Von Grossbanken und Umweltverschmutzern

Einer der weitsichtigsten Ökonomen in Sachen Systemrisiken und Bankenregulierung: Martin Hellwig. (Bild: Universität Münster)
Es ist wieder still geworden in der Diskussion um die Regulierung der Grossbanken. Der Basler Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat das Basel-III-Paket verabschiedet, in der Schweiz sind die etwas verschärften Bestimmungen der «Too big to fail»-Vorlage in Kraft. Alles ist wieder gut. Gegenwärtig mag die Staatsschuldenkrise peripherer Euroländer wie Griechenland die Schlagzeilen beherrschen, aber wenigstens bereiten uns die Grossbanken keine Kopfschmerzen mehr.
Das klingt beruhigend. Leider ist diese Ansicht aber falsch.
An dieser Stelle – beispielsweise hier, hier und hier – haben wir in den vergangenen Wochen mehrmals die Longer Term Refinancing Operation (LTRO) der Europäischen Zentralbank thematisiert. Mit der Aktion hat die EZB eine gute Billion Euro in das europäische Bankensystem gepumpt. Alternative Geschichtsverläufe lassen sich bekanntlich nicht beweisen, aber möglicherweise hat EZB-Präsident Mario Draghi mit der LTRO in letzter Minute einen seriellen Bankenkollaps in Europa verhindert. In den Herbstmonaten 2011 war der Interbankenmarkt in Europa nämlich komplett eingefroren, Misstrauen herrschte unter den Banken, amerikanische Geldmarktfonds zogen ihr Kapital ab, etliche Institute bekundeten Mühe, sich zu refinanzieren. Das LTRO-Programm hat die akute Liquiditätsnot der Banken gelindert. Das ist gut so. Aber am Grundproblem – nämlich der Solvenz der Finanzhäuser – hat die Aktion nichts verändert: Die europäischen Banken sind zu schwach kapitalisiert, die systemischen Risiken sind nach wie vor enorm gross.
Einer der klar- und weitsichtigsten Ökonomen in Kontinentaleuropa in Sachen Systemrisiken und Bankenregulierung ist Martin Hellwig, Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Am Mittwoch hielt er auf Einladung von Professor Hans Gersbach ein Gastreferat zum Thema Bankenregulierung und Finanzkrise an der ETH Zürich.
«Basel 3 müsste eigentlich Basel 2.01 heissen», sagte Hellwig, dem das Regelwerk viel zu wenig weit geht. Die konzeptionelle Grundlage der Basel-III-Anforderungen habe sich nicht verändert; nach wie vor sei es den Banken erlaubt, die Risikogewichtung ihrer Anlagen anhand eigener Modelle vorzunehmen – obwohl die Bankenkrise von 2008 gezeigt hatte, dass diese Modelle (nicht zuletzt auch im Fall der UBS) oft komplett versagt hatten. Wollte man die Sicherheit im System wirklich deutlich erhöhen, müssten die Banken gezwungen werden, eine Eigenkapitalquote (Eigenkapital in Prozent der ungewichteten Bilanzsumme) von 20 bis 30 Prozent zu halten, sagte Hellwig. Basel III dagegen schreibt eine minimale Eigenkapitalquote von ganzen 3 Prozent vor.
Beim Thema Kapitalanforderungen argumentieren die Banken stets, dass Eigenkapital sehr teuer sei und dass sie ihre Kreditvergabe kräftig einschränken müssten, falls sie tatsächlich mehr Eigenkapital halten müssten. Diese Argumente hält Hellwig für schlichtweg falsch. In zwei hervorragenden Arbeitspapieren aus dem Jahr 2010 zerpflückte Hellwig – teils in Zusammenarbeit mit den Mitautoren Anat Admati, Peter DeMarzo und Paul Pfleiderer – die Behauptungen der Grossbanken Punkt für Punkt. Die Studien sind hier und hier abrufbar. Sie sind ausgesprochen lesenswert. Eines der Kernargumente von Hellwig ist das Theorem von Modigliani und Miller, das vereinfacht gesagt festhält, dass die Finanzierungskosten eines Unternehmens unabhängig von der Aufteilung zwischen Fremd- und Eigenkapital sind. Konkret: Eigenkapital ist für Banken nur teuer, weil sie fast kein Eigenkapital halten und dieses daher eine hohe Risikoprämie trägt. Besitzt eine Bank mehr Eigenkapital, wird ihre Bilanz sicherer, und als Folge davon sinkt die Risikoprämie sowohl auf dem Fremd- wie auf dem Eigenkapital. An den gesamten Kapitalkosten ändert sich nichts, und ergo kann das für die Bank auch kein Grund sein, ihre Kreditvergabe einzuschränken.
Das Theorem von Modigliani und Miller spielt im Fall von Banken allerdings nicht reibungslos, weil ihre Kapitalkosten verzerrt sind: Dank der impliziten – und seit 2008 eigentlich auch expliziten – Staatsgarantie im Rücken kommen sie in den Genuss abnormal tiefer Fremdkapitalkosten. «Das ist nichts anderes als eine staatliche Subvention, die den freien Markt verzerrt», sagte Hellwig. Er verglich die Grossbanken mit umweltverschmutzenden Industrien. Beide verursachen externe Kosten, die die Gesellschaft trägt. Im ersten Fall sind es verschmutzte Flüsse, im zweiten das Risiko des Steuerzahlers, dass er im Notfall die Grossbanken seines Landes retten muss.
Das ist die wahre Ironie – oder Idiotie? – der Grossbankendiskussion, wie sie in den letzten drei Jahren in den USA, Europa und der Schweiz geführt wurde. Befürworter höherer Kapitalanforderungen wurden in einem naiven politischen Links-Rechts-Schema rasch als «Links» abgetan. Aber seit wann gilt es als «Links», sich für die Eliminierung versteckter staatlicher Subventionen und den Abbau von Marktverzerrungen einzusetzen?
(Ein ausführliches Interview mit Martin Hellwig erscheint übrigens in der «Finanz und Wirtschaft» am Samstag, 10. März.)
Keine Kommentare zu «Von Grossbanken und Umweltverschmutzern»
Dies ist der beste Beitrag von Herrn Mark Dittli, den ich hier je las.
Er entspricht genau meinen Vorstellungen in Bezug auf was falsch gelaufen ist ueber die letzten 30 Jahre im Zusammenhang der Deregulierung der Finanzindustrie und zeigt klar die Verletzung der marktwirtschaftlichen Prinzipien auf.
Die meisten Kommentare versuchen hier eine politische Dimension anzusprechen. Es geht nicht um links oder rechts sondern um die 1% (plus ihren Gehilfen) und den 99%. Das Problem besteht darin, dass wir keine integren Politiker finden, welches dieses Problem wirklich anpackt und auch das Problem, dass es eigentlich internationaler Entscheide bedarf.
Die Eigenkapitalquote muss viel hoeher sein und Eigenkapital (da es nicht zu verzinsen ist) reduziert nicht den Gewinn an sich, sondern den EPS (und dadurch ebenfalls die Moeglichkeit via Boni sich zu bereichern). Natuerlich fallen die Dividenden der Aktie massiv tiefer aus, aber das ist nichts als fair, da andere Unternehmen die Kosten ihres Risikos auch nicht durch Staatsgarantien und Zentralbanken auf die Allgemeinheit abwaelzen koennen.
Herr Sommer: Wir sollten jetzt nicht mit Staatsbanken das System noch korrupter machen, sondern in erster Linie die Fehler korrigieren und eben mit dem Resultat leben. Ebenfalls muessen jene, welche diese Misere produzierten, endlich strafrechtlich belangt werden koennen und sich nicht weiter im gegenwaertigen Crony Capitalism erfreuen koennen.
Ein Boom basierend auf einer Kreditblase ist zum Scheitern verurteilt und je laenger wir diese Kreditblase schueren (zur Zeit die Blase der Staatsverschuldungen), desto groesser die negativen Auswirkungen sein werden.
Das Argument (bzw die Drohung) der Banken, sie müssten bei höheren Eigenkapitalvorschriften die Kreditvergabe „kräftig einschränken“ (vgl Text), lässt sich einfach vom Tisch fegen, indem der Bund eine nationale Geschäftsbank analog zu den Kantonalbanken eröffnet. Sie kann alle notwendigen Kredite vergeben, wenn die andern Banken entweder das Kapital horten (was oft nach solchen Krisen geschieht) oder sich aus andern Gründen jener Rolle verweigern, wofür sie bekanntlich das Privileg erhalten, Geld aus dünner Luft zu erschaffen und davon Zinsen einzustreichen. Ausserdem könnte eine „Bank der Schweiz“ alle systemrelevanten Funktionen übernehmen, wenn UBS/CS auf „Costa Concordia machen“ (kentern).
Die vom Autor angeprochene „Idiotie“, dass Befürworter höherer Kapitalanforderungen als „Links“ gelten, obwohl sie doch den Markt entzerren wollen, beruht auf einem grundlegenden Missverständnis: Oekonomie ist keine Wissenschaft, sondern — frei nach Markus Diem Meier in einem früheren Artikel — die Rationalisierung von Ungerechtigkeit. Wenn sie eine Wissenschaft wäre, dann wären alle Oekonomen daran, sich lautstark von all dem trickle-down Neoliberalismus Unsinn zu distanzieren, den sie noch vor wenigen Jahren selbst gepredigt hatten, der aber in der Realität längst widerlegt ist, weil keine seiner Voraussagen in den 30 Jahren seiner Praxis je eingetreten ist. Tatsächlich predigen die Mainstream-Oekonomen mit wenigen Ausnahmen denselben Unsinn weiter.
Wenn die Hypothese, Oekonomie sei eine Wissenschaft, verworfen wird, und man statt dessen die zweite Hypothese als Prämisse gelten lässt, wonach Oekonomie die Rationalisierung von Ungerechtigkeit sei, wird die Antwort auf das „Links“-Mysterium sofort klar: die Aufgabe der Oekonomie ist es, das Ausbeutersystem am Leben zu erhalten und den Mittelstand dafür bezahlen zu lassen, auch wenn es den eigenen Regeln, Dogmen oder Thesen widerspricht. Man ist dann halt auch für Markt-Verzerrungen, für Subventionen und gegen den Freien Markt, solange es dem Primärziel (Ausbeutung) dient.
