Der Teufelskreis der Euroschuldenländer

Die Briten profitieren jetzt von der Tatsache, dass sie ihre eigene Währung behalten haben: Bank of England in London.

Die Staatsverschuldung Spaniens beläuft sich laut IWF-Zahlen auf 63,9 Prozent, jene von Grossbritannien dagegen auf deutlich höhere 83,9 Prozent. Dennoch bezahlt Spanien sehr viel höhere Zinsen für seine Staatsschulden: 5,24 Prozent versus nur gerade 2,21 Prozent im Fall von Grossbritannien, wenn man die aktuelle Rendite der jeweiligen Staatsanleihen betrachtet.

Der belgische Ökonom Paul De Grauwe hat sich gefragt, woher dieser seltsame Unterschied stammt und ist zu einer Erkenntnis gelangt, die für die Eurokrise eine entscheidende Bedeutung hat. Insbesondere macht De Grauwes Überlegung klar, warum die Ankäufe von Staatsanleihen Italiens und Spaniens tatsächlich höchst wirksam sein können. Hier das Paper von De Grauwe, hier ein früherer Blogbeitrag, der das Thema schon einmal gestreift hat.

Der Reihe nach. Erst ein Blick nach Grossbritannien. Welche Folgen hat dort eine hohe Verschuldung?

  • Die steigende Verschuldung lässt die Wahrscheinlichkeit eines Staatsbankrotts steigen. Daher werden Anleger Staatsanleihen verkaufen, was deren Rendite steigen lässt. Das bezeichnet man dann als höheres Zinsniveau für die Staatsverschuldung. Schliesslich müsste der Staat bei einer Aufnahme von neuen Schulden den entsprechenden Zinssatz bezahlen.
  • Nachdem die Anleger die Anleihen verkauft haben, können sie das dafür gelöste Geld weiter in Grossbritannien anlegen oder sie können es – was angesichts eines möglichen Vertrauensverlustes gegenüber der britischen Wirtschaft wahrscheinlich ist – aus dem Land schaffen, doch dann müssen sie es erst in eine andere Währung umtauschen, um es in fremde Anlagen erneut investieren zu können.
  • Das hat allein zwei wichtige Effekte: Erstens wird dadurch der Wert des Pfundes fallen und zweitens bleiben die britischen Pfunde in Grossbritannien.
  • Der fallende Wert des Pfundes vergünstigt britische Produkte im Ausland, was den Exporten Schub verleiht und damit das Wachstum befördert.
  • Die Tatsache, dass die Pfunde nicht aus Grossbritannien abfliessen, führt dort nicht zu einer Liquiditätskrise, die den Bankensektor arg in Bedrängnis bringen würde.
  • Kommt der Staat dennoch in  Finanzierungsschwierigkeiten kann bei einer Gefahr für das Land die eigene Zentralbank einspringen und Staatsschulden aufkaufen. Auch das verhindert eine Liquiditätskrise.
  • Entsteht durch diese Aktivität der Zentralbank eine steigende Inflation, beziehungsweise wird das erwartet, verringert dies die Schuldenlast über tiefere Realzinsen. Zur Erinnerung: Nominalzinsen minus (erwartete) Inflation gleich Realzinsen.
  • Wie die Schuldenfallenformel lehrt, erhöht jeder Realzins, der die reale Wachstumsrate eines Landes übersteigt, die Schuldenquote eines Landes und umgekehrt – und zwar unabhängig vom Primärsaldo. Das heisst unabhängig von den Ausgaben und Einnahmen des Staates ausgenommen die Zinskosten.
  • Im Fall von Grossbritannien hat die Verschuldung des Landes immerhin Konsequenzen, die die Lage nicht weiter verschlimmern, sondern sogar mildern und dem Land verbleiben Handlungsmöglichkeiten: Der Abwertungsdruck auf die Währung erhöht das Wachstum, für den Notfall steht eine Zentralbank bereit und eine leicht höhere Inflation senkt die reale Schuldenlast. Nein, das bedeutet nicht, hohe Schulden seien problemlos und würden von selbst verschwinden. Aber es ist ein entscheidender Unterschied, ob ein Land in einer Währungsunion ist oder nicht.

Das zeigt sich sofort, wenn wir nun den Blick nach Spanien wenden:

  • Der Anfang der Geschichte ist gleich: Die steigende Verschuldung lässt die Wahrscheinlichkeit eines Staatsbankrotts steigen. Daher werden Anleger Staatsanleihen verkaufen, was deren Rendite und damit letztlich die Zinskosten für das Land  steigen lässt.
  • Jetzt verläuft die Geschichte aber ganz anders weiter. Die Anleger müssen das dadurch gelöste Geld nicht erst in eine andere Währung umtauschen und können es direkt in einem anderen Euroland investieren.
  • Das heisst, es gibt keine Abwertung der Währung und das Geld bleibt nicht automatisch im Land wie im Fall von Grossbritannien. Über Exporte vermittelte Wachstumseffekte durch eine schwächere Währung bleiben daher aus und das Risiko einer Liquiditätskrise mit den entsprechenden Gefahren für das inländische Bankensystem ist jederzeit gross.
  • Anders als in Grossbritannien verfügt Spanien auch nicht über eine eigene Zentralbank, die im schlimmsten Fall einspringen kann.
  • Die steigende Zinslast mindert die Tragbarkeit von Schulden an sich schon. Um den Geldabfluss zu stoppen, bleiben dem Land ohne Hilfe nur deflationäre Massnahmen: Das heisst sinkende Löhne und drastische Schnitte im Staatsbudget. Das mindert aber die Tragbarkeit der Schulden weiter und verschärft die Rezession, was wiederum die Schuldenquote erhöht.
  • Die hohe Verschuldung im Fall von Spanien als Mitglied der Währungsunion kann also in einen sich selbst nährenden Teufelskreis nach unten münden.
  • Das Land ist insbesondere verwundbar gegenüber Änderungen in der Risikowahrnehmung auf den Märkten. Denn kommt die Ansicht auf (oder streuen Spekulanten entsprechende Gerüchte), das Land sei besonders gefährdet, dann führt das zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung: Die Anleihen werden verkauft, die Zinsätze und die entsprechenden Kosten steigen, das Wachstum leidet, Geld fliesst in andere Länder ab, der Bankensektor wird durch eine Liquiditätskrise bedroht und die Wahrscheinlichkeit eines Staatsbankrotts steigt tatsächlich. Angesichts der unabhängigen Währung und der eigenen Zentralbank steht hier Grossbritannien trotz der höheren Schuldenquote viel besser da. Kein Wunder sind dort die Zinsen tiefer.

