Warum die Börsen bei Trumps Tweets erzittern

Handelskrieg kostet auch Nerven an der Börse: Händler in New York. Foto: Brendan McDermid (Reuters)

Lange meinten viele, Donald Trump meine es mit dem im Wahlkampf angekündigten Protektionismus nicht so ernst. Was für ein Irrtum. Die USA und China künden fast täglich Zölle auf immer mehr Güter an. Die unmittelbaren Wirkungen zeigen sich vor allem an den Börsen, die nach jeder neuen Ankündigung weltweit einen Taucher machen und sich bei jeder Hoffnung auf eine weniger drastische Entwicklung wieder etwas erholen.

Doch warum sind die Börsen überhaupt betroffen? Die klassische Erklärung für die Bedeutung des Aussenhandels sind die sogenannten komparativen Kostenvorteile. Sie besagt, dass sich Handel für alle Länder lohnt, wenn die Länder jene Güter oder Dienstleistungen austauschen, in denen sie am produktivsten sind – relativ zum Übrigen, das sie bereitstellen könnten. Die Kosten eines Handelskriegs entstehen in diesem Zusammenhang durch eine Umorientierung der Wirtschaft, weil mit Zöllen die Produkte auch der verhältnismässig produktivsten Bereiche zu teuer werden.

Güter entstehen international

Wie der «New York Times»-Kolumnist und Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman in einem Beitrag zeigt, erklären aber die gefährdeten «komparativen Kostenvorteile» die Ausschläge an den Börsen nur zum kleinsten Teil.

Eine viel grössere Bedeutung für die Aktienmärkte hat, dass mit einem scharfen Protektionismus eine andere Folge der Globalisierung gefährdet wird: die internationalen Wertschöpfungsketten. Ein iPhone kommt zwar als Produkt der USA daher, seine Elemente werden aber in einer ganzen Reihe von Ländern erstellt. Haben nun hohe Zölle zum Beispiel auf chinesischen Produkten oder Rohstoffen zur Folge, dass die Elemente des iPhone aus China sich verteuern und die Produktion dort für Apple weniger lohnend machen, dann verliert das in China investierte Anlagekapital an Wert. Das führt bei Apple zu Abschreibungen, während das Unternehmen Kosten für einen Ersatz zum Beispiel in den USA auf sich nehmen muss. Die Folge sind sinkende Gewinne.

In der stark vernetzten und arbeitsteiligen internationalen Wirtschaft betrifft das sehr viel mehr Unternehmen als nur Apple. Das erklärt die Reaktion an den Börsen auf die angekündigten protektionistischen Massnahmen: Aktienkurse widerspiegeln nichts anderes als die erwarteten Gewinne von Unternehmen.

Die Aktienkurse sind allerdings nicht das Hauptproblem von Trumps Protektionismus. Die Hauptleidtragenden sind die Arbeitnehmer in jenen Bereichen, die durch diese Handelspolitik Einkommen und Jobs verlieren.

24 Kommentare zu «Warum die Börsen bei Trumps Tweets erzittern»

  • Rolf Zach sagt:

    Wir müssen unterscheiden zwischen Rohstoffen und Fertigwaren. Zuerst wegen Stahl und Aluminium. China produziert eindeutig zuviel Stahl und der hat nicht so niedrige Kosten, wie dieser aus der Ukraine und dem Ural. Ferner besitzt er auch nicht die Qualität der Stahlsorten aus Korea und Japan, die den besten Stahl nach den USA exportieren. Bei Aluminium ist es noch schlimmer, die Roh-Aluminium-Produktion in China ist eigentlich ein Witz in Sachen Kosten und Umwelt. Roh-Aluminium gehört als Produktionsstandort nach Kanada, Island, Norwegen, Australien etc. Sicher auch nicht in die USA.
    Was mir auffällt, großes Tam-Tam gegen Kanada und Mexiko wegen der NAFTA, aber wenig Konsequenzen darüber. Die Mauer ist gegen Menschen aus Mexiko und nicht gegen die Waren aus Mexiko.

    • Rolf Zach sagt:

      China kann eigentlich aus Gründen des Umweltschutzes froh sein, wenn es seine Stahl- und Alu-Produktion zurückfahren kann. Es war nach meiner Ansicht dumm, auf die Sprüche von Trump überhaupt zu reagieren und Maßnahmen auf dem Gebiet des US-Agrarausfuhr zu ergreifen. Es wird in China zusätzlich die Inflation anheizen und die Lebensmittel wesentlich verteuern. Kommt noch dazu, dass die Lebensmittel-Produktion in China eine der ungesündesten der Welt ist. Die USA ist nun einmal der grösste Brotkorb der Welt für Agrar-Exporte und denn muss man zwangsläufig aus Gründen der Logik benützen.
      Ob der billige Massenstahl aus China durch den amerikanischen ersetzt werden kann durch gleiche Preise ist zweifelhaft. Dieser Handelskrieg wird auch in den USA die Inflation verstärken.

