer das Kapital, das sich gemessen an den ökonomischen Modellen, irrational verhält.“
Ein Leistungsbilanzüberschuss entspricht netto einem KapitalEXPORT. Eben gerade WEIL in der Vergangenheit viel Kapital aus der Schweiz ins Ausland geflossen ist (Nettoauslandsvermögen von über 700 Mrd. CHF) und weiterhin fliesst (= Leistungsbilanzüberschuss), erzielt die Schweiz hohe Kapitaleinkommen.
@Stefan Häberle: Formell haben sie Recht, die Erträge (Zinsen und Dividenden) aus Auslandsinvestitionen fliessen in die Leistungsbilanz. Werden sie im Ausland belassen, müssten sie auch in die Investitionsbilanz (negativ) fliessen.
Wird jedoch die Substanz des ausländischen Investments in die Schweiz gebracht, geht es nicht in die Leistungsbilanz (current account) sondern in die Investitionsbilanz.
Dies ist jedoch eine willkürliche Unterscheidung des Gesetzgebers, denn Kapital ist nichts als ein vermischter Haufen Geld, dessen Teile nicht nach Erträgen und Substanz getrennt weden können (eine hochverzinsliche Niedrigwährung produziert hohe Erträge, jedoch erwartungsgemäss Substanzverluste aus Währungsabwertung. Den Investor interessiert nicht, ob er Substanzgewinne oder -erträge erhält, ihn interessiert, mehr zurükzuerhalten (in der Kaufkraft seiner Heimwährung) als er einbezahlt hat.
Auch wenn wenn Zinsen repatriiert werden, wird materiell Kapital repatriiert.
@ Anh Toan:
Was meinen Sie mit Investitionsbilanz?
Natürlich mindern Währungsverluste, Abschreibungen, Kursverluste sowie alles andere, was die Rendite auf einem Investment mindert, das in der Leistungsbilanz ausgewiesene Kapitaleinkommen. Deshalb war der Saldo der Kapital- und Arbeitseinkommen 2008 krisenbedingt erstmals seit sehr langer Zeit negativ.
Netto wird keine „Substanz“ in die Schweiz zurückgebracht. Vielmehr filessen netto Waren, Dienstleistungen und Kapital aus der Schweiz ins Ausland. Ein „vermischter Haufen Geld“ bzw. Guthaben erzeugen erst Kapitaleinkommen (und damit Zinsen), wenn er direkt oder indirekt über Finanzintermediäre investiert wird. Da die Schweiz mehr spart als investiert (und gilt, dass: Sparen = Investitionen im Inland + Kapitalverkehrsbilanz), fliesst netto Kapital ins Ausland.
Beispiel 2010: Das Arbeits- und Kapitaleinkommen aus dem Ausland betrug netto 34 Mrd. CHF. Gleichzeitig wurden 28 Mrd. CHF der Erträge im Ausland reinvestiert, flossen 9 Mrd. CHF an Beteiligungskapital aus der Schweiz, wurden netto 3 Mrd. CHF Kredite ins Ausland vergeben (alle Zahlen netto).
@Stefan Häberle: „In economics, the current account is one of the two primary components of the balance of payments, the other being capital account“
Ich gründe mit Wohnsitz in CH ein Business in Vietnam: Die Einzahlung des Grundkapitals muss ins capital account (nicht Teil der Leistungsbilanz, aber der Zahlungsbilanz). Zahlt das vietnamesische Venture Dividenden, gehören diese ins current account, verkaufe ich die Gesellschaft, gehört de Verkaufserlös ins capital account. Zahlt die Gesellschaft lange keine Dividenden, thesauriert die Gewinne, erhalte ich einen höheren Verkaufserlös, die nicht ausgeschütteten Dividen landen in der Investitionsbilanz.
