Spieltheoretische Gedanken zu Europa

Einige Länder könnten von einem Euroaustritt profitieren, etwa Italien: Der italienische Premierminister Mario Monti während eines Treffens mit Angela Merkel, 4. Juli 2012. (Keystone)
Sprechen wir mal über Spieltheorie.
Was sich nämlich zwischen den Regierungen der Länder in der Europäischen Währungsunion abspielt, ist ein einziges grosses Experiment in Spieltheorie. Vor drei Wochen, im Vorfeld des letzten EU-Gipfels, spielte sich ein «Chicken Game» zwischen Angela Merkel und Mario Monti (hier beschrieben) ab – das der Italiener gewann.
Das war jedoch nur das Vorspiel. Eine weitaus folgenschwerere spieltheoretische Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Italien dürfte sich in den nächsten ein, zwei Jahren abspielen.
Doch dazu kommen wir später.
Beginnen wir zunächst mit Griechenland und Deutschland. Zwischen den beiden Ländern spielt sich seit mehr als zwei Jahren ein klassisches Beispiel des Gefangenendilemmas ab.
Um was geht es beim Gefangenendilemma genau? Zwei mutmassliche Bankräuber werden verhaftet und getrennt von der Polizei vernommen. Jeder der zwei Gefangenen erhält das gleiche Angebot: Wenn er gegen seinen Partner aussagt und dieser schweigt, wird der Verräter frei gelassen und sein Partner muss für zehn Jahre ins Gefängnis. Sagen beide gleichzeitig gegeneinander aus, müssen beide für drei Jahre ins Gefängnis. Schweigen beide, erhalten beide eine einjährige Haftstrafe.
Obwohl Schweigen für beide das Beste wäre, wird jeder gegen seinen Partner aussagen, weil er nicht sicher sein kann, ob er von diesem nicht doch verraten wird. Das «Nash Equilibrium» sagt voraus, dass jeder Gefangene den Anderen verrät. Nur wenn er aussagt, kann er das Szenario verhindern, dass er für zehn Jahre hinter Gitter muss.
Genau das läuft zwischen Deutschland und Griechenland. David Woo, Devisenstratege von Merrill Lynch, hat die Situation zwischen den beiden Ländern schematisch aufgezeigt:

Griechenland steht zwischen der Entscheidung, ob es den Pfad der harten Austerität wählen soll oder nicht. Deutschlands Regierung muss derweil entscheiden, ob sie Eurobonds – also gemeinsame Haftung für die Schulden aller Euro-Staaten – zulassen soll oder nicht, um den Austeritätsprozess im Süden zu unterstützen.
Die Zahlen in der obigen Grafik dienen nur der Illustration, um festzustellen, wer in welchem Szenario etwas gewinnt. Rational betrachtet wäre es für beide Länder am besten, wenn sie kooperieren: Griechenland unterzieht sich der Austeritätskur, und Deutschland willigt in Eurobonds ein. Beide gewinnen am Ende (+5 in der Grafik). Das ist das Szenario, wenn im Gefangenendilemma beide Bankräuber schweigen.
Nun wäre es aber für die Griechen noch besser, wenn Deutschland zwar Eurobonds zulässt, sie selber aber auf Austerität verzichten können. Gleichzeitig wäre es für Deutschland besser, wenn die Griechen den Austeritätspfad bereits ohne deutschen Segen zu Eurobonds wählen. Und weil beide Seiten so denken, stellt sich das Nash Equilibrium – keine Austerität, keine Eurobonds – ein. Jeder der Gefangenen sagt gegen den Anderen aus – und beide verbüssen die Strafe.
Soviel zur Einführung mit Griechenland.
Wir haben in diesem Beitrag letzte Woche schon kurz aufgezeigt, wie momentan die ökonomischen Kräfte in der Eurozone zentrifugal wirken, während nur noch der politische Wille die Währungsunion zusammenhält. Sie wolle «den Primat der Politik über die Märkte wiederherstellen», sagt Kanzlerin Merkel oft. Deswegen gehen die meisten Beobachter der Eurokrise davon aus, dass der politische Wille am Ende obsiegen und die Währungsunion nicht in einem chaotischen Prozess zerfallen wird.
Was aber, wenn einzelne Länder in einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse zum Schluss kommen, ein Austritt aus dem Euro sei für sie langfristig vorteilhafter? Dieses Szenario sollte nicht unterschätzt werden, denn wie mein Kollege Tobias Straumann in diesem Artikel in der «Finanz und Wirtschaft» treffend dargelegt hat, waren es in der Grossen Depression der Dreissigerjahre ebenfalls unorthodoxe – und kurz zuvor geradezu undenkbare – Massnahmen, die zum Ende der Krise geführt hatten.
Der Devisenstratege David Woo ist also der Frage nachgegangen, für welche Länder sich ein überlegter, geordneter Austritt lohnen würde.
Da ist zunächst einmal die zentrale Frage zu klären, ob ein Austritt die Finanzlage des betreffenden Landes verwüsten würde. Länder mit einem grossen Primärdefizit in ihrem Haushalt (Staatsbudget unter Ausklammerung der Zinsaufwendungen) sowie einem grossen Leistungsbilanzdefizit wären besonders gefährdet, von den internationalen Kapitalströmen abgeschnitten zu werden. Hier die Rangliste für die 11 grössten Länder der Eurozone (Quelle: Bank of America Merrill Lynch):

Es überrascht nicht, dass Deutschland und Österreich mit ihrem Leistungsbilanzüberschuss und nahezu ohne Primärdefizit hier die besten Voraussetzungen hätten. Auf Rang drei folgt jedoch schon Italien, zusammen mit den Niederlanden (wobei freilich bei Italien angesichts der Rezession die Gefahr besteht, dass der Primärsaldo schon bald ins Defizit rutscht). Spanien und Griechenland würden mit ihren hohen Defiziten dagegen Gefahr laufen, nach einem freiwilligen Ausstieg sofort von den Kapitalmärkten abgeschnitten zu werden.
Die zweite Frage von David Woo: Welche Wachstumseffekte würde ein Land in seinen Exporten erzielen, wenn es aus dem Euro austritt? Hier trifft er die Annahme, dass die Währung des betreffenden Landes sofort reagieren würde, um bestehende Differenzen in den Lohnstückkosten auszugleichen. Im Fall von Italien kommt Woo auf die – reichlich konservative – Annahme, dass der Wechselkurs der Lira um 11 Prozent fallen würde. Sollte Deutschland austreten, würde sich die Mark um 15 Prozent aufwerten. Hier die Rangliste für diese Fragestellung (Quelle: BoA Merrill Lynch):

Irland und Italien hätten demnach die grössten sofortigen Wachstumseffekte auf ihr BIP zu erwarten: 7 Prozent im Fall Irlands, 3 Prozent im Fall Italiens.
Zwei weitere Fragen, denen Woo nachgeht, betreffen sodann die angenommenen Bond-Zinsen nach dem Ausstieg sowie den Effekt auf die Bilanzen der Haushalte, Unternehmen, Banken und des Staates, wenn alle in Euro denominierten Guthaben und Verbindlichkeiten in die neue Währung umgewandelt werden.
Auch in diesen zwei Fragen schneiden Irland und Italien gut ab, woraus sich folgende Schlussrangliste errechnet (Quelle: BoA Merrill Lynch):

Irland und Italien hätten nach der Betrachtung von Woo also die grössten Anreize, den Euro freiwillig zu verlassen. Spanien, Portugal und Griechenland würden dagegen zu grosse Risiken – dass sie von den Kapitalmärkten abgeschnitten werden – eingehen, sollten sie sich zum freiwilligen Ausstieg entschliessen.
So, zurück zum Thema. Tut mir leid, wenn dieser Beitrag nun etwas lang geraten ist. Wir wollten ja über Spieltheorie sprechen.
Im März 2013 wird Italiens Stimmvolk einen neuen Ministerpräsidenten wählen. Mario Monti tritt nicht mehr an. Nehmen wir also an, Silvio Berlusconi – oder ein anderer Populist – gewinnt die Wahl. Nehmen wir weiter an, die neue italienische Regierung werde eine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung der Euro-Mitgliedschaft machen und dann den heute irrational anmutenden, möglicherweise aber durchaus rationalen Entscheid fällen, den Euro zu verlassen.
