Traumatisierte Schweiz

Harter Kriegsalltag: Feldküche einer Einheit der Schweizer Armee. Bild: Bundesarchiv

Harter Kriegsalltag: Feldküche einer Einheit der Schweizer Armee. Bild: Bundesarchiv

Der Erste Weltkrieg verursachte bei den kriegsführenden Ländern unvorstellbares Leid. Millionen tote Soldaten, viele zivile Opfer, verwüstete Landstriche. Der amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kennan schrieb: «I came to see World War I . . . as the great seminal catastrophe of this century – the event which . . . lay at the heart of the failure and decline of this Western civilization.»

Demgegenüber hatten es diejenigen Länder, die nicht in die Kampfhandlungen involviert waren, vergleichweise gut. In Europa waren es vor allem die neutralen Kleinstaaten, die Glück im Unglück hatten: Dänemark, Norwegen, Schweden, die Niederlande und die Schweiz.

Trotz der vergleichsweise harmlosen Kriegserfahrung sollte man jedoch das Schicksal der Neutralen nicht vernachlässigen. Es ist durchaus berechtigt, von einer traumatisierten Schweiz zu sprechen. Denn vieles ging schief.

Ein wirtschaftliches Problem war besonders gravierend: die Inflation als Folge der Staatsfinanzierung durch die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die folgende Grafik zeigt deutlich, dass der Notenumlauf 1917 und 1918 stark zunahm. Die Nationalbank hielt diesen Zuwachs für unbedenklich, weil sich gleichzeitig der Goldbestand erhöhte – der Schweizer Franken war während des Kriegs ein sicherer Hafen. Es ging lange, bis die SNB erkannte, dass sie sich geirrt hatte.

Die Inflation war besonders heimtückisch, weil sie völlig neu war und lange nicht verstanden wurde. Die Preise waren seit hundert Jahren – das heisst seit dem Ende der Napoleonischen Kriege – stabil gewesen. Es fehlte an Erfahrung.

Die Inflation brachte das ganze politische und soziale Gefüge durcheinander. Besonders gravierend war der Sinkflug der Reallöhne. Erst in der zweiten Kriegshälfte verliefen die Inflationsrate und das Wachstum der Arbeiterlöhne mehr oder weniger wieder parallel. Und erst 1919/20 stiegen die Reallöhne an, so dass die Verluste von 1915/16 kompensiert werden konnten.

Die Not der Bevölkerung wurde durch eine Reihe von anderen Problemen verschärft:

  • Die Bundesbehörden waren vollkommen überfordert. Sie waren nicht auf einen langen Krieg vorbereitet. So gab es zum Beispiel keine Erwerbsersatzordnung für Soldaten. Viele Familien gerieten in Not, wenn die Männer ins Militär einrücken mussten.
  • Die Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen verschlechterte sich wegen des unbeschränkten U-Bootkriegs Deutschlands in den letzten beiden Kriegsjahren. Viele Menschen litten zunehmend unter schlechter Ernährung.
  • Im letzten Kriegsjahr erfasste die Spanische Grippe die Schweiz. Es starben insgesamt 25‘000 Menschen.
  • Auch innenpolitisch machten sich Zerfallserscheinungen bemerkbar. Von Beginn weg herrschte Misstrauen zwischen der Deutschschweiz und der Westschweiz, weil die beiden Landesteile je unterschiedliche Sympathien für Deutschland und Frankreich hegten. Und im November 1918 kam es zum sogenannten Landesstreik.

Nimmt man das alles zusammen, zeigt sich, dass im letzten Kriegsjahr prekäre Verhältnisse herrschten. Die Kombination von Unterernährung, Grippe und politischen Unruhen hatte eine verstörende Wirkung. Die Bevölkerung war zermürbt und müde. Bei einer längeren Kriegsdauer wäre die politische Situation möglicherweise ganz aus dem Ruder gelaufen.

Die Bundesbehörden und die Nationalbank lernten aus diesen negativen Erfahrungen. Im Zweiten Weltkrieg gab es weder hohe Inflation noch Hunger. 1940 führte man eine Erwerbsersatzordnung ein, und das Parlament wählte einen Westschweizer als General, um ein Auseinanderdriften des Landes zu verhindern. Dafür beging man andere Fehler, die bis heute zu reden geben und die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in den Hintergrund gedrängt haben.

