Eine Frage des Vertrauens

Nur wer dem Gegenüber vertraut, tätigt gerne gemeinsame Geschäfte. Das gilt für Einzelpersonen – und erst recht für Firmen. Foto: iStock

Viele bleibende Folgen wurden im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Finanzkrise vor 10 Jahren in den letzten Tagen genannt: Die hohe private und staatliche Verschuldung zum Beispiel, die extrem tiefen Zinsen oder die aufgeblasenen Notenbankbilanzen. Eine der wichtigsten Folgen fand dabei aber selten explizit Erwähnung: der enorme Vertrauensverlust in die politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Institutionen und in die hergebrachten ökonomischen Überzeugungen, den die Krise zurückgelassen hat.

Verschiedene Untersuchungen wie jüngst ein Bericht der OECD bestätigen diesen Befund. Der Vertrauensverlust hat wesentlichen Anteil am Vormarsch der Populisten und hat vor allem auch zur Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten beigetragen. Wie der britische «Economist» anhand mehrerer Indikatoren aufgezeigt hat, zerfällt vor allem in den USA das Vertrauen in die gesellschaftlichen Institutionen wie auch in Unternehmen stark. Eine Folge davon sind stark steigende Kosten für Rechtsfälle.

Vertrauen setzt zwei Sachen voraus

In der verkürzten Sicht auf eine Marktwirtschaft, wie sie vor der Krise weit verbreitet war, reicht der Koordinationsmechanismus der Preise auf Märkten aus, um die Dinge zu regeln und für Stabilität zu sorgen – egal ob es sich nun um Güter-, Faktor- oder Finanzmärkte handelt. Vertrauen hatte in dieser Sicht ein geringes Gewicht.

Tatsächlich aber braucht es Vertrauen für das Funktionieren nicht nur der ökonomischen, sondern der meisten gesellschaftlichen Mechanismen. Dies umso mehr, je komplexer diese Mechanismen sind und je weniger sie sich im Detail regeln, beobachten und beurteilen lassen. Weder Preis- noch Lohnanreize, noch Bestrafungen oder Belohnungen können in diesen Fällen ein erwünschtes Verhalten in einer Unternehmung oder in einer Gesellschaft zuwege bringen.

Vertrauen ruht auf zwei Pfeilern, wie die OECD in der erwähnten Studie schreibt: Kompetenz und Fairness. Wenn man jemanden, ein Unternehmen oder eine staatliche Stelle nicht für kompetent oder fair hält, dann vertraut man ihm oder ihr auch nicht.

Die Rolle der Fairness

Die Bedeutung der Wahrnehmung von Fairness geht besonders weit. Fair handeln bedeutet, dass man nicht betrügt oder hintergeht, wenn sich Gelegenheiten dazu ergeben. Grössere und kleinere solche Gelegenheiten gibt es schon im Alltag andauernd: im Job und in der Gesellschaft generell. Wo die totale Kontrolle unmöglich ist – wie in den meisten Fällen – kommt ohne Vertrauen keine fruchtbarer Austausch zwischen Menschen zustande. Das schränkt das Funktionieren von Märkten, Unternehmen und Gesellschaften stark ein und sorgt für hohe Kontrollkosten. Das macht alle ärmer und das Umfeld gefährlicher.

Die Finanzkrise – und ihr Umgang damit – hat für viele Fairnessvorstellungen verletzt. Die vielerorts deutlich gewachsene Ungleichheit ist deshalb so gefährlich. Erst recht, weil das zu lange nicht als gesellschaftliches und ökonomisches Problem erkannt wurde.