Aus schweizer Sicht ist festzuhalten, dass die meisten ausländischen Investitionen hohe Zinsen, aber Kursverluste bringen (Kauf einer Pakistanischen Anleihe in pakistanischer Währung): Die hohen Zinsen verbessern die CH Leistungsbilanz, der Kursverlust zeigt sich in der Investitionsbilanz als Netto Investition ins Ausland.
Ich weiss nicht, wie die Institute, welche diese Zahlen ermitteln, ich versuche mir auszudenken, was einigermassen logisch ist.
Würden ausländische Direktinvestitionen in die Leistungsbilanz fliessen, wären die Schwankungen in der Leistungsbilanz gewaltig, es wird getrennt zwischen laufwenden „Einnahmen und Ausgaben“ und Investitionen (bzw Finanzierung) ins capital account, welches ich in Analogie als Investitionsbilanz beschreibe. Einerseits macht diese Trennung Sinn, andererseits ist häufig ziemlich zufällig, ob ein Geldfluss eine Kapitalrückzahlung oder ein Kapitalertrag ist. Bei nominellen Forderungen betrifft dies Kursverluste uind -gewinne, bei „Forderungen“ ohne Nominalwert (Unternehmensanteile, Patent oder Markenrechte) lässt sich eine Unterscheidung nur anhand formeller und damit willkürlicher Kriterien definieren.
@ Anh Toan: Ihre Argument leuchtet mir nun ein, danke.
Ich sehe jedoch nicht ein, wie Sie damit Ihre ursprüngliche Behauptung, es fliesse (irrationalerweise) Kapital aus dem Ausland in die Schweiz, „retten“ wollen. Wirft man die Kapitaleinkommen der Leistungsbilanz und die Investitionen aus der Zahlungsbilanz in einen Topf, fliesst netto noch immer Kapital aus der Schweiz ins Ausland ab.
@Stefan Häberle:
1, Leistungsbilanz ist eine nicht definierbare, und zumindest bis in die 890er nicht messbare Grösse.
2. Die definierbare Grösse (Handelsbilanz) war in der Schweiz negativ, was gemäss den Modellen der Ökonomen zwingend eine Abwertung verlangt, selbst im Fall dass die Leistungsbilanz positiv war, Stichwort: Deindustrialisierung. Was hilft eine positive Leistungsbilanz aus Zinszahlungen aus dem Ausland, wenn es keine Industrie und keine Jobs im Inland gibt, nur ein paar Reiche mit Auslandsinvestitionen.
3, War die Handelsbilanz negativ und wurde nicht durch die Bilanz der Dienstleistungen ausgeglichen, was ich für die Zeit vor Internet und günstigen Flügen nicht glaube, muss netto Kapital ins Land fliessen, um das Defizit auszugleichen. Ob dieses Kapital von Ausländern oder Schweizern stammt, ob es aus Erträgen oder Substanz stammt, ändert nichts am Kriterium welches das Kapital benutzt um über Investition zu entscheiden (Rendite).
4, Damit trotz Abwertungsrisiko Kapital in eine Volkswirtschaft fliesst, braucht es entsprechend hohe Zinsen, und/oder Kapitalverkhrskontrollen, damit das Kapital nicht abfliesst: Beides hatte die Schweiz nicht.
5, Es gab nur ausserhalb der makroökonomischen Modelle liegende („irrationale“) Argumente, Kapital in die Schweiz zu investieren, wie Steuerhinterziehungen, Sicherheit, erfolgreiche Unternehmen, und weil es genug davon gab, war das Handelsdefizit über Jahrzehnte kein Problem, und es musste nicht abgewertet werden, sondern es gab Aufwertungsgewinne, die Induustrie konnte ihre Krisen überwinden und sich so positionieren, dass sie auch mit starker Währung erfolgreich sein konnte (Uhrenindustrie, Wabndlung der Chemie in Pharma usw.), da das Geld das in die Schweiz floss, Jobs im Dienstleistungssektor kreiert hat, und darum blieb die Arbeitslosigkeit ausser in den 70ern auf akzeptablem Niveau. Dese Entwicklung widerspricht aber dem makroöknomischen Modell, das uns der Autor als zwingende Notwendigkleit zu verkaufen sucht.