Noch etwas: Wer glaubt, das Finanzsystem funktioniere doch tadellos, sollte „Secret Fed Loans“ googeln und dann den Bloomberg link öffnen. Im Artikel steht, dass in 2009 die US Federal Reserve das Finanzsystem mit Gratiskrediten (zu 0.01%) im Betrag von 7770 Milliarden US$ — hinter dem Rücken des Kongresses und dem Amerikanischen Volk — vor dem Kollaps retten musste. Der Betrag entspricht der Hälfte des Bruttoinlandproduktes der USA. Zum Mitschreiben: Um das Finanzsystem davor zu bewahren, dank seiner eigenen Dummheit die US Wirtschaft in eine Depression zu treiben, musste ein Betrag in der Höhe des halben US-BIP aufgewendet werden. Das Finanzsystem ist zur Atombombe in der Hand eines suizidalen Irren geworden. Mir ist es daher ziemlich egal, ob die Banken jammern, wenn sie bis an den Rand des Erstickens reguliert werden, solange sie ihre Todessehnsucht auf sich selbst beschränken und den Rest der Wirtschaft in Ruhe lassen.
Herr Sommer den Bloomberg Artikel hatte ich hier schon mal verlinkt, er gehört in jedes Link Repertoir 🙂
http://www.bloomberg.com/data-visualization/federal-reserve-emergency-lending/#/overview/?sort=nomPeakValue&group=none&view=peak&position=0&comparelist=&search=
Hierzulande habe ich noch nie einen deutschen Artikel darüber gelesen in einer der grossen Zeitungen, die ungeheuerlichen Zahlungen und Zahlen auch an Schweizer Konzerne scheint politisches Tabu -Land
@Ralph Sommerer
Sie verwechseln offensichtlich Oekonomie mit Politik.
Selbstverständlich kann man auch Oekonomie wissenschaftlich betreiben, ebenso wie z.B. Klimaforschung. In beiden Faellen werden aufgrund von Beobachtungen und Annahmen Modelle entwickelt, da die Realitaet viel zu komplex ist, um ohne massive Vereinfachungen mathematisch dargestellt zu werden.
In beiden Faellen sind die Modelle oft hanebüchen falsch, die Parameter oft aus politisch-dogmatischer Absicht so gewählt, dass das erwünschte Ergebnis herauskommt. Die Oekonomen haben aber recht wenig effektiven Einfluss. Die teuren Fehlentscheide (z.B. Einführung EUR), die Abzockereien und die Umverteilung nach oben werden von den Politicos und 1%ern durchgedrückt. Nur selten nehmen sie ueberhaupt eine Oekonomische Theorie als Feigenblatt. Meist wird irgend ein Glaubenssatz – ohne EUR kein Europa z.B. – verzapft, der dann als Rechtfertigung fuer übelste Diebstaehle an den Buergern dient.
Das Ausbeutersystem wuerde sich um keinen Deut aendern, wenn Sie morgen jeden einzelnen Oekonomen in Pol Pot – Manier zum Heuen in die Alpen verfrachten.Sie bellen unter dem falschen Baum – und spielen damit den echten Gangstern noch in die Haende…
Oekonomie *ist* Politik. Was heute im Englischen „economics“ heisst, hiess früher „political economy“ und wurde dann umbenannt, damit es wissenschaftlicher tönt (vgl. mathematics; http://en.wikipedia.org/wiki/Economics 1.Abschnitt).
Es ist auch nicht wahr, dass Oekonomen „recht wenig effektiven Einfluss“ haben, denn gerade unsere aktuelle Wirtschafts-Ideologie (der trickle-down Neoliberalismus) stammt aus der Giftküche der Oekonomen Arthur B. Laffer, Milton Friedman u.a. Sie schaffen das „wissenschaftliche“ Fundament, auf dem die Ausbeutung letztlich beruht. Wer wagt es denn schon, eine „Theorie“ anzuzweifeln, die auf Wissenschaft basiert?
Ich gebe ihnen aber recht, dass sich das Ausbeutersystem wohl nicht gross ändern würde, wenn man den Oekonomen einen „Pol Pot“ angedeihen lassen würde (ich denke da allerdings weniger ans Heuen….), aber es ist trotzdem notwendig, das Publikum davon zu überzeugen, dass die sogenannte Wissenschaft Oekonomie mehr mit Religion als mit Mathematik zu tun hat, und analog den Religionen scheitern oekonomische Thesen fast zwingend, wenn sie sich an der Praxis messen.
Was von der ganzen Diskussion rund um die Bankeregulierungen übrig geblieben ist: Basel III oder eben 2.01, wie im Artikel fest gehalten wird. Das muss man sich nach der Finanzkrise einmal vor Augen führen: Nichts, aber auch gar nichts hat sich seither verändert, wie auch aus den Zahlen der BIZ hervorgeht! Die grosse Spekulationswolke aus z. T. völlig abstrakten, hochkomplexen Geldwerten über unseren Köpfen (alle Finanzinstrumente, also sowohl Anleihen [Obligationen], strukturierte Produkte [u. a. Derivate aller Art] als auch der nominale Wert aller Aktien [sämtliche Indices der Welt zusammen gerechnet]) beträgt mittlerweile das 12-fache der Weltwirtschaftlichen Leistung von einem Jahr! Vor der Finanzkrise (2007) war es noch „lediglich“ das Zehnfache..! Sogar bei den zu Recht viel kritisierten, völlig intransparenten OTC-Geschäften hat sich nichts verändert- ganz abgesehen von der heillosen Spekulation mit Gütern aller Art- auch Grundnahrungsmitteln wie Reis, Weizen oder Sojabohnen- an den Warenterminbörsen dieser Welt: Auch die wird weiter betrieben, als ob nie etwas geschehen wäre!
Sorry, aber nur weil Sie ein Thema nicht verstehen, heisst das nicht, dass es deshalb „hochkomplex“ ist und es niemand sonst versteht. Diese „Derivate machen das x-fach des BIP (oder was auch immer) aus“ Rechnungen machen wenig Sinn. Erstens ist es fragwürdig, ob das BIP dabei überhaupt eine relevante Vergleichsgrösse ist. Zweitens macht das Zusammenrechnen von Nominalwerte nwenig Sinn. Interest rate swaps machen den grössten Teil in Ihrer Derivaterechnung aus und diese haben faktisch einen fiktiven Nominalwert. Der wird einfach als Berechnungsgrundlage verwendet, aber die bezahlte Zinsdifferenz ist nur ein kleiner Prozentsatz davon. Selbst wenn eine Seite Pleite geht, ist der Schaden nur der entgangene Zins, nicht der Nominalwert.
Es stimmt auch nicht, dass sich nichts verändert hat. Bei Banken wurden tausende Jobs gestrichen, gerade im (Eigen)handel und verschiedene Derviate sind jetzt nicht mehr OTC sondern via ein Clearinghouse. Und die „Spekulation mit Nahrungsmittel“ ist auch so eine Sache. Immer wenn den Leute die Preise nicht passt, ist es Spekulation. Können Sie das beweisen? Warum spekuliert niemand dagegen? Schon mal an die Millionen in der neuen Mittelschicht in China, Indien usw. gedacht, welche massiv mehr konsumieren? z.B. 1 kg Fleisch benötig irgendwie 15 kg Getreide oder so. Bisher haben die direkt Getreide gegessen, da macht ein Preisanstieg schon Sinn…
Ich halte CDO’s und CDS für wesentlich komplexer als zum Beispiel einfache Optionen oder Mini-Futures- und in diesem Zusammenhang habe ich den Begriff hochkomplex auch verstanden. Ob das Zusammenrechnen von Nominalwerten Sinn macht oder nicht, darüber lässt sich sicher streiten. Zumindest erhält man damit aber eine einigermassen verständliche Vorstellung von den Relationen, in denen wir uns bewegen. Mit dem Zehnfachen lag ich allerdings falsch, sorry: Der angesehene britische Historiker Niall Ferguson hat die Entwicklungen an den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten bis zum Ausbruch der Finanzkrise einmal in Zahlen zusammen gefasst: Im Jahr 2006 betrug das Weltbruttosozialprodukt- oder der Output der gesamten Weltwirtschaft- geschätzte 47 Billionen Dollar. Der Börsenwert aller weltweit gehandelten Aktien betrug zu diesem Zeitpunkt 51 Billionen Dollar (rund 3 Prozent mehr), während sich der Gesamtwert aller gezeichneten Obligationen bereits auf 68 Billionen Dollar oder rund 40 Prozent mehr belief. Ende 2006 betrug der Nominalwert aller ausstehenden Finanzderivate, Termingeschäfte und Kreditausfallversicherungen über 400 Billionen Dollar- oder das Achtfache der gesamtem weltwirtschaftlichen Leistung von einem einzigen Jahr!
Was die ungezügelte Spekulation an der Warenterminbörsen anbelangt: Hier ein Vortrag von Michael W. Masters (Masters Capital Management, LLC), den er anlässlich zahlreicher Untersuchungen seitens US-Amerikanischer Behörden im Mai 2008- also mitten in der Finanzkrise- u. a. vor dem Amerikanischen Kongress gehalten hat:
http://www.guppytraders.com/Michael-Masters-Written-Testimony%20(2).pdf
Ein Zitat: „You have asked the question “Are Institutional Investors contributing to food and energy
price inflation?” And my unequivocal answer is “YES.”
In diesem damals viel beachteten Vortrag führte er den explodierenden Anteil rein spekulativ gehandelter Kontrakte (keine Absicherungsgeschäfte) vor allem auf wachsende Indexspekulationen (Rogers International Commodity Index, DJ AIG, S&P GSCI, Thomson Reuters/Jefferies CRB Index, etc.) zurück. Mir ist selbstverständlich klar, dass zum Beispiel auch Pensionskassen mit Rohstoffen spekulieren, nur um eventuellen Einwäden Ihrerseits frühzeitig zu begenen.
Die Anzahl offener Kontrakte auf WTI Crude hat sich alleine zwischen 2002 und 2008 mehr als verzwölffacht (ohne dass die Fördermenge dabei entsprechend gestiegen, bzw. die Nachfrage exponentiell zugenommen hat, wie das Kontrakvolumen vermuten lässt). Bei Gold hat sich die Anzahl offener Kontrakte im selben Zeitraum verachtfacht, bei Soyabohnen versieben- und bei Mais mehr als versechsfacht. Bei allen Rohstoffen, die an den internationalen Warenterminbörsen gehandelt werden können, lässt sich ebenfalls ein exponentieller Anstieg der Kontraktvolumen feststellen, also auch auf Butter, Orangensaft, Rinderhälften etc.
Sie sprechen die Clearingstellen an: Würde man die Initial Margin, die beim Abschluss jedes Kontraktes jeweils fällig- und bei der entspr. Clearingstelle hinterlegt werden muss, auf eine mittlere, zweistellige Summe anheben, dann würde der ganze, rein spekulative Dampf blitzartig aus dem allgemeinen Preisgefüge verschwinden.
