Und wieder werden die Zinshoffnungen enttäuscht

Was bedeutet der jüngste scharfe Zinsanstieg? Poller vor dem Haupteingang des Federal Reserve in Washington. Foto: Kevin Lamarque (Reuters)

Was bedeutet der jüngste scharfe Zinsanstieg? Poller vor dem Haupteingang derFederal Reserve in Washington. Foto: Kevin Lamarque (Reuters)

Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und der Verkündigung seiner Pläne, sind die Renditen von US-Staatsanleihen deutlich angestiegen. Diese Renditen sind das bevorzugte Mass, um das Zinsniveau eines Landes auszudrücken. Als Gründe für die wieder gestiegenen Zinsen werden höhere Inflationserwartungen, eine stärker wachsende Wirtschaft und wegen beidem eine raschere Anhebung des Leitzinses durch die US-Notenbank Fed genannt. Die Grafik unten zeigt die jüngste Entwicklung der Renditen von 10-jährigen US-Staatsanleihen (Treasurys).

Quelle: FRED-Datenbank

Quelle: FRED-Datenbank

Diese Zinsbewegung hat sich auch auf andere Länder ausgewirkt, unter anderem auf die Schweiz. Auch hier eine Grafik zur jüngsten Entwicklung. Die blaue Linie zeigt jene der 10-jährigen Obligationen des Bundes.

Quelle: Schweizerische Nationalbank

Quelle: Schweizerische Nationalbank

Für die Schweiz zeigt die Grafik nicht nur einen Anstieg dieses Langfristzinssatzes, es wird auch klar, dass er noch immer leicht im Minus verharrt. Die beiden anderen, hier nicht weiter betrachteten Linien zeigen übrigens die Kurzfristzinsen, über die die SNB ihre Leitzinspolitik betreibt. Sie liegen beide mit rund 0,75 Prozent im Minus (Saron: rot, Libor: grün).

Wie schon das Schweizer Beispiel deutlich macht, hat sich in den letzten Wochen keinesfalls gezeigt, dass die Zinsen nur schon in der Nähe von «gewöhnlichen», das heisst historischen Niveaus liegen. Sie sind im Gegenteil noch immer extrem tief. Dazu ein längerfristiger Blick wieder auf die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen:

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Mit Blick auf die Entwicklung seit Anfang 1980 ist der jüngste Zinsanstieg kaum zu erkennen. Selbst in den USA befindet sich das Zinsniveau nach wie vor auf extrem tiefem Niveau. Das gilt auch für andere Länder, wie die Grafik unten für Grossbritannien und Deutschland – neben den USA – für die Zeit seit dem Jahrtausendwechsel zeigt:

Quelle: FRBSF Economic Letter

Quelle: FRBSF Economic Letter

Die entscheidende Frage ist, was der jüngste scharfe Zinsanstieg bedeutet – ob dies der Anfang zu einer Trendwende zu einer Zinsentwicklung ist, die wieder einer früheren Normalität entspricht.

Treiber von langfristigen Zinsen

Das ist sehr unwahrscheinlich. Eine gute Zusammenstellung der wichtigsten Gegenargumente haben Michael Bauer und Glenn Rudebusch, beides Ökonomen des Fed von San Francisco (einer «Zweigstelle» der US-Notenbank) in einer Kurzstudie (FRBSF Economic Letter) geliefert. Als Mitprodukt liefern die beiden damit auch gleich nützliche Informationen, um die Treiber von langfristigen Zinsen besser zu verstehen. Auch die obige Grafik stammt aus diesem Papier.

Die beiden Ökonomen unterscheiden zwei Haupttreiber von Langfristzinsen:

  1. Die «Erwartungskomponente», das heisst die durchschnittlichen Erwartungen zu den von der Notenbank gesetzten Kurzfristzinsen bis in die weitere Zukunft (also zum Beispiel bis in zehn Jahren als Bestimmungsfaktor für 10-Jahres-Renditen bzw. -zinsen).
  2. Die «Zeitprämie» («Term Premium»): Sie zeigt die Entschädigung für das Risiko an, über eine längere Zeit solche Anleihen zu halten. Darüber hinaus sind hier aber auch alle anderen Faktoren enthalten, die über die Erwartungskomponente hinausgehen.

