Weimar und wir

Fürchtet sich vor den möglichen Folgen eines Brexits für die Welt: EU-Ratspräsident Donald Tusk in Strassburg. Foto Vincent Kessler (Reuters)

Fürchtet sich vor den möglichen Folgen eines Brexit für die Welt: EU-Ratspräsident Donald Tusk in Strassburg. Foto: Vincent Kessler (Reuters)

In letzter Zeit ist wieder häufiger zu lesen, es gebe Parallelen zum Ende der Weimarer Republik. Nach dem guten Abschneiden des Front National bei den Regionalwahlen diagnostizierte Thane Rosenbaum im «Daily Beast»: «Fascism is fashionable again in Europe». Robert Kagan schrieb in der «Washington Post» zum Aufstieg Trumps: «This is how fascism comes to America». Jochen Bittner fragte in der «New York Times»: «Is This the West’s Weimar Moment?».

Wenn man historisch genau nachschaut, macht der Vergleich natürlich wenig Sinn. Das wissen alle Kolumnisten. Sie wissen auch, dass man mit Anspielungen auf die Aktualität Hitlers schnell Aufmerksamkeit gewinnen kann.

Trotzdem ist der Vergleich ncht sinnlos. Grössere Wirtschaftskrisen haben mit einer gewissen Verzögerung immer politische Konsequenzen. Der schnelle Aufstieg Hitlers ist ohne die Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre undenkbar. Die amerikanische Finanzkrise und die Eurokrise sind zwar weniger schlimm gewesen als die Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre, aber sie haben ebenfalls grossen Schaden angerichtet und sind noch nicht ausgestanden. Die Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks befindet sich deswegen immer noch im Ausnahmezustand.

Wichtig ist vor allem folgende historische Beobachtung: Der politische Konflikt entzündet sich in der Regel nicht an der Wirtschaftspolitik, sondern an der Aussenpolitik. Sobald eine Oppositionsbewegung auf Zustimmung stösst, wenn sie behauptet, dass das Ausland an der Wirtschaftskrise schuld ist, wird es gefährlich für die etablierten Parteien.

Am Ende der Weimarer Republik war es die Verbindung von Reparationen (Wiedergutmachung für die Kriegssschäden) und Wirtschaftskrise, die der NSDAP, also den Nazis, im September 1930 einen sensationellen Wahlsieg eingebracht hat. Die Partei legte von 2,6 auf 18,3 Prozent zu.

Die Behauptung der Nazis war überzogen, aber auch nicht ganz falsch. Die Reparationsschulden waren in der Tat nachteilig für die Krisenbekämpfung. Ausserdem forderten alle Parteien eine bessere Regelung. Das machte es schwierig, die Verknüpfung von Krisenerfahrung und Aussenpolitik wirksam zu bekämpfen.

Reichskanzler Heinrich Brüning wollte die Wahlen zu einem Plebiszit über die künftige Finanz- und Wirtschaftspolitik machen und glaubte, man würde einem Technokraten wie ihm Vertrauen schenken. Diesen Gefallen machten ihm die Oppositionsparteien nicht. Sie sprachen stattdessen von der Knechtschaft Deutschlands unter dem Joch der Alliierten.

Brüning versuchte zu verhindern, dass die Aussenpolitik zum dominanten Thema wurde, indem er seine Minister bat, möglichst wenig über Aussenpolitik zu sprechen. Hier ein Auszug auf dem Kabinettsprotokoll vom 20. August, knapp vier Wochen vor den Wahlen:

«Der Reichskanzler machte darauf aufmerksam, dass die Aussenpolitik durch die Nationalsozialisten bei dem Wahlkampf im stärksten Masse in den Vordergrund gerückt werde. Er richtete an die Mitglieder des Reichskabinetts die Bitte, in ihren Äusserungen über aussenpolitische Dinge möglichst vorsichtig zu sein und sich vor Äusserungen in der Öffentlichkeit mit dem Reichsminister des Auswärtigen bzw. mit ihm ins Benehmen zu setzen.»

Der Versuch misslang gründlich.

Heute reagieren die etablierten Kräfte ähnlich hilflos, wenn Oppositionsbewegungen Wirtschaft und Aussenpolitik miteinander verknüpfen. So gab EU-Ratspräsident Donald Tusk kürzlich in der «Bild»-Zeitung folgende Antwort zum Thema Brexit (Quelle):

«Als Historiker fürchte ich: Der Brexit könnte der Beginn der Zerstörung nicht nur der EU, sondern der gesamten politischen Zivilisation des Westens sein.»

