Der Fluch des geschenkten Geldes

Kaiser640

Die Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871) im Spiegelsaal von Schloss Versailles: Historiengemälde von Anton von Werner aus den 1880er-Jahren. Bild: Wikipedia

Der Ökonom Michael Pettis, Professor an der Peking University, hat einen überraschenden historischen Vergleich angestellt (hier). Um Griechenlands Problem in der Eurozone verständlich zu machen, verweist er auf die Reparationszahlungen, die Frankreich von 1871 bis 1873 an Deutschland leistete.

Die Grundidee ist folgende: Länder, in die grosse Kapitalströme fliessen, zahlen einen enormen Preis, wenn sie einen fixen Wechselkurs haben. Kurzfristig steigen zwar Immobilienpreise und Löhne, aber sobald der Zufluss versiegt, folgt eine verheerende Wirtschaftskrise. Die Immobilienkrise erhöht die privaten Schulden und mit einer Verzögerung auch die staatlichen Schulden, und die relativen hohen Löhne verunmöglichen es, dass ein Land über die Exporte aus der Krise herauswachsen kann.

Griechenland erlebte einen solchen Boom, nachdem der Euro eingeführt worden war. Die folgende Grafik zeigt das Ausmass des Zuflusses. Von Januar 2002 bis September 2008 wuchs der Anteil des ausländischen Privatkapitals von 30 Prozent auf 80 Prozent des griechischen BIP (Quelle).

http://www.voxeu.org/sites/default/files/image/FromApr2012/merler1a.gif

Dann begann der Zufluss zunächst zu stagnieren, ehe er drastisch zurückging. Um Griechenland vor einer Liquiditätskrise zu bewahren, sprangen die staatlichen Gläubiger ein.

Was hat das nun mit Deutschland zu tun?

Pettis verweist auf die Reparationszahlungen nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870–71, um zu zeigen, dass Deutschland vor 150 Jahren eine ähnliche Erfahrung wie das heutige Griechenland machte. Ob dieser Hinweis zur Lösung der Eurokrise beiträgt, ist fraglich. Auch ist die historische Analogie nicht ganz stimmig. Das Deutsche Kaiserreich war wirtschaftlich ungleich erfolgreicher als Griechenland. Aber die Zeit von 1871 bis 1873 ist in der Tat eine äusserst interessante Periode der europäischen Wirtschaftsgeschichte.

Nach der Niederlage war Frankreich gezwungen, fünf Milliarden Goldmark an Deutschland zu zahlen. Das entsprach 23 Prozent des französischen BIP bzw. etwa 20 Prozent des deutschen BIP. Auf den ersten Blick würde man meinen, dass Frankreich der grosse Verlierer dieser Reparationszahlungen gewesen war. Das war aber nur kurzfristig der Fall. Deutschland zahlte den höheren Preis.

Warum?

Frankreich konnte das Geld relativ mühelos am einheimischen Kapitalmarkt aufnehmen, unter anderem mit der Hilfe von ausländischen Investoren, darunter auch deutschen. 1873 war bereits die ganze Summe überwiesen. Durch die Verschuldung am Kapitalmarkt stiegen zwar die französischen Staatsschulden beträchtlich an, aber das Land war wirtschaftlich stark genug, um diese tragen zu können.

Deutschland hingegen erhielt in kurzer Zeit so viel Kapital, dass es einen enormen Boom erlebte. Immobilienpreise und Aktienkurse schossen in die Höhe. Auch die Löhne wuchsen deutlich stärker als bei den wichtigsten Handelspartnern. Und weil damals alle europäischen Länder fixe Wechselkurse hatten, nahm die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Exportsektors ab. Deutschland litt unter dem Fluch des geschenkten Geldes.

Bereits 1873 kehrte die Konjunktur, und das junge Deutsche Kaiserreich erlebte eine schwerwiegende Rezession, auch bekannt unter dem Namen Gründerkrach. Die Krise dauerte mehrere Jahre und ist vom Typ her durchaus vergleichbar mit dem, was wir in den letzten Jahren in Südeuropa beobachtet haben. Es herrschten nicht gerade griechische Verhältnisse, aber der wirtschaftliche Einbruch war traumatisch.

Auch politisch hatte die lange Krise grosse Auswirkungen. 1878 wandte sich Reichskanzler Otto von Bismarck von der Zusammenarbeit mit den Nationalliberalen ab und schmiedete mit den Agrariern und den Ruhrindustriellen das Bündnis aus «Roggen und Eisen», um den Freihandel zu begrenzen. In das Jahr 1878 fällt auch die Verabschiedung des Sozialistengesetzes, das sozialistische und sozialdemokratische Organisationen und deren Aktivitäten im Deutschen Reich verbot.

Etwas Ähnliches sehen wir in Griechenland: Lange Krisen verursachen immer einen hohen politischen Kollateralschaden.

76 Kommentare zu «Der Fluch des geschenkten Geldes»

  • Roger Klein sagt:

    Ich weiss nicht, wieviel die privaten Gläubiger verloren haben. Aber es war kaum so viel wie das, was sie verloren hätten ohne Hilfe von Ländern. Genauso profitierte die UBS von der Hilfe der SNB und die SNB von der Hilfe der FED. Für all diese Hilfe war kein Privater „dumm“ genug, nicht für die der Länder bei Griechenland-Anleihen, die der SNB für die UBS, die der FED für (unter anderem) der SNB.

