Drei Faustregeln für die US-Geldpolitik

NMTM

Die Herrin des Leitzinses: Fed-Chefin Janet Yellen. Foto: Michael Reynolds (Keystone)

Wie wird das Board des Federal Reserve System morgen Donnerstag (17. September) entscheiden? Werden die Zinsen angehoben, oder entscheidet man sich einmal mehr, länger zu warten?

Bisher habe ich immer darauf getippt, dass die Zinserhöhung noch lange nicht kommen wird. Dabei habe ich mich jeweils auf folgende drei Faustregeln gestützt:

1. Für die Verantwortlichen ist es das kleinere Übel, zu spät zu kommen und etwas Inflation zuzulassen, als zu früh zu kommen und für eine Wachstumsabschwächung verantwortlich gemacht zu werden. Die Anreize sind also hochgradig asymmetrisch.

2. Janet Yellen und viele ihrer Mitstreiter sind davon überzeugt, dass eine allzu restriktive Geldpolitik für die Grosse Depression der 1930er-Jahre verantwortlich war. Sie wollen auf keinen Fall denselben Fehler machen wie ihre Vorgänger vor achtzig Jahren. Dabei denken sie nicht nur an die Krisenjahre von 1929 bis 1933, als die US-Wirtschaft um ein Drittel schumpfte, sondern auch an die Rezession von 1937–38.

Die folgende Grafik zeigt, wie massiv der Einbruch von 1937-38 war. Die Arbeitslosigkeit sprang sofort wieder über die Marke von 15 Prozent, nachdem sie zuvor drei Jahre lang deutlich abgenommen hatte.

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Der Grund für die Rezession von 1937–38 war eine Straffung der Geldpolitik. Die Behörden liessen es ab 1937 nicht mehr zu, dass das seit der Abwertung von 1933 einfliessende Gold die einheimische Geldmenge erhöhte. Sie griffen nun zum Mittel der sogenannten Sterilisierung, d.h. sie verkauften Wertpapiere auf dem Markt, um den Notenumlauf zu stabilisieren. Damit wollten sie verhindern, dass die Inflationsrate zu schnell steigt.

Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang schön auf (Quelle). Im Jahr 1937 stieg zwar der Bestand des Goldes (blau) weiterhin an, aber die Notenbankgeldmenge (rot) hörte auf zu wachsen. Die grüne Linie zeigt das Ergebnis der Sterilisierung.

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Als die Rezession in der zweiten Jahreshälfte 1937 voll durchschlug, änderten die Behörden sofort ihren Kurs. Zuerst kauften sie die Wertpapiere, die sie zuvor verkauft hatten, wieder zurück, um den Notenumlauf zu erhöhen. Dann liessen sie es wieder zu, dass das einströmende Gold die einheimische Geldmenge erhöhte.

Die Lehre von 1937–38 wirkt heute noch nach. Bereits im Juni 2009 warnte die damalige Chefökonomin des Weissen Hauses, Christina Romer, vor einer Wiederholung der damaligen Politik (Quelle). Sie gehört derselben Denkschule wie Yellen an.

3. Solange das Verhältnis zwischen Erwerbsbevölkerung und Gesamtbevölkerung deutlich unter dem Vorkrisenniveau bleibt, besteht wenig Inflationsdruck. Die Folgen der Finanzkrise sind immer noch deutlich spürbar. Es herrscht ein Überangebot an Arbeit, was auf das Lohnniveau drückt. Die folgende Grafik zeigt das Ausmass der Finanzkrise deutlich auf.

Präsentation3

Ob die drei Faustregeln auch morgen Donnerstag noch Gültigkeit haben werden, weiss ich natürlich nicht. Aber sie erlauben trotzdem eine Prognose: Selbst wenn das Fed die Zinsen erhöhen sollte, dürfte der Weg zurück zur Normalisierung noch weit sein. Die Vorstellung, dass bald eine Zinserhöhung nach der anderen folgt, ist falsch. Wir werden noch lange im geldpolitischen Ausnahmezustand leben.

26 Kommentare zu «Drei Faustregeln für die US-Geldpolitik»

  • ast sagt:

    Eben hat auch der Herr Ewald Nowotny von der EZB vor anhaltender Defaltion gewarnt. Tatsächlich macht aber auch er aus meiner Sicht einen gewaltigen Denkfehler, wie man das Problem einer hohen Anzahl Personen die nicht Werktätig sind beheben kann. Ich glaube das die geldpolitischen Massnahmen mit Goldbindung nicht zu vergleichen sind mit dem was heute an den von Gold abgekoppelten Märkten geschieht.