Und was hat das jetzt mit der Politik der Europäischen Zentralbank EZB zu tun, Anleihen von gefährdeten Ländern wie Spanien oder Italien aufzukaufen? Das obige Beispiel anhand von Spanien sollte deutlich gemacht haben, dass Aufkäufe von Staatsanleihen durch die EZB in einer Situation, wo solche wegen übertriebenen Ängsten, Gerüchten oder einer spekulativen Attacke massiv verkauft werden, keine Subvention unwürdiger Länder darstellen. Sie verhindern ganz einfach den Teufelskreis, in den ein Land ansonsten geraten kann. Und wenn Länder wie Spanien und Italien in einen solchen Teufelskreis geraten, dann ist es um die Eurozone geschehen.

Die Staatsanleihenkäufe durch die EZB sind daher in der aktuellen Ausgestaltung der Währungsunion nichts anderes als Ausdruck des eigenen Überlebenswillens.

Keine Kommentare zu «Der Teufelskreis der Euroschuldenländer»

  • Michael Schwarz sagt:

    Das Problem mit Griechenland muss EU eine eindeutige Entscheidung treffen. Entweder wird die Griechen bis Ende subventioniert, oder die Aufforderung an Griechenland, der die EU verlassen muss. Jede weitere Verzögerung verunsichert die Kapitalmärkte, welche die EU-Politiker klar sein sollen, dass die abwartende Haltung die Kapitalmärkte weltweit zum Abstutzen bringen könnten.

    Wir haben hier mit Bürokraten zu tun, die von deren Geschäften nicht verstehen. Die Finanzmärkte sind bereits verunsichert durch die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, deshalb ist es unnötig die Finanzmärkte auch mit Griechen noch mehr verunsichern, was man vermeiden kann.

  • Michael Schwarz sagt:

    Die SNB muss bald weitere Massnahme treffen, womit der Franken weiter abschwächt, bevor die Spekulanten gegen der SNB gewettert werden, dies wird zum massiven Aufkauf des Euros führen, was in jetzigem Zeitpunkt für die Schweiz nicht günstig ist. Die Schuldkrise sind voll im Gange; es wird auch eine Insolvenz Griechenlands, bzw. weitere EU-Länder, die Staatsverschuldung nicht mehr Griff haben, aus EU ausgeworfen werden. Dies wird zum Zusammenbruch des Euro führen. Das ist ein Risiko, welches die Schweizer vermeiden können, wenn die SNB kontinuierlich die Kurspflege betrieben hätte.

    Die einzige Alternativ, was die SNB noch hat, ist die Untergrenze rasch nach Oben anpassen. Bis jetzt wagen die Spekulanten nicht gegen der SNB Wette zu platzieren, aber es wird bald ändern, wenn die SNB mit der Massnahme zu lang abwarten.

    Ich verstehe Hildebrand nicht, warum er die Untergrenze nicht vor einem Jahr eingesetzt, bzw. die Führung des Frankens übernommen. Das Glauben an effizienten Marktmechanismen hat in der Vergangenheit vieles zerstört, jetzt müssen wir ein Teil der Liberalisierung wieder rückgängig machen, weil das System bereits ausser Kontrolle ist. Der Staat und die Zentralbank müssen Ihre Aufgaben selbstständig erledigen, nicht an den Privatunternehmen delegiert werden. Out Source ist in dem Fall zerstörerisch.

  • Werner sagt:

    Warum nur dürfen sich die Euro-Länder nicht direkt bei der Zentralbank verschulden?

    Europas Grossbanken tun es doch auch. Die holen sich bei der EBZ für 1% Geld und leihen es dann den Euro-Ländern für 4% oder 5% oder auch 50%.

    Und riskieren sie einmal zuviel, dann werden sie gerettet. Damit die Ospels dieser Welt weiterhin absahnen können.

    Da könnten wir doch genauso gut die Länder retten. Die sind doch auch systemrelevant. Und die Rettung wäre wesentlich billiger? Ausserdem wäre sie auch sinnvoller. Die Vermögensvernichtung, die jetzt gerade statt findet, trifft doch einmal wieder den kleinen Mann.

    Geld regiert die Welt.

    • Thomas Ernst sagt:

      @Werner:
      Sie haben völlig recht: Mit dem Märchen der Systemrelevanten Banken hat man den BoniBankstern die Lizenz zum Gelddrucken zulasten des steuerzahlenden Mittelstandes gegeben.

      Hätte man die 1. kriselnde Bank pleite gehen lassen, und alle Mitarabeiter ausser der Generaldirektion/VR mit Staatsmitteln über die ersten schwierigen Jahre hinweggeholfen, würden sich die Jungs in den Teppichetagen heute deutlich disziplinierter benehmen. Aber wir haben die Lüge geschluckt und heute glauben alle an das Märchen vom Too-big-to-fail.

      • Hampi sagt:

        @ Thomas Ernst

        Nur zur Erinnerung:

        Eine Bank liess man pleite gehen: Lehman Brothers. Und das Hauptproblem danach waren keineswegs die Mitarbeiter, wie wir inzwischen wissen. Und die UBS wäre einfach noch ein bisschen grösser gewesen.

        Also: Too-big-to-fail ist mindestens kein Märchen!

  • Urs sagt:

    Alles könnte mit wirksamen progressiven Steuer und Abgabesystemen in kurzer Zeit gelöst werden… Aber da alle möglichen stets und nach wie vor um den heissen Brei herumreden wird das wohl nichts…

    • Peppercorn sagt:

      Herr URS,
      ist sicher ein Idee. Vermisse aber, wie in diversen Kommentaren von Ihnen darauf hingewiesen wurde, dass nicht der Mittel oder Kleinbürger hauptsächlich zur Kasse gebeten werden sollte, mit offiziellen oder getarnden Steuern und Abgaben.

