Ben Bernankes Vermächtnis in einem Chart

Der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke, 8. November 2013. (Keystone/Jacquelyn Martin)

Was hat seine Zeit als Chef der US-Nationalbank geprägt? Ben Bernanke in Washington am 8. November 2013. (Keystone/Jacquelyn Martin)

Heute Freitag ist Ben Bernankes letzter Arbeitstag als Chef des Federal Reserve System. Nach acht Jahren Amtszeit wird er den Vorsitz der mächtigsten Notenbank der Welt an seine Nachfolgerin Janet Yellen übergeben.

Am Mittwoch, sozusagen als letzte Amtshandlung Bernankes, hat der Fed-Offenmarktausschuss wie erwartet eine weitere Drosselung des laufenden Quantitative-Easing-Programms beschlossen (hier mehr Details dazu).

Was ist Bernankes Vermächtnis? Eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Historie dereinst über den 14. Fed-Chairman richten wird, habe ich in diesem Leitartikel in der FuW verfasst. Doch für die Zwecke dieses Blogbeitrags wählen wir den radikalen Weg. Das bleibendste Vermächtnis Ben Bernankes ist dieser Chart:

nmtm2

Quelle: Double Line

Der Chart stammt aus einer Präsentation des amerikanischen Bond-Fondsmanagers Jeffrey Gundlach (hier der Link zu einem Interview, das mein New Yorker Kollege Christoph Gisiger kürzlich mit ihm geführt hat). Er zeigt die Kursleistung des amerikanischen Aktienmarktes, gemessen am S&P-500-Index, seit dem Tiefpunkt im März 2009.

Die verschiedenen Farben markieren die Zeitperioden, während derer unkonventionelle («quantitative») geldpolitische Lockerungsprogramme der US-Notenbank in Kraft waren.

  • Der rote Abschnitt von März 2009 bis April 2010 zeigt das erste Quantitative-Easing-Programm. Während dieser Zeit hat der US-Aktienmarkt um 47 Prozent zugelegt.
  • Der grüne Abschnitt von Oktober 2010 bis Juni 2011 zeigt das zweite Quantitative-Easing-Programm. Kursleistung des Index: +10 Prozent.
  • Der violette Abschnitt von September 2011 bis Juni 2012 zeigt die «Operation Twist», während der das Fed Anleihen mit langer Laufzeit kaufte und Anleihen mit kurzer Laufzeit verkaufte. Während dieser Zeit legte der US-Aktienmarkt um 16 Prozent zu.
  • Im hellblauen Abschnitt wurde die Operation Twist verlängert und ging dann nahtlos ins dritte Quantitative-Easing-Programm über. Der Aktienmarkt: +5 Prozent.
  • Die Abschnitte in Orange, Dunkelblau und Rot im rechten Bereich der Grafik schliesslich zeigen den Zeitraum des dritten Quantitative-Easing-Programms, das bis heute läuft. Die Investoren liebten es und sandten den S&P-500-Index um weitere 27 Prozent in die Höhe.

Während der vergangenen fünf Jahre gab es genau zwei Phasen, in denen die US-Notenbank nicht über unkonventionelle Massnahmen Liquidität in die Finanzmärkte pumpte. Diese beiden Phasen sind im Chart grau eingefärbt und dauerten von April 2010 bis Oktober 2010 respektive von Juni 2011 bis September 2011. Und siehe da: Während dieser Zeit sackte der US-Aktienmarkt jeweils sofort ab.

Imponierend, nicht wahr?

So gesehen ist die Feststellung wohl nicht übertrieben, dass Bernanke als einer der brillantesten und effektivsten Finanzmarktmanipulatoren aller Zeiten in die Geschichte eingeht.

Sogar die allseits erwartete Drosselung des dritten QE-Programms, die seit Ende Dezember läuft, hat an den Weltfinanzmärkten in den letzten Wochen zu heftigen Erschütterungen geführt. Besonders einzelne Schwellenländer wie die Türkei sind unter die Räder geraten. Hier ein sehr lesenswertes Interview mit dem Ökonomieprofessor Joseph Stiglitz zum Thema: Er sagt, es werde in diversen Ländern wieder zu Kapitalverkehrskontrollen kommen. Und hier ein Interview mit dem Zuger Hedge-Fund-Manager Felix Zulauf über die weiteren Perspektiven an den Börsen.