Auch die deutsche Regierung müsste sich einer Kosten-Nutzen-Rechnung stellen und sich fragen, was ein Austritt Italiens Deutschland denn kosten würde: Deutsche Euro-Guthaben in Italien würden in Lira umgewandelt, Deutschlands Exporte nach Italien – die Handelsüberschüsse beliefen sich im Jahr 2011 immerhin auf 12 Milliarden Euro – würden sinken, und italienische Unternehmen würden ihren deutschen Konkurrenten auf dem Weltmarkt wieder mehr Wettbewerb liefern. Was, wenn dann Irland und dann noch weitere Länder dem italienischen Beispiel folgen, sich der Euro dadurch immer mehr aufwertet, zu einer zweiten D-Mark wird und das deutsche «Exportwunder» abwürgt?
Leider gibt es in diesem Spiel, das sich nach dem Machtwechsel in Italien 2013 durchaus ereignen könnte, kein Nash-Equilibrium; kein Szenario, in dem sich beide zwar unkooperativ verhalten, damit aber einfach den status quo zementieren. Würde Italien seine Kosten-Nutzen-Analyse sorgfältig machen, gliche dieses Spiel dann eher einer Erpressung: «Entweder Ihr zahlt mit Eurobonds», könnte Berlusconi Deutschland drohen, «oder wir sind draussen.»
Und damit wäre das grosse historische Experiment der Europäischen Währungsunion zu Ende.
63 Kommentare zu «Spieltheoretische Gedanken zu Europa»
Sicher wäre es auch für Graubünden, das Wallis und das Tessin am besten, wenn sie den Franken-Währungsunion verlassen. Denn dann könnte sich dort der Tourismus endlich wieder entwickeln, und der Wettbewerbsvorteil der stärkeren Kantone wäre gebrochen. Die Kantone Zürich und Basel könnten ja mit „CH-Bonds“ für die Schulden der Südkantone haften.
Seiten Jahren profitiert China von unterbewerteter Währung Yuan, jetzt ist das Wachstum in China zum Ende. Die Chinese haben verpasst in der Entwicklung wettbewerbsfähiger Produkte zu investieren, weil sie von Unterbewertung der Währung massiv profiert haben. Sie hatten das Gefühl, solange die Yuan unterbewertet ist, müssen sie in neuen Entwicklungen wenig investieren – mittel- und langfristig wird die bilige Produktionsstandorte versus Kreativität und Innovation verlieren. Als die Schweizer Unternehmen die Produktion nach Asien und Schwellenländern ausgelargt wurden, haben sie nicht verstanden, dass die billige Arbreitskräfte auch seinen Preis haben, nämlich die Technologie- und Innovationstransfer, am Ende sind sie nicht so billig wie es scheint, und die Produktqualität verschleichtet und die Produktzyklus verringt sich, die Umweltbelastung steigt und steigt.
Lustiger Artikel! Habe die ersten drei Absätze gelesen und befunden, dass ich mir den Rest schenken kann. Die Spieltheorie setzt zweckrationale Spielerinnen voraus, und das sollen wir für die Leute, die die EU-Wirtschaftspolitik machen voraussetzen… hihi, aber wenn das die ironische Pointe des Artikels sein soll, nicht schlecht!
Eine nüchterne Kosten Nutzen Analyse kommt für jedes Land zum gleichen Ergebnis:
Miteinander ist nützlicher als Gegeneinander, denn Frieden und Kooperation mit den Nachbarn ist erste Voraussetzung für Wohlstand.
Treten ein oder zwei Länder aus, sind sie entweder Versager (schwaches Land) oder Verräter (starkes Land). Ersteres produziert inneren Unfrieden, welche Nation will schon Versager sein, es müssen Schuldige gesucht werden (Banker, Juden, Ausländer), während zweites äusseren Unfrieden produziert. Ich mache hier nicht auf einen offenen Krieg in Europa als Drohung, es wird jedoch zu protektionistischen Massnahmen (Kapitalverkehrsbeschränkungen, Zölle, vermutlich auch Beschränkungen in der Personenfreizügigkeit) und anderen velfältigen Ressentiments zwischen verbleibenden und austretenden Staaten kommen. Und das Protektetionismus für eine derart vernetzte Wirtschaft, wie sie in der europäische Union existiert, verheerend ist, bestreiten nur wenige Demagogen.
Eine nützliche Alternative wäre allenfalls eine gemeinsam vereinbarte Aufgabe des Euro, zurück zu einer Art Ecu. Ein Alleingang eines Landes ist allenfalls demagogischen Partikularinteressen innerhalb eines Landes nützlich.
Der Autor misst strategische Entscheidungen anhand eines einzigen taktischen Vorteils (Möglichkeit der Währungsabwertung, oder weniger Haftungsübernahme), nur um weiterhin die in der Schweiz so gut zu verkaufende Meinung, der Euro werde bald einmal untergehen, weiter vertreten zu können. Denn auch er erkennt, dass die Mehrheit der Beobachter davon ausgehen, dass die Eurozone NICHT in einem chaotischen Prozess auseinanderfällt. Die Mehrheit der Schweizer Beobachter hofft genau darauf, und zwar nicht nur für die Eurozone, sondern die EU überhaupt. Ich glaube nicht einmal, dass der Autor daran glaubt, die Eurozone werde unkontrolliert auseinanderbrechen, er biedert sich lediglich bei der Mehrheitsmeinung seiner Leserschaft an, schliesslich will er seinen Lohn. „Doing God’s work or just a f…job, dude!“
@ Anh Toan
Teilweise mögen Sie recht haben, wobei auch beim Erhalt des EURO-Raumes Partikularinteressen sich Vorteile beschaffen, wie z.B. die Banken und die Elite.
Ich habe vor etwa 2 Monaten einen Bericht über einen Versuch gelesen, wobei die Teilnehmer bei Einhaltung der Regeln im Durchschnitt besser fuhren, wobei es jedoch dadurch zu grossen Differenzen in Bezug auf die erhaltenen Vorteile führte. Das Resultat war insofern interessant, dass die Teilnehmer es vorzogen, diese als ungerecht empfundenen Differenzen zu eliminieren, selbst wenn sie persönlich dadurch ebenfalls Nachteile erfuhren. Das Bedürfnis nach Gerechtigkeit trumpfte persönliche Vorteile.
Ich erwähne dies in diesem Zusammenhang, um Ihnen die Idee zu unterbreiten, dass an einem Punkt es auf einmal unwichtig wird, ob man aus rein logischen Gründen und rein auf persönliche Vorteile bedacht, man empfundene Ungerechtigkeiten weiterhin duldet oder sich dagegen wehrt. Die emotionale Seite kann massiv an Bedeutung gewinnen, wenn einmal ein genug grosser Teil der Bevölkerung sich benachteiligt fühlt und endlich empfundene Ungerechtigkeiten eliminieren will. In solch einer Situation nützen auch die hohlen Gesten der Politiker nichts mehr, sondern das Vertrauen in die Institutionen wird weiter massiv fallen.
Ehrlich wäre es ja, dass man nicht rueckzahlbare Schulden abschreibt und fehlbare Banker hinter Gitter setzt. Dies wenigsten empfinden die Menschen schrittweise so, wobei die Nebelpetarden der Elite diese Wahrheit nicht anerkennen will. Jedoch wird keine echte Lösung gefunden, bis man sich im Endeffekt in diese Richtung bewegt. Je härter die Zeiten umso wichtiger wird eine gerecht-empfundene Lastenverteilung. In dieser Beziehung bewegen wir uns zur Zeit in die genau entgegengesetzte Richtung.
Wie ich früher schon ausführte, frisst sich die Krise schrittweise zum Kern vor. Heute ist Spanien in den Schlagzeilen, vergleichbar mit Griechenland vor 1 oder 2 Jahren. In einigen Monaten wird es vielleicht Italien sein und in einem Jahr Frankreich, womit einzig Deutschland und ein paar Kleinstaaten übrig bleiben, welche das ganze Gebilde zusammenhalten sollen mit ihrer Kreditwürdigkeit. Jedoch wird auch diese Kreditwürdigkeit dahinschmelzen, sollten diese Länder wirklich den Rest Europas unterstützen muessen.