47 Kommentare zu «Weimar und wir»

  • Rolf Zach sagt:

    Der Artikel sagt zu Recht Weimar und Brexit sind nicht das gleiche. Populismus entsteht immer dann, wenn der Mob beim rebellieren eine Führungs-Elite erhält und die sich so positioniert, daß sie entweder die bisherige Führungs-Elite zurückdrängen kann oder von der bestehenden Elite als Vollmitglied aufgenommen wird. Nehmen wir als Beispiel Trump. Er wettert gegen die Nichtsnutze in Washington und hat so die republikanische Präsidentschafts-Kandidatur gewonnen. Aber all seine Helfer sind Ableger der republikanischen Machtelite in Washington. Ob ihn dann als Präsident und Erster in den Washingtoner Machtzirkel die Anti-Washington Bewegung noch interessiert, ist eine andere Frage.

    • Rolf Zach sagt:

      Und vergessen wir nicht, wenn die USA in der Krise waren, war es Washington, d.h. der Präsident in der Regel mit Hilfe eines störrischen Kongresses, der die Probleme des Landes gelöst hat. Angefangen bei Lincoln über Roosevelt, Truman und Johnson. Reagan schlimmster Fehler war, die Zentralmacht für die Innenpolitik, den steinreichen Anarchisten überlassen zu haben. Wenn Trump gegen Washington regiert, fördert er die Anarchie und macht sein Amt weniger mächtig. Aber er wird nicht gewählt. Warum? Die Amerikaner wollen keinen Krieger Trump, ihnen hat Krieger Bush genügt. Am Ende der Wahlkampagne wird Trump nur noch vom Frieden säuseln, ob dies langt, wird sich zeigen.

      • Rolf Zach sagt:

        Was die britische Macht-Elite mit dem Brexit anstellt, ist eine Tragödie. Ihre Gier nach Macht und Reichtum ist so gross, dass sie die grundlegenden Interessen des Landes verletzen. 50 % des ganzen Volumens verdankt der Finanzplatz London dem Euro, der Rest von 40 % ist auch nur dort im Sog des Euros. 5 % sind der britische Heimatmarkt und der Rest von 5 %, wo ist dieser beheimatet? Das sind die gewissenlosen Hedge-Fund Spekulanten, die nicht den Hauch einer Regulierung der Finanzmärkte durch die EU in Brüssel wollen. Ihre Gier kann nicht genug bekommen und sie setzen dabei 100’000 von Arbeitsplätzen des normalen Finanzmarktes aus Spiel. Boris Johnson ist ihr willfähriger Diener.

        • Rolf Zach sagt:

          Boris Johnson weiß dies und es ihm völlig gleichgültig, er giert nach der Maus wie eine Kobra. Nigel Farage ist dagegen nur ein Dummkopf. Was die Briten an Boris Johnson haben, haben wir an Blocher und Köppel.
          Das Volk ist völlig verunsichert, weil seit Jahrzehnten der Sozialstaat abgebaut wird und England in der Exportindustrie völlig deindustrialisiert wurde. Viel hoffen mit Brexit der EU-Konkurrenz in der Industrie loszuwerden. Aber es wird den Absatz englischer Industriewaren nicht fördern, sonder nur diejenigen der Chinesen. Mit Schutz für ältere Arbeitnehmer wäre die EU-Binnenwanderung weder in England noch in der Schweiz ein Problem.

          • Rolf Zach sagt:

            Die Nicht EU Einwanderung wurde schon seit Jahrzehnten in England gestoppt. Wieviele Muslime hat die englische Fußballmannschaft? Keine! Wieviele hat Deutschland und Frankreich? Vereinzelte! Wieviele hat die Schweiz? Eine ganze Menge und es kam nicht zu Aufständen in den Banlieus und es wurden keine Asylheime abgefackelt. Aber dieser Frieden behagt den von der Türkei und Saudi-Arabien bezahlten Imame gar nicht, sie reden von der Einführung der Scharia für ihre Gemeinschaft. Zu diesen Hetzern kommen noch die islamischen Intellektuellen als Brunnenvergifter wie Farhad Afshar, die bewußt eine Parallelgesellschaft wollen und ihre Gläubigen damit quälen und eine Integration verhindern.

