Zwei total verschiedene Währungskrisen

Produkte aus dem Ausland werden für türkische Konsumenten teurer: Passanten vor einer Wechselstube in Istanbul. Foto: Chris McGrath (Getty Images)

Den Begriff Währungskrise kennen wir in der Schweiz vonseiten einer überteuerten Währung. Die Türkei ist in den vergangenen Tagen in eine Währungskrise der ungleich schlimmeren Art geraten: Wenn die Währung an Wert verliert. Das ist die Sorte Krise, wie sie Entwicklungs- und Schwellenländer besonders gut kennen. Im Vergleich dazu sind die Sorgen der Schweiz mit dem starken Franken Luxusprobleme.

Unterschiede zeigen sich bei den Auswirkungen auf die Bevölkerung, bei den Reaktionsmöglichkeiten der Notenbank und bei den gesamtwirtschaftlichen Folgen:

Zur Wirkung für die Bevölkerung: Der überteuerte Franken ist für viele ein Segen. Güter aus dem Ausland oder mit ausländischen Vorprodukten sind wie Reisen ins Ausland billiger zu haben und Schulden in ausländischen Währungen sinken gemessen am Schweizer Franken. Eine zur Schwäche neigende Währung wie die türkische Lira führt dagegen zu teureren Produkten aus dem Ausland. Das erhöht die Inflation. Zudem steigen mit der schwächeren Währung die (bereits hohen) Schulden in ausländischer Währung.

Damit zu den Möglichkeiten der Notenbank: Ist eine Währung wie der Franken überbewertet, kann die Notenbank mehr davon aus dem Nichts erschaffen und damit fremde Währungen kaufen, bis die Überbewertung endet. Ganz anders die Lage eines Landes mit einer zur Schwäche neigenden Währung. Um die Lira zu stützen, muss die türkische Notenbank  diese gegen Devisen aufkaufen, über die sie als Reserven verfügt. Sind diese Devisenreserven besonders knapp – wie im Fall der Türkei –, stösst die Notenbank rasch an die Grenzen ihrer Einflussmöglichkeit, was einer Einladung an Grossinvestoren wie Hedgefonds gleichkommt, auf eine weitere Abschwächung der Währung zu wetten. Oft erhöhen dann Notenbanken in dieser Lage die Zinsen, um Investitionen in die eigene Währung wieder attraktiv zu machen.

Abschliessend zur gesamtwirtschaftlichen Wirkung: Ein überteuerter Franken stellt trotz der Vorteile für die Konsumenten ein Problem für die Schweizer Wirtschaft dar, weil er die Exporte verteuert und damit die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen beeinträchtigt. Die Aufwertung hat deshalb Arbeitsplätze gekostet und das Wirtschaftswachstum der Schweiz gebremst. Eine Währungsschwäche wie bei der türkischen Lira steigert zwar die Wettbewerbsfähigkeit der Türkei. Doch die Inflation im Zuge der Krise, die höhere Verschuldung, die höheren Zinsen und die grössere Schwierigkeit, überhaupt noch an Kredite zu kommen, stellen diesen Vorteil in den Schatten.

15 Kommentare zu «Zwei total verschiedene Währungskrisen»

  • Franz Müller sagt:

    Persönlich vertraue ich der SNB, dass sie die richtigen Schlüsse aus dem TR-Lira-Debakel zieht. Im Prinzip könnte es uns ja egal sein, wenn die Türken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken. Vorderhand hat die Lira-Krise noch nicht den EURO erfasst, falls ja, muss die SNB einmal mehr Fremdwährungen bunkern. Schlimm ist hingegen, dass die TR ein Faustpfand in Händen hat, das wirkt und auch uns betrifft. Wenn Erdogan wegschaut und ungehindert Wirtschaftsasylanten über seine Grenzen nach Europa ziehen lässt, versinken wir im nackten Chaos. Dass weiss Erdogan und kann Europa Daumenschrauben ansetzen. Im Libanon, Nord/Westafrika warten geschätzte vier (!) Millionen Menschen auf gepackten Taschen, die der Dauerkrise in ihren Ländern entfliehen möchten.

  • Maiko Laugun sagt:

    „Damit zu den Möglichkeiten der Notenbank: Ist eine Währung wie der Franken überbewertet, kann die Notenbank mehr davon aus dem Nichts erschaffen und damit fremde Währungen kaufen, bis die Überbewertung endet.“

    Das ist nur idiotisch. Mehr muss man dazu gar nicht schreiben. Echt bedenklich, wie dieses Medium hier auch Klicks und Kommentare angewiesen ist.

  • Rolf Zach sagt:

    Im Artikel wird der Vorteil der Abwertung der Währung der türkischen Lira dem Nachteil der Inflation in der Türkei gegenübergestellt und ihrer Verschuldung in den Reservewährung $ und €. Zu Recht stellt sich dann hier die Frage, ob dies die Wettbewerbsfähigkeit der Türkei verstärkt oder eher behindert. Auf alle Fälle wird diese Entwicklung das Einkommen jedes Türken vermindern plus seine Ersparnisse vernichten. Die Vernichtung der Ersparnisse geschah nicht Griechenland, was keine „Quantité négligeable“ ist, wie immer gesagt wird.
    Nun Griechenland ist im schlechten 53. Rang, was die Komplexität seiner Exporte betrifft, aber die Türkei ist nicht viel besser im 46. Rang, nicht gerade beruhigend. Italien ist zum Beispiel im 19. Rang, noch vor Israel und Polen.

