Noch ist Südeuropa nicht gerettet

Auf ein Wunder brauchen sie nicht zu hoffen, auf neue Ausgleichsmechanismen für Europa schon: Gläubige im Vatikan. Foto: Pier Paolo Cito (Keystone)
Erfreulicherweise sind die südeuropäischen Länder zum Wachstum zurückgekehrt. Sogar das von einer langjährigen Stagnation geplagte Italien wuchs im zweiten Quartal 2017 um 0,4 Prozent, was auf das ganze Jahr gerechnet 1,5 Prozent ausmacht. Spanien verzeichnet seit 2015 sogar jährliche Wachstumsraten von rund 3 Prozent. (Quelle: Eurostat)
Weniger erfreulich ist, dass diese Wachstumsraten von manchen als Beleg dafür genommen werden, dass alles wieder in Ordnung sei. Es senkt den Druck, die Währungsunion auf eine dauerhafte Basis zu stellen. Die nächste Krise wird die Schwächen dann wieder schonungslos offenlegen.
Dass nicht alles in Ordnung ist, sieht man schon allein daran, dass die Geldpolitik nach wie vor extrem expansiv ist. Auch der Euro war bis vor kurzem eher unterbewertet. Wenn Italien unter solchen Bedingungen ein Wachstum von 1,5 Prozent erzielt, ist das wenig.
Maastricht-Kriterien knapp erfüllt
Zweitens gelingt es nicht einmal dem schnell wachsenden Spanien, die öffentlichen Schulden in der Aufschwungsphase abzubauen. Der Grund ist, dass das Wachstum zu einem grossen Teil öffentlichen Budgetdefiziten geschuldet ist. Spanien wird dieses Jahr voraussichtlich ein Defizit von 3 Prozent haben, also gerade noch die Maastricht-Kriterien erfüllen.
Ein dritter Indikator, der zeigt, dass die Ungleichgewichte innerhalb der Währungsunion längst nicht verschwunden sind, ist die Entwicklung der Wechselkurse. Ein neues Datenset zeigt das Ausmass der Über- und Unterbewertung (Quelle).
Die folgende Grafik verdeutlicht, dass Griechenland, Italien und Portugal nach wie vor ein zu hohes relatives Preisniveau gegenüber ihren Handelspartnern innerhalb und ausserhalb des Euro haben. Sie konnten zwar alle ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit zwischen 2008 und 2016 verbessern – der blaue Balken ist deutlich kleiner als der rote. Aber sie befinden sich immer noch deutlich im Positiven. Von den südeuropäischen Ländern hat nur Spanien eine reale Abwertung erreicht – der blaue Balken zeigt nach unten.

Leider haben aber auch die Überschussländer des Euroraums eine Senkung des realen Wechselkurses erfahren. Insbesondere Deutschland und die Niederlande haben kräftig abgewertet. Gemäss den Autorinnen und Autoren hat dies mit der starken Verbesserung der Realwirtschaft zu tun. Das bedeutet: Der deutsche und niederländische Gleichgewichts-Wechselkurs ist gestiegen, aber der reale effektive Wechselkurs ist gesunken, weil die Preise weit weniger gestiegen sind als der Gleichgewichts-Wechselkurs.
Die folgende Grafik zeigt die Veränderung der Gleichgewichtskurse seit dem Jahr 2000. In Deutschland und in den Niederlanden hat sich der grösste Zuwachs ergeben.