William McChesney Martin, der von 1951 bis 1970 als Vorsitzender des Fed amtierte, prägte einst den folgenden Satz: «The job of the Fed is to take away the punch bowl just as the party gets going.»

Unter Bernanke hat das Fed ziemlich genau das Gegenteil gemacht: Statt den Alkohol vom Tisch zu räumen, bevor die Party überbordet, hat das Fed die Investoren zu Süchtigen gemacht.

Und hier noch ein Link in eigener Sache für alle, die sich für Football interessieren: Zuschauerrekorde, Werbemilliarden und Chicken Wings – Kuriose Fakten zum bevorstehenden Super-Bowl-Spektakel in New York.

Und noch ein Link in eigener Sache: In der Eurozone nimmt die Gefahr einer Deflation zu, warnt der US-Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen in diesem Interview, das ich vor wenigen Tagen mit ihm führen konnte.

49 Kommentare zu «Ben Bernankes Vermächtnis in einem Chart»

  • Ein „brillanter Mann“?? Der gute Bernanke hat 2010 die Krise noch nicht einmal „gesehen“ als sie bei den amerikanischen Bürgern längst in der Kasse und dem Konto angekomme ist. Oder ist er einfach nur ein schlechter Lügner und hat die Bürger pechschwarz angelogen??

    • will williamson sagt:

      „The Fed and the Treasury, official guardians of a stable financial market, were the last parties to know that a systemic crisis was about to implode and had only hours to act from their offices in New York when government officials were told by the management of major US financial institutions that they would be unable to meet their global obligations when markets opened in Asia. . . .“
      (Henry C.K. Liu, Januar 2009)

  • Ueli sagt:

    One Nation under a worthless Petro-Dollar Bill!
    Der interne Wahlspruch der FED-Banken:
    Ach wie schön das niemand weiss, dass ich „trojanisches Pferd der korrupten Elite“ heiss.

  • Marcus Heer sagt:

    Diese Feststellung ist nicht wirklich etwas neues. Sämtliche Aktienmarktgewinne seit dem Beginn der Finanzmarktkrise 2007/2008 sind heiße Luft und beruhen auf keinerlei fundamentalen Fakten, die oben angeführte Grafik zeigt dies eindeutig. Und anhand der von Ihnen genannten Tatsache Herr Dittli, ist es auch äußerst unwahrscheinlich bzw. unmöglich das die Federal Reserve dauerhaft aus der Quantitativen Lockerung wird aussteigen können, weil sonst schlicht und ergreifend sämtliche Marktsegmente quer durch alle Anlageklassen massivste Verluste erleiden werden. Da war die Lehman Insolvenz nichts dagegen.

  • urs lehmann sagt:

    Eine Korrektur der aktuellen Bewertungen an den Finanzmärkten kann u.U. ohne grosse Blessuren für die Realwirtschaft ablaufen, siehe z.B. 2001-2003.

    Hingegen ist das Abschöpfen der in den letzten Jahre geschaffenen Liquidität so problematisch, dass seit Jahrzehnten bewährte Mechanismen mehr oder weniger über Bord geworfen und durch neue ersetzt werden sollen. Und das in einer Zeit, die vor Unsicherheiten und „Unkonventionaliäten“ nur so strotzt.

    MMn zieht der Artikel den falschen Schluss. Falls Bernanke einen besonderen Platz in der (Finanz-)Geschichte erhält, ist es wegen den verschiedenen „unkonventionellen“ Massnahmen und der deshalb auf das 4-5fache aufgeblähten Bilanz, welche nun nicht mehr (bzw. nur mit massiven negativen Folgen) reduziert werden kann.

    Gut möglich, dass aus schweizer Sicht Hildebrand mit der Euro-Untergrenze bzw. der (ebenfalls irreversibel?) ähnlich aufgeblasenen SNB-Bilanz dereinst im selben Atemzug genannt werden wird.

    Dieses Mal ist wirklich alles anders, sogar die Zentralbanken und mit ihnen die Währungen sind Teil des Schlamassels.

