Ratingagenturen als Sündenböcke

Wehren sich gegen die Ratings von Nicht-Europäern: EZB-Chef Jean-Claude Trichet und der luxemburgische Finanzminister Jean-Claude Juncker am EU-Finanzministertreffen in Brüssel, Juni 2011. (Bild: Keystone)
Nach der Herabstufung von Portugals Schulden auf Ramschstatus ist der Streit um die Ratingagenturen voll entbrannt. Am Donnerstag holten die beiden Jean-Claudes zu einer Attacke aus: Jean-Claude Juncker regte am Donnerstag die Schaffung von europäischen Ratings an, Jean-Claude Trichet meinte, es sei nicht ideal, dass ein Oligopol von drei Firmen (Fitch, Moody’s, Standard & Poor’s) alle Ratings vornähmen.
Auf einer abstrakten Ebene haben die beiden recht. Es ist grotesk, dass drei US-Firmen alle relevanten Wertpapiere der Welt bewerten. Mehr Wettbewerb würde der Branche gut tun. Ich verstehe auch nicht, warum man deren Geschäftsmodell nicht schon längst geändert hat. Es ist absurd, dass sie von ihren Auftraggebern bezahlt werden. Wo das hinführt, haben wir jetzt zweimal erlebt. Dotcom-Bubble und der Subprime-Bubble wären kaum möglich gewesen, wenn die Ratingagenturen nicht unprofitable Internetfirmen und undurchsichtigen strukturierte Produkte mit Höchstnoten geadelt hätten.
Auch historisch gesehen sind die Ratingagenturen skeptisch zu beurteilen. Bis vor hundert Jahren waren Geschäftsbanken dafür zuständig, zwischen guten und schlechten Risiken zu urteilen. Sie hatten die volkswirtschaftliche Aufgabe, die Spargelder einzusammeln und über Kredite und Anleihen Investitionen zu finanzieren. Sie waren auch dafür verantwortlich, die Verluste zu übernehmen, wenn sie sich in ihrem Urteil getäuscht haben. Seit wir Rating-Agenturen haben lagern die Geschäftsbanken ihre Verantwortung für die Risikobeurteilung der Wertpapiere aus. Wenn es schief geht, heisst es: Wertpapier XY hatte ein Triple-A, ist nicht unsere Schuld. Wofür haben wir denn überhaupt noch Banken? (Der Genfer Wirtschaftshistoriker Marc Flandreau und seine Mitarbeiter haben dazu einen interessanten wissenschaftlichen Artikel geschrieben.)
Im konkreten europäischen Fall aber teile ich die Kritik von Juncker und Trichet nicht. Was die drei Ratingagenturen in letzter Zeit entschieden haben, entspricht dem, womit die Märkte schon längst rechnen. Der letzte Entscheid – die Herabstufung von Portugals Schulden durch Moody’s – drückt sich seit einem Jahr in der steigenden Zinsdifferenz zwischen deutschen und portugiesischen Anleihen aus. Mittlerweile ist diese Zinsdifferenz bei zehn Prozent anbelangt. Man kann Moody’s nur vorwerfen, dass die Herabstufung nicht schon früher erfolgt ist.
Auch die Begründung von Moody’s ist gut nachvollziehbar. Sinngemäss hiess es, man habe wachsende Zweifel, ob die Euro-Länder in der Lage sein werden, die Schuldenkrise zu lösen. Wenn Jean-Claude Juncker nun die Rating-Agenturen dafür bestrafen will, dass sie schlechte Nachrichten überbringen, lenkt er nur vom eigentlichen Problem ab. Wachsende Zweifel am politischen Prozess haben mittlerweile alle Beobachter – egal, ob sie den Euro für wünschenswert oder eine Fehlkonstruktion halten.
Ich bin überzeugt, dass die Zinsdifferenzen schnell zurückgehen würden, wenn die Euro-Länder einen guten Plan zur Reduktion der Schulden in Griechenland, Irland und Portugal auf den Tisch legen würden. Diese Staaten sind faktisch zahlungsunfähig, also sollte man dieser Tatsache möglichst schnell gerecht werden, den Schnitt machen und Massnahmen zum Schutz der betroffenen Banken vorbereiten. Je länger man wartet, desto schlimmer wird es. Die Ansteckung greift immer mehr auf Italien und Spanien über.
Finanzkrisen finden oft im Herbst statt. Im September ist die nächste Tranche für Griechenland fällig. Wenn sich wieder dasselbe Drama abspielen sollte und die Euro-Länder immer noch keine Lösung präsentieren können, könnte es eng werden.
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Die Ratingagenturen sind für die jetzige Chaos nicht verantwortlich. Die Diskussion der Verantwortlichkeit der Ratingagentur ist eine taktische Ablenkung von aktuellem Problem der Staatsverschuldung und des Missmanagements der Staatsfinanzen, somit wird von der Unfähigkeit der wirtschaftspolitische Frage abgelenkt. Die EU Staaten und USA haben sich vor kurz nicht um seine Staatsverschuldung gekümmert, bis das Problem am Dampf ist.
Es fehlt in der Wirtschaftspolitik die fähige Leute, die die Wirtschaftspolitik eines Landes nachhaltig planen und gestaltet. Das grundlegende Problematik im Finanzsystem und der Staatsfinanz wurde nicht nur nicht-gelöst, sondern durch zusätzlichen Krediten die Situation verschlimmert, die expansive Geldpolitik der Zentralbank gab den Rest.
@ Schwarz. Diese Krise war ein gemeinschaftliche Leistung, nicht das Produkt eines Akteurs. Die Rating-Agenturen spielten ihre Rolle. Sie waren an der Uni, nehme ich an, und studierten Wirtschaft? Wussten Sie, dass die Wirtschaftsbuecher, mit denen Sie studierten, zum gleichen Konzern gehoeren wie Standard und Poor’s? Mc Graw Hill publiziert oekonomische Literatur, Standardwerke in VWL und Finance. Es ist kein Wunder, dass Wirtschaftsstudenten nicht sehr kritisch sind gegenueber Rating-Agenturen. Bitte beleidigen Sie Ihre Intelligenz nicht mehr mit diesem ‚expansive Geldpolitik‘ geschwafel, den alle nachplappern, sondern denken Sie einmal in Ihrem Leben selbstaendig darueber nach, wie ein Kreditgeschaeft funktioniert. Die Zentralbank wird dazu nicht benoetigt. Sie brauchen dazu nur einen Stift, ein Blatt Papier und grundlegendes Verstaendnis von Buchhaltung.
@Baer: Ob diese Krise eine gemeinschaftliche Leistung wäre, können wir darüber streiten. Die Rating Agenturen machten einen gravierenden Fehler, sie haben Produkten geratet, ohne verstanden zu haben, wie bei vielen Banken, die die Produkte vertreiben. Das ist das Blindvertrauen an gesellschaftlichen Status, den viele nicht verdienen. Die meisten Menschen wollen gar nicht ernsthaft mit komplizierten ökonomischen Modellen und verwirrten Gedanken konfrontiert werden – die Unwissenheit ist eine Segen, die ist die Quelle der Glückseligkeit, die meisten Menschen verfolgen unbewusst dieses Ziel.
Seit letzten zwei Jahren habe ich wiederholt über die negative Auswirkung der expansiven Geldpolitik der Zentralbank geschrieben, weil der Markt die überschüssige Liquidität nicht mehr aufnehmen kann. Dies führt zu vielen Nebenwirkungen, die wir jetzt spüren. Es ist kein Zufall, warum EUR, USD abstützt, die Verschuldung in EU, USA zu nimmt, die Rohstoffpreise innerhalb zwei Jahren sich verdoppelt haben, die Währung- und die Schuldkrise danach auslösten, die Arbeitslosenzahl in den USA wieder zu nimmt und einen höhen Niveau verharrt.
Wenn Sie das alles als zufällige Wahrscheinlichkeit betrachten, dann haben Sie die Wechselwirkung zwischen der Micro und Macro nicht richtig begriffen, wer hier zu sagen hat. Die Buchhaltung ist kein Schwerpunk, gehört zum Wahlfach eines Wirtschaftsstudiums, das hat seinen Grund – ein Wirtschaftswissenschaftler ist kein Buchhalter. Wenn ein Zentralbank Chef ein Buchhalter wäre, würde ich ernsthaft sorgen machen. In der Wirtschaftswissenschaft glaubt am Random Prinzip – mathematische Modell Ökonomie, was nur zum Teil der Wirklichkeit wiedergibt. Es geschieht nichts zufällig, wenn man die Entwicklung genauer untersucht. Ich gebe zu, haben ich nicht alle Entwicklung richtig einschätzt, aber wenn Sie die Texte, die ich in letzten zwei Jahren geschrieben haben, auch gelesen haben, werden feststellen, dass ich mit meiner Einschätzung nicht so schlecht lag.
Schwarz: Ein Kredit ist eine buchhalterische Operation, und ihre Ersparnisse sind das Resultat einer Bucheintrags in die Buecher einer Bank. Sie sprechen von ‚Liquiditaet‘, als waere Geld etwas trinkbares. Wachen Sie endlich auf und denken Sie selbst nach.