31 Kommentare zu «Traumatisierte Schweiz»

  • Vinzenz Bieri sagt:

    Die Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg wütete auch in der Schweiz. Mein Vater arbeitete als Galvaniseur, musste sich aber bald als Vertreter für Staubsauger und Haushaltgeräten über Wasser halten. Im Jahre 1936 hat der Bundesrat verfügt, den Schweizerfranken um 30 Prozent abzuwerten. Durch diese Massnahme wurden der Export und der Fremdenverkehr mit Erfolg angekurbelt und der Anschluss an die Weltwirtschaft wieder hergestellt. Heute kauft die Schweizerische Nationalbank Milliarden von Euros mit dem gleichen Zweck, die Schweizer Wirtschaft konkurrenzfähig zu halten. Sollte es in den nächste Jahren zu einer Wirtschaftskrise kommen, kann eine Abwertung des Schweizerfrankens durch die Nationalbank nicht ausgeschlossen werden.

  • Hermann sagt:

    Ich verstehe nicht viel von Inflation, aber ich weiss eines: Mein Vater kam 1914 zur Welt, als sein Vater ins Militaer musste. Meine Grossmutter hatte schon vier Kinder und einen Hof mit vielen Kuehen und einen grossen Rebberg. Zeit fuer den Neugeborenen hatte sie nicht. So wuchs mein Vater ohne muetterliche Zuwendung auf. Er war ein sehr gestoertes Kind und spaeter als Erwachsener sehr schwierig. Seine soziale Unfaehigkeit hat bleibende Spuren bis in die heutige Generation hinterlassen. Vielleicht gab es in Deutschland aehnliche Probleme mit der jungen Generation der Kriegsjahre, sodass erklaert werden koennte, warum um 1939 dort Maenner vorhanden waren, die zu Greueltaten bereit waren.

    • Casadei sagt:

      Mein Urgrossvater, väterlicherseits, war Teilnehmer dieses schrecklichen Krieges. Als Kind durfte ich immer mit seinen Orden, Abzeichen und Plaketten spielen und mir schaurige Geschichten über seine Kriegserlebnisse anhören, die ich zu jener Zeit weder verstand, noch nachvollziehen -, noch in einen zeitlichen Kontext einordnen konnte. Es sind in diesen Kriegsjahren wohl auf allen Seiten so schreckliche Dinge passiert, wie man sie heute nur aus dem Nahen Osten oder Afrika zu lesen bzw. zu hören bekommt. Als er im hohen Alter von 96 Jahren verstarb, nahm er alle diese schrecklichen Geschichten von zig-tausenden Toten, Schwerverletzten und schrecklich verstümmelten Menschen mit ins Grab. Trotz seiner Erlebnisse, – er war nicht Zaungast, sondern Beteiligter -, war mein Urgrossvater ein ganz lieber, freundlicher Mensch und nie Störfaktor in seinem sozialen Umfeld.

      Ich glaube, dass Menschen von den Vorgängen in ihrer Umgebung sehr unterschiedlich geprägt werden. Was für die einen ein Trauma bleibt, – unter denen auch die nachfolgenden Generationen zu leiden haben -, ist für andere ein Lernprozess mit dem Ziel, es besser zu machen und eine Wiederholung solcher Ereignisse zu vermeiden. Die schrecklichen Erlebnisse führen zu einer Schärfung der sozialen Kompetenz. Mit Kindern, Enkeln, Urenkeln wird dann noch behutsamer umgegangen, als es aufgrund der familiären Bindungen ohnehin schon getan wird.

  • peter münger sagt:

    „Die Preise waren seit hundert Jahren [..] stabil gewesen“

    Das BFS sagt da aber was völlig anderes. Zwar betrug die Inflation per Saldo tatsächlich lediglich um die 50%, aber es gab durchaus Phasen mit massiver In- und demzufolge auch Deflation. 1849-1854 17% p.a. (kumuliert 85%), 1869-1873 12% p.a. (kumuliet 50%) gefolgt von 13 Jahren Deflation von 6% p.a. (kumuliert 50% Deflation).