Wenn Europa aus dem Lichtpegel verschwindet, dürften sich die Marktkräfte auf einen andern Brandherd fokussieren, ob dies nun China, Japan oder die USA ist. Eine Phase der deflationären Kräfte ist nun nicht einfach mit Manipulationen zu meistern, sondern geld- oder finanzpolitische Massnahmen verschlimmern das Problem längerfristig nur. Deflationär ist z.B. auch, dass Staatsschulden an Wert verlieren, indem eben höhere Zinsen verlangt werden. Es handelt sich um eine Bewusstseinsveränderung der Menschen, indem z.B. Kredit resp. Schulden von einem glorifizierten Wort sich in ein Schimpfwort transformieren wird. Diese Veränderung muss man in einem historischen Zusammenhang sehen und dürfte einige Jahre dauern.
@ Linus Huber
Der Zürcher Oekonomieprofessor Ernst Fehr führt seit Jahren weltweite Versuche zu solchen Fragen durch. Er ist auchbTeilndes Forschungsnetzwerks des Dalai Lama zur Ökonomie des Mitgefühls. Alle Ergebnisse zeigen, dass der Mensch keineswegs rein egoistisch handelt und entscheidet, sondern evolutionaer auf Fairness und Ausgleich programmiert ist.
Nur – wenn man die Leute verarscht, indem der Versuchsleiter z.B. offensichtlichen Betrug einzelner oder klare Ungerechtigkeit ignoriert, beginnen die übrigen ebenfalls, zu bescheissen.
Diesen Effekt kann man grossmassstäblich in Euroland oder etwas kleinermasstaeblich im Schweizer Asylantenunwesen täglich betrachten.
@Thomas Ernst:
Die Betrüger und Lügner werden in Bankwelt belohnt, dagegen Menschen, die die Arbeit gut gemacht haben, werden zwar nicht bestraft, aber auch nicht belohnt. Die Spieltheorie sagt voraus, dass in dieser Situation alle versuchen gegenseitig zu betrügen, weil alle die Payoffs maximieren wollen. Die Finanzkrise in 2001 und 2008 wurde durch Betrug in Banken und bei Finanztricksbetrügern ausgelöst, weil sie finanziell fürstlich belohnt wurden.
…so hätten die reichsten Bürger….
http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/konjunktur/Ueber-20-Billionen-Dollar-lagern-in-Steueroasen/story/18147908
…an Steuern hinterzogen. Was ich schon lange vermutet habe ist, diese Mechanismen gehen vor allem über Import und Export -Geschäfte -deshalb sind die Politiker und Finanzmanager auch so wild danach aus auf Teufel komm raus die Geschäfte ausserhalb des Binnenmarktes zu fördern. So zeigt etwa die Entwicklung des Binnemarktes in Deutschland seit langem stagnierende Tendenz, während die Auslandgeschäfte boomen. Bei uns sieht das nicht viel besser aus. Es wäre an der Zeit die Finanz-Interpol auf solche Hinterzeihungsmechanismen anzusetzen.
Austerität ???
Wir liegen noch meilenweit entfernt von wirklicher Austeritaet. Weltweit wächst das Kreditvolumen noch immer stärker als die Wirtschaft. Wenn die Tage wirklicher Austeritaet kommen, werden wir erkennen, in welche missliche Lage uns die Politik der letzten 30 Jahre führte, indem jede kleine Delle gleich als Grund für finanz- und geldpolitische Massnahmen begruesst wurden. Wir haben uns so sehr an Schuldenwirtschaft gewöhnt, dass aus historischer Warte betrachtet, wir an Wahrnehmungsfähigkeit zu einem hohen Masse eingebuesst haben und Hoffnung mit einer realistischen Einschätzung der Situation ausgetauscht haben.
Herr Huber, das sehe ich ähnlich -allerdings mit Ausnahmen. Die Austerizität ist vor allem bei den unteren Gesellschaftsschichten -und den schwächeren Bürgern, bereits angekommen. Im letzeren Fall betrifft sie auch in der Schweiz die von den Sozialwerken Abhängigen. Doch hierhin in der Schweiz fliesst noch viel Geld in die obere Mittelschicht und an die Millionäre, diese können sich wirklich nicht beklagen.
Es fragt sich wie lange sich die Schweiz noch aus der Abwärtsspirale der EU herauswinden kann. Ich denke solange die Politik im Westen Milliarden in das Bankensystem pumpt um es zu retten, wird die Schweiz ein Sonderfall bleiben.
Um auf ihre These zurück zu kommen, die Japaner beklagen sich dass sie seit letztem Monat nicht mehr die Wirtschaft stärkste Region in Asien sind sie wurden von den Chinesen abgelöst, Allerdings -nur in absoluten Zahen. Wenn man die Wirtschaftsleistung durch die Bevölkerungsanzahl teilt, sieht das alles noch ganz anders aus.
Das gilt auch für die „armen Italiener“, sie beklagen einen Wirtschaftseinbruch -haben allerdings weit mehr Automobile im Verkehr als in ganz China zusammen. Man teile durch die Bevölkerungszahl -das ist Medizin für alle jene die glauben dass die Austerizität alle Bürger betrifft. Die Auserizität in der EU -Region betrifft die Schwächsten, obwohl deren Zahl laufend ansteigt ist die Mittelschicht noch nicht dermassen erodiert wie in den USA. Sie haben Recht, die Sparprogramme sind wohl erst er Anfang, noch scheut man sich auch im oberen Einkommensbereich Geld einzusammeln um die Bankenrettungsprogramme zu finanzieren. Wir stehen erst am Anfang einer Katastophe die im Zeitlupentempo voran schreitet -aber die Geschwindigkeit des Niedergangs hat nicht seine Analogie in der mathematischen Relation, sondern in der Erkenntnisfähigkeit von Politikern, Ökonomen und Investoren. Der Bankrott einer Bank, oder auch des Finanzsystems benötigt komplexer Analyse -ist das Geld in Zunft verloren oder nicht? Bevor nicht das Vertrauen der Investoren in einen Finanzkonzern verloren ist, solange erscheint dieser auch nicht bankrott -das ist anders als im privaten Insolvenzverfahren. Eine Banke kann sagen -uns wird der Staat helfen- also sind wir nicht Insolvent -selbst dann wenn dies mathematisch der Fall wäre.
In kleinen Drippelschritten abwärts, so bezeichnete Eric Bonse in der TAZ das Spielchen das derzeit in Europa geklopft wird.
Das Paradoxon heisst -die Banken haben sich verspekuliert -aber man muss auf die Banken spekulieren -ihnen Geld geben- um nicht von einer Waageschale nach unten auf die nächste im Ungleichgewicht geworfen zu werden. So jedenfalls sehen das viele Politiker -und natürlich alle jene Eliten die mit gutem Sparsocken noch sehr gut im Saft liegen.
Von den Krisenprofiteuren gibt es gar nicht so wenige wie viele glauben -aber sie alle benötigen das wass sich für den Westen als sein grösstes Gift herausgestellt hat -nämlich den Provit aus Export/Import -Geschäften und dem nach Anlagemögichkeiten suchenden Kapital der Rentensparer. Alles das viele Kapital der zukünfigen Rentner wiegt im Westen inzwischen Billionen, und weil Geld nicht alleine arbeitet -so müssen die zukünftigen Rentner doppelt arbeiten -oder neun- es ist vermutlich das dreifache wie wenn man noch im Umlageverfahren älter werden könnte. Ja, und jeden Tag wirft alleine die Deutsche Banke dutzende neuer Werpapiertypen auf den Markt -man bündelt mal diese zusammen -mal jenes zusammen .und das schönste- so kann der Banker aus einer Sicherheit via undurchsichtiger Derivate gleich dutzdene erschaffen -und diese bei der EZB melden -natürlich muss man sehen das man die Regulierung (die vielleicht nie kommt) eben soch noch mit Tricks erfüllen kann.
Und ja -jeden Tag gründeten Banken zu dutzenden neue Töchter -um etwa in den USA den Behörden zu entgehen. Währenddessen steigen die Schuldenlasten immer weiter -denn wo keine Insolvenz gemeldet wird steigen die Schulden munter weiter -übrigens ist Ende Jahr das Target-2 Ungleichgewicht in Europa so hoch dass eine weitere Umschichtung kaum mehr möglich ist. Die Eliten werfen alles Geld in den Schlund der Banken- denn wenn sie das nicht mehr tun- und dieser Tag wird kommen -so geht heute Abend der Bankenschalter zu und öffnet Morgen mit einer neuen Währung -alles verspielt- so wie in Simbabwe eben-angeblich bei uns nicht möglich.