  • Linus Huber sagt:

    Deutschland hat sich zur Zeit als es dem ersten Bail-out Programm der EZB zustimmte in diese ausweglose Situation manövriert indem anstatt die privaten Gläubiger bluten zu lassen die Kosten eines Bankrottes eines EU-Staaten auf die Allgemeinheit abgewälzt wurde. Abgesehen davon, dass damals der Schaden beträchtlich kleiner gewesen wäre, hätten in der Zwischenzeit die betroffenen Staaten gezwungenermassen ihre Strukturen den Gegebenheiten anpassen müssen, womit es jedoch innerhalb der einzelnen Staaten abgearbeitet worden wäre respektive das Problem der betroffenen Regierungen geblieben wäre.

    Da einige der Staaten, welche sich selber schon in finanziellen Schwierigkeiten befinden, durch solch einen Bankrott zusätzlich belastet würden, und damit selber immer näher an die Grenzen eines bankrotten Staatshaushaltes gelangten, dürfte sich die auf Deutschland zukommende Last zunehmend verstärken.

    Was bei diesen Manipulationen vergessen wurde, sind die politischen Konsequenzen. Was immer die EU heute wohl mit Griechenland machen wird, duerfte die politischen Randgruppen verschiedenster Couleur staerken und somit das Vertrauen in die EU als Institution schwaechen, was wieder einmal beweist, dass jede Situation Vor- wie Nachteile in sich birgt.

    • Anh Toan sagt:

      „Deutschland hat sich zur Zeit als es dem ersten Bail-out Programm der EZB zustimmte in diese ausweglose Situation manövriert indem anstatt die privaten Gläubiger bluten zu lassen die Kosten eines Bankrottes eines EU-Staaten“

      Die privaten Gläubiger mussten 107 Milliarden abschreiben, rund 70 Prozent Ihrer Forderungen, dass nenne ich „bluten“.

      Prof Lücke beginnt wie Sie im von Ihnen beworbenen Video, auch er erachtet die 107 Milliarden als nicht erwähnenswert.

  • Anh Toan sagt:

    „Länder, in die grosse Kapitalströme fliessen, zahlen einen enormen Preis, wenn sie einen fixen Wechselkurs haben.“

    Und wenn der Wechselkurs flexibel ist, was geschieht dann?

    Ich meine, der steigt dann, und lockt noch mehr Kapital an, das heisst, die flexiblen Wechselkurse verschärfen das Problem (siehe Schweiz, Singapore verhindert Aufwertung) während fixe Wechselkurse dieses mildern oder beseitigen (siehe Deutschland).

    • Anh Toan sagt:

      Die Schweiz ist dank ihrer Politik der Abschottung gegen EU und Anlockung des Kapitals aus der EU auf einer Autobahn in eine Depression: Die Preise sinken, selbst Negativzinsen vermögen das zufliessende Kapital nicht in wertschöpfende Investitionen zu zwingen, die Arbeitslosigkeit steigt, die Löhne sinken. Damit steigen die Immobilienpreise und die Verschuldung im Verhältnis zum BIP und zu den Einkommen, bis irgendwann der Kapitalmarkt realisiert, dass die Immobilienpreise utopisch sind, sinken die diese, werden die finanzierenden Banken massiv unter Druck geraten, ein grosser Teil davon, die Kantonalbanken hat eine Staatsgarantie.(@LH: Hier kann man erkennen, wie Dank direkter Demokratie und Föderalismus keine Risiken, oder soll ich sagen, keine Kosten der Risiken, auf die Allgemeinheit abgewälzt werden.)

      Die Schweiz mit ihrer Gründlichkeit perfektioniert Deflationspolitik.

      • Josef Marti sagt:

        Freuen Sie sich doch, das sind die besten Voraussetzungen um in ein paar Jahren der EU beizutreten.

        • Anh Toan sagt:

          Als erstes habe ich es von Adolf Muschg gehört: Blocher führt die Schweiz in die EU, indem er die anderen Optionen blockiert: Das war bei der EWR Abstimmung.

          Ich fand immer, wir müssen in die EU, dumm ist aber, wenn wir uns in die EU flüchten müssen, weil wir keine anderen Optionen haben.

      • seebueb sagt:

        Ist da jemand mit dem falschen Bein aufgestanden?

        • Johnny Smith sagt:

          Er hat leider nur zwei falsche Beine.

          • Anh Toan sagt:

            Erzählen Sie mir besser, warum die fixn Wechselkurse ein zusätzlicher Nachteil sein sollen.

            Übrigens habe ich jetzt Feierabend, das andere war Mittagspause.

          • Linus Huber sagt:

            Das pure Gegenteil zu z.B. einer von Josef Marti 11. Februar 2015 um 11:40 gemachten Aussage. Ein gutes Beispiel Impertinenter Inkonsistenz.

          • seebueb sagt:

            „Impertinenter Inkonsistenz.“

            Fremdworte sind ja nett, mögen bisweilen sogar Eindruck schinden und befreien von der Last, tatsächlich Argumente zu liefern. Trotzdem sollte man wenigstens wissen, was sie heissen und sie passend verwenden.

            Ansonsten macht man sich bloss lächerlich. Siehe auch Kosten des Risikos.

          • Johnny Smith sagt:

            „Impertinente Inkonsistenz“ übersteigt auch meine Neigung, Fremdwörter zu verbandeln. Die andere Wortkombination ‚Kosten des Risikos‘ hingegen könnte man zwar anders formulieren, es ist aber für mich hinreichend klar was LH jeweils damit meint. Dass der beidseits falschbeinige AT solches nicht verstehen und seinen Erzfeind in die Lächerlichkeit ziehen will, leuchtet jedem ein, der den Blog einigermassen regelmässig liest, sagt aber rein gar nichts darüber aus, wie glücklich oder unglücklich die Formulierung effektiv ist.