    • Johannes Frank sagt:

      Der Mob, wie sie es nennen, rebelliert aber nicht ohne Führung. Zuerst bildet sich eine Führung und dann folgt gegebenenfalls die Masse. Wobei die „Masse“in unterschiedlichen Ausführungen rebelliert. So unterscheiden sich die vorgehensarten von Massenbewegungen etwa in England, Frankreich oder Deutschland grundlegend.

  • Marcel Senn sagt:

    Soweit sind wir nicht davon entfernt – wieder mischelt Deutschland mit – der Preis für die Wiedervereinigung Deutschlands war nämlich die devote Akzeptanz der € Zone mitsamt seinen Problemfällen im Club Med – das haben die Franzosen Kohl abgerungen und die Birne musste da drauf einsteigen um sein „Lebenswerk“ die Wiedervereinigung durchzuziehen.
    Dann kam ähnlich wie in den 20er eine Finanzkrise und im nachhinein haben die Politiker und ZB im Gegensatz zu 1930ff geklotzt anstatt gekleckert – immerhin hat das den schnellen Aufstieg einer rechtsfaschistoiden Partei bislang noch verhindert.
    Allerdings die Troika erinnert manchmal schon an die Siegermächte von Versailles mit ihren…

    • Marcel Senn sagt:

      Forderungen zur Austerität.
      Aber noch ist die Geschichte nicht fertiggeschrieben. Wäre man z.B. den Rezepten von Linus Huber gefolgt und hätte die ganze Chose 2008 der schöpferischen Kraft der Zerstörung überlassen indem man das Finanzsystem hätte nach ordolibertären Grundsätzen crashen lassen und es dann zu einer Weltwirtschaftskrise wie in den 30er gekommen wäre, dann hätten wir sicher wie so ein paar Schreihälse vom Typus des elendiglichen Oesterreichers an der Macht.
      Da ist Graf „Draghula“ von der EZB vermutlich noch das geringere Uebel – auch wenn die Geschichte noch lange nicht fertig ist und der Ausgang nach wie vor ungewiss bleibt.

      • ast sagt:

        „Finanzsystem hätte nach ordolibertären Grundsätzen crashen lassen“.
        Herr Senn, gecrasht hätten vor allem die Banken wenn man sich bei der Rettung vor allem auf die Stabilität der Realwirtschaft konzentriert hätte und das Geld hierzu eingesetzt worden wäre.Das hätte die Richtigen getroffen. Ich glaube dass die Rettung der spekulativ tätigen Finanzinstitute ein falscher Entscheid war, da sich die Verursacher der Finanzkrise wiederholt bis heute in Szene setzen können.

        • Marcel Senn sagt:

          ast: Ob es dann nur die spekulativ tätigen Finanzinstitute getroffen hätte oder eben auch wesentliche Teile der Volkswirtschaft und z.B. die ganzen Altersvorsorgewerke – das ist eben fraglich. Das Finanzgeflecht ist mittlerweile eben schon weit fortgeschritten (das haben die Bankster doch ganz clever für sich eingefädelt), dass Kettenreaktionen vermutlich die Folge gewesen wären. Und da die meisten Politiker ja auch keine grosse Ahnung haben über die grossen Verbandelungen in der Finanzindustrie haben sie sich zum Schutz ihrer eigenen Karriere für Rettungsaktionen entschieden.
          Und mittlerweile wurde diese „Verantwortung“ von der Politik an die Zentralbanken „outgesourct“.

          • ast sagt:

            ich hatte bereits früh in den frühen 80er Jahren die Abstimmung über die Zulassung von Pensionskassen an die Aktienmärkte abgelehnt. Wenn es jetzt Verflechtungen der Altersersparnisse in die Spekulationsmärkte gibt haben jene zu verantworten die sich dann darauf verlassen haben (ich nicht). Aber ja es hiess wohl bei der Mehrheit mitgegangen mitgefangen -allerdings ist die Sache auch jetzt noch überhaupt nicht in Sicherheit ( und die SNB hat sich jetzt ja auch noch in den Aktien-Sumpf begeben uns sitzt auf Milliarden unsicherer Papiere).

