Hoffen auf die neue Geldschwemme

NMTM

Versprüht Optimismus: EZB-Chef Mario Draghi. Foto: Boris Rössler (Keystone)

Mario Draghis neue Geldspritzen verbreiten Frühlingsstimmung in Europa. Ein genauer Blick auf die Entwicklung mahnt zur Vorsicht.

Am heutigen Montag startet das sogenannte Quantitative-Easing-Programm (QE) der Europäischen Zentralbank (monatliche Käufe von Anleihen im Umfang von 60 Milliarden Euro, hier die Details). Seit seiner Ankündigung hat es für erhebliche Unruhe vor allem an den Devisenmärkten gesorgt. Wie wir heute wissen, war es vor allem die Angst vor dieser neuen Geldschwemme, die die Schweizerische Nationalbank zur Aufgabe der Untergrenze des Eurokurses in Franken bewegt hat.

Bei der konkreten Ankündigung am Donnerstag herrschte bei der EZB – zumindest im Vergleich zu den letzten Auftritten – schon fast Feststimmung. Es geht wieder aufwärts mit der Eurozone, so die Botschaft, die auch von der Weltpresse so verbreitet wurde.

Hier sind sie, die Botschaften, die für Freude sorgen:

  • Die Wirtschaft des Euroraums hat im vierten Quartal 2014 gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent und im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,9 Prozent zugelegt. Im dritten Quartal 2014 lagen die entsprechenden Zuwachsraten bei 0,2 bzw. 0,8 Prozent. Das ist nicht viel im Vergleich zum Absturz der letzten Jahre (das reale BIP liegt immer noch tiefer als 2007) und angesichts der verbleibenden hohen Arbeitslosigkeit. Aber immerhin stimmt die Richtung.
  • Auch die Daten für die Zukunft sehen mit Blick auf die sogenannten Purchase-Manager-Indizes (PMI) besser aus. Die Eurozone ist gemessen an diesem auf Umfragen unter Einkaufsmanagern beruhenden Index auf einem ansteigenden Wachstumskurs. Gemessen am (wichtigsten) Index des verarbeitenden Gewerbes, sind die Werte allerdings nur knapp über der Wachstumsschwelle (von 50), Frankreich befindet sich noch immer darunter.
  • Die Ausleihungen der Banken an die Unternehmen schrumpfen zwar weiter, aber leicht weniger als zuvor.
  • Die langfristigen Inflationserwartungen haben ihren Tiefstpunkt überwunden und steigen wieder leicht an. Sie sind die wichtigste Grösse, um zu beurteilen, ob die Deflationsgefahr überwunden ist und die Inflation sich wieder dem Zielwert der EZB von nahe, aber unter 2 Prozent annähert. Mario Draghi führte an seiner Pressekonferenz vom letzten Donnerstag diese und weitere positive Entwicklungen in der Eurowirtschaft bereits auf die Ankündigung des erst heute startenden QE-Programms zurück.

Gehen wir also aus aktuellem Anlass der Frage nach, was das Quantitative-Easing-Programm bewirken kann.

Die Anleihenkäufe können – wie die Erfahrung und die ökonomische Theorie zeigen –über drei miteinander zusammenhängende Kanäle wirksam werden: die Beeinflussung der Langfristzinsen, veränderte Erwartungen und eine Schwächung der Währung.

