Das argentinische Drehbuch

Rioters create a bonfire to use as a barricade during clashes in the city's financial district in Buenos Aires on December 20, 2001. [Argentine President Fernando de la Rua stepped down after thousands of protesters gathered at the Plaza de Mayo square, demanding his resignation.] At least five people died and dozens were seriously injured in the clashes. - RTXKY0J

Das Spiel ist aus: Argentinien erklärt sich Ende 2001 für zahlungsunfähig, Demonstranten verbrennen Stühle im Bankenviertel von Buenos Aires. Foto: Mariana Bazo (Reuters)

Nächster Akt im Griechenland-Drama. Offenbar scheint jetzt der 30. Juni das grosse Stichdatum zu sein. Bis zu diesem Tag soll die griechische Regierung alle IWF-Kredite zurückzahlen, und an diesem Tag läuft auch das EU-Hilfsprogramm aus.

Ob der Termin tatsächlich so fix ist, wie allenthalben verlautet wird, wird sich weisen. Es gibt auch nach dem 30. Juni noch Spielraum. Der IWF wird nicht sofort ein Sanktionsverfahren einleiten, sondern den säumigen Schuldner zunächst einmal mit einer Mahnung dazu auffordern, die Zahlung nachzuholen. Erst nach ein paar Monaten werden alle Türen zugeschlagen. Und die EU hat immer Flexibilität gezeigt, wenn es darum ging, den grossen Showdown zu verhindern. Das Verfahren gegen die Defizitsünder Frankreich und Italien ist eingestellt worden, als die beiden Länder auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission gingen.

Es gibt also weiterhin keinen klaren Plan für die kommenden Wochen. Ganz unbekannt ist die Situation, in der sich Griechenland befindet, jedoch nicht. Vieles erinnert an die Ereignisse in Argentinien von 2000 bis 2002. Bisher war das Drehbuch fast identisch. Vier Etappen lassen sich unterscheiden:

  1. Argentinien geriet Ende der 90er-Jahre in eine schwere Rezession, weil das Währungssystem kontraproduktiv geworden war. Der Peso war fix an den Dollar gebunden, was es dem Land verunmöglichte, eine eigenständige Geld- und Währungspolitik zu führen. Die USA erlebten einen Boom, was zu steigenden Zinsen und einem starken Dollarkurs führte. Argentinien hätte hingegen sinkende Zinsen und einen sinkenden Wechselkurs gebraucht, um aus der Krise zu kommen.
  2. Argentinien hatte sich in den Neunzigern stark im Ausland verschuldet. Zudem funktionierte das Steuersystem nie richtig. Als die Krise ausbrach, verfügte das Land über keinen fiskalischen Spielraum mehr. Es musste gespart werden, was die Krise kurzfristig verschärfte.
  3. Steigende Renditen der Staatsanleihen zwangen die argentinische Regierung, Hilfe beim IWF, der Weltbank und dem US-Finanzministerium zu suchen. Die Kredite waren an weitere Sparmassnahmen und Reformen gebunden.
  4. Wegen der Austeritätspolitik kam es im Sommer 2001 erstmals zu grossen Streiks und Demonstrationen. Dem Staat ging allmählich das Geld aus. Die Regierung hatte keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2001 erlitt sie eine verheerende Niederlage.

Von da an war es nur noch ein kurzer Weg bis zum Ausbruch einer grossen Finanzkrise. Im November 2001 begannen die Leute, ihre Bankkonten zu leeren. Die Regierung reagierte umgehend mit restriktiven Massnahmen. Die Bankkunden durften nur noch kleine Beträge abheben. In den Grossstädten kam es zu grossen Demonstrationen und Zusammenstössen mit der Polizei.

Im Dezember 2001 weigerte sich ausserdem der IWF, eine weitere Kredittranche auszuzahlen, weil Argentinien die Sparvorhaben nicht erfüllt hatte. Das Spiel war aus. Präsident Fernando de la Rua trat vorzeitig zurück, Argentinien erklärte sich für zahlungsunfähig, die Dollarbindung des Peso wurde aufgelöst.

Interessant ist, dass die argentinische Regierung bereits im Sommer 2001 damit begonnen hatte, eigens geschaffene Schuldscheine zu verwenden, um die Staatsangestellten zu entlöhnen. Das Projekt mit der Parallelwährung scheiterte jedoch, weil es keine Lösung für die Bedienung der Auslandsschulden brachte.

Offenbar gilt: Wenn ein Staat illiquid ist, kann eine Parallelwährung Überbrückungshilfe leisten. Wenn er aber insolvent ist, nützt alles nichts.

45 Kommentare zu «Das argentinische Drehbuch»

  • Eckhard Behrens sagt:

    Insolvenzordnung und Parallelwährung
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    Gegen die Überschuldung (Insolvenz) hilft nur eine international geregelte Insolvenzordnung. Die Schulden müssen auf ein tragbares Maß reduziert werden. Gegen die Konjunkturschwäche kann mit einer nationalen Geldpolitik angegangen werden, also mit einer Parallelwährung. Gute Konjunktur schafft die Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit von Strukturreformen und die Rückzahlung von Staatsschulden.
    Eine Maßnahme allein hilft nicht; siehe http://www.sffo.de > Position Griechenland
    Eckhard Behrens, Heidelberg

    • Linus Huber sagt:

      „international geregelte Insolvenzordnung“

      Vielleicht reicht auch, dass man Demokratie ernst nimmt und nicht alles zentralisiert. Muss alles immer stärker organisiert und auf eine noch höhere Entscheidungsebene gehoben werden, wo etwelche machtgeilen und immunen Bürokraten oft in anonymer Art und Weise und meist zugunsten der faktisch ebenfalls immunen Elite (Teppich-Etagen von Banken und Grossunternehmen) über das „Wohl“ der Menschen entscheiden (z.B. TTIP, TTP, TiSA)?