    Würde mich nicht überraschen, wenn die Phasen mit massiver Inflation mit schwierigen Zeiten (Kriege bzw Missernten) deckungsgleich wären, und ruhige Zeiten mit den deflationären Phasen.

    • Josef Anton sagt:

      Ich kenne die Situation in der Schweiz zu wenig um eine Aussage diesbezüglich machen zu können.

      In den USA wurde langfristig betrachtet das Geld im 19. Jahrhundert nicht entwertet. Das heisst natürlich nicht, dass es keine kurzfristigen inflationären Phasen gab (Banker wollen sich immer durch das Eingehen von höherem Risiko in Anwendung eines stärkeren Hebels bereichern), jedoch folgten deflationäre Phasen, in welchen die Risikoträger dementsprechend wieder zur Verantwortung gezogen wurden, und die Kosten des Risikos in Rechnung gestellt kriegten. Was jedoch von hoher Bedeutung ist, liegt in der Tatsache, dass das Jahrhundert trotz oder vielleicht gerade wegen der langfristigen werterhaltenden Funktion des Geldes sehr gute Wachstumsraten auswies. Diese Tatsache widerspricht der allgemein heute anerkannten Doktrin, dass eine schleichende Geldentwertung durch entsprechende Festlegung der Zinsen zur Förderung des Wirtschaftswachstums erforderlich ist.

      • urs lehmann sagt:

        Das bfs publiziert Inflations-Reihen die bis 1804 Jahre zurückreichen unter
        Dienstleistungen => Statistik und Geschichte => Historische..

        Wenn ich wegen einer de/-inflationären Phase verarme, weshalb meine Kinder verhungern, dann geht mir Ihre langfristige Perspektive am Arsch vorbei.

  • ralph kocher sagt:

    Unsereiner musste um die Zeit notgedrungen wertvolles Kulturland an den nächstbesten Spekulanten verschachern. Heuer beinhaltet diese Gegend eine wertvolle Mineralwasserquelle. Viele in der Not wurden geprellt. An und für sich wäre mehr Transparenz generell dieser Zeit aufschlussreich über diesbezügliche Machenschaften [um bei einer nächsten Crisis solche Handlungsstränge möglichst zu unterbinden]…

    • Josef Anton sagt:

      Warum mussten Sie dieses wertvolle Kulturland verschachern? Worin bestand die Not? Was war Ihre Konstellation in Bezug auf Einkommen, Vermögen und Schulden? Um Ihre persönliche Situation (oder jene Ihrer Familie) korrekt analysieren zu können, sind zusätzliche Informationen notwendig.

  • Josef Anton sagt:

    Worin liegt der Unterschied zwischen der deflationären Phasen in 1921/22 und derjenigen am Anfang der 30iger Jahre. 1921/22 wurden keine Massnahmen durch Regierungen ergriffen (die Zinsen wurden sogar erhöht), diesem „Bust“ entgegenzuwirken, womit er schnell ausbrannte und wonach die Wirtschaft wieder brummte. In den 30iger Jahren versuchten die Regierungen den „Bust“ mit verschiedenen Eingriffen abzumildern, wodurch eine langfristige Depression mit all den gesellschaftlichen Verwerfungen (Kriege) eintrat. Dies demonstriert eindrücklich die fehlgeleiteten Anstrengungen der heutigen Gutmenschen.

  • Josef Anton sagt:

    Die negativen Inflationszahlen in 1921 und 1922 sind interessant. Anscheinend ging die Welt nicht zu Ende trotz dieser kurzfristigen heftigen Deflation, wie dies immer wieder proklamiert wird von Ökonomen, sondern vergangene Fehlentwicklungen wurden korrigiert, indem jene, welche mit hohem Hebel operierten, „bestraft“ wurden. Rolf Zach schildert dies eindrücklich. Somit eine notwendige Disziplinierung der wirtschaftlichen Akteure, ein Umstand, welcher seit 50 Jahren vermieden wurde. Das in der gleichen Tabelle aufgeführte Wachstum der Löhne verdeutlicht zusätzlich, dass durch eine jeweilige deflationäre Phase Lohnempfänger am besten fahren und wohl auch die Einkommens- und Vermögensschere am besten durch gelegentliche deflationäre Phasen korrigiert werden.

