Der Nutzen des Vergessens

NMTM

In der Euphorie gehen die vergangenen Tiefschläge leicht vergessen: Ein Aktienhändler in Frankfurt während des Börsencrashs im Oktober 2008. Foto: Michael Probst (Keystone)

In diesen letzten Dezembertagen werden wir mit Jahresrückblicken und Ausblicken auf 2018 überhäuft. Wir lesen sie gerne. Schliesslich wollen wir alle wissen, was uns in den kommenden zwölf Monaten erwartet, und rufen uns gerne die wichtigsten vergangenen Ereignisse der Vergangenheit in Erinnerung.

Prognosen spielen für das Funktionieren der Märkte eine wichtige Rolle. Kauf- und Investitionsentscheide wären ohne sie kaum möglich. Denn in einem solchen Moment macht sich jeder Gedanken darüber, wie es weitergeht. Vorhersagen helfen, den Blick zu klären.

Aber wie steht es eigentlich um das Erinnern?

An den Börsen ist ein gutes Erinnerungsvermögen viel wert. Zurückzublicken hilft wesentlich dabei, aktuelle Kursentwicklungen zu beurteilen. Fehlentscheidungen lassen sich dadurch vermeiden. Finanzmarktexperten würden die aktuelle Aktienhausse wohl weniger skeptisch beurteilen, wenn sie sich nicht an die Dotcom-Blase erinnerten, die im Jahr 2000 platzte. Die Investorenlegende John Templeton sagte nicht ohne Grund, dass die Devise «Diesmal ist alles anders!» die denkbar teuersten vier Worte seien.

Vergangenheitsdaten sind darüber hinaus wichtiger Bestandteil konkreter Vorhersagen. Prognosen, von den einfachsten Autoregressionen bis zu komplexen Schätzmodellen, werden mit möglichst akkuraten empirischen Daten gespeist.
Und dennoch ist es manchmal besser, Vergangenes aus der Erinnerung zu streichen, damit die Marktkräfte optimal spielen. Zu diesem Ergebnis gelangen zwei Ökonomen, die seit Jahren in einem wichtigen, aber wenig bekannten Segment der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften forschen. Es geht um «Informationsdesign» und «soziales Lernen».

Maximale Transparenz kann schaden

Wenn jemand in einem Hotel übernachtet und anschliessend eine Bewertung ins Internet stellt. Wenn jemand, sobald im Restaurant das Essen serviert wird, ein Foto von dem Tellergericht schiesst und hochlädt. Oder wenn eine Bank die Bonitätsdaten ihres Kreditkunden archiviert. Jedes Mal werden Informationen und Urteile festgehalten, die herangezogen werden können, wenn in Zukunft ein Kunde in diesem Hotel oder Restaurant bucht oder wenn ein Kredit vergeben wird. Intuitiv scheint das etwas Gutes zu sein: Je mehr Informationen vorhanden sind, desto besser, dann dadurch erhöht sich die Transparenz. Und bekanntlich sind nur transparente Märkte effizient.

Aber das stimmt nicht immer. Sergei Kovbasyuk von der Stockholm School of Economics und Giancarlo Spagnolo vom Einaudi Institute for Economics and Finance in Rom weisen nach, dass Märkte zwangsläufig zusammenbrechen, wenn vergangene Fakten unbegrenzt gespeichert werden.

Sobald ein Verkäufer ein negatives Urteil erhält, fällt seine erwartete Qualität am Markt. Käufer sind dann nicht mehr bereit, den gleichen Preis zu zahlen, und fordern einen Abschlag. Bis hier ist alles leicht nachvollziehbar. Der Markt funktioniert.

Aber in einem Marktumfeld, in dem das durchschnittliche Qualitätsniveau bereits niedrig ist, passiert auf die Dauer Folgendes: Die Qualität des Verkäufers sinkt unter den Durchschnitt, worauf die Zahlungsbereitschaft des Käufers unter das Niveaus des Verkaufspreises sinkt, das für den Anbieter noch kostendeckend ist. Da irgendwann jeder Verkäufer ein negatives Urteil erhält und von einem guten zu einem schlechten Verkäufer wird, führt das bei vollkommener Information langfristig dazu, dass so gut wie jeder Verkäufer langfristig aus dem Geschäft ausscheidet. Der Handel kommt letztendlich zum Erliegen.