Als John Moody zu Beginn des 20. Jahrhunderts damit begann, Informationen ueber Firmen zu sammeln und in einem Heft zu publizieren, riet ihm ein Freund, er solle nicht die Infos publizieren, sondern einfach die Infos selbst interpretieren und mit einem Rating zu versehen. John Moody wehrte sich lange Zeit gegen diese Idee, da sie ihm zufolge zu Missbrauch fuehren wuerde. Wie recht er hatte. Findet man diesen Aspekt der Firmengeschichte wohl auf der Website von Moody’s?
Ratingagenturen sollen, wie jede andere Firma, fuer ihre Produkte haften. Ihr Produkt ist ein Rating. Wenn ein Rating daneben lag (das kann man problemlos rechtlich definieren), dann haftet die Agentur fuer den gesamten entstandenen Schaden. Alles andere ist ein Mangel an Haftung.
@Baer:
Oh, ja! Dasselbe machen wir mit Ärzten, Ernährungsberatern, Bankern, IT-Consultants etc. Wenn etwas schief geht, sollen sie zahlen!
Natürlich unabhängig davon, ob wir uns an ihre Empfehlungen gehalten haben oder nicht! Sonst müssten wir ja am Schluss tatsächlich auch noch die Verantwortung für unser eigenes Tun übernehmen. Welch unerträglich antisozialer Gedanke! Pfui!
@ Monsieur Ernst. Ich weiss nicht, was sie genau mit Ihrer Aussage meinen – sie ist ein wenig diffus verfasst. Ich nehme aber an, es ist ein Versuch, den Konsumentenschutz zu kritisieren. ‚Caveat Emptor‘ in Ehren, aber Menschen existieren nicht bloss, um zu beweisen, dass radikaler Wirtschaftsliberalismus ohne Konsumentenschutz die beste Staatsform ist. Ich schlage vor, Sie gehen in ein Land, in dem es keinen funktionierenden Konsumentenschutz gibt. Nach China oder Brasilien beispielsweise, wo Milchproduzenten ihre Milch mit Melamin streckten, um Extraprofite zu erwirtschaften. Sagen Sie den tausenden von Muettern von kranken Kindern, sie haetten halt die Milch testen sollen? Es braucht leider Konsumentenschutz, solange Unternehmen stalinistische Institutionen sind, welche Profite ueber das Wohl des Individuums stellen. Sobald Unternehmen demokratisch funktionieren und nicht mehr kollektivistische Diktaturen sind, braucht es auch keinen Konsumentenschutz mehr. Wenn meine Pensionskasse, auf welche ich keinerlei Einfluss ausueben kann, eine Wertschrift kauft, welche von S&P falsch geratet wurde, dann koennen Sie mir noch lange erzaehlen, ich haette mich halt informieren koennen.
Baer, …
…und doch sind Sie und alle anderen per gesetzlichem Dekret selber schuld wenn die PK-Renten-Ersparnisse in den Sand gesetzt werden. Rechtlich abgesichert, mehr oder weniger, sind nur ein paar Konditionen aber nicht der ganze Betrag und auch nicht die ständig versprochenen Renten… so oder so, absulut lächerlich sowas auch noch für einen zeitraum von +40 jahren aufrechterhalten zu wollen…
Grundsätzlich ist nur ein Rentensystem basierend auf einem Umlageverfahren in dem eben genau kein Kapital angespart werden muss sicher… das heisst, sofern sich gewisse Verantwortliche nicht darauf konzentrieren mit den Rentensystemen auch noch max. Renditen erwirtschaften zu wollen. Das hat meiner Meinung nach in einem Rentensystem überhaupt keine Rechtfertigung…
Mir sträuben sich die Nackenhaare wenn ich an das PK System denke… und die vielen Jahre die das noch aufrechterhalten werden muss.
Je suis d’accord
@Baer
Ich bin keineswegs ein Advokat von Schweinereien wie die von Ihnen (18:34) erwähnten. Ich bin sehr wohl für Produktehaftung und verlange darüber hinaus klare Deklarationen (was wir heute NICHT haben, weil z.B. die Nahrungsmittelproduzenten die Deklarationsvorgaben manipulieren. Im Gegensatz zu den Konsumenten hocken sie nämlich in den entsprechenden „staatlichen“ Fachgremien – so wie die WHO von der Pharma unterwandert und manipuliert ist…)
Ich halte aber den Ansatz, den Konsumenten als armes Opfer und den Verwender von Empfehlungen und Informationen als armes Manipulationsopfer der übermächtigen Informanten zu sehen für völlig kontraproduktiv.
Wenn Sie ein demokratisches Unternehmen haben wollen – gründen Sie eines! Wer ein von einem Unternehmer auf sein Risiko und mit seiner Energie gegründetes und entwickeltes Unternehmen plötzlich „verdemokratisieren“ will begeht schlicht Diebstahl. Es steht aber den Angestelltinnen und Angestellten frei, sich eine Aktienmehrheit zu kaufen und den Laden zu übernehmen.
Die Pensionskasse ist gerade ein Beispiel, was passiert, wenn der einzelne eben NICHT wählen kann, sondern vom ach so fürsorglichen sozialistisch gesinnten Staat zu (s)einem Glück bevormundet wird. Ich würde heute keinen müden Rappen in eine Pensionskasse einzahlen, wenn ich nicht müsste. Zu leicht kann der Staat unter irgendeinem Vorwand mein dort gesammeltes Erspartes konfiszieren und „umverteilen“. Demokratie schützt nicht vor Diebstahl!
@ Ernst. Genau gleich argumentierten Sklavenhalter. Sklaven Rechte zu geben bedeutet faktisch die Enteignung des Sklavenhalters. Lesen Sie einmal die Argumentation von George Fitzhugh fuer die Sklaverei, die verlaeuft entlang derselben Logik. Es steht den Angestellten natuerlich nicht frei, die AG zu kaufen, da sie die Mittel dafuer nicht haben. Es steht mir auch nicht frei, demokratische Unternehmen zu gruenden. Jeder Jurist weiss, dass Freiheit aus rechtlichem Duerfen und faktischem Koennen besteht. Rechtliches Duerfen ist schnell erreicht, aber die institutionellen Barrieren sind so hoch, dass es faktisch unmoeglich ist. Genau gleich waere es in einer Sklavenhaltergesellschaft verdammt schwierig, eine Unternehmung zu gruenden, welche die Arbeiter gut behandelt – diese Unternehmung waere im Vergleich weniger kompetetiv, da eine Unternehmung basierend auf Sklaverei offensichtlich einen Kostenvorteil geniesst. Wenn einem Arbeiter eine Unternehmung nicht passt, weil er schlecht behandelt wird, kann er die Unternehmung wechseln. Das ist dasselbe Spektrum von Optionen wie in einer Diktatur. Lybier koennen auch das Land wechseln, wenn sie wollen. Waere es eine Demokratie, koennten Sie die Institution mitveraendern, nur weil sie Menschen sind.
Ueberdies sollten Sie einmal ueber die Genealogie von Eigentum nachdenken. Nicht Demokratie ist Diebstahl, sondern Eigentum selbst ist Diebstahl (lesen Sie Proudhon: Propriete c’est le vol). Jede erste Form von Eigentum hat andere Leute daran gehindert, etwas zu benutzen. Jeder Kaufvertrag besteht aus Rechten und Pflichten. Als der erste Eigentuemer Land einzaeunte und so zu seinem Eigentum machte, war das unmoeglich ein gueltiger Kaufvertrag, weil niemand ihm dieses Recht geben konnte. Und wem gegenueber verpflichtete sich der Eigentuemer? Offensichtlich niemandem. Sie sehen: Wie Sie es drehen und wenden, Eigentum kann nicht moralisch gerechtfertigt werden, weshalb auch kein einziger mir bekannter Oekonom sich damit auseinandersetzte (ich habe lange gesucht).
Hr. Ernst,
wenn Sie „vom Staat“ sprechen… wen oder was genau meinen Sie damit? Korrekt wäre doch die politischen Mehrheiten, die Personen die von diesen gebildet werden und die Gesinnung als Gesamtheit zu betrachten… plus natürlich die Bürger und den aktuellen Zeitgeist mit ihren Stimmen die sich auf Wahlzetteln manifestieren.
Wäre es dann nicht hilfreicher, wenn man „Staat“ verwendet, so konkret wie möglich zu personalisieren oder gruppieren anstatt das ganze annonym zu belassen? Das würde doch den Wiederspruch von „…Zu leicht kann der Staat unter irgendeinem Vorwand mein dort gesammeltes Erspartes konfiszieren und “umverteilen”. Demokratie schützt nicht vor Diebstahl!…“…. auflösen. Der Staat würde Ihnen kein Geld aus der Tasche ziehen sondern die Vertreter gewisser Partikularinteressen (die sich über die Demokratie stellen) bei denen die Bürger in der Regel keinerlei Mitspracherechte erhalten und somit von der Entscheidungsfindung eigentlich ausgeschlossen sind.
Besonders gefährlich wäre gerade eine freie Wahl der PK’s weil schon heute genügend in hellgrauer Kleinstschrift verfasste AGB’s das eigentlich Demokratische Fundament des OR komplett aushebeln können. Es reicht also nicht mehr nur, das OR einigermassen zu kennen und zu interpretieren, nein man muss sich zusätzlich noch mit zahllosen Varianten von privatrechtlich ausgearbeiteten AGB?s beschäftigen welche beliebig das OR missachten und missbrauchen.
