Der Austeritäts-Mythos

Sparnahmen sind nötig, aber zum richtigen Zeitpunkt und im richtigen Mass: Ausgehungertes Sparschwein.
Die hohe Staatsverschuldung der USA und in einigen Ländern Europas gilt als Grund für die sich weltweit wieder verschärfende Krise. Logische Folge: Sofortige drastische Sparmassnahmen verbessern die Lage und führen überall zu einem Aufschwung.
Grundfalsch!
Der Reihe nach: Das Lehrbuch-Argument gegen höhere Staatsausgaben lautet verkürzt folgendermassen: Wenn schon Konjunkturpolitik in einer Rezession, dann Geldpolitik. Sie kann über die Leitzinsen das allgemeine Zinsniveau senken, was zu mehr Investitionen und einer schwächeren Währung führt – und damit auch zu einem Anstieg der Exporte. Ein höheres Budgetdefizit dagegen führt zu einem höheren Zinsniveau (weil der Staatbedarf die vorhandenen Ersparnisse verknappt). Das drückt auf die Investitionen. Weil deshalb auch der Wert der eigenen Währung zulegt, leiden dann auch die Exporte und die Importe legen zu. Das heisst, zumindest ein Teil der durch den Staat zusätzlich geschaffenen Nachfrage verpufft wieder. Doch dieses Argument zieht für die USA und die gefährdeten Euroländer nicht. Denn entweder ist ihre Geldpolitik (im Fall der USA) ausgeschossen oder sie haben gar keine zur Verfügung (im Fall von betroffenen Euroländern).
Zu den USA. Wir erinnern uns, das Land befindet sich in einer Liquiditätsfalle. Das heisst, die Zinsen sind selbst bei Null noch zu hoch, um Ersparnisse und Investitionen in Übereinstimmung zu bringen. Anders gesagt: Geld wird im Übermass gehortet und angesichts äusserst unsicherer Konjunkturaussichten investieren auch die Unternehmen äusserst zurückhaltend (Hier mit einer Grafik von Paul Krugman).
Schreibt der Staat in einer solchen Situation Defizite, steigen die Zinsen nicht und keine privaten Investoren werden verdrängt. Hier die Bruttoverschuldungsquote (in Prozent des BIP) der USA seit 2000:

Hier die Zinsentwicklung in der gleichen Zeit (gemessen an der Rendite der 10-jährigen Staatsanleihen):

Die Zinsen sind nicht nur tief geblieben – im historischen Vergleich sogar sehr tief -, sie sind seit einigen Monaten sogar wieder gesunken. Das Argument, dass dies nur wegen dem zweiten Quantitative Easing Programm (QE2) geschehen ist, zieht auch nicht mehr. Dieses ist ausgelaufen und die Zinsen sind trotz aller Warnungen vor dem Gegenteil nicht angestiegen – trotz einer historisch hohen Verschuldungsquote.
Ok. In der Eurozone sieht das Bild in Bezug auf die Zinsen anders aus. Diese explodieren im Fall der gefährdeten Länder. Aber helfen hier sofortige drastische Sparmassnahmen? Im Gegenteil. In allen betroffenen Ländern reissen sie das Wachstum weiter herunter und damit die Staatseinnahmen. Die Verschuldungsquote lässt sich so nicht vermindern. Die klassische Lösung für solche Sparübungen wäre, dass die Zentralbank die ausfallende staatliche Nachfrage über tiefere Leitzinsen auffängt. Doch dieses Instrument steht den gefährdeten Ländern nicht zur Verfügung. Im Gegenteil, die Europäische Zentralbank hat – vor allem mit Blick auf das boomende Deutschland – die Leitzinsen sogar schon zum zweiten Mal in diesem Jahr erhöht.
Und wie lautet das gegenteilige ökonomische Argument, nämlich dass sofortige Austeritätsmassnahmen (staatliche Sparmassnahmen) das Wachstum der Wirtschaft ankurbeln und nicht weiter bremsen. Hier aus der Studie von Alberto Alesina und Silvia Ardagno («Large Changes in Fiscal Policy: Taxes versus Spending») aus dem Jahr 2010, die anfäglich für Furore gesorgt hat, weil sie den Vorteil von sofortigen Einschnitten bei den Staatsausgaben zu belegen schien:
Current increases in taxes and/or spending cuts perceived as permanent, by removing the danger of sharper and more costly fiscal adjustments in the future, generate a positive wealth effect. Consumers anticipate a permanent increase in their lifetime disposable income and this may induce an increase in current private consumption and in aggregate demand… An additional channel through which current fiscal policy can influence the economy via its effect on agents’ expectations is the interest rate. If agents believe that the stabilization is credible and avoids a default on government debt, they can ask for a lower premium on government bonds. Private demand components sensitive to the real interest rate can increase if the reduction in the interest rate paid on government bonds leads to a reduction in the real interest rate charged to consumers and firms. The decrease in interest rate can also lead to the appreciation of stocks and bonds, increasing agents’ financial wealth, and triggering a consumption/investment boom.
In Kürze: Verbessert sich durch die Austeritätsmassnahmen die Bonität des Staates, sinken die Zinsen, was den Investitionen Schub gibt. Wenn die Bürger ausserdem für die Zukunft angesichts der dann geringeren Staatsverschuldung von tieferen Steuern ausgehen, ergibt sich ein höheres Lebenseinkommen. Das bringt die Konsumenten schon heute dazu, mehr auszugeben. Das heisst, die Investitionen und der Konsum kompensieren mindestens den Ausfall der Gesamtnachfrage durch die Austeritätsmassnahmen des Staates und können im besten Fall sogar noch das Wachstum erhöhen.
Doch stimmt dieser Zusammenhang auch in der Praxis? Selbst Alesina und Ardegna haben in ihrer Studie, in der sie ihre These an mehreren Ländern getestet haben, nach eigenen Aussagen einen sehr einfachen Ansatz gewählt («Our approach is very simple»), der dann von nachfolgenden Studien als ungenügend identifiziert wurde.
Zum Beispiel vom Internationalen Währungsfonds IWF im Oktober 2010 im dritten Kapitel seines halbjährlichen «World Economic Outlook». Der IWF kommt hier zum Schluss:
- Einschnitte in den Staatsausgaben reduzieren die Wirtschaftsleistung.
- Befinden sich die Zinsen der Zentralbank schon nahe Null Prozent ist dieser Effekt besonders ausgeprägt (siehe USA).