Der Nutzen der selektiven Erinnerung

Das lässt sich vermeiden, wenn die Erinnerung künstlich verringert wird. Gespeicherte Informationen müssen gelöscht werden. Kovbasyuk/Spagnolo schlagen aber auch hier nicht das intuitiv Naheliegende vor, nämlich die Negativurteile zu löschen, sondern das Gegenteil: Negative Urteile sollten ausreichend lange (aber nicht ewig) allen zur Verfügung stehen, positive jedoch nur für kurze Zeit.

Auf diese Weise werden die Käufer dazu angestiftet, neue Verkäufer auszuprobieren, die bisher noch nicht beurteilt wurden. Sie schaffen so neue Informationen über den Markt, halten ihn vital und verbessern langfristig das Gesamtergebnis. Würden schlechte Verkäufer zu früh vergessen, würden sie sich unter die nichtbeurteilten Verkäufer mischen und würde es länger dauern, bis sich die Qualität verbessert. Würden gute Verkäufer zu lange gespeichert, wären sie gegenüber den Nichtbeurteilten zu lange im Vorteil. Käufer würden seltener von Letzteren kaufen und den gesunden Erneuerungsprozess, der den Markt stärkt, behindern.

Im Interesse eines funktionierenden Marktes ist also ein selektives Erinnerungsvermögen angebracht.

Die Ergebnisse der Informationsökonomen sind keine theoretischen Spielereien. Ihren Erkenntnissen kommt in der modernen digitalisierten Wirtschaft immer grössere Bedeutung zu. Internetriesen wie Google, Tripadvisor oder Amazon sammeln systematisch die Feedbacks ihrer Kunden. Ihre Geschäftsmodelle basieren weitgehend darauf, wie sie die gespeicherten Informationen mithilfe von Algorithmen verarbeiten und nutzen. Die Systeme müssen aber stets dafür sorgen, dass Nutzer auch neue, unbekannte Wege beschreiten. «Es ist notwendig, dass einige Personen Lehrgeld zahlen, damit alle anderen davon profitieren können», sagt Ilan Kremer von der Hebrew University in Jerusalem, einer der führenden Experten für Informationsdesign.

Was lernen wir daraus? Nicht nur die Vorhersage dessen, was in der Zukunft passieren könnte, ist wichtig, sondern mehr und mehr der Umgang mit gespeicherten Erfahrungen. Und manchmal ist es am besten, einfach alles zu vergessen.

28 Kommentare zu «Der Nutzen des Vergessens»

  • Rolf Zach sagt:

    Nehmen wir einmal ein paar Märkte in der realen Wirtschaft und vergleichen sie mit der These des positiven Vergessen. Oder nennen wir es Vergessen gegen Erfahrung oder auch Neugierde gegen Vorsicht. Wenn der Assistent des Bosses einer Großbank diesem vorschlägt, das neugegründete Team A der Unternehmensberatung auszuwählen, anstatt wie üblich McKinsey, kann er gleich seine Koffer packen. Niemand von der obersten Elite setzt auf neue Namen, man sichert sich ab mit Prestige-Namen, so kann man Verantwortung abtreten, wenn es schief geht „Auch die erfahrensten konnten das Problem nicht lösen“. Eine kleine Bank wird selten eine neue „Core-Banking Solution“ wählen, die neu auf dem Markt ist. Sie wird sich an bewährtes halten, denn niemand ist gern Versuchskaninchen.

    • Rolf Zach sagt:

      Wer bezahlt Lehrgeld? Der Betreffende bezahlt Lehrgeld für das Neue, wenn er die Implantation einer neuen Sache nicht straff überwacht. Risiko hat man immer, aber wie beurteilt man die verschiedenen Risiken gegen einander. So kommt man plötzlich bei einem negativen Urteil, zu einer anderen Schlussfolgerung und das Urteil wird positiv. Ein Urteil ist eine Entscheidung, darin muss enthalten sein, Erfahrung, hält das alte Ding überhaupt, können wir mit etwas neuem vom Markt verdrängt werden, bleiben wir beim alten, denn das neue wird sich nicht durchsetzen.
      Berüchtigt ist der Fall von Eastman Kodak, dass die in ihrem eigenen Labor entwickelte elektronische Kamera ablehnte, denn das Filmgeschäft war ihnen zu dominant.