    • Josef Anton sagt:

      Wie Sie gut erklären, war die erste massive Blase verhältnismässig harmlos für die Gesamtwirtschaft, sondern einzig die Spekulanten erlitten einen Verlust. Die zweite Blase bedrohte bereits das Finanzsystem selber. Wenn wir hier linear weiterdenken, dürfte die heutige Blase wohl noch ein wenig schwieriger werden, indem die bestehende Gesellschaftsordnung bedroht sein dürfte.

      Besten Dank an die Zentralbanker!

      • ast sagt:

        Genial war Bernanke eigentlich eher nicht, er tat immer genau das was „die Märkte“ respektive die Flüsterer der Eliten von ihm erwarteten.

        Nun da er sich zurück gezogen hat und die FED nicht mehr immer tun kann was Lemminge von ihr erwarten, benötigt nun vor allem die neue Chefin Yellen Genialität um zu überleben.

        Aufblähen kann (fast) jeder, aber die Märkte wieder vom risikolosen Aktien-Fieber runter bringen, das ist der riskantere Teil.

      • Urs Lehmann sagt:

        Der Crash 2001-2003 war nur einer von sehr vielen in den letzten 30 oder so Jahren. Für eine Reihe zwei „Vorfälle“ klar zuwenig.

        Weshalb gehen Sie davon aus, dass lineare Extrapolation angebracht ist? Weshalb beginnen Sie Ihre Reihe 2001-2003, weshalb nicht an einem andern Punkt Ihrer Wahl der (Finanz-)geschichte?

        Ich freue mich auf Ihre stringente, logische Erklärung der Entwicklung inkl. der Prämissen.

        • Josef Anton sagt:

          Sie sagen richtig, dass auch zuvor sich eine Reihe von „Vorfällen“ ereigneten, welche alle verhältnismässig leicht verdaubar gewesen wären, auch ohne die Hilfe der Zentralbanken und des Staates. Dies war die Periode, während welcher die Finanzindustrie darauf konditioniert wurde, dass die Zentralbanken ihnen immer zur Seite sprangen, wodurch sie sich einen immer höheren Operationshebel zulegten. Es handelt sich dabei um eine kostenlose Versicherung, wobei deren Kosten ganz einfach nicht bei den Banken sondern bei der Gesellschaft anfielen, wobei dieser Umstand schwierig nachvollziehbar ist und somit nicht erkannt wird.

          Das lineare Wachstum des Kreditvolumens im Verhältnis zum BIP begann erst etwa ab 1980. Wir erleben heute die Auswirkungen der seitherigen inflationären Geldpolitik. Ich nehme die 2 grösseren Blasen und extrapoliere davon, weil das „Mode of Operation“ nicht gewechselt wurde, sondern wieder die gleiche Doktrin zum Zuge kam, welche aufgrund der erhöhten Dosierung entsprechend stärkere negative Auswirkungen erfahren dürfte. Wenn wir zur Linderung eines Katers uns gleich wieder unter den Bierhahnen legen, glauben Sie, dass der nächste Kater angenehmer sein wird?

          Der Beginn von zunehmender Instabilität zeichnet sich langsam ab, sei es in Bezug auf Schwierigkeiten wie z.B. in der Türkei oder Thailand oder in Bezug auf Inflationsdruck in Indien, die Immobilienblase in China, die allgemein hohe Arbeitslosigkeitsquote der Jungen sowie einer zunehmenden Instabilität des Währungsgefüges. Dies wird weitere geldpolitische Massnahmen erfordern. Wir leben in einer wahrlich höchst interessanten geschichtlichen Phase.

          • Anh Toan sagt:

            „Der Beginn von zunehmender Instabilität zeichnet sich langsam ab,“

            Da brauchen wir uns ja keine Gedanken zu machen, haben eindeutig dringendere Probleme, als solche, deren Beginn der Zunahme sich langsam abzeichnet.

            Als ich jung war, erschien mir die Welt stabil, nichts liess sich ändern, alles war zementiert, heute erscheint sie mir labiler, nichts ist mehr wie früher, hat sich nun die Welt, oder habe ich mich verändert? Ich glaube letzteres, ich bin alt geworden.