6. Übrigens schreibt der Autor auch was von Zahlungbilanzungleichgewichten. Gemäss meinem Verständnis einer Zahlungsbilanz ist dies eine mathematische Unmöglichkeit. Werden alle Transaktionen doppelt in einer Bilanz (und nicht einmal Bilanz und einmal Erfiolgsrechnung verbucht, kann diese Bilanz weder einen èberschuss, noch ein Defizit und auch kein Ungleichgewicht ausweisen, es ist eine Bilanz. Häufig wird der Begriff falsch als Synonym für Leistungsbilanz verwendet, hat wohl der Autor auch so gemacht.
7. Als einfacher Buchhalter ohne Diplom erkläre ich nicht den Oekonomen, was richtig ist, ich erlaube mir lediglich zu äussern, warum ich Zweifel an der Allgemeingültigkeit der entsprechenden Aussage habe.
Wie @Thomas ernst weiter unten festhält, die Dinge sind viel komplexer, als uns die Ökonomen weismachen wollen. @Albrecht weiter unten freut sich über „eine der klarsten Erklärungen des Problems“: Ist es klar in der Ökonomie, ist es falsch, sonst wären wir alle reich, wer Klarheit will, soll in die Kirche.
@Stefan Häberle: Danke, ich konnte eine Menge lernen über Handelsbilanz, Zahlungsbilanz, Leistungsbilanz.
@ Anh Toan:
Zu 2.: Nein, relevant ist das Leistungsbilanzdefizit. Zwar wird in Modellen gewöhnlich vereinfachend angenommen, dass mit Ausnahme der Handelsbilanz alle Teilbilanzen der Leistungsbilanz ausgeglichen sind. Dies wird aber nur der Anschaulichkeit halber so gemacht. Der Grundgedanke ist relativ einfach: Erzielt die Schweiz einen Leistungsbilanzüberschuss, dann nimmt die Nachfrage nach CHF zu. Schliesslich müssen die Importe von Waren oder Dienstleistungen sowie die Faktoreinkommen in CHF bezahlt werden.
Ob dies nur den Reichen hilft, war nicht der Diskussionspunkt. Bestritten haben Sie, dass dies ceteris paribus zu einer Aufwertung des CHF führt.
Zu 3.: Die Schweiz erzielte seit Mitte der 1960er Jahre (mit Ausnahme von 1981) stets Leistungsbilanzüberschüsse. Die Erhebungen der SNB sind bei weitem verlässlicher als Ihr Bauchgefühl.
Zu 4.: Eben. Das Kapital floss von der Schweiz ins Ausland. Dass der Realzins (= Nominalzins minus Inflation) relevant ist, ist trivial. Deshalb waren die Nominalzinsen vor der Euro-Einführung in den GIIPS-Staaten so hoch (Inflations- bzw. Abwertungsrisiko) und nahmen nach der Euro-Einführung massiv ab (kleineres Inflations- bzw. Abwertungsrisiko). Ein Nominalzins von 7% bei einer Inflation von 4% bringt eine höhere Rendite als 2% bei keiner Inflation bzw. Währungsabwertung.
Zu 5.: Eine stabile Währung und stabile politische Institutionen sind keine irrationalen Argumente, um Geld in der Schweiz zu parkieren. Damit die Finanzintermediäre Zinsen auf Einlagen in der Schweiz zahlen können, muss das Geld allerdings irgendwo angelegt werden. Da die Schweiz mehr spart als investiert, fliesst netto Kapital aus der Schweiz ins Ausland. Deshalb wächst das Nettoauslandsvermögen der Schweiz seit Jahrzehnten. Dieses Vermögen würde es der Schweiz theoretisch auch erlauben, bei negativer Handels- und Dienstleistungsbilanz eine positive Leistungsbilanz auszuweisen. Ein einfacher Vergleich: Wenn Ihre Ausgaben höher sind als Ihr Arbeitseinkommen, können Sie dennoch netto Geld veridienen, sofern die absolute Rendite Ihres Vermögens diese Defizite überkompensiert.