Solange das die Unternehmen gegenseitig mit sich machen ist das eher egal da diese in der Regel Rechtsanwälte abonniert haben. Ist es aber wirklich nötig das sich die Bürger auch noch vor jedem Vertragsunterzeichnen mit einem Rchtsanwalt absichern müssen? Kann man die Eigenverantwortung nicht auch zu weit treiben und die „Bervormundung“ durch den Staat zu weit zurückdrängen?
Was wohl würden die PK Profis mit den einbezahlten Rentengeldern alles veranstalten…nachdem die Versprechungen in den Hochglanzprospekten mit den AGB’s ausgehebelt worden sind…? Geht doch in die gleiche Richtung wie das mit den Produktedeklarationen…
@Baer: „Wenn meine Pensionskasse, auf welche ich keinerlei Einfluss ausueben kann, eine Wertschrift kauft, welche von S&P falsch geratet wurde“ muesste eigentlich der PK Verwalter/Anlagechef verantwortlich sein, er kann nicht seine Verantwortung einfach an die Ratingagenturen delegieren.
Sie verlangen eine Haftung fuer reine Vermoegensschaeden (nicht mit Sach- oder Personenschaden verbunden), und zwar ohne vertragliche Grundlage (Ihre PK hat das Rating nicht gekauft, sie hat somit keinerlei vertragliche Ansprueche gegenueber der Ratingagentur) beruhend auf was? Es gibt eine solche Haftung aus unerlaubter Handlung, jedoch nur bei Vorsatz (Betrug).Wollen Sie diese Haftung auf (Grob-) Fahrlaessigkeit ausdehnen, waere es wohl besser, oeffentliche Auesserungen (Publikation einer Studie, Dissertation) grundsaetzlich zu unterlassen.
Das allergroesste Problem bleibt der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Rating und Anlageentscheid, geradezu unmoeglich wirds, wenn der Entscheid dazu gefuehrt hat, gerade KEINE Transaktion zu taetigen. (An welchem Tag, zu welchem Kurs, mit welchem Volumen, haette Ihre PK eine Transaktion getaetigt, wenn die Ratingagentur zu einem anderen Ergebnis gekommen waere, und wie waere der Kursverlauf mit diesem Rating gewesen.
Ausservertragliche Verantwortlichkeit fuer fahrlaessige reine Vermoegensschaedigung ist Schwachsinn. Freuen darueber koennten sich einzig Anwaelte.
@Baer: Am ehesten hat Ihre PK einen Anspruch gegenueber demjenigen, der die Wertschrift verkauft hat: Dieser wurde durch das falsche Rating ungerechtfertigt bereichert, er konnte „zu teuer“ verkaufen. Sie muessten also den Verkaufsvertrag wegen Irrtum als nichtig erklaeren. OR Artikel 23. Der entscheidende Punkt kommt in Artikel 24 Absatz (nicht Ziff) 2: Es handelt sich hier um Grundlagenirrtum der nicht beruecksichtigt werden kann. weil sonst zB der Kaufvertrag fuer die Familienkutsche vom vermeintlichen zukuenftigen Vater nichtig wuerde, wenn die Frau nie schwanger war. Die zwei Artikel des OR sind zwar nicht leicht verstaendlich, sie gelten im Prinzip seit den Roemern, und ich weiss von keinerlei ernstzunehmender Kritik daran: Motivationsirrtum macht einen Vertrag nicht nichtig.
Ausservertraglich Haftung ist tatsaechlich ein komplexes Feld. Soweit ich mich erinnere gibt esda einen Praezedenzfall am BGer, der aehnlich war: Ein Experte schaetzte eine Liegenschaft im Auftrag eines Hauskaeufers und uebersah Maengel. Ein paar Monate spaeter wurde das Haus von einem anderen Kaeufer gekauft, der aber dieselbe Expertise brauchte. Es ergab sich die Frage, ob der Experte haftet fuer ein Rating, das er nicht fuer den speziellen Kunden verfasste. Das Urteil fiel, glaube ich, zugunsten des Experten aus. Macht auch Sinn. Ich schlage trotzdem vor, dass man besagtes Gesetz einfuehrt. Das wuerde so toenen: „Wenn eine Rating-Agentur eine Wertschrift einer Institution wenige Tage vor der Insolvenz dieser Institution positiv (>A) bewertet, obschon es bei gruendlicher Informierung moeglich gewesen waere, eine bessere Schaetzung zu erzielen, haftet die Rating-Agentur fuer saemtliche entschandenen Schaeden.“ Das war ‚off the top of my head‘, koennte man sagen. Was denken Sie?
@Baer: Lesen Sie, was ich zum Kausalzusammenhang zwischen Rating und Anlageentscheid geschrieben habe, vor allem zu unterbliebenen Transaktionen. Sie bekommen auch Probleme mit der Schadensbegriff: Damit der Glauebiger einen endgueltigen Schaden hat, muss der Schuldner pleite gehen und zwar verursacht durch falsches Rating, mit anderem Rating haette er seine Verbindlichkeiten erfuellen koennen. In den wenigen Faellen, in denen diese Annahme nicht schlicht Mumpitz ist, duerfte der Beweis (Kausalitaet des Ratings fuer die Pleite) ziemlich utopisch sein.
Eine Rating ist eine Wertung und damit deren Inhalt keine Tatsache (Tatsache ist nur, dass dieses Rating vergeben wurde). Es geht um die Wahrscheinlichkeit eines zukuenftigen Zahlunsausfalls, Zukuenftiges ist weder wahr noch unwahr, weder richtig oder falsch, schlicht unbekannt. Wenn ich schreibe. morgen koennen alle Menschen fliegen, ist dies heute weder falsch, noch unwahr oder gelogen. Gegenstand unwahrer Auesserungen kann nur Vergangenes sein, nie Zukuenftiges.
Die Rating-Agenturen in USA sollen vor der eigenen Türe wischen.Sie sind ebenso unnötig wie die Analysten. Absolut unnötige
Unkosten.
Die Frage, ab wann man von einem “Default” sprechen kann, erinnert mich an die “Lewinsky-Affäre”. Der damalige US-Präsident Bill Clinton versuchte damals bei einem Absetzungsverfahren (gegen ihn) seine Haut zu retten, indem er seine Opponenten und vor allem die Öffentlichkeit zu überzeugen versuchte, dass er mit der Praktikantin Monica Lewinsky nur Oralsex hatte. Also das heisst keinen Geschlechtsverkehr. Damit insinuierte er: „Kein Geschlechtsverkehr = kein Ehebruch“ (oder so was ähnliches).
Klar müssen die Ratingagenturen zurzeit als Sündenböcke herhalten. Und dies obwohl sie lediglich in chronologischer Folge die Fähigkeit eines Schuldners, seine Schulden zurückzuzahlen, einschätzen.
Vor ein paar Jahren war die berechtigte Kritik, dass die Ratingagenturen zu stark von den zu „schätzenden/einzustufenden“ Firmen abhängen, weil letztere ja auch gleichzeitig Kunden waren. Es gab/gibt einen klaren Interessenskonflikt.
Diese Kritik ist seltsamerweise völlig verstummt. Noch schlimmer: die Kritik zurzeit ist genau umgekehrt. Man unterstellt den Ratingagenturen jetzt, dass sie zu negativ bewerten und dadurch die Krise verschärfen. Fundamentalisten gehen sogar soweit, dass sie den Ratingagenturen die Hauptschuld am europäischen Schuldendesaster geben (und wer weiss, vielleicht auch an allen anderen Problemen dieser Welt). Die Beweggründe für ein solch diabolisches Verhalten sehen die Kritiker (zwar meistens nur vage und geheimnisvoll) in einer Verschwörung der USA gegenüber Europa. Was die USA jedoch zurzeit mit einer Schwächung Europas bezwecken will, bleibt unbeantwortet. Die enorme Gefahr für die USA, sich von der Euro-Krise anzustecken ist für jeden rational Denkenden zu offensichtlich.
Natürlich denke auch ich, dass das Vorgehen der Ratingagenturen nicht immer richtig und nachvollziehbar ist. Aber das ist „Peanuts“, ein kleiner Nebenschauplatz, der vom wirklichen Problem ablenkt. Und es ist klar, dass den Politikern diese Ablenkung gerade recht kommt. Der Schlüssel zur Entschärfung der Krise liegt aber trotzdem nach wie vor hauptsächlich bei den Politikern.
Denn auch ohne US-Ratingagenturen oder mit europäischen, asiatischen oder grönländischen wissen wir gleich viel: es wurde und wird mehr ausgegeben als eingenommen wird. Und der Euro kann nur mit einer Transferunion (Eurobonds, Direktzahlungen, etc. etc.) überleben.
@Hampi: Eigentlich ist dies alles ziemlich offensichtlich, ob mit oder ohne Schuldenschnitt, ob dieser als Default bezeichnet wird oder nicht, immer nur das Problem drei Monate zu verschieben ist keine Loesung (mehr), da es schneller und schneller waechst (Am Freitag war Italien dran). Frau Merkel, hoeren Sie auf den Schaueble zum Sondieren vorzuschicken(Bankenbeteiligung), sich hinter Juncker und EZB zu verstecken beziehen Sie endlich eindeutig Position, vergessen Sie Meinungsumfragen, fuehren und lenken Sie. Sie sind die Kanzlerin des groessten Zahlers, wo gehts lang bitte?