          • Marcel Senn sagt:

            ast: Nur wo wollen Sie denn überhaupt anlegen: Bondmärkte sind inzwischen auch nur noch renditelose Gelddeponien mit mittlerweile erhöhtem Risiko, Immobilien, private Equity oder Geldmarktfonds – aber auch die können auch nicht unendlich viel Kapital absorbieren.
            .
            Das sind mindestens 36 Bio $ renditesuchendes Kapital – nur wo anlegen? Das ist ja das Problem und mit Negativzinsen und Zentralbankengeldschwemme verschärft sich das Problem noch – Angebot und Nachfrage von/nach Kapital sind da etwas aus dem Gleichgewicht geraten.

            https://www.towerswatson.com/en/Insights/IC-Types/Survey-Research-Results/2015/09/The-worlds-300-largest-pension-funds-year-end-2014

  • Herbert Anneler sagt:

    Das Problem ist, dass sich selbst erfüllende Prophezeiungen selber erfüllen. Man muss Probleme nicht herbeireden und sich in angeblichen Präzedenzfällen suhlen oder schwelgen, sondern die Probleme lösen… DAS ist unsere Freiheit und Verantwortung! Geschichte und Wirtschaft sind von Menschen gemacht und ergo durch uns Menschen auch gestaltbar.

    • Monique Schweizer sagt:

      Anneler: Geschichte und Wirtschaft werden sicher in etwa ähnlichem Masse wie vom Menschen von der Natur determiniert – sei es durch Seuchen, Krankheiten aller Art, Naturkatastrophen aller Art, Rohstoffvorkommen (z.B. Erdöl), unerwartet frühe und starke Wintereinbrüche (z.B. Stalingrad), sonstige klimatische Bedinungen aller Art usw usw. Es gibt genügend Beispiele aus der Weltgeschichte in der die Natur stärker war als der Mensch – die Menschheit ist zwar deswegen nicht untergegangen, aber viele Individuen sind daran gestorben.
      Wir Menschen können zwar einiges bewirken, aber manchmal überschätzen wir unsere Wirkungskraft auch etwas. Etwas mehr Demut gegenüber der Natur kann nicht schaden.

      • Fred Mazinaux sagt:

        Es gibt nur eine Gesetzlichkeit der Evolution unseres Universums,
        Erde,&auch uns Menschen: “Die Naturgesetzlichkeit“!(NG)
        Naturwissenschaft weiss nach Quantentheorie&Q-mechanik,auch wir Menschen sind “Natur in Natur&aus Natur“&können dieser Gesetzlichkeit nicht entrinnen.Leider richtet sich NG nach dem heuristischen Prinzip “Lernen durch Tun“ (Experimente), was von uns fordert zu erkennen, zuzugeben&neue Wege finden.D.h. Diese Weltanschauung trotz “Aufklärung“
        http://www.zerohedge.com/sites/default/files/images/user3303/imageroot/2015/12-overflow/20151221_feudal.jpg

        auf Macht&Privatbesitz der Naturgüter wie Land& darauf aufgebaute Politische-&Geldsysteme,
        wird uns zugrunde richten!

  • Linus Huber sagt:

    Wenn die meisten gegenwärtigen Politiker den Ausdruck „Faschismus“ richtig verständen, würden sie ihn nicht als negatives Schlagwort verwenden, denn sie stehen meistens für faschistische Ideen und Politik ein.

    1. Faschismus begünstigt Grossunternehmen, welche die Kosten hoher Regulierung verkraften, aufgrund ihrer hohen politischen Einflussnahme (Lobbying etc.) stärker von direkten wie indirekten Subventionierung profitieren.

    2. Der Überwachungs- und Polizeistaat sind weitere Kennzeichen von Faschismus, welcher schrittweise weiter ausgebaut wird.

    3. Die Verwendung von Zwang zur Umgestaltung der Gesellschaft und Welt zeigen ebenfalls faschistische Züge.

    etc.

    • Anh Toàn sagt:

      Faschismus ist alles, was mir nicht gefällt.

      • Anh Toàn sagt:

        Weil mir die Kommunisten nicht gefallen, sind die Faschisten. Nämlig.

        • Anh Toàn sagt:

          Was mir an Faschismus gefällt (wir Schweizer haben gutes Blut , wegen Käse und Butter und so) ist Patriotismus. nämlig.

          • Marcel Senn sagt:

            Anh: Das Lied heisst aber richtig:

            Mir Senne hei’s lustig, mir Senne hei’s guet. Hei Chäs und hei Anke, das git üs guets Bluet. Hudria holeleia, hudria holeleia. Hudria holeleia, hudria holiho.