- Wenn alle Länder gleichzeitig Austeritätsmassnahmen anstreben ist der Effekt ebenfalls besonders stark, weil dann auch für alle die Exportmöglichkeiten schrumpfen.
- In Ländern, die von einem Staatsbankrott bedroht sind (wie einige Euroländer) gilt ebenfalls, dass sofortige Sparmassnahmen die Wirtschaft bremsen, aber der Bremseffekt ist hier immerhin geringer.
Weitere Studien seither bestätigen die Ergebnisse des IWF. Zum Beispiel eine der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) von Roberto Perotti («The Austerity Myth»). Perottis Studie hat auch deshalb Gewicht, weil er in einer gemeinsamen Studie mit Alesina früher ebenfalls das Gegenteil angenommen hat. Laut dieser detaillierteren Studie kamen Ergebnisse wie jene bei Alesina und Ardegna nur zustande, weil dort das resultierende Wirtschaftswachstum automatisch als Folge der gleichzeitigen Austeritätsmassnahmen aufgefasst wurden. Tatsächlich waren es aber zugleich auftretende andere Umstände, wie etwa tiefere Zinsen, eine abgewertete Währung und steigende Exporte, die die Bremswirkung der Sparmassnahmen überkompensiert haben. Für sich genommen führen harte Sparschnitte des Staates zu einem Rückgang der Gesamtnachfrage und sind daher in einer Wirtschaftskrise Gift.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Sparmassnahmen bei hoher Verschuldung sind fraglos eine ökonomische Pflicht und sie erhöhen auch die Wachstumsmöglichkeiten einer Volkswirtschaft. Aber nicht sofortige Einschnitte mitten in einer Krise. Das scheint in der aufgeheizten und immer stärker verpolitisierten Debatte sowohl in Europa wie in den USA immer mehr unterzugehen. Mit sofortigen Einschnitten kommen die betroffenen Länder weder aus der Krise, noch wird so die Verschuldung abgebaut. Genau dieses Drama spielt sich vor unseren Augen ab.
49 Kommentare zu «Der Austeritäts-Mythos»
Eine langanhaltende expansive Geldpolitik stellt eine Gefahr für die Weltwirtschaft dar. Das habe ich von einem Jahr gesagt, jetzt ist bereits die Wirklichkeit, nämlich alle verlieren. Es ist auch kein Zufall, dass die Handelsbilanzdefizite und die Arbeitslosenzahlen wieder zunimmt. Das Ungleichgewicht in Finanzmärkten weltweiter nimmt zu, das ist auch kein Zufall, sondern der nächste logische Entwicklungsschritt der expansiven Geldpolitik in Reservewährung USD.
Die USA kann von der Abwertung des USD nicht nachhaltig profitieren, weil die Investition ausblieb, dies führt zum Spirale des Gelddruckes, was wiederum der Wohlstand der USA zerstört. Die Liquiditätsfalle ist von Fed verursacht Nachwirkung Ihrer extrem expansiven Geldpolitik. Die Wettbewerbsfähig der Amis wieder zu erlangen und die Defizite wieder im Griff zu bekommen, müssen die Amis seine Währung hoch und die Rohstoffpreise tief zu halten, anstatt der USD abzuwerten. Der Zinssatz hat keine direkten Zusammenhang mit dem Zinssatz, wenn die Investitionsmöglichkeit mangelhaft, Investitionsklima schlecht ist. Die Investitionsklima ist nicht von Tax allein abhängig, was wie Rep. ganzen Zeit behauptet hat, es gibt keine Faktoren, Bsp. von 10 Jahren, im Gegenteil ist der Fall, höhe Steuer fordert das wirtschaftliche Wachstum, dadurch kann der Staat Infrastruktur, Sozialwerke Investieren, sowie die Reduktion der Verschuldung – zum Wohlstand der Nation beitragen.
Der Kapitalismus, ohne soziale Komponente ist selbstzerstörerisch, dies verstärkt das Ungleichgewicht in der Gesellschaft und den Finanzmärkten. Wenn der Staat nicht mehr in der Lage ist, die Märkte richtig zu regulieren, wird der Kapitalismus untergehen, wie das römische Reich.
Marc Faber: „USA werden hundertprozentig sicher pleitegehen“
http://goo.gl/AW6g8
Mir fällt auf, dass die meisten Meinungen zum Thema nur Lösungsansätze bringen, wie man mit dem bestehenden System richtig umgehen sollte. Wenn aber das System selbst fehlerhaft ist, wird jeder Lösungsansatz, der nicht am System selbst angreift, letztlich auch scheitern.
Nehmen wir die Staatsverschuldung. Als erstes wäre doch zu hinterfragen, warum der Staat sich überhaupt verschulden muss. Es könnte ja seine Aufgabe sein (so war es wohl ursprünglich auch gedacht), das Schmiermittel der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, nämlich Geld. In dem er das Geld schuldenfrei herstellt. Bevor jetzt die Leser die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, befassen Sie sich mal ernsthaft mit dem Vollgeld und der Monetative (als Ergänzung zur Legislative, Judikative, Exekutive ….).
Wenn man das Vollgeld nicht will fragen wir uns mal, für was gibt denn der Staat eigentlich das Geld aus. Ein erheblicher und immer grösserer Teil doch für Zinsen. Wer kassiert diese Zinsen? Institutionelle Anleger, unter anderem Pensionskassen. Wenn der Staat bezahlt also via Steuereintreibung unsere Pensionskassen-Renditen. Damit dieses Spiel aufrecht bleibt, muss sich der Staat immer weiter verschulden.
Man muss sich fragen, ob das wirklich sinnvoll ist, unser Geld durch so viele Institutionen zu schleusen, welche letztlich für die „Verwaltung“ erheblich Mittel abzweigen. Bei der Energie spricht man vom Wirkungsgrad, der mit jedem Umwandlungsschritt schlechter wird. Ja wir gehen sogar soweit, dass wir unsere Ersparnisse (oder sollte man sagen, Erwartungen an die Zukunft) über Jahrzehnte an Institutionen anvertrauen und dann ernsthaft erwarten, diese am Ende zurück zu erhalten, nachdem sie so oft durch die Institutionen geschleust wurden. Daher ist ein Umverteilungssystem wie die AHV wesentlich effizienter. Ich war schon bei der Einführung des Pensionskassenobligatoriums strikt dagegen, dass man das Sparen via Pensionskasse „verordnet“. Aber das ist nochmals ein anderes Thema..