Damit wir uns nicht missverstehen: Gegen Absicherungsgeschäfte ist genauso wenig einzuwenden, wie gegen ein gesundes Mass an Spekulation, wie sie in den Märkten seit jeher existiert hat. Doch der Bogen wurde in den vergangenen 10, 20 Jahren eindeutig überspannt: Es wird langsam Zeit, die Schrauben anzuziehen!
Ergänzend zum Thema Spekulation: Wenige Monate vor Einführung der ersten ETF’s auf Silber- in welchem Jahr genaus das war, vermag ich nicht mehr zusagen- stieg der Silberpreis (Spot und physisch) plötzlich exponentiell an.
Nun können wir uns selbstverständlich darüber streiten, warum dem so war. Als dann die ETF’s emitiert wurden, gingen die Preise auffälligerweise sofort wieder zurück, um sich auf ohem Niveau einzupendeln. Ein weiteres Beispiel: Vor wenigen Monaten wurde die Initial Margin auf Gold und Silber erhöht- worauf die Preise für kurze Zeit sofort zusammenbrachen: http://tinyurl.com/7dhbrbs
Doch einen Zusammenhang zwischen Spekulation und Preisentwicklung gibt es ja nicht, wie Sie ausführen.
…stieg der Silberpreis (Spotpreis und an den Terminmärkten)… wollte ich schreiben
Und wer kann heute überhaupt die Menge und die Summe angeben bis auf den Rappen? Wer hat heute noch den tatsächlichen Überblick, der Geldmengen. Tätigen doch die PolitikerInnen einen Gipfel um den Gipfel wegen Undurchsichtigkeit.
Seltsamerweise liest man sehr wenig darüber dass die Risiken von Banken gewaltig sinken würden wenn des volkswirtschaftlich wichtige Grundgeschäft der Banken vom „Kasinobetrieb“ abgekoppelt würde.
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Die damalige Abschaffung der Glass-Seagall Vorschriften öffneten die Tore für die riskanten Eigengeschäfte für welche nun die Allgemeinheit das Risiko tragen muss.
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Wiedereinführung einer solchen Regelung und eine geringe Transaktionssteuer würden die Stabilität des System enorm verbessern!
„Aber seit wann gilt es als «Links», sich für die Eliminierung versteckter staatlicher Subventionen und den Abbau von Marktverzerrungen einzusetzen?“
Das macht keinen Sinn im Zusammenhang mit der Forderung von Hellwig. Hellwig sagt quasi, „Ja, ich bin für eine Subvention von Grossbanken und eine Marktverzerrung, aber wir sollten sie regulieren mit ganz vie Eigenkapital.“ DAS ist links! Banken sollten keine Subventionen (sprich Staatsgarantie) erhalten. Hier liegt der Hund begraben. Die Lösung von Hellwig ist ein Witz. Nur weil die Banken mehr EK haben, können sie trotzdem noch Pleite gehen und die Manager haben null Anreize sich darum zu kümmern. Wenn das EK rauf geht, wird einfach das Risiko erhöht, damit die Rendite stimmt. Das Probem ist das „too big too fail“ und nichts anderes. Banken sollten Pleite gehen können, dann ist das alles kein Ding (siehe Wegelin oder MF Global (ok, eigentlich keine Bank), wo ein Bankrott relativ normal vonstatten gingen und der Staat nicht eingreifen musste).
Richtig: Im Kern brauchts eine wesentliche Verbesserung: Eine Maximalgrösse für Banken (Bilanzsumme). Bevor man über Eigenkapitalanteile spricht, auch über Bilanzsummenbegrenzung, muss man sich aber die bankenrechtlichen Buchführungs- und Bewertungsregeln ansehen, die definieren schliesslich Eigenkapital, Bilanzsumme etc..Z.B. Warum Risiken ausserhalb der Bilanz geführt werden können, Schulden mark to market bewertet werden (auch unter dem Nominalwert): Da wurden kleine Schräubchen gedreht, und dies hatte viel zu grosse Auswirkungen, aber genau darum geht es. Buchführungsregeln für Banken, wie fad, damit lässt sich kein Staat machen, das überlassen die Politiker, die Journalisten, die Kommentatoren, die 99 Prozentigen, die Berufsrevoluzzer ja wem, wem überlassen sie das: Genau, den Bankern.
„Schulden mark to market bewertet werden (auch unter dem Nominalwert)“
Mark-to-model fand ich damals den viel besseren Witz, im Klartext: Mark-to-whatever-model-you-want.
Nochmals richtig, verheerend ist die Kombination von mark to market mit mark to model wenn ich das richtig verstehe:
Leiht die CS der UBS 100 zu 3% in CHF auf 6 Jahre, stehen diese mit 100 in der Bilanz der CS (Bewertet zum Nominalwert, da auf Verfall gehalten). Der Kurswert dieser Anleihe dürfte bei etwa 93% liegen, also stehen in der Bilanz der UBS nur 93 Schulden. Die Differenz von 7 kann als Geldschöpfung durch die Banken bezeichnet werden, würden die beiden Banken konsolidiert, wäre das Eigenkapital um 7 kleiner, als die Summe des von beiden Banken ausgewiesenen Eigenkapital: Somit hat die Branche als Ganzes hat deutlich weniger Eigenkapital als die Summe des von den einzelnen Banken ausgewiesenen Eigenkapitals. Die Differenz könnte durchaus das gesamte von der Branche ausgewiesene Eigenkapital übersteigen.
Und wenn ich dass richtig verstanden habe, dann würden die von ihnen aufgeführten Hundert bei einem Zusammenbruch der Marktes- weit unter 93 Prozent, sagen wir mal 10 Prozent- bei mark-to-model zu einem x-beliebigen Wert in die Bücher genommen werden können, also irgendwo zwischen 100 (Nominalwert) oder 10..! Auch im Stabfund, wo immer noch ein Teil der Toxic Assets von der UBS eingelagert werden, wird ein Teil der Papiere mark-to-model (oder zu einem fiktiven Wert) in den Büchern geführt. Das verzerrt natürlich die ganze Bilanz!
Ich glaube nicht das dieser Artikel wirklich auf das Problem der Banken abzielt. Sein Kernziel ist etwas anderes. Es geht bergauf mit Europa und doch wird in diesem Beitrag versucht die Probleme wieder aufzuputschen. Ein Schelm wer sich hier Böses denkt nicht? 😉 Gebt es auf Leute, Europa wird sich erholen, der Euro überlebe und der Kontinent wird sich gemeinsam weiterentwickeln. Eure Angst vor der bösen EU ist übertrieben.
Wie genau soll das funktionieren? Mit 25% Arbeitslosen in Spanien und 21% Arbeitslosen in Griechenland?
So wie immer. Mit Zeit. Die meisten Probleme können nicht einfach von heute auf Morgen gelöst werden. Gesundschrumpfen ist angesagt. Was übrigens vergleichbar ist mit einer „Geldentwertung“. Statt die Drachme 20% einbrechen zu lassen (was man ja nicht kann) reduziert man die innlädischen Mindestlöhne um 20%. Der Effekt ist der gleiche. Der Unterschied ist aber dass das Volk dies merkt, bei einer Inflation ist dies nicht der Fall… Wie schon gesagt, dieser Artikel ziehlt eher darauf ab weiter Panik zu verbreiten. Die EU ist ja so böse und so schlecht…
Das Thema scheint mir unendlich komplex, und ich will nicht behaupten auch nur annähernd einen Überblick zu haben. Aber ich denke, es gibt doch einiges an Dienstleitungen, die der Finanzsektor erbringt, die durchaus den Charakter von öffentlichen Gütern besitzten und somit ganz zurecht durch Staatsgarantien gedeckt werden müssen. Hierzu gehören der Zahlungsverkehr, die Kreditvergabe unter Einschätzung der Kreditwürdigkeit, sowie das Angebot eines risikofreien (zinsfreien) Einlageorts für Sparer. Andere Spielereien, notabene diejenigen, die dem Sektor am meisten Geld einspielen, sind alles andere als im Sinne des Gemeinwohls und wohl oft am Rande der Legalität.
Vor diesem Hintergrund sehe ich die Hauptaufgabe einer sinnvollen Neuregulierung darin, diese zwei Sphären inhaltlich auseinanderzuhalten und je nach ihrer eigenen Logik anzupacken. Das eine ist die Logik einer staatlichen Dienstleistung, das andere die Logik des Marktes. Bei einer Verquickung kommt mit Sicherheit das eine oder das andere unter die Räder. Ich wäre jedenfalls sehr skeptisch vor allen Versuchen, den Finanzsektor gänzlich der Logik des ‚freien‘ Marktes zu unterstellen, egal wie gut dieser reguliert ist. Diesen Zustand hatten wir zuletzt im 19. Jahrhundert und es gibt gute Gründe dies nicht zu wiederholen.
Einen guten Beitrag in diesem Sinne finde ich diesen: http://www.tnr.com/print/article/politics/98659/wall-street-term-out-panic
@ Oliver: Erster Abschnitt absolut einverstanden. Beim zweiten: Was meinst du mit der „Logik des Marktes“? By the way: Versuch doch mal den Link „Baer“ aus, ist eine relativ neue Website über Geld.
http://www.economics-quiz.ch/
Lustig, danke! Läuft alles auf Quantum economics raus :-). Werds mir noch genauer anschauen. Basiert ziemlich fest auf der ‚labour theory fo value‘, seh ich das richtig? Wo kommen Profite ins Spiel? Was ist die passende Theorie zu deren Existenz?
Übrigens fehlt im ersten Satz ein Wort: DO YOU THINK THAT ECONOMICS IS A SCIENCE – IN – ITS OWN RIGHT AND THAT ECONOMIC THEORIES SHOULD ADHERE TO LOGICAL REASONING?
Zu meiner Aussage oben: mit der Logik des Marktes meinte ich wohl ein Umfeld, in dem unternehmerische Risiken eingegangen werden, die sich bei richtiger Einschätzung in Profite ummünzen und bei falscher in Zahlungsunfähigkeit und Auflösung. ‚Market discipline‘ ist das englische Stichwort. Das Gegenteil von ‚moral hazard‘, um zwei schöne moralische Begriffe zu benutzen.
@ Oliver: Danke, habe das abgeändert. Ich bin noch nicht ganz glücklich mit den Fragen, und immer froh um Input. Tatsächlich scheint die theory of money emission (TME) die klassische Arbeitswerttheorie zu reproduzieren. Es gibt aber markante Unterschiede. Die TME-Werttheorie basiert auf der zentralen Funktion von Geld als Integrationsmechanismus vom Resultat von Arbeit (Output) und Einkommen. Die klassische Werttheorie sagt jedoch aus, dass Produkte insofern wertvoll sind, als „Arbeit im Produkt steckt“. Nun ist aber Arbeit keine Substanz und „steckt nicht im Produkt“, wie eine Art Küchenzutat.