            Gruss vom Senn

    • Anh Toàn sagt:

      Um die Gesellschaft so zu lassen, wie sie ist, braucht es keinen Zwang. Es braucht keine Mauern und keinen Stacheldraht. um die im Namen des Allmächtigen, der uns im Strahlenmeer entgegentrat, gegründete Schweiz zu erhalten.

      Wer sagt, alle Menschen haben Rechte, und an die ist auch das von Gott auserkorene Schweizer Volk gebunden, ist ein Weltregierungsfaschist. Nämlig. Während die anderen Mauern bauen, statt infantilisierend und zwingend die Gesellschaft umbauen wollen. Sie sind doch immer gegen die, welche am Status Quo festhalten wollen, und jetzt finden Sie plötzlich, wer verändern will, ist ein Faschist. Können Sie sich (mir) erklären?

      • Linus Huber sagt:

        Sie verwechseln das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung mit dem Ziel sich nach seinem Gusto entfalten zu können, solange dies keinem Dritten schadet, mit dem Recht auf Gratisleistungen zulasten Dritter, womit die machtbesessenen Bürokraten wie Weltregierungsfanatiker das Realisieren ihrer feuchten Träume (inkl. Kriege) mit hochtrabenden ethischen Grundsätzen zu rechtfertigen pflegen und sich dabei ein gutes Leben zulasten der Allgemeinheit einrichten. Die Menschen brauchen keine Massregler, welche ihre eigenen Vorstellungen zu erzwingen versuchen, sondern die Gesellschaft organisiert und entwickelt sich ungezwungen und auf natürliche Weise.

        • G. Nardone sagt:

          @Linus Huber:

          Der Totalitarismus des freien Marktes
          Langsam sollte es dämmern, dass die Bedrohung der Freiheit durch Staatssozialismus, Marxismus oder Rechtspopulismus ein Diskurs von gestern ist. Heute wird die Freiheit von denen bedroht, die sie am lautesten propagieren …

          Aus: https://makroskop.eu/2016/06/der-totalitarismus-des-freien-marktes/

          • Marcel Senn sagt:

            Linus: Dazu noch ein interessantes Interview mit einem erzlibertären Gesinnungskollegen.
            „Denn das Ziel, jeder glücklichen Firma sei das Monopol.“ In Wahrheit, so Thiel, sei Wettbewerb «eine zerstörerische Kraft». Er befördere nur einen gnadenlosen Existenzkampf der Ähnlichen, mit harter Konkurrenz, kaum Marge & fast ununterscheidbaren Produkten.

            http://bazonline.ch/wirtschaft/standard/Seine-Rache-war-vernichtend/story/13575633

            Ist ja sicher ein heller & innovativer Zeitgenosse der Herr Thiel, aber im ganzen sozialen- & Empathiebereich scheint der König der Nerds schon ein paar eklatante Defizite zu haben.
            Aber ansonsten verkörpert der doch voll Ihre Linie Linus, oder?

          • Linus Huber sagt:

            Richtig Nardone, das Ziel wird viel zu stark als Rechtfertigung der Mittel auch im Falle Hayek missbraucht, was dem Prinzip der Gewaltfreiheit widerspricht. Es gibt nicht einzig die Freiheit des Individuums, sondern auch jene der Familie, der Kommune, des wirklich demokratischen Staates, also von Menschen, welche sich auf freiheitlicher Basis zusammenschlossen und die Regeln festlegen. In diesem Fall geht es weniger darum deren freiheitliches Rechts ihre eigenen Regeln festzulegen, sondern um das Verhältnis zwischen individueller Freiheit und der Macht des Kollektivs. Dieses Austarieren nennt sich Politik und läuft am besten in einer wirklichen und heute gefährdeten Demokratie ab.

          • Linus Huber sagt:

            @ Marcel

            Interessanter Charakter dieser Thiel. 🙂

            Zum Glück sitzt der Kerl nicht in der von Weltregierungsfanatikern besetzten Regierung, denn er würde wohl ebenfalls den Wert seiner Ideen derart hoch einstufen, dass er das Prinzip der Gewaltfreiheit unter dem Einfluss solcher Gesellschaft schnell vergessen dürfte und damit seine Fähigkeit extrem effizient zu wirken eher negative Konsequenzen zeitigte.