      • Urs sagt:

        Aber sicher, keine Flat Rate Tax, keine indirekten Abgaben/Steuern wie die MWSt., keine Kopfsteuern wie etwa die KK Prämien…. am besten erstmal für Europa als Wirtschaftsraum und Politisches System. Die Europäer könnten viel mehr als Sie heute tun… sehr viel mehr und vorallem eben anders wie heute. Ich denke da wird die Macht der Verantwortlichen, die zur Verfügungstehenden Mittel sehr unterschätzt…

        Niemand wirklich sollte sich Wundern wenn überall die Kassen nicht mehr stimmen wo doch über Jahre alles mit stetiger Systematik ausgetrocknet wurde… viele von uns haben da Leichtgläubig, Naiv, Gierig oder was auch immer dahinter steckte, abgenickt was uns nun den Teppich unter den Füssen wegzieht… und der wird uns, wie allen anderen Bürgern in der EU weggezogen… ich vermute sehr, mit eskalierender Geschwindigkeit…

        Wie mächtig und Effizient die Umverteilungssysteme sind bzw. waren merkt man eben erst wenn gespart wird. Wie klein die bzw. unterfinanziert die Umverteilungssysteme in Wirklichkeit sind spüren viele bereits heute indem alle möglichen Kosten für den Staat eliminiert und in Folge Individualisert werden…

        • thomas forster sagt:

          @URS: Wenn Sie glauben mit mehr und anderen Steuern den Euro zu retten, dann sind Sie ein Traeumer. Die Schulden und Probleme sind so massiv, dass da mit mehr Steuern nicht viel auszurichten ist. Kommt dazu, dass mit mehr Steuern noch nie neue Arbeitsplaetze entstanden sind.

          • Urs sagt:

            In der Tat, mit progressiven Abgabesystemen kann man das ganze sanieren. Ein paar Jahre reichen da völlig aus… Immerhin ist ja wegen des Steuerwettbwerbs der geschaffene Wohlstand überhaupt mal nach oben transferiert worden. Dumm blos, das da nicht mehr viel zurück kommt…

            Anstatt Inversteirt, wie uns die Neoliberalen Verfechter vorgelogen haben, wird Spekuliert in dem versucht wird die Renditen und Profite mit dem Einsatz von Kapital direkt an den Finanzmärkten zu erreichen anstatt mit dem Aufbau von Produktionssandorten…

            Der Einsatz von Kapital in all seinen Varianten wurde zudem über die Jahre dermassen von Steuern und Abgaben entlastet das diese Einnahmequelle für viele Länder vernachlässigbar ist. Ersatz dafür ist u.a. die MWSt. und strensgte Sparmassnahmen… Derweil sich die Renditen und Profite in den Steueroasen tummeln…

            Was genau haben Steuern mit Arbeitsplätzen zu tun? Die übliche Logik wegen der Arbeitskosten ist die nicht schon ein bischen überstrapaziert? Immerhin verlangen einige Unternehmen ja bereits Direktzahlungen aus Steuergeldern um Arbeitsplätze zu schaffen (ein ausgelutschtes Argument um an Steuergelder ran zu kommen) und/oder die näcshte Bilanzierung vor den Investoren bestehen zu können… Schon blöd, da bei den tiefen Steuersätzen nicht bereits alles spriesst und wächst.. Nein, es wird Jahr für Jahr mehr verlangt…

            Wie weit soll das noch gehen? Soll aus einem Wettbwerb um die tiefesten Steuern ein Wettbewerb um die höchsten Direktzahlungen und Subventionen werden?

          • Anh Toan sagt:

            @Urs: Wenn Sie schreiben, man koenne alles mit progressiven Abgabesystemen ganz einfach loesen, muessen Sie sich die Bezeichnung PASF (Progressive-Abgabe-Systeme-Fundamentalist) gefallen lassen.

          • Urs sagt:

            Hr. Toan; Das „…Progressive-Abgabe-Systeme-Fundamentalist…“ ist immer noch besser als „…Flat-Rate-Tax-Steueroptimier-Steuerhinterzieher-Steueroasenbenutzer-Abgabe-Systeme-Fundamentalist…“

          • Anh Toan sagt:

            @Urs: Da bin ich mir nicht so sicher, denn alle fundamentalistischen Ansaetze sind in demokratischen, pluralistischen Staaten und innerhalb von Staatengemeinschaften nicht Mehrheitsfaehig, und damit von vornherein abzulehnen. Fuer komplexe Probleme gibts nicht eine einfache Loesung. Eine Rangliste zu erstellen, welcher fundamentalistische Ansatz gerechter ist, ist Blasphemie. denn nur(Gott weiss was gerecht ist, Menschen machen Regeln. Loesungen koennen nur mit einem Mix von Massnahmen erreicht werden.

          • Urs sagt:

            Hr. Toan;
            Ja so, dann deklarieren Sie ja im Umkehrschluss den Neoliberalen Gesellschaftsumbau und die fanatische Befolgung der Steuervermeidung bzw. die Pseudogerechtigkeit von Indirekten Steuersystemen und/oder Flat Rate Tax Schemas als nicht fundamentalistisch? Oder wie erklären Sie den Aufmarsch radikaler Steuerfeinde?

            Basiert am Ende aber alles auch auf einer handvoll Bücher, Schriften und Vorträgen die irgendwelche beliebig austauschbaren Ideologen mal geschrieben und gesprochen haben… die haben sozusagen ein geschlossenes System kreiert in dem alles was da nicht reinpasst ignoriert oder eliminiert wird.

            Die vergangenen 20-30 Jahre zeigen wie man es macht…Kompromisslos… in Ihrer Ansicht, Kompromisslos bei abweichenden Meinungen, Kompromislos in der elimierung der Gegner…

            Wissen Sie, stümperhaft repariert wird da momentan. Bezahlen tun aber stets die Bürger, die Standard Lohnempfänger, die nicht Benutzer der Steueroasen, die Daheimgebliebenen, die errodierende Mittelklasse, die Rentner, die Jungen, die Alten, die Familien, die Staatsangestellten, die IV Rentner, die Sozialhilfeempfänger… die alle sind aber dank der aktuellen Wirtschafts und folgend Gesellschaftsstrategie schon leergesaugt… oder nehmen zumindest daran teil.

            Mehrheitsfähig war so manche Abstimmung (bei niedriger Wahlbeteiligung) die es vieleicht besser nicht gewesen wäre.

    • smart sagt:

      Wenn es so einfach wäre……Genau hier liegt das Übel, wir haben zwar einen Wirtschaftsraum Europa mit offenen Grenzen für Waren, DL und Personen. Aber gleichzeitig gibt es in diesem Wirtschaftsraum ungezählte verschiedenste Steuersysteme welche miteinander um die Gunst der Vermögenden buhlen. Nicht einmal in der CH haben wir es in 162 Jahren Bundesstaat geschafft den Steuerwettbewerb auszuschalten. Auch in der CH kann ein Vermögender mit einem Wohnortswechsel seine Steuerrechnung glatt halbieren. Wenn Sie sagen, dass es einfach wäre die Steuersysteme in Europa so zu harmonisieren, dass Steuerflucht nicht mehr möglich wäre, dann zweifle ich an ihrem Sinn für die politischen Realitäten. Aber träumen ist zum Glück (noch) nicht verboten!

