Warum die Zinsen tief bleiben

NMTM

Die Zinswende ist keine Rückkehr zur Normalität: Frisch gepresste Dollarnoten. Foto: L.M. Otero (Keystone)

Im Zusammenhang mit dem künftigen Zinsniveau dreht sich alles um den neutralen Zinssatz. Schauen wir ihn uns etwas genauer an.

Die Debatte um den neutralen Zinssatz war schon einmal Thema eines umfassenden Blogbeitrags. Aus Anlass des Fed-Zinsentscheids und als passende Ergänzung zu den letzten Beiträgen meiner Kollegen (hier und hier) nehme ich mir hier diese Grösse nochmals gesondert vor. Die Einschätzung, dass dieser Zinssatz aktuell deutlich tiefer liegt als vor der Krise, ist der Grund, warum das Zinsniveau in den USA auch in Zukunft sehr viel tiefer liegen wird, als wir es früher für normal hielten. 

Einmal mehr hat Fed-Gouverneurin Lael Brainard dazu am 1. Dezember einen äusserst spannenden Vortrag gehalten, auf den sich Teile dieses Beitrags abstützen. Gehen wir die wichtigsten Punkte durch:

Das Problem mit der Messung

Das Problem mit diesem Zinssatz liegt darin, dass er nicht direkt gemessen, sondern nur geschätzt werden kann. Das hat er gemeinsam mit anderen zentralen Grössen in der Makroökonomie – etwa der natürlichen Arbeitslosigkeit oder dem Potenzialwachstum.

Seine Bedeutung

Der neutrale Zinssatz bezeichnet jenes Zinsniveau, bei dem eine Wirtschaft entsprechend ihrem langfristigen Wachstumspotenzial (eben dem Potenzialwachstum) wächst, weshalb es dann auch nicht zu einer Über- oder Unterauslastung der Produktionsfaktoren kommt. Die Arbeitslosigkeit, die dann verbleibt, ist rein strukturell bedingt, etwa durch unpassende Fähigkeiten der Beschäftigten. Sie wird natürliche Arbeitslosigkeit oder NAIRU genannt (hier und hier mehr dazu). Weiter bleibt bei Erreichen des neutralen Zinssatzes auch die Inflationsrate stabil.

Zusammenhang mit der Taylor-Regel

Damit wird klar, dass das Ziel jeder Notenbank darin liegt, den tatsächlichen Zinssatz mit ihrer Geldpolitik möglichst an diesen idealen Zinssatz heranzuführen. Daraus leitet sich auch die berühmte Taylor Regel ab – benannt nach dem Ökonomen John Taylor. Dabei handelt es sich um eine relativ einfache (zu einfache) Beschreibung des Verhaltens von Notenbankern:

Taylor Rule

Die tief liegenden kleinen Buchstaben t stehen für einen gleichen Zeitpunkt, π bezeichnet die Inflationsrate, π* die Ziel-Inflationsrate (meist 2 Prozent), y das Wachstum und y das Potenzialwachstum der betrachteten Volkswirtschaft. r* ist unser neutraler Zinssatz – und zwar real, das heisst inflationsbereinigt. (Für Mathe-Freunde: Genau genommen müssen wir die Wachstumsgrössen erst logarithmieren, damit wir sie als Summen schreiben können.)

Die Formel besagt, wie oben schon beschrieben, dass die Notenbank danach strebt, den von ihr beeinflussbaren nominalen Zins i dem nominalen neutralen Zinssatz anzugleichen (also dem realen neutralen Zinssatz r* plus der Inflationsrate π). Dabei ist sie überdies bestrebt, dass die tatsächliche Inflation nicht von der Ziel-Inflationsrate abweicht (π – π* = 0) und dass das tatsächliche Wachstum dem Potenzialwachstum der Wirtschaft entspricht (y – ȳ = 0).

Ist die Inflation allerdings höher als die angestrebten Inflation (π – π* > 0) oder ist das Wachstum zu hoch (y – ȳ > 0), muss die Notenbank ein höheres Zinsniveau i anstreben und zwar so lange, bis die Abweichungen vom jeweiligen Zielwert eliminiert sind. Bei einer zu tiefen Inflation (π – π*< 0) oder einem zu geringen Wachstum (y – ȳ < 0) müssen die Zinsen bis zum Ausgleich tiefer liegen. α ist eine Variable. In der Regel wird sie mit 0,5 angenommen, was Abweichungen von den jeweiligen Zielwerten beim Wachstum und bei der Inflation die gleiche Bedeutung zumisst.