    Oh Schreck, aber meine Wohnung wird an Wert verlieren!!! Das ist nicht weiter ein Problem, ausser Sie arbeiten mit einem hohen Hebel (hohe Hypothek), jedoch sehr vorteilhaft für die Jungen, welche noch kein Wohneigentum besitzen. Auf einmal lohnt sich Arbeit und Sparen wieder, wow.

    • peter münger sagt:

      Der 1.WK endete 11.11.1918, der CH-Landesstreik dauerte vom 11.11.-14.11.1918 und hatte mehrere Tote zur Folge. Trotz der Niederlage der Linken wurden viele ihrere Forderungen übernommen, z.B. Ersatz des Majorz- durch das Proporz-system und massive Arbeitszeitreduktion.

      Dies und noch sehr viel mehr hatte Einfluss auf die Entwicklung der Löhne. Es wäre dumm anzunehmen, dass die (anhand obiger Grafik grob inflationsbereinigte) 35% Lohnsteigerung alleine der In-/Deflation zuzuschreiben ist.

      P.S.:
      Trotz ihrer Erfolge erhilt die Linke erst 1943 ihren ersten BR-Sitz (Nobs), 1949 mit Einführung der Zauberformel wurden es zwei.

      • Josef Anton sagt:

        Sie scheinen die Kausalitätskette hier nicht zu erkennen. In der Phase der Inflation entsteht automatische eine Umverteilung von unten nach oben, was natürlich einen entsprechenden gesellschaftlichen Druck erzeugt, welcher in diesem Falle zu dieser Besänftigung der gesellschaftlichen Forderungen führte. Was jedoch zur Bekämpfung eines nicht nachhaltigen linearen Verhaltens sich am besten eignet, liegt in einer entsprechenden Gegenbewegung. Die Reallöhne wurden am stärksten durch die Deflation gestärkt, während etwelche staatliche Eingriffe aufgrund der damit einhergehenden Verzerrungen der Preisfindung oft das Prinzip der langfristigen Nachhaltigkeit verletzt.

        • urs lehmann sagt:

          Ich sehe schon worauf Sie hinauswollen, nur brauche ich dem ja nicht zuzustimmen.

          MMn sind Gesellschaft und Wirtschaft zu komplex, als dass ihnen weitgehend monokausale Weltbilder gerecht werden könnten.

          • Josef Anton sagt:

            Hierbei spielt eine Rolle, welche gesellschaftliche Bedeutung Sie dem Medium Geld beimessen.

  • Hoffmann sagt:

    Der Hunger kam NICHT durch den uneingeschränkten U-Boot-Krieg sondern durch die völkerrechtswidrige Handelssperre Englands. Der U-Boot-Krieg war „nur“ die Folge davon, man wollte die Blockade brechen und GB ebenso vom Handel u Lieferungen abtrennen.
    Soweit mir bekannt wollte das Schweizer Militär im 1.WK auf Seiten Dtls in den Krieg eintreten, die Politik hats verhindert. Ansonsten wär der Krieg wohl anders ausgegangen, besonders wenn der Kriegseintritt noch vor Italiens erfolgt wäre (die dann vermutlich auch auf die Seite der Mittelmächte eingetreten wären).

    • Josef Anton sagt:

      Diese meine Aussage ist nicht fundiert und evtl. nicht korrekt, trotzdem

      Vielleicht sind wir nicht in den Krieg eingetreten, wegen unserem politischen System, welches eine starke demokratische Komponente enthält. Es sind meist nicht die Menschen, welche Krieg wollen, sondern die Entscheidungsträger, welche eine entsprechende Kommunikationspolitik betreiben, um kriegerische Handlungen zwecks Befriedigung ihrer Macht-Gelüste oder zur persönlichen Machterhaltung zu rechtfertigen.

      • Hoffmann sagt:

        In D hatten leider Militärs das Sagen (solche vom Format eines General Wille) und der Kaiser war charakterlich schwach.
        Ansonsten ist das Buch Die Schlafwandler von Clark nur zu empfehlen.