57 Kommentare zu «Eine Frage des Vertrauens»

  • ThomasP sagt:

    Da grosse Organisationen mit grosser Macht immer Korruption auslösen – der Mensch neigt zur Gier – sind möglichst dezentrale, konkurrierende und transparente Systeme vorzuziehen, wenn immer nur möglich. Es gibt sogar solche Systeme, die das Vertrauen nicht brauchen sondern quasi beinhalten (Bitcoin etc) Warum auch die übliche indirekte Demokratie das Vertrauen kaum verdient, auch das kann man hier nachlesen:
    https://www.opendemocracy.net/digitaliberties/nozomi-hayase/bitcoin-innovation-of-money-and-evolution-of-governance

    Ich denke, dass Bitcoin-ähnliche Systeme in der Zukunft einen Fluchtweg von der Machtgier der Politiker, Staaten und Zentralbanken bieten werden.

    • Linus Josef Anton Huber sagt:

      @ Thomas

      Sie liegen weitgehend richtig. Folgende Massnahmen helfen, der Korrumpierung des Systems entgegen zu wirken:

      1. Weiterer Ausbau der Demokratie (ein Mehr an Einflussmöglichkeiten der Bevölkerung auf spezifische Angelegenheiten)
      2. Klare Begrenzung der Macht der Regierungen und seinen Institutionen.
      3. Verlagerung von Entscheidungen auf eine tiefere hierarchische Ebene, wo die Kontrolle und Einflussmöglichkeit, da näher beim Bürger, höher sein dürfte.
      4. Lockerung von Immunität, indem jene, welche Verantwortung tragen bei Fehlentscheidungen auch mit in der Form von persönlicher Bestrafung zu antworten haben. Immunität und wirkliche Verantwortung schliessen sich gegenseitig aus.

      • Anh Toàn sagt:

        Ihr 2 habt es begriffen: Genau so muss man es machen, ein vier Punkte Plan und Blockchain und dann wird alles gut.

      • Anh Toàn sagt:

        „Fehlentscheidungen“

        Wer beurteilt, ob eine Entscheidung fehl war?

        Der seppetoni Huber?
        Richter?
        Eine Zusammenrottung?

        Wenn ich den Verlust tragen soll, will ich auch den Gewinn haben. Wenn Politiker haften für Fehlentscheidungen, das sind ja (z.B. Bundesräte und Zentralbanker) Arbeitnehmer, sollen alle Arbeitnehmer dem Kapital haften für Fehlentscheidungen: Bedient der Verkäufer den kaufwilligen Kunden nicht unterwürfig genug, haftet er dem Arbeitgeber für den Verlust. Und kommt mein Kind nicht ins Gymi, haften die Lehrer für deren Fehlentscheidungen

        Geile Ideen haben Sie, echt, lassen Sie sich einen Orden geben.

        • Anh Toàn sagt:

          Wenn Sie die Politiker beim Richter auf Fehlentscheid verklagen, und der sagt, die hätten gar nicht fehl entschieden, haftet der Richter dann für seinen Fehlentscheid ? Verklagen Sie dann die Justiz? Oder soll sich die Justiz von Amtes wegen selber verklagen?

          Diese Fragen beantworten Sie nicht, schreiben einfach weiterhin, Immunität ist doof und wer fehl entscheidet soll haften. Und das Volk ist schlau und gut: Wie man aus Ihren Kommentaren lesen kann, ist es dies zumindest in Teilen nicht:

          Sie verlangen absurdes undurchdachtes Zeugs, ich sag Ihnen mal was zu Risiko und Gewinn Prinzip: Wer Gewinn hat trägt das Risiko (für Fehlentscheidungen) auch wenn er jemand mit den Entscheidungen beauftragt, ausser dieser handelte pflichtwidrig unvorsichtig oder gar vorsätzlich.

          • Anh Toàn sagt:

            Es gibt keine Haftung für Fehlentscheidungen, es gibt nur Haftung für fehlerhaft getroffene Entscheide.

            Ich denke, meine Fähigkeiten sind ungenügend, um Dir den Unterschied zu erklären.