    Nowotny glaubt das man die Wettbewerbsfähigkeit der EU erhöhen müsse. Ich denke das hier aber nicht mehr der Kern einer Lösung steckt, sondern eher ein Unglück das die Deflation weiter verstärken könnte.

    Grund: Die Wettbwerbsfähigkeit wurde Weltweit überall erhöht, durch Rationalisierung und Automatisierung -übrig bleibt halt das es zu wenig Arbeit geben wird -und zwar so das man das Problem durch weitere Anstrengungen in diesem Bereich nur woanders hin verlagert.

    Da nun aber alle Kontinente wirtschaftlich voneinander abhängig geworden sind -ist die Lösung darin zu suchen nicht kommerziell nutzbare Arbeit zu schaffen die jedoch sinnvoll ist. Aber man macht genau das Gegenteil durch Privatisierung.

  • Linus Huber sagt:

    „A comparison of real median household income over the past seven years shows that income is 6.5 percent lower than in 2007, the year before the nation entered the most recent economic recession.“

    Ausgezeichnet, aber wenigsten hilft die Geldpolitik der Wallstreet.

    http://www.census.gov/newsroom/press-releases/2015/cb15-157.html

  • Linus Huber sagt:

    „Der Grund für die Rezession von 1937–38 war eine Straffung der Geldpolitik.“

    Vielleicht lag zu hoher Aktivismus in den 30iger Jahren vor. Die Weltwirtschaftskrise von 1921-22 wird heutzutage fast nie referenziert, obwohl sie ein gutes Beispiel für das schnelle Ausbrennen einer Krise bietet, indem man eben nichts machte respektive die Zinsen sogar erhöhte.

    Die Geldpolitik der vergangenen Jahre hat die reale Wirtschaft wenig positiv beeinflusst. Die Ausweitung der Geldmenge durch z.B. QE reduzierte einfach die Umlaufgeschwindigkeit derart, dass kein wirklicher Effekt auf die Realwirtschaft durchschlug. Diese Geldpolitik zeigte einzig Wirkung in der Risikobereitschaft, respektive die Akteure wurden quasi dazu getrieben sich risikoreicher zu verhalten. Nur weil der Glaube vorherrscht, dass die Geldpolitik eine Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum hat, muss dies nicht unbedingt und zwingend in jedem Fall zutreffen. Je höher die Sicherheit mit welcher Entscheidungsträger ein Dogma vertreten, desto höher scheint die Wahrscheinlichkeit zu sein, dass das Dogma inkorrekt ist.

    Die in den Kommentaren erwähnte Umverteilung von unten nach oben via Zinsen wurde schon lange durch die Umverteilung durch den hohen Hebel in der Ausnutzung der Preisinflation in realen Werten ersetzt.

    • Rolf Zach sagt:

      Also die Krise von 1920 bis 1921 kenne ich mich gut aus, es hat meinen Großvater eine schöne Stange Geld gekostet.
      Natürlich hat es einen Duttweiler verjagt, aber die meisten konnten wie mein Großvater mit ihren Kriegsgewinnen diese kurze, schlimme Zeit überwinden. Ich weiß auch von der teuren Dollar-Anleihe der Schweiz in den USA. Aber die FED hat 1921 klüger gehandelt und nach dem Preissturz Geld ins System einfließen lassen.

      • Linus Huber sagt:

        Als Interventionen erwogen wurden, war die Krise bereits überwunden. Die Krise begann im Januar 1920 und endete im Juli 1921. M1 sank zwischen März 1920 bis Januar 1922 um 10,9% und die Geldbasis (Bilanzsumme des Fed) reduzierte sich vom Oktober 1920 bis Januar 1922 um 6,4% und stieg nicht an bis zum 2. Quartal 1922. Die Zinsen stiegen von 1919 auf 1920 von 4% auf 7% und verblieben noch immer auf 6% in 1921 und wurden erst in 1922, als die wirtschaftliche Erholung schon lange eingesetzt hatte, wieder auf 4% reduziert. Das Staatsbudget wurde von 6,3 Mia. in 1920 auf 3,2 Mia. in 1922 reduziert. Von Mitte 1920 bis Mitte 1921 fielen die Konsumentenpreise um 15,8%.