Die Profittheorie der TME läuft (unheimlich verkürzt) so ab: Löhne werden bezahlt auf dem Arbeitsmarkt und durch diese Integration von Bankgeld mit Output entsteht „instantan“ Einkommen, welches den Einkommensbezügern Kaufkraft über die produzierten Produkte gibt und Output mit Nummern integriert, wodurch Wert (im ökonomischen Sinn) entsteht. Nun können Unternehmen diese Produkte auf dem Gütermarkt zu einem Preis über dem Wert verkaufen (mit Mark-up), wodurch die Unternehmen die Einkommen der Einkommensbezüger wieder erhalten. Dadurch können die Unternehmen ihre Produktionskosten (die Löhne von vorher) decken und mit durch den Mark-up erhalten sie die Kaufkraft über die nicht-verkauften Produkte, welche sich noch immer auf dem Gütermarkt befinden. Nun können die Eigentümer der Unternehmung diesen Profit entweder für Konsum dieses Outputs gebrauchen, oder sie investieren ihn in die Produktion von Investitionsgütern.
Noch ein Artikel: http://tracksofthoughts.blogspot.com/2011/11/warum-monetare-makrookonomie-nicht-mit.html
darin steht:
Die Unternehmung hat sich gegenüber dem Arbeiter verschuldet, indem er ihn via Bank (die Intermediärin zwischen Arbeiter und Unternehmung) ausbezahlt. Solange jedoch der Arbeiter sein Guthaben noch nicht erhalten hat, kann die Schuld der Unternehmung gar nicht existieren. Es kann nicht sein, dass eine Schuld nur eine Partei betrifft und die andere nicht.
Das Unternehmen kann sich bei einer Bank durchaus verschulden, ohne dieses Geld irgendjemandem weiter zu geben. Es scheint mir, wie bei vielen anderen Theorien auch, ein Versuch, die Realität ohne Einbezug des Finanz- und insbesondere des Bankensektors zu sein, oder liege ich da falsch? Ich kann nachvollziehen, warum man Wert und Arbeitsleistung inhaltlich zu verknüpfen versucht und eine neue Taxonomie in der Buchhaltung einzuführen, die dies widerspiegelt. Aber ich werde den Verdacht nicht los, dass hier Deskriptives und Präskriptives auf relative tief liegender Ebene miteinander vermischt werden. Das Problem mit unserem Finanzsystem liegt doch genau darin, dass die Produktion von Gütern und Dienstleistungen nicht mit den fiktiven Finanzblasen mithalten kann und es dadurch regelmässig zu grossen Korrekturen mit entsprechenden Ausschlägen in die Gegenrichtung kommt.
@ Oliver. Ich denke auch, dass das heutige Finanzsystem krankhafte Auswüchse hat, welche sich mit der Digitalisierung des Bankwesens seit den 70er noch schneller offenbaren als zuvor. HIerzu gehört beispielsweise die Monetarisierung von Finanzprodukten, welche mehrere Schichten von produktiver Arbeit entfernt sind. Wenn solche Finanzprodukte mit Bankkrediten gekauft werden – anstatt mit bereits bestehendem Einkommen – blähen sich die Bankbilanzen auf, womit die gemessenen „Geldmengen“ im Vergleich zum BIP überproportional steigen. Phänomene wie kreditfinanzierte Aktienkäufe und leveraged buyouts sind rein monetär gesehen krankhafte Erscheinungen, die die geordnete Funktionsweise des Finanzsystems beeinträchtigen. Es geht also nicht darum, zu zeigen, dass wir in der „besten aller möglichen Welten“ leben.
Zu deiner Aussage: „Das Unternehmen kann sich bei einer Bank durchaus verschulden, ohne dieses Geld irgendjemandem weiter zu geben.“ Nein, das ist nicht möglich. Du meinst evtl. das Gewähren einer Kreditlimite, welche vor der tatsächlichen Kreditvergabe passiert. Hier verschuldet sich jemand und besitzt gleichzeitig eine Forderung ggü. derselben Bank, des weiteren wird diese Kreditlimite nicht in die Bilanz notiert, sondern wird off-balance-sheet vermerkt. Es besteht also keine Nettoschuld ggü. dem Bankensystem, sondern eine Schuld und eine entsprechende Forderung. Gleichermassen verhält es sich, wenn man sich einen Kredit bar auszahlen lässt. Man hat nun eine Schuld ggü. einer Bank, mit dem Besitz der Banknoten besitzt man aber auch eine Forderung ggü. der Zentralbank, welche zu demselben Bankensystem gehört (die Geschäftsbank und die Zentralbank müssen einen Schuldentausch eingehen, damit erstere die Banknote erhält). Du musst berücksichtigen, dass ich bei dem Beispiel im Artikel von einer einzigen Bank ausging (das sagte ich auch), was die Analyse vereinfacht aber nicht qualitatitv verändert. Um Geld besser zu verstehen, ist es einfacher, sämtliche Bankbilanzen im Kopf zu fusionieren, denn dein positives Bankepot ist immer bloss die eine Seite der Beziehung mit einer Bank. Die andere Seite ist der Schuldner, welcher ein negatives Depot bei der Bank besitzt (seine Schuld). Die Bank ist bloss Intermediär dieser Beziehung, welche in Wahrheit zwischen Unternehmen und Angestellten existiert. Die Bank dazwischen verschleiert diesen Umstand. Keynes sagte übrigens folgendes dazu: „The prevalence of the idea that savings and investment, taken in their straightforward sense, can differ from one another, is to be explained, I think, by an optical illusion due to regarding an individual depositor’s relation to his bank as being a one-sided transaction, instead of seeing it as the two sided transaction which it actually is.“
Um Geld besser zu verstehen, ist es einfacher, sämtliche Bankbilanzen im Kopf zu fusionieren, denn dein positives Bankepot ist immer bloss die eine Seite der Beziehung mit einer Bank. Die andere Seite ist der Schuldner, welcher ein negatives Depot bei der Bank besitzt (seine Schuld). Die Bank ist bloss Intermediär dieser Beziehung, welche in Wahrheit zwischen Unternehmen und Angestellten existiert.
Meiner Ansicht nach sind Schuldner und Gläubiger bei der Ausstellung eines Bankdarlehens ein und die gleiche Person / Firma. Der Darlehensnehmer bekommt ein asset (deposit) und ist gleichzeitig Schuldner der Bank. Die Bank verbucht eine liability (deposit) und ein asset (loan). Der Darlehensempfänger gibt dann in einem zweiten Schritt das neu erworbene asset als Tausch gegen Arbeit, Güter oder andere assets weiter, in der Hoffnung durch diese Geschäft in Zukunft über den Zins hinaus noch einen Profit zu erwirtschaften, bzw. einen Nutzen zu ziehen. Gleichzeitig sucht sich die Bank auf dem interbanken Markt die nötigen Reserven oder leiht sie sich bei der Zentralbank. Für mich sind dies zwei Schritte, die zwingend getrennt werden müssen, wenn wir uns nicht in der geschlossenen Welt der loanable funds wieder finden wollen.
Den letzten Satz nehme ich zurück. Das hattest du wohl nicht so gemeint, bzw. das ist ein anderes Kapitel, das nicht mit diesem Thema zu tun hat.
Ich glaub ich sehe, was du meinst. Bankdarlehen sind zweckgebunden und die Guthaben werden somit zwangsläufig bei einer dritten Entität als Einkommen verbucht. Ob der Gegenwert nun Arbeit oder ein anderes Gut ist, ist dann wieder eine andere Frage. Vielleicht gefällt mir in deiner Darstellung einfach die Wortwahl ‚Arbeiter‘ nicht so gut. Aber das hast du in deiner Antwort im ersten Paragraphen ja abgedeckt.
@Baer und Oliver: Kann mir einer von Euch kurz erklären, womit Ihr Eure „perverse“ Sichtweise rechtfertigt, dass Forderungen aus Zahlungen entstehen? Oder brauchts zum Verständnis Eurer Sichtweise mindestens zwei Jahre Volkswirtschaftsstudium?
Die Schuld des Arbeitgebers resultiert aus der Unterzeichung des Arbeitsvertrages und dadurch, das der Arbeitnehmer seinen Teil des Vertrages erfüllt, nämlich seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellt. Bei der Lohnzahlung wechselt nur der Gläubiger (vorher Arbeiter, nachher Bank), es gehen genau so viele Forderungen unter, wie entstehen. Gleiches gilt aus Sicht des Arbeitnehmers (vor der Zahlung hatte er eine Forderung gegen den Arbeitgeber, nachher gegen die Bank), oder der Bank (Schulden der Bank gegen den Arbeitgeber, werden zu Schulden gegen den Arbeitnehmer).
Das in diesem Blog aufgeführte Beispiel vom Auswärtigen, der 100 kurz beim Hotelier hinterlegt, was zur Folge hat, dass die Gesamtmenge der Schulden und Guthaben im Ort massiv sinkt, zeigt doch, dass mit einer einzigen neuen externen Schuld (die Notenbank als Antigeld) jede Menge von Schulden im System ausgeglichen werden können: Der Hotelier zahlt seinen Lieferanten, mit dem Geld macht dieser das gleiche mit seinem Lieferanten usw. bis das Geld wieder beim Hotelier landet, der es dem Auswärtigen zurückgibt. Die einzelnen Forderungen konnten nicht verrechnet werden, da Gläubiger und Schuldner nicht die gleiche Person sind. Wären alle offen miteinander, könnte das gleiche mittels Forderungsabtretung erreicht werden: A schuldet B 100, B schuldet C 100, C schuldet A 100. Tritt nun B seiner Forderung gegen A an C ab, geschieht folgendes: C hat 100 Forderung gegen A (aus Abtretung) und 100 Schulden bei A (Ausgangssituation), beide Forderungen gehen unter. A hatte 100 Schulden bei B, nach der Abtretung hat er diese Schulden bei C, bei welchem er ein Guthaben hat (Ausgangssituation), beide Forderungen werden verrechnet. B hatte 100 Schulden bei C, hat nun auch ein Guthaben bei C (aus Abtretung der Forderung gegen A), beide Forderungen werden verrechnet. Alle sind ihre Schulden (und Guthaben) los: Geld vereinfacht lediglich diese Verrechnungen, welche schon bei drei Beteiligten und gleichen Summen nicht einfach sind.
Mit Zahlungen werden im Ergebnis Schulden mit Forderungen verrechnet, Schulden und Guthaben werden reduziert durch Zahlung, sie entstehen nicht dadurch.