Die Bestimmungsgrössen und ihr aktueller Einfluss

Beeinflusst wird der neutrale Zinssatz von Einflüssen auf die gesamte Nachfrage und die Produktionsbedingungen (das Gesamtangebot). Weiter spielen die Risikowahrnehmung auf den Kapitalmärkten und die Inflationserwartungen eine Rolle. Gehen wir’s durch:

  • Zu geringe Investitionen im Vergleich zu den Ersparnissen können von der Nachfrageseite her zu einer Absenkung des neutralen Zinssatzes führen. Das heisst, die Notenbank muss ihren Zinssatz tiefer ansetzen, um wieder ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht ohne (konjunkturelle) Arbeitslosigkeit und mit einer Wachstumsrate zu erreichen, die derjenigen des Potenzials entspricht. In dieser Richtung argumentiert etwa der Ökonom, ex-US-Finanzminister und beinahe Fed-Chef Larry Summers unter dem Titel der «Secular Stagnation». Wie dieser NMTM-Beitrag zeigt, ist diese These allerdings nicht unumstritten.
  • Vor allem für die längere Frist ist das Wachstum des Produktionspotenzials  entscheidend. Fällt dieses, sinkt auch der neutrale Zinssatz. Wobei auch hier das Ausmass dieses Zusammenhangs umstritten ist. Diese Studie geht genauer darauf ein. Ein wichtiger negativer Einflussfaktor auf das Potenzialswachstum ist die sinkende Arbeitsbeteiligung angesichts des demografischen Wandels mit einem steigenden Anteil an Pensionären. Mindestens gleich problematisch ist ein nachlassendes Produktivitätswachstum, wie es sich in den Daten zeigt.
  • Ein grösseres Risikobewusstsein spielt seit der Finanzkrise ebenfalls eine Rolle. Man könnte auch sagen, vor der Finanzkrise fühlte man sich zu sicher. An den Kapitalmärkten bedeutet dies, dass der Risikoaufschlag für alle Anlagen und Ausleihungen heute höher ist. Um eine Verteuerung und einen Rückgang von Investitionen angesichts der höheren Risikoprämien zu verhindern, müssen risikolose Zinssätze für alle Fristen fallen. Das gilt auch für den neutralen Zinssatz.
  • Ein labileres internationales Umfeld mit einem geringeren Wachstum und weltweit tieferen Zinsen wirkt sich über die Wechselkurse ebenfalls auf die neutralen Zinsen in den USA aus. Wenn alle anderen wichtigen Währungsblöcke abwerten, bzw. deren Zinsniveau tiefer liegt, steigt umgekehrt die Attraktivität von Anlagen in Dollar und der Aussenwert des Dollars. Das schwächt in den USA die Nachfrage nach inländischen Gütern wegen geringeren Exporten und einer verschärfte Konkurrenz durch Importgüter. Anders gesagt wirkt die Währungsaufwertung gleich wie eine Zinserhöhung durch die Notenbank. Um diesen negativen Effekt auf die Wirtschaft auszugleichen, ist also ein tieferes Zinsniveau notwendig und damit auch ein tieferer neutraler Zinssatz. Gemäss Berechnungen des Fed macht eine Aufwertung des Dollars um 15 Prozent mittelfristig eine Absenkung des realen US-Leitzinses um 1 Prozentpunkt notwendig.
  • Von Bedeutung ist auch die deutlich tiefere Inflation und die tiefere Inflationserwartung als zur Zeit vor der Krise. Das hat zur Folge, dass die Nominalzinssätze allein dadurch heute tiefer liegen als früher (zur Erinnerung: Realzinssatz + Inflationserwartung = Nominalzinssatz). Der inflationsbereinigte, also reale neutrale Zinssatz wird zwar von einer Änderung der Inflationserwartung nicht beeinflusst. Doch die Notenbank kann nur die Nominalzinsen steuern und kann diese nicht deutlich unter Null senken. Sie droht daher bei einem ins Negative fallenden realen neutralen Zinssatz bei ebenfalls sinkenden Inflationserwartungen mit ihrer Leitzinspolitik machtlos zu werden. Dazu mehr unter dem nächsten Punkt

Risiko Nullzinsuntergrenze

Wie die Schweiz zeigt, kann eine Notenbank ihren Leitzinssatz durchaus ins Negative senken. Allerdings nur beschränkt, weil sonst die Bargeldhaltung immer attraktiver wird. Ausserdem sind Negativzinsen äusserst unbeliebt und haben unerwartete Konsequenzen. Nötig werden können überdies angesichts eines tiefen oder fallenden neutralen Zinssatzes und fallender Inflationserwartungen  auch andere aussergewöhnliche Massnahmen wie ein «Quantitative Easing», also Käufe von Staatsanleihen im grossen Stil. Auch der Effekt dieser Massnahme ist allerdings umstritten und auch sie hat unerwünschte Nebenwirkungen. Keine Notenbank und keine Gesellschaft will sich dem Risiko einer solchen Geldpolitik ständig aussetzen.