          • Linus Huber sagt:

            @ seebueb

            Ich hätte nicht vermutet, dass jemand den Unterschied nicht erkennen kann.

            Umverteilen Sie einmal das Risiko eines Verkehrsunfalles. Geht leider nicht, sondern einzig die daraus resultierenden Kosten können in der Form einer Versicherung umverteilt werden.

          • Linus Huber sagt:

            Um dieses Beispiel des Verkehrsunfalles illustrierend auf die heutige Situation anzuwenden, liegt das Problem darin, dass die Banken diese Versicherung im Bereiche der Liquidität und Risikofehleinschätzung faktisch KOSTENlos zur Verfügung gestellt kriegen, was unter anderem zu rücksichtsloserer Fahrweise (Kreditvergabe) führt.

          • Linus Huber sagt:

            Und um dies gleich noch ein wenig weiter zu spinnen, diese Kosten, welche in der Form von Versicherungsprämien anfallen würden, werden durch die inflationäre Geldpolitik auf die Währung und damit auf die Allgemeinheit umverteilt.

          • Anh Tan sagt:

            Da wooln’mer mal hoffen, dass sich die Kredite an Griechenland keinen Arm brechen.

          • seebueb sagt:

            @Johnny
            Ich stimme mit Ihnen überein was die Verständlichkeit betrifft, weshalb ich bisher auf eine Bemerkung verzichtet habe, wie auch bezüglich ATs Motiv. Jedoch hat das Motiv des Sprechers keinen Einfluss auf die Validität des Arguments, deshalb hätte ich erwartet, dass nach seinem Hinweis auf den Gebrauch verzichtet bzw. die Formulierung verbessert wird. War natürlich nicht so, stattdessen beharrt LH wie in vorpubertärem Trotz darauf obwohl er es offensichtlich besser weiss, und dann kommt noch das mit der Impertinenz hinzu…

            @LH, Sie sagen es selbst:
            „einzig die daraus resultierenden Kosten können [..] umverteilt werden“.
            Völlig richtig, die Kosten werden umverteilt, und nicht das Risiko wie Sie x-Mal proklamiert haben (wobei dazu mehr als nur ein Mechanismus zur Verfügung steht).

          • Linus Huber sagt:

            😉 „vorpubertärem Trotz“

            Und gleich nachfolgend bestätigen Sie, dass einzig „die resultierenden Kosten“ umverteilt werden können, und damit genau was ich erklärte. Irgendwie passt dies nicht zusammen. Aber ich gebe Ihnen recht, dass weitere Mechanismen zur verdeckten Umverteilung der Kosten des Risikos bestehen, wobei diese zum grössten Teil im Bereiche der staatlichen Monopolstellung im Bereiche des Geldes (Geldpolitik im weitesten Sinne) zu finden sind.

          • Anh Toan sagt:

            Nicht „vorpubertärer Trotz“, sondern Altersstarrsinn.

          • seebueb sagt:

            Ein Risiko kostet selbst nichts, null, nada, sondern dessen Vermeidung/Reduktion bzw. Schadensbehebung im Eintretensfall.

          • Maiko Laugun sagt:

            Ist denn die Risiko-Kalkulation einer Versicherungs-Prämie gratis? Der Versicherte bezahlt doch bereits für das Risiko, auch wenn er später keinen Schaden verursacht. Allerdings bezahlt er mit den Prämien auch gemeinschaftlich die entstandenen Kosten anderer.

          • Anh Toan sagt:

            @Maiko Laigun: Nein, darum will die Versicherung das Risiko und die Verwatungskosten in den Prämien vergütet haben.

            Aber, wir reden hier von Risiko auf Kreditverluste, nicht von Körperverletzung etc bei Verkehrsunfällen, und ich meine offensichtlich wird es, mit der Frage, die ich schon mal gestellt habe:

            Welcher Teil vom Risiko bleibt beim Gläubiger, wenn die Kosten des Risikos abgewälzt werden?

          • Maiko Laugun sagt:

            Wenn das Wörtchen wenn nicht wär … war eine Fehlüberlegung von mir. Danke @AT

          • Linus Huber sagt:

            @ seebueb

            Einverstanden. Es handelt sich um die anfallenden Kosten zur Reduktion/Vermeidung eines Risikos. Mit dieser besseren und detaillierteren Wortwahl dürften Sie richtig liegen. Danke fuer die geschaffene Klarheit.

  • Linus Huber sagt:

    Nigel Farage, wie immer unterhaltsam in seiner direkten Art:

    Ukraine: https://www.youtube.com/watch?v=9uNsXEu8ljM

    Griechenland: https://www.youtube.com/watch?v=qDrhBxKRfdo

    • Johnny Smith sagt:

      Danke für die Links.

      Unterhaltsam definitiv und v.a. das erste Votum und auch die Antwort beim zweiten Video treffen den Nagel auf den Kopf und zeigen wo wir in der europäischen Politik leider stehen. Die Gegner von Farage sollten nicht pavlov-reflexartig mit rotem Kopf auf den Mann spielen, sondern über seine Argumente etwas nachdenken.