  • Maria sagt:

    Danke für diesen Bericht. Würde noch mehr Details wollen. Auch die Periode 2. Weltkrieg bitte. Ich denke wir befinden uns im Moment wieder in so einer „Vorbereitungsperiode“. Es wäre interessant zu lernen, wie die Leute damals in der Schweiz diese Weltkriege durchlebten.

  • Felix Richner sagt:

    Eine Korrektur ist anzubringen. Der Zweite Weltkrieg ging nicht ohne Inflation an der Schweiz vorbei. Betrachtet man den Landesindex der Konsumentenpreise Basis Juni 1914 = 100, dann stieg die Inflation während des Ersten Weltkriegs bis 1918 auf 204 Punkte (jeweils Jahresdurchschnitt). Den Höchststand erreichte die Inflation dann 1920, als der Indexstand 224 Punkte betrug. Dann sank der Index bis 1935 auf 128.2 Punkte (Tiefststand). Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stand der Index bei 137.2 Punkten (August 1939) und stieg dann bis 1945 auf 208.9 Punkte (1948: 223.6). Der Zweite Weltkrieg war somit durchaus noch mit einer Inflation verbunden; sie war einzig nicht gleich stark wie im Ersten Weltkrieg.

  • Johnny Smith sagt:

    Die Grafik ‚Inflations- und Arbeiterlohnentwicklung‘ ist anekdotisch sehr interessant: zuerst kam in diesem Fall die Inflation, dann mit Verspätung die Erhöhung der Löhne. Ob man das verallgemeinern kann, vielleicht nicht. Lohndruck (nach oben) ist aber offensichtlich nicht eine Voraussetzung für Inflation.

    • peter münger sagt:

      Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Krieg behindert/reduziert den Handel wodurch das Angebot reduziert wird, weshalb die Preise steigen. Sobald diese „künstliche“ Angebotsverknappung entfällt, kehren die Preise (mehr oder weniger) auf ihr vorheriges Niveau zurück weil die Geld-(Gold-)menge konstant ist. Diese Konstellation ist glücklicherweise nicht auf heute übertragbar.

      Diese massiven Geldwert-Schwankungen produzieren zwingend Gewinner und Verlierer in grossen Mengen, Verlierer wie die Vorfahren von ralph kocher (siehe sein blogeintrag), der zudem hundert Jahre später dem damaligen Käufer vorwirft, die damals wertlose Mineralquellle für ein Butterbrot gekauft zu haben. Dass das möglicherweise sogar ein sehr guter Preis war, ist für ihn irrelevant weil sie heute ein (kleines?) Vermögen wert zu sein scheint.

      • Josef Anton sagt:

        „Diese Konstellation ist glücklicherweise nicht auf heute übertragbar.“

        Warum glücklicherweise? Und warum scheinen Sie zu glauben, dass auch heute die Gefahr besteht, dass internationaler Handel innerhalb weniger Jahren einer massiven Reduktion unterworfen werden mag? Glauben Sie, dass es vorteilhaft ist, dass die durch die Inflationierung der Währungen erzeugte lineare Umverteilung in immer die gleiche Richtung und zu einem immer stärkeren Ausmass (von unten nach oben) unendlich weitergeführt werden kann, ohne dass es zu gesellschaftlichen Verwerfungen führen wird?

        Kriege werden in erster Linie von Regierungen veranlasst, welche aufgrund ihrer nicht nachhaltigen Programme immer stärker in eine Sackgasse landen und um die persönliche Macht zu erhalten, sich in kriegerische Handlungen einlassen und somit dem „Feind“ die Schuld ihres eigenen Versagens als Folge dieser Auseinandersetzungen klassifizieren können. Vielleicht erkennen Sie den heutigen Trend noch nicht, dass sich weltweit immer mehr Menschen sich gegen die mehr oder weniger korrupten Entscheidungsträger und Bürokraten erheben und eine Veränderung anstreben. Dies ist eine gefährliche Entwicklung, denn wie gesagt, werden die Machthaber ihre Position nicht freiwillig räumen, selbst wenn dieses Verhalten der Gesellschaft insgesamt enormen Schaden zubereitet. Die Schweiz ist aufgrund der als Ventil funktionierenden direkten Demokratie in einer relativ betrachtet beneidenswerten Situation (nicht unbedingt für die Entscheidungsträger aber für die Bevölkerung).