Das asymmetrische Risiko

Als Begründung für den Zinsanstieg im Dezember hat Fed-Chefin erklärt, sie wolle so verhindern, dass die Notenbank bei einer plötzlich ansteigenden Inflation die Zinsen derart stark erhöhen müsse, dass sie damit eine Rezession riskieren würde. Hier O-Ton-Yellen von der Pressenkonferenz am vergangenen Donnerstag:

«Were the FOMC to delay the start of policy normalization for too long, we would likely end up having to tighten policy relatively abruptly at some point to keep the economy from overheating and inflation from significantly overshooting our objective. Such an abrupt tightening could increase the risk of pushing the economy into recession.»

Die bisherigen Überlegungen verweisen aber darauf, dass die Gefahr eines zu raschen Zinsanstiegs vermutlich grösser ist als die eines zu zögerlichen Zinsanstiegs – gerade weil die Möglichkeiten der Notenbank bei einer nötig werdenden Zinssenkung besonders beschränkt sind. In diesem Sinne argumentiert auch Gouverneurin Lael Brainard – eines der fünf Mitglieder im Board (Verwaltungsrat) der US-Notenbank – im eingangs erwähnten Vortrag:

«As the probability of hitting the zero lower bound increases, the asymmetry in policy flexibility becomes more pronounced. Because we have more space to respond by raising rates if inflationary forces accelerate than by cutting rates if disinflationary forces emerge, when nominal neutral rates are likely to be lower on average, we should be cautious about raising rates, do so gradually, and carefully assess the effects on economic and financial conditions as we go

Die konkreten Schätzungen

Dass der neutrale Zinssatz deutlich tiefer liegt als früher, leitet zum Beispiel Lael Brainard aus dem Umstand ab, dass das US-Wirtschaftswachstum leicht über dem Potenzialwachstum liegt, sich aber bei der Kerninflation (bei der die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise unbeachtet bleiben) kaum eine Bewegung zeigt:

In today’s circumstances, the fact that the U.S. economy is growing at a pace only modestly above potential while core inflation remains restrained suggests that the nominal neutral rate may not be far above the nominal federal funds rate, even now. In fact, various econometric estimates of the level of the neutral rate, or similar concepts, are consistent with the low levels suggested by this simple heuristic approach.

Brainard verweist auch auf weitere Studien, die auf einen tieferen neutralen Zins verweisen und zudem auf die Einschätzungen der Mitglieder des geldpolitischen Entscheidungsgremiums des Fed, dem Federal Open Market Committee (FOMC). Der reale neutrale Zinssatz bewegt sich gemäss diesen Quellen zwischen 1,1 und 1,5 Prozent im Bezug auf den Leitzins Federal Funds Rate.

Folgen für das künftige Zinsniveau

Alle Überlegungen lassen nur einen Schluss zu: Der Zinsanstieg von vergangener Woche ist noch nicht der Anfang einer Normalisierung in dem Sinn, dass in absehbarer Zeit wieder mit alten Zinsniveaus zu rechnen ist. Beim Fed hat man sich schliesslich auch alle Mühe gemacht, genau diese Botschaft zu vermitteln. So auch Chefin Janet Yellen an ihrer Pressekonferenz, wobei sie explizit auf den neutralen Zinssatz hinweist (Hervorhebungen durch mich):

«As I have often noted, the importance of our initial increase in the target range for the federal funds rate should not be overstated: Even after today’s increase, the stance of monetary policy remains accommodative, thereby supporting further improvement in labor market conditions and a return to 2 percent inflation. As we indicated in our statement, the Committee expects that economic conditions will evolve in a manner that will warrant only gradual increases in the federal funds rate. The federal funds rate is likely to remain, for some time, below levels that are expected to prevail in the longer run. This expectation is consistent with the view that the neutral nominal federal funds rate– defined as the value of the federal funds rate that would be neither expansionary nor contractionary if the economy were operating near potential – is currently low by historical standards and is likely to rise only gradually over time

39 Kommentare zu «Warum die Zinsen tief bleiben»

  • Linus Huber sagt:

    Es gibt tatsächlich immer wieder vereinzelt Politiker, welche sich dem sich über Zeit zunehmend korrumpierten System zu widersetzen versuchen. Dieser Senator verdient Respekt.

    https://www.youtube.com/watch?v=sjgRbI7yQCI

  • Linus Huber sagt:

    Kurzum:

    Gefangen in der eigenen jahrzehntelang angewandten Doktrin und unbeirrt mit fehlerhaften Analysen und Modellen um sich schlagend: Zentralbanker.