    • Josef Marti sagt:

      Zum Thema GR und Demokratie nachfolgend einige pointierte Äusserungen auch eines Linken:
      https://www.youtube.com/watch?v=JkRJ8q8MSic

    • Linus Huber sagt:

      Ja Josef, die politische Landschaft verändert sich schrittweise und immer mehr Leute erkennen die verfahrene Situation. Dies zeigt sich auch darin, dass obwohl von komplett entgegengesetzter Sichtweise ausgehend sich die Anliegen der extrem „Rechts“ liegenden Parteien immer stärker mit denjenigen der extrem „Links“ liegenden Parteien decken. Diese Entwicklung dürfte die Verteidigung des Status Quo verbunden mit einer zunehmenden Machtkonzentration z.B. innerhalb der EU immer schwieriger gestalten. Das Problem liegt darin, dass sich die Situation für die Bevölkerung auch bei einem politischen Umlenken nicht verbessern dürfte, da die Erwartungshaltung der Bevölkerung durch mit fehlender Nachhaltigkeit versehenen Programme in den vergangenen Jahrzehnte massiv gesteigert wurde, was jetzt die Intensität der Verteilungskämpfe entsprechend anheizen dürfte.

      Dieser Artikel erklärt diese Situation gut: http://www.bbc.com/news/uk-politics-31426488

    • Linus Huber sagt:

      Und hier noch ein Link, welcher gut erklärt, wie Grossfirmen mittels TTIP ihren Einfluss auf die Legislative weiter auszubauen und damit die demokratischen Werte wie Souveränität der Staaten zu untergraben versuchen. Wollen wir als Gesellschaft wirklich nur noch der Teppich-Etage von Grossunternehmen (Abzocker einer Vetternwirtschaft, welche sich faktisch gesetzliche Immunität angeeignet hat) dienen?

      http://failedevolution.blogspot.gr/2015/02/leaked-ttip-negotiations-to-constrain.html

    • Linus Huber sagt:

      Als ukrainischer Offiziere zum Dorf Velikaya Znamenka kamen und den Männern erklärten, dass sie sich auf die Einberufung zum Militärdienst vorbereiten sollten, waren sie wohl nicht darauf gefasst, was auf sie zukam. Traurig, wie Regierungen teilweise mit den eigenen Menschen umgehen, einzig um ihre eigene Macht zu verteidigen. Revolutionen entstehen, wenn die Bevölkerung erkennt, wer ihr wirklicher Feind ist.

      https://www.youtube.com/watch?v=PQjmwVC_Dts

  • Linus Huber sagt:

    Dieser Artikel vernachlässigt Michael Pettis Analyse der Inzentiv-Strukturen zu erläutern, welche zu diesem Problem führte und was aus ökonomischer Sicht der wichtige Aspekt sein sollte. Es geht dabei gar nicht um Nationen, sondern um die verschiedenen ökonomischen Akteure, welche einerseits bei der Kreation von Blasen gewinnen, respektive beim Platzen einer Blase verlieren. Der Ansatz einer grundsätzlichen Lösung der heutigen Probleme muss darin bestehen, diese Inzentiv-Strukturen zu ändern dass unter anderem z.B. die Kosten des Risikos nicht auf die Mittelklasse umverteilt werden kann. Da dies natürlich nicht dem Sinne der Finanzelite entspricht, wird davon abgelenkt indem die nationalistische Karte gezückt wird, indem Länder gegeneinander ausgespielt werden.

    • Anh Toan sagt:

      Solange Sie „Kosten des Risikos“ schreiben, kann man Sie nicht ernst nehmen. Welcher andere Teil als Kosten hat den Risiko: Wenn etwas übertragen wird, dann das Risiko. Und wenn Sie es irgendwo abgeschrieben haben, fragen Sie dort, damit Sie es mir erklären können, was der Unterschied sei, zwischn

      – das Risiko wird umverteilt
      – die Kosten des Risikos werden umverteilt

  • Walter Bernstein sagt:

    …. ähnlich wirkt auch der „Fluch des Öls“ (oder „Ressourcenfluch“).

  • Walter Bernstein sagt:

    Ähnlich ging es Spanien mit der Entdeckung Südamerikas:
    Es kamen viele Reichtümer nach Spanien. Aber das raubte dem Land seine Energie.

    England hatte nur Kolonien ohne Gold.
    Trotzdem fand die industrielle Revolution in England statt und nicht in Spanien, denn es braucht nicht nur Kapital, sondern auch Unternehmergeist, Erfindungsreichtum und ein selbstbewusstes Bürgertum.
    Aus dem gleichen Grund war die Glorious Revolution in England und eben nicht in Spanien.

    Deshalb hat England Europa die heutige Demokratie geschenkt, und nicht Griechenland oder Frankreich.

  • Georg Stamm sagt:

    Der interessante Beitrag oben stellt eigentlich eine volkswirtschaftliche Binsenwahrheit dar. Erstaunlich deshalb, dass all die sog. „Wirtschaftsweisen“ (z.B. der Kanzler Kohl und Schröder) damals nicht darauf hinwiesen resp. sich vielleicht nicht durchsetzen konnten. Denn Länder wie GR oder P hätten nicht in die Eurozone gelangen dürfen. Das war aber eine Prestigesache, der Euro war ein politisches Projekt und so war man in Brüssel „grosszügig“ und übersah die griechischen Bilanzschummeleien. Ein katastrophaler Fehler, den Dutzenden von Griechen mit dem Leben bezahlten (leider durch Selbstmord) und hunderttausende mit Verarmung. Wollen wir da mitmachen ? Der sog. Club Helvétique will es.

  • seebueb sagt:

    Geschätzte Autoren

    Manchmal gibt’s 2 Wochen oder sogar mehr keinen, nur um von einer Kaskade in kurzer Zeit abgelöst zu werden.

    Bitte verteilt Eure Artikel über die Zeit etwas gleichmässiger.

  • Joachim Schippers sagt:

    Kann das auch die Schweiz betreffen? Schade, dass die Frage nicht erörtert wird.