Bleiben wir mal bei den Pensionskassen und klammern andere, weniger durchsichtige Investoren in Staatsanleihen mal aus. Dass die Pensionskassen unser Geld reinvestieren ist ja grundsätzlich sinnvoll. Aber der Staat ist eben keine Firma, die Wertschöpfung generiert! Die einzige Wertschöpfung des Staates ist das Abschöpfen von richtiger Wertschöpfung über die Steuern. Man könnte sogar sagen, die Staatsanleihen sind ein Mittel, die Macht des Staates zu missbrauchen, dem Bürger weiteres Geld aus der Tasche zu ziehen.
Eine weitere wenig diskutierte Krankheit unseres Finanzsystems: Das Finanzsystem ist im Verhältnis zur realen Wirtschaft viel zu gross geworden. Der tägliche Umsatz übersteigt die reale Welt um ein x-faches. Das kann nicht gesund sein. Daher muss sich der Staat ein weiteres Mal übermässig verschulden, wenn er diese Finanzmonster retten muss.
Fragen sie sich auch mal, wer den eigentlich profitiert, wenn sich der Staat verschuldet. Wenn man das beantwortet hat, zeigt sich vielleicht auch, in welche Richtung eine Lösung gehen müsste.
Das Problem bei den Pensionskassen ist, dass diese begonnen haben auf dem globalen Markt zu investieren. An und für sich ist Diversifikation etwas nützliches, aber nicht wenn die Sicherheit im „wilden Westen“ investiert wird. Wildwest herrscht an vielen Orten auf dem Finanzmarkt. Die Renten die eigentlich sehr hohe Sicherheit gewährleisten MÜSSTEN bieten nun gerade zu Krisenzeiten keine Auszahlungsgewähr mehr.
@Zum Autor, Markus Meier: die geldpolitische Massnahme ist kein Mythos. Sie funktionieren auch in normalen Umständen. Aber die Krise, die aus 2007 ausging, ist keine normale Krise, die wir aus der Vergangenheit kennen, das hat Bernanke nicht erkennt, bzw. nicht erkennen wollte. Das Problem liegt nicht in der Liquidität, sondern in der Investitionsanreize. Durch anhaltende expansive Geldpolitik der Fed – Zinssenkung auf null und QE. Diese lang anhaltende Geldexpansion hat dazu geführt, dass die Investition, vor allem aus Ausland ausblieb, weil die Investoren auf Anstieg des USD abwartet, d.h. die anhaltende Geldexpansion hat eine Deflationswirkung auf Investition gewirkt. Keine wollen in USA Investieren, wenn in Schwellenländer Alternativ bietet.
Die USA wollen durch die Abwertung des USD die Wettwerbsfähigkeitsverluste gegenüber den Schwellenländer wiedererlangen, was die US Politiker nicht erkannt, dass für eine Arbeiternehmer in Industrieländer nicht möglich ist, für 500 USD in Monat zu arbeiten. Auf solchen Kampf mit Schwellenländer anzulassen, zeigt es, wie unfähig die US Politiker in Sache der Wirtschaftspolitik sind.
Das Problem, das die Krise auslöste, wird von US Ökonomen bis heute nicht richtig erkannt. Das zeigt durch der anhaltend expansiven Geldpolitik der Fed, die Unfähigkeit Obamas in der Wirtschaftspolitik. Die Geldpolitik kann die US-Wirtschaft nicht wieder im Fahrt führen, dieses Mal nicht. Die Lösung liegt in der richtige Wirtschaftspolitik und deren rasche Umsetzung, zusätzlich braucht eine Investitionsfreundliche Klima, stabilerer und starker USD und die Zeit geben.
Die Amis sind kein guter Ökonomen, das ist der nächste Irrtum.
Es gibt eine ganze Reihe weiterer struktureller Verschiedenheiten iim Finanzarkt der Gegewart, bezogen auf die Zeit vor dem WKII. Die Entwicklung der Computertechnologie denke ich ist die grösste Differenz, sie ermöglicht heute Handelsabschlüsse in Sekundenbruchteilen, sie ermöglicht Wertpapiere mit höherem Hebel und sie verursacht im Sekundentakt eine gegantische Umverteilung. Als Gegenpol zu dieser Entwicklung diente bisher die Effizienzsteigerung der Produktion, die immer günstigere Energie und die Globalisierung. Nun aber überrollt die Entwicklung der Börsentechnologien wie Hochfrequenzhandel zunehmend die positive Entwicklung zunehmender Produktionsvernetzung. Die Gewinne fliessen nun viel zu schnell in den Bottiche der „Hochfrequenzhändler“, das Kapital fliesst auch weg aus den Staatshaushalten in die immer gierigeren Schlünde der Grossbanken. Es kommt Schlussendlich zum Investitionskollaps, indem zum Beispiel der Wert des Goldes ständig steigt. Gold arbeitet nicht….
„Computertechnologie“; das sehe ich genau so. Gegenwärtig wird vor allem die Geldschwemme beklagt. Doch kaum wird erwähnt, dass die Umlaufgeschwindigkeit dieses vielen Geldes das eigentliche Problem sein könnte. Dies führt letztlich zu einem krassen Missverhältnis von der Finanzwirtschaft zur Realwirtschaft. Ob es stimmt weiss ich nicht, aber alleine der Devisenhandel wäre nur etwa zu 5 bis 6% von der Realwirtschaft verursacht. Was daran noch sinnvoll sein soll, kann ich beim besten Willen nicht erkennen.
Und um beim Thema zu bleiben: Eine winzige Steuer auf diesen Computerumsätzen würde die Staatsverschuldungen augenblicklich verdampfen lassen.
Wenn mein Lieferant mir als Kunde nicht mehr vertraut, muss ich früher oder später meine Rechnungen zum voraus (vor der Lieferung) begleichen.
Genauso verhält es sich zurzeit mit den Problemländern: es wird nur noch geliefert (Kredite), wenn in Cash bezahlt wird. Und in Cash bezahlen heisst, dass ich keinen zeitlichen Spielraum mehr besitze. Diese Länder müssen innert 2-3 Jahren ein fast ausgeglichenes Haushaltsbudget präsentieren. Das ist hart und hat mit aller Wahrscheinlichkeit zur Folge, dass diese Länder wieder in eine Rezession abdriften (falls sie überhaupt von der letzten rausgekommen sind). Isoliert betrachtet ist Austerität in einer Situation, wo die private Nachfrage schwach ist, in etwa das Dümmste, was man machen kann. Aber solange die europäischen Politiker (v.a.Merkel/Schäuble) auf stur machen, ist es die einzige Möglichkeit, um den Fall einigermassen unter Kontrolle zu halten. Es ist die falsche und fatale Einsicht, dass man lieber jetzt ein kleines Opfer bringt, um das viel, viel grössere Opfer, das im Hintergrund lauert, zu vermeiden.