        Wenn das Ausbleiben von Interventionen als klüger gehandelt gelten soll, haben Sie allerdings recht, denn es wurde genau das Gegenteil gemacht, was die heutigen Ökonomen als Doktrin verwenden. Die Krise heilte sich von sich selbst, eine unmögliche Vorstellung für die an Macht gewohnten Künstler der Manipulation.

        Zahlengrundlage: http://www.amazon.com/History-Federal-Reserve-Volume-1913-1951/dp/0226520005?tag=misesinsti-20

        • Marcel Senn sagt:

          Linus: Die Anhänger der österreicher Schule verweisen nur zu gerne auf die Krise von 1920/21, als Harding einfach das Budget um fast 50% kürzte und sonst laisser-faire gewähren liess….weiss nicht ob das einfach auch Zufall war, dass sich diese Krise relativ schnell wieder von selber „auflöste“ – wurden doch das Radio und auch massentaugliche Autos ab 1921 in grossem Stil und erschwinglich (auf Kredit) immer populärer

          https://mises.org/library/forgotten-depression-1920

          Ich traue den Oesis bei der Krisenbewältigung im allgemeneinen nicht über den Weg – und diese Austeritätspolitik – glaube nicht, dass das die Lösung ist…zumindest 2015 nicht mehr…

          • Linus Huber sagt:

            „Ich traue den Oesis bei der Krisenbewältigung im allgemeneinen nicht über den Weg“

            Bezweifeln Sie die Zahlen?

            Übrigens geht es ja nicht um Krisenbewältigung im eigentlichen Sinne, sondern um das genaue Gegenteil, indem man kleinere Krisen nicht versucht zu verhindern und eben zulässt sich auszuspielen und das System zu erneuern, damit sich keine grossen und systemgefährdenden Krisen bilden, welche schlussendlich zu gesellschaftlichen Verwerfungen mit dem einhergehenden grossen Leid führen. Es mag sein, dass in 2015, nachdem das System für Jahrzehnte unter Anwendung einer fehlerhaften Doktrin manipuliert wurde, wir schon zu spät sind, solch ein Vorgehen noch erfolgreich zu bewerkstelligen und die gesellschaftlichen Verwerfungen abzuwenden.

          • Marcel Senn sagt:

            Linus: Welche Zahlen? Ihre von 1921/22 — nein die bezweifle ich nicht, aber dass sich die Oesis in ihrer Theorie bestätigt fühlen, dass sich alles jeweils mit harten Bugetschnitten und sonst alleine von den Marktkräften von alleine wieder einpendelt — das halte ich doch für etwas sehr naiv — hat damals zwar geklappt, aber v.a. die USA stand je auch gerade vor einer technologischen Revolution, dazu kamen noch die neuen Konsumkredite für die Bevölkerung und so hat sich die USA schnell wieder erholt.
            .
            Aber schon in den 30er Jahren haben die Rezepte der Oesis ja ziemlich versagt, F.A. von Hayek wollte seine Modelle nicht mal an realen Werten überprüfen, da seine „Modelle zu komplex seien“ und dann sind die Oesis eh bis in die 70er in der Versenkung verschwunden, bis die Hexe Thatcher und andere sie wieder aus der Mottenkiste hervorholten!

  • Linus Huber sagt:

    Punkt 3 verwendet einen Chart, welcher nicht in erster Linie als Faktor für die entsprechenden Entscheidungsträger (Fischer, Yellen, Dudley) von Bedeutung ist, sondern viel mehr die Arbeitslosenrate, welche letzten Monat mit 5,1% unter die als Ziel erwähnte 5,2% fiel.

  • Linus Huber sagt:

    „Es herrscht ein Überangebot an Arbeit, was auf das Lohnniveau drückt.“

    Der Verfasser des Artikels meint wohl, dass ein Überangebot an Arbeitskraft oder Arbeitern besteht, nicht an Arbeit.

  • Anh Toàn sagt:

    Ich sehe grosse Chancen, dass die Zinsen morgen oder bald erhöht werden: Zinserhöhungen im USD werden erwartet, werden die Erwartungen der Marktteilnehmer auf langsam und moderat bestätigt, verschwindet Unsicherheit in den Märkten, der USD wird schwächer, zumindest weniger stark: Das ergibt tiefere Kreditkosten in der eigenen Währung für die Fremdwährungsschuldner in den Schwellenländern.

    Besser morgen damit anfangen, als irgendwann zu spät kommen.