    • Hans Peter Riess sagt:

      Genau das habe ich mich auch gefragt, als ich den zweiten Absatz gelesen hatte.

    • Marcel Senn sagt:

      Theoretisch schon – wenn die halbe Schweiz nur noch im Ausland auf Schnäppchenjagd geht und selber kaum noch etwas produzieren würde und es dann zu massiven Handelsbilanzdefiziten käme.
      Praktisch zu 99.9% ausgeschlossen, da der CH durch die Fluchtgelder (Steuerfluchtgelder, politische Fluchtgelder, Drogengelder etc etc) die Devisen nicht ausgehen sollten, Ausserdem gilt der Franken noch als Devise – wird praktisch weltweit anerkannt als solche. Vielleicht schafft es die SNB ja noch, den Franken mit ihrer Abschwächungspolitik wirklich zur Weichwährung verkommen zu lassen, gut immerhin hätte sie dann auf der anderen Seite genügend „harte“ Devisen wie €, USD, Yen, £, CAD etc.
      .
      Aber man kann theoretisch jedes Land an die Wand fahren – vor allem die SVP arbeitet da ja schon kräftig dran!

      • Josef Marti sagt:

        Mit der Aufhebung der Euroanbindung war es vorerst mal eine Hau Ruck Aufwertungspolitik nicht Abschwächungspolitik. Die vorher subventionierten Exportgewinne sind alle in den Taschen der Profiteure, sprich Besitzeinkommen und Bonijäger verschwunden dank einzelwirtschaftlichem Röhrenblick unserer gekauften Blindgänger in Bern; anstatt dass man die Löhne erhöht hätte und damit mit Verlagerung auf stärkere Binnenkonjunktur und längerfristig mit anziehender Inflation und höheren Zinsen den CHF schwächen könnte. Der Export kommt dabei am Schluss nicht mal gross zu kurz, weil die zuerst eingebüsste Wettbewerbssituation wegen höherer Löhne mit der späteren Abwertung wieder kompensiert wird.
        Man zieht aber lieber eine Rosskur vor. Mit den bevorstehenden gigantischen Sparpaketen und Steuersenkungen geht’s jetzt schnurstracks in Richtung Brüningsche Deflationspolitik, da kann man nur viel Vergnügen wünschen., Ihre Schlussfolgerung ist daher korrekt.

    • seebueb sagt:

      Aktuell wäre das insofern gut, weil durch den Kapitalabfluss der CHF geschwächt würde. Allerdings dürfte dadurch auch die inländische Nachfrage geschwächt werden (bspw. Detailhandel), mit negativen Auswirkungen auf die inländische Wirtschaft und somit tendenziell höherer Arbeitslosigkeit als Folge.

      • Marcel Senn sagt:

        Die Hochpreisinsel Schweiz wurde ja schon 1992 mit dem EWR Nein zementiert und konnte sich bis heute aufrecht erhalten, auch wenn jetzt wieder mal Unterschriften gesammelt werden um das Kartellgesetz zu schwächen – aber das wird noch eine Weile dauern und bis dahin werden viele Schweizer noch ennet der Grenze oder übers Internet einkaufen, was den Detailhandel auch schwächt.
        Das Kartellgesetz war vermutlich der Hauptantrieb vom Volchstribun Blocher gegen den EWR so heftig zu kämpfen – vor allem die Automobillobby (u.a. sein Kumpel Walter Frey) konnten somit die CH Bevölkerung weiterhin jahrelang schröpfen – Gerüchten zufolge soll Blocher für seine politischen Dienste für 1992 auch Kickbacks von den Automobilimporteueren erhalten haben.

        • seebueb sagt:

          Hans Fehr (ZH, NR) von der „liberalen“ SVP, der ja selbst seine Putzfrau schwarz beschäftigt hat, hat schon letzten Herbst den BR angefragt, ob der bereit sei, das grenznahe Ausland zu bitten die MWSt zumindest teilweise nicht mehr zurückzuerstatten.

          Also:
          Obwohl selbst gesetzgebend tätig, hat er keinerlei Probleme damit, das Ausland um gesetzeswidriges Handeln zu bitten (ich behaupte mal, die Rückerstattung erfolgt aufgrund irgendwelcher ausländischer Gesetze).

          • Marcel Senn sagt:

            seebueb: Bin zwar nicht ganz sicher, aber das mit der Mwst. Rückerstattung für Export ist glaub eine WTO Bestimmung…gilt für alle Länder

          • seebueb sagt:

            Der Ersatz der WUST durch die MWSt wurde bereits 1989/90 vorgeschlagen, aber die Vorlage durch das Volk abgelehnt. Einführung der MWSt erfolgte auf Anfang 1995, tatsächlich gleichzeitig mit dem WTO Beitritt. Im PDF (siehe unten) wird die „EG-Konformität“ erwähnt, das EG/EU-Beitrittsgesuch war ja 1992 eingereicht worden.

            Google „Daten aus der Geschichte der Bundessteuern“, mag durchaus den einen oder andern interessieren.

            Das ist aber letztlich unerheblich, zentral für mich ist hier, dass ein Vertreter der hehren SVP den BR anfragt, ob er denn nicht das Umland zum Gesetzesbruch (bzw. Anpassung ihrer Gesetze) einladen möge.