  • Michael Stöcker sagt:

    Auch Ihr Kollege Braunberger von der FAZ hat sich dieses Themas angenommen. Besonders interessant ist der Kommentar von Prof. Spahn, einem ausgewiesenen Monetärkeynesianer: „Wenn die EZB die Nachfrage stärken will, sollte sie das zum Bondkauf bestimmte Geld lieber direkt an die Bürger verteilen. Helikoptergeld ist das Einzige, was in der Eurozone noch hilft.“ http://blogs.faz.net/fazit/2015/12/20/auch-fuer-geldpolitik-gilt-vorsicht-ist-die-mutter-der-porzellankiste-7028/

    LG Michael Stöcker

    • Marcel Senn sagt:

      Stöcker: Und was soll denn die EZB auf ihrer Aktivseite einbuchen — Guthaben von EU Bürgern?
      Oder einfach mit Unterbilanzweiterfahren — bis rund 1.07 Billionen € wäre das möglich – denn soviele Banknoten sind ausstehend und die sind ja bekanntlich schuldenfrei.
      Die EZB hat aktuell auf der Aktivseite noch 348 Mrd in Gold, dazu passiv 97 Mrd EK und 350 Mrd € Bewertungsreserven.
      .
      Da könnte man schon so eine grosse Verteilungssause machen – gemäss meinen Grobrechnungen bis zu 1.5 Billionen € – aber dann eine ausgelutschte europ. Zentralbank mit Unterbilanz — das chunnt glaub auch nöd guet Herr Stöcker 🙂 – LG
      Anleihen kann man eben als Aktiva einbuchen – das ist der Unterschied…

      • Michael Stöcker sagt:

        Auf der Aktivseite verbucht sie eine Ewige Forderung und auf der Passivseite eine Erinnerung daran, dass sie auf tatsächlich geliefert hat. Zu den Details siehe dieser Kommentar: http://think-beyondtheobvious.com/stelter-in-den-medien/jetzt-starten-die-helikopter-dann-doch-besser-10-000-euro-fuer-jeden-sofort/#comment-14856

        Selbstverständlich kann man auch Anleihen dagegen buchen. So what? Auch Staatsanleihen sind typischerweise vergangenes Nichts. Vor allem in der längeren Frist. Die EZB hat dann als staatliche Institution eine ewige Forderung gegen den/die Staaten, die ewig revolviert werden muss.

        • Anh Toàn sagt:

          @Michael Stöcker „Auf der Aktivseite verbucht sie eine Ewige Forderung “ an wen, genau: Staat -sanleihen)

          Dazu braucht es aber die Zustimmung der Politik und die ist in einer Demokratie schwer zu bekommen, das Volk versteht das nicht und will die Politiker, die sagen Geld sei so, wie sie es verstünden.

          • Anh Toàn sagt:

            Der Huber sagt, die Zentralbanker seien doof, verstünden das nicht mit den Theorien und wozu das Geld gut sei, weil Wert drin ist, wenn ihn niemand rauslässt indem er zuviel macht, so wie der Ölpreis sinkt, wenn das Angebot steigt, also wie der Oelpreis eine Art Rohstoff sei, und das glaubt das Volk, das Volch weiss immer alles besser als die Experten.

          • Anh Toàn sagt:

            Und Ihre Erklärungen, Herr Stöcker, Herr Nardone, die braucht das Volch gar nicht: Verstehen tun sie dennoch nicht, da sie es gar nicht wollen, aber sie werden verunsichert im Glauben. Das wollen die auch nicht, sie wollen mitproleten am Stammtisch, und dafür liefert der Huber Vorlagen.

          • G. Nardone sagt:

            @Anh Toàn:
            Tja, da haben Sie nicht ganz unrecht.
            Und wenn man bedenkt, dass die SNB in den letzen 5 – 6 Jahren für ca. 400 Mia Devisen eingekauft hat, und dabei sich niemand wirklich fragt, woher haben die denn so viel Geld auf einmal her, und man sich dabei fragt, aber was hätte der Staat mit so einer Stange Geld alles anfangen können, wenn sie eine Vision oder Mission für die Zukunft hätte?
            Im Gegenzug will man nun in der CH bei der Bildung sparen, wobei besser wäre es ‚kürzen‘ zu nennen. Beim Allerwichtigsten fehlt offenbar Geld! Geld – eine künstliche Erfindung. Obwohl 400 Mia eigentlich zur Verfügung stehen könnten, wenn man denn nur wüsste, was eigentlich damit anzustellen?