          • Anh Toan sagt:

            monokausale Welterklärungsversuche (die Zentralbanker sind Schuld an den Rot- oder Gelbhemden in Thailand, an dem Zwiespalt in der Ukraine zwischen Annäherung an EU oder Union mit Russland) sind den Religionen vorbehalten.

            Sie lamentieren konsequent die Indoktrination von falschen Theorien. „Massive psychologische Mittel nutzende Beeinflussung von Einzelnen oder ganzen Gruppen der Gesellschaft im Hinblick auf die Bildung einer bestimmten Meinung oder Einstellung“ (Duden online), lese ich aus Ihren Kommentaren. Stalinorgelmässig wird das Selbstgerechtigkeitsbedürfnis der Leser bedient, indem die Schuld an allem Übel auf dieser Welt, den Zentralbankern, (oder dem Staat an sich) zugeschrieben wird: „Wer Geld entwertet, entwertet die Menschlichkeit“, das ist doch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das Übelste überhaupt. Wenn diese Teufel von Zentralbankern sowas tun, und die müssen nicht einmal ins Gefängnis, sind unsere eigenen Unzulänglichkeiten (Stichwort: „Ehrenschulden“) doch nur Nichtigkeiten.

            Anwendung psychologischer Mittel zur Beeinflussung von Meinung, Indoktrination eben.

          • Josef Anton sagt:

            Zivile Unruhen beruhen im Endeffekt immer auf wirtschaftlichen Faktoren. Wenn durch Geldpolitik geschürte vermeintliche Anrechte und Versprechungen der Politiker auf Leistungen nicht erfüllt werden können, sind gesellschaftliche Grabenkämpfe eine natürliche Folge. Natürlich steht immer ein offensichtlicher und oberflächlicher Anlass als Grund da, wodurch der Durchschnittsbürger von den grösseren Zusammenhängen abgelenkt wird.

            Es ist nun einmal eine Tatsache, dass diejenigen, welche die Verantwortung suchen, auch bereit sein müssen diese zu tragen. Diese Individuen, welche vermeintlicherweise glauben zum Wohle der Gesellschaft sich durch zunehmende Regulierung, Überwachung, Zentralplanung um ihre Bürokratien weiter auszubauen immer stärker in die persönlichen Angelegenheiten der Menschen einmischen, ihre Selbstverantwortung untergraben, sind freiwillig an diesen Positionen, ja kämpften oft darum. Es muss ein wunderbares Gefühl sein, über das Wohl der ungewaschenen Massen entscheiden zu können und eine gesellschaftlich so wichtige Position einzunehmen, weswegen diese Leute oft die Bodenhaftung verlieren und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen.

            Es geht nicht um persönliche Empfindlichkeiten, sondern um den Versuch geschichtliche Zusammenhänge zu erkennen.

            Kleines Beispiel:

            Als Larry Summers die Anwendung von negativen Zinsen als notwendig erklärte, waren viele Leute schockiert. Der kluge Leser weiss jedoch, dass dies ein koordinierter Versuchsballon war, damit die Regierung die Reaktion auf solch eine Idee vor einer möglichen Einführung beurteilen kann. Wir sollten uns an diese Möglichkeit negativer Zinsen (neu in die USA) gewöhnen, da dies wohl kommen wird. Welchen Schaden diese Leute damit anrichten werden, können sie nicht einmal im Ansatz erkennen. Es erinnert mich an einen Arzt aus dem Mittelalter, welcher durch Blut lassen den Patienten heilen wollte.

          • Josef Anton sagt:

            Der Fall der Ukraine ist besonders interessant.

            Es handelt sich um die Anstrengung der Regierung, sich an der Macht zu halten und sie schreckt nicht davor zurück die eigenen Bürger zu töten um dieses Ziel zu erreichen. Der Präsident hat den Bezug zu Bevölkerung komplett verloren.

            Der Gouverneur von Lviv wurde von den Demonstranten gezwungen, seine Resignation zu unterschreiben. Der Grund liegt in der Korruption und mag als Beispiel einer möglichen Zukunft für andere Länder dienen. Es ist sicherlich mit Horror, wie viele Regierungen diese Entwicklung beobachten, denn die Bevölkerung setzt keine Waffen ein, sondern Courage und Verwendung aller möglichen Mittel reichen aus. Der Druck steigt und entweder wird der Präsident zurücktreten oder Bürgerkrieg droht.