          • Anh Toàn sagt:

            Sie sehen Politiker als Diener und Erfüllungsgehilfen des souveränen und schlauen Volkes:

            Die sollen für uns knechten, vorzugsweise gratis oder von dritter Seite gesponsert, und wenn sie falsch knechten, auch noch zahlen dafür, dass sie knechten für uns.

            Ich biete Ihnen einen Job auf dieser Basis: Sie können mein ermögen verwalten, gibts Gewinn, bekommen Sie Prozentchen, gibt es Verlust, zahlen Sie 100 Prozent, weil Ihre Fehlentscheidungen:

            Unter welchen Voraussetzungen würden Sie den Job dennoch wollen: Nicht weil Sie glauben, nie Verluste einzufahren, sondern einzig wenn Sie glauben, dank ihrer Postion als Verwalter mein Vermögen klauen zu können.

            „Haftung für Fehlentscheide“
            Meine Fresse – Denk mal nach!

      • Anh Toàn sagt:

        Haften für Fehlentscheidungen gibt es in keiner aufgeklärten Rechtsordnung: Da gibt es Haftung für vorsätzlich und durch pflichtwidrige Unvorsichtigkeit herbei geführten Schaden.

        Sie möchten irgendwo Schreiben: Wer fehl entscheidet haftet, aber nur, wenn er so bescheuert ist, dies als Politiker oder Zentralbanker oder gewöhnlicher Banker zu tun. Andere nicht. (Oder möchten Sie den Pleitier mit seiner Familie in die Sklaverei verkaufen, damit er für seine Fehlentscheidungen haftet)

        • Anh Toàn sagt:

          Ihnen ist einfach so leer und fad, dass Sie mehr an Bäumen hängen sehen wollen, ob Patrioten oder Tyrannen, Hauptsache es gibt Unterhaltung:

          The Clash: „Magnificient 7“:

          „What have we got for entertainement?
          Cops kicking gipsies on the pavement!“

      • Linus Josef Anton Huber sagt:

        Taleb Nassim spricht das Problem Immunität-Verantwortung unter dem Aspekt „no skin in the game“ an und analysiert es vertieft.

      • ThomasP sagt:

        Voll einverstanden!

    • Anh Toàn sagt:

      „…sind möglichst dezentrale, konkurrierende und transparente Systeme vorzuziehen, wenn immer nur möglich“

      Nun die dezentralen, konkurrierenden Systeme haben sich die letzten 200 Jahre gegenseitig die Köpfe eingehauen, wir haben ein 100faches Overkill Potentential, da scheint es reichlich absurd zu klauben, diese dezentralen, konkurrierenden Systeme seien auf Dauer möglich: Jedes dieser Systeme muss strategisch die Weltherrschaft anstreben, solange dies nicht geht, taktisch mit Bündnissen verhindern, dass ein Anderes dieser Systeme dies vor ihm erreicht: Konkurrenz endet mit „the winner takes it all“ um nie Verlierer zu sein, muss jeder versuchen, der Gewinner zu sein:

      Es ist nicht möglich, dass ohne Autorität dauerhaft Konkurrenz ist.

      • Anh Toàn sagt:

        Konkurrenten laufend nicht zusammen, im Sinne der wörtlichen Bedeutung, sie laufen gegeneinander, um den Gewinner zu ermitteln. Ist dies geschehen, ist Ende der Konkurrenz.

        Konkurrenz ist auf dauer nicht möglich, ausser es wird verhindert, dass einer gewinnt oder wenn einer gewonnen hat, wird ihm wieder alles weggenommen und neu verteilt und neu begonnen.

        Konkurrenz ist alleine nicht dauerhaft möglich.

        • Anh Toàn sagt:

          „America 1st“, „la France d’abord“, „Deutschland über Alles“ drücken alle das Rennen gegeneinander der dezentralen Systeme darum aus, wer erster, zuoberst, zuvorderst ist.

          Ist doch so geil, heil!