          • Michael Stöcker sagt:

            Nö, die EZB ist unabhängig! Sie hat einen ganz klaren Auftrag. Und der heißt Preisniveaustabilität. Das Preisniveau hängt aber nun einmal an der Lohnentwicklung. Die Politik (insbesondere die deutsche unter Schröder) hat aber alles daran gesetzt, dass die Löhne sinken. Ohne höhere Löhne keine höhere Kaufkraft und somit Verfehlung des Inflationsziels. Verboten ist laut Art. 124 AEUV lediglich die monetäre Staatsfinanzierung. Von einem Verbot der monetären Bürgerfinanzierung steht dort nichts geschrieben. Und: Wieso sollte die Politik etwas dagegen haben, was im Sinne der 99 % ist???

          • Marcel Senn sagt:

            Nardone: Die SNB hat keine Devisen gekauft sondern Anleihen und Aktien in Fremdwährungen – ein kleiner aber doch gewichtiger Unterschied.
            Die SNB kauft diese Anleihen von den Geschäftsbanken und schreibt ihnen auf der Passivseite den jeweiligen Betrag in den Giroguthaben gut (aktueller Kontostand 406 Mrd Franken Guthaben der inländischen Banken)

            https://www.snb.ch/en/mmr/reference/gwd_20151221/source/gwd_20151221.en.pdf

            Herr Nardone – wann begreifen Sie das endlich, dass diese „Devisen“ nicht einfach gratis Geld zum „verputzen“ sind — dazu nicht mal in CHF — wollen Sie denn der Bevölkerung € geben, damit die in Konstanz einkaufen gehen oder was???
            Denken Sie mal drüber nach!

          • G. Nardone sagt:

            @Marcel Senn:
            – „wollen Sie denn der Bevölkerung € geben, damit die in Konstanz einkaufen gehen?“
            Ist das alles was Ihnen dabei einfällt?
            Eben, Sie bestätigen mein Kommentar: Keine Ideen, Vision & Perspektive für die Zukunft der Nation.

            – „wann begreifen Sie das endlich“
            Also der Trotzkopf will mir was eintrichtern? Das wird ja lustig werden.

            – „dass diese “Devisen” nicht einfach gratis Geld zum “verputzen” sind“
            Wenn sie nicht ‚gratis‘ sind, wer hat dafür bezahlt mit welchen Leistungen? Haben Sie es der SNB geliehen?
            Eben, damit bestätigen Sie @Anh Toàn’s Kommentar:“Verstehen tun sie dennoch nicht, da sie es gar nicht wollen.“

          • Marcel Senn sagt:

            Nardone: Sie kommen ja immer mit Ihren Verteilerphantasien, haben aber noch nicht ganz begriffen, dass bei der SNB durch die Devisen resp. Wertschriftenkäufe sowohl Aktiv- als auch Passivseite der SNB steigen – die Bilanz wird einfach verlängert!
            Es gibt im Prinzip gar nichts zum verteilen!! Und was Sie sich so vorstellen ist alles in Fremdwährungspapieren angelegt — um es zu „verteilen“ müssten es eh wieder Franken sein und dann müsste die SNB wieder Fr. kaufen, der würde wieder steigen und die ganze Uebung mit der Fr. Abschwächung wäre für die Katz!
            .
            Die CH-Geschäftsbanken haben einen Grossteil (akt. 406 Mrd Fr) der SNB „geliehen“ – ist das so schwer zu begreifen???

          • Anh Toàn sagt:

            @Michael Stölker „Wieso sollte die Politik etwas dagegen haben, was im Sinne der 99 % ist???“

            Wie hoch wurde die Erbschaftssteuer abgelehnt, welche rund 1% betroffen hätte?

          • Anh Toàn sagt:

            @Michael Stöcker:

            Eine Zentralbank kann nur dann eine Forderung an den Staat buchen, wenn auch in der Buchhaltung des Staates eine entsprechende Schuld gebucht wird: Würde eine Zentralbank eine Forderung an Unbekannt buchen (Anm.: Schuld gegen Unbekannt geht) oder eine Forderung an den Staat, von welcher sie wüsste, dass der Staat diese nicht als Schuld buchen will, würde sie unwahre und damit gefälschte Bilanzen erstellen.

            Heftig kriminell wäre das ohne Zustimmung der Politik.