  • Der Wirkungskanal, der spontan am meisten einleuchtet, ist jener über die Zinsen. Dabei geht es um Langfristzinsen, da die Notenbank die von ihr gewöhnlich direkt beeinflussbaren Kurzfristsätze bereits auf null Prozent gesenkt hat. Kauft die Notenbank Anleihen, müsste deren Wert steigen und damit deren Rendite sinken. Die Rendite von Staatsanleihen ist gewöhnlich das wichtigste Mass für das Zinsniveau in einem Land. Tatsächlich ist diese Wirkungsweise des Quantitative Easing nicht so eindeutig. Schon in den USA hat sich gezeigt, dass es keinen direkten Link zwischen dem Aufkauf von Staatsanleihen durch die Notenbank und deren Renditen (und damit dem Zins) gegeben hat. Als das Fed im Sommer 2011 sein zweites QE-Programm eingestellt hat (also weniger Staatsanleihen gekauft hat), sind deren Renditen sogar drastisch gesunken (die Anleihen haben also an Wert zugelegt), wie die Grafik unten zur Entwicklung der 10-jährigen Rendite von US-Staatsanleihen im Jahr 2011 zeigt (Quelle Fred):
US Yield 2011
  • Vor dem Ende des Programms wurde vielerorts die Meinung vertreten, die Zinssätze würden als Folge deutlich steigen. Der Grund dafür, dass dies nicht geschah, liegt daran, dass die Erwartungen zur weiteren Entwicklung auf den Kapitalmärkten und in der Realwirtschaft für Anleihenkurse, deren Renditen und damit längerfristige Zinsen wichtiger sind als das Kaufverhalten der Notenbank. Die Erwartungen für die US-Wirtschaft waren damals noch düster, daher die gesunkenen Renditen trotz der eingestellten Käufe von Staatsanleihen des Fed.
  • Die potenzielle Wirkung des QE-Programms auf die Zinsen ist in der Eurozone ausserdem beschränkt, weil diese sich schon auf einem sehr tiefen Niveau befinden – gemessen am sogenannten Benchmark risikoloser Renditen wie derjeniger von deutschen Staatsanleihen. Die Rendite der 10-Jahres-Papiere notiert bei unter 0,4 Prozent. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung über die letzten drei Jahre. Der Rückgang der Zinsen ist weniger Folge der Erwartungen der EZB-Geldspritzen als der sinkenden Inflation. Im Vorfeld des QE-Programms ist der Rückgang sogar zum Stillstand gekommen (Quelle: Investing.com).
Zinsniveau D
  • Das Management der Erwartungen bedeutet, dass die Notenbank dem Markt glaubhafte Signale gibt, auch in weiterer Zukunft die Geldpolitik äusserst locker zu belassen. Erwartet man auf den Märkten eine spätere Straffung der Geldpolitik, wirkt bei Deflationsängsten die Lockerung zu wenig glaubwürdig und niemand ändert seine Preis- und Lohnsetzung (mehr dazu hier). Beim Erwartungsmanagement kann die EZB mit dem QE-Programm schon vor seiner Einführung Erfolgspunkte verzeichnen. Nachdem sie bisher im Vergleich zu anderen grossen Notenbanken viel zu restriktiv in ihrer Geldpolitik gewesen war und damit die Deflationsgefahr selbst wesentlich mitverschuldet hatte, ist es ihr mit der Ankündigung des QE-Programms gelungen, Entschlossenheit zu demonstrieren. Man glaubt ihr nun eher, dass sie alles tut, um der Deflationsgefahr im Euroraum entgegenzutreten. Die bisher relativ restriktive Geldpolitik der EZB zeigt sich an der Bilanz der Notenbank, die in den letzten Jahren trotz der schwachen Lage in der Eurozone deutlich geschrumpft ist. Hier die Grafik dazu (Quelle: Oxford Economics):
EZB Bilanz
  • Die Wirkung des Erwartungsmanagements zeigt sich unter anderem daran, dass das Programm schon vor seiner Umsetzung wie erwähnt die langfristigen Inflationserwartungen wieder ansteigen liess. Allerdings bedeutet das umgekehrt auch, dass die tatsächliche Einführung des QE jetzt, wo alles bekannt ist, kaum mehr viel Wirkung auf die Erwartungen hat. Schaut man sich die Entwicklung der Inflationserwartungen genauer an, besteht kein Grund zur Euphorie. Am Donnerstag lagen sie, gemessen am von der EZB beachteten 5y5y-Inflationsswap (ein Inflationsswap, der in fünf Jahren startet und für die folgenden fünf Jahre läuft), bei 1,75 Prozent. Dieser Wert ist noch immer erschreckend tief. Angesichts der Schwankungen in der Vergangenheit ist ausserdem keineswegs ausgemacht, dass die Wende hier geschafft ist. Unten wird das auch grafisch deutlich (Quelle: Oxford Economics):
EZ Inflation Exp
  • Den grössten Erfolg hatte bereits die Erwartung des QE-Programms mit seiner Wirkung auf den Aussenwert des Euro, er wurde vor allem geschwächt. Das ergibt sich wie oben erwähnt vor allem über den Kanal der Erwartungen – hier natürlich mit dem Vergleich zur Erwartung der Geldpolitik anderer wichtiger Notenbanken, vor allem des Fed in den USA. Weil dort angesichts einer sehr viel besseren wirtschaftlichen Lage mit einem Anstieg der Leitzinsen gerechnet wird, führte die Botschaft der superexpansiven Geldpolitik in der Eurozone zur deutlichen Schwächung des Euro gegenüber dem Dollar. (Quelle: Prime Terminal)
Euro-Dollar-Kurs
  • Dieser Effekt auf den Wechselkurs war wohl die wichtigste Absicht des gesamten Programms. Wie auch die jüngsten Wachstumszahlen der Eurozone zeigen, macht der Export den grössten Anteil daran aus.

Fazit:

Die Wirkungsweise von QE-Programmen bleibt hoch umstritten. Selbst zu denjenigen der USA in den vergangenen Jahren meinte Kenneth Rogoff – einer der profiliertesten Makroökonomen weltweit – in einem Interview mit dem TA:

«Niemand weiss, was die Anleihenkäufe in den USA wirklich bewirkt haben. Möglicherweise hätte sich dort auch unabhängig davon ohnehin eine Erholung nach der Krise eingestellt. Es gibt keine eindeutige Einschätzung dieses Effekts.»

Die Schwächung der Währung über das Programm ist keine nachhaltige Strategie zur Verbesserung der Lage in Europa. Damit wird das Problem der Ungleichgewichte in den Binnenbeziehungen abgeschoben und auf entsprechende Defizite in anderen Regionen gesetzt, was internationale Ungleichgewichte befördert. Problematisch ist das Programm ausserdem, weil die Geldflut Übertreibungen an den Kapitalmärkten befördern kann.

Das heisst nicht, dass man das QE-Programm besser bleiben gelassen hätte. Die Geldpolitik kann zwar immer weniger bewirken, ist bisher leider das einzige Instrument, das der Eurozone überhaupt bleibt, um die Lage zu verbessern. Eine restriktive Geldversorgung würde unweigerlich in die Deflationsspirale führen, wie die EZB schmerzlich lernen musste. Doch QE und die Geldpolitik generell werden die Eurozone nicht aus der Krise bringen können. Das hat Mario Draghi selbst immer wieder betont.

47 Kommentare zu «Hoffen auf die neue Geldschwemme»

  • ast sagt:

    Was ich heute gehört habe erscheint mir als nicht fair und ist unschön für Europa. Der Herr Draghi kauft nämlich derzeit gar keine griechischen und zypriotischen Staatsanleihen, als Teil des milliardenschweren neuen Kaufprogramms. Da Investoren voraussichtlich das kaufen werden was die EZB im Programm hat, dürfte das Kaufprogramm nun indirekt gegen Griechenland arbeiten -und so durch steigende Zinsen (nur) für die Griechen möglichwerweise den Grexit auslösen.

    • seebueb sagt:

      Dass keine GR-Anleihen gekauft werden, liegt am zu tiefen Rating – ob Absicht oder nicht, muss dahingestellt bleiben. Dennoch werden die EZB-Käufe auch die GR-Renditen nach unten ziehen weil sie relativ gesehen attraktiver werden.

      • ast sagt:

        Wenn ich mir die aktuellen Kurse von griechischen Staatsanleihen ansehe, so haben Jene mit kurzen Laufzeiten (2016/17) sehr hohe Renditen , grösser 15% und haben nur ein Caa1 -Rating (für die meisten Anlagezwecke zu riskant).