@ Oliver: Ich würde sagen, dass Arbeit ökonomisch gesprochen kein Wert IST, sondern Wert generiert. Das ist eine konzeptuelle Unterscheidung zwischen einem Prozess (arbeiten) und seinem Resultat (Produkt). Letzteres ist wertvoll, weil ein zeitintensiver Arbeitsprozess dafür notwendig ist. Ich mag das Wort Arbeitnehmer nicht, weil ein „Arbeiter“ eigentlich „Arbeit gibt“, nicht „Arbeit nimmt“. Der „Arbeitgeber“ sollte eher „Stellengeber“ heissen. LohnbezügerIn finde ich okay, oder Angestellte/r vielleicht. ArbeiterIn ist leider semantisch vorbelastet, aber theoretisch gesehen ein passender Begriff. Nach meiner ökonomischen Taxonomie sind aber auch Topmanager Arbeiter, ich meine es also nicht im Sinne des Klassenkampfes.
Das mit dem „Reserven holen bei der Zentralbank“ müsste man noch verfeinern. Am besten man verbucht auf einem Stück Papier mal eine Transaktion auf dem Interbankmarkt, um zu sehen, wie und weshalb sich die Reserven (in Form von Giroguthaben der Banken) verändern. Du kannst auch hier z.B. Inputs holen:
http://www.six-interbank-clearing.com/de/mod_sic.swf
@ Anh: Ein VWL-Studium ist für unsere sehr anspruchsvolle Diskussion eher abträglich. Die sogenannt „moderne Makroökonomie“, die heute unterrichtet wird, würde hier schon lange nicht mehr mithalten. Laut jener Theorie ist Geld ein „Gut“ (obwohl dein Bankkonto eindeutig eine Forderung ggü. der Bank darstellt) und Geld wird hydraulisch „herumgepumpt“, als wäre es es physikalisch vorhanden. Die Neoklassik gebraucht nicht einmal das Konzept der negativen Zahlen (für das Verständnis von Bankschulden unumgehbar), sondern bloss „positive Zahlen mit negativem Vorzeichen“ (z.B. schrumpft das BIP, wenn es um einen positiven Betrag abnimmt). Wir sind schon viel weiter. Ein Studium würde also nichts nützen, wohl eher im Gegenteil. Das hier ist Neuland.
Dein Punkt ist m.E. korrekt. Ich habe vorhin nicht unterschieden zwischen nicht-monetarisierten Forderungen (Forderungen erster Klasse) und monetarisierugen Forderungen (Forderungen zweiter Klasse). Durch eine Bezahlung wechselt die Forderung von der ersten in die zweite Klasse. Wenn die Arbeit des Lohnbezügers vollbracht ist, besitzt dieser tatsächlich rechtlich gesehen eine Forderung ggü. der Firma, nur ist diese Forderung noch nicht monetarisiert worden. Hier kommt die Einzigartigkeit von Bankgeld ins Spiel: Indem die Firma den Angestellten via Bank ausbezahlt, bestehen danach keine weiteren Forderungen zwischen Angestellten und Firma. Das kann bloss Bankgeld. Wie du richtig bemerkst, wechseln nun (vordergründig) die Schuldverhältnisse. Vorher war das Schuldverhältnis (Firma –> Angestellter), jetzt (Firma –> Bank –> Angestellter). Die Obligation besteht de facto immer noch zwischen Firma und Angestelltem, aber nun ist die Bank Intermediärin und die Forderung ist monetarisiert.
Wichtig hierbei ist es auch, zu bemerken, dass nur eine Zahlung mit Bankgeld zur ENDGÜLTIGEN Bezahlung des Arbeiters führt. Wenn eine Firma ihre Angestellten mit eigenen Schuldschein bezahlen würde, wären die Angestellten nicht endgültig ausbezahlt worden, denn sie besitzen nun noch immer eine Forderung ggü. der Firma, bestätigt durch den Besitz eines Schuldscheines. NUR eine Bezahlung via Bankgeld kann die Forderungen zwischen Firma und Angestellten endgültig löschen. Durch die Benutzung von Bankgeld wird die Forderung monetarisiert und das Schuldverhältnis existiert nun weiter via Bank als Finanzintermediärin. Ich hoffe, das trägt zur Klärung bei.
@ahn
vielleicht hilft das
aus: http://moslereconomics.com/mandatory-readings/a-general-analytical-framework-for-the-analysis-of-currencies-and-other-commodities/
Credit (horizontal activity) arises when a buyer desires to make a purchase by borrowing that which the seller demands. The buyer could borrow directly from the seller. This would result in the transfer of the items sold in exchange for a promissory note of the buyer, denominated in the State’s currency, accepted by the seller. This note can be considered a form of money, depending on one’s definition of money. The note presumably has value, or the seller would not have accepted it. But clearly any value is subject to change, as the buyer’s financial condition may vary. There is also no reason such a note could not be negotiable, and circulate in the economy, as each new holder of the note attempts to use it to purchase from other sellers. Reflux could occur either when the original issuer of the note obtains it back via a sale of goods or services, or when the original issuer of the note retires it by exchanging it for State currency.
Notice that while the note was circulating, it was not an acceptable means of tax payment. The note was, however, an example of the leveraging of the State currency. It was endogenous horizontal activity. The holder of the note had a “long” position and the issuer a “short” position. The net was always 0. The note was, however, denominated in units of the State’s currency. Horizontal activity is always denominated in units of a vertical component.
The same transaction could have been intermediated by a bank. Perhaps the seller did not want to accept the note of the buyer, but would accept a bank deposit. The buyer could then go to a bank and request a loan. If approved, the result would be that the bank would hold the buyer’s note, and grant the seller a deposit in the bank. Banking thus assumes the credit risk of the buyer (presumably expressed in the interest rate charged). Banks undertaking this type of business activity are similar to insurance institutions, managing risk through analysis and diversity. Again, this is horizontal activity.
Bank deposits are the accounting records of loans. There is gross expansion of financial assets, but the net is always 0. For every deposit there is a loan from which it originated. Do note, however, that as bank deposits are acceptable for tax payment, they may function as part of the vertical component. Again, the banks acting in this capacity are, in the case of deposits being used for tax payment, intermediating vertical activity.
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Die Geschichte aus dem Hotel ist eine Vorstufe zu dem oben geschriebenen. Sie ist eine Geschichte des Kredits, aber ohne Schuldscheine, die gehandelt werden und ohne die Frage zu stellen, woher das Geld auf dem Tresen ursprünglich kommt. Dies sind aber wichtige Aspekte, wenn man das Kreditsystem aus makroökonomischer Sicht beschreiben will.
Und übrigens muss man nicht 2 Jahre Volkswirtschaft studiert haben um hier mitzureden. Ich denke sogar, eine Ausbildung als Buchhalter ist die bessere Voraussetzung als ein Volkswirtschaftsstudium, um den Einstieg in Geldtheorien zu finden. Nachher muss man natürlich noch vieles an Grundlagen einfüllen – ich bin auch ständig dran…
@Baer
Danke für den Link und für die Blumen. Ich stimme auch überein mit deiner Analyse. Habe zwar auch nichts gegen Klassenkampf, aber ich finde, man sollte in der Analyse probieren möglichst neutrale Begriffe benutzen, sonst stellt man sich vor lauter politischem Eifer selber noch ein Bein. Ich finde z.B. Arbeit und Kapital besser als Arbeiter und Kapitalisten. Es lässt immerhin noch die Möglichkeit offen, dass eine Person gleichzeitig beides ist.
@Baer again
hab noch ein paar links für dich, falls du nicht genug zu tun hast:
http://socialdemocracy21stcentury.blogspot.com/
http://nakedkeynesianism.blogspot.com/
http://understandingsociety.blogspot.com/
und scheinbar hat Tom Palley ein neues Buch herausgebracht.
Kannst du auch Sachen empfehlen?
@ Oliver: 100% einverstanden. Den Artikel von Mosler finde ich übrigens sehr spannend. Basil Moore erachte ich vor allem als sehr gut, seine Aussage „Bank deposits are the accounting records of loans“ ist sehr klug.
@Baer und Oliver: Vielen Dank, jetzt muss ich lesen und denken, dennoch vier Gedanken vorab:
Die Kriterien zur Unterscheidung von Kapital in Fiinanzkapital und „reellem“ Kapital (Oliver a.a.O.) erschliesst sich mir nicht.
Durch Bezahlung einer Forderung mittels Banküberweisung, kann das Zahlungsausfallrisiko ansteigen (Nestle oder der Staat überweist Löhne auf Konti bei wackligen Banken.
Durch die Bezahlung einer Forderung mittels Bankgutschrift ändert dann der Gläubiger nicht, wenn Schuldner der Forderung schon immer die Bank war (Lohnzahlungen der Bankangestellten werden auf Konti der Bankangestellten überwiesen.)
Wird eine Forderung durch Banküberweisung bezahlt, ändert mehr als der Gläubiger (da war ich vorher unpräzise): Die ursprüngliche Forderung beruhte z.B. auf einem Arbeitsverhältnis, Einreden, die Forderung bestehe nicht, weil das Arbeitsverhältnis nicht richtig erfüllt wurde, könnten auch nach der Forderungsabtretung vorgebracht werden, was bedeutet, das Risiko der Lohnforderung betrifft auch den Inhalt der Lohnschuld und nicht nur die Zahlungsfähigkeit des Arbeitgebers. Diese Lohnschuld wird durch Zahlung in eine Geldschuld gewandelt, Basis der Forderung ist nun nicht mehr der Arbeitsvetrag, sondern ein vom ursprünglichen Forderungsgrund losgelöstes abstraktes Zahlungs-versprechen. Die Bank ist nicht bloss Intermediärin zwischen ursprünglichem Gläubiger und Schuldner, aus einem Schuldverhältnis (zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) wurden zwei voneinander unabhängige Schuldverhältnisse (zwischen Arbeitgeber und Bank und zwischen Arbeitnehmer und Bank).
@ Anh: Sehr scharfsinnig. Rechtlich existieren die zwei Schuldbeziehungen mit der Bank (Arbeitnehmer Bank) unabhänig voneinander. Ökonomisch stellen Sie das zweiseitige Resultat einer einzigen Transaktion dar: der Lohnzahlung. Die Schuld der Firma und das Guthaben des Lohnbezügers sind untrennbar miteinander „verheiratet“, insofern als dass sie zusammen entstanden (im Moment der Lohnzahlung) und zusammen untergehen werden (im Moment des Konsums).
Eine generelle Anmerkung: Obzwar ich dir deine Skepsis hoch anrechne, ist es m. E. nützlich, einer neuen Theorie einfach mal unvoreingenommen eine Weile zu folgen, sobald man merkt, dass was dran sein könnte. Sobald man sie besser versteht (nachdem man vielleicht mal ein Buch darüber gelesen hat) kann man dann immer noch Widersprüche anprangern. Aber eine ablehnende Haltung von vornherein ist für das Verständnis nicht sehr fördernd.