Das Problem mit steigendem Zinssatz bei Staatsanleihen wurde nicht optimal gelöst. Die Verweigerung der EZB für den Kauf der spanischen und italiienischen Staatsanleihe verschaft kein Vertrauen, die Zinssenkung zerstört das letzte Vertrauen. Draghi betreibt zur Zeit die falsche Geldpolitik, anscheint hat er die Problematik in EU nicht begriffen. Es ist nicht ein Problem der Liquidität bei Banken, sondern das Vertrauen innerhalb der EU gestärkt werden muss, das kann nur durch den Kauf der Staatsanleihe erreichen.
Es ist eine Utopie zu glauben, dass sich die Euro-Staaten zu einer partiellen Aufgabe ihrer Souveränität durchringen könnten. Das eigene „Hemd“ ist den Politikern am wichtigsten und das heisst, wie gewinne ich die nächsten Wahlen. Die Inkompetenz und der Dilettantismus der Politiker ist doch wohl hinlänglich bekannt. Die gesamte Politik wir doch nur noch von den Lobbyisten (sprich: Wirtschaftskonzernen/Finanzmolochen) wie Marionetten vorgeführt. M.E. wird der Euro-Raum verkleinert, d.h., die schwachen Euroländer werden austreten (müssen). Nur so können sie ihren Laden wieder über eine Abwertung in Ordnung bringen. Bleiben si beim Euro, ginge das nur über eine „innere“ Abwertung, und dies bedeutet: Sparen, sparen, sparen.
Allerdings werden dann die Kreditgeber dieser Länder (allen voran die „deutschen“ Banken) erhebliche Schwierigkeiten bekommen (Abschreibung ihrer Forderungen). Und da schliesst sich der Kreislauf: Die Deutsche Bank bestimmt, was Angela Merkel darf oder nicht – s. Redenschreiben von Ackermann für Merkel.
Spieltheoretische Überlegungen sind sicher insoweit auf die reale Euro-Situation anwendbar, als es hier um mehrere Parteien/Lànder und ihre Interessen geht und zwar um wirklich vitale Interessen wie den Beschäftigungsgrad, die zukünftigen Wettbewerbschancen und die Rückzahlung von Geldern in Höhe von vielen Milliarden Euro.
Die reale Situation ist aber um vieles komplizierter als ein idealisiertes spieltheoretisches Szenario – unter anderem deshalb, weil
1) kaum jemand in der Lage ist, die Handlungskonsequenzen (z.B: Aufgabe des Euro) richig einzuschätzen
2) Jede Partei/Jedes Land bereits verschiedenartige Interessen bündelt. Die Entscheider in Italien haben also nicht unbedingt die Interessen des italienischen Vokes im Auge, sondern evtl. nur ihre eigenen oder die einer kleinen Elite.
3) Länder die eine Vergemeinschaftung der Schulden am deutlichsten ablehnen zugleich diejenigen sind die von einer Aufspaltung der Eurozone am schwersten getroffen würden.
Was oben nicht erwähnt wurde sind die grossen Target2-Salden auf denen die deutsche Bundesbank sitzt. Diese würden (erst) bei einem Zerbrechen der Währungszone „aktiviert“ werden. Deutschland ist nur schon deshalb daran interessiert, ein Zerbrechen der Euro-Zone zu verhindern. Gleichzeitig wird es dadurch von den „Schuldnern“ erpressbar.
Die reale Situation übertrifft in ihrer Vertracktheit jedes spieltheoretische Modell. Eines macht das Denken in „Gefangenendillemma“ etc. aber sichtbar. Es gibt, was die Euro-Frage betrifft, Raum für kühne, provokant auftretende Strategen, die das Undenkbare (das Zerbrechen der Euro-Zone) zum Spielball, zur Verhandlungsposition machen könnten.
Bis jetzt gab es noch keine Seite, die mit dem Zerbrechen der Euro-Zone drohte und fälschlicherweise nehmen viele an, Deutschland wäre noch am ehesten am (sanften?) Ende des Euro interessiert. Doch vielleicht ist es genau umgekehrt und ein grösseres Land, das mit dem Ausstieg aus dem Euro droht, wenn nicht die und die Bedingungen erfüllt sind, könnte Deutschland in arge Verlegenheit bringen.
Ich bin immer noch in der Meinung, dass die Griechen nicht zu EU gehört. Die gigantisch strukturellen Problem in Griechenland könne nur die Griechen selbst lösen. Zur Zeit wird der EU-Arbeitsmarkt von Griechen überschwennt, weil sie keine Arbeit in Griechenland finden, das trifft auch der Schweiz hart.
Die Reformen in Griechenland kommen zu langsam voran, dass die Sparnahmen in Griechenland nicht vollständig umgesetzt werden, zeigt, die Griechen nicht in EU bleiben wollen. Der Austritt Griechenland würde die finanzielle Belastung der EU verringen.
Die genannten Überlegungen zur Spieltheorie setzen voraus, daß die Summen bekannt sind, um die es geht. Anders als beim Gefangendilemma wie im Fall Deutschland/Griechenland dargestellt haben wir hier einen sehr komplexen Sachverhalt vorliegen. So sind Nutzen und Kosten der Alternativen nicht oder wenn, dann nur sehr wage abschätzbar.
Angenommen, die Eurozone spaltet sich auf, angenommen, es kommt dann zu ökonomischen Verwerfungen, angenommen Europa rutscht in die Depression. Dann nutzt den Italienern und den Iren ihre Abwertung doch kaum noch etwas. Von den Aufwertungsländern nicht zu reden.
Eine Grunderkenntnis beim Gefangenendilemma ist doch gerade, daß zum Erreichen einer für beide Seiten optimalen Lösung die Gefangenen in Interaktion treten müßten. Das aber ist doch nun auf europäischer Ebene jederzeit möglich. Vielleicht bin ich da naiv, aber mit einer Doppelstrategie Reformen/Austerität plus Alimentierung durch die Nordländer ließen sich die Kosten für die Beteiligten noch immer relativ am geringsten halten.
Die größte Gefahr sehe auch ich in der Tat in politischen Mehrheiten, welche sich an solche Kalküle nicht gebunden fühlen und statt dessen ihre eigenen (Macht-)kalküle anstellen. Dies wäre bzw. ist im Fall Griechenland zwar nicht harmlos, aber letztlich wohl bewältigbar. Richtig gefährlich würde es aber dann werden, wenn 2013 in Italien eine Berlusconi-Mehrheit resultierte. Zwar denke ich, daß heute die Italiener Berlusconi eher für ein Teil des Problems denn für einen Teil der Lösung halten. Aber eine Sicherheit dafür, daß die Italiener gegen Berlusconi votieren werden, resultiert daraus nicht. Daran könnte die Sache mit dem Euro in der Tat zugrunde gehen. Sie könnte auch gut gehen, aber dafür bräuchte die Politik einen langen Atem. Ob sie ihn auch wirklich hat, hängt davon ab, was sie will. Die Errungenschaften des zusammengewachsenen Europa werden heutzutage vielleicht zu sehr als selbstverständlich genommen. Viele kennen es gar nicht anders. Das böse Erwachen könnte dann kommen, wenn die Sache begänne, auseinanderzubrechen. Aber dann könnte es zu spät sein.
Hervorragend inzwischen ihr Nevermindthemarkets Teil. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass es hier nicht um ein „One shot game“ geht. Die Welt ist nach dem Deal nicht zu Ende und es sind unzählige Ausgleichsmechanismen möglich (z.B. Eurobonds im Tausch gegen Aufischtsrechte für EZB/Troika). Wäre es nur ein einfaches Oneshot Game hätten sich Deutschland und Griechenland schon lange geeinigt.
da muss ich Sie enttäuschen Herr Notter, rechnerisch gesehen ist das Spiel längst vorbei -was jetzt noch kommt ist der Abgesang -und der dauert halt etwas länger als bei klassischer Musik. Es dauert eine Weile bis das Vertrauen der Anleger in Panik umschlägt, das Spielchen um Vertrauen ist das Gummiband der Börsenspiele -auch jeden anderen Schneeballsystems.
Die Spieltheorie der Finanzjoungleure heisst sozialdarwinistisch denken, nicht positiv denken wie beim Psychiater -sondern schauen wem man noch was wegnehmen kann. Und wenn die Pyramide der „besitzenden Eliten“ wie im vorgegebenen Fall ein Selbstläufer geworden ist -dann sind jeglichen Ausgleichsmechansmen von denen Sie träumen nichts als Eis auf haltlos brennendes (Schulden) -Feuer (der PIIGS und der kleinen Schweinchen bei uns).