      • Rolf Zach sagt:

        Kommen wir zu den Fertigwaren. Dieses chinesische Prinzip der Fabrik der Welt ist die Strasse zum Desaster in der internationalen Verschuldung. Es hat gewiss den Welthandel angekurbelt, aber ob er nachhaltig das Wachstum der Weltwirtschaft fördert, ist zweifelhaft. Bei uns in Europa und noch mehr in den USA hätte die Inflation viel stärker angezogen ohne diese Export-Offensive chinesischer Fertigwaren.
        Die Gretchenfrage für die USA ist ganz einfach, können sie chinesische Massenwaren zu gleichen Preisen herstellen wie in China, ich beziehe mich auch hier auf die NAFTA-Länder Kanada und Mexiko. Ich glaube nicht, dass Mexiko den grössten Teil der US-Textil-Importe aus China ersetzen kann, dies gilt eher für Bangladesch, aber den grössten Multiplikator-Effekt für die USA ist die NAFTA.

        • Rolf Zach sagt:

          Beim Welthandel für elektronische Produkte ist die überragende Spitzenstellung in China, dies von heute auf morgen mit Zöllen zu ändern ist Schwachsinn, dies gilt auch für hochwertige Konsumgüter und Investitions-Ausrüstungen aus Europa. Die „Hidden“ Champions sind in Europa beheimatet. Eine Tunnelbohrmaschine aus den USA gefällig? Etwas für ganz robuste Kunden, die anderen kriegen einen Herzinfarkt!
          Dann holen sie lieber eine solche bei Herrenknecht in Deutschland.

  • Linus Josef Anton Huber sagt:

    „Das erklärt die Reaktion an den Börsen“

    Das ist eine zu einfache monokausale Erklärung und sollte wohl eher heissen: „Das unter anderem erklärt die Reaktion an den Börsen“

    Mit unter anderem sind z.B. die steigenden Zinsen, die Bilanzreduktion des FED, fallendes Wachstum der Geldmenge in den USA etc. zu verstehen.

    • Anh Toàn sagt:

      Weiter oben wird beschrieben, welche Reaktion:

      „Die unmittelbaren Wirkungen zeigen sich vor allem an den Börsen, die nach jeder neuen Ankündigung weltweit einen Taucher machen und sich bei jeder Hoffnung auf eine weniger drastische Entwicklung wieder etwas erholen.“

      Ihre „unter anderem Punkte“ sind keine Erklärung für die kurzfristigen Schwankungen.

    • Anh Toàn sagt:

      Billiger Versuch die negativen Auswirkungen nationalistischer Politik abzutun.

      • Linus Josef Anton Huber sagt:

        negative? Was soll genau negativ daran sein, wenn die jetzigen Blasen ein wenig Luft verlieren?

        • thomas sagt:

          üblicherweise gilt: verluste sind negativ, gewinne sind positiv

        • Anh Toàn sagt:

          “ Die Hauptleidtragenden sind die Arbeitnehmer in jenen Bereichen, die durch diese Handelspolitik Einkommen und Jobs verlieren.“

          Für Loser, die Einkommen aus Arbeit brauchen, hat der Huber keine Zeit.

        • Linus Josef Anton Huber sagt:

          Unsinn, die Hauptleidtragenden sind die 0,1%, welche über die letzten Jahrzehnte einen immer höheren Anteil der Einkommen abschröpften und den Ausbau der Ungleichgewichte zu Ihrem Vorteil nutzten.

          • Anh Toàn sagt:

            Alles in Text ist Unsinn:

            Wenn die Blasen platzen, gibt es eine Rezession, oder gar Depression: Das schadet den 0.1%, die anderen 99.9% profitieren von der Rezession: Deren Löhnesteigen, die Arbeitslosigkeit sinkt.
            Nämlig! War dies bisher in jeder Rezession so.

          • Linus Josef Anton Huber sagt:

            Es ist ein Attribut von Blasen, dass sie irgendwann platzen. Das Problem liegt nicht im jetzt und heute, sondern die Fehler liegen Jahre zurück. Heute und morgen werden wir die Konsequenzen ernten, welche wenig bis gar nichts mit Trump zu tun haben.

            In einer Rezession werden normalerweise Ungleichgewichte bereinigt, was hingegen in den letzten Jahrzehnten mit entsprechender Geldpolitik partout verhindert wurde. Diese regelmässigen Bereinigungen und Erneuerungen sind essentiell wichtig für den geordneten Wirtschaftzyklus, ansonsten sich eine Art von Ponzi-Scheme mit entsprechenden Blasenbildungen formt.

            Natürlich handelt es sich nicht um angenehme Phasen, jedoch dauern diese jeweils nicht sehr lange, wenn man sie zuvor nicht dauerhaft verhinderte.

  • Enrico sagt:

    Sinkende Börsen und sinkende Unternehmensgewinne werden das aus für Trump.
    Vorne lächelnde Republikaner, um Ihm dann hinter dem Rücken schadenfroh das Messer reinzurammen.