          • Marcel Senn sagt:

            Linus: Dafür sitzt er im Steering Committee der Bilderberger-Konferenzen und hat von 2007 bis 2016 an JEDER Konferenz teilgenommen (die meisten wie Blocher, Merkel etc tauchen dort ja nur ab und zu mal auf resp. erhalten eine Einladung)
            .
            Gemäss all den Verschwörungstheoretikern sollen ja eben genau dort so Weltregierungsszenarien ausgedacht werden…

          • Anh Toàn sagt:

            Faschist: “ Es gibt nicht einzig die Freiheit des Individuums, sondern auch jene der Familie, der Kommune, des wirklich demokratischen Staates, also von Menschen, welche sich auf freiheitlicher Basis zusammenschlossen und die Regeln festlegen“

            Also ich wurde nie befragt, ob ich Schweizer werden wolle. Bevor ich überhaupt Stimm- und Wahlrecht bekam, wurde mir gesagt, ich müsse kommen und lernen mein Land zu verteidigen: Ich war zu noch zu jung um Regeln machen zu dürfen, aber nicht, um allenfalls zu sterben und zu töten für mein Land.

            Irgendwie habe ich die Veranstaltung verpasst, an der ich mich mit anderen zur Schweiz zusammengeschlossen haben sollte, freiheitlich.

          • Anh Toàn sagt:

            „Thiel“:

            Die Frisur ist ja okay, aber der hochgestellte Polohemdkragen ist echt pubertär: Denn kann man doch nicht ernst nehmen!

          • G. Nardone sagt:

            @Linus Huber:
            – „Dieses Austarieren nennt sich Politik und läuft am besten in einer wirklichen und heute gefährdeten Demokratie ab“

            Und wer gefährdet die Demokratie?

            – „die machtbesessenen Bürokraten wie Weltregierungsfanatiker“

            Und wie stehts mit den Koch Brothers in den USA? Ist es nicht möglich, dass es auch reiche Unternehmen & Kapitalisten ein Interesse einer Weltregierung massgeregelt nach ihrem Gusto haben? Wie stehts mit den Crony’s? Die Bürokraten sind da nur ihre Handlanger, aber wie üblich von Ihnen, tendieren Sie immer den Schurken nur in der linken und nicht auch in der rechten Ecke anzuzeigen.

          • Linus Huber sagt:

            @ Nardone

            „Die Bürokraten sind da nur ihre Handlanger“

            Das ist genau der springende Punkt. Die Regierungen, respektive die Politiker, werden nicht dazu gewählt, sich aufgrund persönlicher Vorteile den Reichsten der Gesellschaft zu verdingen, sondern zum Wohle der eigenen Wählerschaft zu handeln. Es handelt sich um ein Demokratiedefizit, welches hier zum Ausdruck kommt.

            Die Differenzierung liegt immer weniger zwischen den politischen Lagern „Links/Rechts“, sondern zunehmend zwischen den Lagern der Privilegierten, welche die Regulierung zu ihren Gunsten beeinflussen wie denjenigen, welche in diesem Prozess eingebunden sind einerseits und dem Rest andererseits.

          • Linus Huber sagt:

            Marcel

            Dass einer, welcher derart effektiv zu operieren weiss, dort Einsitz nimmt, laesst nichts gutes vermuten. – Wie kleine Schulbuben, welche ein Lob des Lehrers ernten, verhalten sich die Politiker und andere Entscheidungsträger, wenn sie dort eingeladen werden, was fast schon lächerlich wirkt.

        • Anh Toàn sagt:

          @Linus Huber: „Die Menschen brauchen keine Massregler, welche ihre eigenen Vorstellungen zu erzwingen versuchen, sondern die Gesellschaft organisiert und entwickelt sich ungezwungen und auf natürliche Weise.“

          Aber die Gesellschaft braucht Regeln. Wenn es Regeln gibt, gibt es Massregler. Sie finden, ein ganz ungezwungen und auf natürliche Weise sich zusammenrottender Mob organisiere sorgt ganz ungezwungen für Ordnung.

          Etwa wie in der Reichskristallnacht.