            Es besteht ein wichtiger Unterschied zwischen der Ukraine und einem westlichen Staat. Weil kein soziales Auffangnetz besteht, vertrauen die Menschen der Regierung nicht und sind auch nicht von ihr abhängig. Im Westen sind die Menschen von der Regierung abhängig. In der Ukraine ist die Familie noch immer der wichtigste persönliche Absicherungsmechanismus, während im Westen die Jungen die Verantwortung für ihre Eltern an den Staat delegierten. Das Risiko bei einem Systemversagen liegt bedeutend höher für die Sozialstaaten, da dieser die egoistische Lebensweise förderte.

            Nicht alles ist Geldpolitik, aber immer geht es um Macht.

        • Urs Lehmann sagt:

          @JA
          Falsch, falscher, am falschesten.

          Ich habe ein Einzelbeispiel aus „vielen“ angeführt ohne im Mindesten anzutönen, weshalb es scheinbar problemlos verdaut werden konnte. Sie machen daraus eine „Reihe“, was einen kausalen Zusammenhang impliziert, das ist Ihre Rede nicht meine. Auch die Behauptung, dass der Taucher problemlos ohne Unterstützung der Zentralbanken verdaubar gewesen wäre, stammt von Ihnen und nicht von mir.

          Hören Sie gefälligst auf mir irgendwelche Aussagen in den Mund zu legen!

          Sie behaupten, dass der heutige “Mode of Operation” um 1980 eingeführt wurde, das „konditionieren“ begann aber erst 20 Jahre später. Das ist alles andere als logisch, aber Hauptsache die Zentralbanken sind die Schuldigen.

          • Josef Anton sagt:

            Nein, die Konditionierung begann schon lange, indem die Zentralbanken sich immer in Bereitschaft zeigten, auf jede Delle entsprechend zu reagieren. Ich denke wohl, dass dies aus meinen Ausführungen klar erkenntlich ist. Dass jene früheren Schwierigkeiten im Vergleich zur Implosion des Finanzsystems verhältnismässig leicht verdaubar gewesen wären, liegt ja offensichtlich auf der Hand.

            Ich lege Ihnen keine Worte in den Mund, sondern extrapoliere daraus unter Angabe meiner Überlegungen.

    • Anh Toan sagt:

      @Urs Lehmann

      Sie haben Recht, die Arbeit Bernankes wird sich in ein paar Jahren besser beurteilen lassen, noch nicht alle Konsequenzen seines Handelns sind absehbar, genauso wenig wie bei der Euro Untergrenze.

      Mit meinem heutigem Erkenntnisstand sage ich, Bernanke, Hildebrand und Draghi hätten zumindest vieles viel falscher machen können, denn die globalen Finanz- und damit Wirtschaftssysteme waren am Zusammenbruch, und sie stehen noch.

      • Urs Lehmann sagt:

        Da stimme ich grundsätzlich zu. Ausgehend von den offiziellen Verlautbarungen (Liquiditätsklemme, toter Interbank-Kreditmarkt) war die Liquiditäts-Schwemme 2008/09 wohl richtig.

        Aber mit der Euro-Untergrenze und der daraus folgenden zusätzlichen Aufblähung der Bilanz hat sich die SNB ein Loch gegraben, aus dem sie sich offenbar nicht mehr selbst befreien kann. Ein Lender of Last Resort muss frei entscheidungsfähig sein, was demzufolge auf die SNB seit mehr als 2 Jahren nicht mehr zutrifft.

        Sollte der Euro tatsächlich auseinanderbrechen (mMn unwahrscheinlich, aber nichts ist unmöglich), könnte wegen der Abwertung von einzelnen Nachfolgewährungen das EK der SNB durchaus ins Negative rutschen, worauf sie im Grunde genommen Konkurs anmelden müsste. Natürlich könnte der Bundesrat Notrecht anwenden, oder die Kantone die SNB per sofort aufkapitalisieren bzw. Garantien leisten, etc., trotzdem halte ich das Risiko für immens da die Folgen nicht eingeschätzt werden können.