Die Autoren argumentieren, dass beide Treiber schon bisher für das tiefe Zinsniveau verantwortlich sind und aller Wahrscheinlichkeit nach die Zinsen auch weiter tief halten werden. Gehen wir auf die beiden etwas genauer ein.

Die Erwartungskomponente

Für die Erwartungen zur Zinspolitik der Notenbanken über einen sehr langen Zeithorizont, wie das 10 Jahre sind, greifen Bauer und Rudebusch auf das Konzept des neutralen Zinses zurück, der vor gut einem Jahr hier schon einmal Thema war (wie die vergebliche Hoffnung auf eine baldige Zinsnormalität). Kurz gesagt, bezeichnet der neutrale Zinssatz jenes theoretische kurzfristige und von einer Notenbank beeinflussbare Zinsniveau, bei dem sich die Wirtschaft im Gleichgewicht befinden würde. Mit Gleichgewicht ist der Konjunkturzustand gemeint, bei dem Vollbeschäftigung (im konjunkturellen Sinn) vorherrscht und die Inflation das Zielniveau der Notebank erreicht hat. Diesen Zinssatz strebt eine Notenbank mit ihrer Geldpolitik daher langfristig immer an.

Mit der Grafik unten zeigen die beiden Autoren die Schätzungen von drei Studien zum Verlauf dieses neutralen Zinssatzes in den USA, die Namen über dem Zinsverlauf sind die jeweiligen Studienautoren. Die Schätzungen beruhen auf ökonometrischen Berechnungen.
neutraler-satz

Trotz den unterschiedlichen konkreten Resultaten der einzelnen Studien kommen sie alle auf einen deutlichen Fall des neutralen Zinssatzes um rund zwei Prozent im Verlauf der letzten 15 Jahre. Um das auszudeutschen: Um in einer Wirtschaft Vollbeschäftigung zu gewährleisten, ist ein deutlich tieferes Zinsniveau vonnöten. Setzen es die Notenbanken höher an, stagniert das Wachstum, die Arbeitslosigkeit steigt, und es droht im schlimmsten Fall Deflation.

Treiber des neutralen Zinssatzes ist das Wachstum des Wirtschaftspotenzials – oder anders gesagt des langfristigen Wachstumstrends unabhängig von Konjunkturausschlägen. Ein geringeres Wachstumspotenzial führt zu einem tieferen neutralen Zinssatz und umgekehrt. Faktoren, die für ein geringeres langfristiges Wachstum sprechen, sprechen daher auch für einen tieferen neutralen Zinssatz. Der wichtigste Faktor ist hier die Entwicklung der Produktivität, deren Wachstum hat sich tatsächlich und trotz all den vielen Schriften und Vorträgen über die Wunder der neuen Technologien deutlich abgeschwächt. Das war hier ausführlich Thema. Von Bedeutung ist weiter die Demografie: Auch das sinkende Bevölkerungswachstum ist ein Faktor, der auf das Potenzialwachstum und damit auf den neutralen Zinssatz drückt.

Eine andere Betrachtung zum neutralen Zinssatz ist das Verhältnis von Ersparnissen zu Investitionen. Der neutrale Zinssatz ist dort, wo sich Sparabsichten und Investitionsabsichten entsprechen. Die folgende Grafik aus einem älteren Blogbeitrag zeigt den Zusammenhang schematisch für den Fall, dass der neutrale Zinssatz sogar im negativen Bereich liegt:

grafik-gleichgewicht

Weltweit im historischen Vergleich habengeringe Investitionen bei gleichzeitig sehr hohen Ersparnissen den neutralen Zinssatz nach unten gedrückt und halten ihn dort.

Treiber der Ersparnisse sind einerseits Länder, die hohe Nettoexportüberschüsse erzielen, also die Früchte ihrer Arbeit nicht wieder für Importe brauchen und die so im ökonomischen Sinn das Angebot an Ersparnissen erhöhen (hier mehr dazu), und andererseits die bereits erwähnte demografische Entwicklung, weil ein steigender Anteil an Pensionierten ebenfalls zu einem höheren Angebot an Ersparnissen führt. Treiber der geringen Investitionen ist unter anderem das geringe Produktivitätswachstum. Die Erwartungen von höheren Investitionen durch die Trump-Administration sind allerdings ein Grund, weshalb die Zinsen zumindest etwas ansteigen können, wie sich das in der jüngsten Entwicklung bereits zeigt.