@Anh Toan:
Das ist ein Schlüsselsatz, dem ich so 100% zustimme, dass ich ihn hier gerne wiederhole: An Frau Merkel:
„Frau Merkel, hoeren Sie auf den Schaueble zum Sondieren vorzuschicken(Bankenbeteiligung), sich hinter Juncker und EZB zu verstecken beziehen Sie endlich eindeutig Position, vergessen Sie Meinungsumfragen, fuehren und lenken Sie. Sie sind die Kanzlerin des groessten Zahlers, wo gehts lang bitte?“
Leider ist Mutti ein Apparatschik, geübt, in gegebenen Strukturen grosser Organisationen mit List und Tücke aufzusteigen, aber keine Führungspersönlichkeit. Jetzt ist sie an der Spitze des Apparates – und weiss nicht, was tun.
PS: Merkel ist nicht die einzige. Auch der CH-Bundesrat, SNB etc. besteht an der Spitze primär aus Apparatschiks. Das einzige, was die können, ist, sich politisch korrekt nach Umfragewerten richten und schöne Sprüche absondern.
Anh Toan sagt:
9. Juli 2011 um 14:11
Ja genau, es ist zu hoffen, dass Angela Merkel die Zeichen der Zeit erkennt. Es sieht zurzeit so aus, als ob die Euro-Weiterwursterei wie bis anhin zu einem Ende kommt. Der Markt hat den „Bluff“ der Politik schamlos aufgedeckt.
Jetzt geht´s um Alles oder Nichts: einzig kühne und mutige Massnahmen können das Jahrhundert-Desaster noch verhindern.
Und ohne „Leadership“ seitens Angela Merkel ist sowieso alles verloren!
Anh Toan sagt:
9. Juli 2011 um 14:11
Du sagst es: es ist alles so offensichtlich. Und gerade das ist das wahre Drama. Man braucht nicht Wirtschaft studiert zu haben, es genügt, wenn man sich tagein/tagaus ein bisschen informiert, um das Desaster kommen zu sehen. Ich komme nicht mehr aus dem Staunen heraus.
Es ist allertiefste Schublade, was die Politiker (und indirekt auch die europäische Bevölkerung) zurzeit bieten. Was hat Frau Merkel gestern gesagt? Alles ist in Ordnung oder sowas ähnliches? Ich frage mich echt, wie weit man von der Realität entfernt sein muss, um solchen Mist zu sagen.
Warum um Himmels Willen merken die Politiker nicht, dass die Welt endlich eine wirkliche, nachhaltige, unpopuläre Massnahme hören will (z.B. Eurobonds, Eurobonds oder Eurobonds).
Heute auf dieser Seite: „Schäuble zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Streit bis zur zweiten Augusthälfte gelöst werden könne. Spätestens bis dahin müsse ein neues Griechenland-Paket beschlossen werden“
Ja glaubt ihr,die Welt wartet auf Euch, waehrend ihr in den Urlaub faehrt? Man sollte alle (Europa Staatschef + Notenbank, EZB, EU, IWF, CEO’s der Banken, CEO’s der Ratingagenturen) in einen Raum sperren und sie erst wieder rauslassen, wenn sie sich einig sind, wie bei der Papstwahl! Schneller werdende Welt?
Die Staatsschuld der USA ist eine Symptom des Handelsbilanzdefizites der USA. Die USA könnte zwar mit Inflation die eigene Währung abwerten und dadurch die Staatsschulden gegenüber dem Ausland reduzieren (allerdings auch das Vertrauen schwächen und eine Kapitalflucht auslösen). Die eigentliche Ursache, das Handelsbilanzdefizit der USA, wäre aber immer noch da. D.h. es müssten weiterhin neue Schulden gemacht werden, was aber nach dem Vertrauensverlust teuerer werden würde. Gebremst wüde die Abwärtsspriale nur dadurch, dass sich der US-Lebensstanard massiv nach unten anpassen würde. Logischerweise verspricht deshalb die US-Politik der Bevölkerung immer neue Auswege, obwohl das permanente Über-die-Verhältnisse-Leben noch niemandem gelungen ist…
Es gibt nur eine politische Lösung für das Problem.Die Diskussion um irgendwelche Ratings ist fruchtlos in dieser Situation, da wir es mit einem grundsätzlichen Systemversagen, ausgelöst von kriminellen Elementen in der US Finanzwirtschaft,geduldet von der US- Regierung, zu tun haben.The same ol’game.Das sollten sich alle Beteiligten auch einmal eingestehen.Wir Europäer,und dazu gehören auch wir Schweizer, jetzt merkts der hinterste und letzte,müssen hier zusammenstehen und Gegensteuer geben und unseren amerikanischen Freunden klarmachen : So nicht, pals.Wenn sich diese Einsicht durchsetzt, hat diese Krise auch ihr Gutes !
Es wird hier auch immer die Staatsschuld der USA angesprochen. Erstens existieren zumindest Warnungen eines möglichen Downgrades der US Schulden von Seite der Ratingagenturen.
Auch muss man beachten, dass die Schuld der USA in USD ist der eigenen Währung über die sie selbst die Kontrolle haben. Das ist der grosse Unterschied, denn Griechenland ist in Euro verschuldet, der v.a. von Deutschland und Frankreich dominiert wird. Die Griechen selbst würden, wenn sie eine eigene Währung hätten Geld drucken, was das Zeug hält und sicher nicht die Zinsen anheben wie gestern die EZB. Aber so leiden sie an dem für sie zu starken Euro, der ihre Konkurrenzfähigkeit zerstört und sind in dieser doch recht starken Währung verschuldet.
Noch etwas: Das Rating der USA betrifft deren Staatsschuld und nicht die Währung selbst, dass diese durch exzesives Geld drucken fallen kann um die Schulden zu reduzieren ist nicht Bestandteil der Bewertung.
Genau so ist es: Die USA werden ihre Schulden immer zurückzahlen können, da sie einfach Geld drucken können. Ergo ist eine AAA Bewertung der USA vollkommen korrekt. Dass das Geld dann am Schluss nur noch halb so viel (oder noch weniger) wert ist, ist natürlich ein ganz anderer Aspekt.
Weil die Griechen kein Geld drucken können, können sie ihre Schulden nicht zurückzahlen. Ergo ist eine schlechte Bewertung völlig korrekt. Beim einem allfälligen Schuldenschnitt müssen dann die Gläubiger auf die Hälfte verzichten, was im Prinzip genau dasselbe ist, wie der Währungsverlust den die Gläubiger bei den USA in kauf nehmen müssen. Nur eben, die USA bezahlen auf dem Papier tatsächlich die Schulden zurück …
@Peter Burkhard
Sie haben natürlich recht, die USA können das machen. Aber die Europäer könnten es genauso machen. Insofern ist die Euro-Krise keine Schuldenkrise, sondern eine politische Krise!
Obwohl die Menschen in 21 Jh leben, aber die Struktur der Finanzmärkte und die Menschen, die sie regulieren, sind primitiv. Es fehlt die grundlegenden Verständnisse der empirischen Zusammenhänge. Das System ist schlecht und unübersichtlich; das hat seinen pratischen Grund, nämlich garantiert eine kleine Gruppe der Menschen dadurch Profite erzieht wird.
Die Rating Agenturen amerikanisch sind, können die Amis nicht dafür, weil die Europäer sich in der Vergangenheit nicht bemüht haben, eigne Rating Agenturen auzufbauen. Sie haben wie alle andere die Amis vertraut. Ich kann einen Satz meines Prof. der VWL erinnern: „Die Amis sind die besten Ökonomen …“ , das habe ich damals schon widersprochen. Die Theoretiker der Ökonomie sind blind für die Wirklichkeit, sie fragen nicht was nach der Theorie geschieht. Die Wahlfreiheit und Unabhängigkeit einer Nation ist höhstes Gut, nicht nur das Vermögen oder Kaufkraft.
Die Ratingagenturen haben natürlich recht. Aber sie sagen damit nur 0.5% der ganzen Wahrheit. Die ganze Wahrheit wäre, dass dieses renditeorientierte Investitions- und Finanzsystem ganz grundsätzlich, als System, schon längst Ramsch-Status erlangt hat. Die Investitionsfunktion unserer Weltgesellschaft ist ausgefallen, weil das heutige Finanzsystem bereits von seiner Konstruktion her gar nicht funktionieren kann. Jetzt haben wir noch eine NICHT funktionierende Wirtschaft. Wenn wir keine FUNKTIONIERENDE Wirtschaft etablieren, dann haben wir bald GAR KEINE mehr. Es ist an der Zeit, alternative Wirtschaftsformen zu entwickeln, zu evaluieren und umzusetzen.
na dann mach mal!
Tatsache ist, dass es der Welt noch nie so gut ging wie bisher in diesem Jahrhundert; auch den Ärmsten (von denen es immer noch viel zu viele gibt). Das gilt sicherlich auch in Deinem Leben, verglichen mit dem Deiner Ahnen (Ausser die waren adelig) .