      • Thomas Ernst sagt:

        @smart:
        „Nicht einmal in der CH haben wir es in 162 Jahren Bundesstaat geschafft den Steuerwettbewerb auszuschalten.“ Gottseidank nicht! Unser Wohlstand beruht nicht zuletzt darauf, dass sich Leistung und Einsatz für jeden einzelnen gelohnt haben – bisher. Das Problem ist auch nicht der Steuerwettbewerb, sondern die Bevorzugung von Grossfirmen, Grosskopfeten und Grossbanken zulasten des Mittelstandes und der unverhohlene Stimmenkauf durch die Politiker, indem sie Wahlgeschenke aller Art zulasten der Staatskasse machen.

        Wenn Sie dem einzelnen die Möglichkeit wegnehmen, seine Situation durch eigene Handlungen zu verbessern, schaffen Sie Sklaverei und Diktatur.

        Müssten alle, Arme wie Reiche, bloss eine normale Proportionalsteuer von rund 18% zahlen (aber ohne all die Schlupflöcher für die Bankster, Bonijäger, Polit-Bosse und ähnliches), wären die wirklich notwendigen Leistungen des Staates locker finanziert, schuldenfrei, mit guten Anteilen für Schulen/Unis etc.

        Wenn der Staat aber jeder Pressure-Group (Klimaschwindler, Solarzellenschmarozer, Landwirtschaftsprofiteure, Tourismushaie, Sitzungsgeldjäger etc. etc.) noch Subventionen nachschmeisst, reichts halt nicht, und dann beginnts pervers zu werden. Da stehen wir heute. Also: Erst den Müll wegräumen.

      • Urs sagt:

        Ah ja, soviel Realismus habe ich schon… die Systematik, die Tiefe und Intensität der Indoktrination zu dem Thema und die Auswirkungen und Mechanismen des Steuerwettbwerbs ist wirklich nicht zu unterschätzen und dank der inherenten und trotzdem immer aufgefrischten Abneigung da was zu Aendern wird das schwer… aber nicht völlig illusorisch.

        Eigentlich weniger ein Träumer als vielmehr eine Forderung… kann ja sein das ich nicht der einzige bin

        🙂

      • Urs sagt:

        Traurig irgendwie das die Nationalstaaten in den vergangenen 30 Jahren so in die Ecke gedrückt worden sind… Dabei haben viele vergessen das dies die einzige Möglichkeit ist für den normalen Bürger eine gewisse Partizipation am Wohlstand und an den Profiten zu gewährleisten…

        Profitiert davon haben eigentlich die meisten von uns… verloren ein paar wenige. Heute, nach langer Zeit der Deregulierung ist es genau anders herum…

        Spürt man schon… Oder? tut weh….. Nicht? Wird immer teurer.. Ja?

  • Lukas Weber sagt:

    Danke für diesen aufschlussreichen Artikel – weil einfach gehalten und alle „Deduktionschritte“ aufzeigend. Ich bin kein Wirtschaftskenner und die Zusammenhänge vom Normalbürger i.d.R. nicht aufzuschlüsseln. Wieviel wirtschaftsrelevante Interviews und Nachrichten werden gesendet, deren Inhalt sich den wenigsten erschliesst… Thanks!

  • Doris Neumüller sagt:

    Wenn man eine gemeinsame Währung hat, dann muss man auch gegenseitig zur Hilfe stehen. Ein Alleingang wie es Deutschland momentan praktiziert, ist einfach arrogant und egoistisch. Wenn der ganze Exporthaufen in Deutschland untergeht, dann steht dann plötzlich Griechenland oder andere EU-Staaten besser da und da wäre ein Bumerang auch nicht vom Vorteil.

    Wenn man schon eine solche europäische Gemeinschaft (EU) aufziehen möchte, dann muss man auch bereit sein, gegenseitig mit den gemeinsamen Mitteln zu helfen. Es gibt immer Gewinner und Verlierer, aber das Wichtigste vergisst man immer wieder und das ist das Überleben. Deutschland und Frankreich brauchen sich dort (noch) keine Sorgen machen, aber die EInstellung muss geändert werden. Eine Fussballmannschaft funktioniert auch nicht, wenn nur 2 oder 3 Spieler momentan ein Hoch haben und so ist es auch bei der EU – es gibt Schwach und es gibt Starke und als Familie (sozusagen) kann man eine ausgeglichene Gesellschaft bilden, welches halt zu gewissen Einschränkungen aller Spieler führen wird.

    Deutsche wollen über Geld kontrollieren, Franzosen über Macht und das geht leider nicht, wenn man eine gemeinsame Zukunft vor sich haben will. Jetzt kann man die Umverteilung wieder gerade biegen, was man Jahrzehnte verbogen hat. Wer genommen hat, soll auch wieder zurückgeben können – jetzt ist die Zeit gekommen !!!

    Bilanz- oder Forbesliste sind die Beweisstücke, der sogenannten Umverteilung der letzten Jahre oder ?

    • Peppercorn sagt:

      Merkel und Sarkozy werden wohl einsehen müssen, dass es ohne Eurobonds nicht funktionieren wird. Man kann nicht alle Mundtod machen wie Junker ,Trichet (ist ein Gentlemen in Diplomatie) etc.
      Wenn sogar jetzt Obama sich über den EURO sorgt ,sagt das doch alles.
      Als Krönung hängt jetzt in den eigenen Regierungskreisen der Merkel der Haussegen massiv schief.
      Bei Sarkozys Banken leuchten jetzt die Alarmlämpchen rot seit gestern.
      Man darf nur hoffen, dass die Eurobonds kommt solange dies noch möglich sein wird.

      • Peppercorn sagt:

        Möchte an dieser Stelle noch den Artikel von Herrn Diem Meier empfehlen in der Baz von heute „Die Angst von Europas Banken“.
        Da wird nochmals klar und gut reflektiert, wie es um das System steht.