@Baer: Habe schon immer mir ablehnender Haltung gelernt, den Lehrern nie geglaubt, sondern versucht, sie bei Fehlern/Unpräzision zu ertappen. Am liebsten lese ich zum Verständnis einer Theorie die Antwort auf die Kritik, da lassen sich Schwachpunkte erkennen und die Theorie verstehen.
@ Anh: Bis jetzt habe ich die Fragen ja auch beantwortet, nicht? Aber wie gesagt finde ich das eine sehr gute Einstellung, die ich teile. Ich habe damals auch einigen Professoren an der Uni das Leben schwer gemacht. Es ist bloss nicht sehr effizient, auf diesem Blog in so beschränkten Rahmenbedingungen zu diskutieren, denn ich habe nur wenig Zeit und bin ausserdem nicht der beste Kenner dieser von mir vertretenen Theorie. Da gibt es sehr gute Bücher von Professoren, die sich ihr Leben lang mit solchen Fragen auseinander gesetzt haben. Hier das Buch eines Schweizer Professors:
http://books.google.ch/books/about/Macroeconomic_foundations_of_macroeconom.html?id=ph_zgkP8XJsC&redir_esc=y
@Oliver, Anh, Baer
Sieht zwar so aus als wäre bei euch die Diskussion um Geld, Schuld, Löhne, Banken u.s.w. schon gelaufen.
Aber irgendwie scheinen mir die zentralen Begriffe wie z.B. Geld, Wert, Finanzkapital überhaupt nicht geklärt.
Anfangen müsste man doch mal mit dem Wert. Dadurch, dass wir ihn Denken und nur wenn wir dies tun gibt es nämlich dieses „Nichts“ namens abstrakten „Wert“: indem Menschen seine Funktion anerkennen und seine Existenz dafür annehmen. Eine Annahme, die allerdings nicht bloss aus der Luft gegriffen ist. Sie besitzt ja ihren zwingenden Grund darin, dass die Funktion abstrakten Werts – wie ausgedacht er auch immer sein mag – objektiv durchgesetzt ist. Wollte jemand die Annahme unterlassen und den Geldwert für inexisten halten, die weltlichen Mächte würden alsogleich Nachhilfe leisten und dem Verwirrten mit Nachdruck den richtigen Glauben beibiegen. In Bezug auf Geld sind die Gesetze ja sehr empfindlich und geben der Polizei und anderen Kräften damit reichlich zu tun. Und dennoch gilt: Dass Geld als Geld funktioniert, dass es überhaupt Geld ist, hat zur Voruassetzung, dass Menschen es DENKEN, dass sie die Dinge mit diesem abstrakten Wert verknüpfen und ihn dafür, den es sonst nicht gäbe und der sonst in nichts besteht, im Denken synthetisch erst bilden – ja, man kann sagen: ihne sich einbilden. Der Geldwert ist eine DENKLEISTUNG.
Wir kommen deshalb nicht dazu, die Welt ohne Geld zu denken, weil wir alles mit ihm denken.
Mit dem Geld verdoppeln wir die Welt in sie selbst und diesen „Astralleib“, den wir in sie hinein sehen. Der aber, der ausgedachte, scheint uns wirklicher noch als sie selbst, scheint uns ihr wahrer Leib zu sein, der Leib, der zählt.
Des Kaisers Marschalk beklagt in Goethes Faust – „Nun soll ich zahlen, alle lohnen“ – die Abhängigkeit von einem Gläubiger:
„Der schafft Antizipationen,
Die Speisen Jahr um Jahr voraus.
Die Schweine kommen nicht zu Fette,
Verpfändet ist der Pfühl im Bette,
Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brot.“
Denn dessen Wert ist „Jahr um Jahr voraus“ bereits verbraucht worden, er ist „vor“-gegessen und ist das eigentliche Brot, dem das gebackene auf dem Tisch nur noch nachfolgt wie Hexen-Fexen und Gespenst-Gespinste. Doch Mephisto weiss Rat, den Antizipationen der Schuldscheine zu entkommen, indem ihnen eine gleiche Vorwegnahme entgegengesetzt wird: Geldpapiere als Anweisung auf vergrabene Schätze. Goethe lässt sie spielen, als kursierte da nur Scheingeld, und sind doch veritable Geldscheine – ähnlich steht es noch heute auf den Dollars:
„Zu wissen sei es jedem, der`s begehrt:
Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
Unzahl vergrabenen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,
Sogleich gehoben, diene zum Ersatz.“
Das Gold als der gedachte Wertgrund des Papiers, man mag es gut und gerne vergraben lassen. Denn ob mit Gold oder ohne, ob festgehalten auf Papier, in Metall oder elektronischen Daten, durch nichts davon wird der Wert substantieller oder weniger substantiell. Der Verweis auf Gold, den ihm Teufel und Obrigkeit da mit auf den Weg geben, zeigt bloss, wie gediegen-wirklich uns der Wert erscheint, während er sich doch in nichts sonst als Wert bewährt, als dass er überhaupt auf Güter verweist – egal auf welche. Er IST dieser VERWEIS: Der BEZUG AUF WAREN. Wäre die Zahl auf dem Konto einmal nicht mehr als dieser einzusetzen und wäre nichts mehr mit ihr zu kaufen, so wäre sie das blosse Nichts ihrer Form. Damit sie das bedeutende Etwas wird, als welches wir sie kennen, hat ihr genau nur diese Funktion zuzukommen und hat es also nur überhaupt Waren zu geben, die diesen Bezug auf sich anerkennen, egal ob nun Gold oder Gummibärchen, Massage oder frisches Brot. Deshalb lösen die Nationen, die es endlich auch verstanden haben, allmählich ihre Goldreserven auf, und seit langem schon bekäme man den Geldwert eines Scheines staatlicherseits nicht mehr in Gold aufgewogen. Aber das heisst nur, dass der Wert selbst nun wirkt wie Gold, heisst also, dass Funktion und reiner Bezug für uns gediegen-selbständige Existenz erhalten – dass wir sie in dieser Weise denken. Es ist der unwillkürliche Glaube, Geld und Wert wären eine absolute Substanz oder besser noch eine Art Energie, die man gewinnen könne und erzeugen müsse wie Kilokalorien oder elektrischen Strom. Man kennt die Vorstellung: Geld muss man irgendo hineinfliessen lassen, hineinpumpen, investieren, und wo vorher Stillstand war, geht es alsbald rund. „Wo fehlts nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.“ Und es fehlt überall, wird überall gebraucht, wo irgendetwas fehlt. Hier wird gehungert, da Geld die Nahrung ist, dort bleibt ein Bau unvollendet, weil Geld der Mörtel ist, und da bricht die Versorgung zusammen, da Geld für alles Mittel ist. Und dort fehlt zwar Nahrung, doch sie fliesst, wenn Gelder fliessen. Hier ruht ein Projekt, obwohl alles, Leute und Material, bereitsteht, doch läuft es, sobald nur der Treibstoff einläuft, Geld.
Kurd Lasswitz hat die Vorstellung dabei auf ihre reinste Form gebracht. Sein Roman „Auf zwei Planeten“ lässt die Bewohner des Mars, herrlich überlegen den Erdmenschen, zwar ebenso wenig wie sie aufs Geld verzichten, aber doch unmittelbar ENERGIE als Geld verwenden. Wie auf einer Geldkarte mit Speicherchip trägt jeder sein Quantum davon bei sich, aufgeladen mit Hilfe der Sonne, als Tauschmittel übertragbar auf andere und in jedem Fall aber eine Form von Wert, die als Energie UNMITTELBAR Arbeit leistet. Der aufgeladene Akku, so stellen wir uns das Geld vor: Leistung, die sich sammelt und somit Leistung ermöglicht. Was die reichen Staaten an Energie aufgebracht hätten, davon gäben sie den armen ab, und weil es denen an Kraft gebricht, übertrügen ihnen die Starken etwas von der ihren. Woher sonst soll die Kraft zum Handeln kommen denn aus – Kraft? Diese aber wäre das Geld direkt: die potentielle Energie eines Steins, den wir mit der selben Energie auf eine Höhe gehoben haben, die, hinunter rollend, wieder abgibt, „leistet“ (E=m*g*h). Deshalb heisst es: Man kann sich nur leisten, was man geleistet hat! Man kann nur verbrauchen, was vorher erwirtschaftet wurde! Solche Kernsätze leuchten uns sehr wohl ein. Und doch sind sie, vom Geld gesprochen, die pure Lüge: als wäre das Geld selbst die Nahrung, nur dann zu essen, wenn sie vorher angebaut wurde, als wäre es selbst die Arbeit, nur dann zu leisten, wenn jemand die Kraft dazu gesammelt hat.
Tatsächlich, wenn dem so wäre, wie unser geldgeformtes Denken da behauptet, dann ginge es nicht ohne Geld. Dann läge es schon immer in der Welt, und jene Zeiten, die es noch nicht kannten, hätten einfach noch nicht entdeckt, dass Arbeit, die einer aufwendet, unmittelbar Wert ist und jedes Ding als solches immer Geld. Als die Menschen es endlich münzten, auf Papier schrieben und an der Börse handelten, hätten sie diesem Naturzustand damit nur sichtbare Form gegeben.
Doch Geld zwingt zwar zur Leistung, aber es ist sie nicht, verfügt zwar über die Produktion von Dingen, aber produziert sie nicht. Sein Produziertwerden vollzieht sich allein ¨ber den Handwechsel bei Kauf und Verkauf, das heisst beim schieren Gegenteil von Produktion, bei ihrem Verbrauch. Was immer produziert wird, zu Geld wird es nicht als dieses Produkt, sondern allein dadurch, dass es – bei einem anderen als dem Produzenten – in den Verbrauch geht. Wie selbstverständlich ist uns klar, dass vor allem eines: Konsum nötig ist, damit es der „Wirtschaft“ gut geht. Wo nicht verbraucht wird, fällt auch kein Geld an, und insofern also ist Geld Verbrauch, und zwar unsinnigerweise der bereits erfolgte, der vergangene, ist Geld stets „vorgegessen Brot“. Absurd also, dass sich, was Einer verbraucht, bei einem Anderen als Substanz ansammelt; dass solch gewesener Verbrauch als Stoff fungiert, von dem der künftige zu zehren hat; dass Geld und Kredit als Nahrung oder Brennstoff weitergeben, was andere einmal verbrannt und verdaut haben!
Meine Herren, Sie sehen, es wird kompliziert….