  • Rodolfo sagt:

    Man vergisst eines: Argentinien und Griechenland sind keine Privatunternehmen die nach der Zahlungsunfähigkeit
    verschwinden. Argentinien lebt nach dem bankrott weiter und dasselbe passiert mit Griechenland. Diejenigen die
    wirklich verlieren sind die Kreditgeber (unter anderem private die Staatsanleihen gekauft hatten und denen wie im
    Falle Argentinien nur noch 20 % anstatt 100 % zurückbezahlt wird).

    • Linus Huber sagt:

      @ Rodolfo

      Ja, dies sollte auch so sein, dass derjenige der unvorsichtig Kredit vergibt, das Risiko trägt. Leider wird dieser Grundsatz immer stärker verletzt, indem die Risiken vom ursprünglichen Risikoträger anhand von Aktionen der Zentralbanken und Regierungen auf die Allgemeinheit umverteilt wurden/werden. Dieses Vorgehen verändert das System schrittweise von einer Marktwirtschaft zu einer Planwirtschaft, in welcher jene profitieren, welche die Entscheide der Regierungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen wissen und daraus auf persönlicher Ebene ungerechtfertigte risikofreie Gewinne erzielen können (kurz: Vetternwirtschaft). Das Prinzip, dass aufgrund des Volkswillens ein Staat die erteilten Kredite als ungültig, unethisch oder was auch immer aberkennt, muss bestehen bleiben, wenn wir Demokratie nicht einzig als Floskel verstehen wollen. Deshalb sind die Zinsen für manch ein Land exorbitant, weil eben die Gefahr des Teil- oder Totalverlustes höher ist. Solange Banken resp. deren Teppich-Etagen nicht auf persönlicher Ebene belangt werden, wenn sie die implizierte Staatsgarantie zwecks persönlicher Bereicherung und in Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Kreditvergabe ausnützen, werden sie ihr Verhalten nie ändern.

    • seebueb sagt:

      Genauso soll es auch sein. Schliesslich ist der jeweils aktuelle Zins das Resultat des wahrgenommenen Risikos – je höher das Risiko desto höher der Zins (zumindest theoretisch). Wer sich dessen nicht bewusst ist, und sich trotzdem aufs internationale Finanzparkett wagt, ist schlicht selbst schuld.

      • Rolf Zach sagt:

        Ich wäre mal neugierig, wie viel die Gläubiger an den Bankrott von Staaten vor 1950 verloren haben und wie viel nach der Gründung des IWF 1950. Wo haben die Gläubiger bei diesen gewaltigen Schuldenmacher Brasilien und Mexiko in den 80er Jahren Geld verloren und auch später in den 90er Jahren. Argentinien war das einzige wesentliche Land Lateinamerikas wo die Gläubiger in Röhre guckten, aber auch nicht vollständig. Welches Land in Europa hat den Staatsbankrott erklärt seit 1950?Die DDR, wurde aber von der BRD übernommen! Wie war das mit der Krise von 1998 in Ostasien. Natürlich hat man Geld verloren, aber nicht bei den Staatsschulden! Haben uns nun der IWF und die Zentralbanken der grossen Reservewährungen in Zusammenhang mit der Vermeidung von Staatsschulden der besagten Länder bestohlen. Man hört auch von IWF andere gegenteilige Bösartigkeiten! Die Inflation ist erster Linie ein Produkt von uns Industriestaaten selbst. Was ist besser, man beäugt und schützt mit Misstrauen seine Goldschatz im Garten oder man wird aktiv, baut sich ein Haus und vergrössert das Grundstück und lebt komfortabel. Leider hat man den Goldschatz verschleudert und mit Papiergeld aufgepeppt.

      • Marcel Senn sagt:

        Seebueb: So um 1998 wurden für arg. Staatsanleihen in USD um die 12% bezahlt und z.B. italienische Lehrerpensionskassen haben in solche investiert und nach dem Bankrott, resp. dem Kapitalschnittt heulten sie!
        Wer nur ein bisschen Ahnung von Finanzmathematik oder auch nur Mathe im Allgemeinen hat, der weiss, dass kein Land auf der Welt in einer Fremdwährung mittel- bis langfristig 12% bezahlen kann — aber Gier frisst Hirn – einmal mehr!
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        Ironie der Geschichte: die Lire Anleihen damals (1998/99) haben auch um die 12-14% bezahlt – aber waren halt Lire und keine US$…aber zumindest hätten sie das Geld wieder zu 100% zurückbekommen plus fette Zinsen….

        • Rolf Zach sagt:

          Bezüglich Argentinien ist es schon interessant, dass die Wertschöpfungskette ihrer einheimischen Rohstoffe so gering ist, trotz einer Einwanderung die nicht nur aus italienischen und spanischen Auswanderer bestand, von denen viele Analphabeten waren. Es gab auch eine Menge Emigranten aus Mitteleuropa und sogar England, in den 3oer Jahren auch Juden mit viel Know-How.
          Warum ist Argentinien nicht der grösste Schuhhersteller der Welt anstelle von China? Wann begreifen die grossen Landbesitzer, dass es interessanter ist in eine solche Industrie zu investieren als Dollarguthaben im Ausland anhäufen, wo ja diese bezüglich Argentinien nicht unbedeutend sind. In denke da auch an meine Lektüre in der Jugendzeit „Hans und Fritz in Argentinien“, wo ja Argentinien vor 1939 das beliebte Auswanderungsland der Schweizer war. Übrigens das Volkseinkommen in Argentinien war um 1913 pro Kopf 80 % des amerikanischen, das an der Spitze war.