Unser Zustand ist vergleichbar mit einer Ratte, die in völliger Starre die Schlange anstarrt, bis diese sie ohne Mühe auffrisst. Steif und glasig nehmen wir unglaublich zur Kenntnis, dass wir laufend kleine Opfer bringen, und trotzdem sehen wir das viel, viel grössere Opfer immer deutlicher vor unseren Augen….
Fazit: Der Geist ist aus der Flasche! Das viel, viel grössere Opfer kann nur noch abgewendet werden mit einem „grossen Wurf“ seitens der Europäischen Politiker.
@Hampi:
Was bringt Sie auf die Idee, dass die Europäischen Politiker jetzt plötzlich zu einem „grossen Wurf“ fähig sein sollten, nachdem diese die letzten 10 Jahre nur Müll produziert, dummes Zeug geschwätzt und Geld von der Allgemeinheit abge- und verzockt haben? Woher zum Geier sollte denn jetzt plötzlich die Weitsicht, der Durchblick, die Intelligenz herkommen, die für einen grossen Wurf nunmal nötig sind? Bisher haben sich die Grosskopfeten in Europa ausschliesslich um ihre Pfründen, ihre Wiederwahl und ihre Filzkollegen gekümmert.
Woher die Hoffnung??
@Thomas Ernst
Die Hoffnung ist das letzte, was am Schluss übrigbleibt…. 🙂
Aber schliesslich kann man nicht einmal in dieser verzweifelten Situation so naiv sein und hoffen, dass die Politiker plötzlich mit Durchblick, Weitsicht und Intelligenz handeln.
Die Tatsache, dass die aktuellen Politiker vor allem rücksichtslos ihre eigenen Interessen über jene der Allgemeinheit stellen, kann man nicht kurzfristig ändern. Genausowenig, wie sie die vorherrschende Abzockermentalität bei mir, Bankern, Managern, (Abhör-)Journalisten, Arbeitern, Sozialhilfeempfängern, Patienten (mehr oder weniger der gesamten Bevölkerung) mit staatlich verordneten Resozialisierungsprogrammen ändern können. So wäre es tatsächlich sehr verwegen, würde man darauf hoffen, dass zum Beispiel Angela Merkel nächste Woche (wie beim vorherigen Blogbeitrag) ihre Irrtümer zugibt und plötzlich sagt, dass sie für die Einführung von Eurobonds ist.
Aber mit einer „das-Glas-ist-ein-Viertel-voll“-Mentalität kann man wenigstens hoffen, dass kurz vor dem richtigen Absturz die verantwortlichen Politker vielleicht noch ein letztes Mal Zeit finden, um an die historischen Konsequenzen und an die gleichzeitige Mittäterschaft ihrer Handlungen zu denken.
Und dann ist meine Hoffnung, dass der (in jedem von uns vorhandene) Überlebenstrieb den Knoten wie in einem Befreiungsschlag lösen wird. Urprimitiv!
Neue Menschen braucht die Welt!
Lieber Hampi
Damit Merkel keinen Irrtum eingestehen muss, muss man lediglich ein anderes Wort fuer Eurobonds finden, damit GR die Schulden teilweise loswird ein anderes Wort fuer „Default“, Dann braucht man ein paar „Spindoctors“ und die Fliegen fressen die Schweisse, sie heisst jetzt Eiscreme.
Ein anderes Wort statt Eurobonds: Die „Emmissionszentrale europaeischer Staaten“ koennte im Detail so gestaltet werden, dass alle Staaten fuer alle Schulden hasften, trotzdem waeren es dem Namen nach noch immer Schulden der einzelnen Laender und keine „Eurobonds“.
@ Anh Toan
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Auf was es aber besonders ankommt, ist die Frage, wie und nach welchen Kriterien diese von der Euro/EU garantierten Kredite gehandhabt werden. Das „EU-Finanzministerium“ müsste grosse Machtbefugnisse besitzen: bis zum Rausschmiss aus dem EURO. Und deren Besetzung müsste unter dem Kriterium der Fachkenntnisse, Erfahrung und Vertrauenswürdigkeit erfolgen. Je weniger Politik, desto mehr Vertrauen.
Kurzfristig würde die Einführung zu einem gewaltigen Vertrauensschub führen, während der langfristige Erfolg vor allem vom Vorgehen dieses Ministeriums abhängen würde (und auch wie wenig sich die Politik einmischt und wie sehr sich China als „weisser Ritter“ aufführt).
Und bevor diese Euro-Bonds eingeführt würden, sollte man die Gelegenheit nicht auslassen, um den Griechenland-Gläubigern (eventuell auch Portugal/Irland) noch rasch einen 50%-Haircut abzuverlangen.
Genau das, was Angela Merkel und der deutsche Steuerzahler schon lange fordern.
Und da es, sowohl für das griechische Gemüt, wie auch aus ökonimischer Sicht wenig Sinn macht, das Tafelsilber (Staatsbetriebe) jetzt zu Tiefstpreisen zu verkaufen, könnte der EFSF alles aufkaufen, versuchen zu sanieren (treuhänderisch) und nach ein paar Jahren entweder zum gleichen Preis wieder an Griechenland, falls in der Lage, verkaufen oder sonst an den Meistbietenden.
Ich moechte hier einen Teilaspekt aus etwas anderer Sicht beleuchten, weil er auch hier wieder Erwaehnung findet, mE aber nichts mit Geldpolitik zu tun hat: Warum springen investitionen in den USA nicht an?
Tonnenweise Geld zum Investieren haben in USA einzig noch die grossen Unternehmen (Microsoft, IBM, Oelkonzerne, etc.). Dieses stammt zu einem grossen Teil aus im Ausland erzielten und, lieber Urs, im Ausland versteuerten Gewinnen. Sollen diese Gewinne nach USA transferiert werden, sind nochmals in den USA 25% (oder gar 35?) Steuern zu zahlen und es bleiben nur noch 75% (65%)uebrig zum Investieren. Also reinvestieren sie diese Gewinne lieber in Asien oder Russland oder Brasililien. Ist es ein Wunder, dass die Investitionstaetigkeit trotz Nullzins nicht anspringt?