          • G. Nardone sagt:

            @Marcel Senn:
            In meinem Kommentar wollte ich darauf hinweisen, dass aus diesen 400 Mia SNB-Devisen-Käufen man auch hätte einige Mia abzweigen können für Ausgaben in die Bildung, bei der man gerade jetzt kürzen möchte.

            – „die ganze Uebung mit der Fr. Abschwächung wäre für die Katz!“
            Wird es sowieso sein, ist nur von kurzfristiger Dauer, die weiterhin ständig hohen CH-Export-Überschüsse werten die Währung auf. Investitionen in Bildung hingegen hat längerfristige Wirkung.

            – „Es gibt im Prinzip gar nichts zum verteilen“
            Also mit einer Abwertung der Währung wird nichts (um-)verteilt? Und wenn es ja nichts zum Verteilen gäbe, bräuchte es schon gar kein Geld.

      • Michael Stöcker sagt:

        Steigen die Zinsen, dann steigen simultan die Gewinne der EZB, die dann wiederum postwendend an die Staatskasse ausgezahlt werden. Nennt man linke Tasche rechte Tasche.

        Das zweite Missverständnis: Banknoten sind selbstverständlich NICHT schuldfrei; insbesondere dann nicht, wenn sie in Umlauf gebracht werden (hier gibt es keine Seigniorage, auch wenn dieses Märchen immer wieder gerne auf einschlägigen Seiten kolportiert wird).

        Zuvor haben sie allerdings auch keine Bedeutung und werden erst mit der Inverkehrbringung gebucht (Bestandteil der Basisgeldmenge M0). Erkennen Sie daran, dass der Banknotenumlauf auf der Passivseite der Zentralbank bilanziert wird.

      • Michael Stöcker sagt:

        Sie müssen schon die 2 Ebenen unseres Geldsystems sauber auseiander halten.

        Lediglich das Münzgeld befindet sich aus der Historie des Schlagschatzes auf der Aktivseite einer Bilanz und ist die eigentliche Seigniorage, die die Vollgeldbewegung unsinnigerweise auf die gesamte Geldmenge ausdehnen möchte, da auch sie nicht in der Lage ist, die 2-Stufigkeit eines Kreditgeldsystems zu erkennen, geschweige denn zu verstehen.

        LG Michael Stöcker

      • Michael Stöcker sagt:

        Ach so: Falls Sie noch über die 2-Stufigkeit grübeln, dann seien Sie beruhigt. Selbst die Bundesbank hatte es bis zum Beginn der Finanzkrise nicht verstanden und musste erst durch einen Wirtschaftsredakteur der FAZ auf die fehlerhafte Darstellung aufmerksam gemacht werden. Die SNB verbreitet auf ihrer Website immer noch das Märchen von den Banken, die angeblich Ersparnisse ausleihen (http://www.snb.ch/d/welt/portrait/banks/4.html ). Dies hat aber mit der monetären Realität nichts zu tun: http://blogs.faz.net/fazit/2015/09/02/illusionen-ueber-geldpolitik-6429/#comment-5041. Mehr dazu gibt es hier: https://soffisticated.wordpress.com/123-stufige-geldsysteme/ oder auch bei Perry Mehrling.

      • Markus Ackermann sagt:

        von wg „So what?“
        Nehmen wir als Gedanken-Experiment einmal an, Senn und/oder Stöcker hätten recht mit ihren Buchungssätzen.
        -> Wer wollte DANN noch solche Papierli-Währungen in den Händen halten
        … da ja völlig beliebig + willkürlich bebucht werden kann?
        … einfach wie’s grad passt
        … oder wie man gerade lustig ist
        … oder wie gerade der Mond steht
        … oder wie gerade die aktuellen Lottozahlen gezogen wurden
        -> Was macht eigentlich ein Buchhalter? Er BEWERTET
        Was ist die Grundlage seiner Bewertung? Eine Prognose zur Zukunft
        .
        Was ist ein Marktpreis? Jemand OPFERT Vermögen für ein anderes Gut (Vermögen).
        -> Das macht er FREIWILLIG nur, wenn ER nach der Transaktion reicher…

        • Markus Ackermann sagt:

          … ist als vorher

        • G. Nardone sagt:

          @Markus Ackermann:
          – „Was ist ein Marktpreis? Jemand OPFERT Vermögen für ein anderes Gut (Vermögen). Das macht er FREIWILLIG nur, wenn ER nach der Transaktion reicher ist als vorher.“

          Eine Transaktion bedingt aber 2 Parteien; das heisst, beide Parteien wollen nach einer freiwilligen Transaktion reicher als vorher sein. Es fragt sich aber, wer wird dabei recht behalten? Es können ja nicht beide zugleich gewinnen, oder? Oder doch? Der Verkäufer will mehr WERT in Geldform als der zu verkaufende Gegenstand ihm wert ist, der Käufer hingegen genau das Gegenteil, er will dass der zu kaufende Gegenstand mehr Wert ist als das Geld das er dafür bezahlt. Wer wird dabei gewinnen?