  • Jan Svoboda sagt:

    natürlich sind es feuchte Träume der Bankenmafia möglichst alles zu vergessen damit keine Vergleiche möglich sind. Jemand könnte nämlich merken wie rapide man durch die Kaufkraftentwertung bestohlen wird und wie miserabel und manipuliert die Gewinne der Konzerne sind.

    • Monique Schweizer sagt:

      Ach Svoboda – ihre Mär von der Kaufkraftentwertung ist auch etwas zum gähnen!
      Vor 50 Jahren mussten wir noch 25-30% fürs Essen ausgeben, heute noch 8-12%. Autos mit allem Schnick-Schnack sind heute im Verhältnis zum EK wesentlich billiger geworden, Handies, Flüge, Compies etc sowieso – gibt immer mehr Leistung für mehr Geld und selbst bei den teurer werdenden Krankenkassen bekommt man immer bessere Medis und Apparate im Vergleich zu früher.
      Der Coop Kassiererin von 2017 kann sich wesentlich mehr leisten als dieselbe von 1967!
      Allenfalls Zigi sind einiges teurer geworden, aber aus gesundheitspräventiven Gründen. Gut Mieten auch – aber wenn man die Qualität einer billigen Altbauwohnung mit dem heutigen Standard vergleicht, ist das eben auch nicht mehr dasselbe!

      • Rolf Zach sagt:

        Mit der Teuerung ist es so eine Sache. Reden wir über Brot, so hat sich dieser Preis seit 1939 um das Sechsfache erhöht, was ungefähr der allgemeinen Preisentwicklung entspricht.
        Bauland ist so eine Sache für sich, so ziemlich am teuersten geworden seit 1939. Zum Beispiel in einer Zürichsee-Gemeinde, wo 1959 das Land direkt am See 110 Franken kostete. Heutige Preise sind das 40 fache davon, wenn man überhaupt etwas vernünftiges dafür bekommt. Anderseits war ein Rolls-Royce 1934 bereits ein sehr teures Auto, aber eigentlich ist ein heutiger Rolls-Royce mit all seiner zusätzlichen Ausstattung nicht sechsfach im Preis gestiegen.
        Für die Inflation zählt das Einkommen der großen Masse zwischen 50’000-120’000 Franken und wie sie damit zurechtkommt und der erzielte technische Fortschritt.

      • Linus Huber sagt:

        Sicher Monique, und jeder Junge kann sich heute nach 10 Jahren sparen und ohne horrende Schuldenaufnahme eine schöne Wohnung ergattern. Der Fokus einzig auf die Inflation der Konsumentenpreise ist verfehlt.

        • Monique Schweizer sagt:

          Huber: Dass es sich bei Ihrem Bsp. um Assetinflation handelt, dürfte selbst Ihnen bekannt sein – also wieso vergleichen Sie wieder Aepfel mit Birnen! Wohnraum an zentraler Lage ist nun mal ein begehrtes und zunehmend rares Gut!
          Aber in den zunehmenden Geistersiedlungen im Mittelland findet man immer mehr Wohnungen, die man auch ohne horrende Schuldenaufnahme erwerben kann. Und wenn es so weiter geht, dann werden die Preise wieder purzeln – halt nicht gerade in Zürich an guten Lagen, aber irgendwo im Aargau, Thurgau oder Solothurn wird der Markt die Preise wieder regulieren. Die nächste Immokrise in der CH wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche und sollte sich die SVP mit ihrer PFZ Kündigung durchsetzten dann noch viel heftiger.

