Basel III und das Lehman-Jubiläum

«Basel III», so heisst das Regelwerk, durch das die Banken sicherer werden sollen – sicherer für uns Steuerzahler. Tut es das? Martin Wolf, ökonomischer Chefkommentator der «Financial Times», zerreisst die Vorschläge in der Luft. Ja, ja, denselben Wolf hatten wir in anderem Zusammenhang schon mal. Macht nichts, auch sein neuer Text ist ein Blogbeitrag wert (kein Link, weils kostet):

To celebrate the second anniversary of the fall of Lehman, the mountain of Basel has laboured mightily and brought forth a mouse. Needless to say, the banking industry will insist the mouse is a tiger about to gobble up the world economy. Such special pleading – of which this pampered industry is a master – should be ignored: withdrawing incentives for reckless behaviour is not a cost to society; it is costly to the beneficiaries.

Lehman Brothers nach dem Fall

Der Berg hat laut Wolf eine Maus geboren, selbst wenn die Banken das Tierchen als Tiger bezeichnen. In solcher Panikmache sei die gehätschelte Branche schliesslich Meister. Wenn das keine deutlichen Worte sind? Und ja – Gestern war das Zweijahresjubiläum des Lehman-Kollapses: das Ereignis, das die Finanzkrise zum Höhepunkt getrieben hat.  Sollten nicht Regeln her, die sowas künftig möglichst verhindern? Wolf weiter:

The world needs a smaller and safer banking industry. The defect of the new rules is that they will fail to deliver this.

So, die neuen Regeln reichen nicht? Aber was will er dann? Immerhin müssen die Banken das Dreifache des bisherigen Mindestkapitals halten:

This sounds tough, but only if one fails to realise that tripling almost nothing does not give one very much.

Das Dreifache von fast nichts ist noch immer ziemlich wenig, meint Wolf. Und dann sind da noch diese langen Übergangsfristen. Während denen seien locker weitere Finanzkrisen möglich:

But the new standards are also to be implemented fully by 2019, by when the world will probably have seen another financial crisis or two.

Und dann wird der Grundmangel der alten Regulierung fortgeschrieben, dass noch immer die risikogewichteten Anlagen der Banken für die Bemessung des Eigenkapitals der Banken die Hauptrolle spielen. Nachdem die Einschätzungen zu diesen Risiken eben noch kollossal versagt haben:

These new ratios are also very much the children of Basel II, the previous regulatory regime: they rely on what should by now be discredited risk… We might think of the new requirements as a «capital inadequacy ratio».

Was aber sagt unser«Financial-Times»-Chefkommentator zu den Argumenten jener, die vor den Nachteilen einer schärferen Regulierung warnen? Steigen zum Beispiel die Kosten für die Banken nicht gigantisch? Nein. Ein höherer Anteil an Eigenkapital werde für die Banken nicht teurer – ausser man vergleicht mit der Situation, in der die Steuerzahler implizit für die Schulden der Banken geradestehen und sie so subventionieren. Aber damit soll ja Schluss sein. Mehr Eigenkapital kostet nicht proporzional mehr, weil die Risikoprämie darauf sinkt. Schliesslich werden die Banken dadurch sicherer.  Aus demselben Grund sinken auch die Zinsen auf dem Fremdkapital. Insgesamt entstehen daher laut Wolf keine höheren Kosten.

Weil die Banken durch ihre eingegangenen Risiken das ganze Finanzsystem gefährden, müssen – so Wolf – ohnehin sie selbst für die Kosten dieses Risikos aufkommen – oder es beseitigen – und nicht die Steuerzahler.  Das erfordert eine funktionierende Marktwirtschaft. Auch die Sorge um die Kreditversorgung kleiner- und mittlerer Unternehmen lässt Wolf  als Argument für eine zu lasche Bankenregulierung nicht gelten. Da sei es noch immer besser, solche Kredite direkt mit Staatshilfen zu fördern, als dass das man die Finanzhäuser über die faktische Staatsgarantie generell subventioniert.