          • Josef Marti sagt:

            Fehr ist wohl eher den Sozialschmarotzern von Rechts also der Hillbilly Fraktion zuzurechnen, also subventionierte Scholle und Militär, und weniger dem „liberalen“ Flügel; soviel ich weiss war er früher Lehrer und Oberst im Militär, also einer wie Mörgeli der immer vom Staat gelebt hat.
            Bei der MWST muss Export immer befreit sein, und zwar echt befreit, dh. mit Vorsteuerabzugsrecht; man kann ja Verkehrssteuern nicht gut gegenüber im Ausland ansässigen Konsumenten erheben, das wäre ja fast ein kriegerischer Akt. Seine steuerliche und wirtschaftliche Inkompetenz hat er ja damit wie die meisten Bürgerlichen eindrücklich dokumentiert.

  • Meier Pirmin sagt:

    Der Vergleich passt hinten und vorne nicht. Wenn ein Starker einen Kredit aufnimmt, wird er stärker, wenn ein Schwacher sich tausendfach verschuldet, bedeutet es den Ruin.

  • Meines Wissens und nach dem Buch „Globalization and its Discontents“ von Joseph Stiglitz böte die Asienkrise von 1997 ein ebenso gutes Beispiel. Damals wurden bekanntlich die Finanzmärkte Asiens von den USA zur Öffnung gezwungen, obwohl die Sparquote dort so hoch war, dass alle Finanzierungsbedürfnisse aus inländischem Kapital bedient werden konnten. Der Rest ist Geschichte und verlief im grossen Ganzen so wie im Text beschrieben.

    Dass diese Finanzkrise im 1997 (!) nicht zum Anlass genommen wurde, die Gesetze des Marktliberalismus zu hinterfragen, liegt u.a. auch daran, dass Ökonomen nicht darüber stehen, zu rassistischen Sprüchen zu greifen, um ihren Gott (Markt) zu verteidigen (man nannte crony capitalism als Grund für die Krise. Klar, sind ja alle korrupt, die Asiaten. Zum Glück hat die Finanzkrise von 2008 diese ökonomische Theorie widerlegt).

    • Josef Marti sagt:

      Das sehe ich auch so. Beim diskutierten Thema geht es um die Frage, wie schaffen Schwellenländer Anschluss an Industrienationen, insbesondere ist der Zufluss ausländischen Kapitals und Unterwerfung unter die Fuchtel und Diktat des IWF und des internationalen Kapitals für den Erfolg entscheidend. Das scheint aufgrund bisheriger Erfahrungen jedoch nicht der Fall zu sein. Piketty hat das so beschrieben:
      The Asian countries that have lately been catching up with the rest of the world have clearly benefited from openness to foreign influences. But they have benefited far more from open markets for goods and services and advantageous terms of trade than from free capital flows. China for example, still imposes controls on capital: foreigners cannot invest in the country freely, but that has not hindered capital accumulation, for which domestic savings largely suffice. Japan, South Korea and Taiwan all financed investment out of savings. Many studies also show that gains from free trade come mainly from the diffusion of knowledge and from the productivity gains made necessary by open borders, not from static gains associated with specialization, which appear to be fairly modest.

      • Maiko Laugun sagt:

        @Josef Marti: „China for example, still imposes controls on capital: foreigners cannot invest in the country freely …“ …. Aktuell werden Ausländer in China zumindest bei Firmengründungen durch Steuerbegünstigungen gegenüber den innländischen sogar bevorzugt behandelt. Kapitalkontrollen gibt es noch immer, wobei die Höhe des Kapitals nicht das Problem ist, jedoch das Wechseln, welches (z.B.) bei Privatpersonen (In- u. Ausländer identisch) 50K USD pro Person/Jahr limitiert ist. Was diese Summe übersteigt, wird einfach gut geschrieben (auf dem Konto blockiert), aber nicht zurück gewiesen. Kapital kann also ganz legal unbegrenzt nach China fliessen. Das genannte Wechsel-Limit („capital control“)macht dies aber unattraktiv. Dies nur als Ergänzung.

  • Joe Hoffman sagt:

    Der Vergleich hinkt leider gewaltig. Nett gedacht von Herrn Straumann aber leider hat die damalige Situation mit derjenigen von Griechenland heute fast nichts gemeinsam.

    • seebueb sagt:

      Das sagt er ja selbst:
      „Ob dieser Hinweis [auf den Gründerkrach] zur Lösung der Eurokrise beiträgt, ist fraglich“

  • Das einzige, was den Griechen noch hilft, ist, wenn sie keine neuen Kredite mehr bekommen. Die alten Kredite sollten mindestens für zinslos erklärt werden. Evt. ein eigenmächtiger Schuldenschnitt von 50 bis 100 %.
    Nutzniesser aller Kredite an Staaten und deren Teile (Bund, Kanton, Gemeinde in der Schweiz) sind die Banken, weil sie jeden Zinssatz verlangen können und davon ausgehen, dass der Steuerzahler gemolken wird.
    Die Banken machen bei der Kreditvergabe absichtlich keine Kreditprüfung, weil sie dann den Staaten und deren Teilen die Sanierung empfehlen müssten. Daraus schlussfolgere ich, dass diese Kredite unrechtmässig erteilt wurden und somit nichtig sind, weil die Banken eben absichtlich ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben.

    • Linus Huber sagt:

      „Banken eben absichtlich ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben“

      Sie liegen richtig in dieser Einschätzung.

      Es geht aber nicht nur darum, sondern darum, dass die Finanzindustrie aufgrund ihrer hohen Finanzkraft es verstanden hat, die gesetzlichen Grundlagen derart zu beeinflussen, dass die Kosten dieser Risiken via verschiedener Mechanismen (z.B. Geldpolitik, Einlageversicherung etc.) auf die Steuerzahler respektive auf die Mittelklasse verlagert werden konnten, während gleichzeitig die hohen Gehälter und Boni der Abzocker weiter locker fliessen. Es handelt sich um legalisierten Diebstahl an der Gesellschaft vollzogen von einer kleinen Gruppe an Profiteuren.