          • Monique Schweizer sagt:

            Mittlerweile machen die privaten Immowerte per SNB per Ende 2016 1899 Mrd Franken aus (darauf Hypos von 785 Mrd).
            Wenns dann mal 10-20% korrigieren würde, können Sie selber ausrechnen wieviel das ist – und der Clou – die Schulden bleiben bestehen, Nachschusseigenkapital würde gefordert, noch mehr Immobilien kämen dann zwangsweise auf den Markt!
            Gut sind die Banken mittlerweile (auch aus dem Schaden 1992) so klug, dass sie zumindest eine Tragfähigkeitsgrenze mit einem Hypozins von 5% verlangen. Auch wenn das Abwertungen nicht direkt betrifft, so hat es dadurch noch einen kleinen Puffer und eine Abwertung würde primär die Letztkäufer treffen – die letzten beissen die Hunde, aber das ist ja immer so – sei es bei Aktien, Immobilien, Bitcoin usw

        • Linus Huber sagt:

          Ich vergleiche nicht Aepfel mit Birnen, sondern betrachte Aepfel und Birnen zur gleichen Zeit, und versuche Ihnen klar zu machen, dass man nicht einzig die Aepfel betrachten kann um eine umfassende und korrekte Analyse zu erstellen.

  • Anh Toàn sagt:

    Ohne zu vergessen, könnten wir Menschen kaum leben. Es ist eine menschliche Eigenschaft, die Vergangenheit besser zu beurteilen, als sie erlebt wurde. Andernfalls könnten wir nicht mal aufrecht gehen. Versucht ein kleines Kind die ersten Schritte, müsste es den Schluss ziehen, es fällt hin und das tut weh. Also bleiben lassen.

    • Rolf Zach sagt:

      Das kleine Kind vergisst eben nicht, wie es gefallen ist.
      Mit dieser Erfahrung wiederholt es die Sache und macht es besser. Vergessen heißt nie, die Erfahrung nicht zu nutzen. Nicht vergessen bedeutet nicht sich innerlich aufzugeben, man gewinnt Erfahrung. Erfahrung ist aktiv, Vergessen ist passiv, dies ist ein gewaltiger Unterschied.
      Ich gebe ein Beispiel aus der Politik. Es war gut nach 1945 in Jugoslawien die grausamen Verbrechen, die sich die Jugoslawen untereinander angetan haben, zu vergessen, um die Versöhnung zu verstärken. Aber keine Erfahrung daraus zu ziehen und die Vergangenheit verlogen darzustellen und für alles, dem Ausland die Schuld zu geben, war schon ein starkes Stück. Man war der unbefleckte Held ohne Tadel. Resultat: Die Zerstörung von Jugoslawien!

      • Rolf Zach sagt:

        Vergessen bedeutet als passive Form, dass man nicht Rache sucht, sondern Vergebung.
        Erfahrung bedeutet, dass man nicht vergisst und nicht sinnlos im Zeug herumpoltert, sondern die Intelligenz benützt, um es das nächste Mal es für sich profitabler zu gestalten, dies muss nicht unbedingt der Schaden des anderen sein.
        Mit meiner Islam-Kritik gelte ich als ein Rassist. Aber sucht im Islam so etwas wie die Bergpredigt, damit weiß man, auf was es mir ankommt.
        Es gibt den klugen Opportunismus des Neuen Testaments mit all seinen Facetten, aber es gibt im Islam nur den Opportunismus des Schwächeren, der bei der ersten Gelegenheit, wenn er stark ist, zurückschlägt. Welches ist der optimalste Opportunismus?

        • Rolf Zach sagt:

          Gaza als Hong-Kong des Nahen Osten mit einem christlichen Opportunismus der anderen Möglichkeiten oder ein Gaza des islamischen Stolzes und dessen Opportunismus, dass auf die Macht der islamischen Welt zählt und auf die Waffen, die man zu Lasten der Menschen zusammen führt und benützt.

      • Anh Toàn sagt:

        @Rolf Zach

        Die Psychologen streiten darüber im Detail, aber ein sehr kleines Kind hat kaum ein Gedächtnis. Ich denke, vieles geht sehr schnell vergessen, mindestens bis einmal eine Sprache gelernt wurde.

        Betreffend Islam und Bergpredigt und so: Da sind Sie mir viel zu dogmatisch. Letztlich ist Religion nicht, was die Pfaffen oder gar die obersten Pfaffen von der Kanzel verkünden, sondern was die Gläubigen daraus machen. Da sehe ich wenig Unterschiede zwischen Christentum und Islam. Der Unterschied zwischen „uns“ im Abendland und „denen“ im Morgenland ist nicht die andere Religion, sondern dass diese viel weniger tief in der Gesellschaft verankert ist.