    • J. Kuehni sagt:

      @ThomasP „Da grosse Organisationen mit grosser Macht immer Korruption auslösen – der Mensch neigt zur Gier – sind möglichst dezentrale, konkurrierende und transparente Systeme vorzuziehen …“

      Historisch und systematisch gesehen eine falsche Dichotomie. Natürlich sind grosse Organisationen weder zwingend korrupt, noch sind kleine Systeme zwingend transparent, egal ob konkurrierend oder nicht; Ebenso ist der Machtmissbrauch nicht nur in grossen und kleinen, sondern in jeder denkbaren, menschlichen Organisationsform inhärent möglich. Nicht einmal der Grad er Schädlichkeit des Machtmissbrauchs lässt sich aus der relativen Grösse einer Entität vorhersagen.

      • J. Kuehni sagt:

        War das römische Reich (als Republik oder als Kaesarreich) „korrupter“ als der mittelalterliche Feudalismus oder die italienischen Stadtstaaten unter den Visconti, Sforza, Medici et al? Unter welchem Regime war die Chance auf ein friedliches Leben für Durchschnittsbürger grösser? Unter der Pax Romana, oder beim permanenten „Konkurrenzkampf“ zwischen Mailand, Venedig und Florenz (samt Einmischung von helvetischen Söldnerheeren und französischen Königen)? Wie sieht der Vergleich der USA mit der Balkanregion aus? etc. usw.

        • J. Kuehni sagt:

          „Bitcoin“

          Spekulationsblase? Den letzten beissen die Hunde?

          Wie auch immer, zwischenzeitlich ist vielleicht merkwürdig, dass die selbsternannten Kämpfer wider staatlicher Korruption hinsichtlich der äusserst „wertvollen“ Dienste, welche Kryptowährungen dem organisierten Verbrechen allenthalben leisten, regelmässig beide Augen zudrücken.

          • Linus Josef Anton Huber sagt:

            Ich betrachte „Bitcoin“ ebenfalls als mögliche Spekulationsblase, also kein Widerspruch in dieser Beziehung.

            Dass Sie allerdings die offizielle Version (Verbrechensbekämpfung), welche u.a. die Abschaffung von Bargeld begründen soll, derart gerne verwenden, lässt eine gute Konditionierung Ihrer Person vermuten.

          • J. Kuehni sagt:

            Wo plädiere ich in diesem Forum für die Abschaffung von Bargeld?

            Skepsis gegenüber Kryptowährungen (als Universalwundermitteli gegen alles Übel der Welt) und deren Nachteile = Abschaffungsbefürworter von Bargeld? Des Hubers Logik lässt vermuten, dass sein Gehirn mit allen möglichen Wassern gewaschen worden ist.

          • Linus Josef Anton Huber sagt:

            Ich sage nicht, dass Sie fuer die Abschaffung von Bargeld plädieren, sondern dass Sie das fragwürdige Argument, welches in jener Begründung verwendet wird, offensichtlich gerne verwenden.

      • Linus Josef Anton Huber sagt:

        „Natürlich sind grosse Organisationen weder zwingend korrupt, noch sind kleine Systeme zwingend transparent, egal ob konkurrierend oder nicht.“

        Sie bemühen das Wort „zwingend“ als ob daraus nun ein gültiger Gegenbeweis entstehen würde, was keinesfalls zutrifft. Natürlich ist in menschlichen Beziehungen alles relativ und es handelt sich um die Frage der Wahrscheinlichkeit.

        Der Grad der Schädlichkeit (resp. des Schadens) hängt sehr wohl mit Macht des Entscheidungsträgers und somit der Grösse der betroffenen Entität zusammen.

  • Taric Trent sagt:

    Vertrauen ist gut für die Wirtschaft, gut für die Ungleichheit, gut für das Geld.

    • Linus Josef Anton Huber sagt:

      Nun Taric, es ist nicht nur gut, sondern eine Bedingung für das gute Funktionieren einer Gesellschaft.