Die Zeitprämie (Term Premium)

Auch der zweite wichtige erwähnte Einflussfaktor auf die Zinsentwicklung, die Zeitprämie als Entschädigung für das lange Halten einer Schuld, spricht für anhaltend tiefe Zinsen. Das zeigen wiederum Schätzrechnungen aus verschiedenen ökonometrischen Studien. Die folgende Grafik gibt die Ergebnisse auch hier im Zeitverlauf wieder, wobei die Namen wiederum die Autoren der jeweiligen Studie bezeichnen:

term-premium

Bemerkenswert ist, dass gemäss allen Schätzrechnungen die Zeitprämie im laufenden Jahr in den negativen Bereich gerutscht ist. Das bedeutet, dass die Investoren das längerfristige Halten einer Schuld nicht als negatives Risiko sehen, sondern dem sogar Nutzen zumessen, wofür sie statt einer Prämie zu verlangen sogar etwas zu zahlen bereit sind. Laut den Autoren liegt das an den noch immer sehr niedrigen Inflationserwartungen bis hin zu Deflationserwartungen in dieser Frist, also der Erwartung eines sinkenden Preisniveaus. In diesem Fall hat das Geld, das dereinst zurückbezahlt wird, einen höheren Wert, als das ursprünglich ausgeliehene, bzw. das für den Kauf einer Anleihe ausgegebene.

Als weiteren Grund für die tiefere Zeitprämie nennen die Autoren den Einfluss der Notenbanken über die so genannten Quantitative Easing Programme. Damit sind deren Käufe von längerfristigen Staatsanleihen gemeint, um die Zinsen direkt zu drücken und um auf diesem Weg zusätzliches Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Selbst wo solche Programme ausgelaufen sind, wie in den USA, drücken sie noch immer auf die Zeitprämie und damit die Zinsen, weil das Angebot an käuflichen Staatsanleihen durch die vergangenen Käufe der Notenbank geschrumpft ist. Und das werde noch viele Jahre so bleiben.

Der Umstand, dass noch viele Notenbanken ihre Geldhähne weit offen lassen, führt ausserdem dazu, dass nicht nur in diesen Ländern die Langfristzinsen (auch über die Erwartung lange anhaltend sehr tiefer Kurzfristzinsen) gedrückt bleiben. Investoren suchen dann weltweit nach all jenen langfristigen Anleihen, die bei gleichem Risiko eine höhere Rendite bringen. Doch durch die Nachfrage nach solchen Anleihen steigt deren Kurs, was gleichbedeutend mit einer sinkenden Rendite ist. So lange, wie grosse Notenbanken wie die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik unverändert expansiv belassen, setzt das deshalb auch dem Renditeanstieg (bzw. dem Zinsanstieg) etwa in den USA Grenzen.

Fazit

Der jüngste Anstieg der Langfristzinsen geht auf die Hoffnung von vermehrten Investitionen in den USA (vor allem in die Infrastruktur) zurück. Die Zinsen sind aber auch jetzt noch überall auf einem historisch extrem tiefen Niveau. Die wichtigsten Treiber der Zinsentwicklung lassen einen deutlich stärkeren Zinsanstieg in Richtung einer früheren Normalität sehr unwahrscheinlich erscheinen. Eine solche Normalität war von allem gekennzeichnet von einer höheren Inflation (und Inflationserwartung) und einem höheren Wachstum. Einer der Treiber der Zinsentwicklung ist die Erwartung noch lange tiefer Leitzinsen durch die Notenbanken. Diese Erwartung lässt sich begründen mit einer tiefen Produktivität, der demografischen Entwicklung und nach wie vor zu geringen Investitionen im Verhältnis zu den Ersparnissen. Das alles drückt auf das Wachstum des Wirtschaftspotentials und damit auch auf den neutralen Zinssatz, den Notenbanken anstreben, um Vollbeschäftigung zu generieren. Anhaltend tiefe Inflationserwartungen und die expansive Politik vieler Notenbanken sind weitere Gründe, die gegen eine Zinserhöhung in Richtung einer früheren «Normalität» sprechen.