@Regez, was heisst „gut geht“ in Absoluten und Relativen Parametern? Nur „gut geht“ reicht offensichtlich ja nicht aus… diese Behauptungen immer wieder vorgebracht in ihren X Varianten lassen die aktuellen Brandstifter ungeschoren davon kommen…
Da gehen unüberwindbare Gräben auf… und diese, so denke ich, lassen sich nur mit Alternativen Modellen beheben. Alles andere, auch viele Vorschläge in den Medien sind nicht’s mehr als Korrekturen innerhalb eines maroden Systems das es bis heute nicht geschaft hat mit saturierten Märkten und stagnierendem Wachstum umzugehen… da kommt ejder mal an die Reihe solange wie man das System im gleichen Sinne weiterbetreibt wie am Anfang…
Besonders „lustig“wird es wohl werden wenn etwa China sich dazu herablässt uns Kredite zu geben die dann über Jahrzehnte abbezahlt werden müssen. Dies ist der Hauptgrund das zahllose Unterentwickelte und Arme Länder auf keinen grünen Zweig mehr kommen. Die bezahlen in der Regel durch ihren Schuldendienst ein mehrfaches an Zinsen in die Kreditgeberländer zurück als Entwicklungshilfe transferiert wird und Wohlstand geschaffen wird…
Wurscht ob das nun eine ganze Nation oder ein Indivduum ist… das Zinssystem hat schon so manchen zur Strecke gebracht.
Der Hauptgrund, dass zahlreiche unterentwickelte und arme Laende nicht auf einen gruenen Zweig kommen, ist die Abschottung der westlichen Maerkte fuer die Produkte, welche arme und unterentwickelte Laender dank tiefer Boden- und Arbeitskosten konkurrenzlos billig produzieren koennen und exportieren koennten: Landwirtschaftprodukte.
Koennten diese ihre Landwirtschaftsprodukte in den westlichen Maerkten verkaufen, brauechten sie keine Kredite, da sie Devisen zur Finanzierung der Infrastruktur zur Industrialisierung aus dem Export landwirtschaftlicher Produkte erhalten. Die industrialisierung dieser Landwirtschaft waere der „natuerliche“ Weg zur Industrialisierung des Schwellenlandes.
Lieber Urs Brock, ich teile Ihre Kritik an WTO (an anderen Orten), jedoch nicht da, wo die WTO liberalisiert, sondern wo weiterhin ein grosser Teil der potentiellen Anbieter von den groessten Maerkten durch Handelshemmnisse ausgeschlossen bleiben. In den Bereichen, in denen Industrienationen stark sind, wird liberalisiert, in Bereichen, in denen Schwellenlaender stark waeren, wird das Recht zum Schutz der heimischen Wirtschaft zementiert. Da muss Kritik an der WTO ansetzen.
Unter http://www.welthungerhilfe.de/uploads/tx_dwhhinfomaterial/WHI_2010_final.pdf finden Sie den Welthungerindex, der die absolute Armutssituation von 1990 bis 2010 vergleicht. Zwar sagt der daraus ersichtliche, deutliche Rueckgang von Armut, und die dargelegten Gruende, warum in manchen Laendern dieser nur gering ist (Subsahara: Krieg, Buergerkrieg etc.) nicht, dass man in dieser Zeit nicht haette mehr erreichen koennen, und das Problem relativer Armut in der westlichen Welt besteht tatsaechlich, dennoch hinterlaesst dieser Bericht einen durchaus positiven Gesamteindruck, nicht betreffend den Ist-Zustand, sondern betreffend die Entwicklung.
@anh toan
Im Jahr 2000 hungerten noch 300 Millionen Menschen weniger als heute und das Milleniumsziel innerhalb von 15 Jahren die Anzahl Hungernden zu halbieren wurde mehr als deutlich verfehlt. Dementsprechend ist ihr verhaltener Optimismus nicht nachvollziehbar.
Weiter zur WTO und anderen „Verbrecherorganisationen“. Sie kritisieren, dass Märkte sich immer noch abschotten, während doch überall fleissig liberalisiert werden sollte und damit ein „Maximum an Wohlfahrt für die Bürger“ erreicht werden könnte. Da verwechseln sie doch glatt die liberale Ideologie mit der Realität. Es ist doch kein Zufall, dass der „starke Westen“ ein Bollwerk an Protektion errichtet hat, während er seinen geprellten Rivalen aus dem Süden das „Volle Programm Liberalisierung“ empfiehlt.
@Ueli: Was ist Ihre Quelle fuer 300Mio mehr Hungernde?
@anh Toan
Nun, Herr Toan. Ich habe noch selten einen Alt-68er getroffen, der nicht von sich behauptet hat mindestens ein cooler Hippie-Kommunist gewesen zu sein und das gleiche gilt für diejenigen, die behaupten in den 80 Jahren sich urplötzlich zum Punk gewandelt zu haben, der aber dann in den 90er Jahren seine Lederjacke mit dem Nadelstreifenanzug getauscht hat und nun ein „braver Bürger“ geworden ist.
Im Jahre 2011 ist der Kommunismus oder die Anarchie nicht mehr so in Mode wie anno dazumal und das finde ich genau klasse. Die ganzen halbstarken Pseudointellektuellen studieren jetzt lieber Marketing und passen sich schon mit 20 an. Sie sehen – mit ihrem „Realismus“ sind Sie in altbekannt guter Gesellschaft – oder einfach dort – wo alle jetzt sind!
@Ueli: Sie sehen – mit ihrem “Realismus” sind Sie in altbekannt guter Gesellschaft – oder einfach dort – wo alle jetzt sind!
Lieber Ueli, kann ich denn meine Traueme, Ideen von mir aus auch Wahrheiten (fast) Allen anderen aufzwingen? Wie weiss ich, dass ich Recht habe? Und selbst wenn, hab ich das Recht mein besseres System durchzusetzen? Aber noch viel wichtiger, will ich mich damit BESCHAEFTIGEN? Ist noch vor meiner Umwelt vor allem mir mehr gedient, wenn ich deren Wahrheiten nicht radikal in Frage stelle, sondern versuche, in diesem System irgend etwas zu tun, indem ich gut bin und das mich befriedigt, in einem Umfeld das mich akzeptiert? Soll ich zum sozialen Eremiten werden, nur um meine Integritaet zu wahren? Muss ich mich so ernst nehmen? Mach Dich locker, Junge!
@anh toan
Da gebe ich ihnen recht. Es ist kein Zuckerschlecken sich gegen den Mainstream zu stellen und ein „Revolutionär“ zu werden. Aber wie schon Mr. Durden in „fight club“ sagte: Alles was wir Menschen heute wertschätzen ist aus Schmerz geboren. Sie müssen auch keine Angst davor haben, dass ich Sie in meinem „idealen Nicht-Staat“ direkt ins Gulag werfen würde, da eine solche Institution nicht vorgesehen ist. Sollte es aber auf dem Weg zu „meiner“ Utopie zu Schwierigkeiten kommen, entschuldige ich mich im voraus dafür und mache indirekt die dialektischen Gesetze der Weltgeschichte dafür verantwortlich, da diese doch zuweilen recht unberechenbar „gute Intentionen“ in „böse Überraschungen“ verwandeln können. Aber wenn die Revolutinäre der französischen Revolution „Hasenfüsse“ gewesen wären, würden wir wahrscheinlich immer noch im ancien régime leben. Und deswegen: Vive la Revolucion!
Das Problem gesaettigter Maerkte haben wir fruehestens und hoffentlich in zwei bis drei Generationen. 70% der Menscheit lebt auf 5m2 Wohnraum pro Kopf, 1-2 Fahrzeug (hauefig Fahrrad oder besseres Motorfahrrad) pro Familie, schlaeft in Haenge- oder auf Strohmatten, hat nur begrenzten Zugang zu Bildung- und Gesundheitswesen, besitzt keinerlei Sport- oder Freizeitequipment, keine Schutzkleidung bei der Arbeit. wenn Fleisch oder Fisch gegessen wird, sind es vielleicht 75 Gramm pro Mahlzeit……….
Herr Brock, gesaettigte Maerkte sind noch weit weg!
@Toan 10:35: Arbeitslosigkeit ist ein Aspekt gesättigter Märkte. Wenn Märkte nicht gesättigt wären, gäbe es immer noch viel Arbeit und somit keine oder nur wenig Arbeitslosigkeit (zB in den USA).
@anh Toan
Ich bin da ein bischen „apokalyptischer“ eingestellt als Sie. In 2 bis 3 Generationen ist uns der ganze Laden schon längst in die Luft geflogen, wenn wir nicht das schöne kapitalistische System mit etwas „Humanerem“ substituieren (nennen sie es Anarchokommunismus 2.0 – nicht zu verwechseln mit Stalinismus 1.0). Ich jedenfalls will nicht in einer postapokalyptischen sozial verwilderten Bürgerkriegsregion meine Rente (die ich leider erst im Jahre 2050 beanspruchen kann) geniessen, die dann noch etwa langt um mir ein Stück Knochen mit meinem Hund zu teilen.
@Nadine Binsberger
Mit anderen Worten: ungesättigter als in der Schweiz geht’s fast nicht mehr!
@Nadine Binsberger: In Ertrea ist die Arbeitslosigkeit viel hoeher als in den USA,was schliessen Sie daruas ueber die Saettigung der jeweiligen Maerkte. Haben wir gesaettigte Maerkte, werden wir wohl Arbeiotslosigkeit haben, was nicht heisst, dass wir gesaettigte Maerkte haben, weil wir Arbeitslosigkeit haben. Dass Europa/USA-Arbeitslosenproblem ist Aspekt der Verlagerung der industriellen Fertigung in Schwellenlaender (deren Jobs haben jetzt andere), nicht Aspekt gesaettigter Maerkte.