    • Rolf Zach sagt:

      Der Index der Komplexität der Exporte, beantwortet aber nicht die Frage, wie viele unbedingte Importe benötigt werden, um diese Komplexität der Exporte aufrecht zu erhalten. Da habe ich das starke Gefühl, hier ist die Türkei äußerst schlecht positioniert. Auch Indien (Rang 51) und Brasilien (Rang 52) sind noch hinter der Türkei, aber sie sind nicht so auf Importe angewiesen wie die Türkei. Grob gesagt, je technisch ausgefeilter das Export-Produkt ist, desto absolut notwendiger sind die Importe dazu, um solche Produkte überhaupt herzustellen und diese Importe müssen in $ und € bezahlt werden.
      Man vergleicht die Lage der Türkei mit der Asienkrise von 1998, aber die Türkei ist schlimmer dran und mit ihrem miserablen Bildungssystem wird es nicht besser.

  • Rolf Zach sagt:

    Zuerst der SFr. Vergessen wir nicht, dass sie seit 1945 die Währung ist, die am stärksten gegenüber der Leitwährung US$ aufgewertet hat, sogar stärker als der Yen. Alle übrigen Währung haben selten ihre Parität gegenüber dem $ gehalten, sind aber meistens schwächer geworden. Wegen dem € ist es betreffend DM schwierig, dies genau nachzuvollziehen.
    Ich nenne dies eine „Schatzkästli“-Währung, etwas was man für den Notfall und die allerletzte Sicherheit benötigt. Es ist nicht das hochgelobte Bankgeheimnis, warum Ausländer in erster Linie in die Schweiz kommen, sondern es ist diese Tatsache. Ein Beispiel, die Italiener haben ihre Gelder aus dem Tessin zurückgezogen, sobald sie nicht mehr ihre butterweiche Lira hatten, sondern den starken €, die Amnestie hat dem noch nachgeholfen.

    • Rolf Zach sagt:

      Das ganze Vorgehen unserer SNB schwankt zwischen der Unterstützung dieser Funktion der „Schatzkästli“ Währung, was natürlich dem Finanzplatz hilft, und den Bedürfnissen unser Exportwirtschaft, die natürlich mit so einer „Schatzkästli“-Währung nicht mehr konkurrenzfähig ist.
      Einerseits interveniert unsere SNB am Devisenmarkt um den SFr. schwächer zu machen, was für unsere Konjunktur gut ist, andererseits hat sie ein Negativzins-System, dass eigentlich die Stellung der Banken für ihre international agierende Kundschaft verstärkt. Es ist nicht dieses harte Negativ-Zins Regime der SNB unter Leutwiler von 1978. Das jetzige System hat da Korrosionsschäden. Das System von 1978 hätte auch weniger Devisen-Interventionen der SNB erfordert.

      • Rolf Zach sagt:

        Unsere Volkswirtschaft verträgt nun einmal nicht die ultimative „Schatzkästli“ Währung. Sie führt zu einer Rezession und schlussendlich gefährdet sie sich dadurch selbst. Die Frage ist nun, wie kann man diesen Sog nach dem SFr. für unseren Wohlstand clever und optimal ausnützen.
        Wenn nun die SNB zum Beispiel 20 Mrd. SFr der ETH zur Verfügung stellt und weitere 20 Mrd. SFr dem Bund und den Kantonen für die Infrastruktur
        (z.B. für Tiefbahnhof Luzern) zeigt dies den „Schatzkästli“ Sucher, dass wir nicht gewillt sind, für ihr Wohlergehen den Gürtel enger zu schnallen. Sie werden dann etwas weniger gierig nach SFr. Im Grunde genommen hätten sie uns diese Infrastruktur geschenkt und die SNB müsste weniger in den USA anlegen, um das 2019 erwartete US-Defizit von 1200 Mrd. $ zu finanzieren.

        • Marcel Senn sagt:

          Zach „Sie werden dann etwas weniger gierig nach SFr.“
          Völlig falscher Ansatz Herr Zach ein Teil der SNB Mittel in eine der weltbesten Hochschulen und sonstige Infrastruktur zu stecken, das erhöht die Attraktivität der CH noch mehr!
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          Es sollten wenn schon masslose unvernünftige Geschenke an Asylbewerber, Sozialhilfeempfänger usw. getätigt werden und der Rest in Feuerwerken und opulenten Staatsfesten dekadent verprasst werden.
          Das könnte allenfalls abschreckend und unseriös wirken, sofern sowas das internationale Fluchtgeld überhaupt kümmert. Wenn jenes aber mal in Panik ist, dann setzt das rationale Denken sowieso aus.
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          Also lassen wir es doch wie es ist Herr Zach, Sie können noch eine Mio mal schreiben, die SNB soll der ETH 20 Mio schieben, Herr Jordan wird Sie kaum erhören