    • Urs sagt:

      Gemäss den Neoliberalen Theorien die sich so verbreitet haben gibt es nur Gewinner da die Verlierer nach und nach eliminiert werden… sogar den netten Hr. Darwin hat man so quasi als Bestätigung der richtigkeit dieser Ansicht herbei zitiert… leider generell von denen die „glauben“ ganz oben in der Verwertunsgkette zu stehen… die die es allein und kämpferisch geschafft habe… was auch immer…. Angestellte sind demzufolge schon per Definition niedere Wesen und Länder wie Griechenland und die anderen über den Tsich gezogenen Nationen werden mit ähnlichen Attributen versehen…

    • Martin Holzherr sagt:

      Leider ist es mit Hilfe von Deutschland nicht getan. Eine funktionierende Währungsunion braucht eine koordinierte Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die Souveränität der peripheren Länder würde in solch einem Konstrukt massiv abnehmen. Griechenland wäre dann vielleicht auf der gleichen Stufe wie der Bundesstaat Arkansas in den USA (dort für seine grossen Kürbisse bekannt).

      • Anh Toan sagt:

        @Martin Holzherr: Im PrinziphabenSie Recht, ich moechte aber anfuegen, dass bankrotte oder generell wirtschaftlich schwache Staaten in ihrer faktischen Souveraenitaet ohnehin eingeschraenkt sind. Was fuer Private gilt, gilt auch fuer Staaten: Nur wer aus eigener Leistung oder eigenem Kapital Zahlungsfaehig ist, hat Entscheidungsgewalt.

    • smart sagt:

      Schön geschrieben Frau Neumüller; Nur, fragen Sie mal einen Griechen ob er sich als Europäer fühlt und welche Gemeinsamkeiten im Denken und Handeln ihn mit einem Spanier verbinden. Dasselbe können sie auch mit einem Holländer und einem Franzosen machen. Sie werden dann leider realisieren, dass alle gerne Europäer sind, solange es sich lohnt. Aber sobald es wehtut, fehlt die Sicht fürs Ganze und die Bereitschaft dafür auch einnmal etwas mehr zu geben als man gerade morgen wieder retour bekommt. Oder wenn Sie den Vergleich mit der Fussballmannschaft wollen, wenn die Mannschaft gewinnt, sind immer alle gerne dabei, wenn es harzt, zeigt sich erst ob die Mannschaft ein echtes Team und eine echte Gemeinschaft ist und jeder bereit ist für den anderen alles zu geben.
      Wenn man es so betrachtet, kann die derzeitige Krise durchaus auch eine Chance für Europa sein. Wenn es gelingt, gemeinsam wieder aus dem Schlamassel heraus zu kommen, wird Europa danach gereifter und einiger sein. Genauso wie es falsch wäre, die verschuldeten Staaten einfach aus dem Euro raus zu werfen, ist es falsch einfach von Deutschland zu verlangen, ohne mit der Wimper zu zucken alle Lasten dieser Staaten kommentarlos zu schultern. Merkel zeigt ja immer wieder die Bereitschaft den verschuldeten Staaten beizustehen, dass sie daran aber auch minimale Bedingungen knüpft, damit die Unterstützung zeitlich begrent bleibt, scheint mir sehr wohl vernünftig. Wenn sie das nicht täte, würde sie mit Sicherheit von den Wählern abgestraft und genau dies würde der EU am wenigsten helfen. Wenn die Krise wirklich nicht anders als mit einer Transferunion gebodigt werden kann, dann braucht es aber innerhalb dieser Union auch gemeinsame Regeln und Rahmenbedingungen. Dies wird die Souveränität der Mitgliedsländer schwächen und genau dies politisch durchzusetzen, ist in den Schuldenstaaten sehr schwierig und mit erheblichen Gefahren verbunden.

  • Andres Müller sagt:

    England …“und eine leicht höhere Inflation senkt die reale Schuldenlast.“
    Spanien…“sinkende Löhne und drastische Schnitte im Staatsbudget“

    In beiden Fällen bezahlen die Kleinen die Rechnung. In England erhalten sie eine Inflation auf Konsumgüter, aber da Kleine nicht gleichzeitig wie Reiche von der realen Schuldenlast profitieren, haben sie schliesslich weniger. In Spanien sinken die Löhne der Arbeitnehmer, aber kaum der Reichen, ebenso werden vor allem Kleine von tieferen Sozialausgaben belastet Sowohl in Spanien als auch in England). In der Finanzkrise ist es wohl möglich dass England etwas besser wegkommt als Spanien, aber bitte sehr, vor dieser Krise erschien das ja umgekehrt, Spanien erfuhr einen Boom. Es herrscht ein extremes Ungleichgewicht in der Welt. Diese Ungleichgewichte sind ein ethisches Problem und weniger ein Ökonomisches, folglich können sie auch nicht innerhalb des Finanzsystems und der gegenwärtigen Wirtschaftsökonomie kalkulatorisch gelöst werden.

    • Taric Trent sagt:

      Diese „Ungleichgewichte“ hat die Ökonomie hergestellt, nicht die Ethik! Ein ethisches Problem ist es für sie nur, weil sie an dieser Ökonomie nichts ändern wollen, dann bleibt auch nichts anderes übrig als Moral und Ethik.

      • Andres Müller sagt:

        Nein Taric Trent, Ethik ist in der Hirarchie weit über der Ökonomie anzusiedeln. Will man die Ökonomie unten ändern muss man zuerst die ethischen Regeln oben neu erarbeiten. Wenn das Finanzsystem unethisch Sozialdarwinistisch wie die SS agiert, dann ist die Ökonomie für einige Wenige durchaus Effizient, aber nicht für die Mehrheit und schon gar nicht gegenüber denen die von Geburt her am falschen Ort zum falschen Zeitpunkt und in einer armen Familie geboren sind.

        • smart sagt:

          Ja also dann erarbeiten Sie bitte die nowendigen ethischen Regeln in der Hierarchie weit über der Ökonomie. Aber bitte beeilen sie sich, denn wenn das System von Brot und Spiele mal nicht mehr klappt und der Geldautomat kein Geld mehr spukt, dann nützen alle ethischen Regeln nicht mehr weiter. Dann gibts Chaos, Anarchie und Krawall.