        • Josef Anton sagt:

          Korrektur: Und warum scheinen Sie NICHT zu glauben, dass auch heute die Gefahr besteht, dass internationaler Handel innerhalb weniger Jahren einer massiven Reduktion unterworfen werden mag?

          • urs lehmann sagt:

            Weshalb „glücklicherweise“ kommt klar zum Ausdruck, Details siehe oben. Keine Ahnung ob Sie sich Krieg in Westeuropa wünschen, ich jedenfalls nicht.

  • Rolf Zach sagt:

    Mein Grossvater hatte in einem grossen Tal des Berner Oberlandes eine Bäckerei mit zugehörender Landwirtschaft. Als gut Bürgerlicher verbrachte er 1914-18 sehr viele Tage im Aktivdienst. Sein Spruch: „Im Dienst bin ich ein Roter, wenn ich heimkehre
    bin ich wieder gut bürgerlich“. Man kann sich gar nicht vorstellen, was für eine Vergötterung der preussischen Militärtradition bei sehr vielen Schweizer Offizieren gang und gäbe war. Die Biographie von Meienberg über General Wille ist etwas vom besten
    darüber. Nicht nur die Lohnabhängigen, sondern auch die Soldaten im Aktivdienst war gemäss den Schilderungen meines Grossvaters mangelhaft ernährt. Er hatte das Glück, dass ihm meine Grossmutter Lebensmittel-Pakete sendete. Mein Grossvater hatte auch das zweifelhafte Vergnügen, einen mehrtägigen Arrest abzusitzen, weil er einen Leutnant verprügelte, der ihn beleidigte. Geschäftlich war er aber während dieser Zeit ausserordentlich erfolgreich, er konnte seine Landwirtschaft mit Käufen beträchtlich ausweiten. 1919 war sein bestes Jahr, sein Heu konnte er zu schwindelerregenden Preisen absetzten. Nachher war es sehr schwierig. Wie viele andere, hatte er sich wegen seinen Landkäufen schwer verschuldet, überstand aber
    die Zinserhöhungen von 1920 bis 1922, die ja eine sehr heftige, aber kurzfristige Depression in der Schweiz verursachte.
    Das Schweizer Preisniveau ging praktisch zum Ausgangspunkt von 1914 zurück. Übrigens meine Grossmutter war eines der
    Opfer der Grippe-Epidemie von November 1918. Viele Geschäftsleute machten damals viel Geld und viele glaubten die
    Entwicklung werde sich so fortsetzten, z.B. der Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler, den die Depression von 1921 zum armen Mann machte. Vergessen wir auch nicht, dass die deutschen Direktinvestition in der Schweiz massiv zurückgefahren werden
    mussten. Gute Beispiele sind Brown, Boveri und Alusuisse. In beiden Konzerne hatte die AEG Berlin namhafte Beteiligungen, in
    der BBC sogar die Mehrheit. Sie war gezwungen über die SKA diese Aktien-Pakete abzustossen.

    • Peter Meier sagt:

      Sehr spannende Schilderungen! Schreiben Sie ein Buch darüber – solche Erlebnisse sollten nicht einfach vergessen gehen. Ihre Enkel werden es Ihnen danken!

    • Alois Krieger sagt:

      Da brauchen Sie nicht zum 1. Weltkrieg zurückzublicken, um zu sehen, dass viele Schweizer Offiziere wohl besser in die preussische Armee passen würden.

      Die Rekruten müssen hier immer noch stundenlang stramm stehen und Exerzieren, damit ein fetter Oberst an ihnen vorbeimarschieren kann. Mit dem Bedeutungsverlust der Armee wurde es nur noch schlimmer. Die fähigen Führungskräfte machen nicht mehr weiter, trottlige Beamtentypen schikanieren immer mehr gut ausgebildete normale Soldaten. „Die beste Armee der Welt“ passt sehr gut dazu, man hat sich in der Schweizer Armee daran gewöhnt, sich selbst anzulügen.

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