Seid doch ehrlich: Ihr Linken wollt weder in der Krise, noch in der Konjunktur sparen. Was ihr wollt ist ganz einfach: Stets das Geld der anderen ausgeben, aber niemals dafür arbeiten.
Seid doch ehrlich, ihr Rechten wollt weder in der Krise, noch…. ….. was ihr wollte ist ganz einfach; Stets das Geld der anderen benutzen aber möglichst nicht’s dazu beitragen… warum blos gibt es Steueroptimierungssysteme ?
Und nun, wo treffen sich die beiden Ansichten?
Hier ein Beitrag von J. Stigliz in der FTD zum Thema
Die Ansätze von J. Stiglitz versuchen zumindest in Teilen die Neoliberale Free Markets Theorie als Goldenes Kalb um das alle Tanzen abzulösen…
Joseph E. Stiglitz – Stoppt die rechten Krisentreiber
Steuergeschenke für Reiche, Investitionskürzungen und Sparpakete setzen die wirtschaftliche Zukunft der USA und Europas aufs Spiel. Dabei gibt es eine Alternative.
http://www.ftd.de/politik/international/:top-oekonomen-joseph-e-stiglitz-stoppt-die-rechten-krisentreiber/60077043.html
Joseph E. Stiglitz is University Professor at Columbia University, a Nobel laureate in economics, and the author of Freefall: Free Markets and the Sinking of the Global Economy.
Project Syndicate Seite
http://www.project-syndicate.org/contributor/184
ja wer muss den Sparen, die mittleren und unteren einkommen, mehr arbeit für den gleichen lohn leistungsabbau
und die hohen einkommensklassen und ceos stecken sich mehr lohn zu
wie lange wird das wohl gut gehen, wie lange schauen die normalos dem treiben zu zieht euch warmn an dort oben weht
bald ein frischer wind
Geld entspricht Ware. Die USA verlor einen Hauptwarenproduzent mit dem Zusammenbruch der Autoindustrie. Wenn da nichts zu renovieren ist, braucht es innovative Produkte, was für ein derart modernes Land eigentlich nicht so ein Problem sein sollte. China kann auch viel, besonders gut nachbauen, das innovative China-Original-Produkt lässt aber weiterhin auf sich warten.
Das zweite sind Kriege. Alle die vielen kleinen Gören (Bengels) von ungezogenen Kleinstaaten, die der Welt irgendwie lästig werden benötigen eine grosse Katze, die diese Mäuse im Zaum hält. Das kann die USA auf Dauer nicht alleine bewältigen oder gar noch bezahlen. Globalsicherheit kostet Geld und ist nicht gratis zu haben. Da hätte die USA durchaus auch das Recht, Rechnungen zu versenden für ihre auch wirtschaftsstabilisierenden Dienste. Ein sicherer Suez-Kanal kostet halt Geld, weil es dort in der Gegend genügend Wegelagerer gibt.
Europa hat übrigens ähnliche Aufgaben: Sparen an der Bildung heisst später weniger Innovation, da Intelligenz ohne Fachausbildung wie eine Nuss ohne Nussknacker ist: man kommt nicht daran.
Europa und die USA haben übrigens noch etwas Kulturelles anzubieten: funktionierende Zivilisationsstrukturen. Die kann man nicht einfach woanders hin kopieren, aber Hilfe zur Entwicklung ist möglich. Privat holt man sich die Handwerker, um seine heruntergekommene oder veraltete Wohnung zu renovieren, auch wenn das etwas kostet.
Kurz: Die alte Kultur von Europa und der USA könnte auch der Schlüssel für eine weitere innovative Zukunft sein.
Geld entspricht nicht Ware, Geld macht Waren vergleichbar!
Und trotzdem….sind strukturelle Schwächen der Grund für eine solche Situation ist Austerität wichtig und absolut notwendig. Nur so werden diese Länder gezwungen ihre teilweise jahrzehntealten Strukturen zu hinterfragen. Austerität hat hier einen belehrende Funktion. Sie finden das Arrogant? Ist es nicht, es ist ledlig traurig dass man gewissen Ländern zuerst „die Pistole an den Kopf“ halten muss bevor sich dort auch nur irgend etwas bewegt. Denken sie tatsächlich die Oeknomen dieser Welt sind sich nicht bewusst dass Austerität nicht zu noch weniger Investment und Einnahmen führt und entsprechend der Schuldenberg nicht abgebaut werden kann bzw. evt. sogar noch steigt. Sinkt das GDP und bleibt der Schuldenberg gleichsteigt die % Verschuldung sowieso – das ist nicht Woodoo sondern einfach nur bekannt – zumindest den etwas Schaueren. Aber was wollen sie gutes Geld einer absolut unüberlebensfähigen Struktur nachwerfen. Aendern sie zuerst die Basis zu etwas das tragbar ist.
@ Christoph Stahl:
Absolut richtig! Auch Papadopulos gibt ja offen zu, dass seine Bürokratie nicht funktioniert. Griechenland ist wegen jahrzehntelanger Klientelmisswirtschaft und Korruption pleite, nicht wegen z.B. eines Erdbebens. Diese Mentalität zu wandeln bedarf einer grossen Katastrophe (vgl. auch die Lehre von Buddha).
Alle Oekonomischen Annahmen i.e. Modelle können nicht die Komplexität der Filzberge, welche die Geldströme (Sparen, Ausgeben etc.) umgeben, nachvollziehen… daran scheitern wohl auch die gutgemeintesten und besten Lösungsvorschläge…
Nicht?
Doch, korrekt. Nur lernt man, dass es einfach die richtigen Köpfe braucht, denn die können alles!
Der ausgebildete Mensch hat die Tendenz alles was mal irgendwo funktioniert hat über das nächste Problem zu stülpen, in der Ansicht das Richtige unternommen zu haben. Je gebildeter man ist umso mehr recht bekommt man, man kann auch sagen je lauter der Marktschreier umso mehr Kunden nehmen in wahr. Damit legitimiert man sich selber und ist frei von Schuld. Unter Umständen kann man einen engeren Anzug tragen, auf der Waage schlägt die Stunde der Wahrheit und die zeigt, man hat immer noch gleich viel Gewicht. Deswegen ist es essentiell, dass die individuelle Situation berücksichtigt wird und dazu taugen Benchmark nichts, weil die zu vergleichenden Punkte nicht gleich zu Stande kommen. Das erklärt auch in vielen Fällen, weshalb Politik nichts als Krisenbewältigung taugt, dafür wurde sie nicht geschaffen. In solchen Fällen stützt sie sich auf Theorien ab, die Massnahmen nach einem pauschalen Muster folgen. Insofern ist das angerichtete Chaos verständlich, die Folgen noch nicht abzusehen und die Wirtschaftshistorie um ein paar Seiten reicher. Was uns die Geschichte bisher gelehrt hat, nichts, absolut nichts … denn wie es heisst vor, in und nach einer Krise, das haben wir beschlossen und so eine Krise wird es nicht wieder geben! Vertrauen sie weiterhin in Wissenschaft, Politik und Finanzindustrie, es gibt viel zu tun, machen wir es noch schlimmer.