          • Marcel Senn sagt:

            Zach: Darum gibt es ja im französischen immer noch den Ausdruck „riche comme un Argentin“ – der stammt aus der Jahrhundertwende um 1900, als die argentinische Oberschicht sich oft in Paris verweilte und in Buenos Aires Herrschaftsgebäude nach pariser Vorbild bauen liess – Buenos Aires heisst ja auch das Paris Südamerikas.
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            Die Engländer kamen schon viel früher (übrigens auch nach Uruguay) und brachten u.a den Fussball mit – darum heissen Fussballclubs in Arg/Uru auch River Plate, Arsenal, Liverpool, Boca Juniors, Wanderers etc etc und Uruguay ist die grösste Whiskytrinkernation (pro Kopf) der Welt.
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            Während dem WKII (z.B. nach dem Untergang der Graf Admiral Spree im Dez 1939) kamen auch viele Deutsche (ab 1945 Ex-Nazis), da Peron diesen als eines der wenigen Länder weltweit die Einreise erlaubt.
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            1930 hatte Arg. im Rahmen der Weltwirtschaftskrise ziemliche Probleme, während WK II war es wieder reich, dann nach dem Sturz von Peron 1955 wieder unten — Argentinien hatte schon immer eine Achterbahnwirtschaft – ein paar fette Jahre, dann wieder tiefe Rezessionen bis hin zum Staatsbankrott, Hyperinflation (80er Jahre) und aktuell auch wieder eine starke Inflation (30-35)
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            Seit etwa 2000 hat Gentechsoya die Wirtschaft gerettet, resp. den US$-Zufluss aufrecherhalten (v.a. nach dem Pariastatus nach dem Bankrott war das wichtig) Soya macht fast 50% der Exporte aus (v.a. nach China), dazu werden jetzt die Oel- und Gasfelder erschlossen in Vaca Muerta in Südargentinien, auch viel europ. und amerikanische Autoproduzenten stellen ihre Autos in Arg. her.
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            Der Bildungsstand ist nicht schlecht, zumal die Unis im Gegensatz z.B. zu Chile oder Kolumbien immer noch gratis sind. Gerade neulich hat JP Morgan angekündigt ein grosses Dienstleistungszentrum für Lateinamerika in Bs.As aufzumachen mit über 1000 MA – eben weil es hier auch viel gut ausgebildete Leute gibt

  • Marcel Senn sagt:

    Als in Argentinien und Uruguay lebender Auslandschweizer meine bescheidene Meinung zu diesem Vergleich:

    Der Plan Cavallo 1991 mit der $-Anbindung bescherte in der 1. Regierungperiode von Menem tatsächlich einen Aufschwung, wenn auch v.a. konusmbedingt, da plötzlich all die Westware in den argentinischen Geschäften verkauft wurde und die Argentinier schnell mal zum shoppen nach Miami reisen konnten etc.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Argentinien-Krise

    Gleichzeitig verscherbelte Menem massenweise Staatsbetriebe oft zu sehr dubiosen „Freundschaftspreisen“ und schon aber der zweiten Amtszeit von Menem ging es zunehmend abwärts mit Argentinien, da die Exportprodukte zu teuer wurden. Schon 1998/99 war das Land in einer schweren Rezession
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    Dann kam im Dez 2001 der „Corralito“ und die Aufhebung des 1:1 Kurses zum $, das Einfrieren resp. Zwangsumtausch der $ Guthaben in den Banken mit zuerst 1.4:1, dazu Kapitalflucht und eine schwere wirtschafliche Depression.

    Der Kurs ging dann 2002 bis auf 4:1 zum $ stabilisierte sich dann aber bei ca. 2.8 für ca 5 Jahre

    Gleichzeitig wurden 2002/03 von verschiedenen Provinzen Parallelwährungen herausgegeben wie z.B Patacones oder Lecop, die aber nur örtlich beschränkt gültig waren und mit denen auch nicht alles bezahlt werden konnte z.B. oft keine Steuern!!
    Gleichzeitig entstanden im ganzen Land Tauschringe, wo man Leistungen und Waren ebenfalls gegen eigenes „Geld“ austauschen konnte oder dirket als Barterhandel.
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    Ab Mitte 2003 verbesserte sich die Lage dann wieder u.a. auch wegen den zunehmenden Gentechsoja-Exporten, die die nötigen Devisen brachten und heute über 50% der arg. Exporteinnahmen ausmachen (das grüne Gold – allerdings noch mit ungewissen Kosten für die Umwelt und Menschen).
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    Die beiden Schuldenschnitte 2005 und 2010 machten dann Argentinien vollends zum Paria auf den Weltfinanzmärkten und die Hedge Fonds (los Buitres) die sog. Holdouts von 2005/10 machen den Argentiniern heute noch das Leben schwer, der greise Richter Griesa hat in NYC gerade neulich Arg. verplichtet 5.3 Mrd $ zu bezahlen – Fortsetzung folgt!

