Jobs, Jobs, Jobs

Double Dip unwahrscheinlich! Weiter wachsende Wirtschaft weltweit! Tönt doch gut, oder? Nicht gut genug, selbst wenn sich das bewahrheiten sollte! Denn dort, wos am meisten zählt, passiert wenig: Bei der Arbeitslosigkeit. Dem Thema hat sich aktuell auch der Internationale Währungsfonds IWF und die Internationale Arbeitsorganisation ILO angenommen:

The ILO estimates that unemployment is up by more than 30 million worldwide since 2007. The increase in unemployment in advanced economies has been particularly severe, but the crisis also has hit emerging market and developing economies.

30 Millionen zusätzliche Arbeitslose seit 2007 – und das betrifft nicht alle gleich: Der IWF schreibt:

Youth (ages 15–24) currently represent one-quarter of the world’s labor force, at 619 million. Despite a number of years of rapid economic growth, youth unemployment has remained stubbornly high, rising to 13 per cent in 2009, or 81 million.

Arbeitslose in den USA während der Weltwirtschaftskrise

Das Problem: Auch wenn ein Double Dip ausbleibt, und selbst mit den optimistischsten Wachstumserwartungen bleibt die Arbeitslosigkeit hoch. Denn selbst die optimistischsten Wachstumsraten reichen nicht aus, um sie in den USA, in Europa und sogar in der Schweiz in nächster Zeit wieder auf normale Niveaus zurückzuführen.

Wie wars denn bei früheren Krisen? Das Ökonomenpaar Carmen Reinhart und Vincent Reinhart hat einen Blick in die Geschichte von schweren Finanzkrisen gewagt und fand folgende Gemeinsamkeiten:

In the ten-year window following severe financial crises, unemployment rates are significantly higher than in the decade that preceded the crisis. The rise in unemployment is most marked for the five advanced economies, where the median unemployment rate is about 5 percentage points higher. In ten of the fifteen post-crisis episodes, unemployment has never fallen back to its pre-crisis level, not in the decade that followed nor through end-2009.

Autsch. Selbst nach zehn Jahren sind die Arbeitslosenquoten nicht auf ihr Level von vor der Krise gefallen.

Auf einen nächsten Boom warten, funktioniert sowieso nicht. Eine höhere Arbeitslosigkeit würde weltweit zum Normalfall. Denn je länger die Arbeitslosen arbeitslos sind, desto schwerer wird es für sie, wieder einen Job zu finden – nix also mit vorübergehend mal austreten. Was heute noch konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist – ausgelöst durch die Rezession – ist morgen strukturell: Die Leute finden auch in der nächsten Hochkonjunktur kaum mehr einen Job: Dann fehlt ihnen schlicht die nötige Qualifikation.

Wie wärs mit staatlichen Ankurbelungsmassnahmen? Oder haben die Notenbanken noch trockenes Pulver? Oder richtets der Markt doch von selbst?

Nachtrag:

1. Eine umfassende Studie des IWF zum Thema. Auch mit einer Antwort zur obigen Frage (Seite 6):

Fiscal policy: As a general strategy, most advanced economies should not tighten their fiscal policies before 2011, because tightening sooner could undermine recovery. The consolidation plans that these countries have for 2011 imply an average change in the structural balance of 1¼ percentage points of GDP. A more severe consolidation would stifle domestic demand that is still weak. Clearly, however, the fiscal situation varies across countries, requiring adaptation of this general strategy to the available fiscal space.

Kurz: Treten die Länder mit ihren Staatsausgaben jetzt zu stark auf die Bremse, würgen sie die Erholung ab.

2. Diskussionswürdiger Hinweis von Dani Rodrik auf eine schräge Arbeitsmarktmassnahme in Spanien – bei einer dortigen Abeitslosigkeit von 20 Prozent.

Keine Kommentare zu «Jobs, Jobs, Jobs»

  • Eric, Ralph sagt:

    Institutionalisierter Betrug! Dies halt sind die Resultate wiederholter, gigantischer Umverteilungsprozesse, welche schon seit anfang des letzten Jahrhunderts vor allem in den USA ablaufen und vermehrt die ganze Welt kontaminieren. Dort, wo Kriege nicht `ganze Arbeit` leisten, wird manipuliert betrogen, erpresst etc. Die Weltwirtschaftskrise, Dotcom-Krise, Subprime-Krise sind nicht wirklich Krisen, sondern von wenigen gesteuerte Prozesse zulasten vieler. Das aus dem Kreislauf herausgezogene Geld, wurde durch die Notenbanken mit Liquidität ohne Wertschöpfungshintergrund ersetzt. Wichtiger wäre es komplette Denkstrukturen zu löschen bzw. zu ersetzen. Das Terra(neu-)forming unseres Planeten ist dringend angesagt.