Die Untergangsprognostiker verlängern laufend die Restlebensdauer des Euro. Mittlerweile sind wir schon bei 1-2 Jahren.
„Ein Experiment (von lateinisch experimentum „Versuch, Beweis, Prüfung, Probe“) im Sinne der Wissenschaft ist eine methodisch angelegte Untersuchung zur empirischen Gewinnung von Information (Daten).“ (Wikipedia). Der Euro ist kein Experiment, er wurde nicht eingeführt, um Daten zu gewinnen, sondern um die reale Einigung Europas zu vertiefen, im Kern mit dem Ziel, die ansonsten dominierende Macht Deutschlands in Europa einzubinden. (Man kann auch sagen, mit dem Ziel der Ausbeutung der Arbeitnehmer zu Gunsten des Kapitals, oder mit dem Ziel der US Wallstreet Mafia, Europa zu schwächen, aber zum Zweck der empirischen Daten- oder Erkenntnisgewinnung wurde er nicht eingeführt). Wird der Euro als Experiment bezeichnet, wäre auch die Menschenrechtskonvention, die Uno überhaupt, ja selbst die Nationalstaaten nur Experimente, die direkte Demokratie in der Schweiz wäre ein Experiment, jede Ehe ein Experiment, im Kern jede Veränderung und eigentlich auch jede Nichtveränderung sind lediglich Experimente.
Jemand der als Wissenschaftler ernst genommen werden möchte, sollte verstehen, was als Experiment bezeichnet wird. Es gibt natürlich auch die Stammtischversion, in welcher jede sich als falsch herausstellende oder gar nur als falsch kritisierte Entscheidung als Experiment bezeichnet (Personenfreizügigkeit). Experimente in diesem Sinn sind gescheiterte Veränderungen. Dies meint der Auto wohl, wenn er vom „historischen Experiment der Währungsunion“ faselt.
@ Anh
Ihre angeführte Definition von „Experiment“ gilt nur für wissenschaftliche Experimente.
Umgangssprachlich bezeichnet man allgemein Vorhaben, deren Ergebnisse nicht wirklich abschätzbar sind, gerne als Experiment.
Der Begriff scheint mir hier durchaus korrekt verwendet in dem Sinne von „sie hatten keine Vorstellung davon, was sie da lostreten“.
Die Ausführungen geben interessante Denkanstösse. Allerdings sind meines Erachtens zwei gewichtige Einwände zu machen:
1. Zur Spieltheorie am Beispiel von Deutschland und Griechenland: Die hergeleiteten Ergebnisse könnten allenfalls dann stimmen, wenn wir es bei der Austerität und den Eurobonds mit zwei gleichwertigen Faktoren zu tun hätten. Dies ist aber nicht der Fall. Die Eurobonds sind ein Mittel, die Zinskosten eines hoch verschuldeten Landes bei der Neuaufnahme von Mitteln etwas zu dämpfen. Die Austerität hingegen ist eine langfristig angelegte Massnahme, um strukturelle Defizite im Staatshaushalt zu beseitigen. Medizinisch gesprochen geht es in einem Fall also um eine Symptombekämpfung („Schmerzlinderung“, „Fiebersenkung“). Diese kann den Heilungsprozess fördern und allenfalls beschleunigen, aber nicht die zugrundeliegende Krankheit beseitigen. Die Austeritätspolitik ist der schmerzhafte Eingriff, der nötig ist, um das Übel, sprich das Leben auf Pump bzw. auf Kosten zukünftiger Generationen, zu tilgen. Dieser Prozess dauert eine gewisse Zeit. Daraus folgt: Eurobonds ohne Austeritätspolitik brächten langfristig auch für Griechenland keine Verbesserung. Man würde das Grundproblem nur weiter vor sich herschieben. Ganz zu schweigen von negativen Nachahmereffekten, indem andere zur Verschuldung neigende Staaten keinen Anlass hätten, ihre Politik rechtzeitig zu überdenken.
2. Die Hypothese, dass Italien von einem Euro-Autritt profitieren würde, weil es eine überschaubare Primärverschuldung, jedoch hohe Handelsbilanzdefizite aufweist, ist nur bedingt richtig. Sie verkennt, dass die Märkte psychologisch reagieren und einzelne Faktoren weder fein säuberlich analysieren noch würdigen. Es geht letztlich um das Kapital des Vertrauens. Dieses wurde im Italien Berlusconis hochkant verspielt, und Monti bzw. seine hoffentlich ebenso fähigen Nachfolger werden noch geraume Zeit brauchen, um es wieder zurückzugewinnen. Mit anderen Worten: Eine Euro-Austritt könnte sich für Italien allenfalls in einigen Jahren lohnen, wenn sich die Situation an den internationalen Finanzmärkten beruhigt hat. In der derzeitigen Hektik würde ein Austritt Panikszenarien auslösen und Italien ebenso schaden wie den anderen hochverschuldeten Euro-Staaten und Deutschland.
sorry, aber auch ihr Kommentar ein Beispiel für faktenaverses Herumgerate.
Italien hat seit Jahrzehnten keinen Primärverlust sondern einen Primärüberschuss.
Primärüberschuss I 2012: 3,1 %
Primärüberschuss D 2012: 0,9%
(die Zahlen im Artikel sind übrigens falsch).
Italien braucht ab dem Tag der Währungsumstellung kein neues Geld von aussen, sondern hat Überschüsse.
Der einzige Nachteil für die Investoren wird es sein, dass die Kredite verlängert werden müssen. Aber da kann man sich sicher einigen.
Und dem steht gegenüber die Fähigkeit, Geldpolitisch wieder das Heft in der Hand zu haben. In diesem Augenblick sinken die Zinsen wegen Sinnlosigkeit spekulativer Attacken.
Zudem sind die Schulden zu 65% in inländischer Hand. Eine entsprechende Abgabe würde die Zinsgewinne sofort wieder verfügbar machen.
Sie zaubern immer neue Kaninchen aus dem Hut. Letztlich geht es mit allen Tricks und Kniffe darum, den ESM zu installieren über welchen das D-Bundesverfassungsgericht noch berät bez. Ratifizierung und im Sept. entscheidet. Was das hiesse bei Zustimmung – Brüssel-EU-Finanzdiktatur, weil die Länder die Finanzhoheit an Brüssel abgeben müssten. Einiges zu lesen
unter: http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/10438-esm-der-ganz-grosse-coup
Da heisst es abschliessend: „(4) Wie alle anderen beteiligten europäischen Spitzenpolitiker erkannten schließlich auch die deutsche Kanzlerin und ihr Finanzminister, dass sie im Falle des Auseinanderbrechens der Euro-Union hochkant aus ihren Positionen fliegen könnten; denn als Mitverantwortliche und später Hauptverantwortliche der Eurokrise durften sie mit Nachsicht der Wähler nicht rechnen. Ihre Karriere wäre definitiv beendet gewesen. Sie haben über Jahre als deutsche Geschäftsführer eines Eurolandes die Geschäfte des Euro nachlässig und kaufmännisch unfähig geleitet und damit die Euro-Union an den Rand des Untergangs geführt.“
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Merkwürdigerweise wird nie überlegt, was passiert wenn die finanziell stärkeren Länder aus dem wackligen Euro aussteigen und gemeinsam einen starken neuen NEuro mit verblindlichen Konvergenzkriterien und automatischen Sanktionen gründen.
Die Euroländer können sich dann überlegen, ob sie dem neuen NEuro beitreten oder den alten Euro gemeinsam inflationieren.
Das machen die Deutschen nicht, weil die Politiker dann eingestehen müssen, wieviel Geld sie schon in den Sand gesetzt haben. Deutschland hätte wohl auf einen Schlag 20-30% der BSP mehr Staatsschulden. Die Deutschen wurden schon beim Beitritt in den Euro über den Tisch gezogen.
Das wäre die beste Lösung für Deutschand: Raus aus dem Euro! Und zwar so schnell wie möglich!
Ja.
Wie mir ein erfahrener Trader (und späterer Chef seiner Bank) gesagt hat: Das allerwichtigste, ist zu wissen, wann man einen Verlust nehmen muss.
Schleche Händler versuchen immer, sich abzeichnende Verluste durch noch riskantere Deals zu kompensieren … was dann erst recht ins Elend führt!
Genau wie der Euro alle Beteiligten ins Elend führt, egal ob die Starken (DE), die Schwachen (GR, ES) oder die Nichbeteiligten (US, CH).