    Da es ein reiches Land ist, konnte sich Argentinien doch ganz gut erholen, als eines der wenigen Länder weltweit seit 2007 eine Deleveraging machen und steht mit einer Verschuldung von 46% (offizieller Kurs) nicht mal so schlecht da, allerdings die Inflation ist in den letzten 2-3 Jahren auf 30-35% gestiegen, seit 2011 hat sich ein $ Schwarzmarkt entwickelt (el Dolar Blue) der aktuell rund 40% über dem offiziellen Kurs liegt (es waren auch schon über 80% vor 9 Monaten)
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    Uruguay ging am 16.5.2003 infolge der Arg. Krise pleite, konnte aber mit den Gläubigern einen Zahlungsaufschub aushandeln, die damaligen Schulde begleichen und ist seit 2012 wieder Investmentgrade.
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    Fazit: Im Falle Argentinien haben die verschiedenen lokalen Parallelwährungen und die Tauschringe das Land zumindest über die gröbste Phase 2002/03 gebracht, dann übernahm der Peso wieder diese Rolle.
    Im Vergleich zu Griechenland geht es Argentinien doch gut – gestern hat die Präsidentin sogar noch geblufft, dass es in Argentinien mittlerweile weniger Armut gäbe als in Dänemark, was allerdings eine sehr kreative Zahleninterpretation von CFK wäre – die übliche Propaganda halt – im kochen von Zahlen waren die Argentinier schon immer „gut“!

    • Linus Huber sagt:

      Danke für die vertiefte Darstellung. Die Komplexität des einzelnen Falles ist aus meiner Sicht zu hoch, um mit Sicherheit einen gültigen Vergleich anzustellen. Z.B. handelt es sich im Falle Griechenlands nicht einzig um dieses Land, sondern Griechenland ist einzig die Spitze des Eisbergs.

      • Rolf Zach sagt:

        Auch wir in der Schweiz hatten ein Barter-Handel in den 30er Jahren. Mein Grossvater hat als Bäckermeister und Spezerei-Händler in seinem Bergdorf den Bauern gegen Kredit Brot geliefert. Die Bauern haben diese Kredite mit Holzlieferungen zurückbezahlt und mein Grossvater hat dieses Holz gegen Mehllieferungen an seinen Müller weitergereicht, der dieses Holz an seine Bäckerei-Kunden im Unterland weiterreichte und diese damit eine etwas kleiner Rechnung von diesem Müller hatten.
        So konnte der Wirtschaftskreislauf auch in diesen für die Schweiz schweren Zeiten so aufrechterhalten werden.

        • Marcel Senn sagt:

          Zach: Auch Wirtschaftsring-Genossenschaft wurde 1934 von Werner Zimmermann und 15 weiteren Personen gegründet. Die Idee geht auf die dänische J.A.K.-Genossenschaft (die sog. „Afregningscentralen“) zurück, ein ähnliches bargeldloses Verrechnungssystem das ebenfalls 1934 initiiert wurde. Zimmermann und das Gründungsmitglied Paul Enz schauten sich dieses dänische System 1934 während zwei Studienreisen vor Ort an. 1936 erhielt sie den Bankenstatus!
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          Dass eine Parallelwährung in der CH entstehen konnte, war ja schon erstaunlich, aber in den 30er Jahren ging es auch in der CH nicht besonders gut, darum historisch gesehen eigentlich nicht verwunderlich.
          Dass der Barterhandel damals in den harten Zeiten der 30er gang und gäbe war ist auch nicht erstaunlich — vielleicht sind wir bald wieder mal soweit, falls das globale Finanzsystem dann doch in nächster Zeit mal implodieren wird, was ja nicht ausgeschlossen ist bei der globalen Schuldenlage!

          • Markus Ackermann sagt:

            Zur 80jährigen WIR-Geschichte kam letztes Jahr ein Buch heraus:
            Hervé Dubois: Faszination Wirtschaftsring (WIR) – Resistent gegen Krisen, Spekulationen und Profitgier.
            Wenn ich mich richtig erinnere, war Herr Dubois Presse-Chef der WIR und hat dieses Buch nach seiner Pensionierung herausgegeben.

      • Marcel Senn sagt:

        Huber: Es gibt sicher gewisse Parallellen: Zum Beispiel die damals schlechte Steuerzahlungsmoral auch in Argentinien (heute ist die AFIP – die arg. Steuerbehörde knallhart, die haben Zugang zu fast allen Daten – bis hin zur Kreditkarte und greifen extrem hart durch — wäre in der CH vom Datenschutz absolut unvorstellbar).
        Dann die hohe Anwaltsdichte: Argentinien weltweit auf Platz 4, Griechenland Platz 6 (Hinter Israel (1 Anwalt auf 235 EW), USA, Spanien, Arg (1AW auf 285EW), Liechtenstein und Griechenland (1AW/305EW — Vergl. CH 1AW auf 1032 EW) – was auf eine sehr hohe Bürokratie hinweist.
        Dann die hohe Korruption in beiden Ländern und die Anbindung an eine Hartwährung bei ungenügender Produktivität – gut die Argentinier haben sich freiwillig an den $ gekoppelt — die Griechen wurden fast in den € gedrängt von F und D – sie liessen sich aber auch gerne drängen und nach dem Goldman Sachs Beauty Salon Besuch war dann die griechische Braut zumindest vor dem Brautschleier aus betrachtet auch hübsch genug.

        • Linus Huber sagt:

          Mein Punkt in der begrenzten Gültigkeit des Vergleichs liegt darin, dass bei Griechenland eine Ansteckungsgefahr auf die anderen fragwürdigen Staaten innerhalb der EU besteht resp. ein Präzedenzfall geschaffen wird und daher die Angelegenheit von bedeutend höherer politischer Brisanz und Komplexität sein dürfte.