@Toan 00:20: Wenn Märkte nicht gesättigt sind, weshalb gibt es dann Arbeitslosigkeit in Eritrea? Alle Unternehmer müssten sich doch auf Eritrea stürzen wie die Geier, wenn dort die Märkte nicht gesättigt sind. 40% der weltweit produzierten Nahrungsmittel werden weggeworfen, obwohl in Eritrea eine sehr grosse ungesättigte Nachfrage nach Nahrung besteht. Der Markt interessiert sich trotzdem nicht für diese Nachfrage. Der Markt ist also gesättigt. Nicht?
@Nadine Binsberger: Wenn keiner etwas hat, gibt es weder Angebot noch Nachfrage, Ob dies aus wissenschaftlicher Sicht korrekt ist, weiss ich nicht, nach gesundemMenschenverstand verstehe ich gesaettigte Maerkte als verschwinden der Nachfrage, weil diese bereits befriedigt wurde, nicht weil keine Tauschmittel zur Verfuegung stehen.
Wnn Sie wissen wollen, warum es in Eritrea so verheerend ist, sehen Sie sich die Politik der dortigen Regierung an: isaias afewerki ist der erste (1993) und bis heute gleichzeitig einzige Praesident. Krassester Punkt der Wirtschaftspolitik: Durch den zum Schwarzmarkt doppelt so hohen Nakfa Kurs, werden Auslaendische Investoren gleich mal zu 50% enteignet, wer zahlt eine Steuer von 50% auf Investition? Sie brauchen 100% Rendite auf das verbleibende Kapital, um ueberhaupt Break even zu erreichen. Also gibt es keine auslaendischen Investitionen. Mehr als 50% der nach der Unabhaengigkeit eroeffnete Botschaften sind inzwischen wieder geschlossen. Die UNOund die Hilfsorganisationen haben praktisch alle Taetigkeiten eingestellt, weil man sie nicht arbeiten laesst. Ich kenne einen israelischen Fischer, der etwa 10 Leute beschaeftigt, dem hat die Regierung die Genehmigung eines Shrimpsliefervertrags mit Metro verweigert, waehrend zwei Monaten hat er jede Woche auf die Erteilung der Bewilligung gewartet, ueberhaupt fischen gehen zu duerfen.
Frau Binsberger: Die Armut in den aermsten Laendern dieser Welt, hat nichts mit Wirtschaftssystemen in irgendeiner Form zu tun, sondern einzig mit lokaler Politik.
@Ueli: „Anarchokommunismus 2.0“. Gesellschaftlich und wirtschaftlich liberal ist zivilisierte Anarchie. Kommunismus/Sozialismus unterstuetze ich im Sinne eines Rechtsanspruchs jedes Menschen auf ein Einkommen, das eine menschenwuerdige Existenz (absolut und relativ zum Wohnort) ermoeglicht. Darueber,was eine relative menschenwuerdige Existenz ist, muss ein gesellschaftlicher Konsens gefunden werden. Ich liebe Anarchokommunismus 2.0, als Hippie war ich Kommunist, als Punk Anarchist, als aelterer Mann wurde ich Realist, das war mir frueher zu langweilig.
Verstehen Sie unter Kommunismus Verbot des Privateigentums, und unter Anarchie jegliche Absenz einer letzten absoluten Autoritaet, werde ich mich wohl nie mit Ihnen treffen koennen, finde ich jedoch eine Menge ernst zu nehmender junger Menschen, die an eine Idee glauben, wuerde ich mich nicht der Jugend verwehren, auch wenn mich ihre Idee nicht ueberzeugt.
@anh Toan
Die Zahl der hungernden Menschen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen: 1990 waren es noch 800 Millionen. Am 19. Juni 2009 berichtete die BBC, dass nun offiziell über eine Milliarde Menschen hungern. Die meisten Hungernden leben in Asien und der Pazifikregion (550 Millionen).
Oben habe ich fälschlicherweise anstatt 1990 das Jahr 2000 genannt – dies ändert aber nichts am Fact, dass die Situation sich nicht verbessert hat, wie Sie dies behauptet haben. Ich hoffe, dass die BBC als „seriöse Quelle“ von ihnen akzeptiert wird.
@Ueli: Sie erwarten jetzt aber nicht von mir, das ganze BBC Programm von diesem Tag zu durchsuchen, nur schon mal um rauszufinden, ob es sich um eine eigene Dokumentation oder ein Bericht ueber irgendeine Veroeffentlich handelt. Dann will ich lesen koennen, wie Hunger definiert wird fuer diese Statistik.
Eine Differenz ist klar: Die Welthungerhilfe redet von Bevoelkerungsprozenten der jeweiligen Laender, waechst die Bevoelkerung gibts absolut mehr Arme. Aber gerade was Asien-Pazifik betrifft, kommt der Bericht der Welthungerhilfe zu einem ganz anderen Egebnis, das Problem bleibt Suedindien und besonders hartnaeckig Subsahara Afrika.
@Urs sagt:
9. Juli 2011 um 08:02
Ihre Aussage, dass unterentwickelte und arme Länder oft wegen erhöhtem Schuldendienst (Zinsen…) keinen Wohlstand schaffen, kann ich gut nachvollziehen.
Was mir weniger einleuchtet ist ihre Forderung, deswegen das ganze System zu ändern. Warum geben wir diesen Ländern nicht einfach das ganze Kapital zinsfrei? Das könnten sie mit dem aktuellen System problemlos bewerkstelligen. Sie brauchen lediglich einen mehrheitsfähigen Willen in der Bevölkerung dazu. Aber diesen Willen benötigen sie in jedem System, falls es denn demokratisch sein soll.
@Hampi 12:42: Zinsfreie Kapitalvergabe ja, aber das wäre eine radikale Änderung des Systems. Unser aktuelles System ist rein renditeorientiert. Jedes Handeln richtet sich nach der Rendite. Ohne Rendite kein Wachstum und auch keine Pensionskasse etc. Bei einem Zinsverzicht müsste man die Wirtschaft völlig neu erfinden – was ohnehin längst fällig ist.
Nun das werden die Politclowns auch noch lernen:
„Politische Macht vermag das ökonomische Gesetz niemals außer Kraft zu setzen.“ (Eugen Böhm Ritter von Bawerk, österreichischer Ökonom und Finanzminister, 1851–1914)
@Thomas Ernst; Sicher – da haben Sie zweifelsfrei recht. Nur diese ‚unsichtbare Verknüpfung‘ der Rating-Agenturen mit IWF, Weltbank, EZB, BIZ und ’solchen‘ Kreisen führt dann wohl genau zu diesen ‚Ergebnissen‘. Die ‚too-big-to-fail‘ müssen ja IMMER gerettet werden (BR Widmer-Schlumpf hat da auch schon wieder einen ‚Wisch‘ am zirkulieren), auch wenn sie noch so lausig wirtschaften und aus Gier – in vollem Bewusstsein – im Grunde unvorstellbare Blasen bilden. Ich frage mich nur, was mit dem Schweizer Volksvermögen passiert (welches die SNB ja zur Hauptsache in EUR angelegt hat und weshalb die Kantone jetzt schon bluten müssen), wenn die EZB dicht macht? Und dazu brauch es nur EIN ‚Griechenland‘ – der Rettungsschirm (Neusprech = ESM) könnte aus ‚Beton mit Teflon-Beschichtung‘ sein, das würde dann auch nix nützen. Fraktionales Banking in Zeiten der Depression ist letztendlich bestenfalls ein ‚Nullsummen-Spiel‘ – diesmal hoffentlich zu Lasten der erwähnten Stupidität von Bankmanagern (oder deren ‚Göttern‘).
Das AAA Rating der USA ist ein relatives, kein absolutes Kriterium (Bei keinem Schuldner ist die Rueckzahlung absolut sicher, zukuenftiges ist Ungewiss). Herr Gloor, wer ist denn Kreditwuerdiger als die USA? Wer kann seine Verpflichtungen erfuellen, wenn die USA bankrott sind?
Die USA können ihre Schulden IMMER zurückzahlen, die sind in US-Dollar und die druckt man zu Hause… deshalb ist das AAA prinzipiell korrekt.
Bis vor kurzem hat ja sogar das FED jene Staatsobligationen gekauft, die die Chinesen übriggelassen haben…die se, die Chinesen nämlich, haben dabei ja auch eine Lektion in Währungsmanipulation bzw. Rückzahlung mittels Inflationierung bekommen… zu Lasten derer „Future Generatiuons“
Zwangslauefig hat die USA auch, wenn auch geringe Schulden in anderen Waehrungen. Diese koennen aus Lieferungen an die Regierung, z.B. deren Botschaften resultieren, Futurum incertum (est) wussten schon die Roemer, glauben Sie es doch einfach!
Natürlich wissen S&P und Moodys auch nicht wie die Zukunft sein wird. Dennoch schaffen diese Agenturen Transparenz in die Märkte und ihre Beurteilungskriterien scheinen möglichst objektiv zu sein, ausserdem lassen sich im Beurteilungsprozess von Schulden keine Interessenkonflikte erkennen. Das Kapital kann nur davon profitieren, denn der Gewinn für die Spekulanten ist unverkennbar. Oligopole, Autokratie und subjektives Handeln herrschen eigentlich bei den politischen Maximen die mit Markttransparenz des Kapitals nichts gemeinsames haben.