  • Nina Tanner sagt:

    Die meiner Meinung nach einzige relevante Aussage dieser ganzen elaborierten Analyse kam dann noch ganz unten: „Problematisch ist das Programm ausserdem, weil die Geldflut Übertreibungen an den Kapitalmärkten befördern kann.“
    Den Ausdruck „ausserdem problematisch“ verstehe ich allerdings nicht. Wenn wir die Lehren aus den Geldschwemmen des FED aus der jüngeren Vergangenheit ziehen, ist die Wirkung davon bloss Inflation an den Aktienmärkten, die Eröffnung irgendeines nächsten Spekulationsfelds und dem nächsten Börsencrash. Wenn diese Politik sich nicht so zerstörerisch auf Europa auswirken würde, würde ich mich daran wie an einem guten Actionfilm unterhalten. So aber fühle ich mich mittlerweile eher wie eine Statistin in Ice Age III.

  • Linus Huber sagt:

    Was im gesamten durch die Zentralbanken verursachten Wirrwarr zunehmend untergeht, ist die eigentliche Bedeutung der Finanzwirtschaft. Die Funktion der Banken dient keinem Selbstzweck, da sie nichts wirkliches produzieren, sondern sie finden in der Funktion der Kapitalallokation zum Wohle der Realwirtschaft ihre Existenzberechtigung. Die Schrumpfung des Finanzsektors, welcher sich von der Realwirtschaft immer stärker abhob und als Parasit die Realwirtschaft schrittweise erwürgte, wird durch solche zentralplanerischen Aktionen nicht nur verhindert, sondern beeinflusst zunehmend sämtliche Unternehmen, welche immer stärker ebenfalls mit höherem Hebel und damit höherem Risiko operieren, indem sie durch Aktienrückkäufe die Eigenkapitalquote reduzieren. Das Geschäftsmodell der ungerechtfertigten (da risikolos) Selbstbereicherung der Führungsebene von Unternehmen wird dadurch weiter angefeuert. Das Bejubeln von 0,9% Wachstum nach 6 Jahren weltweit angewendetem monetärem Stimulus ist geradezu lächerlich, einmal ganz abgesehen davon, dass immer mehr Aspekte der Wirtschaft in diese Zahlen gepackt werden, wie Frank Gerber dies gut erkennt.

    • Maiko Laugun sagt:

      Ja, König Draghi dient weiterhin dem Finanz-Hochadel zu und die Politik redet den mit Schulden finanzierten kleinen Wachstum schön und fälscht die Arbeitslosenzahlen. Wird wohl nicht mehr lange dauern, dann wird es zur Vollbeschäftigung erklärt, wenn sich die Menschen den ganzen Tag lang gegenseitig für je 1 Euro die Haare schneiden. Wie heisst es so schön? Ein weisses Hemd macht noch keine weisse Weste. Es scheint nur logisch, dass man auch die Schattenwirtschaft in diese Zahlen packt. Es ist schliesslich nur eine Verlagerung von einem zum anderen. Grosse Firmen reduzieren die Eigenkapitalquote und investieren nicht mehr. Sie geben lieber Geld für Marketing anstatt für Forschung und Entwicklung aus. Vielleicht hilft es ja, wenn die dummen Konsumenten ihr nicht vorhandenes Geld durch den Einsatz von neuen Technologien noch schneller als vorher ausgeben und dadurch die Wirtschaft etwas ankurbeln: http://www.technologyreview.com/news/534021/technology-repaints-the-payment-landscape/

  • ilrettev sagt:

    Die Ungleichgewichte innerhalb der Währungsunion können nicht mit der Geldpolitik gelöst werden. Die Profiteure des tiefen Euro-Kurs sollten den zusätzlichen via Export erzielten Devisengewinn (Anteil über Kaufkraftparität), an die schwachen Teilnehmer weitergeben.
    Vor allem D. ist der grosse Profiteur des gegenwärtigen Zustands. Dieser Zustand konnte nur unter Beiziehung von schwachen Oekonomien in den EWU herbeigeführt werden. Diese Einbeziehung darf nicht gratis sein. Die starken Teilnehmer sollten mit einer Exportsteuer ( in der Höhe der überhöhten Devisengewinne), zu Gunsten der schwachen Mitglieder, belastet werden.
    CH hat für den einigermassen tiefen CHF (1.20 Untergrenze) dies mit hohen, risikoreichen und mittlerweile auch zu massiven Verlusten geführten Währungsreserven bezahlt. D. überträgt die Kosten ihres tiefen D-Euro auf die schwachen EWU-Teilnehmer ohne eine Prämie zu bezahlen.
    Für die Target2-Saldi garantieren übrigens die verschiedenen nationalen ZB’s. Die Sicherheiten, welche zu den Girokonten bei den ZB’s hinterlegt werden, können weiter gegeben werden.

    • Walter Bernstein sagt:

      ilrettev, 18:36
      Deutschland profitiert zwar vom EUR. Andererseits bezahlt Deutschland auch viel dafür – allein 70 Mrd. EUR für Griechenland. So gesehen ist Ihre Forderung schon längst erfüllt.

      Aber auch die Südländer und Irland haben stark profitiert. Sie haben die Bonität der Nordländer geliehen und sich billig verschuldet. Dadurch wurden ihre Staatshaushalte stark entlastet. Hätte Südeuropa diese Zins-Ersparnis nicht in den Konsum „investiert“, sondern in die Schuldentilgung, wäre es nicht weit von der Maastricht-Grenze entfernt (60 % am BIP).

      PS: Alles in allem glaube ich, dass Deutschland mit der DM besser gefahren wäre – wirtschaftlich und politisch.
      Andere Länder haben seit 1999 (Einführung des EUR als Buchgeld) ihren Pro-Kopf-Wohlstand stärker steigern können.
      Fordern Sie jetzt für Deutschland eine Rückerstattung? Das wäre doch ein schöner Beweis für Ihre Fairness.