        Und das alles nur, um die Exporteure zu schützen, nachdem die eines der grundsätzlichsten Risiken (Währungsrisiko) sträflich vernachlässigt hatten.

        • Josef Marti sagt:

          Wozu wollen alle immer die SNB beim Konkurs anmelden? Das ist dasselbe wie wenn ich den Bundeshaushalt, welcher zu Buchwerten in zig Milliarden überschuldet ist beim Konkursrichter anmelden wollte. Solange die Währung hart ist wie Granit macht das wenig Sinn, und das SNB Gesetz garantiert den Aktionären das volle Nominalkapital (OR 725 ist nicht anwendbar), andere Ansprüche und Nachschusspflichten bestehen gesetzlich nicht und nicht mal die direkt tangierten SNB Bills Inhaber müssten wahrscheinlich dringend einen Abschreiber verbuchen.
          Natürlich muss man davon ausgehen dass unsere bekloppten Mongos in Bern daraus eine Schaumschlägerei veranstalten würden, denn schliesslich sind dann u.U. auf Jahre hinaus Ausschüttungen an Bund/Kte. blockiert, was aber ganz gut tun würde.

          • Urs Lehmann sagt:

            Wieso soll OR 725 nicht anwendbar sein? Das wäre in der Tat signifikant. Quelle?

            Soweit ich weiss erstellt der Bund keine Bilanz und untersteht diesbezüglich nicht dem OR. Was soll der Vergleich?

            Art 32 NBG (Nationalbank-Gesetz) geht von positivem EK aus, sonst müsste der Anspruch der Aktionäre an über das AK hinausgehende Vermögenswerte nicht explizit ausgeschlossen werden. Das NBG sagt nichts über den Konkursfall(bzw. das Eintreten von negativem EK), deshalb gilt OR. Und gem. OR 725c(4) muss bei Überschuldung Konkurs angemeldet werden, ansonsten machen sich die Verantwortlichen strafbar. Vorausgesetzt natürlich, OR 725 wäre anwendbar (siehe ganz oben).

            Es sagt niemand, die SNB sei JETZT überschuldet. Aber falls der Euro auseinanderbrechen sollte, würden einige (viele?) der Nachfolgewährungen gegenüber dem CHF massiv an Wert verlieren, weshalb die SNB auf einen relevant hohen Teil der Devisen“reserven“ Verluste akzeptieren müsste. Genau in einem solchen Fall wäre die Schweiz auf eine uneingeschränkt handlungsfähige SNB angewiesen, weil in diesem Fall die CH-Wirtschaft mit Sicherheit massiven Schaden erleiden würde.

          • Josef Marti sagt:

            OR 725 kann unmöglich anwendbar sein wenn das Spezialgesetz das volle Nominalkapital im Liquidationsfall garantiert (es ist glaub ich Art. 32), das widerspricht sich gegenseitig offenkundig. OR ist also subsidiär (wie das auch die Regel ist bei Spezialgesetzen). Abgesehen davon möchte ich den Konkursrichter sehen der sich für zuständig erklären würde. Er müsste ja das Verfahren sowieso mangels Aktiven einstellen, wie sollte man wertlose Devisen konkursamtlich verwerten?? Dann müssten ja die Banken den harten CHF gegen wertlose Euro eintauschen (angesichts der gegenwärtig 300 Mia unverzinslichen Giroguthaben, natürlich könnten sie das Gold als Gegenwert nehmen, verbliebe aber immer noch ein Riesenverlustschein); die Frage bleibt also sowieso hypothetisch. Genauso hirnverbrannt wäre angesichts einer garantierten Rückzahlung des Grundkapitals ein Sanierungszuschuss, da bei der nächsten Kurserholung die Politiker denselben Zuschuss sowieso wieder plündern würden.
            Ganz grotesk wird es im Fall wenn der CHF noch stärker abstürzen sollte als der Euro, dann hätte die SNB einen Riesenbuchgewinn bzw. Abwertungsgewinn den sie ausschütten könnte. Deshalb meine ich dass solange der CHF stark ist jegliche Aktivitäten bei negativem EK Schaumschlägerei wären.