Italien wird mit Abstand die kleinsten Probleme haben, aus dieser Krise herauszukommen. Die haben eine enorm grosse und stark verwurzelte Schattenwirtschaft, die nicht in den offiziellen Finanzstatistiken auftauchen. So etwas in dem Ausmass hat kein anderes Land in der Euro Zone. Eventuell noch Spanien, wo es trotz extrem hoher (offizieller!) Arbeitslosigkeit bei den Jugendlichen doch recht ruhig zu geht (die Proteste gehen noch gesittet von statten).
Und das ist auch die Krux für die Polit-Eliten: sie verhandeln und handeln auf Daten, die soweit weg von der Realität sind, dass es schon fast lustig ist, dem Treiben zuzuschauen. Zum einen sind die Zahlen für jeden Staat sowieso fixiert, zum anderen geben die Zahlen keine wirkliche Aussage über Wohlstand und Zufriedenheit der Bevölkerung wieder und zum dritten (und das ist fast das wichtigste): die Bevölkerung schert sich (mehrheitlich) einen Dreck um die Politik und deren Entscheide und wirtschaften am System vorbei.
Es ist alles ein riesiges Theater, von den Bankern und Finanzexperten inszeniert, von den Politikern aufgeführt und von den Medien beworben. Eine bombastische Aufführung mit dem Propagandaziel für mehr Zentralisierung von Macht.
Die Betrachtungen sind wohl interessant, aber in der Realität spielen sie keine Rolle. Sie würden nhmlich voraussetzen, dass die Staatspräsidenten oder die Entscheidungsträger (vor und hinter der Kulisse) nur für das Wohl des Staates denken. Die Denken aber nur an das eigene Wohl und wenn das gesichert ist auch noch ein bisschen das Wohl der Bürger und des Staates.
Solange die Mächtigen und Reichen des jeweiligen Landes vom Verbleib in der Eurozone profitieren und die Möglichkeit haben ihre Schäfchen laufend ans Trockene bringen, solange haben sie kein Interesse an einem Ausstieg. Dieser Punkt müsste also in obige Theorie einfliessen. Welche Vorteile, welchen Nutzen haben die Mächtigen bei welcher Variante. Dann währe diese Spieltheorie wieder interessant.
Es ist die Diktion in Artikel und Kommentaren schon sehr interessant und aussagekräftig.
1) „Erpressung“ also wenn ein Land immense Schäden davonträgt stellt es eine Erpressung dar, eine Änderung der Situation zum Wohle der Bevölkerung in Betracht zu ziehen ?
2) Deutschland ist zwar der Gewinner in der Meinungsmache- und Publikationsindustrie. Auf dieser Ebene ist D Zahlmeister. In der Realität gibt es nieamden, der seit bestehen von Euro und EZB mehr auf Kosten der anderen gelebt hat. Nur ein Beispiel:
Der Beitragssaldo bei den Rettungsaktionen liegt für D bei ca. -150 Mrd Euro, D ist Nettoempfänger und zahlt diesen Betrag weniger ein als es an Forderungen hat, die in Grl, Irl, P, Esp im Risiko stehen (insgesamt ca. 467 Mrd.) Demgegenüber ist zahlt Italien 120 Mrd. Euro mehr ein, als überhaupt am Risiko in diesen Ländern hat (insgesamt 90 Mrd).
3) Weiters leidet ja nicht nur der Steuerzahler sondern die ganze Wirtschaft in Italien unter dem hohen Zinspspread, der nur dadurch zustandekommt, dass die Währungsunion ohne Zentralbank in der Krise so besteht wie sie ist – und jeder auf D setzt, weil bei einem Bruch dort aufgewertet wird.
D ist nicht Zahlmeister sondern Nettoempfänger und solange D von der Krise lebt und profitiert, wird diese auch nicht enden.
Deutschland sitzt auf etwa 800 Mrd. Guthaben bei der EZB, dort sind als „Sicherheit“ dafür Versprechen der griechischen, spanischen, italienischen und wohl auch französichen Notenbank hinterlegt. Bei einem Exit dieser Länder wird Deutschland einen grossen Teil dieses Geldes verlieren. Die 150 Mrd. sind Peanuts verglichen mit den möglichen Verlusten aus dem sog. Target-2-Mechanismus.
Also, Deutschland als Nettoempfänger zu bezeichen, ist doch etwas blauäugig. Vielleicht die Deutsche Industrie, aber nicht der ganze Staat.
Auch der deutsche Steuerzahler ist Nettogewinner, er gewinnt über das Ausbleiben von Austerität durch gesparte Zinsen, er gewinnt indirekt durch wettbewerbsverzerrenden Zinsspread, der sich auch auf die Wirtschaft auswirkt (die ja im übrigen das grüsste Interesse am Fortbestand der Krise hat genau aus dem Grund).
Reden Sie sich nur in die Operrolle, da will die CDU sie haben.
Es wird kein EU-Länder austreten und Euro-Bond wird bald kommen. Das Nashs Gleichgewicht spielt im Fall der EU-Krise keine Rolle, weil der Lösungsansatz klar ist, nämlich der Zusammenschluss der Euro-Länder.
Zusammenschluss … bei gleichzeitiger Beerdigung der Restdemokratie, die in diesen Ländern noch simuliert wird…
Damit Italien langfristig seinen Wohlstand festigen und wirtschaftlich mit Deutschland und anderen Nordländern in der selben Liga spielen kann müsste es sich des gesamten massiv defizitären Südens seines Landes entledigen. Dies wird nicht passieren, deshalb dürfte ein Euro-Austritt zwar ein Strohfeuer verursachen, aber gleichzeitig die Verhandlungsposition Italiens gegenüber den verbleibenden Euroländern für Jahrzehnte schwächen. Letztendlich ist im wesentlichen die Effizienz ausschlaggebender Faktor eines nachhaltigen Wachstums.
Ebenfalls ein reines Bauchurteil. Nicht alle Regionen in Süditalien sind gleich entwickelt.
Aber auch nicht alle Regionen in Norddeutschland sind reine Nettoempfänger (Hamburg etwa nicht). Es gibt in D nur 3 Nettozahler im Finanzausgleich.
Ihr Kommentar zeigt nur, wie in der Krise vor allem bauch- und vorurteilsgesteuert gedacht und argumentiert wird.
Sicher kostet es Mühe, sich vorher einzulesen ….
Dass es innerhalb einer strukturschwachen Region wie Süditalien ein paar weniger schwache Regionen gibt, ist völlig logisch und unbestritten, aber genau Hamburg welches sie Beispiel auswählten zeigt auf, dass es eine Sache ist ein Haushaltsbugdet einzuhalten, wo Hamburg alles andere als ein Musterknabe ist, aber eine völlig andere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu bewerten. Hamburg hat mit riesigem Abstand das grösste pro Kopf BIP von allen Deutschen Bundesländern. Nun nennen sie mir eine auch nur ansatzweise vergleichbare Situation im grossflächig unrentablen Süditalien im Vergleich zum Rest des Landes.
Sie wollen doch nicht ernsthaft das Meer der norddeutschen fiskalischen Schlampigkeit (das sage ich jetzt mit Bedacht übertreibend) mit dem Überschuss einer einzigen Stadt gutreden ?
Und was wäre mit dem Finanzchaos in Berlin ?
Aber zu Süditalien: Hervorstechend wäre Apulien, das weit stärker gewachsen ist als der Durchschnitt. Mir stellt sich nur die Frage, wieso Sie sie nicht selber googlen, wenn man will, hat man die Unterschiede schnell.
Wenn man nicht will, bleibt man der selbstgerechte „Bauchredner“ …
Wenn sie Appulien als inbegriff einer dynamisch aufstrebenden Region betrachten, sollten Sie, um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, Beispiele aus ehemals strukturschwachen Regionen in Deutschland wählen. Im Vergleich zu Sachsen mit dem Grossraum Dresden oder Thüringen ist Appulien wiederum nur zweitklassig, übrigens auch îm Vergleich mit ganz Polen!