Und wie sieht ihre Lösung aus? Der Satz „Are you here with the solution or are you part of the problem?“ gilt immer noch. Woher nehmen sie ihre Lösungsideen? Kritisieren ist oft sehr einfach.
http://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/konjunktur/-Hoffnung-ist-keine-Strategie/story/30530670
„Was würde der Konjunktur helfen?
Es wurde zwar verhindert, dass aus der gefährlichen Situation im Herbst 2008 eine Katastrophe wie die Grosse Depression wurde. Für eine rasche Konjunkturerholung hat man seither aber kaum etwas getan. In den Dreissigerjahren hingegen setzte ein kräftiger Aufschwung ein, nachdem Roosevelt zum Präsidenten gewählt worden war. Er sagte klipp und klar, wo es langgeht, und brachte das Vertrauen ins Finanzsystem zurück. Der Aktienmarkt hat sich daraufhin in wenigen Jahren zweimal verdoppelt, allerdings von einem sehr tiefen Niveau aus.
Heute ist in Washington aber vor allem vom Sparen die Rede.
Amerika wird allmählich ein altes Land. Um die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen, steht genug Geld am Kapitalmarkt bereit. Man kann es günstig ausleihen und damit Autobahnen, Brücken und Häfen renovieren. Das sind sinnvolle Investitionen und keine Verschwendung, wie die Republikaner immer behaupten. Die grossen Staudämme, die unter Roosevelts New Deal im Tennessee Valley und am Columbia River gebaut wurden, haben sich als grossartige Langzeitinvestitionen erwiesen und produzieren bis heute Strom. In dieser Hinsicht können wir einiges von den Chinesen lernen, die ein grosses Konjunkturprogramm gestartet haben und so gut durch die Wirtschaftsflaute gekommen sind.“
Ich denke, dass ein der heutigen Zeit angepasster New Deal Teil einer Lösung ist.
Die Lösung ist in der Beschreibung enthalten. Keine pauschalen Ansätze sondern individuelle Massnahmen. Ich weiss, lesen ist nicht gleich interpretieren können.Und ja, wir sind alle Teil des Problems.
„Keine pauschalen Ansätze sondern individuelle Massnahmen.“ Da haben sie absolut Recht, das haben sie aber schon oben geschrieben. Ich hab sie schon verstanden.
Nun bin ich gespannt auf ihre individuellen Massnahmen, Lösungen. Dass es individuelle Massnahmen braucht, wissen wir alle, das ist aber noch keine Lösung.
Ein Lösungsansatz ist z.B. ein der heutigen Zeit angepasster New Deal, oder in ihren Worten ein individueller New Deal.
@Alex Ustinov:
Ich würde vorschlage, dass wir ein Schweizweites Investitionsprogramm aufstellen, um sämtliche Hochspannungsleitungen (Stromverluste 5-10% der Leistung, je nach Wetter) durch erdverlegte Leitungen (Verluste 3-5% je nach Technik und Distanz) zu ersetzen:
– Ist irrsinnig viel Investition = viele Arbeitsplätze = viel Binnenwirtschaft
– Erlaubt es Banken, Pensionskassen, AHV etc. in langfristige Projekte zu investieren
– Trocknet die überschüssige Liquidität auf
– Hat langfristig stabile Schuldner = EW
– Energie wird langfristig immer gebraucht, also sichere Zahler
– Erspart und 1-2 AKW (bzw. 5-8 Gaskraftwerke)
– Entlastet das Landschaftsbild
Es müsste nur jemand von den Banken den Ball aufnehmen. Leider sind auch die Grünliberalen viel zu fixiert auf das Sparen, als dass sie den Ersatz von verlustreichen Leitungen durch verlustarme Leitungen propagieren würden, obwohl die Technologie heute da ist!
@ Thomas Ernst:
Die Idee klingt gut – die entsprechenden Argumente gefallen und führen zu Win-Win-Lösungen im langfristigen Bereich. Wie es mit den detaillierten Zahlen – Gesamtinvestitionen und den jährlichen Einspahrungen, dem Gewinn genau aussieht, müsste man noch anschauen.
Ich bin absolut überzeugt, dass es für alle Länder, Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Irland, USA, Japan, Schweiz, Entwicklungsländer, … entsprechende Projekte gibt, welche zu sinnvollen, langfristigen Lösungen führen, welche einen sehr breiten „überparteilichen“ Nutzen stiften. Wir sitzen da ja eigentlich alle im selben Boot – oder wie es Hayek jeweils sagte „im selben Raumschiff Erde“. Im Bundeshaus steht an der Decke „Einer für Alle und Alle für Einen“. Die Republikaner in den USA haben das noch nicht wirklich verstanden.
Nach der U17 WM in Nigeria schrieb die NYTimes über unsere swiss boys: „The skills and control, the spirit and togetherness, were impressive.“
http://www.nytimes.com/2009/11/18/sports/soccer/18iht-SOCCER.html
Nun liegt’s an den Politikern, an uns Eidgenossen, an uns allen, diesen Ball aufzunehmen und dasselbe zu tun wie die Jungs auf dem Rasen.
Wer Lust hat, zu erfahren, was Nicolas G. Hayek dazu sagte – hier ist der entsprechende Link.
http://www.swatchgroup.com/de/services/archiv/n_g_hayeks_reden/tag_der_wirtschaft_der_economiesuisse
@Alex Ustinov und Thomas Ernst:
1.Grundsaetzlich
Eine Investition ist in einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll, wird sie verzoegert oder vorgezogen, werden die Mittel nicht optimal investiert. Ich bezweifle, dass der externe Nutzen (hier Wirtschaftsanschub) diesen Nachteil aufwiegt, denn in der Krise braucht man gerade keine Investitionen, die Kapazitaeten sind nicht ausgelastet, sofern sie vorher nicht vernachlaessigt wurden (USA).