        • Ueli sagt:

          @Andreas Müller
          Sie sollten wissen, dass gerade die Nazis die Unterscheidung Finanzkapital (jüdisch!) versus „schaffendes Kapital“ (arisch!) propagandistisch ausgeschlachtet haben um ihre verbrecherische Politik zu betreiben. Dass Sie jetzt vorwiegend das Finanzkapital für die Malaise verantwortlich machen und dann noch mit der SS vergleichen…nun ja.
          Übrigens Herr Müller: Der Kapitalismus ist per se ein asoziales System, da der Profit auf „Teufel komm raus“ im Zentrum des ganzen Geschehens steht. Moral und Ethik sind nur die billige Fassade, welche von der Realität ablenken soll und die Schäfchen auf der Schlachtbank beruhigt. Genauso wie die katholische Kirche heute behauptet, dass die zweitausendjährige Blutspur, welche die Kirche zu verantworten hat nur aus dem jeweiligen „Zeitgeist“ erklärt werden könne, wird heute die 500 jährige Geschichte des Kapitalismus verdrängt und geschönt.

          • Andres Müller sagt:

            @Ueli , ich verglich nicht die öffentlich verbreitete ideologische Begründung der Nazis mit dem Finanzkapital, diese war auf die damals hochgradig arbeitslosen Massen ausgerichtet, die Hetze gegen Juden waren propagandistische Mittel zum Zweck um die Macht abzusichern. Ich verglich vielmehr aus soziologischer Sicht die soziale Wirkung der Nazis mit dem derzeit aktuellen wirtschaftslibertären Finanzsystem. Ich komme zum Ergebnis das Beide sozialdarwinistische Regeln errichtet haben, man muss ethisch-sozial definieren was am Kapitalismus heute Ungerecht ist. Die Bürgerlichen schlugen sich damals mit Sicherheit nicht auf die Seite der Nazis wegen der antijüdischen Propaganda, sondern weil Hitler sozialdarwinistische Konzepte wie die Wirtschaftseliten bevorzugten. Der Unterschied zwischen Nazis und den Bürgerlichen war die globalisierte weniger xenophobe sozialdarwinistische Ausrichtung gegenüber einer xenophoben National-Sozialdarwinistischen. Genau hier stehen wir auch heute wieder, wenn ich das anmerken darf.

        • Ueli sagt:

          @Andreas Müller
          Sie stellen die Situation so dar, als müsste man nur das „sozialdarwinistische Element“ vom Kapitalismus abtrennen und schon wäre alles in Butter. Als wäre Armut, Klassenschichtung und Ausbeutung einfach nur ein fehlgeleiteter Zufall in diesem System und nicht systematisch herbeigeführt. Die Sozialdemokratie und andere Parteien doktorn jetzt schon 150 Jahre am System herum. Der „Feind“ ist schon gar nicht mehr auszumachen, da schon alle mit ihrer Pensionskasse zur Spekulation angehalten werden und (anscheinend) dementsprechend im gleichen Boot wie ihre Eigentümer sitzen. Das alles wird dann noch von der Politik als die grosse Freiheit verkauft.

        • Taric Trent sagt:

          Was für eine Hirarchie? Ihre persönliche Hitliste von schönen Ideen, die sie für wichtig halten? Halten sie sich doch mal an die Realität.. Die Ethik und die Moral sind der ideologische Schein dieser Gesellschaft, sie gehören zu den Ausbeuterverhältnissen seit es sie gibt wie der Fussschweiss zum Turnschuh. Gesellschaften, die keine Ausbeutung und Unterdrückung kennen bedürfen keiner Ethik und keiner Moral, wofür auch. Wenn der Werkttag nicht verkackt ist braucht man auch keine Sonntagspredigten, wenn sie mich verstehen! Die kapitalistische Ökonomie ist nie effizient für die Mehrheit, dafür ist sie nicht eingerichtet, das könnte man doch mal erkennen wenn man den ganzen Tag an Schaufenstern vorbei läuft, die kapitalistische Ökonomie ist das Interesse der Besitzenden gegen die Besitzlosen, die formvollendete Ausbeutung ohne persönliche Herrschaft, und wenn sei meinen durch einen Umbau im Kreditsektor (von dem sie natürlich wie alle anderen moralischen Schreihälse auch nicht sagen können was er sein soll) ändert sich irgendwas in diesem Verhältnis, dann sind sie schief gewickelt.

  • Martin Holzherr sagt:

    Die jüngere finanzpolitische Geschichte eines Landes darf man nicht ausser Acht lassen. Auch darum ist der Euro eine Fehlkonstruktion: Plötzlich waren alle Staaten finanzpolitisch im gleichen Bett, erhielten zu fast gleichen Konditionen Kredite.
    Doch die Südländer haben vor ihrem Eintritt in den Euro-Raum x-Mal abgewertet, Länder wie Griechenland und Spanien sind auch mehrmals bankrott gegangen. Diese „altgewohnten“ Verhaltensweisen sind für diese Staaten nun als Mitglieder des Euroraumes entweder nicht mehr möglich (es gibt nur noch die innere Abwertung) oder aber sie gefähren den Zusammenhalt der Währungsgemeinschaft (das Bankrottgehen von Griechenland ist ein Problem für alle).

    Eine schnelle „Umerziehung“ von Ländern wie Griechenland, Portugal, Spanien, ja selbst von Italien, wie es sich wohl Angela Merkel wünscht, ist wohl nicht möglich. Man müsste für den Fortbestand der Wärhungsunion – unabhängig davon ob sie eine Transferunion wird oder nicht – die finanzpolitische Souveränität dieser Länder also einschränken.
    Meine Prognose: Diese Länder werden das nicht hinnehmen. Allenfalls kann der Euro als Nordeuro und Südeuro weiterleben, nicht aber in seiner heutigen Form.

    • Anh Toan sagt:

      @Martin Holzherr: Bei der Einfuehrung des Euro war die Angst gross, dieser koennte vom Markt nicht akzeptiert werden, darum hat man alles Moegliche getan, um den Euro als starke Waehrung zu gestalten (in Ihren Worten war der Euro ein Nordeuro). Vor allem wurde die EZB, dogmatisch zwar korrekt, aber im Widerspruch zu anderen Notenbanken der Welt, einzig zur Geldwertstabilitaet und nicht zu konjunkturpolitischen Zielen verpflichtet. So wurde der Euro eine neue DM, fuer die Eurozone waere ein Euro der etwa so stark wie FFR frueher war, wohl eher geeignet. Die Euroliborsaetze betragen rund 0-1 Basispunkte (Overnight bis 1 Jahr), die entsprechenden USD Saetze 0.15-0.80, es ist also 2-5 mal teurer, sich Euro als USD zu leihen. Kurz vor dem Ausbruch der Griechenlandkrise hat die EZB noch laut ueber Zinserhoehungen nachgedacht!