      • ilrettev sagt:

        An Walter Bernstein
        Natürlich haben die Südländer des Euro-Raums von einer Bonitätsheraufstufung profitiert. Aber ging dies wirklich zu Lasten D’s?
        Bezahlung von 70 Mrd. Euro z.G. GR wohl kaum erfolgt. Neben dem Schuldenschnitt sind doch nur Zinsverbilligungen auf den EFSF/ESM-Krediten als Verluste realisiert worden.
        Die durchschnittliche Unterbewertung zu den wesentlichen Aussenwährungen des D-Euro beträgt wahrscheinlich in jedem Fall über 20%. Aber auch innerhalb des Euro-Raums ist der D-Euro in der Regel deutlich unterbewertet.
        Die dadurch entstandenen zusätzlichen Gewinne der dt.VW während der letzten Jahre sind durch die erfolgten Zahlungen an die schwachen Teilnehmer des EWU wohl kaum ausgeglichen worden.

  • Martin sagt:

    1. Es sollte nicht vergessen werden, dass weitere Staaten der EU beitreten. Das heisst: Die brauchen auch Euros. 2. Ich vermute, dass viele alte Staatsanleihen in DM und Francs usw. erst jetzt abgelaufen sind. Diese wurden jetzt neu erstmals durch solche in Euro ersetzt. Die Geschäfte der Nationalbank sind durch Immunität geschützt und somit für Politiker und Bürger nicht einsehbar. 3. Die neuen Bankenvorschriften BIZ Basel III verlangen viel mehr Kapital für die Banken. 4. Die Griechenkrise war für Finanzleute vorhersehbar. Es gäbe genügend Leute, die sich mit Staatsfinanzierung usw. auskennen, aber irgendwie hat niemand was gesagt! Zudem gibt es Vorschriften, wie hoch ein Land verschuldet sein darf, um der EU beizutreten. Das wurde bei Griechenland nicht beachtet. Die EU ist selber schuld! 5. Die Draghi/ EZB Einkaufstour ist ein ganz normaler Notenbank Vorgang. Staatsanleihen haben eine lange Laufzeit und von Zeit zu Zeit, werden diese ersetzt. Das ist nichts ungewöhnliches.

  • Bernd Bachmann sagt:

    Das ist alles Blabla, das nur davon ablenken soll, worum es *eigentlich* geht: Zu verhindern, dass ein grösseres Land wie Italien in eine ähnliche Situation wie Griechenland kommt. Koste es, was es wolle.

    • Walter Bernstein sagt:

      Bernd Bachmann, 11:46
      Ein legitimes Ziel, das immer offen kommuniziert wurde.
      Draghi hat schon 2012 gesagt, dass er den EUR unter allen Umständen retten wolle – „whatever it takes“.

      Die Politik hat entschieden, den EUR zu retten. Draghi führt nur aus.

      • Johnny Smith sagt:

        Draghi ist aber nicht für ‚die Politik‘ zuständig, sondern nur für die Geldpolitik. Er wäre besser in die Politik gegangen und hätte den Platz als EZB Chef einem fähigen Geldpolitiker überlassen, der sein Mandat und damit auch die Grenzen des Mandats ernst nimmt und nicht andauernd verletzt, weil er politische Ziele verfolgt.

  • Peter Colberg sagt:

    ****EILMELDUNG****Euro fünfhunderter Scheine nun als Klopapier beim Discounter zu kaufen, Realwert bald Null.

    Die im Dunkeln tappende („Monopoly“-ähnliche) Politik der Zentralbanken wird sich noch böse rächen, und der einfache Bürger sowie Betriebe im Mittelstand das Nachsehen haben. Das erneute Wachstum in den USA wird auch nur für eine führende Minderheit im geschlossenen Kreis der wirtschaftlichen und politischen Obrigkeit profitabel sein: die ehemalige Mittelklasse wird es bald nicht mehr geben, auch nicht in Europa. Entweder man ist ganz oben, oder ganz unten.

  • H.Trickler sagt:

    >“Das heisst nicht, dass man das QE-Programm besser bleiben gelassen hätte.“

    Der ganze vorangehende Text beweist aber genau dieses!
    Und nur weil die EZB nichts schlaueres weiss heiligt der Zweck niemals solche Mittel.

    • Walter Bernstein sagt:

      H. Trickler, 10:38
      Die EZB sollte aufpassen, dass ihr QE nicht prozyklisch wirkt.
      So wie ich es sehe, gerät sie mit diesem Programm mitten in den Aufschwung und verstärkt diesen.
      Das fühlt sich in der ersten Zeit sehr gut an, aber der Entzug ist dann umso schmerzvoller.
      Leider kann die EZB gar nicht mehr anders, nachdem Draghi sich mit der Ankündigung weit aus dem Fenster gelehnt hatte.

      Wie so oft, handelt es sich auch wieder mal um ein volkswirtschaftliches Experiment ohne klaren Nutzen. Vielleicht gewinnt man ja wenigstens Erkenntnisse für die nächste Krise.

  • Johnny Smith sagt:

    Ich stelle dagegen, genauso ohne Argumente wie MDM im Schlussabschnitt:

    „Das heisst nicht, dass man das QE-Programm besser bleiben gelassen hätte.“ — Doch, genau das heisst es.

    „Die Gelpolitik… ist bisher leider das einzige Instrument, dass der Eurozone überhaupt bleibt, um die Lage zu verbessern.“ — To a man with a hammer, everything looks like a nail.

    „Eine restriktive Geldversorgung würde unweigerlich in die Deflationsspirale führen, wie die EZB schmerzlich lernen musste.“ — So ein Schrott, wir sind noch nicht einmal in einer Deflation (HICP ex Energy ist klar über Null und war auch andauernd im Plus… Entschuldigung, ich wollte ja gar keine Argumente bringen) geschweige denn in einer negativen Deflationsspirale.