  • Anh Toan sagt:

    „Wie entstehen gute Institutionen“ NMTM 24.12.2012:

    „Die These, dass ein hoher Lebensstandard nur möglich ist, wenn ein Land integrative Institutionen («inclusive institutions») hat, ist Allgemeingut.“

    Im Umkehrschluss: Ein korrupter Staat führt auf Dauer immer zu hohen wirtschaftlichen Kollateralschäden

    • Anh Toan sagt:

      Tsipras sagt, er wolle Korruption und Steuerhinterziehung bekämpfen. Ich würde ihm glauben, wenn er sagt, wie, nicht wenn er sagt, dass.

      • Anh Toan sagt:

        „Laut Insidern präsentierte Varoufakis in der Sitzung der Euro-Finanzminister keine schriftlichen Vorschläge, sondern referierte nur mündlich über mögliche Lösungen. Das soll bei den anderen Finanzministern für Erstaunen gesorgt haben.“

        Quelle Newsnet: Varofakis brüskiert EU Staaten.

        Da gibt’s Kommentatoren die schwafeln von vernünftigen und logischen Argumenten, welche die Griechen bringen täten würden, dabei sind die nicht mal fähig, ihre Vorschläge schriftlich fest zuhalten. Die haben schlicht keinen Vorschlag ausser: Die EU soll mehr Euros senden.

        Jedes Volk, dass auf die hört, die sagen, die anderen werden schon auf uns hören, wenn wir da auf den Tisch hauen, zahlt einen hohen Preis, selbst wenn das Land nicht klein und unbedeutend wie GR oder CH sind, auch die Amerikaner zahlen einen hohen Preis für ihre arrogante Politik in der Welt, die Russen zahlen einen hohen Preis und die Chinesen werden den auch noch zahlen: Konfrontationspolitik bringt nicht, Gewinner entstehen durch Kooperation.

        • seebueb sagt:

          Ich nehme mal an, Sie meinen mich. Dann sagen Sie mir mal wo ich von „vernünftigen oder logischen Argumenten“ gesprochen habe.

          Was ich tatsächlich gesagt habe, und weiterhin sage, ist, dass sie das Problem an der Wurzel angehen wollen (zumindest sagen sie das), und dass das angekündigte Streichen gerade der eigenen Privilegien (50-Sitze-Bonus für die stärkste Partei) vielversprechend ist, auf eine gesunde Portion Integrität und Idealismus deutet. Und dass man ihnen deshalb zuhören sollte.

        • Josef Marti sagt:

          Sie glauben wohl noch an den Storch. Gewinner entstehen nur wenn man sich Respekt verschafft, ich muss glaube ich wieder mal an Von Clausewitz erinnern:
          Der Krieg ist nichts anderes als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

          • Anh Toan sagt:

            Mit auf den Tisch hauen verschafft man sich nicht Respekt, aber überhaupt mit Gewalt nicht, damit schafft man Angst, Wut oder Hass, im besten Fall Gehorsam, aber nie und nimmer Respekt.

          • Linus Huber sagt:

            Wer ausser Anh Toan haut hier mehrheitlich auf den Tisch?

            Überzeugungsarbeit muss nicht in erster Linie in schriftlicher Form erfolgen, sondern beinhaltet in erster Linie die Aufgabe, die bestehenden Vorurteile aufzulockern, respektive sie derart zu beeinflussen, dass deren Infragestellung zugelassen wird. Als Dozent und anscheinend begabter Redner mag Varofakis als ausgewiesener Fachmann der Spieltheorie wohl die Ablenkung einer schriftlichen Vorlage in dieser Phase als seine Ziele behindernd einstufen.

            Verhandlungstaktik und -strategie ist keine Bilanz und hat nicht viel mit der Welt der Erbsenzähler zu tun.

  • Josef Marti sagt:

    Wird bestätigt durch die Erfahrungen in den 90ern mit der argentinischen Dollaranbindung des Peso zum Kurs 1 : 1. In so einem Fall hängt die Liquiditätsversorgung des Landes vollständig vom Ausland ab. Das ganze geht so lange gut bis sich die Handelsbilanz zu passivieren beginnt. Im Fall Argentinien hatte der dermassen angebundene Peso mit der Erstarkung des Dollar gegen einen frei floatenden brasilianischen Real keine Chance.

    • Peter Birri sagt:

      @Marti: Ich habe eine Verständnisfrage. Was ist gemeint mit der Abhängigkeit der Liquidationsversorgung vom Ausland?

      • Marcel Senn sagt:

        Birri: Argentinien wurde in der 1:1 Periode zu einem der teuersten Länder der Welt, und dank der starken Heimwährung reisten viele Argentinier mal kurz nach Miami, Europa etc. zum shoppen – natürlich mit USD oder europ. Währungen, dadurch nahmen die Devisenreserven bei der Zentralbank vorzu ab. Zudem war die Produktivität der arg. Wirtschaft einiges tiefer als die US amerikanische, dadurch wurde in Folge mehr importiert als exportiert und auch dies führte zur Abnahme der Devisenreserven der ZB und im Dezember 2001 hatte das Land kaum mehr Devisen, aber rund 130 Mrd Auslandsschulden und konnte diese nicht mehr bedienen – dies führte dann zum Corralito (Einfrieren sämtlicher Dollarguthaben der Privaten) aber selbst das war zuwenig um die Schulden zu bedienen und dann gabs halt den Staatsbankrott.
        Die Währung wertet von 1:1 auf 1:3 ab und es kam 2002 bis Mitte 2003 zu einer Depression. Dank dieser Abwertung und dem Gentechsoyaanbau konnte sich das Land aber relativ rasch wieder erholen, hat heute aber wieder mit Devisenreservenproblemen zu kämpfen und deshalb gibt es aktuell neben dem offiziellen Kurs von 8.66 Arg $/ USD einen Schwarzmarkt – den Blue mit 13 Arg $/USD. Dazu Import- und weiter Kapitalrestriktionen seit 2011.
        Argentinien ist seit damals auch von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten, aber da es ein reiches Land ist und auch viel selber produziert – Autos, Elektronik, Oel- und Gas doch relativ unabhänig.
        In den letzten Jahren kamen zudem grosse Gelder aus China, die in Infrasstrukturprojekte Mrd investieren.