Womit aber würde sich Wolf zufrieden geben:

The conclusion, then, is that equity requirements need to be very much higher, perhaps as high as 20 or 30 per cent, without the risk-weighting. It would then be possible to dispense with the various forms of contingent capital that are far more likely to exacerbate panic in a crisis than assuage it. It is only because we have become used to these extraordinarily fragile structures that this demand seems so outrageous.

Haben solche Forderungen Durchsetzungschancen? Sind sie sinnvoll?

Keine Kommentare zu «Basel III und das Lehman-Jubiläum»

  • Well, Mr. Wolf is „dammed right“!!

    Im Prinzip is Banking: die sichere Aufbewahrung vom Spargelder, gegen einen Zinssatz; diese Gelder verleiht der Bank am Haus-Hyphoteken gegen Mehr-Zins: der Differenz dient zur Deckung der Bank-Kosten und fur das Restrisiko der Hyphoteken.

    Bei Geschäfts-Krediten liegen die Risikos schon höher und zur Deckung gibt es hier höhere Zinsen, Verpfändung der Geschäftsteilen und mehr Eigenkapital der Banken.

    In der Renaissance rundum Venedig, erfand mann Wechsel-Briefen, die Gelder für die Geschäfts-Reisenden gut absicherten.
    Der modernere Formen sind Heute Bank-Checks, bargeldloses Zahlungsverkehr usw..
    Diese Bank-Formen hielfen Handel und Transport-Verkehr zur einen enormen Aufschwung und Industrie Entwickelung und damit viele neuen Arbeits-Stellen!!

    In der Geschäftswelt gibt es Geschäfter, die „heikele Operationen Abwickelen via DREIECKSGESCHÄFTEN: Das Geschäfts __ richtet ein zweiter AG ein, mit der Auftrag die heikelen Produkten zu produzieren, Dieser richtet __ ein DRITTER AG ein, die die H. Produkten liefert, und GEHT „BETRÜGERISCH PLEITE“. DER ZWEITER AG wird aufgeloscht! Und die Umweltkosten der vielen Altlasten: GEHEN ZUR LASTE DER ALGEMEINHEIT!

    DIESES PRAKTIKUM, „DER NEGATIEVE DREIECKS-FORM“ BENÜTZEN JETZT DIE BANKEN für Hochrisiko-Papieren MIT HEDGEFUNDS, SUBPRIME-FONDS USW:
    die „faule Hypho’s“ werden gebündeld in einer Fonds usw. (2° AG) und diese Fonds kommen wieder im Fonds of Fonds (3° AG)
    Dieser Aktivitäten und andere Hochrisiko Geschäften gehören nicht in einer soliden Bank, weil Diese einen „direkter kLAU SIND!!!“

    TAKE CARE and have a nice day

  • Uwe Brock sagt:

    Wie war das noch mit den Aktienmärkten und all den vielen tausend Börsenreitern hinter Ihren Heimcomputern die sich auf Chartprogramme gestürzt haben um mit den Märkten zu spielen? Jeder glaubte fest an die eigene Intelligenz und Listigkeit wenn die Indizes einmal mehr gestiegen sind und nach dem Kauf/Verkauf ein paar Fränkli mehr in der Kasse waren. Dabei geht aber gerne mal vergessen das so quasi jeder dahergelaufene an steigenden Märkten mit höherer Wahrscheinlichkeit zu seinem Anteil kommt. Der ware Künstler zeigt sich aber nicht dann wenn rund rum so doer so alles am Expandieren ist… China oder Indien als aktuelles Beispiel… auch das ausrauben von Russischen oder Afrikanischen Bodenschätzen ist nicht wirklich die Hohe Kunst des Wertschaffens…

    Dann stellt sich noch die Frage wie weit es denn noch getrieben werden soll mit dem Aktionärskapitalismus welcher primär zur Folge hat das der Rest der Gesellschaft sich einigen wenigen Grossaktionären andienen muss (nicht darf). Zuerst die Profite und Renditen für die Finanzmärkte, danach… eben ja, was kommt danach? Schon mal darüber nachgedacht wieviel der erwirtschafteten Produktivität und des Wohlstandes denn per Saldo für die Gesellschaft übrig bleibt? Nach all den Jahrelangen Budgetplafonierungen und strengsten Sparmassnahmen in Bund, Kantonen und Gemeinden haben die meisten von uns bereits vergessen wie gut das es uns gehen könnte.