      • Taric Trent sagt:

        Halleluja und Amen Linus, möge dich der Bundesrat beschützen und der Franken nähren. Vertrauen nämlich ist die Krönung des Glaubens.

        • Linus Josef Anton Huber sagt:

          Ja Taric, in der gegenwärtigen Phase des zunehmenden Misstrauens sollte man sich vielleicht mit den Gründen dieser Entwicklung befassen, respektive mit welchen Massnahmen man neu Vertrauen in die Seele der Gesellschaft einhauchen kann. Dies dürfte schwerlich mit dem gewohnten modus operandi erreicht werden.

          • Taric Trent sagt:

            Vertrauen in die Götter wurde früher mit dem Opfern von Vieh und Jungfrauen demonstriert. Vielleicht sollte man dem Markt ein paar Banken und Airlines opfern um das Vertrauen der unsichtbaren Hand zurückzugewinnen? Würde dir das gefallen?

          • Linus Josef Anton Huber sagt:

            Oh, Sie wollen Göttern vertrauen; ich bin schon zufrieden, wenn ich den demokratisch gewählten Vertretern des Volkes vertrauen kann.

  • Jens sagt:

    Enttäuschtes Vertrauen ist nichts weiter als enttäuschte Erwartungen. Nur: das ist ein Wesensmerkmal einer kompetetiven Marktwirtschaft. Es sei denn, man machts wie die Briten ,wo damals Heizer auf Eloks mitfuhren..

    • Linus Josef Anton Huber sagt:

      Jens, nein es ist nicht ein Wesensmerkmal einer Marktwirtschaft, sondern ein Wesensmerkmal von Vetternwirtschaft und „moral hazard“, indem je nach Status andere Gesetze gelten.

  • Maiko Laugun sagt:

    „Vertrauen“ ist gut, Kontrolle besser.
    „Fairness“: Spätestens ab Jugendalter sollte einem Kind beigebracht werden, dass genau dies nicht funktioniert.

    • Peter Dietiker sagt:

      Man kann mindestens ebenso gut sagen: Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser. Wahrscheinlich geht es ohne beides nicht.
      Sie schreiben, dass Fairness nicht funktioniert. Dann funktioniert es also nicht, wenn Sie fair behandelt werden?

      • Maiko Laugun sagt:

        @Peter Dietiker: Ich stimme Ihnen in beiden Punkten zu. Anstatt „Fairness“ hätte ich besser den Begriff Ehrlichkeit verwendet und zusätzlich geschrieben, dass es sich dabei um eine Erwartungshaltung handelt.

  • Monique Schweizer sagt:

    Ich vertraue drauf, dass die weltweiten Zentralbanken auch weiterhin ein grosses Kreativitätspotential besitzen.
    Aktueller Stand global rund 25 Bio $ Assets (ca 33% Welt-BIP), davon dürften 4 bis max 8% wirkliche Nonperforming Loans sein. Die könnte man im Notfall dereinst in eine Bad Bank auslagern und im Gegenzug könnten die Zentralbanken auch auf den Kryptowährungshype aufspringen und mit einer fetten Seignorage die Verluste aus den Bad Zentralbanken locker tilgen!
    Die aktuelle Broad Geldmenge liegt bei 116.4% Welt-BIP (2015 noch 121.2%). Logisch ist diese Geldmengenausdehnung vor allem den Freunden der Zinsknechtschaft ein Dorn im Auge. Was genau die optimale Geldmenge ist, da gehen die Meinungen auseinander – nur die grosse Inflationswelle ist bislang ausgeblieben!