    Damit wir immerhin auch noch ein paar Punkte Übereinstimmung bringen:
    „Die Gelpolitik kann … immer weniger bewirken“
    „Doch QE und die Geldpolitik generell wird die Eurozone nicht aus der Krise bringen können.“

    • Johnny Smith sagt:

      Man merkt an folgendem Satz und der kurz danach folgenden Grafik am besten wessen Geist MDM ist:
      „Die bisher relativ restriktive Geldpolitik der EZB zeigt sich an der Bilanz der Notenbank, die in den letzten Jahren trotz der schwachen Lage in der Eurozone deutlich geschrumpft ist.“

      Von 2007 – 2015 hat sich die Bilanzsumme gemäss Grafik von ca. 1’100 auf etwa 2’000 Bio EUR fast verdoppelt. Das ist schon SEHR restriktiv…

    • seebueb sagt:

      Im Moment stellt sich die Frage, welche HICP-Variante genommen werden soll, aber bei Fortschreibung des Mehrjahres-Trends wird/würde das in ein paar Monaten wohl irrelevant. Von seinem Höchst 2011 auf 3% ist der Overall HICP schön linear auf -0,2% im Dezember 2014 gefallen, parallel mit der EZB-Bilanzschrumpfung um einen Drittel.

      Allerdings habe ich ebenfalls Mühe mit seinem letzten Abschnitt. Er schreibt selbst: Obwohl keineswegs klar ist ob überhaupt und wie QE tatsächlich wirkt, und obwohl QE wenn überhaupt immer weniger bringt, und obwohl die EZB nur Symptome lindern aber nicht die Krankheit heilen kann. soll die EZB dennoch weitherhin möglichst viel Liquidität schöpfen. Ganz einfach weil es das Einzige ist, was der Fachwelt in den Sinn kommt und keine Schmerzen bereitet.

      Getreu dem Motto: Egal was, Hauptsache Supermario macht überhaupt was….

      Was, wenn es keine einfache Gegenmedizin gäbe, und eine allgemeine Bilanzschrumpfung schlicht unumgänglich wäre? Würde dann der Aktionismus nicht sogar das Problem vergrössern? Gerade der letzte Abschnitt deutet für mich stark darauf hin, dass MDM genau diesen Pfad im Grunde als einzigen sieht, aber wegen den damit verbundenen Schmerzen die Augen vor der Realiät verschliesst und wider besseres Wissen für mehr QE plädiert – kicking the can down the road.

      • Johnny Smith sagt:

        Danke, insbesondere Ihre folgenden Formulierungen treffen mMn den Nagel auf den Kopf: „Ganz einfach weil es das Einzige ist, was … keine Schmerzen bereitet.“ und auch „Was, wenn es keine einfache Gegenmedizin gäbe, und eine allgemeine Bilanzschrumpfung schlicht unumgänglich wäre? Würde dann der Aktionismus nicht sogar das Problem vergrössern?“

        Wegen der HICP Diskussion: Es gibt Argumente für oder gegen das Konzept der Kerninflation. IdR (zumindest beim so allmächtigen Fed) verwenden die Zentralbanker (irgend)eine Version ex Energy als Massgrösse für ihre Zielinflation. Beim Trend der Inflation widerspreche ich natürlich nicht, der geht nach unten.

        • seebueb sagt:

          Sie scheinen eine Detail-Diskussion als unproduktiv einzuschätzen, dem würde ich ohne Einschränkung zustimmen.

          Der Overall HICP ist diejenige Variante, zu der ich als erstes eine langjährige Reihe gefunden habe, ich habe keine spezifische Präferenz, und ich war/bin zu bequem um weiter zu suchen. Für Europa halte ich die Differenzierung eh für einigermassen müssig weil die Energiepreise insbesondere wegen der stärkeren steuerlichen Belastung hierzulande viel weniger volatil sind (auch wenn vielleicht die letzten 8 Monate die Ausnahme von der Regel darstellen mögen). Zudem bewegt sich der USD oft invers zu den Commodity-Preisen, was zusätzlich dämpfend wirkt.

        • seebueb sagt:

          Und Danke für Ihr Danke 🙂

      • Anh Toân sagt:

        @seebueb. Einverstanden, aber betonen möchte ich noch, dass MDM sehr viel Skepsis zu dem einzigen, was der Fachwelt in den Sinn kommt, ausdrückt, mehr muss und soll er auch nicht machen. Er kann einmal einen Beitrag machen, über die Argumente für Deflation, ich glaube, es gab schon einen.

        • seebueb sagt:

          MDM formuliert mit altbekannter Ungenauigkeit, was Interpretation und Spekulation geradezu erzwingt. Was meint er mit „das QE-Programm“? Die Fed hatte mehrere also muss er die EZB meinen, aber weshalb benutzt er Plusquamperfekt wenn die EZB doch gerade erst losleg? Meint er zu wissen, dass QE der EZB nichts bringt und spricht sich trotzdem dafür aus?
          Häääähhhhh??!!??!!??

          Deflation:
          Ich kann mich an einen Beitrag GEGEN Deflation erinnern. Hab zurückgeblättert bis September, und stimme dem ohne relevante Einschränkung zu. An einen Beitrag PRO Deflation kann ich mich nicht erinnern, was meinen Sie? Ich sehe im Gegensatz zu LH auch nichts was dafür spricht (für „schlechte“ Deflation, was Deflation aufgrund Produktivitätsfortschritt ausklammert). Trotzdem bleibt uns vielleicht nichts anderes übrig, immerhin sind wir im Jahre Sieben nach QE.
          http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/35554/was-eine-deflation-gefaehrlich-macht/

          • Linus Huber sagt:

            @ seebueb

            „Ich sehe im Gegensatz zu LH auch nichts was dafür spricht (für “schlechte” Deflation, was Deflation aufgrund Produktivitätsfortschritt ausklammert).“

            Wenn Sie wirklich meinen, was Sie hier sagen, müssten Sie die basierend auf einer fehlerhaften Doktrin weltweit unter der Führung des FED angewandte Geldpolitik der letzten 30 Jahre kritisch hinterfragen, denn Deflation des Konsumentenpreisindexes aufgrund von Produktivitätsfortschritten wurde nie zugelassen. Anstatt die Vorteile aus Produktivitätsfortschritten der Allgemeinheit zukommen zu lassen, wurde durch eine entsprechende Ausweitung der Kreditmenge die Nachfrage künstlich vorangetrieben, wodurch sich die entsprechenden Ungleichgewichte bildeten.