        • Anh Toàn sagt:

          @Rolf Zach: nehmen wir die Juden: In Tel Aviv sind abendländische Juden, in Jerusalem und Hebron ist Morgenland.

          • Anh Toàn sagt:

            Ist das Judentum rückständig: In Jerusalem ja, in Tel Aviv oder New York nicht.

            In Hurghada sass ich an einem Tisch mit einem Atomphysiker aus Kairo und seinen Freunden. Sein Sohn hat eine Trash Metal Band.

          • Rolf Zach sagt:

            Die Zionisten mit ihrem Sozialismus und Martin Buber mit seiner religiösen Philosophie der Aufklärung sind das wahre Staatsverständnis von Israel und nicht die orthodoxen Siedler mit ihrem Fanatismus, dass ist die eigene Sackgasse von Israel.
            Was Ihren ägyptischen Atomphysiker betrifft, werden die nie den Islam so verdammen, wie Sie dasselbe, überspitzt gesagt, mit dem Christentum anfangen. Der Atomphysiker wird sich immer als Araber und Moslem verstehen. War Fermi ein gläubiger Katholik, war Oppenheimer ein gläubiger Jude?

        • Anh Toàn sagt:

          Jede monotheistische Religion ist nun mal im Kern totalitär. Dieses Totalitäre, die Gewissheit, die einzige Wahrheit gibt den Gläubigen Halt.

          In Kommentarspalten können wir auch bei „uns“ sehen, wie schwer sich die Menschen tun mit Ambivalenz. Einfache Wahrheiten, einfache Lösungen sind gefragt. Die Schweizer Demokratie ist die demokratiste aller Demokratien, wenn nicht gar die einzige, das Volk entscheidet immer richtig, freier Markt ist das beste, nein das Privateigentum muss abgeschafft werden.

        • Rolf Zach sagt:

          Was mich interessiert ist die soziologische und ökonomische Weiterentwicklung eines Glaubens in der heutigen Gesellschaft und die vielleicht zur Verbesserung unseres alltäglichen Lebens, wenigstens in materieller Hinsicht sorgt.
          Da bin ich ein Anhänger der Schule von Max Weber. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ohne die Bibel und die Reformation, die Aufklärung stattgefunden hätte und so Denker wie Rousseau, Hume und Kant hervorgegangen wären. Im Islam war dies wegen dessen Formalismus nicht möglich und dies setzt ihn noch heute in Schwierigkeiten gegenüber der vorherrschenden westlichen Zivilisation.
          In diesem Zusammenhang ist Konfuzius wesentlich interessanter als die islamischen Denker. Ist er das wahre Gegenmodell zum vorherrschenden westlichen Denken?

  • Marco Marazzi sagt:

    Wenn ich etwas kaufen will, dann sitze ich zuerst am Netz und analysiere die vorhandenen Beurteilungen. Meistens geht es so lange und ist so langweilig, bin so verwirrt über unklare Beschreibungen, dass ich vielmals nichts kaufe … Wären keine Beurteilungen vorhanden, dann hätte ich wohl auf gut Glück was gekauft. Frage für den Ökonomen: welche Variante ist ökonomischer?

  • Bernhard Piller sagt:

    Die beiden Forscher verfallen dem Irrtum, dass der absolute Ruf eines Anbieters zähle. Dem ist aber nicht so. Wenn alle Hotels oder Restaurants auch schlechte Kritiken haben, so wird der Gast einfach das Hotel oder Restaurant mit den wenigsten schlechten Kritiken wählen. Der Mensch lernt, und er hat mittlerweile auch gelernt, dass Bewertungen falsch sein können oder dass auch ein guter Anbieter mal einen Fehler machen kann.
    Der Ruf nach Vergessen ist sehr gefährlich. Auch deswegen, weil niemand garantieren kann, dass die Information für alle verloren geht. Da das nicht der Fall wäre, gäbe es Wettbewerbsverzerrungen.