Der Autor argumentiert zudem CETERIS PARIBUS. Wenn ein 250 Kilogramm schwerer Mann durch Kettenrauchen Normalgewicht erreichen kann, ist das Rauchen für diesen Mann eventuell insgesamt gesundheitsfürdernd. CETERIS PARIBUS ist das Rauchen hingegen schädlich.
Zu 6.: Ja, die Zahlungsbilanz ist definitionsgemäss ausgeglichen. Der Begriff Zahlungsbilanzkrise hat sich jedoch als Synonym für Kapitalflucht aus einem Land etabliert.
Zu 7.: Niemand behauptet, dass die Beziehung zwischen Leistungsbilanzsaldo und Wechselkursentwicklung allgemeingültig ist. Die Aussage gilt nur CETERIS PARIBUS.
@Stefan Häberli: „Die Erhebungen der SNB sind bei weitem verlässlicher als Ihr Bauchgefühl.“
Bei meinen Recherchen habe ich gefunden, dass die Zahlen zur Handelsbilanz von der Zollverwaltung stammen, habe Zahlen zur Tourismusbilanz vom Bundesamt für Statistik gefunden, es gibt Zahlen von der OECD und der BIS. erheben die alle nach den gleichen Regeln? Wo und warum gibt es wie grosse Differenzen? Welche Erhebung und welche Methodik ist im Detail richtig? Gibt es mehrere angewandte Methoden, könnte die „Richtige“ auch eine sein, die von niemandem angewandt wird……
Wenn aus der Schweiz Kaptal im Ausland angelegt wird, und dieses wird erfolgreich angelegt, fliesst irgendwann mehr Kapital in die Schweiz als aus der Schweiz, denn das Kapital soll sich ja im Ausland vermehren. Logischerweise müsste aus Auslandsinvestitionen mehr Kapital ins Heimatland fliessen, als weggeflossen ist. Da dieses aber als Zinsen, Management fees, Lizenzgebühren bezeichnet wird, oder gar versteckt überführt Überfakturierung (war sehr sehr üblich aus der Schweiz und ist immer noch häufig, insbesondere bei Dienstleistungen, Zinsen und Lizenzen, bei Waren meistens schwieriger), landet es in der Leistungsbilanz und die Investitionsbilanz sieht so aus, als würde Kapital aus der Schweiz ins Ausland fliessen.
Ich bin ziemlich sicher, die Zahlen so darstellen zu können, dass die Schweiz ein Leistungsbilanzdefizit und Kapitalimporte hatte. Ich könnte diese Darstellung mit Argumenten unterlegen, die genauso vernünftig sind, wie die angewandten. Ich hätte dabei, auf Grund unserer Diskussion, natürlich einen Bias, möglichst Abweichungen zu meinen Gunsten zu finden, und nicht solche mit einer widersprecheden Wirkung. Der Arbeitsaufwand entspräche wohl mindestens eine Arbeitswoche, vielleicht auch einer Dissertation (Vergleich aller erhältlichen Zahlen, Methodik und Erhebung, inländische, ausländische und internationale, Analyse der Differenzen usw.)
Die Schweiz hatte zwar die längste Zeit ein Handelsbilanzdefizit aber sie hatte immer einen Leistungsbilanzüberschuss. Die Handelsbilanz ist ja nur ein Teil davon, d.h. der Warenexport/Import. Dazu kommt noch die Dienstleistungsbilanz und die Übertragungsbilanz. Und da die Schweiz viele Investitionen im Ausland getätigt hat, sind natürlich auch viele Gewinne in die Schweiz geflossen.