  • kerimoff sagt:

    Hallo.
    Ich mochte mit Ihrer Website blog.bernerzeitung.ch Links tauschen

  • Wie auch die die Gedanken der Menschen mit falschen optimistischen Meldungen in den Köpfen manipuliert werden. Keine Geiss schleckt das da liegende Salz der neuen Armut, der ehemaligen Industrienationen und dessen banknotendruckende Geldinflation weg. Man muss nicht so dumm sein, um zu merken, dass man immer weniger im Warenkorb hat, bei gleich bleibendem Lohn.

  • Armando sagt:

    Der Neoliberalismus ist des Teufels, d.h. er führt ins Verderben. Es wird Kriege und Revolutionen geben. Die Geschichte wird mir Recht geben.

  • Machen wir uns doch nichts vor: Die Sockelarbeitslosigkeit wird mit jedem weiteren Abschwung weiter steigen und steigen und steigen. Seit den Siebzigerjahren haben sich die Arbeitslosenquoten in sämtlichen Staaten der alten EU (EU-17) mitunter vervielfacht. Das volkswirtschaftlich benötigte Arbeitsvolumen nimmt dank der enormen Produktivitätsfortschritte laufend ab- folglich muss auch die erwähnte Sockelarbeitslosigkeit weiter ansteigen. Wobei die Arbeitsmarktstatistiken (v. a. die Zahl der Arbeitslosen, eine völlig veraltete Kennziffer) kaum mehr aufzuzeigen vermögen, wer heute ein Beschäftigungsproblem hat und wer nicht. Somit verkommt auch der Begriff Vollbeschäftigung je länger je mehr zu einer nicht näher definierten Leerformel, die sich politisch beinahe beliebig aufladen lässt- speziell angesichts der Entwicklungen hin zu atypischen Beschäftigungsverhältnissen, die sich in sämtlichen Industrienationen seit wenigstens zwanzig Jahren beobachten lassen.

  • Markus Zimmermann sagt:

    Könnte die ansteigende strukturelle Arbeitslosigkeit auch damit zu tun haben, dass die Produktion von Konsumgütern laufend rationalisiert wird und deshalb trotz steigendem Output immer weniger Arbeitskräfte nötig sind?

    • Armando sagt:

      Ja natürlich, die steigende Produktivität ermöglicht es, mit immer weniger Personal die benötigten Güter herzustellen. Hinzu kommt, dass immer mehr Produktion ins Ausland im EU-Raum oder z.B. nach China ausgelagert wird. Die treibende Kraft für dieses Handeln ist die Profitrate des investierten Kapitals, die dadurch gesteigert werden kann.
      Dieser Doppeleffekt wird die Arbeitslosigikeit in Europa und in den USA, auch in der Schweiz exponentiell ansteigen lassen. Die Politiker schlafen aber noch immer und wollen die Folgen von Neoliberalismus und Globalisierung noch immer nicht wirklich zur Kenntnis nehmen.

      .

  • Kurt Inderbitzin sagt:

    Ich war bis 27 Angestellter bei einer Bank, war mit 24 der jüngste Filialleiter Stv. und habe den Umsatz meines Vorgängers gleich zu beginn verdreifacht. Ausser einem Kollaps mit 27 hat es mir nichts gebracht. Ich habe gekündigt und überall gearbeitet, wo man mich nach Erfolg bezahlt hat. Kein Fixum, keine Spesen, nur auf Erfolgsbasis. Dies ist nun bald 20 Jahre her und ich müsste nicht mehr arbeiten. Also mache ich nun mal ein paar Jahre Ferien und danach werde ich mir wieder etwas suchen, wieder nur auf Erfolgsbasis. Ist mir egal was, Versicherungen, Autos, Häuser, in diesem Bereichen werden gute Verkäufer immer gesucht. Natürlich mache ich nicht nur Ferien, ich gehe nach Fankreich und lerne die Sprache und danach noch vielleicht nach Spanien. Keine Ahnung, Sprachen lernen macht mir Spass und es erhöht meine Chancen wieder einen Top Job auf Erfolgsbasis zu bekommen.

  • Uwe Brock sagt:

    Ja, soweit die Neoliberalen Theorien welche auch beim Thema Arbeitslosigkeit komplett negieren das es eben in sich als modern und fortschrittlich deklarierenden Gesellschaftsformen (oft als Selbstdeklaration) nicht so ohne weiteres möglich ist die eigene Arbeitskraft zu jedem beleibig tiefen Preis anzubieten.
    Humankapital ist eben nicht gleichzusetzen mit Konsumgütern. Ja man kann ja nicht mal Konsumgüter gleichsetzen mit Investitionsgütern und beide nicht mit Humankapital (welch sonderbares und abschätzendes Attribut für Menschen des 21 Jahrhunderts) obwohl sich alle mehr oder weniger in WTO liberalisierten Märkten tummeln.