      Der Euro ist zu stark, die Zinsen noch immer zu hoch fuer die meisten Mitglieder der Eurozone. Der Eurozone waere besser gedient mit einem fuer Deutschland, A, NL, SF zu schwachen Euro und zu tiefen Zinsen. Die starken Laender muessten dann mit Ueberhitzungserscheinungen (Immobilienblase) leben, und diese mit anderen als gedlpolitischen Massnahmen bekaempfen (z.B. maximale Belehnungsgrenzen fuer Immobilien). Als der Euro eingefuehrt wurde, habe ich seine langfristige Haerte etwa beim FFR angesiedelt, bis vor kurzem war der Euro aber staerker als die DM zuvor.

      Es braucht nicht einen Nord- und einen Suedeuro, es braucht einen Mitte-Euro! Dies wuerde nicht alle Probleme loesen, vor allem da der groesste Teil der Exporte der PIIGS in andere Laender der Eurozone gehen, es wuerde die Probleme der PIIGS aber immerhin mildern.

    • Thomas Ernst sagt:

      @Anh Toan:

      Ich verstehe einfach nicht, wieso Sie so mantrahaft am Überlebenszwang des EURO festhalten. Hier haben Sie eben klar und deutlich beschrieben, dass ein EinheitsEUR für die grossen Unterschiede in den Wirtschaften zwischen „Nord“ und „Süd“ für keinen passt. Irgendwelche müssen immer Probleme bewältigen, die nur durch den EinheitsEUR entstehen.

      Warum sollte man an einer „Lösung“ festhalten, die nur Probleme schafft?

      Ausser Ärger, Inflation, Enteignung des Mittelstandes, Schuldenexzessen und Bankenkrise hat der EUR den Europäern nichts gebracht.

      Immerhin die starken Länder (SF, AT, DE) könnten ja durch einfache Einführung einer nationalen Parallelwährung und dann einer Stichtagsumstellung sich ohne grosse Verwerfungen aus dem EUR verabschieden.

      • Anh Toan sagt:

        @Thomas Ernst: Die Welt ist klein geworden. Billigflieger und Internet sind schuld. Die Mehrheit meiner Freunde lebt in gemischtnationalen Partnerschaften auf der ganzen Welt, deren Kinder sprechen zwei bis drei Sprachen fliessend. Meine Nichte hat ihren Freund in USA. Das Denken in nationalstaatlichen Grenzen gehoert ins letzte Jahrtausend. Nationalstaaten sind ein Irrtum der Geschichte, da sie auf der Fiktion einer nationalen Identitaet beruhen, Sprach- und Kulturunterschiede decken sich nirgendwo mit Nationalstaatsgebieten (Oestereich, Belgien, Korsika, Basken, Katalanen, Israel, Suedtirol, Val d’Aosta, Elsass, Bosnien, Kosovo, Berber, Araber, Kurden, Roma, Juden, fast jeder Staat hat ethische Minderheiten). Europa ist ein Schritt zur Ueberwindung der Nationalstaaten, eine Anpassung der staatlichen Strukturen an die Realitaeten des 21. Jahrhundert. Mir schwebt ein Europa als Bundesstaat vor, nach dem Modell der Schweiz, USA, D. Der europaeische Bundesstaat wird noch foederaler sein als die Schweiz.

        Dazu kommt mein ganz grundsaetzliche Uberzeugung, dass es im Leben kein zurueck gibt, man kann nicht von vorne anfangen, zurueckkehren an den falsch gewaehlten Wegepunkt und anders entscheiden, man kann nur weitergehen. Allenfalls kann man koordinierte Staatspleiten abwickeln, einzelne Mitglieder in gegenseitigem Einvernehmen ausscheiden, ein Rauswerfen einzelner Laender oder gar ein totaler Zusammenbruch der Eurozone und damit wohl auch der EU haette fatale Konsequenzen. Wenn der Rueckzug verheerend waere, bleibt als einziger Ausweg die Flucht nach vorne, viel mehr kann man nicht verlieren.

      • Thomas Ernst sagt:

        @Anh Toan:
        Ich sehe die Überlegungen. Ich sehe aber auch das „Reculer pour mieux sauter“. Ich verstehe nicht, warum die EU so auf Gedeih und Verderb mit dem EURO verhängt sein sollte, dass es ohne EURO keine EU geben kann. EUROLand ist ja nicht = EULand, siehe GB, Schweden.

        Ja, die heutigen Nationalstaaten sind eine zum Hindernis gewordene Krücke. Sie haben gedient, aber auch ausgedient. Nur ist die Nachfolge – ein Bundesstaat mit einer EHRLICHEN politischen Führung nirgends in Sicht. Die USA wirtschaften gerade ab, die Chinesen – die nächste Weltführungsmacht – sind von Föderalismus weiter weg als die Erde vom Galaktischen Zentrum – und die EU zeigt gerade, wie man den letzten Rest von Demokratie mit TINA und Sachzwängen zugunsten der Grossfinanz eliminiert.

        Ich halte keinesfalls das Ziel eines Europäischen Föderalistischen Verbundes für falsch, aber der gegenwärtige Ansatz (EU/EURO) ist unehrlich, unzweckmässig und unmenschlich. Müssten die Grosskopfeten zugeben, dass sie sich mit dem EURO – im gegenwärtigen Moment und mit dem gegenwärtigen Konstrukt der nicht-existenten wirtschaftlichen Kohäsion – schlicht geirrt, überschätzt und übernommen haben, könnte vielleicht eine neue Bescheidenheit in die Brüsseler Teppichetagen einziehen. Darum: Weg damit, je schneller, desto billiger.

  • JKP sagt:

    Meines Erachtens grandiose Verwechslung von Geld und Kapital!

  • Pascal Meister sagt:

    Den Text kann man ganz kurz zusammenfassen: Der Euro ist für alle Teilnehmerländer faktisch eine Fremdwährung, weil sie die Währung nicht selbst unter Kontrolle haben. Wer sich in einer Fremdwährung verschuldet, kann pleite gehen. Punkt.

  • Jirka sagt:

    Und noch etwas wichtiges wurde im Artikel nicht erwähnt: Spanien war in den letzten 90 Jahren 6x Pleite, Grossbritannien dagegen noch nie in der Geschichte. Das Eine lässt natürlich hoffen, das Andere Zittern….