            Ich bin weder Pro Deflation noch Pro Inflation, sondern Pro werterhaltendem Geld, dessen Wert nicht zwecks kurzfristig anzustrebender Ziele manipuliert wird; denn genau dieser Umstand geldentwertender Politik ist Ursache der heutigen Misere.

          • seebueb sagt:

            Vergleichen Sie meinetwegen ein Auto von heute mit einem von vor zwanzig Jahren: Es kann heute mehr, ist sicherer, mit besserer Zuverlässigkeit, bei geringerem Verbrauch, für denselben oder sogar einen tieferen Preis. Deflation eben.

            Das mit der Wertstabilität hatten wir bereits bis zum Abwinken, ich habe sehe keinerlei Sinn darin das mit Ihnen erneut wiederzukauen.

          • Anh Toân sagt:

            „Ich bin weder Pro Deflation noch Pro Inflation, sondern Pro werterhaltendem Geld,…“

            Ja, die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Geldpolitik interessieren Sie nicht, Se interessiert die Werterhaltung des Geldes, dass Sie haben. Und da die Reichen ein Bedürfnis nach Aufbewahrung von Wert haben, muss der Staat ein wertstabiles Geld zur Verfügung stellen, und den Doofen Armen erklären, das sei gut für sie, weil ach sie sich im Glanz dieses scheinenden harten Garten Geldes sonnen könnten, nur haben können sie es nicht, aber das war ja auch nie die Absicht der Politik, dass die Armen reich werden, Ach Gott bewahr!

          • Linus Huber sagt:

            „Deflation des Konsumentenpreisindexes“

            Die Berechnung beruht nicht auf dem einen oder anderen Produkt, sondern auf einem Warenkorb. Technische Verbesserungen werden dabei mit berücksichtigt. Aber eben, es sollte eigentlich zu einer spürbaren Reduktion des Konsumentenpreisindexes führen, wenn andere Produkte nicht verhältnismässig stark zugelegt hätten, was auf die ankerlose Geldpolitik zurückzuführen ist.

          • seebueb sagt:

            Es gäbe praktisch beliebig viele andere Beispiele für faktische Deflation, eingeschlossen Spargeln im Februar, Erdbeeren an Weihnachten, sehr wahrscheinlich dem was Sie anhaben, wie auch sämtliche Küchengeräte (falls sie überhaupt genügend lange existieren für einen sinnvollen Vergleich).

            Ich halte die hedonistische Methode für schlicht falsch. Da geht es lediglich darum, langfristig die Sozialwerke zu schwächen weil die Inflation nur teilweise ausgeglichen wird.

          • seebueb sagt:

            Bezeichnenderweise wird die hedonische Methode auch nur in den USA, UK und AUS angewandt. In DE zwar theoretisch ebenfalls, wird aber auf weniger als 1% des Warenkorb-Werts des Verbraucherpreisindexes angewendet und ist faktisch somit ebenfalls nicht-hedonisch.

          • Johnny Smith sagt:

            @ seebueb

            Zuerst einmal danke für Ihre ergänzenden Infos zum Thema hedonische Anpassungen. Ich wusste zB nicht, dass beim HICP keine oder nur marginale Anpassungen berechnet werden.

            Ich sehe den Widerspruch von Ihrer Argumentation und derjenigen von LH noch nicht ganz. LH sagt, dass trotz Berücksichtigung von Qualitätsfortschritten in der Berechnung des CPI die FED nie negative CPI Raten (also die ‚gute‘ Deflation) zugelassen hat („denn Deflation des Konsumentenpreisindexes aufgrund von Produktivitätsfortschritten wurde nie zugelassen“). Sie sagen, dass Sie nichts von diesen hedonischen Anpassungen halten, woraus ich interpretiere, dass Sie die ‚höhere‘ Inflationsrate (ohne Berücksichtigung der hedonischen Anpassung) als ‚richtiger‘ erachten. Sprich, die ‚richtigere‘ Inflation liege höher als die von der FED verwendete… Genau das scheint LH ja zu sagen, die Inflation liege sMn im langfristigen Schnitt zu hoch. Habe ich Sie richtig verstanden?

          • seebueb sagt:

            Ich halte die hedonische Methode schlicht für falsch, ungeachtet ihrer Auswirkung auf die ausgewiesenen Zahlen. Dass sie zu einer tieferen offiziellen Inflationsrate führt, verstärkt meine Abneigung zusätzlich.

            LH gehen In- und Deflation im Grunde am A. vorbei, seine Forderung ist der ewige Kaufkrafterhalt. Da die letzten Jahrzehnte Infl herrschte, fordert er Defl, da kommt ihm die aktuelle Situation zupass. Die Auswirkungen der Defl auf die Wirtschaft und unser aller Leben sind ihm egal, wie AT bereits weiter oben eingeworfen hat. Deshalb verteufelt er die Zentralbanken, und fordert eine Rückkehr zur Golddeckung. Dabei ignoriert er, dass sich das Konsumverhalten ändert und freigewordene Einnahmen idR nicht gespart, sondern anderweitig ausgegeben werden, seien dies höherwertige (Marken-)Produkte/DL oder völlig anders gelagerte.

          • seebueb sagt:

            Die Informationen des Statistischen Bundesamtes mögen den einen oder anderen interessieren:
            https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Preise/Verbraucherpreisindizes/Methoden/methodisches.html

          • Linus Huber sagt:

            @ seebueb

            Sie verwechseln hier zwei Zeithorizonte. Die diesbezügliche Kritik der Zentralbanken richtet sich in erster Linie auf die Periode der letzten 30 Jahre, also hauptsächliche auf die Periode vor jeder Krise (vor 2000), in welcher eine leicht deflationäre Phase nicht derart zerstörerische Auswirkungen verursacht hätte, wie dies heute nach dem Aufbau der hohen Ungleichgewichte ungleich viel schwieriger geworden ist, sondern eben genau diesen Aufbau dieser hohen Ungleichgewichte verhindert hätte.