Die Kosten, die nicht in die obige Berechnung einfließen, sind indirekte Kosten, wie sie durch die Verwerfungen im Gefolge eines ordentlichen oder unordentlichen Zusammenbruchs der Euro-Zone entstehen würden. Das „Experiment“ EU wäre gescheitert, der Gemeinsame Markt gefährdet. Der Ruf der EU in der Welt völlig runiniert. In Europa würden die Grenzen wieder hochgezogen, und die EU hätte auch als Handelsmacht nicht mehr viel zu sagen. Hinzu kommen die politischen Kosten im engeren Sinne: Misstrauen zwischen europäischen Mächten, Gegeneinander-Ausspielen im Verhältnis zu Washington, Moskau, Peking. Die Debatte über den Austritt von Ländern aus dem Euro kann man nicht kurzfristig-ökonomisch führen, man muss langfristig-ökonomische und politische Kosten einberechnen. Genau deshalb hat Merkel entschieden, gegen ihre eigentlichen Präferenzen sich zur Mater Europae aufzuschwingen, zur Mutti Europas. Jetzt machen aber die großen Jungs ihr mehr Probleme, als sie eigentlich ertragen kann – nicht einmal die Regierungsparteien stehen geschlossen hinter ihrem Programm. Von hier kommt die größte Bedrohung für die Fortexistenz des Euro: dass die Deutschen sich nicht mehr von Merkel zum Zahlen drängen lassen. Die Unwilligkeit ist bereits groß – auch weil Merkel es nicht versteht, zu erklären, wofür das Geld denn eigentlich ausgegeben wird, nämlich zum Erhalt eines Gebildes, das Deutschland nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch das Leben erheblich erleichtert.
@ Ulrich
Auch engagiert vorgebrachte politische Meinungen wie die Ihre hier können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der ganze EUR- Schlamassel vorhersehbar und von ruhmgeilen Politikern verbockt worden ist. Die Konstruktion mit nur einer gemeinsamen Währung für ein Gebilde, das keine vernünftige Währungszone darstellt, ohne gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik ist und bleibt eine Totgeburt.
Je schneller man den Wahnsinn beendet, desto geringer sind die Folgekosten.
In den USA hat mal ein Landesparlament beschlossen, die Kreiszahl Pi auf 3.00 zu reduzieren, um den Schülern das Rechnen zu vereinfachen. Der Euro ist dieselbe Art von Idiotie.
@Thomas Ernst: Ihre Kritik am Eurokonstrukt mag ja zutreffend (und ist eh schon nichts Neues mehr), aber dass Sie hier solche Ammenmärchen wie das mit der Zahl Pi erzählen (eine altbekannte Zeitungsente), lässt Sie nicht gerade glaubwürdig erscheinen…
interessante zeit und unterhaltungsthesen die man sich da erlaubt.
während der gesunde verstand gar nicht befragt, werden fleissig moralische und andere leerlaufdiskussionen geführt, wie’s sein könnte.
wer raus gehört sind die, welche die aufnahmekriterien nicht erfüllt hatten.
per sofort. die zweite, sinnvollere variante: kreieren eines nord-euros und rest soll mit dessen papier weiterspielen.
hauptsache die NB steigt endlich aus dem kopflosen Eurokaufen aus.
apropos Frankenkurs zum Euro -da konnte die SNB heute das erste mal zu regulären Handelszeiten den Kurs von 1.20 nicht mehr halten -ich vermute dass hat dann einige Milliarden gekostet….
Warum sollte ein „Dip“ die SNB etwas kosten? Buchverluste resultieren erst dann, wenn der Kurs zum Bilanzierungszeitpunkt (am Tagesende) tiefer ist, als der Einstandskurs.
Da die SNB die CHF, mit denen sie die EUR bezahlt, aber ohnehin kostenfrei aus der dünnen Luft greift, resultieren m.E. keine echten Verluste.
@Thomas, das kostet etwas weil der Dip nur ein Dip sein kann wenn das gekaufte ausländische Geld im Anschluss an das Geschäft über einen grösseren Zeitraum einbehalten wird.
Sie haben zwar Recht, wenn der Euro wieder steigt könnte die SNB wieder verkaufen und sogar einen positiven Abschluss machen. In der Praxis ist es aber so dass erst ein längerer Zeitraum Aufschluss darüber gibt ob die Geschäfte viel Geld gekostet haben oder nicht.
Würde die SNB kurz nach einem Devisenkauf sofort wieder verkaufen, so würde sie beim Markt an Vertrauen verlieren, es würden Zweifel aufkommen ob es der SNB wirklich ernst ist mit ihrer Kurspolitik. Und beneken Sie, wenn die SNB die Devisen wieder verkauft -so arbeitet sie in diesem Moment wieder gegen den gewünscht schwächeren Frankenkurs.
@ ast
Ich sehe Ihre Überlegungen. Doch scheint mir für den Sonderfall der Notenbank die von Ihnen getroffene Annahme, dass der “ Kauf“ von EUR am Markt die SNB irgend etwas reales kostet, einfach unzutreffend. Während im umgekehrten Fall einer beabsichtigten Stützung der eigenen Währung der Notenbank irgendwann die Devisen ausgehen (Fall Soros gegen die Bank von England), kann ja die Notenbank jederzeit beliebig viele CHF kostenfrei herbeizaubern. Für diese bekommt sie zwar potentiell wertlose Fremdwährung (EUR), doch ihre Reserven an CHF sind ja tatsächlich unerschöpflich.
Schwierig wird es tatsächlich erst, wenn, wie Sie schreiben, die SNB die exzessive ( im Ausland aber im Moment gehorteten) Menge an CHF wieder absaugen will. Ob sie das will, ist für mich die zentrale Frage. So wie die bekennende Verräterin EWS und die SNB die USA in ihrem Raubzug gegen die Schweiz unterstuetzen, so wie EWS willfährig auslaendische Diebstähle von Daten und Geldern von Schweizer Franken fördert, wie die SNB 15 Mrd. CHF dem IMF verschenkt, muss ich davon ausgehen, dass die dann einsetzende Inflation von diesen Figuren beabsichtigt ist. Damit werden die Schuldner ( Staaten) auf Kosten der Rentner, Sparer und Arbeitnehmer saniert.
Ich fürchte, die meisten hier sehen die grossen und langsamen Entwicklungen ob all der aufgeregten kurzfristigen Dramen nicht, und lassen sich von den manipulierten Mainstream- Medien gern täuschen und in Sicherheit wiegen. Schliesslich sind es sich die Unmündigen gewöhnt, dass Mutti es schon richten wird.
Die Überlegungen zur Spieltheorie und zum Gefangenendilemma sind leider absolut nichtig. Dies aus folgenden Gründen:
a) Das Gefangenendilemma baut darauf auf, dass die Gefangenen ihre Entscheidung unabhängig voneinander und ohne die Entscheidung des jeweils anderen zu kennen, treffen müssen. D.h. die Gefangenen dürfen sich nicht absprechen. Sobald dies nicht mehr gegeben ist, können sich die Gefangenen absprechen, von der jeweils dominanten Strategie abweichen (=den anderen verpfeifen) und das pareto-optimale Nashgleichgewicht finden (=beide schweigen).
b) Beim Gefangenendilemma wird (implizit) vorausgesetzt, dass Entscheidungen total sind und nicht mehr zurückgenommen werden können. Beim vorliegenden Problem kann Griechenland jederzeit von der Austeritätspolitik abweichen, oder diese nur teilweise erfüllen. Deutschland hingegen kann zunächst einer begrenzten Emission von Eurobonds zustimmen und weiteren Eurobond-Emissionen nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass Griechenland sich seinerseits an seine Zusagen hält (Zug um Zug – Erfüllung der jeweiligen Verträge).
c) Im Schlussteil widerspricht sich der Autor selbst, indem er behauptet, dass es kein Nash-Gleichgewicht mehr gäbe, wenn in Italien ein Machtwechsel stattfinde. Keine der obigen Zahlentabellen und kein Argumentationsstrang im Text des Autors hat zur Voraussetzung, dass genau Monti an der Macht sein muss. Die Zahlen und Voraussetzungen sind demnach – unabhängig davon wer grade an der Macht ist – diesselben. Spieltheoretisch hat sich nichts geändert, also sind die dominanten Strategien und damit die möglichen Nash-Gleichgewichte dieselben (oder anders: auch Monti könnte schon versuchen, Deutschland zu erpressen). Darüber hinaus suggeriert der Autor, dass es sowohl für Deutschland wie für Italien nach einem Machtwechsel jeweils dominante Strategien gibt (Italien: „Deutschland erpressen“, Deutschland: „keine Eurobonds“ unabhängig davon, was Italien macht). Das wiederum inmpliziert, dass eben doch ein Nash-Gleichgewicht existiert.