  • Hampi sagt:

    Ja, genau so ist es!

    In ein paar Zeilen kann man das Problem schildern. Und jedem unabhängigen Beobachter leuchtet ein, dass es nur entweder eine Transferunion oder keinen Euro geben kann. Und bei dieser Transferunion müssen sowohl Kapital, wie auch bisher souveräne Finanzkompetenzen transferiert werden.

    Das Problem ist, dass wir niemanden haben, der die Probleme wirkungsvoll angehen will, weil wir an der Macht vor allem „Teufelskreis-Negativisten“ zweierlei Art haben:

    1.
    Der Jürgen-Stark-Axel-Weber Typus, der massgeblich aufgrund seiner Stellung an der Konstruktion des Euros beteiligt war und der sich jetzt, wo es um alles oder nichts geht, ängstlich in sein altes „Schnecken-Dogma-Häuschen“ zurückzieht. Warum der Markt nun annimmt, dass dieser Typus, der bisher immer falsch lag (Euro funktioniert auch ohne Finanzintegration), auf einmal recht haben soll, ist völlig irrational und gibt uns einen Einblick in das herrschende Vertrauensdefizit.

    2.
    Der opportunistische Politiker, der wie Rösler als Deutscher Wirtschaftsminister, die griechische Zahlungsunfähigkeit und die Märkte anheizt und die parteipolitischen Interessen somit eindeutig über jene des Landes stellt. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Haben solche Leute denn kein Ehrgefühl? Die sind in der Regierung, unter deren Obhut sich die Euro-Krise zusammenbraut, und tun so, als wäre alles nur, weil wir alle zu grosszügig mit Griechenland sind. Sind denn nicht eben diese Politiker verantwortlich, dass die Euro-Verträge so beschissen sind, dass nicht einmal vorgesehen ist, ein Land aus dem Euro zu werfen? Es ist für mich echt bemerkenswert und gibt mir Hoffnung, dass die SPD und die Grünen in Deutschland eine deutlich konstruktivere Haltung in der EURO-Frage zeigen.

    Alle sollten sich ehrlich und direkt die Frage stellen: „Was ist das beste/schlechteste für Europas Zukunft !“ Und dabei bitte berücksichtigen, dass das Argument, die EZB dürfe keine spanischen und italienischen Bonds kaufen (Super-Dogma), doch ziemlich einfältig daherkommt!

    • Werner Frey sagt:

      Das Philip Röslers F.D.P. am Abgrund steht ist eine Tatsache, aber m.E. nicht der alleinige Grund seiner Äußerungen. Ich würde auch einen Zusammenhang mit dem plötzlichen Abreisen der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF sehen. Griechenland hat sich seinerzeit den Euro durch „kreative Buchhaltung“ erschlichen und ich befürchte, dass die mit geschönten Zahlen die nächste Hilfzahlung über 8Mrd-EUR „klar machen“ wollten. Dieses Vorhaben ist offenbar aufgeflogen.
      Wenn es der Weisheit letzter Schluss wäre, dass jede Nationalbank unbegrenzt die eigenen Schuldscheine aufkauft, warum werden überhaupt noch Schulden bezahlt?

      • Hampi sagt:

        Werner Frey sagt:
        13. September 2011 um 15:39

        Wenn eine Zentralbank unbegrenzt die eigenen Schuldscheine aufkauft ist das natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Genausowenig, wie die Chemotherapie es ist, wenn jemand Krebs hat. Aber es ist (beim Krebs statistisch nachweisbar) immer noch besser, als die Ohren mit den Fingern zu verstopfen und auf den Knall zu warten.

        Für mich ist der Weisheit letzter Schluss die Einsicht, dass in Krisensituationen quasi per Definition nie endgültige (der Weisheit letzter Schluss) Lösungen zur Verfügung stehen.

        Die Überwindung dieser Krise bedeutet auch ein Überwinden von Dogmen, die unser Denken einschränken. Aber leider werden aus der aktuellen Krise heraus wieder neue Dogmen entstehen. Und diese gilt es dann bei der nächsten grossen Krise zu überwinden….

        • Werner Frey sagt:

          Gegenseitiges Eintreten für die Schulden anderer Euro-Staaten ist, soweit ich das verstanden habe, in den Verträgen zum Euro nicht vorgesehen. Ich vermisse ein starkes Signal der PIIGS-Staaten, wie die zukünfig deren Haushalte ausgeleichen möchten. Es geht ja nicht an, dass in einigen Staaten La Dolce Vita vorherrscht und andere dafür aus Steuergeldern zahlen sollen.

          • Hampi sagt:

            @Werner Frey

            Sie haben recht verstanden: Gegenseitiges Eintreten für die Schulden anderer Euro-Staaten ist nicht vorgesehen in den Verträgen. Ebensowenig, wie die Autorität, ein Land auszuschliessen, noch das Auseinanderfallen des Euros auf selbstzerfleischende Art und Weise oder ein funktionierender Sanktionsmechanismus. Nichts davon ist in den Verträgen vorgesehen. Die Verträge wurden übrigens von Deutschland nachhaltig, um nicht zu sagen federführend, geprägt und natürlich mitunterzeichnet.

            Aber wichtig ist vor allem, dass, obwohl nicht in den Verträgen vorgesehen, es dennoch existiert in der Realität. Genau dort, wo die Mehrheit von uns liebt, lebt und stirbt!

            Es ist unglaublich, wie man zum Schluss kommen kann, dass zum Beispiel im Süden von Spanien, mit einer Arbeitslosigkeit von ca. 28 %, „Dolce-Vita“ vorherrscht. Das ist genauso falsch, wie der Südländer, der sich nicht vorstellen kann, wie man mit einem Lohn von CHF 5.000.—nicht glücklich sein kann. Die europäische Integration nur ob solcher Argumentchen Flöte gehen lassen, wäre in der Tat eine Tragödie.

          • Werner Frey sagt:

            Da haben Sie mich wegen „La Dolce Vita“ gründlich falsch verstanden. M.W. fließt in keinem Land der Welt für Arbeiter und einfache Angestellte, die jetzt auch noch von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Milch und Honig.
            Viel mehr sind es die „Eliten“, die die Renditen nicht in die Realwirtschaft sondern ins globale Spielcasino getragen haben, Schuld an dem finaziellen Tollhaus.
            Wir sitzen doch alle in einem Boot. Nur die einen schaufeln die Kohlen in die Kessel und die anderen schreien nach mehr Champagner.

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