33 Kommentare zu «Und wieder werden die Zinshoffnungen enttäuscht»

  • A. Koch sagt:

    Bei weltweit ca. 250 U$ Schulden und einem Derivat-Casino das doppelt bis 4-mal diesen Umfang hat liegt eine Zins-Normalisierung auf historische 5% oder so nicht mehr drin. Dann implodiert das System. Die Papierwährungen weltweit sind allesamt auf dem Sterbebett (exponentiell wachsenden Schulden) und die einzige Frage ist ob dies in einer globalen Hyperinflation oder einem deflationärem Bust endet. Die Endpunkte beider Wege sind sich beide sehr ähnlich und von der eher ungemütlichen Sorte.

  • Rolf Zach sagt:

    Da Mr. Trump keine Hemmungen zeigt, die Steuern und vor allem die Steuervergünstigungen für die Reichen in seinem Land auszubauen, wird der US$ sicher nicht noch mehr steigen, auch wenn die Zinsen sich moderat erhöhen. Den die USA sind keine Überschuss-Ökonomie mehr wie 1980. Wenn Obamacare abgeschafft wird, wird es für breite Bevölkerungsschichten gefährlich, denn jede Krankheit bedeutet viel mehr Existenz-Einbussen als bei uns in West-Europa, dazu kommt noch die fortlaufende Verschlechterung der Altersversicherung und auch die Vollbeschäftigung bringt nicht das, was sie sollte, wenn der Mindestlohn nicht substanziell erhöht wird. Die ganze Welt verschleudert Geld im Silicon Valley zum Nulltarif. Wenn sich dies nicht fortsetzt, helfen auch Zinserhöhungen durch Yellen nichts.

    • Rolf Zach sagt:

      Dies ergibt riesige Verluste der SNB und der Ostasiaten, weniger der Golfstaaten, die sind eifrig mit ihren Subventionen für Kriege in ihrer Region daran, ihr Geld zu verschleudern. Wenn so ein Devisen-Verlust von 100 Milliarden Franken der SNB anfällt, der nicht mehr zurück zu holen ist, wird sich zeigen, was dies für unsere Binnenkonjunktur bedeutet. Das beste wäre dann, denn Schweizerfranken aufzugeben und der Euro-Zone beizutreten, dann würden wir uns im Rahmen der Inflation der Eurozone bewegen. Nicht mehr von den Exporten kommt unser Multiplikator-Effekt der Volkswirtschaft, sondern von der Wachstumspolitik nach Keynes von der Euro-Zone. Oder sollen wir die Zinssätze so erhöhen wie 1974, wo wir nachher eine Rezession hatten, die sich gewaschen hat wie 1935.

      • Rolf Zach sagt:

        Man kann schon die arme Mitte machen in Europa mit einer ständig steigenden Parität des Schweizerfrankens zu allen übrigen Währungen. Zur Freude des Finanzplatzes mit seiner „Schatzkästli“-Währung und dem Ausmisten aller Industrie, die angeblich nichts mehr taugt und Richtung Osteuropa ausgelagert werden muss. Da können wir auch den Ärger über die Pisa-Studie vergessen, es genügt, wenn wir auf dem Level von Brasilien sind. Was mich ärgert, dass unsere Milliardäre ein undankbare und unpatriotische Gruppe sind, die in der Schweiz in einem Land leben, was bei ihnen einen Brechreiz hervorruft. Die lieben eine SNB, die sich als Entwicklungshilfe-Agentur für Mr. Trump betätigt. Nicht mal in den USA können sich Milliardäre derart abschätzig über ihr eigenes Land äußern, auch nicht in Europa.