          • Urs Lehmann sagt:

            Ich stimme Ihnen zu dass NBG Vorrang hat vor OR wenn beide das selbe Thema behandeln. Genau das tun sie aber nicht, Art32 NBG regelt die ordentliche Liquidation(positives EK), während Art 725 OR den Konkursfall (negatives EK) regelt.

            Würde die SNB negatives EK ausweisen, so kann noch nicht mal das nominale AK ausbezahlt werden, ein Überschuss (wie er in Abschnitt zwei erwähnt wird) wäre erst recht keiner vorhanden. In einer derartigen Konstellation macht Abschnitt zwei Null Sinn. Im Konkursfall wird keine Auflösung „beschlossen“ (beschliessen tut die Generalversammlung), sondern durch den Konkursrichter angeordnet.

            Art. 32 Liquidation
            1 Die Aktiengesellschaft Schweizerische Nationalbank kann mittels Bundesgesetz aufgelöst werden. Dieses regelt auch das Liquidationsverfahren.
            2 Wird die Nationalbank liquidiert, so erhalten die Aktionärinnen und Aktionäre den Nominalwert ihrer Aktien sowie einen angemessenen Zins für den Zeitraum nach dem Inkrafttreten des Auflösungsbeschlusses ausbezahlt. Weitere Rechte am Vermögen der Nationalbank stehen ihnen nicht zu. Das übrige Vermögen geht in das Eigentum der neuen Nationalbank über.

          • Anh Toan sagt:

            Das nominelle Aktienkapital der Nationalbank beträgt 25 Millionen, ein Fliegenschiss im Verhältnis auch zu einer nicht ausgedehnten Bilanz der Nati. (Nestle oder UBS haben mehr als das zehnfache davon), Warum stört das niemanden? Die Nati kann dem Bund einen Kredit gewähren und dieser erhöht damit das Aktienkapital der Nati, Summe beliebig.

            Der Bund braucht CHF um das AK der Nati in CHF zu erhöhen, CHF kann ihm die Nati beliebig viele geben. Ein wenig salopp formuliert, buchen die einfach Forderungen an Bund an Aktienkapital, und beim Bund Finanzanlagen (Beteiligung Nati) an Schulden. Staatliche èberschuldung misst sich nicht an einer Bilanz, sondern an der Fähigkeit, die Zins- und Rückzahlunspflichten zu erfüllen, Japan wäre sonst pleite.

            Die CH-Natio hat allenfalls dann ein Problem, wenn der Eurokurs bei 1.20 überbewertet, der CHF unterbewertet ist, was auf Grund der Inflationsdifferenz in ein paar Jahren zu erwarten ist. Also wenn das Verhindern von übertriebener Aufwertung zu eine künstliche Unterbewertung wird. Und wenn bis dahin der Franken nie eine Schächephase hat, welche der Nati erlauben würde, Positionen ab zu bauen. Dann kann aus „gedruckten“ CHF, die nicht mehr vollständig mit den EUR und USD zurückgekauft werden können Inflation entstehen. Ein wirkliches Problem mit der Bilanz hat sie auch dann nicht.

            Die Kursuntergrenze wurde nicht eingeführt, nur um die Exportwirtschaft zu schützen. Vor Hildebrands „stop“ wurde der Euro noch zu 0.90 und der USD zu 0.70 gehandelt. Das hätte den Inlandkonsum eines kleinen Landes mit offenen Grenzen weitgehend ins Ausland verschoben, den Tourismus abgestellt, Produktion sebst für CH Markt wäre ins Ausland verlegt worden, Deflation von 10 Prozent pro Jahr mindestens, in einer Generation mindestens Halbierung der gesamten Wirtschaftsleistung. Aber die Rentner im Ausland hätten sich noch reicher fühlen können.

            D

          • Urs Lehmann sagt:

            „Warum stört das niemanden?“
            Weil das AK per se wenig relevant ist, in erster Linie zählt das gesamte Eigenkapital.

            Seitenbemerkung:
            Der Bund hat an der SNB keinen (bzw. höchstens einen sehr kleinen) AK-Anteil. Die Kantone zusammen mit den Kantonalbanken besitzen die Stimmenmehrheit, etwa 47% sind im Besitz des Publikums (natürliche Personen unterliegen einer Stimmrechtslimite).