            Wie mit der heutigen Situation bevölkerungsfreundlich umzugehen wäre, habe ich andernorts schon genüge erörtert.

          • Linus Huber sagt:

            Die diesbezüglichen Zusammenhänge sind zwar komplex, aber keineswegs „Rocket Science“. Wenn die Geldmenge hauptsächlich in der Form des Kreditvolumens dauerhaft stärker wächst als die Wirtschaft, entstehen Verzerrungen des Preisgefüges und fehlerhafte Anreize, welche in der Folge zu einer aufgeblähten Finanzindustrie und den damit verbundenen Ungleichgewichten führen.

            http://www.moneyandbanking.com/commentary/2015/3/9/finance-is-great-but-it-can-be-a-real-drag-too

          • Linus Huber sagt:

            „when bankers make enormous sums, while taxpayers pick up the tag for their failures.“

            Selbst Mark Carney erkennt langsam das Problem, wobei er die Möglichkeiten einer Zentralbank (seine Verantwortung) diese Entwicklung zu beeinflussen, wohl absichtlich ignoriert.

            http://www.glenpearson.ca/2015/03/devouring-social-capital/

          • Johnny Smith sagt:

            @ seebueb

            Danke für Ihre Ergänzungen und auch den informativen Link.

            Meine Meinung liegt wohl irgendwo dazwischen. Im Prinzip kann ich die Argumente für die hedonischen Anpassungen nachvollziehen, gleichzeitig öffnet dies Tür und Tor für Probleme oder gar bewusst manipulative Anpassungen. Aehnliches bei der oben nur punktierten Thematik ex oder cum Energy. Mir leuchtet das Prinzip der Kerninflation durchaus ein, aber auch dort fragt sich, welche Preisveränderungen denn ‚per definition‘ als Einmaleffekt gelten und welche wiederkehrende Effekte (und somit evt. Probleme) auslösen. Bottom Line bin ich eher auf Ebene der staatlichen CPI Daten (also der eher tieferen Inflation) und nicht bei shadowstat.com.

            Dennoch teile ich die Argumente von LH, dass im letzten Jahrzehnt die Zentralbanken zu Extremisten geworden sind. Einzig bei den Massnahmen für die Abwendung der Finanzkrise habe ich Verständnis (QE1) im Sinne einer Krisenmassnahme, damit das Finanzsystem nicht total kollabierte. Alles andere (QE2 et al, QEuro, ditto BOJ, insbesondere in Kombination mit der angeblichen Begründung der Konjunkturankurbelung) halte ich bestenfalls für grundfalsch oder eben gar gefährlich, weil die Realwirtschaft kaum profitiert, die Anlagemärkte aber massiv verzerrt werden und für später unbekannte, möglicherweise dramatische Konsequenzen drohen.

            Auch das Argument, dass Deflation nicht immer schlecht ist, hat etwas für sich. Die angesprochenen Qualitätsfortschritte sind ein Beispiel. Ein anderer Punkt ist, was Beat Kappeler in seiner Kolumne einmal aufgegriffen hat: auch das Ausmass der Deflation spielt eine Rolle. Nur weil allenfalls der Preis in einem Jahr 1% tiefer erwartet wird, werden wohl kaum viele Investitionen und ganz sicher kaum Konsum in die Zukunft verschoben. Die Verteufelung von leichter Deflation ist genauso falsch, wie die Verteufelung von leichter Inflation.

          • seebueb sagt:

            Mit der Anwendung der ‚core‘-Inflation habe ich kein Problem, gerade für die Amis sind die Energiepreise einiges volatiler als für uns. Alternativ wäre vielleicht ein rollender Energie-Durchschnitt über ein paar Monate sinnvoll, aber da müssten die wohl schon vor Ewigkeiten draufgekommen sein.

            Mein Problem mit der hedonischen Methode:
            Sie sorgt im Grunde dafür, dass der Lebensstandard zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt (in Fall der USA der Stand in den 80ern oder frühen 90ern, Zeitpunkt der Einführung) als Basis genommen wird und beeinflusst, welche Jahresinflation für dieses Jahr und auch spätere ausgewiesen wird. Das ist für mich in keiner Weise nachvollziehbar.

            Dazu ein Beispiel: Ein typischer Allzweck-PC von 2015 ist massiv ‚besser‘ als einer von 2010, also wird der ‚rohe‘ Preis für den 2015er runtergerechnet. Das Problem dabei ist, dass ein 2010er heute vielleicht gar nicht mehr sinnvoll benutzt werden kann (als Allzweck-PC), und somit die Leistungsdifferenz irrelevant wird. Tatsächlich ist der veraltete 2010er allenfalls wegen (behaupte ich mal) nicht mehr gepatchten Sicherheitslücken sogar eine veritable Gefahr für das gesamte lokale Netzwerk. Für einen 2005er gilt das noch viel mehr, ganz zu schweigen von den noch älteren Modellen (so sie denn überhaupt vernetzt werden können).

            Bei den USA kommt hinzu, dass die Gewichtung im Warenkorb entsprechend dem hedonischen Effekt angepasst (für Elektronik: reduziert) wird. Dieser Effekt wächst geometrisch und ist der Grund, dass die CPI-Langzeitkurve von shadowstats je länger desto grössere Abweichungen von der offiziellen Rate zeigt (siehe Kurve seit der Umstellung).

            Das Problem mit der leichten Deflation ist nicht der Status Quo, sondern die mögliche nahe Zukunft weil noch nicht mal ansatzweise bekannt ist, wie Gegensteuer gegeben werden kann. 2007 war +2% ggü 2009 noch +0,3%, stellen Sie sich vor die Ausgangsrate für 2007 wäre -1,5% gewesen… Und wenn’s dumm läuft, stellt sich im Nachhinein noch heraus, dass 2007 die Messungenauigkeit von einem Prozentpunkt zugeschlagen hatte, dass also die tatsächliche Ausgangsrate -2,5% war….