  • Martin sagt:

    Höhere Zinsen für wen? Die meisten hoffen auf eine Erhöhung des Leitzinssatzes. Das heisst, das Geld für die Banken würde wieder teurer werden. Hier wird aber von Staatsanleihen gesprochen, welche von den NB heraus gegeben werden und eigentlich eine Verschuldung der jeweiligen Nationalbanken sind. Also wenn eine Nationalbank eine Staatsanleihe herausgibt und sie bezahlt wenig Zinsen dafür, ist das für die Emittenten NB gut, da die Kosten tief sind. Der Leitzins hingegen sagt aus, wie viel Geschäftsbanken den Nationalbanken an Zins bezahlen müssen, wenn sie von der Nb Geld beziehen. Ist dieser Leitzins höher, bezahlen Geschäftsbanken auch mehr Zinsen, was gut für die Nationalbank ist. Im Gegenzug werden meist die Kredite für die Unternehmen & Hypotheken teurer. Oder sehe ich das falsch?

    • Rolf Zach sagt:

      Wenn der Staat Geld aufnimmt, so ist dies für staatliche Investitionen und staatlichen Konsum (Rüstung und Sozialleistungen). Beides zusammen hat eine unmittelbare Auswirkung auf die Binnenwirtschaft. Die Rendite aus diesen staatlichen Ausgaben ist sehr klein und kann nur zurückgezahlt werden durch eine vollbeschäftigte Volkswirtschaft, die höhere Steuererträge erbringt. Bei privaten Ausgaben ist die Rendite schneller da und in der Regel höher, der Multiplikatoreffekt ist besser, aber wenn die Kredite für „Asset-Bubble“ verwendet werden, wird die Sache brandgefährlich und löst Rezessionen aus.

  • Peter Meier sagt:

    Wenn’s dann doch anders kommt, werden einfach neue Theorien und Statistiken gebaut. Die Oekonomie ist keine Wissenschaft, wie z.B. die Mathematik.
    Wenn diese Zahlenglaubigkeit mal aufhört, dann: Gad‘ Gott.

    • Rolf Zach sagt:

      Aber sie ist trotzdem hilfreich und kann ein guter Leitfaden menschlichen Handels in der Politik sein. Wer aber Ökonomie im Sinne von Religion betreibt und in der Regel für eine mächtige politische Kaste sich zur Verfügung stellt, ist eigentlich unqualifiziert und führt bei Beredsamkeit auf falsche Fährten. Wir haben in uns einen solchen eloquenten Professor mit sehr guter Rhetorik, aber dessen Ansichten eigentlich die eines Nadelöhrs sind. Statistiken sind immer gut, es frägt sich nur, wie man sie interpretiert. Übrigens haben die Amerikaner mit Statistiken im 2. Weltkrieg erfolgreich gearbeitet, wie auch die Briten. Es hat nicht geschadet. Die Deutschen hatten es auch, aber bei denen versackte es in der Höflings-Haltung und einer religiösen Ideologie. Die Sowjets waren einfach brutal.

  • Josef Marti sagt:

    Angesichts von Null und Negativzinsen geht vergessen, dass KMU für Kredite je nach Land und Region Zinsen bis 9% zahlen müssen. Stiglitz schreibt:
    … while central banks can regulate the supply of credit reasonably well, they can’t or more accurately don’t regulate the use to which the credit is put. Much of the credit goes to buying preexisting assets, like land. What determines whether the economy is over- or underheated is the purchase of new goods and services whether for consumption or investment. The ECB, with its belief in markets and its misunderstandings of monetary policy, has devoted little attention to the flow of credit. A near-zero interest rate does not mean businesses can get access to credit at such a rate – or at any rate,…there is not a single lending rate.

    • Rolf Zach sagt:

      Man kann Stieglitz nur so antworten. Es war nötig, dass die EZB aus dem Euro eine vertrauenswürdige Reservewährung macht und diese verteidigt musste während der Griechenland-Krise. Eine Reservewährung ist eine Währung des Vertrauens und als solche mit Leichtigkeit für staatliche Konjunkturpolitik nach Keynes einzusetzen, dies wird noch verstärkt, wenn das Währungsgebiet eine Überschuss-Ökonomie darstellt, was die Euro-Zone ist.
      Die EZB ist neu und den privaten Kreditverlauf zu kontrollieren ist nicht leicht durchzusetzen, aber die EZB ist in dieser Richtung tätig, auch wenn Schäuble als Neo-Liberaler dagegen ist. Was hat übrigens Greenspan gemacht bei der FED, aus einem Laden einen Schuppen entwickelt und Yellen ist noch dabei, den Schuppen abzureißen. Trump will aber ein Greenspan FED.