      • Rolf Zach sagt:

        Nun, zurück zur Realität der 20er Jahre. Versailles war für alle Deutschen absolut ungerecht und hinterhältig, obwohl Tooze zum Beispiel schreibt, der Völkerbund sei wegen den Nationalitäten in Oberschlesien gerecht gewesen zu den Polen und Deutschen. Ich muss gestehen, auch als rechter Sozi damals in Deutschland hätte ich dies nie akzeptiert, Stresemann hat es auch nicht. Es war ganz klar für die deutsche Machtelite und auch für die Funktions-Elite, Versailles muss weg. Brüning hat in diesem Sinn gehandelt, indem er die Krise mit seiner Deflationspolitik verschärfte und damit die Franzosen zwang, endgültig auf die Reparationen zu verzichten.

        • Rolf Zach sagt:

          Bei den November-Wahlen zeichnete sich bereits ein Rückgang der Nazi-Bewegung an und die Regierung Schleicher verstand es mit der Weimarer Koalition so zusammen zu arbeiten, daß eine Wiederaufrüstung von Deutschland möglich gewesen wäre, sie hätte wahrscheinlich das gleiche erreicht wie Hitler 1938 mit dem Anschluß Österreichs und der Münchner Konferenz. Aber nein, die Führung der Reichswehr wollte die Vernichtung jeglicher Opposition (die Matrosen von 1918 lassen grüssen). Die dekadenten Fürsten wollten vollumfänglich ihre Privilegien zurück, für Schleicher nicht machbar, deshalb waren sie für Hitler. Hindenburg schützte seinen korrupten und schwachsinnigen Sohn und war sonst ein Autokrat.

          • Rolf Zach sagt:

            So wurde dieser Niemand Kanzler, weil er den Ambitionen der Elite in Militär und Adel am besten entsprach und die Funktions-Elite des Mittelstandes sah die goldene Opportunität des Aufstiegs ohne die Konkurrenz der Juden (Speer ist ein klassisches Beispiel).
            Die Juden waren Hitlers Mittel, die Demokratie abzuschaffen, kurzfristig viele mit dem jüdischen Vermögen zu ködern, jegliches Gewissen bei den Kirchen zu unterdrücken (eigentlich ein Angriff aus das Christentum, zu wenig kriegsgeil nach Hitler). Der Rassismus machte alle Deutsche zu Adeligen. Herrlich!

          • Anh Toàn sagt:

            @Rolf Zach: „Die Juden waren Hitlers Mittel, die Demokratie abzuschaffen.“

            Primär nicht die Demokratie, sondern die Menschenrechte: Und heute sind die Moslems das Mittel, der AfD, Trump, SVP, FN und Co., die Menschenrechte abzuschaffen.

          • Anh Toàn sagt:

            Islamisierung des Abendlandes oder jüdische Weltverschwörung.

            Wer erklärt mir den Unterschied?

          • Rolf Zach sagt:

            Wie soll man Immigration betrachten. Das Land ist ein Industriestaat, der ständig rationalisiert und von der Bevölkerung viel Wissen verlangt. Er muß aber auch Jobs für diejenigen haben, die dem heutigen „rat race“ nicht so gewachsen sind. Es kommen 100 Einwanderer aus einem benachbarten Industriestaat, die gleich gut ausgebildet sind wie die Einheimischen und darunter hat es sogar welche, die sehr klug sind und Spitzenpositionen in ihrem neuen Land bekommen. Einige davon sind mehr arrogant als genial, leider! Aber unter dem Strich rentieren sie, das Abfallprodukt sind alte Einheimische, die über den Jordan müssen. Diese Nachbarn hatten in 30er Jahren Genies, die wir nicht wollten.

          • Rolf Zach sagt:

            Nun kommen 100 Menschen der Mühsamen und Beladenen aus einem fernen Agrarland zu uns, die so lebten wie wir im Mittelalter mit Einschränkungen und die nicht wissen, was eine moderne Industrie-Zivilisation fordert. Ihre Integration erfordert zur Betreuung eine Menge Einheimische, Mediziner, Psychologen, Sozialarbeiter, Lehrer mit Sonderausbildung, Beamte usw. Der volkswirtschaftliche Nutzen ist ungefähr so wie Auto-Unfälle. Ihr Streß hier fördert bei vielen, aber nicht allen, der Wunsch nach ihrer eigenen Identität und Abspaltung von den Einheimischen.
            Die Prediger ihres Glaubens sagen ihnen ständig, dies ist das Land der Ungläubigen, die euch ausbeuten und diskriminieren wie die Nazis.