        • seebueb sagt:

          Ist Arg. nicht immer noch vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten? Oder ist Hedgefonds/Altschuldensache inzwischen bereinigt? Ich meine gelesen zu haben, dass ab 2015 die Geier bedient werden können weil die Gleichbehandlungsklausel Ende 2014 abgelaufen ist, habe aber nirgends was von einer Zahlung gelesen.

          • Marcel Senn sagt:

            Seebueb: Argentinien nimmt ja kein Geld von den internationalen Kapitalmärkten auf – wenn China strategische Interessen hat in Argentinien zu investieren ist das eine andere Geschichte. Gerade diese Woche wurden wieder 6.8 Mrd $ gesprochen um zwei Wasserkraftwerke und Eisenbahnen zu bauen. Vor ein paar Monaten wurden ein Arg Peso/Yuan Währungsswap gesprochen, der die ZB Devisenbilanz auch noch etwas aufbessert.
            .
            Und mit den Geierfonds sind sie immer noch am kämpfen – gut seit 1.1.2015 ist wenigstens die RUFO Klausel nicht mehr in Kraft, die bedeutet hätte, dass neben den Geierfonds sämtlich anderen Gläubiger dann gleichgestellt würden – das wäre ein harter Schlag gewesen.
            Paul Singer – einer der Hedgefonds Gläubiger kämpft inzwischen auch mit harten Bandagen indem er die Privatvermögen der Regierungsmitglieder veröffentlicht. Während der Wirtschaftsminister vor der UNO dafür kämpft, dass HedgeFonds nicht mehr so leicht notleidende Staaten plündern können, wenn eine Mehrheit der Gläubiger einen Schuldenschnitt akzeptiert.
            Glaube nicht, dass in der Angelegenheit sobald eine Lösung gefunden wird.

          • seebueb sagt:

            Interessant, das US-Urteil öffnet China also den Zugang zu ARG. In Piräus haben sie vor ein paar Jahren ein Containerterminal gekauft und modernisiert, heute wird der alte, weiterhin durch GR betriebene Teil offenbar anekdotisch als prähistorisch bezeichnet.

            Na, falls die Regierung nicht in die eigene Tasche wirtschaftet, hat sie ja nichts zu befürchten/verbergen 😉

    • Josef Marti sagt:

      Es geht nicht um Liquidation sondern Liquidität. Mit der Währungsanbindung an den Dollar hatte man in den 90ern anfänglich Erfolge wegen massivem Kapitalzufluss in die betreffenden Schwellenländer weil vorerst das Währungsrisiko wegfiel und wegen hoher Inflation die Nominalzinsen hoch waren (neben Argentinien sind asiatische Länder wie auch Mexico zu nennen). Fliesst das Kapital in produktive Anlagen und nicht in Konsum oder Immobilienblasen, gelingt es im Normalfall das Produktivitätsniveau zu heben und mittelfristig die in diesen Ländern übliche hohe Inflation unter Kontrolle zu bringen. Das war in Argentinien in der ersten Phase tatsächlich gelungen und die Notenbank konnte sogar Devisenreserven aufbauen.
      Die Kehrseite ist längerfristig das ansteigende Lohnniveau und infolge fixem Wechselkurs Auswirkungen der zunehmenden Importschwemme bzw. Folgen der realen Aufwertung und der damit sinkenden Wettbewerbsfähigkeit im Aussenhandel gegenüber flexiblen Währungen der Nachbarländer. Schlussendlich führt die steigende Überschuldung mit immer höheren Risikozinsaufschlägen zum Versiegen der Kapitalzufuhr und Verlust der Devisenreserven bis die Währungsparität aufgebrochen ist.
      Dazu können Strukturschwächen beitragen wie schwaches Justizwesen/Rechtsunsicherheit, mangelhafte Infrastruktur und Korruption. Letzteres wird immer als Hauptursache für das Scheitern der Schwellenländer angesehen. Somit wären wir wieder bei GR; die Einheitswährung hat genau dieselben Auswirkungen wie fixe Wechselkurse, ausser dass kein automatischer Ausstieg möglich ist.

      • seebueb sagt:

        Interessanter Vergleich.

        Auch die sinkenden GR-Zinsen bzw. Risikoaufzuschlag sobald der Beitritt mindestens zum EWS absehbar war, passen ins Bild (10jährige Staatsanleihen 1993 25%, 1999 6% gem. markt-daten.de).

      • Linus Huber sagt:

        Kohärente Darstellung in welcher Sie unter anderem gut erklären wie die Kosten des Risikos, welche in der Form von Risikoprämien anfallen würden, via Geldpolitik einer Einheitswährung indirekt vom Risikoträger (Kreditgeber) auf die Allgemeinheit umverteilt werden.

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