      • Linus Huber sagt:

        „als solche mit Leichtigkeit für staatliche Konjunkturpolitik nach Keynes einzusetzen“

        Sie unterliegen hier einem Fehlschluss. Keynes sah Konjunkturprogramme einzig als kurzfristiger Eingriff, welcher bei Erholung sofort wieder durch entsprechende Steuern zu kompensieren sei. Seine Überlegungen lagen immer im Rahmen eines Goldstandards, welcher grundsätzlich einer linearen Ausweitung der Geldmenge Grenzen setzte.

  • Josef Marti sagt:

    Je höher die Schuldenstände desto höher müssten die Wachstumsaussichten sein und damit auch die Aussicht auf Inflation, um den Motor wieder anspringen zu lassen. Die Schuldenstände von Staaten aber noch mehr des Privatsektors sind jedoch viel zu hoch, es besteht keine Aussicht, diese auf ein normales Niveau herunterzubringen. Ist die private debt to GDP ratio zu hoch bleibt gemäss Steve Keen nur noch eine „debt jubilée“ als Lösung, dh Gläubiger müssten sich eingestehen dass ihre Guthaben verloren sind. Es ist ja eigentlich völlig naiv zu glauben, dass unser System des exponentiell sich beschleunigenden Wachstums ewig ohne Absturz weiter gehen kann.

    • Marcel Senn sagt:

      Marti: „debt jubilée“ – netter Begriff, aber zutreffend.
      Weltweit waren die Privathaushalte mit 61.5% Welt-BIP verschuldet – die CH mit 125% ist in der Disziplin Weltrekordhalter.
      http://www.bis.org/statistics/tables_f.pdf
      .
      Mit einen totalen Schuldenratio von über 300% (inkl. financial Corp Debt) und einem interest to debt ratio von rund 11-12% zum Welt-BIP ist das Eis ziemlich dünn für Zinserhöhungen und auch volkswirtschaftlich fragwürdig, da ein Grossteil der Zinsen zu den 1% Vermögendsten fliesst und sich somit die weltweite Vermögensungleichheit noch weiterzuspitzt
      Z.B. Argentinien hätte ums Jahr 2004 fast 50% der Staatseinnahmen für Zinszahlungen aufwenden müssen, kein Wunder machten die dann den „jubilée“ mit den zwei Schuldenschnittangeboten an die Gläubiger 2005/10

      • Rolf Zach sagt:

        Richtig ist, dass die Gesamtverschuldung einer Volkswirtschaft zählt und nicht nur die staatliche.
        2. Die Rate der Verzinsung zum Volkseinkommen ist sofort fühlbarer als das Verhältnis von Gesamtverschuldung zum Volkseinkommen.
        3. Die Zinszahlungen können einen höheren Prozentsatz am Volkseinkommen verkraften, wenn das Pro-Kopf-Einkommen des Landes sehr hoch ist. Ärmere Länder sind dabei sofort in einem Teufelskreis.
        4. Es ist wichtig, wie sich eine Volkswirtschaft verschuldet, ob in ihrer eigenen Währung oder in der Währung eines fremden Landes. Mit dem eigenen Geld kann man sich einfach per Inflation entschulden und besser, wenn die Gläubiger Ausländer sind. Trump wird dies benützen+wenn wir die US-Inflation nicht mitmachen, kann die SNB Treasuries billig auf der Strasse abgeben.

    • Linus Huber sagt:

      @ Josef

      Versuchen Sie es nicht mit Logik und grundlegenden ökonomischen Prinzipien, denn diese sind nicht gefragt – 🙂

      Es geht einzig darum, die Ponzi-Scheme noch einen Tag, noch eine Woche, noch einen Monat, noch ein Jahr am Leben zu erhalten (jedes Mittel rechtfertigt diese kurzfristig orientierte Zielsetzung), nach dem Prinzip, welches sich in Madame de Pompadour’s Zitat spiegelt: „Après nous le déluge !“

  • Anh Toàn sagt:

    „Zinshoffnungen“ sind in Anleger- also Investorenkreisen Erwartung von sinkenden Zinsen. Für Erwartungen von Zinssteigerungen wird Zinsängste gesagt. Zinshoffnungen im Sinne dieses Beitrages haben die, mit viel Kohle, welche gern mehr davon hätten für nichts tun: Die leistungslosen Besitzeinkünfte, nicht wahr Herr Marti?