@ Ueli der Knecht. Ein wahrer Poet in unserer Mitte. Sie haben völlig Recht, wenn Sie bemerken, dass die grundlegenden Begriffe noch nicht geklärt sind. Ökonomen knobeln daran seit langem, machmal mit freundlicher Unterstützung von anderen Disziplinen. Ihre Ausführungen sind sehr gut. Wie wohl jedes Thema kann man auch Geld aus philosophischer, soziologischer, psychologischer Sicht etc. betrachten, und Sie tun dies ausgezeichnet. Während man wohl über ein Atom philosophieren kann, überlasse ich es den Atomphysikern, seine Natur zu erfassen. Gleichermassen lässt sich vorzüglich über Geld philosophieren (man denke an Georg Simmel), doch ihre exakte Funktionsweise (welche buchhalterischer Natur ist, sehr trocken, sozusagen „credits and debits“), wie Forderungen ausgeglichen werden, wie Zahlungssysteme aufgebaut werden müssen dass keine Störungen im Zahlungsverkehr passieren, das ist die Aufgabe von Geldtheoretikern und -politikern. Der Stand der Forschung ist sehr schlecht, die Akademie verhindert noch immer innovatives Denken durch pyramidale Strukturen und Zementierung alter Denkmuster . Dies trotz Finanzkrise und der Einsicht vieler Ökonomen, dass sie ein wichtiges Puzzleteil verpasst haben. MIttlerweile freut es mich immer, wie bei Ihnen jetzt auch, wenn andere Disziplinen ihre Sicht auf das Geld preisgeben. Sehr bereichernd.
Danke, Ueli! Was soll man da noch hinzuzufügen?
Auch die BIZ macht für die Schuldenzunahme im Westen die Liberalisierung der Finanzmärkte verantwortlich.
“Banken konnten mit immer neuen Produkten dadurch ihren Kunden einen leichteren, wenn nicht leichtsinnigen Zugang zu Krediten verschaffen”
Leuchtet mir ein, seit den 70er Jahren haben sich die Finanzmarktprodukte infaltionär vermehrt.
Vielleicht wäre es interessant zu wissen mit welchen dieser Produkte sich die Menschen verschulden -so eine Art Rangordung der Verschuldungsgefahr.
Es ist ja so, man will aus der Schuldenfalle raus kommen -aber wenn es stimmt was das BIZ und „der Baer“ sagt, so hat man mit der billigen Bankenliquidität soeben die vielköpfige Hydra geschaffen. Es ist doch klar dass die Liquidität an die Banken irgendwie mit neuen Finanzmarktprodukten die Märkte begklückt, und damit die allgemeine Schuldenuhr weiter hochkreisen lässt. Soviel ich gehört habe wurden nch nie so viele Produkte auf den Markt geworfen wie jetzt.
Herr Dittli, alle Kritiker der Banken sind Linke -egal ob die Kritik berechtigt ist oder nicht. Das hat sich historisch so entwickelt, zusammen mit dem Wort Liberalismus -den sich das rechte Parteienspektrum einverleibt hat. Seit einigen Jahrzehnten haben sich im kalten Krieg die Banken und der Liberalismus politisch zu einer Lobby verschmolzen -und waren siegreich daraus hervorgegangen. Nach dem Zusammenbruch der UDSSR fügten sich auch einige Landesparteien der Sozialisten in diese Art Liberalismus ein -in der Schweiz als Gurtenmanifest bekannt, in Deutschland und England als „dritter Weg“. Interessant daher ist, dass in Deutschland der bürgerliche Herr Schirmacher von der Zeit seit einigen Monaten am Selbstverständnis der Einheit zwischen Banken und Liberalismus rüttelt. Ich bin mir recht sicher dass nun nicht mehr die Sozis die grösste Gefahr für die Banken sind -sondern Reformpolitiker der Bürgerlichen die sich an die Herkunft des Wortes Liberalismus erinnern -und die dann erstaunt feststellen das der Liberalismus SO nicht mehr existiert. Wir sind nämlich in einen Zitronensozialismus der Banken eingetreten -wenn man so will -ein Linksextremismus.
@Andres Müller
„….alle Kritiker der Banken sind Linke…das hat sich historisch so entwickelt.“ Ja, da sind Sie aber auf dem Holzweg! Unter Neonazis ist es heute sehr populär (und wars ja auch schon zu Zeiten von Adolf) die „bösen raffgierigen Banker“ als Sündenbock für systemimmanente Fehler des Kapitalismus, den die rechten Idioten noch nie richtig verstanden haben, zu schlachten. Die erschreckende Tendenz ist doch eher die, dass jetzt auch viele „linke“ Gruppîerungen (seien das attac, die Sozialdemokraten oder die Gewerkschaften) sich immer mehr einer primitiven Sündenbocksuche verschrieben haben. Auf youtube kann man sich heute schon vegane, israelfreundliche, umwetschützende Neonazis anschauen, die fast die gleichen Erkennungszeichen wie die Antifa besitzen…Ironie der Geschichte?
Die politischen Parteien sind auf einem Kreis angeordnet. Da darf es nicht verwundern, wenn man bei Demos der „Antifaschisten“ zu und her geht wie bei Demos von Neonazis, nur gewalttätiger !
@Hanspeter Niederer
Wenn die Neonazis von heute mal ein bischen älter geworden sind, werden sie wohl die selben Sprüche kloppen
wie Sie Herr Niederer.
Die Antifa mal prinzipiell als Krawallbrüder zu bezeichnen ist die typische Haltung von biederen Kleinbürgern, die nicht begreifen können, dass Widerstand gegen Rassismus und Faschismus, kein Verbrechen – sondern eine Bürgerpflicht ist. Sie haben mein Plädoyer gegen „zu schnelle Feinderkennung“ und „Sündenbocklösungen“ vollkommen falsch interpretiert. Dass die Linke von heute sich nicht haarscharf von der rechten Ideologie abgrenzt ist genau die Katastrophe und nicht umgekehrt.
@Knecht, die NSDAP war Xenobhob ausgerichtet, also extrem Nationalistisch. Die Feindschaft galt ideologisch nicht den Banken per se, sondern den international ausgerichteten Juden die viele der Konzerne führten.
Einer der Drahtzieher bei der Machtergreifung der Nazis 1933 war der frühere Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht.
Auch heute noch haben Neonazis nichts gegen Banken -solange sie ‚dem Volk‘ gehören -sprich einem Einheimischen. Kapitalismus und Nationalsozialismus sind im Wesen verwandt, beide arbeiten mit sozialdarwinistischen Prinzipien. Die „Auslese“ und der Erhalt des „gesunden Volkskörpers“ entsprechen im Kaptalismus dem Wort Wettbewerbsfähigkeit. Leider haben viele Ökonomen diese Zusammenhänge nie studiert.
Fast zeitgleich mit dem Entschluss des Reichsbankpräsidenten! Hjalmar Schachts, sich für die Machtübernahme der Nationalsozialisten einzusetzen, fand die Gründung der BIZ statt – der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Es handelte sich um das Zentrum der Finanzoligarchie, die auf der Grundlage eines Netzwerks eng miteinander kooperierender Zentralbanken in den 30er Jahren und noch während des Krieges die „Geschäfte mit dem Feind“ führte.
Solange die BIZ in deutscher Hand war und nicht unter jüdischem Einfluss hatte Hilter absolut nichts gegen Banken. Daselbe gilt für die Neonazis heute -sie haben Angst vor der Fremdbestimmung durch Banken -deshalb wollen sie die selber kontrollieren.
@Andres Müller
Ja es kommt noch viel dicker. Die Nazis wurden von der US-Hochfinanz gesoponsort, da Sie einerseits den Versaillervertrag missbilligte – Frankreich nämlich bestand auf Reparationen in Gold, nicht in Natura, und alle Deutschland-Kredite der USA seien über die Reparationen Frankreich zugute gekommen. Nur wenn es keine Reparationen mehr erhalte, könnten sich Deutschland und auch die USA wieder erholen. Zudem fürchteten die Amerikaner die seit dem Rapallo-Vertrag sich entwickelnde Ostorientierung Deutschlands, dessen politische und wirtschaftliche Beziehungen zur Sowjetunion, ja, sie befürchteten sogar einen bolschewistischen Umsturz im Land. Und
während Frankreich aus Sicherheitsgründen ein schwaches Deutschland wünschte, wollten die USA ein starkes.
Bei Beratungen der Präsidenten der Federal Reserve Banken, des eigentlichen Finanzzentrums der Wallstreet, der fünf unabhängigen Banken, Vertreter der Royal Dutch, der Standard Oil, Rockefeller jun. u.a. im Sommer wurde Warburg schliesslich gebeten zu prüfen, ob Hitler für amerikanisches Geld zugänglich sei. Als Gegenleistung hätte dieser gegenüber Frankreich eine aggressive Aussenpolitik einzuleiten, sollte aber „in die wirklichen Motive der amerikanischen Unterstützung nicht eingeweiht werden.“
Hitler seinerseits habe bei den Verhandlungen in Berlin betont, „dass er mit den Arbeitslosen alles machen könne, wenn er ihnen nur Uniformen und Verpflegung gebe…Auf diese Weise werde er Frankreich schon klein bekommen…Alles hinge vom Geld ab…Die US-Hochfinanz habe doch sicher ein Interesse daran, dass er, Hitler, an die Macht komme, denn sonst hätte sie ihm nicht bereits 10 Millionen Dollar übergeben…Wenn er von der US-Hochfinanz 500 Millionen Mark erhalte, sei er in sechs Monaten fertig.“
Kurz vor Hitlers überraschendem Wahlsieg 1930, errungen mit einem für deutsche Verhältnisse ganz ungewöhnlichem Propaganda-Aufwand, war das grosse Geld aus dem Ausland gekommen und floss weiter bis zu seiner Machtübernahme 1933. Die Summe von Kuhn, Loeb & Co., die ihm zwischen 1929 und 1933 den Weg zur Macht ebnete, war zwar sehr stattlich, doch nicht überdimensional, spielte aber die Rolle des „Züngleins an der Waage“. Die Wallstreetbankiers hatten gut kalkuliert, nicht mehr gegeben als nötig, doch genau so viel. Sind sie ja wohl einem Mann wie Hitler, der das ihm wirklich Zugedachte kaum ahnen konnte, geistig weit überlegen gewesen, jedenfalls mehr als charakterlich.