2.Zwang zu Beschleunigung des Planungs- und Entscheidungsprozesses (Planung)
Grosse Infrastrukturinvestitionen muessen sorgfaeltig und detailliert geplant werden. Der Staat kann das nicht schnell (Abstimmungen, Einsprachen). Bis wirklich eine Menge Arbeitsplaetze geschaffen werden, ist die Krise schon lange vorbei, hat man „Glueck“, passt es grad fuer die naechste Krise. Die Risiken, die sich aus der somit notwendigen Beschleunigung des Planungs- und Entscheidungsprozesses ergeben, duerfen nicht unterschaetzt werden, es gibt schon Gruende warum der Staat vieles nur langsam entscheiden kann. (Der Bundrat kann sich doch nicht auf die polizeiliche Generalklausel berufen und alle Einsprachen verbieten, die Finma kann zwar auch?)
Vielleicht gaebe es Moeglichkeiten, gewisse Investitionen detailliert zu planen, bewilligen, und in die Schublade zu legen, bis die naechste Krise kommt, mir kommen jedoch keine in den Sinn! Nehmen wir Ihre Hochspannungsleitungen: Das heutige System ist weder komplett ueberlastet, noch verschlissen, man koennte also verzoegern, warum sollte man aber, wenn damit Energie und Kosten frueher gespart werden koennen, muss man dies sofort tun.
3. Provokative Schlussfolgerung
Staat in der Krise Dinge zu bauen, die sonst nicht (jetzt) gebaut worden waeren, schmeisst man das Geld besser aus dem Regierungsgebauede. Letzteres ist keineswegs weise, aber weniger dumm!
@Alex Ustinov
Der arme Obama hat ja am Anfang seiner Karriere als Präsident genau den gleichen New Deal mit grünem Anstirch
initiieren wollen, bis er dann in der amerikanischen Realität aufwachte und nur gegen massiven Widerstand erst einmal eine für alle funktionierende Krankenversicherung einführte. In Amerika werden jetzt nicht grosse Staudämme gebaut, sondern Schulen geschlossen, da dieser Staat schon längstens an die Haie verfüttert wurde. Übrigens setzte der „Aufschwung“ nach dem New Deal von Mr. Roosevelt erst anfang 1940er ein, da die Rüstungsproduktion genau dann ihren Peak erreichte… Der 2. Weltkrieg brachte „die Erlösung“ für Amerika.
Und wie gross erst die Wiederstände hier in der Schweiz sind um ein funktionierendes und für alle bezahlbares Krankenversorgungssystem aufzubauen… die kommen da alle nicht weiter, aktuelle Lösungen basieren stets auf dem Prinzip des Geld von unten nach oben schaufelns um Gewinne für eine Handvoll Teilnehmer zu erhalten oder sogar zu steigern… ganz Frech der neueste Raubzug, per Dekret sozusagen, auf des Bürgers Steuergelder wenn ab nächstem Jahr Steuergelder dazu benutzt werden die gesetzlichen Leistungen direkt an privatiserte Krankenkonzerne und von da and die Investoren zu transferieren…
Alles so schön liberal hier… wie sagte doch ein Vertreter einer bürgerlich-liberalen Partei… Yoo, Wettbewerb ist das Credo damit die staatliche Spitäler nicht zu faul und ineffizient werden (dümmere Argumente gibt ’s da noch?) und wir überlassen es dem Souverän ob das transferieren von Steuergeldern an die Aktionäre von Spitalkonzerne wieder gestoppt werden soll… Hoha… auf ein fröhliches Umverteilen weg von den staatlichen Spitälern hin zu den privaten bei denen wir dann auch noch die Renditen und Profite sicherstellen müssen…
Yup… Politik die durch undurchdringliche Filzberge zu einer riesen „*ç%&ç* geworden ist… was ja nicht wirklich neu ist, neu sind aber die Ausmasse, Listigkeit und Selbstverständlichkeiten sowie die Ideolgie die dahinter steckt…
Die Kriese hilft eventuell der Mutter Erde, dass wir sie etwas weniger „stressen“, so hoffe ich wenigstens.
Unser Wirtschaftssystem, basierend auf dem Fiat-Money-Geldsystem gehört abgestraft. Es ist die Ursache, weshalb sich jede freie Minute „ökonomisieren“ lässt. Vergessen wir dabei die Nachhaltigkeit, die in den kurzen „Rechungseinheiten“ der Bilanzierung keine Konstante ist, Marktversagen, usw.. Bsp. Warum soll man jedes Jahr den ganzen Computer ersetzten, wenn nur der Prozessor schneller wurde? Kann man wirklich behaupten, dass wenn man dreimal die Infrastruktur für ein Kommunikationsnetz erstellt, es unter dem „Strich“ für die Allgemeinheit billiger werden kann? Das ist doch einfach du….
Dieser Sach-Zwangs- Mechanismus wird via Medien, Bildung und Politik in die Köpfe konditioniert. Wenn man sich dann mal anschaut, wer profitiert und wer verliert, ist das Schneeballsystem bald durchschaut.
Zum Glück befinden wir uns im Moment in einem Stadium, das komischerweise von „keiner“ wissenschaftlichen – politischen Seite kontrollierbar ist. – Es herrscht Chaos! Das ist der richtige Moment, die Grundvoraussetzungen zu ändern, bevor es auf der Erde überall knallt, da die Verteilgerechtigkeit systembedingt ( was immer auch gerecht sein mag) zusehends zu Spitze läuft.
Geld – Geldschöpfung – muss zu einem demokratischen Akt werden – in http://www.monetative.ch – gut beschrieben.
Das Ziel muss es sein, seine Arbeitskraft für ein gutes Leben einzusetzen und NICHT, um das Konto zu erhöhen. Letzteres basiert nicht in Wirklichkeit, ist eine Fiktion, wie auch der „freie Markt“.
Nutzen wir den Mut zu intelligenten Lösungen!
@Gregor – Ich habe fast minutengenau unten im Grunde das gleiche geschrieben 😉
Ergänzung: Wenn der Staat die Macht über das Geld wieder zurück erhalten soll, muss man vielleicht noch daran erinnern, dass der Staat das Volk repräsentiert. Wenigstens in einer Demokratie sollte es so sein.
@Gregor Mueller und Josef: So hoert auf zu labern und macht Initative zu Streichung von
BV http://www.admin.ch/ch/d/sr/1/101.de.pdf
ging zu schnell weg……Streichung von
BV 26 Eigentumsgarantie
BV 27 Wirtschaftsfreiheit
BV 28 Koalitionsfreiheit (braucht Ihr nicht mehr)
aber hoerte auf zu labern, man sollte, es muesste, es muss werden…….Ihr seit man, es
Wer labert denn hier über das aktuelle System, wenn man es nur richtig anwenden würde, würde es schon funktionieren.