          • Rolf Zach sagt:

            Man kann natürlich sagen, über kurz oder lang frißt die westliche Kultur diese fremde Zivilisation dieser armen Einwanderer wie der Löwe die Gazelle einfach auf. Es gibt aber auch Leute aus dem Industriestaat, die dies unbedingt verhindern wollen und sagen „Nazis, Nazis“. Es gibt aber bösartige Schreiberlinge von Leserbriefen und Rassisten, die nicht wie der Heilige Martin, den Mantel mit dem Bettler teilen wollen. Diejenigen, die trotzdem teilen, werden halt von einigen Bettlern angespuckt. Berufsrisiko! Wie ist es, wenn die Leute vom Industriestaat in diesen ferner Agrarstaaten auswandern als Ziegenhirten und Kameltreiber? Übrigens ich habe gehört, Vietnam will unbedingt diese…

          • Anh Toàn sagt:

            Muslim = Flüchtling = ungebildeter Ziegenhirte aus dem Mittelalter = Rassismus

            Ich habe nicht von Flüchtlingen geredet, ich habe, wie Trump Pegida und Co von Moslems geredet, und Sie mein lieber Herr Zach, fallen voll drauf rein.

        • Rolf Zach sagt:

          Pech war nur das Bild der Wissenschaft von Hitler. Als der Jude und Nobelpreisträger Haber aus der Akademie in Berlin ausgeschlossen wurde und viele deutsche Gelehrte dies in keiner Weise gut fanden und ihre Bedenken vortrugen, antwortete dieser Liebling des Militärs und der gewissenlosen Streber: Für was brauchen wir Chemie?
          Immerhin war Haber ein engstirniger deutscher Nationalist und seine Ammoniak-Synthese hätte Deutschland bereits 1915 wegen Munitionsmangel kapitulieren müssen, das gleiche Genie entwickelte auch das Giftgas und trieb seine pazifistische Frau, die eine hervorragende Wissenschaftlerin war, in den Selbstmord.

          • Rolf Zach sagt:

            Aber es war nicht nur dieser Niemand, Leute wie dieser ekelhafte Höfling Speer, der sich als die allumfassende Kompetenz verkauft hat und noch schlimmer bei Milch, der mit mehr Sachverstand die gräßlichsten und ineffizientesten Sachen ausdachte, um den Krieg doch noch zu gewinnen. Nach dem Krieg war natürlich einzig und allein dieser Niemand schuld.
            Dies zum politischen Zustand von Weimar und den Aufstieg von Hitler. Natürlich hat die Krise eine Rolle gespielt, aber sie war nie ausschlaggebend. Wer dies behauptet und viele tun es, hat die Geschichte nicht begriffen. Bei den Kommunisten tragen die Großindustriellen und Banker die Verantwortung für die Macht von Hitler.

          • Rolf Zach sagt:

            Aber sie waren es nicht! Einmal an der Macht, haben sie sich natürlich den Nazis angeschlossen. Geschäftsleute müssen Opportunisten sein und sind nun einmal Windhunde.

  • Markus Schneider sagt:

    Ich selber stelle in der angeblichen „politischen Diskussion“ vor allem eines fest: Mit jedem unerwünschten Plebiszit geht die Welt schneller unter. In der Schweiz nedet inzwischen jede Hundsverlochete mit dem „Untergang der Schweiz“ (die Linken nennen das umgekehrt „die Schweiz an die Wand fahren“). International geht das offenbar auch: Der Austritt Grossbritanniens dührt zum Untergang der westlichen Zivilisation. Das Ziel wird derreicht: Die Medien feiern mal wieder den Superlativ, das Ultimative. Wie jeden Tag. Und wie jeden Tag sinkt ihre Glaubwürdigkeit weiter ins Bodenlose. Als müsste man stets nur die extremen Spinner wie Tusk zitieren. Bestimmt wird England sonst faschistisch,…

  • Robert F. Reichmuth sagt:

    „Weimar und wir“ – oder – die BRD und die CH im Jahre 2016 …
    .
    als meinungsäusserungsbefreiter Bürger des „FREISTAATES HELVETIEN von 2023“ (17. Bundesland der BRD) sage und schreibe ich hier – ich teile die Befürchtung des „EU-Historikers Donald Tusk“ vollumfänglich.
    .
    Als 2WK-handicapierter Ureinwohner der CH teile ich diese jedoch in keinster Weise.

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