          • Marcel Senn sagt:

            Linus: Die Nachbarländer von Argentinien haben damals auch gelitten, Uruguay ist im Mai 2003 ebenfalls in Default gegangen.
            Und mit den Schuldenschnitten 2005 resp. der Wiederholung hat Argentinien sehr wohl einen Präzedenzfall geschaffen – zumal war es bis 2001 der grösste Staatsbankrott weltweit, auch die politische Brisanz hält mit den Geierfonds bis heute an (mit dem 2. selektive Default im Juli 2014) und dass Argentinien bis heute von den internationalen Kapitalmärkten ausgeschlossen ist – ist doch eigentlich Präzedenzfall genug.
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            Gut für die EU wärs das erste mal…aber einmal ist immer das erste mal…

          • Linus Huber sagt:

            Marcel, Du kennst die Situation Argentiniens bedeutet besser als ich. Trotzdem schätze ich das Risiko eines „Flächenbrandes“, wie es im Falle Griechenlands gegeben ist, bedeutend tiefer ein bei Argentinien. In Mitleidenschaft ziehen der Nachbarländer ist nicht vergleichbar mit der Ansteckung der gleichen „Krankheit“. Es mag natürlich sein, dass meine Betrachtungsweise fehlerhaft ist.

          • Marcel Senn sagt:

            Linus: Logisch ist Europa ein bedeutenderes Konstrukt als z.B. der Mercosur (der ja keine Einheitswährung hat und auch sonst z.B. einer EU ziemlich hinterherhinkt in Sachen Waren, Dienstleistungsaustausch – da werden immer noch happige Importzölle verlangt von 50% auch innerhalb desselben)
            .
            Und ein Präzdenzfall für die EU wärs sowies. Aber immehin ist der Argentiniencrash als Beispiel so wichtig, dass Herr Straumann über 13 Jahre später diesen als Beispiel nimmt, denn soviele andere Beispiele gibt es nicht in jüngster Zeit und historische Staatsbankrotte herbeizuziehen macht oft nicht wirklich Sinn, da die Voraussetzungen doch sehr anders waren (z.B. keine Demokratie usw).
            .
            Und dann die EZB Eingriffe mit QE – sind ja auch Präzedenzfälle (auch wenn die Amis angefangen haben), der Ausgang ist noch unbekannt!

  • Roli sagt:

    Griechenland hätte schon lange aus dem Euro austreten sollen, dann hätten sie ihr Schicksal selbst bestimmen können und sich nicht in die Abhängigkeit der Eurogeldgeber begeben.
    Dies ist jedoch politisch von der EU nicht erwünscht. Darum können die Griechen ein Pokerface aufsetzen und die Europäer erpressen, es wird einen Schuldenschnitt geben müssen.
    Je länger gewartete wird, desto besser die Verhandlungsposition der Griechen, denn wer in Griechenland Geld hat hebt es ab und die EZB finanziert dies mit ELA. Dadurch werden die Europäischen Steuerzahler immer mehr in die Haftung eingebunden und die Kosten für den Grexit werden Tag für Tag grösser.
    Die grosse Angst der EU sind China und Russland, die als Helfer einspringen könnten, denn strategisch liegt Griechenland hervorragend. Und es hat ein weiteres Pfand, im Mittelmeer werden um Griechenland herum grosse Erdgas- und Ölfelder vermutet.
    Die EU könnte mit diesen Lagern die Abhängigkeit von Russland und dem Mittleren Osten verringern, was politisch dringend nötig ist.
    Die Griechen können darum sehr hoch pokern und sie wollen ihre Gas- und Öllager nicht verschenken.

    • Rolf Zach sagt:

      Weiss der Kuckuck, ob die Griechen den Russen soviel wert sind, dass sie ihnen bei ihren Schulden helfen, dass gleiche gilt für die Chinesen und die reichen Golfstaaten. Die Russen wollen nur Zusammenarbeit um profitabel griechische Rohstoffe und Dienstleistungen auszubeuten. Das weiss heute die politische Öffentlichkeit. Die Euro-Finanzminister möchten lieber heute als morgen ein GREXIT, die Aussenminister und ihre Regierungschefs sind noch nicht alle soweit, aber es könnte bald eintreten.
      Wenn das griechische Volk das wahrnimmt, sind die Tage von Tsipras gezählt, schon heute ist die Zustimmung merklich zurückgegangen.

      • Roli sagt:

        Es geht bei den Russischen Interessen um die Häfen und um Pipelines. Es kann den Nato-Staaten nicht egal sein wenn in der Zukunft Russische Kriegsschiffe und U-Boote in Griechenland stationiert sind. Ebenso sind auch die fossilen Energielagerstätten im Mittelmeer von strategischem Interesse.
        Die Besetzung der Krim ist ebenfalls aus energietechnischem Interesse erfolgt, denn dort gibt es im Flachwasserbereich ebenfalls Öl und Gas. Russland hat damit ein Pfand für die Schulden der Ukraine, über die seit Jahren nur verhandelt wird, aber die nicht bezahlt wurden. Die Ukraine ist pleite, wie auch Griechenland.
        Die Griechen machen es sehr schlau und spielen auf Zeit und behalten ihr Trumpf Ass. Mittlerweile machen die Amerikaner Druck auf Deutschland, denn der Nato kann es nicht egal sein wenn Griechenland aus der EU ausscheidet.

  • Josef Marti sagt:

    Es ist schon ein Unterschied, ob man in Fremdwährung verschuldet ist oder in eigener Währung wie GR. GR konnte sich bisher über die eigene Notenbank die Euros selbst drucken (was vom EZB Rat gegen die stimmlich unterlegenen Nordländer explizit erlaubt wurde), um das chronische Euro-interne Handelsdefizit laufend zu refinanzieren wenn die Geldgeber aus dem Norden ihre Kredite nicht erneuert haben bzw. Kapitalflucht einsetzte (Targetsalden).