Treffend resümiert der Amerikaner H.R. Knickerbocker in seinem Buch „Deutschland So oder So?“ die Lage in Europa im Jahr 1932: „Die amerikanischen Investitionen auf dem europäischen Kontinent sind in einem Schlachtfeld angelegt.“
Ja, und nach dem gewaltsamen Austritt der USA aus den Verpflichtungen von Bretton Woods kam eine neue noch genialere Investitionsanlage in Betrieb. Neben der Möglichkeit zur unbeschränkten Kreditausweitung und später noch dessen gebündelter Kraft durch den Rücktritt von Stean-Seagal Act und der Erfindung der CDS -kam es zu etwas das bis heute kaum zu öffentlicher Resonanz bei Ökonomen führte:
http://www.nytimes.com/imagepages/2011/09/04/opinion/04reich-graphic.html
Die geniale Nutzverwertung arbeitender Frauen mit Kindern unter 18 Jahren! Das erhöhte die Produktion und drückte gleichzeitig die Lohnkosten. Das hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht lässt sich schon daran beobachten wie wenig es Frauen mit Kindern in Führungspositionen schaffen.
Die erhöhte Produktivität fand nur Eingang auf die Konten einiger superreicher Männer. Diese wiederum investierten ihr Geld in aufstrebenden Märkten (auch Europas Süden) -ohne irgendwas davon im US Binnenmarkt zurückzugeben als Wohlstand durch Nettolohnzuwachs.
Eine ähnliche Entwicklung wie in der aufschlussreichen Grafik findet sich natürlich auch in Europa!
@Andres Müller
Ihre Konklusion, dass vor allem Frauenarbeit das Kapital wieder profitabel gemacht hat ist ein voreiliger Schluss. Tatsächlich war es so, dass die Haushalte in den USA z.B. nicht mehr über die Runden kamen, ohne dass die Frauen auch Geld verdienten. Natürlich wurden sie so zu Konkurrenten ihrer männlichen Kollegen und die Löhne konnten vom Kapital abgesenkt werden. Der Produktivitätssprung und dessen Abkopplung von den Löhnen ist aber doch eher auf die mikroelektronische Revolution der letzten 30 Jahre zurückzuführen. Die Arbeitnehmer waren nach jahrzehnten der Prosperität fett und faul geworden und dachten schon, dass nicht der Profit, sondern die soziale Wohlfahrt im Kapitalismus „vorfahrt hat“. Das Kapital hat die Chance genutzt und in den 80er Jahren kurzen Prozess mit seinen Anhängseln gemacht. Die Arbeitslosigkeit stieg wieder auf das Niveau der 20er Jahre, die hart erkämpfte „soziale Gerechtigkeit“ wurde mit Hartz 4 und vielen anderen Massnahmen (ironischerweise von den Sozialdemokraten sowohl in England, wie in D-Land befördert) über Bord geworfen. Und siehe da: Die Produktivitätskurve stieg exponentiell und auch das Vermögen der Superreichen.
Die Zinsgewinne bei den Banken, die Pleite beim Steuerzahler.
Dagegen sind ein paar Sozialhilfebetrüger eine Kinderfestchen, aber die Neo“liberalen“ können dank Medienmacht von reichen Männern solche Kleinigkeiten emotionalisieren, um von den dicken Hunden abzulenken:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,820255,00.html
„Beim nächsten Mal trifft es dann nur noch die Steuerzahler.“
SPIEGEL ONLINE: Warum?
Hau: Die Banken haben in den vergangenen eineinhalb Jahren auf Zeit gespielt. Sie wollten noch so viele Zinszahlungen wie möglich mitnehmen. Jetzt merken sie, dass die Zeit ausläuft und haben deshalb ihre Strategie geändert. Sie versuchen nun, möglichst viele Schulden auf die öffentlichen Träger abzuwälzen. Das ist aus ihrer Sicht klug. Aber für die Steuerzahler wird das am Ende eine Katastrophe. „
Die Banken (aber auch Versicherer und PKs) werden von Politiker gezwungen Staatsanleihen zu kaufen. Dieser Artikel hier unterstützt das. Man will das die Banken die Schulden kaufen, also verlangt man eine hohes EK und das muss in „sicheren Anlagen“ sein und das sind natürlich, nach der von Politikern erstellten Definition, Staatsanleihen. Gleichzeitig versorgt man die Banken mit Gratisgeld, damit sie die Anleihen auch kaufen können. Im Grunde druckt die EZB genau wie das Fed einfach Geld und kauft die eigenen Schulden damit, nur macht man es halt via Banken…
Schuld sind letztendlich die Politiker und auch die Steuerzahler, weil sie die Politiker gewählt haben. Die Banken sind einfach ein Rad im System…
„…nur macht man es halt via Banken…Die Banken sind einfach ein Rad im System…“
Kein schlecht bezahltes. Kriegen Geld für 1% und werden gezwungen (sic!) es für 5% auszuleihen. Kassieren als Manager Boni dafür. Und werden gerettet wenn’s schief geht.
Das nennt sich also Zwang. „Oh Herr, lass mich auch gezwungen werden!“
Ihnen steht ja frei sich bei einer Bank zu bewerben bzw. eine entsprechende Ausbildung zu machen. Jobs in der Finanzbranche zu erhalten ist jetzt nicht gerade das Schwierigste auf der Welt…
Wie auch immer, ich sage ja nicht, dass die Banken Opfer sind, aber halt nicht die Verursacher. Das wäre so, wie wenn man den Taxifahrer, der Frau Merkel zur Eurokonferenz gefahren hat, beschuldigt. Schliesslich hat er ja dann auch daran verdient und Merkel hat vielleicht auch noch ein ganz gutes Trinkgeld gegeben und er hat sich bestimmt nicth beschwert…ist bei Banken ähnlich. Ausserdem muss man vielleicht mal festhalten, dass es hier nur um Grossbanken geht. Für kleine Banken, Investment Funds usw. gilt das nicht wirklich, weil sie keine Staatsgarantie haben.
Danke für diesen Beitrag. Wann kommt endlich der europäische Frühling, in dem all diese gekauften Regierungen weggeputzt werden? Ohne flächendeckenden Bankenkollaps ist er scheinbar nicht zu haben !
Im Herzen des Kapitalismus herrscht lobbyistische Selbstregulation gepaart mit staatlichen Subventionen ohne Ende.
Der Kapitalismus müsste Konkurs anmelden, wenn seine Reglen für ihn gelten würden (Konkurs wegen Substanzlosigkeit der vermeintlichen Aktiva).
20 bis 30% ungewichtet klappt nicht. Wisst, ihr, was das für Hypotheken heisst? Nehmen wir an, langfristig gebunden angelegtes Geld gibt 1%, also sehr tief. Dann kommt etwas für das Ausfall Risiko dazu, sagen wir 0.4 bis 0.5%. Und dann will die Bank verdienen, 15% auf dem Eigenkapital, das sie für die Hypo einsetzen muss. 15% auf 20 bis 30% EK sind 3 bis 4.5% auf die Hypo Summe. Die liegt dann also total bei 4.5 bis 6% – in einem Niedrigzinsumfeld, wo Sparer langfristig gebunden 1% bekommen!
Wenn man den Bankern normale Löhne zahlen würde und vernünftige Bonifikationsmodelle hätte, müssten keine 15% Eigenkapitalrendite erwirtschaftet werden. Der Aufwand für den Abschluss und das Management von Hypotheken ist minimal und wird i.d.R. dem Geldnehmer in Rechnung gestellt.
Das Problem besteht darin, dass Banker einen Honigtopf bewachen müssen. Bei Arbeitern in Schokoladefabriken weiss man, dass nach 2-3 Monaten die Mitarbeiter genug genascht haben und keine Lust mehr verspüren, sich an den von Ihnen hergestellten Produkten zu bedienen. Bei Geld ist das leider etwas anders, da man nie genug Geld hat.
Wenn man als kleiner Banker mit 80’000 Franken Jahressalär bereits von einem Working Poor sprechen muss, während er das Geld von Millionären verwaltet und täglich Geschäfte in Millionenhöhe abwickelt, so kann ich gut nachvollziehen, dass man sich gern aus dem Honigtopf bedienen will. Wehe die fleissigen Bienen kommen und wollen ihren Honig haben. Dann wird klar, dass Banken nichts anderes als ein riesiges Ponzi-Schema darstellen. Darum auch das Theater von „Too Bit to Fail“ und Systemrelevanz: Man würde mit Schrecken feststellen, dass man nicht auf Sand, sondern auf Seifenblasen gebaut hat. Und zwar nicht als Schuldner (Hypothek), sondern als Gläubiger (Privatkonto, Pensionskasse, ETF).
Es ist wie bei AKWs und anderen Unternehmen, welche mit dem „Modell der riesigen Kuh“ arbeiten: Wenn man zeitlich oder lokal von etwas profitiert (Strom, Gewinne, Produkte), ignoriert man gerne die Folgen welche später oder anderswo anfallen (Müll, Verschmutzung, Verluste). Was interessiert mich, wo die Kuh frisst und schei**t, wenn das Euter über mir hängt? Wir werden erst aus dem Traum erwachen, wenn das Euter keine Milch mehr liefert.
Die Frage ist nur, wer das ändern soll. Der CEO, der Millionen Boni kassiert, weil er den Aktionären 15% Eigenkapitalrendite verspricht? Nein,wenn der sich hinstellt und neu 5 oder 8% anpreist, dann war er ab sofort CEO. Der Aktionär? Bitte sehr, der profitiert von der hohen Rendite, wird sie kaum einschränken. Also, wer?
Bei Hypotheken sind 30% Eigenkapital der Bank aber auch unrealistisch. Der Hauseigentümer hat ja schon 20%, und muss Geld nachschiessen, wenn die Häuser deutlich im Preis sinken. Denn selbst wenn wir nicht von 15% Rendite auf dem Bank Ek ausgehn, sondern nur 5 bis 8%, müsste der Hypo Schuldner alleine dafür noch bei 30% Bank EK 1.5 bis 2.5 Hypo Zinsen zahlen, plus Ausfallrisiko, plus Zinsen für den, der sein Geld alnge anlegt. Wenn die bank 30% EK hält bei Hypos, kann sie das Haus auch zu100% finanzieren, dann braucht der Bauherr kein EK mehr.
Und unter 5% würde ich persönlich nie Geld als EK in einen Betrieb stecken, der auch mal Konkurs gehen kann. 3 bis 5% bekommt man als langjährigen Schnitt (!) auch mit einem einfach Aktien Fond, dafür muss man nicht noch unternehmerisches Risiko eingehen. Wenn ein Investor (bzw Aktionär) schon Stellen schafft, dann will er im Erfolgsfall zu Recht auch mehr verdienen als jemand, der das Geld einem einfach Fond anvertraut. Und viel mehr, als wenn man das Geld einfach auf ein E-Deposito Konto mit voller Staatsgarantie tut (wo im normalem Zinsumfeled 2 bis 3% kommen, heute natürlich weniger)