          • Johnny Smith sagt:

            Ich teile Ihre Meinung bzw. Ihre ergänzenden Details. Vielleicht teilweise etwas anders gewichtet, aber im Grossen und Ganzen bin ich sehr einverstanden.

            Messungenauigkeit: Guter Punkt, dies sollte die Zentralbanker eigentlich in Ihren Massnahmen mässigen. Wer nicht SEHR sicher ist, dass seine Messdaten stimmen, sollte in den Entscheiden Mass halten. Das bedeutet nicht einfach ’nichts machen‘. Insbesondere die Krisenmassnahmen zur Stützung des Finanzsystems im Zentrum der Finanzkrise waren mMn sicher sinnvoll, alles folgende aber nicht (aber ich wiederhole mich).

            Ideenlosigkeit zur Bekämpfung einer Deflationsspirale bzw. wie Gegensteuer geben: Keine Zentralbank der Welt scheint ein gutes Rezept gegen eine Deflationsspirale in der Schublade zu haben. Die Schlussfolgerung, gar nicht erst zu nahe an die Klippe zu kommen, ist damit durchaus plausibel (via Schupeter oder Minsky könnte man auch anders argumentieren, dass dies langfristig grössere Probleme verursacht, aber ich lasse das hier).

            Was sind aber jetzt die ‚richtigen‘ Massnahmen? Es gibt immer mehr Stimmen, die sagen, dass im Bereich des Zinsnullpunkts sich langsam die konventionell erachteten Auswirkungen umkehren. Sprich es könnte sein, dass noch mehr Liquidität und noch tiefere oder negative Zinsen deflationär wirken. Wie das? Die Verschuldung wird gefördert (Sie erhalten Geld, wenn Sie Schulden aufnehmen), die Beachtung des Risikos wird vernachlässigt (Hauptsache aus Investorensicht ‚Geld weg‘, auch mittelmässige Schuldner erhalten Geld für fast Nullzins, Aktienpreise steigen auf Bewertungsniveaus, welche man in den letzten Hundert Jahren nur in Bubble-Zeiten gesehen hat, Immobilienpreisentwicklung möchte bspw. die SNB dämpfen, kann aber nicht bzw. nicht direkt via höhere Zinsen, etc,etc). Oder wie Oekonomen dem abstrakt sagen, Geld wird, wenn es im Überfluss und Überschuss vorhanden ist, unsorgfältig und unproduktiv umgesetzt, es gibt immer grössere Fehlallokationen von Geld. All dies wirkt sich negativ auf die Produktivität und die Realwirtschaft aus.

            Mein Fazit: vor lauter (zwar berechtigter) Angst vor Handlungsunfähigkeit gegen eine allfällige (aber zum Glück auch abolut ungewisse) Deflationsspirale treffen die Zentralbanker immer extremere Massnahmen, welche in den aktuellen Rahmenbedingungen vermutlich gar kontraproduktiv wirken und die Realwirtschaft mehr schädigen denn Nutzen bringen. Das Resultat ihrer verzweifelten ausserordentlichen QInfinity ist bottom line negativ.

  • Ramon Nomar sagt:

    Macht nur so weiter bis die Spritze mehr wert ist als das Geld. Druckt das Papier bis zum Abwinken. Der SNB sei Dank für die Trennung des CHF am EUR.

  • Nach dem Lesen dieses Artikels frage ich mich, wo bleibt der normale, gesunde Verstand? Ich sehe nur einen Roulett-Tisch!

  • Josef Marti sagt:

    Die Inflation kommt ja vom Geld gemäss alter traditioneller Anschauung, wonach man von einer praktisch immer stabilen Umlaufgeschwindigkeit ausgeht, in diesem Zusammenhang spricht man auch von der sog. „Geldmultiplikatortheorie“, die sich als falsch oder zumindest inkonsistent erweist. Deshalb glaubt man mit Geldmanipulation die Inflationserwartungen ankurbeln zu können, nur lässt sich mittlerweile das Publikum auch nicht mehr so einfach für dumm verkaufen. Nachdem in Südeuropa vor der Krise lange Zeit über die Verhältnisse gelebt wurde mussten die Löhne deutlich zurückgestutzt werden, niemand glaubt da, dass jetzt plötzlich rechts umkehrt alles wieder wie früher wird; und in D übt man sich wie immer brav mit Lohnzurückhaltung. Ohne Anhebung der Lohnentwicklung über die Produktivität hinaus über eine längere Zeit wird man daher keine Inflation erzeugen. Zudem wissen alle dass in einem fragilen weltpolitischen Umfeld mit externen Schocks jederzeit zu rechnen ist und Stagflation drohen kann.

  • zweistein sagt:

    „Mario Draghi’s neue Geldspritzen verbreiten Frühlingsstimmung in Europa“

    Vielleicht bei den NATO-Journalisten. Der Rest des Volkes verbindet Frühling eher mit Sonne und wärmer werdenden Tagen.

  • Frank Gerber sagt:

    „Die Wirtschaft des Euroraums hat im vierten Quartal 2014 gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent und im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,9 Prozent zugelegt. Im dritten Quartal 2014 lagen die entsprechenden Zuwachsraten bei 0,2 bzw. 0,8 Prozent.“ Seit kurzem werden auch Erlöse aus Drogen- und Menschenhandel, Prostituion etc. zum BIP dazugerechnet. Könnten die Zuwachsraten ev. daher stammen?

  • Roger Meier sagt:

    Mir scheint, dass mit dem QE in erster Linie die Banken rekapitalisiert werden sollen. Sie kriegen es von der EZB fast gratis und legen es in europäische Staatsanleihen an. Jedenfalls fliesst das Geld kaum in Unternehmenskredite.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.