          • Rolf Zach sagt:

            Was wir hier als Kleinbürger schreiben, ist für jeden Entscheidungsträger der Schweiz irrelevant, vor allem wenn es sich als unorthodox anhört. Kommt noch dazu, dass die Schweizer Politik es so eingerichtet hat, dass Professor Jordan schalten und walten kann, wie er es für gut befindet. Auch Bundesrat Maurer hat als Finanzminister nichts zu sagen, dies zeigte sich deutlich als er die Höhe der Devisenreserven hinterfragte. Die ganze Presse ist wie eine wütende Schar von Hornissen auf ihn losgegangen, als er dies kundtat. Unser Bundesrat ist da ohne Macht. Deshalb bekommt die öffentliche Hand auch ihre Armen-Speisung von 2 Mrd. SFr., eigentlich eine Frechheit der SNB.

          • Rolf Zach sagt:

            Nun, die SNB 280 Mrd. SFr. in $ Anlagen. Ein Kurs von 1 $ zu 80 Rappen bedeutet deshalb für die SNB einen Verlust von ca. 56 Mrd. SFr und dies kann bereits nächstes Jahr geschehen. Kommt noch dazu, dass der € teilweise diese Abwertung des $ mitmacht, was einen Eurokurs von vielleicht 1.05 beinhaltet. Weitere Mrd. SFr, die die SNB abschreiben darf.
            Der Staat darf dann den Gürtel enger schnallen und notwendige Infrastruktur-Investitionen werden auf St. Nimmerleins Tag verschoben, selbstverständlich müssen auch die Budgets für die Forschung eingeschränkt werden.
            Die Investoren in Schweizerfranken lachen sich den Buckel voll und für sie ist ihre ihr Anlage-Entscheid besser als der Kauf von Gold. Die Negativzinsen betreffen sie nicht.
            Überhaupt, was soll diese 45 Mrd. SFr. an Anlagen in £?

          • Rolf Zach sagt:

            Eines könnte durchaus geschehen, das Ölbild vom erfolgreichen SNB-Direktionspräsidenten, Professor Jordan, könnte durchaus rechts vom Ölbild vom ehemaligen SNB-Präsidenten Markus Lusser aufgehängt werden, einen weiteren sehr erfolgreichen SNB-Lenker.

          • Marcel Senn sagt:

            Ja eben Herr Zach, auch wenn ich nicht glaub, dass der $ so schnell auf 80 Rappen runtergeht, darum wäre es doch verantwortungslos der ETH mal schnell 20 Mrd zu schieben, denn die aktuell 130 Mrd Rückstellungen und EK sind primär als Schwankungsreserven anzusehen und nicht als Geldverteilete für die Allgemeinheit.
            Wenn der Staat sich beginnt bei der Nationalbank zu bedienen, dann kommt es so raus wie in Argentinien, Zimbabwe oder Venezuela und darum soll auch Ueli Maurer in Sachen SNB gefälligst seinen Latz halten.
            Ein Staat der sich immer mehr über seine Zentralbank finanziert, der hat langfristig schon verloren. Beispiele in der Geschichte gibts genug.
            Wenns mal die 2 Mrd (vor wenigen Jahren wars nur 1 Mrd) nicht gibt, wegen dem wird Infrastruktur/Forschung nicht kollabieren

          • Anh Toan sagt:

            @Zach und Senn

            Mir gefällt die Diskussion, anfügen möchte ich, dass „idealerweise“ sich der Staat nicht bei der Zentralbank finanziert. Wozu braucht der Bund 20 Mia für die ETH von der Nati. Er kann die sich für 0.2 Negativzins auf 10 Jahre am Kapizalmarkt leihen. Würde der Bund Kohle raushauen für Investitionen und Konsum (BGE), müsste die Nati nicht, oder weniger, die CHF raushauen und im Ausland investieren.

            Aber die Sparpolitik ist Volkswille. Selber doof, wenn die KK Subventionen gestrichen werden. Das CH Volk will nichts für sich, und bekommt auch nichts.

  • Marcel Senn sagt:

    Die von gewissen Kreisen vielkritisierte SNB hat immerhin den grössten Long/Short FX Hedge Fund im Bezug aufs BIP der Welt geschaffen.
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    Sollte der Franken je mal schwächer werden, ist er bei der SNB zu gut 120% der BIP’s gehedged und mit aktuell 130 Mrd Eigenkapital hat die SNB ein gutes Schwankungsreservenpolster falls wieder mal eine Massenkapitalflucht in den CHF stattfinden sollte. Wenns ganz hart auf hart kommt, kann die SNB die Bilanzsumme auch noch um ein paar hundert Mrd erweitern.
    Immerhin seit Sommer 2017 musste sie nicht mehr eingreifen.
    Die grösseren Risiken (aber auch Chancen) bestehen in der Portfoliokomposition, die zu 79% aus Anleihen und 21% aus weltweiten Aktien besteht.
    .
    https://www.snb.ch/de/iabout/assets/id/assets_reserves

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