    • Benno Stechlich sagt:

      Ihnen ist schon klar, dass Sie sich widersprechen? Wettbewerbsverzerrungen gibt es sowieso und, vermutlich ist es Ihnen gar nicht klar, Sie nennen gleich das grösste Problem des uneingeschränkten Wettbewerbs: so wenig wie man davon ausgehen kann, dass eine Information für alle verloren geht, sind nicht alle Informationen für jeden zugänglich, was eigentlich eine Bedingung ist für das funktionieren des uneingeschränkten Wettbewerbs. Geradezu lächerlich wird z. B. der Ruf in der Schweiz nach den sogenannten Marktlöhnen, wo die Auftraggebern den Angestellten verbieten über den Lohn zu sprechen. Freie Märkte funktionieren nur über frei zugängliche Informationen für alle. Und auch das wird wohl immer eine Illusion bleiben.

      • Bernhard Piller sagt:

        Das stimmt, was Sie sagen. Aber sobald z.B. die offiziellen Suchmaschinen gezwungen würden, Informationen zu „vergessen“, würden Leute Datenbanken anlegen, die eben diese Weisungen umgehen. Auch das Hirn der Menschen kann nicht auf gesetzliches Verlangen hin gelöscht werden. Somit würden diese Infos einfach nur für Otto Normalverbraucher gelöscht. Die cleveren Leute würden schon einen Weg finden, die Daten zu speichern.

    • Marco Marazzi sagt:

      Das Modell der beiden Forscher ist eine starke Vereinfachung der Realität, und nicht die Realität selbst. So wird zum Beispiel für die Kunden einen allgemeingültigen Verhalten (homo economicus!) angenommen, was in der Realität nicht möglich ist. Höchstens kann man versuchen zu zeigen, dass die angenommene Vereinfachungen allzu grob sind, so dass die Resultate für die Praxis wertlos sind. Was in diesem Falle auch sehr wahrscheinlich auch der Fall ist.

  • Arthur Flückiger sagt:

    Der Name spricht für sich: Neinhaus. Aber nicht nur dieser Herr, sondern alle, die
    über geld- und währungspolitische sowie konjunkturelle Fragen schreiben, bewegen sich auf dünnem Eis. Ist etwa so seriös wie Astrologie oder Sporttoto. Alle methodisch korrekten empirischen Studien kommen zu dem Ergebnis, dass überprüfbare Aussagen von Astrologen statistisch nicht signifikant besser zutreffen als willkürliche Behauptungen. Gilt ebenso für unsere Banker und andere Finanzgenies. Niemand kann die Entwicklungen auf dem Finanzmarkt voraussagen. Hängt von viel zu vielen politischen und gesellschaftlichen Ereignissen ab, die wir im Voraus nicht wissen, ob und wann sie eintreten.

    • lukas sagt:

      Mir sind wertvolle Gedanken und frische Ideen lieber als dieses ewige Geschnöde, dass es nichts bringt. Mit letzterer Einstellung würden wir wohl immer noch in Höhlen herumfrieren.

      • Monique Schweizer sagt:

        Genau Lukas – auch jede Unternehmensgründung ist im Prinzip nichts anderes als eine Finanzwette auf die Zukunft. Man weiss aus der Empirie schon vorher, dass ein nicht unwesentlicher Anteil der Neugründungen nach wenigen Jahren pleite und vom Markt verschwunden sein wird und andere den Durchbruch schaffen und erfolgreich werden und trotzdem werden jedes Jahr weltweit Mio von Unternehmen gegründet, denn sonst würden wir wirklich immer noch in Höhlen wohnen. Aus irgendeinem Grund macht man ja auch Businesspläne und auch die hängen am Ende zu einem nicht geringen Teil von sehr vielen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ab.

        • Bernhard Piller sagt:

          Beim „In den Sand Setzen“ von Geld hat dies (in USA wenigstens) noch niemandem geschadet. Es gibt sogar den Grundsatz, „if you fail, fail big“!
          Wenn Investoren sehen, dass jemand einen gewissen Drive hat, kriegt er auch Geld, wenn er sein erstes (seine ersten) Unternehmen an die Wand gefahren hat. Auch ein Ellon Musk würde noch Geld erhalten, wenn Tesla pleite ginge.

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