Am besten eine europäischne Ratingagentur welche direkt Brüssel untersteht, dass ist dann etwa so als wenn ein kleines Kind solange aufs Barometer klopft bis der Zeiger auf „schön * steht.
Die Frage wird sein, ob und wann CHINA den europäischen Schuldenstaaten unter die Arme greift. Die EU-Rettungsfonds werden mit Geld gespeist, welches wiederum auch nur geliehen ist beziehungweise von angenommenen zukünftigen Einnahmen gedeckt ist, in kürzester Zeit aber kann diese Schuldenkette reissen. Die tiefen Ratings zeigen diese kollapsnahe Situation korrekt auf.
Das EU-Schuldenvakuum rührt vom jahrelangen Handelsungleichgewicht her. Milliarden haben sich in China akkumuliert. Ob und wann das Geld als Kredite in die EU-Schuldenstaaten zurück fliesst weiss man nicht, aber solange China zuwartet, haben die Krisenstaaten keine wirklich belastbare Geldquelle und die tiefen Ratings sind berechtigt.
@ Patricia Galli:
Gemäss anderen Quellen ist China bei genauerer Betrachtung auch mit einer Last von 80% des Jahres-BIP in den roten Zahlen. Man sieht das nicht, weil die Kommunisten die Banken zur Kreditvergabe gezwungen haben, um das gewaltige Wirtschaftswachstum (20%) zu treiben.
Ausserdem hocken die Chinesen auf tonnenweise US-Schuldverschreibungen, während der USD laufend sinkt. Der Renminbi ist zwar an den Dollar gekoppelt, was den Wert der Schatzbriefe in Renminbi stabil hält, nicht aber gegenüber CHF oder EUR.
Ich würde die Hoffnung nicht zu stark auf die Commies im gelben Land setzen. Vielleicht ist Europa wirklich gezwungen, selber aus dem selberzusammengebrauten Morast zu klettern und den eigenverschuldeten Sumpf wieder trockenzulegen. Recht würde es uns ja geschehen…
Die von Ihnen zitierten „anderen Quellen“ beziehen sich wohl auf die Inlandverschuldung. Viele Chinesische Lokalbanken sind tatsächlich bei der Chinesischen Zentralbank hoch verschuldet und sitzen vielfach auf leichtfertig vergebenen Krediten. Weil aber insgesamt eh das ganze Bankwesen in Staatsbesitz ist, kann man einfach die faulen Kredite auf 0 abschreiben, ist ja alles nur landes-intern und in eigener Währung. Und bei 2200 Milliarden Euro Devisenreserven wackelt die Chinesische Zentralbank sowieso nie und nimmer, was der Dollarwertverlust mindert ist in wenigen Monaten durch den Handelsüberschuss wieder kompensiert. Länder welche erheblich mehr exportieren als importieren sind nun einfach einmal einer starken Position, ob uns das passt oder nicht. Und auch der Umkehrschluss gilt: wer permanent grosse Handelsdefizite aufweist wie Griechenland, Portugal, USA etc. hat sehr sehr schlechte Karten…
Diese Agenturen bewegen sich irgendwo zwischen Wissenschaft und Kaffeesatzleserei, das ist wie Mike Shiva und HSG St. Gallen, niemand weiss so recht was drin ist.
Die USA (wo sich all diese ‚Rating‘-Agenturen befinden) hat ein Problem (falls das das richtige Wort dafür ist) mit seinem Staatshaushalt, dass jeder Beschreibung spottet und sämtliche Regeln bricht, die in anderen Ländern knallhart zur Anwendung gelangen. Der Dollar hat in den letzten 50 Jahren exorbitant an Kaufkraft verloren und die Schuldenobergrenze ist Gegenstand ständiger Anhebungen, also kann man sie gleich abschaffen – dies ist nichts als Augenwischerei. Trotzdem hat die USA noch immer ein Triple-A-Rating. Das ist weder nachvollziehbar, noch gerechtfertigt. Wenn ‚Rating‘-Agenturen einen ‚Heimvorteil‘ bedeuten, dann ist das – globalisiert gesehen – mindestens unfair, resp. verzerrend und nicht als Modell zu gebrauchen. Wenn einem verschuldeten Land, dass seine Zinsen mit neuen Krediten zahlen muss, die Kreditzinsen ständig heraufgeschraubt werden, ist das schlicht paradox und irrsinnig. Die Fakten sprechen somit eine deutliche Sprache, deshalb gibt’s hier auch nichts zu interpretieren oder zu beschönigen. Rating-Agenturen sind die ‚Master of Disaster‘.
@Jens Gloor:
Das ist zu kurz gedacht.
Ich bestreite keinesfalls, dass die Rating-Agenturen heute einen Einfluss haben, den sie auch politisch nutzen. Es sind aber NICHT die Agenturen, welche die Zinsen erhöhen! Es sind die Kreditgeber, welche sich auf die Agenturen abstützen. Jeder Kreditgeber wäre völlig frei, sich auf andere Kriterien (z.B, % des BIP Verschuldung des Landes) zu beziehen und die Ratings zu ignorieren.
Dass dies i.d.R. nicht gemacht wird liegt auch am Herdentrieb, der Fantasielosigkeit und der generellen Stupidität von Bankmanagern.
Folgt man nicht dem Herdentrieb der Idioten, ist man am Schluss selber der Idiot, wenn das Glueck mit den Doofen ist.
@Anh: Ja, WENN…
(Wenn das Wörtchen wenn nicht wär, wär mein Vater Millionär…)
Rudolf Regez, 8. Juli 2011 um 14:17: sorry, da ging was verloren…
(..)
und:
„In 1997, Fitch Ratings merged with IBCA Limited, headquartered in London, significantly increasing Fitch Ratings’ worldwide presence and coverage in banking, financial institutions, and sovereigns. Through the merger with IBCA, Fitch Ratings became owned by Fimalac S.A., a holding company which acquired IBCA in 1992. The merger represented the first step in Fitch Ratings’ plan to meet investors’ need for an alternative global, full service rating agency.“
Quellen: http://www.fitchratings.com/jsp/creditdesk/AboutFitch.faces?context=1&detail=3, http://de.wikipedia.org/wiki/Fitch_Ratings
Nicht unwesentliche Korrektur: Fitch – Marktanteil rund 15% – ist NICHT amerikanisch und ist in den letzten 10-15 Jahren als Konkurrent dahin gewachsen. Das Oligopol ist also durchaus erweiterbar…
„Dual-headquartered in New York and London with 51 offices worldwide, Fitch Ratings is a global rating agency (..) Since 2008, Fitch Solutions (..) distributes Fitch Ratings‘ credit ratings, research and data (..) Fitch Ratings and Fitch Solutions are part of the Fitch Group. The Fitch Group is a majority-owned subsidiary of Fimalac, S.A., headquartered in Paris, France.“
… diese gehört laut Wikipedia mehrheitlich einem Marc Ladreit de Lacharrière (http://fr.wikipedia.org/wiki/Marc_Ladreit_de_Lacharri%C3%A8re), ist mithin trotz amerikanisch-britischer Wurzeln französisch…
So seit 2008 konnte man Fitch Ratings brauchen, d.h. als Begründung für die Auswahl einer Obligation in ein Kundenportefeuille verwenden. Jawolle! Die Ratingagencies haben enorm zur Qualitätsverbesserung in den Portefeuilles von Privatanlegern beigetragen; noch nicht mal die ZKB ist gross genug um jede empfohlene Obligation so zu prüfen, wie man das machen sollte. Das die Ratingagenturen perfekt sein sollen oder gar für ihre mit allen möglichen Fallschirmen versehenen Urteile haften sollten, ist pervers. Sie machen ja Prognosen, nicht? Und die sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukun ft betreffen…
Mir scheint, es ist höchste Zeit für eine europäische und/oder asiatische Rating-Agentur. Ein Gegengewicht zur US-amerikanischen Sichtweise könnte mithelfen, die Menschheit vor künftigen globalen Finanz- und Wirtschafts-GAUs zu schützen, zumal auch der US-Dollar seit geraumer Zeit als Welt-Reservewährung auf wackligen Füssen steht.
Ernst Lacher
Ach ja.. und eine solche Europäische Agentur würde Griechenland und Portugal Top Ratings geben.
Tatsächlich wäre es sicher eine gute Idee, wenn z.B. die Griechische Regierung eine solche unabhängige Ratingagentur gründen und leiten würde. Da könnten wir uns 100%ig darauf verlassen dass wir vertrauenswürdige Bewertungen erhalten. Oder auch die EZB könnte nun doch Portugal, Griechenland,Irland, Spanien und Italien ein AAA verleihen, da sie ja für diese Staaten eine Staatsgarantie ausgibt.
Rating ist eine amerikanische Wärungswaffe. Die Europäer lassen sich von den amerikanischen Ratingagenturen die europäische Währung kaputt machen. Genau genommen ist Amerika zahlungsunfähig und lässt für seine Schuldentilgungen die Geldpressen laufen. Auch eine Art, aber in Ihrer Situation höchst ungeeignet. Aber typisch amerikanisch.
@ Walter Krauer: Treffer! Stimme Ihnen 100% zu! Das traurige ist, dass die Europäer sich ohne Not in diese Abhängigkeit von den Ratingagenturen begeben haben.
Wenn die Amis den USD schwaechen wollen, muessten sie doch den EUR schoenreden?