    • Marcel Senn sagt:

      Wieso soll denn der USD schwächer werden, wenn es mehr Zinsen gibt? Auch wenn es nur 0.25% gibt — in Japan oder der EU gibt es noch weniger.

      Die gesamten Zinsaufwände in den USA machen gemäss US Debtclock aktuell fast 14% des BIP aus – kein Wunder auch der US Gesamtschuldenleverage (alle Akteure) liegt auch schon bei über 340% und nur bei den FED Schulden liegt der Ratio zu den Tax Revenues bei rund 580%…
      .
      Und wieso soll denn das tiefere Kreditkosten in der eigenen Währung für die Fremdwährungsschuldner in den Schwellenländern geben —- das ist wieder mal „Anhsche Logik“ — das checke ich jetzt nicht ganz!
      .
      Ich glaub nicht, dass Janet den Mut aufbringt, die Zinsen zu erhöhen — die Erdbebengefahr für das fragile globale Schuldenkonstrukt ist zu gross…

      • Anh Toàn sagt:

        Der USD wird schwächer, wenn es mehr, aber weniger als erwartet mehr Zinsen gibt.

        Dann wird sich auch eine Erhöhung des Liborsatzes um 0.25 Prozent nicht linear auf die längerfristigen Zinsen auswirken, weil schon eingepreist, vielleicht sinken die langfristigen Zinsen sogar, weil mehr oder schnellere Erhöhung eingepreist war, also wird der Zinsanteil am BIP damit auch nur sehr begrenzt verändert.

        • Marcel Senn sagt:

          Na ja – das mit der „Einpreisung“ ist ja auch immer so eine Sache – die einen preisen eine Zinserhöhung ein, die anderen glauben es gibt keine – alles Spekulation….mal schauen was Tante Janet morgen meint und dann sehen wir ja in den nächsten Tagen und Wochen wohin die $-Reise geht…

          • Rolf Zach sagt:

            Wo ist das riesige Leistungsbilanz-Defizit der Amerikaner? Höhere Zinsen bedeuten eindeutig, daß mehr Zinsen an das Ausland gezahlt werden. Auch sind die Amerikaner im Außenhandel viel weniger als Deutschland und Japan eine Nation der Fertigwaren. Der Export der Agrargüter ist beträchtlich und die Gestehungskosten für Fracking sind nach wie vor hoch. Mit dem Zerfall der Öl und Gaspreise wird der Import von diesen Energieträgern wieder eine Alternative. Die USA selbst sind noch nicht so weit in der Energiewende, um diese Gefahr erhöhter Importe diesbezüglich bannen zu können. Ich bezweifle, daß sich der prozentuale Rückgang des Leistungsbilanz-Defizit am Volkseinkommen mit einer Zinserhöhung und dem Rückgang der Rohstoffpreise so fortsetzen kann. Sogar eine Reservewährung hat eine Limite in ihrer Geldschöpfung.

          • Anh Toàn sagt:

            @Marcel Senn

            Noch zur Ergänzung der Kreditkosten von Fremdwährungsschulden: Diese setzen sich zusammen aus den Zinsen und den Kursdifferenzen auf die Schuld.

            Ganz generell: Die Erwartung eines negativen Ereignisses ist meist schlimmer als das Ereignis selbst, also warum nicht mal einen ersten Schritt machen und sehen was passiert? Zumal damit ja noch lange keine restriktive Geldpolitik eingeleitet wird, nur eine etwas weniger expansive? In einer awp Mitteilung heute werden Händlerstimmen zitiert mit: „Dann haben wir es hinter uns und können weitermachen“. Etwa so sehe ich dies auch, ob es aber heute oder das nächste Mal kommt, kann ich nicht beurteilen.

  • Josef Marti sagt:

    Dass wir jetzt vor einer langen Phase japanischen deflatorischen Siechtums liegen nervt das Establishment ganz erheblich, da bei Nullzinsen die Umverteilung nach oben via Zinstransfer behindert wird. Dies deshalb weil die zeitliche Entwicklung von Einkommen, Vermögen und Konsum für jede Haushaltsgruppe stabil bleibt, wenn der Zinssatz der Ökonomie auf Null gesetzt wird. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das Wirtschaftswachstum nachlässt oder stagniert. Das ist extrem ärgerlich; der Normalverbraucher lebt nämlich in dieser schleichenden Deflation zum grossen Ärger der sog. Elite gar nicht so schlecht wenn Haushaltskosten und teilweise sogar die Mieten tendenziell sinken, natürlich könnte man dann auch die Löhne weiter senken, das wäre dann aber tatsächlich ein Spiel mit dem Feuer einer drohenden Spirale, siehe Griechenland. In der CH konnte der Zusammenbruch bisher nur dank dem robusten Binnenkonsum infolge hoher Zuwanderung verhindert werden. Die Umverteilung nach oben findet jetzt dermassen statt, dass bei sinkendem oder stagnierendem BIP pro Kopf das reine Bevölkerungswachstum in die Gewinnquote fliesst bei gleichbleibender Lohnquote.

    • Roman Günter sagt:

      Der Normalverbraucher lebt in erster Linie nicht schlecht, wenn er einen bezahlten Arbeitsplatz hat. Einfach die Staatsstellen ausbauen und gleichzeitig auf konstanten Kosum zu hoffen, ist keine brauchbare und vor allem nachhaltige Alternative. Kapital muss produktiv eingesetzt werden, um diese Arbeitsplätze zu schaffen. Die aktuelle Zinsbasis zeigt, dass dies im Moment aber eher nicht geschieht. Das Kapital ist nur parkiert und wartet.

      • Beat Müller sagt:

        Günter: „Das Kapital ist nur parkiert und wartet.“ Auf was denn wartet es denn?
        Wir sind in einer nicht unähnlichen Situation wie Ende 70er Anfangs 80er Jahre als z.B. Investitionen in die britische Industrie sich für das Kapital infolge fallender Renditen nicht mehr lohnte und Maggie Thatcher dann das Kapital mit dem Big Bang und Erschaffung eines finanziellen Parallelunversums „erlöste“!
        Und wie immer in neuen Tätigkeitsbereichen gab es zu Anfang fette Renditen für all die neuen Marktteilnehmer wie Hedge Fonds etc — mittlerweile aber versuchen sich immer mehr an diesem Kuchen zu laben und entsprechend gingen auch die Renditen immer mehr runter und seit der Finanzkrise 2008 und der der darauffolgenden Schuldenkrise wartet das Kapital nur noch hauptsächlich — zum Zeitvertreib wurden die Börsen, Bonds und tw. auch die Immomärkte in die Höhe getrieben, aber das ist alles zumeist auch kein wirklich „poduktiv eingesetztes Kapital“ sondern sind vielfach einfach Finanzwetten auf Assets!
        .
        Und jetzt wartet das Kapital auf Frau Yellen, damit die risikofreie Umverteilung von unten nach oben über Zinsen wieder eingeführt wird — nur das könnte bei den heutigen historisch hohen Schuldenständen aller Partizipanten aber ein gewaltiger Schuss nach hinten werden — die Zeiten der free lunches via Zinsen ist langsam aber sicher am Ende!

      • Josef Marti sagt:

        Da sich der CH Stimmbürger wie üblich von vielen bürgerlichen und mitte Politikern, unter gütiger Unterstützung der Linken am Nasenring durch die Manege hat führen lassen, hat er diese Lösung – sprich PFZ als durchlauferhitzendes Konsumwachstum durch Masseneinwanderung – als alternativlos akzeptiert.
        Immerhin beträgt der Konsum 70% vom BIP, dabei 60% privat und 10% Staatskonsum; kann man wohl nicht einfach ausser Acht lassen. Gemäss BFS sind die Bruttoinvestitionen 2012 bis 2014 stetig angestiegen; sodann war 2014 das BNE erstmals kleiner als das BIP weil die an das Ausland geleisteten Vermögenserträge um 25% zugenommen haben (Nettosaldo ist immer noch positiv) wegen hoher ausländischer Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen. Das Durchlauferhitzermodell Schweiz erweist sich für in- und ausländische Boden- und Kapitalbesitzer als wahrer Goldesel.