    • Monique Schweizer sagt:

      Dass die Jungs und Mädels der Zentralbanken beim alljährlichen Meeting in Jackson Hole diese Woche kreativ sein müssen, zeigt diese doch ganz gute Analyse von Henrik Müller: „Es klemmt im Kapitalismus“

      http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/notenbanker-in-jackson-hole-es-klemmt-im-kapitalismus-muellers-memo-a-1163647.html

      So wie EZB, FED, BOJ bis hin zur SNB ab 2008 doch sehr viel Kreativität an den Tag gelegt haben, habe ich immer noch das Gefühl, da ist das Kreatitvitätspotential noch längst nicht ausgeschöpft, auch wenn konservative Zeitgenossen das Vertrauen in die Zentralbanken andauernd untergraben wollen.

      • Linus Josef Anton Huber sagt:

        Ich tippe auf Punkt 4:

        Viertens, wir stehen am Ende einer Reihe von Schuldenexzessen. Über Jahrzehnte haben freigiebige Notenbanken und ein lax regulierter Finanzsektor immer mehr Kredite vergeben. Selbst nach der Finanzkrise sind die Schulden weltweit immer noch weiter gestiegen, wie die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich kalkuliert. Diese Verbindlichkeiten lasten nun auf Staaten, Unternehmen und Privatbürgern, schränken die Investitionsmöglichkeiten ein – und machen die Wirtschaft anfällig für weitere, womöglich noch schwerere Finanzkrisen. Entsprechend sollten die Notenbanken vorsichtig den Fuß vom Gas nehmen. Mittelfristig sollte ein Ausstieg aus der Schuldenwirtschaft auf dem Programm stehen.

        • Anh Toàn sagt:

          „Mittelfristig sollte ein Ausstieg aus der Schuldenwirtschaft auf dem Programm stehen.“

          Sie wollen den Kapitalismus überwinden?

          • Linus Josef Anton Huber sagt:

            Nein, ich betrachte Kapitalismus nicht als eine Ponzi-Scheme, in welcher Abschreibungen nicht erlaubt sind.

  • Monique Schweizer sagt:

    Zwischen 2000 bis 2007 haben Mio von Menschen auf einen relativ leistungsfreien Vermögenszuwachs dank Wertsteigerungen auf Immobilien sowohl in USA als auch Spanien, Irland etc. vertraut. Dem üblichen Hype halt der einer Blase vorausgeht und in dem Menschen eher realitätsfremden Entwicklungen vertrauen angeheizt durch die masslose Kreditvergabe und Tricksereien der Banken.
    In letzter Konsequenz hätte man damals 2008 eigentlich das ganze Finanzsystem hoppsgehen lassen. Nur haben Regierungen und Zentralbanken das System „gerettet“, aber das Vertrauen in diese ist verloren gegangen. Nur war das Vertrauen vorher gar kein echtes Vertrauen, sondern nur eine Fata Morgana.
    Und jetzt „vertraut“ eine Wahlmehrheit in USA Leuten wie Trump – wiederum eine Fata Morgana!

    • Linus Josef Anton Huber sagt:

      Nun Monique, es gab noch eine dritte Möglichkeit in 2008, welche darin bestanden hätte, dass man betrügerisches Verhalten bestraft und die Banken kurzfristig verstaatlicht und neu organisiert hätte. Da im Kern jedoch die Zentralbanken mit ihrer Geldpolitik ursprünglich die „financialization“ und die diese begleitenden Blasenbildungen verantworten, wären sie korrekterweise mit auf der Anklagebank gelandet.

  • Peter Dietiker sagt:

    Vertrauen ist sicher eines der wichtigsten Schmiermittel für eine Volkswirtschaft. Beauftrage ich einen Architekten, dem ich nicht vertraue? Bringe ich mein Geld auf eine Bank, der ich nicht traue? Esse ich in einem Restaurant, dem ich nicht traue? Kaum. Ich kann und will nicht jedes Mal die Sauberkeit der Küche, die Hände der Köche usw kontrollieren. Natürlich darf man nicht naiv sein. Natürlich soll man kritisch sein und die Verkaufsargumente hinterfragen. Doch Kontrollen sind auch nicht gratis. Und auch zu viele Kontrollen schädigen das Vertrauen. Ich denke, dass ohne Vertrauen, Fairness, eine gewisse Rücksichtnahme, Verantwortungsbewusstsein und eine offene Kommunikation nachhaltige Geschäftsbeziehungen sehr schwierig bis unmöglich aufzubauen und zu erhalten sind.