    • Anh Toàn sagt:

      Steigende Zinsen sind einzig gut, für wer Cash hält, bestenfalls noch für Gläubiger kurzfristiger Staatsschulden ist: Cash halten ist das Gegenteil von Investition.

      • Anh Toàn sagt:

        Und hiermit verabschiede ich mich vom kommentieren. Ich habe zwar viel gelernt beim kommentieren hier, aber inzwischen habe ich besseres zu tun. Und bei Herrn Dr. Tingler werde ich dieses Versprechen nicht erfüllen, also verabschiede ich mich nicht.

        • Marcel Senn sagt:

          Bye Bye Anh: Bin mir auch am überlegen mich zu verabschieden vom Blog hier. Mir haben Ihre Beiträge gefallen – sehr unkonventionell bis bissig (war ja auch bitter nötig bei zumindest dem einen Mitkommentator).
          Vielleicht dann wieder mal in der Crashphase, aber das kann noch ein paar Jahre dauern…totgeglaubte leben meist noch etwas länger…

        • J. Kuehni sagt:

          Musste viel lachen bei ihnen, Anh. Vielen Dank dafür.
          A+

          • Rolf Zach sagt:

            Wo kann ich dann noch motzen, wenn sich die Herren Anh und Senn verabschieden. Vor allem die Streitereien um den Islam und seine zivilisatorische Kraft mit Herrn Anh., obwohl ich der Meinung bin, dass der Islam von allen Weltreligionen diejenige ist, die am meisten mit der Moderne tiefgreifende Schwierigkeiten hat und ihre Anhänger noch mehr als der Kommunismus von Stalin, Mao und Castro zur Dummheit erzieht.

        • Maiko Laugun sagt:

          @Anh: Ich bedanke mich herzlich für Ihre mehr als nur geschätzten Kommentare und wünsche Ihnen alles Gute – und das meine ich wirklich ernst! Beste Grüsse aus China.

          @Marcel: Dito!

  • Mueller Peter sagt:

    Weitestgehend einverstanden. Nur: Vollbeschäftigung hat sehr wenig mit dem Zinsniveau zu tun. Es hat vorwiegend zu tun mit einer besseren Verteilung der Arbeit. Schauen Sie sich doch einfach mal beispielsweise an, wieviele Nebenämter der Stadtpräsident von Solothurn hat, währenddem andere gar keine Arbeit haben. Es gibt tausende weitere solcher Beispiele. Dann natürlich noch der Import von angelich fehlenden Arbeitskräften. Tatsache ist: Man will sich die Ausbildungskosten im Inland sparen. Fazit: Vollbeschäftigung ist eine Frage der Organisation, nicht des Zinsniveaus.

  • Rolf Rothacher sagt:

    Die Zentralbanken haben sich in ihrem eigenen Dickicht von Massnahmen verloren. Sie haben keine Rezepte mehr, um die Wirtschaft anzukurbeln (ausser, kein Bargeld mehr und Negativzinsen, damit die Leute ihr gespartes Geld verschwenden ODER Übernahme aller Staatsschulden durch die Zentralbank, auf dass der Staat wieder Geld verschwenden kann). Beide Mittel können zwar den Aktienmarkt noch einmal stark beflügeln. Der Absturz wird dagegen gigantisch sein, weil die Sparer so gezwungen werden, in materielle, werterhaltende Dinge zu flüchten (Aktien, Edelsteine, Gold, Liegenschaften, Kunstwerke), die sie anschliessend nicht mehr rasch zu denselben Kosten veräussern können, wenn sie Geld benötigen. Das Wirtschaftssystem, so wie wir es seit 500 Jahren kennen, bräche mittelfristig völlig zusammen.