        • Marcel Senn sagt:

          Marti: Der Konsum war 2014 etwas geringer vom BIP 65.4% – davon 54.2% Private Haushalte und POoE und 11.2% vom Staat, dazu 23.4% Bruttoinvestitionen (davon 9.4% Bau) und 11.3 aus der Handelsbilanz. (Q Bfs 2014)!
          .
          Aber was beunruhigend ist, dass z.B. die Lex Koller schon wieder unterwandert werden soll von einer „Allianz für eine moderne Lex Koller“ – wo gestern Flyers verteilt wurden an alle NR und SR (ausser natürlich an Frau NR Badran SP, die die Beibehaltung der Lex Koller parteiübergreifend überhaupt durchgebracht hat)!
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          Ich sehe diesen „Ausverkauf der Heimat“ längs wie mehr als eine Folge der SNB Frankenabschwächungspolitik gepaart mit den Negativzinsen — irgendwo müssen diese Franken ja hin (auf Konti mit Negativzinsen will man die wenn möglich nicht legen), der SMI gehört eh schon zu 82% Ausländern (gemäss NZZ neulich), der CH Bondmarkt ist vergleichsweise lächerlich klein und nicht mehr rentabel (glaub weniger als 90 Mrd) – also bleiben nur noch Immobilien! Kein Wunder stehen hinter diese Allianz auch vor allem Immogesellschaften, die meinen mit dem Ausverkauf der CH noch einen fetten Reibach machen zu können.
          .
          Eine gefährliche Entwicklung — das ist meines Erachtens die Kehrseite der expansiven SNB – FX Politik – die „Masseneinwanderung ausländischer Kapitalien“

          http://www.modernelexkoller.ch/de/home.html

          • Josef Marti sagt:

            Genau. Dafür finanziert die SNB zu einem grossen Teil die Eurozone, den deutschen Staat und andere ca. im Umfang des CH BIP. Konsequenterweise müsste jetzt auch die SNB endlich vollständig privatisiert werden um die bürgerlichen Träume zu verwirklichen.

          • Rolf Zach sagt:

            Man kann es auch so zusammenfassen. Die Schweizer Privaten und Unternehmen beziehen aus dem Ausland mehr an Zins- und Dividendenerträge als daß sie ins Ausland abgeben. Wohin wandert schlußendlich der ganze Segen, in den Immobilien-Sektor, in Portfolio-Investitionen und Landgüter im Ausland. Dies gilt für die wohlhabendsten 10 % der Schweizer. Die Schweizer Unternehmen reinvestieren im Ausland wieder und bauen ihre Liquidität aus. Mit der Aufwertung des Schweizerfranken (Aufgabe) profitieren die Schweizer Multinationalen, die im Schweizer Export schwach vertreten sind. Nestle hat dann auch die Aufhebung des Mindestkurses sehr begrüßt. Die UBS und CS haben ihre CHF-Bestände in London stark erhöht vor Aufhebung des Mindestkurses, aber sie wollen diese Bestände nicht von London in die Schweiz zurückbringen, sonst zahlen sie Negativzinsen. Deshalb das Händeringen ihrer inländischen Kredit-Abteilungen um die sofortige Aufhebung des Negativzinses. Dagegen sind sie weiterhin für die Aufhebung des Mindestkurses EURO/CHF und leben glücklich mit 1.10.

          • Rolf Zach sagt:

            Noch eine Bemerkung dazu. Grob gesagt 10 % der Haushalte haben ein nennenswertes Vermögen, 90 % haben nur die Arbeit (viele Eigenheim-Besitzer haben hohe Schulden). Die Devisen der Nationalbank sind Volksvermögen.
            Man kann es auch bösartig sagen, die Nationalbank benützt ihre Devisenbestände, um der Klasse der 10 % der Bevölkerung das Vermögens zu erhalten: Leider müssen die übrigen 90 % bezüglich der Sicherung ihrer Arbeitsplätze hinten anstehen. Das hat gar nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, sondern ist der normale politische Aufbau unseres Schweizer Systems. Klar beschreibt dies Professor Tanner mit ausgefeilter Logik und schöner Sprache. Dabei muß ich an den Spruch von Mme de Meuron denken: „Sinder öppis oder nämter Lohn“.

  • Frank Gerber sagt:

    Der Tag, an dem Yellen die Zinsen erhöht ist der Tag, an dem sich die Finanz-Elite für bereit hält, die Wirtschaft völlig an die Wand zu fahren um danach vollständig das Ruder zu übernehmen. Und zwar in jedem Lebensbereich. Also stehen die Chancen für Donnerstag wohl gut für eine Leitzins-Erhöhung..

    • Rolf Zach sagt:

      Nein, es wird sie nicht geben. Die politische Stabilität zählt mehr und die ist schließlich doch wichtiger als zusätzliche Gewinne der Finanzelite. Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach. Für die Banken gibt es noch die Gebühren und die Verhinderung von Konsumentenschutz.

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