    Geht man den Neoliberalen (oft gleichzusetzen mit Neobürgerlichen Werten) Theorien an’s Fundament und gräbt ein bischen stösst man schnell mal auf Unmengen von Ungereimtheiten. Man spürt schnell das die Aussagen und beinahe sagenhaft logisch zu erfassenden und irgendwie unwiederlegbaren Aussagen einen bis mehrere Haken haben müssen. Die haben sie ganz sicher… Der grösste ist vor allem, das keine der etlichen Neoliberal angehauchten Aussagen jemals bewiesen werden konnte. Dumm das ganze… was aber so manchen Politiker und Oekonomen nicht daran hinderte diesen Unsinn nachzuplappern.

    Liberalisierung in der heutigen Neoliberalen und daher eher primitiven Form missachtet komplett jegliche sozialen Grundbedürfnisse der Menschen. Der „Homo Oekonomicus“ als einsamer Beweis dieser Ideologie sollte es allen zeigen. Zeigen wie man es „richtig“ macht und ultimativ autonom gegen alle Wiederwärtigkeiten kämpft die sich aus Neoliberalen Gesellschaftsformen ergeben. Dem „Home Neoliberalicus“ macht es nicht’s aus zu tiefsten Löhnen die eigenen Ressourcen wie Körper und Geist auf den Märkten anzubieten. Sind alle anderen teuerer wie ich, dann mache ich es halt billiger. Notfalls auch bis runter zu dem Lohniveau welches die Chinesischen Wanderarbeiter gerade so anbieten….

    Laut Theorien soll alles am besten laufen wenn sich der Staat, ja sogar demokratische Strukturen, komplett dem Markt (welch seltsamem Gott viele von uns Kritiklos verehren) entzieht und diesen gewähren lässt. Oh, kein Problem wir können das alles tun. Nur denke ich, wird es ab dann auch Zeit das sich viele von uns von der heutigen Gesellschaftsform verabschieden… Der Kampf um die niedrigsten Standards im Arbeitsrecht und vielen anderen Sozialen Bereichen geht ja schon länger nach unten. Da schaffen wir die letzten Schritte auch noch. Die EU Verfassung liefert da tolle Vorgaben…

    Was aber gerne verschwiegen wird ist, das weder Nationen noch Multinationale Konzerne, die wenigsten Politiker und viele Oekonomen erhebliche Probleme haben mit der Globalisierung umgehen zu können. Unendlich vielen Argumenten stehen eigentlich keine Lösungen gegenüber weil sich die wenigsten getrauen die als heilig deklarierten Märkte und deren Mutter, die WTO Handelsverträge, in Frage zu stellen. Dank des liberalisierten Aktienrechts hilft nur schiere Grösse gegen Uebernahmen. Nationen wird Stück für Stück jegliche Kontrolle entzogen wie mit Marktschwankungen umzugehen ist. Politik im Kontext liberalisierter Märkte ist einfacher als je zuvor da man sich ja jeglicher Einflussnahme mit Verweis auf die heiligen Märkte entziehen kann und viel lieber auf Eigenverantwortung setzt. Man verlagert also Gesammtgesellschaftlich zu lösende Probleme ungelöst auf das Individuum…

    Mal ehrlich, warum soll ich mir so etwas antun und das noch gut finden? Ist dies, mehr als 20 Jahre nach dem Fall der Mauer, nun tatsächlich der Weisheit letzter Schluss? Hoffentlich nicht…

    Die Arbeitslosen und eine wesentlich gerechtere Umverteilung der erwirtschafteten Vermögen als Teilhabe an den gigantischen Produktivitäts- und Wohlstandszuwächsen der vergangenen Jahre als Herausforderung für die gewählten Verantwortlichen für die der nächsten Jahre.

    • roger sagt:

      Und Sie glauben tatsächlich daran, dass diese gewählten Verantwortlichen diese Herausforderung auch bewältigen wollen?
      Waren es nicht die Selben, welche die Grundlagen für den Neoliberalismus überhaupt geschaffen haben?

      Was sollen wir also tun, falls es diese Verantwortlichen diese Herausforderung gar nicht bewältigen wollen oder können?

    • Matthias sagt:

      Natürlich haben sie recht. Nur bezweifle ich das irgend ein Multi auch nur 1% seines Vermögens abgibt wenn er nicht mit Waffengewalt dazu gezwungen wird.. also wie soll das irgendjemand schaffen? Vorallem da bei uns alle schön Bürgerlich und Liberal wählen?
      Die Reichen opfern sich doch nicht selbst. Wie jedes mal müssten die Arbeiter die Sache selbst in die Hand nehmen und zur Waffe greifen. Nur – wird es dann besser? Wer weiss..

    • roger sagt:

      @Uwe Brock:
      Meine Frage war keineswegs rhetorisch gemeint.

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