  • Anh Toàn sagt:

    Also das Volk traut Autokraten (weder Trump noch sonstwer haben je versteckt, im Gegenteil sich gebrüstet damit, elementare demokratische Institutionen wir Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und Menschenrechte zu schleifen) weil es den demokratischen Organen nicht traut.

    Dann ist das Volk doof wie Konvertiten: Der Konvertit erkennt, dass ihm seine Pfaffen Lügen erzählten, um die Lügen anderer Pfaffen zu glauben.

    Nee, das Volk ist schlicht rassistisch, Nationalstolz ist die Basis für Rassismus. Und zwar in jeder Nation erzählt seinem Volk, man sei die beste Nation. Das ist nur die Wurzel, aber die hässlichen Emotionen schlummern nur solange unter der Oberfläche, bis diese politisch korrekt werden. Wäre das Volk nicht national, wäre es nicht.

    • Anh Toàn sagt:

      Solange Patriotismus von den meisten als etwas Positives betrachtet wird, ist die hässliche Fratze des Rassismus, des Faschismus immer darunter verborgen und leicht hervor zu bringen.

      Ich mag meine Heimat, die Städte, die Architektur die Landschaften, auch wenn die Winter zu lang und die Sommer zu kurz sind. Ich würde die gleichen Stellen als Teil einer anderen Nation (z.B. Deutschland bei Basel oder Frankreich in der Romandie) nicht weniger mögen.

      Noch etwas stört mich am Beitrag: Das Volk hat also das Vertrauen verloren. Und dann kann es nichts dazu, wenn es Clowns wie Trump wählt?

      Aber das Volk schwafelt von Verantwortlichkeit, nur selber ist es nicht verantwortlich, die Anderen, die Eliten, die Oben sind schuld, dass es die falschen wählt.

    • Anh Toàn sagt:

      Keiner „im Volk“ glaubt, so doof sind auch die einfachen Gemüter nicht, dass Trump, Le Pen oder Farage, einer der ihren sei. Sie freuen sich, dass diese ihnen sagen, sie seien toll und gut, die besten, weil sie Amerikaner oder Franzosen sind. Und dafür, dass sie Verlierer sind, können sie gar nichts, daran sind die Chinesen, die Moslems, die Linken oder sonstwer schuld: Der Wert des Amis als Ami, der Wert des Franzosen als Franzose, ensteht aus dem Minderwert des Chinesen. Trump und Co geben den Leuten Stolz, Selbstwert, der nicht an anderen Angehörigen der gleichen Nation gemessen werden muss, sondern an minderwertigen Gruppen.

      Nazis haben Trump gewählt, nicht nur, aber ohne wäre er ncht gewählt worden, und er wollte dies.

    • Anh Toàn sagt:

      „America 1st“ hat er direkt von den US Nazis.

      Ach nein, das sind keine Nazis, die marschieren nur rum wie Nazis, reden wie Nazis, tun wie Nazis, hassen Juden und alles was nicht weiss ist, aber das wird man wohl noch dürfen, ohne sich gleich einen Nazi nennen lassen zu müssen)

  • Marcel Senn sagt:

    Was hat die Welt dann in überhaupt in die Bankenkrise geführt?
    Ein Uebermass an Vertrauen gekoppelt mit Gier! Totlangweilige deutsche Landesbanker wollten auch am grossen Spiel ennet em Teich an der Wall-Street teilhaben und haben vertrauensselig für unzählige Milliarden den verbrieften Hypothekenrasch gekauft, der am Ende drauf basierte, dass jeder mexikansische Hilfsarbeiter auch noch eine grandiose Tellerwäscherkarriere machen würde.
    .
    In Europa hat man drauf vertraut, dass das mit dem v.a. von Mitterand durchgeboxte € schon gut kommen würde, Zins- und Produktivitätsunterschiede neglierend!
    .
    Die heutige Situation – 10 years after – ist eben genau entstanden, weil zw. 2000-2007 ein Uebermass an Vertrauen & Hype vorhanden war und kritische Stimmen überhört wurden!