Es kann doch nicht verboten sein, auch über Alternative nachzudenken. Mir geht es übrigens nicht um die Abschaffung oder Ersetzung des aktuellen Systems und schon gar nicht der Bundesverfassung. Ich bin mir sogar sicher, wenn man die Bundesverfassung im Sinne des Volkes auslegen würde, käme doch einiges ganz anders heraus. Ich bin ausserdem überzeugt, dass man nicht das System, sondern lediglich ein paar (richtige) Stellschrauben bewegen müsste und das Resultat wäre schon ein komplett anderes.
Warum soll man darüber nun nicht diskutieren dürfen, oder meinetwegen auch labern…
@Josef: Neben dem Grundtenor hat mich vor allem Ihr letzter Satz zu diesem Kommentar bewogen:
„Wenn der Staat die Macht über das Geld wieder zurück erhalten soll, muss man vielleicht noch daran erinnern, dass der Staat das Volk repräsentiert. Wenigstens in einer Demokratie sollte es so sein.“ Dies sollte in der Demokratie so sein, FALLS die Mehrheit der Wahlberechtigten dies will! Macht (=Verfuegungsgewalt oder nicht?) ueber Sachen oder Forderungen (also auch Geld) heisst juristisch Eigentum. Will die Mehrheit diese Macht dem Staat uebertragen? Wenn dem so ist, laesst es sich mit einer Initiative aendern, wenn dem nicht so ist, koennen Sie auch auf den Spuren von „RAF“ oder ‚brigade Rosse“ treten, und Anarchie oder eine Diktatur selbsternannter proletariatsvertreter errrichten. mir persoenlich wuerden Sie damit weniger auf den Sack gehen als mit „man, es muesste, sollte….!
Noch lange bevor man eine Volksinitiative startet, ist erst mal gründlich darüber zu debattieren. Meine Absicht ist hier lediglich, nach meiner Ansicht noch zu wenig beachteten Aspekten etwas mehr Gewicht zu verschaffen. Dass ich bereits damit bestimmte Leser provozieren kann, zeigt ja lediglich, dass an der Sache was dran sein könnte.
@Anh Toan
Wenn es für mich überhaupt noch etwas am status quo (Kapitalismus und Demokratie) zu verteidigen gibt, dann ist es tatsächlich die Demokratie. Vor allem angesichts des Faktums, dass sich jetzt in Asien (China, Singapur u.s.w.) eine fatale Zukunftsentwicklung abzeichnet, nämlich ein erfolgreicher Kapitalismus ohne Demokratie, welcher die These von Fukuyama (das Ende der Geschichte tritt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein) knallhart widerlegt.
Trotzdem ist es wohl eher ein Witz zu glauben, dass man in der Schweiz (immerhin ist hier der sichere Hafen des Weltkapitals) eine Volksinitiave lancieren könnte, welche das Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln antasten würde. Die RAF oder andere anarchistische pseudoelitäre Gruppierungen verstärken durch ihren Terror nur die Abwehrhaltung im Volk und sind deswegen rundum abzulehnen. Nein, wenn es eines schönen Tages tatsächlich zu einer „Weltrevolution gegen das Kapital“ kommt, wird die Schweiz, genauso wie beim Frauenstimmrecht und beim Unobeitritt, neben dem Vatikan, die letzte Bastion der Konservativen sein.
@Josef und Ueli: 100000 Unterschriften sind ein Klaks im Zeitalter von Facebook; Waehrend der Unterschriftensammlung und vor der Abstimmung koennen sie argumentieren und ueberzeugen mit einem vernichtenden Abstimmungsergebnis 9viel schlechter als erste Frauenstimmrechtsabstimmung und Armeeabschaffung, aber vielleicht gelingt ihnen ein Achtungserfolg, auf welchem Sie aufbauen koennen.
Immer wieder Gundsatzfragen aufzuwerfen, ist keine konstruktive Diskussion, eigentlich sollte ich gar nicht darauf eingehen.
@Josef: ihre kommentare zeugen von schlicht zu wenig wirtschaftswissenschaftlichem Sachverstand, um ueberhaupt ueber Grundsatzfragen vernuenftig zu diskutieren (Sie verlangen die Abschaffung von Privateigentum, und merken es selbt nicht mal! Darum hab ich ueberhaupt geantwortet)}: ich masse mir auch nicht an zu entscheiden, ob es bessere Gesellschafts- oder Wirtschaftsmodelle gibt, ich stelle lediglich fest, dass heute kein mehrheitsfaehiges anderes Modell existiert.
@ueli: fuer Sie und z.B.Urs, sicher auch Nadine und Andere moechte ich zum letzten Halbsatz anfuegen: Ich wuerde mich freuen, wenn ich mich irre!
@anh: Es kann sein, dass ich das gegenwärtige Wirtschaftssystem zu wenig gut verstehe. Dann liegt es aber vielleicht gar nicht an mir, sondern an denen, die das System so weiter betreiben wollen wie bisher mit dem Killerargument: „Lass nur, das verstehst Du sowieso nicht.“
@Anh Toan
Ich finde es gut, dass Sie sich wenigstens noch das wünschen, was Sie nicht für möglich halten.
Ich habe Ihnen als kleines Willkommensgeschenk zum „Club der potentiellen Kommunisten“ noch meine Ansichten zu Ihrem kuriosen Nexus „Eigentum – Marktwirtschaft“ gepostet (unter „Meine grössten Irrtümer“ ganz unten).
Ein froher Gruss an den zukünftigen Genossen „Grosser Bruder“!
@Josef: Wollen Sie verstehen, muessen Sie versuchen, sich die Dinge frei von Vorurteilen anzusehen.
@ueli; ‚meine Ansichten zu Ihrem kuriosen Nexus “Eigentum – Marktwirtschaft”.
Klar war meine Schlussfolgerung Privateigentum ist Marktwirtschaft unpraezise, ich haette zumindest schreiben sollen ‚Privateigentum fuehrt zwangslauefig zu Marktwirtschaft‘, und dann haette ich dies auch noch relativieren muessen mit z.B., sofern die Eigentuemer Menschen der in den letzten paar tausend Jahren auf der Erde lebenden Art sind.
Lese ich die Antworten (inkl ihre) auf meinen Kommentar, erscheint mir meine These zumindest nicht kurios.