Da kommt mir mein alter Geschichtslehrer in den Sinn: Wann immer Amerika innenpolitisch Probleme hat, fährt sie den aussenpolitischen Hammer aus! Das gilt für die letzten 5 Kriege, in die Amerika involivert war; aber auch für die versch. Finanzkrisen…)
Es sind also, um zum Thema zurückzukommen, viel weniger die Ratingagenturen selbst, als deren „Auftraggeber“…
Kritisiert wird an den Ratingagenturen nicht die Herabstufung an sich. Wie Herr Straumann richtigerweise sagt, kann man Moody’s (und Konsorten) höchstens die Verspätung vorwerfen.
Der Zeitpunkt ist aber für die Herabstufung entscheidend. Wäre die Herabstufung früher erfolgt, hätten viele Probleme vorab bearbeitet werden können. Ob mit einem besseren Erfolg, bleibt zu diskutieren und ist eher spekulativ, auf jeden Fall wäre aber bis zu den Fälligkeiten mehr Zeit geblieben. Der Zeitpunkt der Verkündigungen der Ratingorakel schien jedoch – ob zufällig oder absichtlich, bleibt unerwähnt – politisch motiviert. Die USA haben ein Interesse daran, im Moment der Dollarschwäche den Euro nicht als Referenzwährung aufsteigen zu lassen. Die Ankündigungen der Ratingagenturen haben dabei genau in dieses zeitliche Schema gepasst.
Guter Einwand.
Nein, zu Unrecht. Die Rating Agenturen wollen sich geläutert durch die globale Finanz Krise zeigen und machen ihre Arbeit nun gründlich. Die Wahrheit ist, dass Portugal über sein Brutto Inlands Produkt weit hinaus verschuldet ist. Dass Junker, Merkel, Trichet dies immer und immer wieder übertünchen wollen, zeigt in was für einer synthetischen Wirtschaft wir nun leben. Da kann man nur hoffen, dass der nächste Aufschwung dort ansetzt, wo diese langbeinige Lüge ihren letzten Schritt getan hat.
Korrekt ist, dass Ratingagenturen eigentlich unabhängig agieren sollten und das ist kaum gegeben, wenn sie ihre Geldgeber beurteilen sollen.
Jetzt aber fordern die europäischen Staaten politische konforme Einschätzung von diesen Agenturen, weil es nicht in deren Bild passt. Dies scheinen aber zur Zeit ausnahmsweise mal wirklich unabhängige Beurteilungen zu sein, auch wenn sie weh tun.
Als Laie kann ich schon beurteilen, dass es ein reales Risiko gibt, dass an Griechenland geliehenes Geld unter Umstände verloren sein kann, zumindest ein Teil davon. Das sagen auch diese Agenturen.
Aber vieleicht sollten Griechenland, Portugal, etc. gegen Geld die Agenturen beauftragen, entsprechende Ratings zu erstellen. Die passen dann eventuell besser …
Die Ratingagenturen üben eine Gewalt aus, die Ihnen nicht zusteht. Bei Konkursen, die aus (Berechtigten oder unberechtigten) Ratingherabstufungen entstehen, sonnen sich die Ratingagenturen weiterhin in ihrem vermeintlich „guten Ruf“ anstatt für ihre negativen Handlung bestraft oder gar zu Kasse gebeten zu werden. Beispiel: UBS vor dem Fastkollaps. Noch ein halbes Jahr vorher attestierten die Ratingagenturen der UBS ein Spitzenrating und dann musste sie von der Nationalbank und dem Bund gerettet werden!
@Gubelmann:
Völlig falsch. Die Rating-Agenturen sind nicht schuld, dass alle Welt ihr „Urteil“ über die Bonität als massgeblich verwendet. In jedem Kreditvertrag, der sich auf ein Rating bezieht, haben sich Schuldner und Gläubiger völlig freiwillig dem Urteil der Rating-Agentur unterworfen. Die Agenturen werden noch nicht einmal gefragt, noch nicht einmal informiert, wenn in einem Vertrag ihr Rating als massgeblich verwendet wird.
Das ist den Agenturen natürlich alles andere als unangenehm, weil es ihre Unentbehrlichkeit zementiert und damit ihr Geschäftsmodell festigt.
Aber die VERANTWORTUNG dafür liegt bei den Verwendern der Ratings, nicht bei den Herstellern der Ratings. Und ich bezweifle sehr, dass eine Europäische Ratingbehörde, welche allen politischen Einflüssen ausgesetzt ist, die ja schon den ganzen Griechischen Betrug ermöglicht und gefördert haben, irgendwie bessere, d.h. zuverlässigere und transparentere Ratings produzieren würde.
Bild: Keystone , EU Ratlosigkeit ,Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit !
Generell gilt bei den Rating Agenturen, dass ihre Einschätzungen etwas von einer sich selbst erfüllenden Prophezeihung haben: Schlechte Einschätzung = schlechtere Konditionen für die Schuldner = höhere Kosten = schlechtere Aussichten = schlechtere Einschätzung. Zum konkreten Fall Portugal kann eigentlich nur gesagt werden, dass die Herabstufung zum jetzigen Zeitpunkt völlig willkürlich erscheint und es keine transparente Begründung von Moody’s gibt.
Demnach könnte man auch sagen: keine Schulden = keine Kosten = gute Einschätzung = sehr gute Konditionen…. Somit müsste eigentlich gelten: Schuld sind im Fall der europäischen Länder die Schulden (resp. die Personen, welche Schulden gemacht haben – also Politiker im Auftrag ihres Volkes?!) und ganz sicher nicht die Ratingagenturen!! Dass die Geschichte bei den anderen Fällen mit zu guten Ratings für Firmen und strukturierte Papiere eine andere ist versteht sich von selbst….!
@Markus Moser:
Beinahe richtig. Die Politer haben eben GERADE NICHT im Auftrag des Volkes Schulden gemacht. In Griechenland haben Sie im Interesse der Partei/des Machterhalts Schulden gemacht, um das Volk zu bestechen. Das ist nicht ganz dasselbe. Ich bin aber völlig mit Ihnen, Schuld sind die Politiker (und ja, indirekt das Volk, das so Zeug zugelassen hat, aber selbst in der direktesten Demokratie der Welt, der schweizerischen, machen die Parteibonzen und Bundesabzockpolitiker und Beamten sehr weitgehend, was sie wollen), und NICHT die Rating-Agenturen.
die Zinsdifferenzen wurde zuerst v.a. via den CDS-Market geschaffen (mit wenig Einsatz – konkret – mit wenigen zehntausend Euro konnte man den Zinssatz auf griechischen Banken um gleich mehrere Prozent nach oben fahren!) – auf diesen hohen Kreditspreads gab es dann das „downgrading“ und die Spirale begann, die Institutionellen Anleger MUSSTEN verkaufen !
Schuld sind somit a) die Finanzaufsicht welche gew. zulassen das quasi „Kreditausfallversicherungen“ OHNE Lizenz und fast OHNE Kapitaleinsatz geschrieben werden koennen b) die Ratingagenturen
Finanzaufsicht? Alles was nicht verboten ist ist erlaubt… oder doch besser alles was nicht erlaubt ist ist verboten? Letzteres wäre gerade in der Finanzbranche mein klarer Favorit, wenn auch nur, um alle Beteiligten mal wieder auf den Boden zu holen…
Nach Jahren in denen man den Wünschen nach Selbstregulierung immer Kritikloser und auch Hilfloser nachgekommen ist und die verbleibenden Reste von Aufsicht noch mit zu wenig Mitarbeitern besetzt hat…
Ein Zahn- und Willenloser Papiertiger… eine systematische Alibiübung a la Neoliberal in welcher sich der Staat und Gott bewahre Demokratie als Aufsicht zurückzuziehen hat, um sich im Schadenfall nicht schuld fühlen zu dürfen/müssen da es ja die anderen waren… das gleiche bei den Ratingagenturen die einst sicher mal mit heeren Vorstellungen ihr Geschäft gegründet haben.
Aber das war damals… heute muss was anderes her. Sicher aber keine Alibiübung mehr die lediglich dazu benutzt wird den Mio. von Bürgern, Angestellten, Arbeitern, Steuerzahlern per Dekret in die Tasche zu greifen wärend die Brandstifter sich längst von einer der unzähligen Kapitalfluchtsystematiken den Rücken kraulen lassen…
Mit erhobenem Zeigefinger als einzigerr Waffe kann man die naiven, gierigen, masslosen, rücksichtslosen eben nicht zu Verantwortungsvollen Mitmenschen erziehen.
@Markus Grimm: „mit wenigen zehntausend Euro konnte man den Zinssatz auf griechischen Banken um gleich mehrere Prozent nach oben fahren!“. Ich weiss das nicht, glauben kann ich es aber, nur weil Sie es behaupten, nicht.
Dann decken Sie sich doch mit ein paar Mio. griechischen Staatsanleihen ein und fahren den Zins mit ein paar zehntausend Euro in den CDS wieder runter. Noch eins: für jeden CDS Verkäufer braucht es auch einen Käufer und wenn Sie einen falschen Preis eingeben werden sie ganz schnell bedient.
Ach ja und an dem fundamentalen Problem der Überschuldung und fehlenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Griechenlands ist ein Investor schuld, der einige CDS für wenige zehntausende Euros gekauft hat.