  • Rolf Rothacher sagt:

    Die heutige Situation mit Billionen unnötiger Dollar/Euro/Yen durch Anleihensaufkäufe der Zentralbanken kann man nicht mit früheren „Gesetzmässigkeiten“ vergleichen. Die Produktivität ist gesunken, weil niedrige Zinsen auch schlechte Unternehmen am Leben (und damit als Konkurrenten) erhalten, so dass sich Investieren nicht rechnet. Je länger die Niedrigzinsen bestehen bleiben, umso mehr wird die Wirtschaft in einen Tiefschlaf fallen, d.h. umso stärker sinkt die Produktivität.
    Wenn Vollbeschäftigung der Grund für Niedrigzinsen wäre, müsste das FED und die BoJ die Zinsen längst erhöhen!Es sind einzig die Aktienbörsen, auf welche die Zentralbanken schielen, weil Aktienbörsen die Erwartungen zeigen und man sinkende Kurse als Vorboten einer Rezession wertet, was aber gar nicht stimmt.

    • Marcel Senn sagt:

      Rothacher: Wenn sich die Menschen infolge hoher Aktien- und Immobilienbewertungen „vermögend“ fühlen, dann konsumieren sie mehr und dann läuft die Wirtschaft besser. Wenn die Aktienbörsen oder Immomärkte einbrechen, dann bricht meist in Folge auch der Konsum ein, weil die Konsumenten zurückhaltender werden. Und dann kanns dann schon eine rezessive Spirale nach unten geben.

      • Rolf Zach sagt:

        Was Sie schreiben, dass höhere Preise von Aktiven die Privaten zu höherem Konsumverhalten veranlassen, ist natürlich richtig und dies führt auch in der Regel zur Kreditaufnahme der Privaten. Wie wir es nach 1929 und 2008 erlebten. Ein Gini-Koeffizient von 35 und mehr ist auch nicht gerade hilfreich für eine Ankurbelung der Konjunktur, besonders wenn dieser Staat kein Sozialstaat ist und ein tiefes Pro-Kopf-Einkommen hat.

        • Linus Huber sagt:

          @ Rolf

          Der Einfluss des „Wealth Effects“ auf das Konsumverhalten besteht zwar, aber ist eher schwach und schwächte sich seit 2009 weiter ab.

          • Rolf Zach sagt:

            Da ergibt aber die Realität ein anderes Bild. Was wäre mit dem Absturz von 2008 geschehen, hätten die US Banken wegen der Verführung ihrer Kunden, den berühmten „no job, no fortune, no income“ Leuten nicht Bussen bekommen, um diese Leute ein wenig zu entschädigen. Die spanische Immobilien-Verschuldung basiert wie in der Schweiz auf Schuldbrief-Prinzip, während die USA Gült-Recht hat, was anständiger ist. Die US Gesetze sind weicher mit den Immobilien-Schuldner als die Spanier, was sich direkt in der Konjunktur-Erholung nach 2008 auswirkte.

          • Linus Huber sagt:

            Ja, die Immobilienpreisentwicklung erzeugt einen ca. 3 mal stärkeren Einfluss als der Aktienmarkt, aber der weit wichtigste Einfluss auf das Konsumverhalten liegt beim Einkommen, welches wiederum auch von der nicht auf Wertsteigerung beruhenden Rendite von Investitionen abhängt. Bei Immobilienpreissteigerungen dürfte im Vergleich zum Aktienpreisen eine höhere Propensität bestehen, dies zur weiteren Verschuldung zu nutzen. Ein weiterer Einfluss liegt im vorherrschenden Tax-Regime. Ich will Sie nicht widerlegen, sondern den Horizont erweitern.

            http://www.nber.org/papers/w18667.pdf

            Die Krise wurde 2009 in erster Linie dadurch gelöst, indem die Bewertung nach Markt durch die Bewertung nach Modell zugelassen wurde, ansonsten die Ponzi-Scheme in sich zusammengefallen wäre.

    • Linus Huber sagt:

      @ Rolf

      Die Idee, sich unter Vernachlässigung von Assetpreisen Inflationsziele (cpi) zu setzen ist grundlegend falsch, denn es verzerrt die Preisstrukturen und produziert fehlerhafte Anreize. Ebenfalls ist empirisch belegt, dass Inflation (cpi) und Arbeitslosenquote keine erkennbare Korrelation ausweist.

      Hier ein kleiner Abstecher in die Vorkrisenzeit 2007, wo Mish die Situation gut erläutert.

      https://mishtalk.com/2007/04/30/inflation-targeting-is-flawed/

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