    • seebueb sagt:

      In diesem Zusammenhang ist der Euro eher als Fremdwährung zu betrachten: GR entscheidet nicht über Geld- und Zinspolitik, und kann per Federstrich von der Zufuhr abgeschnitten werden.

      • Rolf Zach sagt:

        Im Unterschied zu den Bewohnern von Argentinien bleiben die Griechen im Besitz von Sparguthaben in einer stabilen Währung. Den Argentiniern wurden ihre Bankguthaben vollständig entwertet, wenn sie nicht vorher im Ausland Dollar angeschafft haben. Den Griechen bleiben ihre Bankguthaben in Euro erhalten, deshalb sind sie unter keinen Umständen gewillt, die EURO-Zone zu verlassen, den ihre Anlagen in EURO sind gewaltig und viel grösser als bei Ländern wie der Slowakei und Lettland. Eigentlich wollen die Griechen das „Weggli und den Batzen“. Wie weit bekommen sie das? Vor der Wahl von Tsipras gab es durchaus auch in Griechenland trotz allem Zeichen der Erholung. Die Leistungsbilanz entwickelte sich positiv und das Budget-Defizit war rückläufig. Die Reform des griechischen Staats-Apparates war auch unter Samaras nicht gerade erfreulich und unter Tsipras gibt es unter dem Strich Rückschritte.

        • Markus Ackermann sagt:

          Richtig. „Weggli und den Batzen“
          Über einën Gr€xit kann und muss Griechenland zuerst ALLEIN entscheiden:
          – ein Austritt aus dem € ist nicht vorgesehen, nur der Austritt aus der EU
          – erst, wenn Griechenland seinen Austrittswillen zu erkennen gibt, würden Verhandlungen mit den verbleibenden EU- und €U-Ländern aktuell …. und solche Verhandlungen würden garantiert noch viel schwieriger, als die „Lösung“ für aktuell ~2% des €U-BIPs (=Griechenland) … eine ever ending story?
          1. Bevor Griechenland den Grexit erklärt, wären die Solidar- bzw. Liquidationsschulden zu regeln: Schuldenschnitt
          2. Was wäre danach? Unterhaltsregelung wie bei einer Ehe-Scheidung (gewohnter Lebenstil). 😉
          Bref:
          Soweit sind wir noch lange nicht. Zuerst käme wohl eine griechische Parallelwährung zum €, meinetwegen Drachme genannt.
          ——
          Ich kann mir nicht vorstellen, dass es künftig unter den EU-BürgerINNEN auch nur 40% geben wird, die die EU oder die €U politisch tragen werden, wenn ihnen bewusst wird
          – was das kostet
          – wofür dieser Chrampf
          – wie wenig sie zu sagen haben, um ihr Eigentum und die Souveränität ihrer Länder bzw. Demokratien zu schützen
          Der Konflikt um Griechenland legt klare Defizite der EU und der €U bloss … und dabei geht es ja nur um ~2% des €U-BIP.
          In Wirklichkeit geht es nur am Rande um Griechenland: Was wird sein, wenn IT, Sp, F zu wanken beginnen?

        • seebueb sagt:

          Ob die Euro-Guthaben innerhalb Griechenlands erhalten bleiben, ist vorläufig bloss eine nicht weiter belegbare Behauptung, aber vielleicht erfahren wir ja bald, wies tatsächlich gehandhabt wird. Das ursprüngliche für die Sanierung der zypriotischen Banken vorgeschlagene Prozedere sah auf jeden Fall etwas völlig anderes vor. Guthaben im Ausland sein und Bargeld dürften sicher sein, das Analoge galt grundsätzlich auch für Argentinien (auch wenn der Transfer möglicherweise erschwert war, ändert das nichts an der Sicherheit im Ausland an sich).

        • Marcel Senn sagt:

          Sorry Herr Zach, was Sie hier schreiben ist schlichtweg falsch: Die USD wurden zu einem schlechteren Kurs zwangsumgetauscht, aber nicht völlig entwertet!!!!

          Man bekam in etwa noch 50% in Pesos 2002!

          Siehe Details im FAZ Artikel vom Okt. 2002

          http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/finanzkrise-argentiniens-banken-tauen-konten-auf-181478.html

        • Marcel Senn sagt:

          Zach Nachtrag: Und in Uruguay wurden ab 2002 infolge der Argentinienkrise die USD Guthaben in den Banken ebenfalls eingefroren für 36 Monate – aber dann bekam man 100% in USD wieder zurück plus dazu wurden die USD sogar noch verzinst! Find ich doch ganz fair!
          Und sonst kann man sich alternativ auch ein Bankschliessfach mieten – da passen auch einige grüne Scheine rein!
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        • Markus Ackermann sagt:

          @ seebueb, Senn und Zach
          Ich hätte da noch ’ne Frage:
          Solange Griechenland beim € bleibt (und dies ist ja „unwiderruflich“, weil kein Austritt aus der Währung vorgesehen ist: man kann nur hinein – nicht hinaus) kann doch die griechische Nationalbank auch weiterhin (bis zum St. Nimmerleinstag) €s drucken …. und dies wäre nicht einmal Falschgeld, sondern im Gegenteil ein gesetzliches Zahlungsmittel (mit Annahmepflicht) im ganzen €U-Raum,
          … oder nicht?
          Wer weiss da Bescheid?
          DIES wäre doch ein ganz wesentlicher Unterschied zu Argentinien mit der $-Bindung: die Argentinier konnten keine US$ drucken.
          Die von der griechischen Nationalbank begebenen €s (Quelle) würden sich dann wahrscheinlich weiter bei der dt. Bundesbank (Senke) als Target2-Salden sammeln
          Gibt es da eine Vorkehrung im €-System, die dies verhindert?