  • Stefan W. sagt:

    Ein wahres Wort!
    Insbesondere zerfiel auch das Vertrauen in die Kraft der staatlichen Institutionen, der Finanzindustrie die Stirn zu bieten. Nur deshalb gewinnen Politiker an Einfluss, die sich brüsten, nicht dem „Establishment“ anzugehören.

    • Frank Lauer sagt:

      Nicht nur wurde der Finanzindustrie nicht die Stirn geboten, sondern es wurde im Gegenteil alles getan, um die Finanzindustrie auf Kosten der Steuerzahler vor den Folgen ihres Handelns zu schützen. Einzelne Ausnahmen wie Island machen den Bock leider nicht fett. Oder eben nur für die Isländer.

      • Marcel Senn sagt:

        Lauer: Auch Argentinien hat sich jahrelang gewehrt gegen die Geierfonds, die damals 2002 arg. Anleihen für ein Butterbrot von 5-10% gekauft haben und schon mit der Offerte von 2005 mit 30% zw. 300-600% Gewinn gemacht hätten, aber nein die 8% Holdoutgläubiger wollten tw bis zu 2000%+ Gesamtrendite machen und haben Arg. verklagt bis zum geht nicht mehr!
        .
        Der neoliberale Macri hat dann 15 Mrd US$ zu 8% aufgenommen, damit er die Geier befriedigen kann und sich Argentinien (bis 2015 eines der am wenigsten verschuldeten Länder der Welt infolge Kapitalaufnahmesperre) wieder kräftig neu verschulden kann und irgendwann auf den nächsten Staatsbankrott zusteuern kann!
        Und alle – von Leuthard bis Pence meinen, dass Argentinien jetzt wieder auf dem „richtigen Weg“ sei….

    • Linus Huber sagt:

      @ Stefan

      Ich bin gleicher Meinung. Die Institutionalisierung von „moral hazard“ (Umverteilung von Risiken auf die Allgemeinheit) wurde über Jahrzehnte in der Form der „financialization“ und den damit verbundenen überhöhten Wachstumsraten des Finanzsektors ausgebaut und führte zur Problematik in 2007/08. Die Straffreiheit für die entsprechenden Entscheidungsträger im Krisenfall ist der Punkt auf dem „i“.

  • Walter Olbrecht sagt:

    Es wäre reizvoll, wenn sich ein Journalist der Aufgabe widmen könnte, eine ungefähre Übersicht des „materiellen“ Fortschritts unserer Lebensweise seit, sagen wir, 2000 dem sozialen und ökologischen Rückschritt gegenüberzustellen, der im Rahmen unserer privatkapitalistisch organisierten Marktwirtschaften erreicht wurde. (weltweite Zunahme der Ungleichheit zwischen Individuen und Nationen, starke Reduktion der Aufstiegschancen, Vertrauensverlust in die ökonomischen und politischen Institutionen, Zunahme politischer Konflikte, zunehme Kontrolle von Medien durch Hyperreiche und etc. etc.; Bedrohung durch weltweit organisierten Terror, etc etc.

  • Guido Biland sagt:

    Sehr erfreulich, dieser Beitrag. In der Ökonomie geht leider viel zu oft vergessen, dass den meisten Menschen Sicherheit und Verlässlichkeit wichtiger sind als das BIP-Wachstum. Eine Ökonomie ohne Vertrauen ist eine Ökonomie ohne Menschen.

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