    Herzlich wenig bleibt da übrig und das wenige steht in konstanter Gefahr noch weiter dezimiert zu werden, Löhne, Rentensysteme, Sozialwerke… dies vorallem im Kontext der Milliardenbeträge welche nur schon in Form von Dividenden ausgeschüttet werden… an eine handvoll Grossaktionäre und deren Angestellte die CEO’s dieser Welt. Viele regen sich auf ob der jährlichen Millionensaläre und denken dabei nicht daran das auch diese, wohl sehr gut verdiendenden Individuen, nicht mehr als Angestellte der Aktionäre sind. Nochmal, es geht heir nicht um Kleinaktionäre, die spielen in diesem Spiel eigentlich keine relevante Rolle. Vor einigen Jahren hatten alle Kleinaktionäre der UBS ca. 5% der Stimmrechte… Spassig wer sich da noch die Mühe macht die Hand hochzuheben um seine Stimme abzugeben. In der Illusion lebend am Grossen Reibach teilzunehmen….

    Es ging und geht auch nur um diese Kleinstgruppe von global agierenden und Heimatlosen Individuen die sich doch tatsächlich mti Hilfe des Selbstverständnisses das der Aktionär der ultimative Anspruchhalter an ein Unternehmen ist, durchgesetzt haben. Unter anderen mit Hilfe der tausenden von Kleinaktionäre welche zu Hause am Computer einige Krümel mitnehmen dürfen.

    Und nun, nachdem die BIZ so angeblich strenge Massnahmen „durchgesetzt“ hat um die Banken und deren Besitzerstrukturen zur Räson zu bringen… Wie Demokratisch legitimiert ist die BIZ überhaupt? In welchem Kontext sind die Zivilgesellschaften und Demokratsiche Strukturen sowie die Partizipation an den Vermögen/Renditen/Profiten zu diesen Regelungen zu sehen?

    Wie wäre es, sich ernsthaft einem Stakeholder System zuzuwenden anstatt die Shareholder weiterhin auf Händen zu tragen und anzubeten? Wie müssten die BIZ Regeln dann aussehen?

  • Augenwischereien haben im 21. Jahrhundert Hochkonjunktur. Es muss mit allen Mitteln verheimlicht werden, dass in Wirklichkeit nicht spassiert, keine Konsequenzen gezogen werden und niemand ein ernsthaftes Interesse daran hat, am System selbst etwas zu verändern. Drei Mal mehr Eigenkapital ist immer noch wenig, gut zusammengefasst!

  • Leopold Van Weynen sagt:

    Sparen Sie sich die Mühe, Herr Wolf. Das Kernkapital wird ebensowenig auf 30% oder 50% erhöht wie es was nutzen würde. Der nächste Crash ist so preeminent, dass 2008 nur ein Plätschern im Wasser vor dem Tsuanami war, ein leises Aufhorchen der Tierwelt vor dem grossen Erdbeben. Um diesen noch zu verhindern, müsste tatsächlich die Bank den Quartalsgewinn von 5 Milliarden verschmähen, der Manager müsste seinen 20 Millionen Boni dankend ablehnen und der Trader müsste seine Linie Kokain lange anschauen und sie dann mit seiner Credit-Card auf den Boden wischen – und das alles tausendfach. Glauben Sie daran?

  • michael imhof sagt:

    Die 20 Prozent Eigenkapital die ich als Häuslebauer mitbringen muss erschienen mir auch hier als Minimum angebracht. Warum sollen für Banken andere Regeln gelten für einen ausgeglichenen Haushalt als für den Privaten? Nun ganz unschuldig sind wir nicht: wir sollten mal anfangen uns um unser PK Geld zu kümmern, und das nicht institutionellen Anlegern zum Gambling überlassen

  • robert.holzwart sagt:

    ist dieses fragmentartige zitieren von anderen texten, die zukunft der schweizer presse? früher wurde immerhin noch der „economist“ vom wirtschaftsredaktor übersetzt.

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