          • Marcel Senn sagt:

            Ackermann: Sie unterschätzen die Kreativität der Argentinier – die haben vor zwei Jahren den CEDIN – einen Kunstdollar geschaffen um im Rahmen einer Schwarzgeldamnestie der Zentralbank wieder echte USD zuzuführen.
            .
            Es wurden zwar nicht die anvisierten 4 Mrd US$ erreicht, aber immerhin ein paar Hundert Mio und mit diesen Checks können die Leute wie mit US$ Häuser kaufen (die immer noch in USD ausgeschrieben sind, aber eigentlich in Pesos oder eben CEDIN, die 1:1 zum USD bewertet sind, bezahlt werden müssen oder können)
            .
            Habe leider nichts in englisch gefunden

            http://bym-prop.com.ar/informacion-cedin/cedin-preguntas-y-respuestas/

            Betr. Geldschöpfung glaube ich nicht, dass die Griechen einfach € schöpfen können ohne Einwilligung der ZB – gut allenfalls über die Target Salden – aber das sind ja auch nur Schulden und Guthaben innerhalb des € Raums.

            Hier noch die Leitlinien der EZB — aber ich habs auf Anhieb nicht gefunden – zuviele Paragraphen

            https://www.ecb.europa.eu/ecb/legal/pdf/oj_jol_2015_091_r_0002_de_txt.pdf

            Vielleicht haben Sie ja Lust und Zeit die entsprechenden Vorgaben zu finden 🙂

          • Markus Ackermann sagt:

            Danke Herr Senn, das hätte ich sonst nicht gefunden.
            Es ist sehr viel Stoff und ich konnte den Text nur ganz, ganz kursorisch lesen, immerhin:
            – Dezentralisation und
            – Durchsetzung (nur) via Schadenersatz
            => GR könnte also evt. tatsächlich weiter €s drucken und würde dann einfach allenfalls schadenersatzpflichtig. Aber weitere Schulden werden die Griechen kaum kümmern.
            Mittlerweile machen sich auch andere konkrete Gedanken zum „day after“
            1. heute in der FAZ will der Nachfolger von Straubhaar die Griechen mit Geld zum €xit motivieren, also gleichsam auskaufen:
            http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/griechenland/snower-fordert-ende-der-ezb-hilfen-fuer-griechenland-13645586.html
            2. der Spiegel kündigt für Montag an, wie Prof. Sinn sich eine Parallel-Währung € vorstellt und am Dienstag soll endlich, endlich der EuGH entscheiden, ob das OMT-Programm zumindest aus EU-Perspektive legal ist.
            Daran wird das dt. BVerfG anknüpfen, welches das OMT-Programm ja schon halb geknickt hatte („ultra vires“)
            http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-krise-wie-die-welt-nach-dem-grexit-aussehen-wuerde-a-1038704.html
            Also langweilig wird’s künftig bestimmt nicht werden …

    • Josef Marti sagt:

      Wie man lesen konnte sind die Targetsalden der D Bundesbank seit Dezember 14 bis heute wieder von 460 Mia auf 530 Mia angestiegen. Vorher waren sie seit 2012 laufend am sinken wegen Stopp der Kapitalflucht weil Draghi versprochen hatte notfalls alles aufzukaufen. Gem. Prof. Sinn geht es darum den griechischen Vermögenden und ausländischen Anlegern zulasten der europäischen Steuerzahler die Kapitalflucht zu ermöglichen, es müssten also sofort Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden.Bislang konnten sich griechische Banken auch dann Geld bei der EZB leihen, wenn sie als Pfand nur griechische Staatsanleihen hinterlegen konnten, obwohl diese von Ratingagenturen nur noch als Ramsch bezeichnet wurden.

      • Markus Ackermann sagt:

        Soviel zu den „unverhandelbaren“( :-)) 4 Grundfreiheiten der EU:
        – Personenfreizügigkeit
        – freier Kapital- und Zahlungsverkehr
        – freier Warenverkehr
        – freier Dienstleistungsverkehr
        Funktioniert falls Quelle und Senke der Transfers im Gleichgewicht sind.
        Sonst nicht, zumindest nicht, falls das Ungleichgewicht (arbitrage) nicht nur kurz andauert.

    • Josef Marti sagt:

      Ein Austritt von GR kommt schon deshalb nicht in Frage weil dann die aus der griechischen Notenpresse angesammelten Targetsaldoschulden sofort fällig würden und damit va. die D Bundesbank einen definitiven Abschreiber auf der ansonsten nicht fällig stellbaren Forderung gegen EZB System verbuchen müsste, mit der Folge dass keine Ausschüttungen mehr an die Finanzämter möglich wären (siehe auch den treffenden Kommentar unten von Roli). Da dieser Fall ursprünglich gar nie vorgesehen war wurden die Targetsalden immer als irrelevante Verrechnungsposten angeschaut, die sich ja laufend ausgleichen; dies war bis etwa anfangs 2007 auch tatsächlich der Fall.