  • Christoph Bögli sagt:

    Man sollte in dem Zusammenhang eigentlich dringend Trumps Umfeld auf Insiderhandel untersuchen. Trump ist geradezu der Prototyp des „con man“ und „hustlers“, gleichzeitig kommen praktisch alle „Statements“ von ihm zu Wirtschaftsthemen als spätnächtliche, erratische und oft wirre Tweets daher, die selten bis nie irgendeinen konkreten Bezug zu tatsächlichen politischen Massnahmen haben. Der einzige Effekt ist also, die Börsenkurse zu beinflussen. Zählt man angesichts dessen und Trumps Charakter eins und eins zusammen, so wirkt das Ganze extrem verdächtig. Es würde kaum überraschen, wenn im Hintergrund Strohmänner für ihn und seine Familie Millionen scheffeln indem die vorsätzlich erzeugten Kurseinbrüche ausgenutzt werden.

  • Hans Hödli sagt:

    Es geht lange nicht mehr nur um Handelsvorteile und Wohlstandssteigerung dank Spezialisierung, sowohl EU, USA, China, Japan, Südkorea sind zB auf Autos und Reifen spezialisiert. Es liegt auf der Hand dass man sich gegenseitig protektionistisch mit Zöllen bekämpft da weltweite Kartelle nicht möglich sind.

  • Hans Hödli sagt:

    Die EU gehört zu den Oberprotektionisten. Neben den hohen Zöllen auf US Autos ist auch der Agrarprotektionismus zu nennen, ist nicht viel besser als in der CH. Am meisten freut sich Brüssel über diesen Protektionismus da die EU Bürokratie auf diese Einnahmen angewiesen ist. Daneben wehren sich die europ. Konzerne mit Händen und Füssen gegen jede Zollsenkungen, der Konsument kann sonst nicht genug gemolken werden um die Boni der Teppichetagen bei VW und Konsorten zu mästen.

    • Gerhard Engler sagt:

      @Hödli: Schauen Sie mal nach auf der WTO-Homepage (suchen nach „International Trade and Market Access Data“). Dort sehen Sie, dass die EU nach den USA zu denjenigen Ländern mit den tiefsten Zöllen gehört. Wie Sie richtig schreiben, sieht es bei den Landwirtschaftsprodukten anders aus. Dort ist die Schweiz am protektionistischen.

      • Antoni Stankiewicz sagt:

        Nebenschauplatz im Globalisierungstrend mit weitreichenden Folgen: Landwirtschaft. Globalisierung funktionniert bei Mobilität aller Produktionsfaktoren – bei der Landwirtschaft ist dies nie der Fall: in reichen Ländern würden weiteste Landstriche zu Brachen verkommen, wenn es nur um Optimierung der Wertschöpfungskette ginge. Europas Arbeitskräfte sind einigermassen mobil, um Einbussen zum Teil abzufedern. In Entwicklungsländern ist die Marktmachtdynamik der Globalisierung nicht mehr zu bremsen. Beispiel: ein Bauer kann sein Huhn auf dem Markt nicht mehr verkaufen, weil im Laden ein tiefgefrohrenes billiger zu haben ist. Nicht mobilen Land-Arbeitskräften ohne alternative Wertschöpfungschancen bleibt nur Subsistenz auf dem Land oder Armut im Slum. Seit Generationen zementierter Teufelskreis.

        • fredy sailer sagt:

          Antoni Stankiewicz, ich bin da leicht anderer Meinung. Landwirtschaftsprodukte werden jetzt schon „mobil“ global verteilt.
          Zusaetzlich koennen Sie erwarten dass dank Gentechnologie und massiven Fortschritten in der Gewaechshaustechnik (sie brauchen da keinen „Boden“ mehr, siehe Beispiele in Holland) auch die Produktion der Landwirtschaft mobil sein wird.
          Ebenfalls wuerden weite Landstriche nicht unbedingt zu „Brachen“ verkommen, sondern die Natuer wird sie einfach zuruecknehmen und in diesem Zusammenhang wird auch die Waldflaeche weiter steigen.
          Last but not least muessten Sie mir aufzeigen in welchen Faellen denn all diese Bauern in „Slums“ landeten.

  • Hans Hödli sagt:

    Hier wird vergessen, dass ausgerechnet Apple Google und Konsorten ihre Gewinne nicht in den USA sondern im Ausland zB Irland erzielen und diese Gewinne dort horten da das US Steuersystem bisher keinen Beteiligungsabzug kennt.

    • Rolf Zach sagt:

      Wird gerade durch den US-Kongress durch die neue Steuerreform geändert. Die US-Konzerne können ihre Gewinne steuerfrei nach Hause holen. Dies hat gewaltige Auswirkungen auf das US-Budget, dass rasend schnell auf 1000 Mrd. $ Defizit zugeht, immerhin ca. 4 % des Volkseinkommens der USA und der grössten Volkswirtschaft mit immerhin noch einem Anteil von 20 %. Wer wird diese 1000 Mrd. $ finanzieren?
      Dagegen hat sich die Steuerreform von Trump gegen die Europäer gewendet, die dort sich in abenteuerliche Geschäftspraktiken einließen und dadurch wie die CS ihre Verlustvorträge nicht mehr
      in den USA steuerbefreit benützen können. Dies ist eben die hervorragende Geschäfts-Intelligenz der Schweizer Banker.

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