Die Frage, ob sich die Gefangenen absprechen können, ist meiner Meinung nach keine Bedingung für das Dilemma, sofern die Strategie verdeckt oder verzögert ausgeführt wird. Denn die Partner können zwar die für beide Partner optimale Strategie versprechen aber dann trotzdem die egoistische Strategie wählen. Besonders bei Politikern ist das beliebt 😉 Entscheidende ist deshalb nicht nur die Absprache, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Versprechen. Somit müssten die Ziele vertraglich definiert und mit Sanktionsandrohungen bei Verstössen gesichert werden. Dies ist zwischen souveränen Staaten nicht ganz einfach (zumal Griechenland ja schon am Boden liegt und nachtreten bekanntlich keine Option ist). Daran krankt der Euro seit Anbeginn.
Das Gefangenendilemma macht keine Aussage über die optimale Strategie, wenn eine seiner Voraussetzungen (z. Bsp. keine Absprache) verletzt ist. Natürlich müssen sich bei erlaubter Absprache in vorigen Szenario die beiden Gefangenen vertrauen können.
Die meiner Meinung nach zentrale – und für Politik und Wirtschaft relevante – Aussage des Gefangenendilemmas besteht in der Aussage, dass ein Nash-Gleichgewicht nicht zwingend pareto-optimal ist. Pareto-optimal heisst, dass für alle Parteien insgesamt das bestmöglich Resultat erzielt wird. Beim Gefangenendilemma heisst das, dass beide nur ein Jahr sitzen.
Die Crux daran: wenn beide rational handelnd die bestmögliche Strategie verfolgen, sitzen sie drei Jahre.
Übertragen auf die Euro-Krise: Wenn jeder Staat um jeden Preis „das Beste für sich herauszuholen versucht“, das heisst die aus seiner Sicht dominante Strategie verfolgt, wird nicht zwingend dasjenige Gleichgewicht erreicht, das für die Bürger aller Staaten das Beste ist. Selbst dann nicht, wenn jeder Staat die bestmögliche Regierung hat.
Na dann los – nichts wie raus damit die Deutschen endlich merken wie sie von sog. Freundschafts-Staaten über den Tisch gezogen wurden.
Fremde Länder sind keine Freunde – sie haben lediglich Interessen und diese heissen: Money-moeny-money!
massimo
Die werden nicht von diesen Staaten sondern von der Lobby inländischer Interessengruppen über den Tisch gezogen. Das Wachstum wird dort mit Staatsschulden erkauft. Es profitieren die Kapitalbesitzer und zahlen werden die Lohnempfänger, die ihren Lohn in Deutschland beziehen.
Die Deutschen werden über den Tisch gezogen? Das „Wirtschaftswunder“ verdankten sie den verhassten Amerikanern, die ihnen die Kriegsschulden erließen und sie zusätzlich mit einem Entwicklungshilfefonds (Marschall-Plan) unterstützten. Ihre heutige Position in Europa verdanken sie nicht zuletzt den Gründerstaaten der Montanunion. Dass Griechenland den Euro einführen konnte, ist jedenfalls nicht am Widerstand der größten Wirtschaftsnation Europas gescheitert. Deutschland möchte gerne Exportweltmeister sein, Daimler gegen Olivenöl und Feta in harter Währung (nicht Drachmen) verkaufen, und nichts zum innereuropäischen Ausgleich beitragen…
@Ali: Die Amerikaner mögen ja in der Schweiz verhasst sein, in Deutschland sind sie das sicher nicht. Über den Rest Ihrer Thesen liesse sich streiten.
Der Artikel zeigt einmal mehr die Weltfremdheit und den Zynismus ökonomischer Theorie. Irgendwann kippt die Stimmung und aus Spiel wird Ernst und aus Theorie wird Praxis oder Schlimmeres. Aber das scheint den Glas-Stahl-Palast-Ökonomen auch nicht weiter zu interessieren, respektive kommen Ausnahmezustände in den Modellen nicht vor.
Es ist ganz klar, dass sich für Italien und Irland ein Austritt aus dem € lohnen würde. Die Leidttragenden wären dann die Deutschen, welche, Ironie des Schicksals, den € mehrheitlich nicht wollen. Was die Verhandlungstaktik anbelangt muss ich, rein persönlich, sagen, dass der Intelligenzquotient und die „Verhandlungsschlauheit“ von Monti ausserordentlich hoch sein müssen.
Bez. Intelligenzquotient wird Monti seinen schon kennen, aber nie erwähnen(gentlemanlike) Ueberdies wird auch Berlusconi, welcher immer noch hinter den Gardinen werkelt, völlig unterschätzt. Machiavelli lebte und schrieb eben in Italien, DAS Land, welches, manchmal tölpelhaft, total unterschätzt wird. Was sagte schon Caesar: VAE VICTIS!
Interessantes Experiment.
Nur, in der Realitaet ist es nach dem Spiel nicht fertig, und es folgen ev. weitere Spiele.
Noch komplizierter wuerde es, bei einem verschachtelten, sich wiederholdenden (Iteration) Prozess.
Ja Interessant… Genau das Prisoners dilemma kann man anwenden wenn das Spiel sich nicht wiederholt und die Parteien nicht lernen können. Also wenn es nicht dynamisch ist. Das Chicken game ist schon realistischer in dem Kontext. Trotz wiederholtem spielen würde wohl jede Partei nach wie vor versuchen das beste für sich rauszuholen.
Ja, und die Spieler sollten auch erweitert werden. Z.B. mit Deutscher Steuerzahler und Deutsche Wirtschaft (Firmen ohne arbeitende Bevölkerung). Das würde mehr Licht auf die Situation werfen!
Ja, die Realität ist erheblich komplexer. Die Bonus/Malus Anreize sind völlig Unterschiedlich. Deutschland kann eigentlich nur verlieren: gewährt man zu viele Kredite welche sich später als faul erweisen wird es teuer, ebenso wird es für Deutschland teuer wenn andere Länder oder DE selber den Euro aufgeben.
Auf der anderen Seite hat Griechenland erhebliche Chancen seine (selbst verschuldete) Lage zu verbessern. Je mehr die wohlhabenden Euro-Staaten vor einem Euro-Desaster zittern lässt, umso mehr kann man sie zu spendabler Haltung zwingen. Wenn Griechenland findet man habe zu wenig Hilfsgelder überwiesen, kann Griechenland den Exit-Pfad wählen im Wissen, dass das zwar ein gravierender Einschnitt für das Land ist, aber dafür Handelsbilanz-Aufbesserungen in Sicht kommen.
Überspitzt ist die Spielsituation eher so: GR steht mit geladener Pistole in der DE-Bank, wo sich DE überlegt möglichst heil davon zu kommen, während GR möglicht viel mitlaufen lassen möchte. Je nach dem, wer sich wie verhält, sind am Schluss beide halbwegs glücklich, bei Eskalation droht aber Chaos.
Frau Gut, vielleicht lesen Sie mal diesen erhellenden Kommentar unten im Link, dort steht ziemlich genau wie das ist mit „dem Spiel“ -wer da mit wem spielt -und wie das möglicherweise so weiter geht…
http://www.zerohedge.com/contributed/2012-07-20/weaponization-economic-theory
Man braucht da kaum mehr etwas hinzuzufügen -die Gedankengänge sind sauber und eigentlich allen bekannt -schliesslich wurden wir lange genug über Jahre mit den einschlägigen Parolen über Privatisierung, Wettbbewerb und dergleichen Gehirn gewaschen. Man muss bloss etwas in der Geschichte zurück blättern und etwa alte bsimmungsbroschüren über die BVG -Kassen durcharbeiten -das Staunen darüber blieb mir im Halse stecken. Zu der Abstimmungsvorlage hatte damals de Bunderat nicht mal im Ansatz die Gefahren von schwankenden Börsen und dergleichen erwähnt. Wohl war es auch damals allen bekannt -aber alle die daran dachten mussten sich als SPIEL Verderber fühlen -damals. Und eben -die neliberale Gehirnwaschwelle -sie hält bis heute an -trotz Krise.
@ ast
Zerohedge ist immer eine interessante Quelle, aber ich bin schon mit der Prämisse des Artikels nicht einverstanden:
„First, the United States – like Canada, England and China – have central banks that do what central banks outside of Europe were created to do: finance the budget deficit directly.“
Es ist aus meiner Sicht keinesfalls die Aufgabe einer Zentralbank, die Defizite der unverantwortlich handelnden Politiker zu finanzieren. Schon die Vorstellung halte ich für zutiefst pervers.