      • Markus Ackermann sagt:

        Bravo!
        Also sind Erbschafts- bzw. Liquidationskonflikte in der €U vorprogrammiert.
        De facto begründet der € ein System von Solidarschuldnern (€U-Staaten). Damit wird der € zu einem weit grösseren Schulden-Monster, als es die Versailler Verträge waren.
        Da GR vielleicht ~2% des EU-BIPs ausmacht, kann es eigentlich nicht um GR als solches gehen, sondern um die Weiterungen einer „Lösung“.
        Und zum Schluss noch dies:
        1. De facto können die GR in D gegen €-Papierli gratis einkaufen und die dt. Lieferanten (falls die GR von irgendwo €-Kredite erhalten) sicher verkaufen. Die Rechnung bleibt im €U-System zur Regelung hängen. GR wird nicht bezahlen (können).
        2. Wie soll dieses Fass ohne Boden saniert werden? … mit seeeehr viel Geld (zum Vergleich: die dt. Einheit kostete gemäss Wikipedia ~2 Bio. €). Die EU ist sicher 10 Mal grösser als die ehemalige DDR.

      • Maiko Laugun sagt:

        „Da dieser Fall ursprünglich gar nie vorgesehen war …“
        .
        Wer keinen Plan *B* erstellt, bekräftigt eindrücklich – oder gaukelt vor, was bei den Politikern/Gründer der EU/EUR-Zone eher der Fall sein dürfte – dass er vom Plan *A* restlos überzeugt ist. Es ist irrelevant, ob er dies tatsächlich ist. Glauben müssen es nur die Steuerzahler. Droht Plan *A* zu scheitern, dann wird um jeden Preis an ihm festgehalten, denn ein Eingeständnis der Protagonisten kommt nicht in Frage. Mit einem viel billigeren Plan *B* von Anfang an, hätte es keinen Start von Plan *A* gegeben, weil die sich nun immer mehr be- und verschissen fühlenden Steuerzahler keine Zustimmung gegeben hätten.

  • Tourist sagt:

    Ich erinnere mich, war über Neujahr 2001/2002 in Brasilien, es hatte einige Argentinier im Hotel. Über Nacht hatten sie keinen Zugriff mehr auf ihr Konto (Kreditkarte) und standen finanziell „nackt“ da. Es gab grosse Unruhe, aber irgendwie wurde dann wohl doch eine Lösung gefunden zur Zahlung des Hotels – die Südamerikaner sind ja erfinderisch. Das öffnete mir damals die Augen, wie abhängig man als Kontenbesitzer vom Staat ist (unabhängig davon, ob man mit Karte oder bar bezahlt – bei letzterem hat man einfach noch die paar abgehobenen Scheine länger zur Verfügung, z.B. um das Hotel zu bezahlen, was mit Karte dann schon nicht mehr ging).

  • Maria G. sagt:

    Ein großer Unterschied besteht trotzdem zwischen beiden Ländern. Es ist richtig, dass die Vorzeichen der Pleite die Gleichen sind. (Bindung an den Euro, Korruption und eine korrupte Regierung, mangelnde Reformbereitschaft, Durschwurschteln, etc.I.

    Aber Argentinien hat Rohstoffe in der Hinterhand. So konnte und kann Argentinien immer wieder den Kopf aus der Schlinge ziehen. Griechenland hat als einzigen Rohstoff nur den Tourismus, den er mit den öffentlichen Bemerkungen der Regierung nun auch beschmutzt.

    • Urs Gmür sagt:

      Griechenland hat gewaltige Öl- und Gasreserven Offshore, die über Zypern bis zur israelischen Küste reichen. Unverständlich, dass deshalb von Insolvenz und nicht von Illiquididät gesprochen wird. Dazu ist die orthodoxe Kirche der grösste Landbesitzer des Landes. Brüssel, EZB und IMF sollten deshalb solche Assets als Garantien für Kredite verlangen und dies schon alleine darum, damit die Griechen einen Anreiz haben, ihre Schulden zu honorieren.
      @UrsGmuer

      • seebueb sagt:

        Uiiiii, da heisst es immer (Süd-)Zypern und Israel seien souveräne Staaten, und dann sowas. Was uns die EU-Granden so alles vormachen, einfach unglaublich!

        • Rolf Zach sagt:

          Rohstoffe hat Griechenland gegenwärtig, nämlich Bauxit und eine profitable Aluminiumindustrie.

      • Marcel Senn sagt:

        Gmür: Nur ist das keine easy Oil (zum fördern) und habe extra mal nachgeschaut im brandaktuellen BP Energy Report vom Juni 2015 – da wird Griechenland weder bei den Oel- noch den Gasreserven aufgeführt (vermutlich sind sie unter den „others“ aufgeführt)

        http://www.bp.com/content/dam/bp/pdf/Energy-economics/statistical-review-2015/bp-statistical-review-of-world-energy-2015-full-report.pdf

        Die Schätzungen aus den Medienberichten erscheinen mir doch sehr spekulativ, wieviel es tatsächlich an Oel- und Gasvorkommn hat das weiss vermutlich nur Zeus!
        .
        Und was Sie vergessen, die Türken, als historischer Erzfeind der Griechen, wollen da vermutlich auch noch ein Wort mitreden bei der Förderung — so ganz spannungsfrei würde eine gr. Erdöl und Gasförderung vermutlich nicht von statten gehen!

  • seebueb sagt:

    Sehr geehrter Herr Straumann

    Soweit mir bekannt, hat der Rang einer Schuld nichts zu tun mit der Fälligkeit an sich, und damit auch nichts mit dem allfälligen Auslösen eines Default. Mit dem Verschieben des IWF-Zahlungstermins auf Ende Monat werden mMn die privaten Schulden wegen ihrem fixem Rückzahlungstermin zum hauptsächlichen Problem (übermorgen €3,6Mrd und in neun Tagen nochmals €1,6Mrd). Was man so hört, wird GR ohne Hilfe diese Schulden nicht bedienen können.

    Trotzdem verlieren Sie über die Schulden an Private kein Wort. Weshalb? Könnten Sie Ihre Überlegungen näher erläutern?

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