          • Markus Ackermann sagt:

            @Nardone
            „Es können ja nicht beide zugleich gewinnen, oder?“
            1. Doch, genau darum geht es in der Wirtschaft: die Steigerung des Wohlstandes
            2. Mit ihrem posting beweisen Sie, dass Sie ein völliger Ignorant sind … und einfach gerne Ihren Namen lesen.
            Hören Sie doch einfach auf, zu posten. Damit wäre allen gedient … und Sie würden sich nicht dauernd lächerlich machen.

        • Michael Stöcker sagt:

          Es geht keinesfalls um Beliebigkeit. Das ist ein Missverständnis. Nicht umsonst heißt das neue Buch von Lord Adair Turner: BETWEEN DEBT AND THE DEVIL. Und auch ich mache keine Willkürvorschläge, sondern setzte klare Regeln. Googeln Sie doch einfach mal nach „Citoyage“ und schauen sich den Vortrag von Turner auf youtube an: A new era for monetary policy.

          LG Michael Stöcker

        • Michael Stöcker sagt:

          Apropos „Bewertung“ und „reicher“: Wer Werte ermitteln will, der muss Preise kennen. Viele kennen den Preis aber noch lange nicht den Wert. Und wie solche Preise zustande kommen, darüber lässt sich trefflich streiten: http://blog.zeit.de/herdentrieb/2015/11/10/wie-wissenschaftlich-ist-die-neoklassik_9033

          Und bitte verwechseln Sie nicht das monetäre Gewinnstreben (genau darum geht es im Kapitalismus: Wie mache ich aus Geld mehr Geld) mit der realen Welt der Güter und Dienstleistungen.

          LG Michael Stöcker

          • Markus Ackermann sagt:

            @Stöcker
            1. Ich halte Ihre Argumente für substanziell, intelligent und interessant. Aber ich folge der Argumentation von Senn, weil er die Bilanzen der Zentralbanken so beschreibt, wie sie alle verstehen.
            -> Zwischen Ihren Argumenten und Senn’s Sichtweise besteht ein Widerspruch. Dies zeigt sich in den Buchungssätzen.
            2. Darum die Fortführung mit dem Gedankenexperiment: the proof of the pudding ist the eating.
            -> Wenn es 2 so unterschiedliche Sichtweisen gibt, wie man die Werthaltigkeit eines Papierlis bewerten soll / kann, dann ist die normale Reaktion, das Papierli nicht zu erwerben / verwenden. Warum soll ich meine Ware auch nur zeitweise in so ein Papierli tauschen?

          • Markus Ackermann sagt:

            @Stöcker von wg „Bewertung“ und „reicher“
            Man mag die Vorstellung von einem Marktgleichgewicht als petitio principii titulieren. Aber dies behindert die Praxis im Alltag nicht, wobei man offen lassen kann, ob man verifiziert oder falsifiziert: Es braucht einen konkreten, riskanten Entscheid.
            Price is what you pay, value is what you get (Warren Buffet)
            .
            Mein Verständnis des Kapitalismus ist ein anderes:
            Kapitalismus will nicht aus Geld mehr Geld machen, sondern aus Kapital mehr Wohlfahrt.

          • Linus Huber sagt:

            @ Markus

            Ich denke, dass Herrn Stöckers Idee vom Grundsatz her eine Möglichkeit bietet, aus dem gegenwärtigen Dilemma auszubrechen, indem Teil des Kreditvolumens EINMALIG durch Zentralbankgeld ersetzt werden kann. Der Mechanismus müsste reiflich überlegt werden. Es handelt sich jedoch um einen politischen Entscheid, welcher leider, wie wir wissen, der Gefahr ausgesetzt wird, wenn einmal durchgeführt gerne wiederholt wird. Ebenfalls bedingt solch ein Schritt, dass die Bevölkerung mit einbezogen wird, wodurch eine nach m.M. notwendige Diskussion der Geldpolitik allgemein entfacht würde, was den gegenwärtigen Profiteuren des Systems nicht in den Kram passt.

          • Linus Huber sagt:

            „man die Werthaltigkeit eines Papierlis bewerten soll / kann, dann ist die normale Reaktion, das Papierli nicht zuerwerben / verwenden“

            Es handelt sich um die grundlegende Einstellung der Keynesianer, die Währung einzig zur zentralistischen Planung der Wirtschaft einzusetzen und da sich trotz inflationärer Geldpolitik z.Z. keine Inflation (im Konsumentenpreisindexes!) meldet und der chf als zu stark bewertet eingestuft wird, entstehen solche Ideen.