Nun kann man lange darüber streiten, ob das neue Datenpaket besser oder schlechter ist als die bisherigen. Die Messung der realen Wechselkurse ist notorisch schwierig.
Aber die Ergebnisse bestätigen, was aufmerksame Beobachter immer wieder betonen, nämlich: Die grossen Differenzen innerhalb des Euroraums werden nicht einfach so verschwinden, der Euro ist nach wie vor in Schieflage. Und wenn keine Ausgleichsmechanismen implementiert werden, wird ein Teil des Kontinents immer mehr abgehängt, Südeuropa wird zum neuen Mezzogiorno.
14 Kommentare zu «Noch ist Südeuropa nicht gerettet»
Innerhalb einer Währungsunion ist die Darstellung des realen Wechselkurses einfach (Formel ansonsten: Preisniveau Land X in Landeswährung durch Preisniveau Land Y mal nomineller Wechselkurs in Mengennotierung). Haben Land X und Land Y dasselbe Preisniveau resultiert der Faktor 1, was gleichbedeutend mit KKP ist. Ist Land X billiger und der Faktor damit unter 1 hat man eine reale Abwertung von Land X resp eine reale Aufwertung von Land Y; dies wiederum führt zwingend zum Handelsdefizit von Land Y innerhalb Eurozone resp generellem Handelsungleichgewicht, welches wiederum ohne Transferausgleichsmechanismen zur politischen Dauerkrise führt.
Will man aber keine Transferunion dann ist das am einfachsten indem man die nationalen Notenbanken verbietet (und natürlich auch keinen NFA gewährt) und damit den strukturschwachen Ländern die Finanzierungsgrundlage entzieht und sie damit zu Strukturanpassungen zwingt oder zu drastischer Reduktion des Lebensstandards (interne Abwertung). Dasselbe müsste die CH mit seinen notorischen Parasiten BE und VS machen.
Unsere inkompetenten Bürgerlichen schwafeln dann aber in ihrem Delirium lieber irgendetwas von Steuerwettbewerb, bei dem sie den Wettbewerbssieger zum vornherein festlegen bevor das Rennen überhaupt begonnen hat.
„Dasselbe müsste die CH mit seinen notorischen Parasiten BE und VS machen.“
Ganz einfach: Hinterland- und Bergregionen entvölkern. Entweder durch abstellen von Landwirtschafts- und Tourismus-Subventionen (auch eine Art Transferausgleich) oder einfach warten, bis der schwindende Permafrost das Oberland in eine Schlamm- und Geröllwüste verwandelt hat. Die flüchtige Bevölkerung kann in die Inner- und Ostschweiz umsiedeln, da wählen ja auch alle schon SVP, passt doch bestens. Den Städten Bern, Biel, Thun etc. kann’s bloss recht sein, endlich diese agressiv-regressiven Ultrahillbillies los zu sein.
😉
Bingo!
Sie befürworten also Personenfreizügigkeit und Massenmigration von Wirtschaftsflüchtlingen.
Tsk tsk, Herr Marti.
Selbstverständlich, ist ja innerhalb der EU gewährleistet und gemäss BV auch innerhalb der CH und auch innerhalb der USA, aber Sie meinen wohl mehr Ihre ersehnte PFZ auf der ganzen Welt.
Wenn Mailand und Turin zum mezzogiorno werden, wegen zu starker Währung, wird dann Dunkeldeutschland zum neuen deutschen Wiirtschaftsmotor, wegen zu tiefer Währung: Die können da gar nicht anders als boomen und exportioeren wie blöd, denn es Sachsen und Meckpom ist doch in Deutschland und da ist Boom wegen zu tiefer Währung. In Italien aber ist Krise, wegen zu hoher Währung, und darum werden Mailand und Turin wie Taranto und Lecce.
Jetzt haben die sich aus der „Schuldenfalle“ gerettet, trotz des „doppelten Trillemmas“ aber sind noch immer nicht gerettet!
Solange Italien und Spanien nicht Deutschland und Holland als Exportcheffes ablöst, sind die verloren, tun sie es, ist Deutschland verloren: Darum muss der Euro untergehen, wir müssen nur lange genug warten.
Es gibt Oekonomen (vor allem schweizerische und ein paar Angelsachsen), die haben ihr bisheriges und werden ihr gesamtes Erwerbsleben damit verbringen, den Untergang des Euro herbei zu schreiben. Fast so sicher wie immer gestorben wird, geht der Euro immer unter, erst recht in Krisen, also die super super krisensichere Nische.
Weltuntergangsprognosen werden nur solange „konsumiert“, „gekauft“, wie sie nicht wahr wurden. Sobald sie wahr sind, interessiert sich keine Sau mehr dafür, also die Propheten leben nur und genau dann gut, wenn sie unrecht haben.
den Untergang des Euros braucht man nicht herbeizuschreiben, der ist längst Tatsache, und nur Dank dem Bilanzschwindel bei Banken und Staaten haben es einige Unterbelichteten noch nicht verstanden..
vor den Wahlen braucht man die Statistiken nicht so ernst nehmen, auch sonst wird umgebogen was das Zeug hält. Schöner Beispiel Spanien, angeblich ist die Arbeitslosenquote dort von cca. 23 auf etwa 17% gesunken. Man vergisst aber zu sagen warum, um die 800000 menschen sind entweder emigriert oder in die Pension gegangen.
Svoboda: Sie sind einfach ein manipulativer Schwätzer! Ihre Kommentare muss man auch nicht wirklich ernst nehmen!
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Die Employed Persons in Spanien haben seit dem Tief 2013 mit rund 16.6 Mio auf aktuell 18.8 Mio zugelegt.
https://tradingeconomics.com/spain/employed-persons
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Dass gewisse emigriert sind oder überproportional viele (im Verhältnis zu Berufseinsteigern) ins Rentenalter kamen will ich ja nicht mal bestreiten, aber wenn Sie dies in Ihrer üblichen alternativen Faktenweise darstellen wollen, dass es nur daran gelegen habe, dann sind Sie ein so unseriöser ökonomischer Beobachter wie ich Sie eben schon seit längerem einschätze!
Mit selektiven Daten Meinungen dahermanipulieren – aber das kennt man ja aus Ihren Kreisen zur Genüge!
@schweizer
Ihnen kann man offensichtlich jeden Seich aufschwatzen, von der Realoekonomie haben Sie keine Auhnung. Von den neuen „Jobs“ in Spanien halten fast ein Drittel nur eine Woche, über 40% sind auf weiger als ein Monat befristet und der Rest ist auf höchstens 2 Jahre befristet weil man nach spanischem Recht dann einen unbefristetn Vertrag unterschreiben müsste. Spanien hat selbstverständlich von der Situation in der Türkei profitiert, wer aber von einer substanziellen Verbesserung der Wirtschaft sprechen will und die Statistiken glaubt, sollte sich untersuchen lassen. Ditto Eurozone und USA.
Wovor soll man denn die Südeuropäer retten? Und wer versucht hier einen ach so selbstlosen Rettungsversuch? Seit 5 Jahren wird massivst zu Gunsten der südeuropäischen Länder manipuliert und Italien wächst 0.4%??? Da wird sich Draghi auf die Schulter klopfen und sagen: „es hat sich gelohnt, wir waren erfolgreich“. Die Börse hat in dieser Zeit 60% zugelegt und die Wirtschaft wächst 0.4%. Scheint verhältnismässig zu sein und vor allem sehr nachhaltig, denn es wird keine Krisen mehr geben. Das hat uns Yellen ja schon versprochen.