            „Kapitalismus will nicht aus Geld mehr Geld machen, sondern aus Kapital mehr Wohlfahrt.“

            Besser kann man es nicht ausdrücken; der Glaube mit „Geld drucken“ Wohlstand erzeugen zu können, unterliegt einer kurzfristigen Sichtweise.

        • G. Nardone sagt:

          @Markus Ackermann:
          – „Wer wollte DANN noch solche Papierli-Währungen in den Händen halten?“
          JEDER der VERPFLICHTET ist mit genau diesen Papierli die Steuern zu bezahlen. Die Nachfrage nach diesen wertlosen Papierli ist relativ gross, das Angebot kann Staat bestimmen und wer die Steuern nicht bezahlt, sofern steuerpflichtig, riskiert Busse oder Gefängnis.
          Man betrachte z. B. ein Fussball-Spiel, Theater-/Kino-Vorstellung. Der jeweilige Orgnisator verkauft (eigene) Tickets, was an sich ja völlig wertlose bedruckte ‚Papierli‘ sind, im Austausch von CHF’s. Doch diese Papierli haben bevor das Spiel bzw. Vorstellung nicht ganz vorbei ist, einen gewissen relativen Wert.

  • simon hottinger sagt:

    die können die zinsen gar nicht erhöhen, weil das dann wieder viele faule kreditde gibt! wenn die ausfallen sind wir wieder da wo wir 2008 waren! immer schön langsam erhöhen und davor immer schon warnen!

  • Oliver sagt:

    Und da all diese Grössen nicht Messbar sind, sondern nur in den Formeln ihrer Erfinder leben, gesellen sich in ungewöhnlichen Zeiten wie diesen zu den Standardtheorien auch andere, die die heiligen Kausalitäten in Frage oder gar auf den Kopf stellen. So z.B. die unter dem Namen Neo-Fisherism laufende Theorie, die besagt, dass sich die lang- oder kurzfristige Inflation dem nominalen Zinssatz anpasst. Oder die verwandte Fiscal Theory of the Price Level, die besagt, dass das Preisniveau (Inflation) nicht ein Produkt der Geld- sondern der Fiskalpolitik ist. Beide sind nicht neu, aber werden heute erneut ernsthaft diskutiert. Interesting times…

  • Darth Stocks sagt:

    Aus Wikipedia (über Taylor Regel): „Um die Reaktion der Fed auf Änderungen der realwirtschaftlichen Entwicklung und der Inflation genau zu quantifizieren und somit einen zielführenden Zinssatz abzuleiten, entwickelte John B. Taylor im Jahr 1993 diese Formel. Sie stellt einen empirischen Ansatz dar, der sich auf ökonomische Untersuchungen stützt.“
    Also keine Wissenschaft sondern „nur“ gute Mathematik. Es sind da gewisse Variablen vorhanden die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Formel gewisse „standardisierte“ Erhebunsdaten mit einbezog. Die Erhebungsdaten sind inzw. anders standardisiert.D.h. formell gesehen kann eigentlich nur Murks rauskommen wenn man es zur…

  • Greg sagt:

    @Stefan W.

    Das trifft den Nagel auf den Kopf. Infotainment.
    Wer nach über sieben Jahren Finanzkrisenpolitk nicht deilusioniert ist, hat wohl eine „alternativlose“ Logik 😉

    Letztlich ist Wirtschafts – „Wissenschaft“ nichts anderes als das Feigenblatt der Politik und dessen steuernden Finanzlobbys.

  • Stefan W. sagt:

    Ohne Ihnen jetzt zu nahe treten zu wollen, kurz eine Zusammenfassung meiner eigenen (völlig unwissenschaftlichen und rein anekdotischen) Erfahrung mit den Wirtschaftswissenschaften: Wenn Experten anfangen, mit ausführlicher Logik zu erklären, weshalb eine ökonomische Grösse so ist, wie sie ist, und weshalb sie auch noch lange so bleiben wird, dann ist das ein Vorzeichen dafür, dass genau diese Grösse sich bald erheblich ändern wird.
    So gesehen müssen wir mit baldigen und heftigen Zinsanstiegen rechnen…. Ich versuche mal, noch eine langfristige Hypothek zu bekommen 😉
    Bin jedenfalls gespannt, ob Sie uns in einem Jahr erklären, warum die Zinsen steigen mussten, oder ob ich mich irre.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.