            AK-Erhöhung bedingt Änderung des SNB-Gesetztes, aber mittels z.B. nachrangiger Kredite kann eine Aufkapitalisierung, theoretisch zumindest, relativ schnell durchgeführt werden. Oder noch simpler, der BR erklärt, dass der Bund unlimitiert für die SNB haftet.
            Ihr Bsp mit der AK-Erhöhung – sehe nicht so recht worauf Sie hinauswollen – AK-Erhöhung mittels bereits ausgegebenem Bargeld wäre für den Bund ein Aktiventausch (Kassse an Finanzanlagen), für die SNB ein Passiventausch (Notengeld an AK) – bei Bedarf kann auch Kasse durch Debitoren und Notengeld durch Kreditoren ersetzt werden – unlimitiert Geld drucken und sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen funktioniert nur in der Phantasiewelt vom lieben Herrn Jordan.

          • Urs Lehmann sagt:

            Ob der Euro-Kurssturz, ausgehend von 1.60, nun 25% oder knapp 30% beträgt, macht mMn kaum einen Unterschied. Die Tatsache, dass der Überschuss in der Handelsbilanz seit 1999 einigermassen stetig angewachsen ist von eher negativ auf 24Mrd Exportüberschuss 2012, inkl einem Sprung von 19,5Mrd 2010 auf 23,5Mrd 2011(!!!), widersprechen den von Ihnen aufgeführten Punkten (und relativieren damit die damaligen Schlagzeilen/offiziellen Verlautbarungen). Gegenüber Europa hat die CH seit 2007 einigermassen konstant eine Importüberschuss von 18-20Mrd ausgewiesen, gerade auch in der Phase von 2008-2011 (2009 sind die Importe aus Europa um 25Mrd eingebrochen, die Exporte um 22Mrd, jeweils die Hälfte davon wurde schon 2010 wieder aufgeholt, danach beide seitwärts mit Importüberschuss im genannten Ausmas).

            Der Einkaufstourismus war mMn wesentlich beeinflusst durch die Nicht-Weitergabe der Währungsgewinne an die Konsumenten. BMW ist dabei nur das prominenteste Bsp, aber das Thema ist weiterhin aktuell, siehe auch z.B. Denner/Coke.

            Wenn der CHF tatsächlich so überbewertet ist/war, weshalb befindet sich die CH heute (unter Ausklammerung der Ölexporteure) je nach Quelle auf Platz 3-5 gemessen an den pro-Kopf-Exporten? Weshalb hat die CH ausgerechnet im sogenannten Problemjahr 2011 einen neuen Rekord-Exportüberschuss verzeichnet und ihn danach sogar noch (leicht) weiter gesteigert?

            Zudem stellt sich die Frage:
            Die Lage im Euro-Raum hat sich ja stabilisiert, und auch die Kredit-Risikoaufschläge der schwachen Euroländer befinden sich wieder in erträglichen Bahnen. Wieso ist der Euro nach 2011 nur unwesentlich angestiegen?

            Ich bin kein Ökonom, aber so wie ich das Ganze verstehe, tragen gerade die Überschüsse in Handels-, Leistungs- und Zahlungsbilanz zur aktuellen Bewertung massgeblich bei weil sie gleichbedeutend sind mit einer permanenten CHF-Nachfrage durch das Ausland. Und genau diese Überschüsse manifestieren sich in der SNB-Bilanz als Devisenreserven. Wegen der CHF-Untergrenze wirkt der CHF-Kurs zuwenig als Korrektiv, und deshalb bleibt er im genannten Bereich.

            Ob die letztjährigen 0,7% Ertrag (2012 ca. 1,2% auf den Bestand per 31.12.) auf die Devisenreserven ausreichen, um die zu erwartende Abwertung auszugleichen, scheint mir zweifelhaft, historisch gesehen beträgt die Inflationsdifferenz (je nach Land) das Doppelte und mehr.

          • Johnny Smith sagt:

            „Vor Hildebrands “stop” wurde der Euro noch zu 0.90 und der USD zu 0.70 gehandelt.“

            Nur eine Detailbemerkung und Korrektur zu Ihren interessanten Diskussionen: USD/CHF bei 0.7 ist korrekt, der EUR/CHF Kurs notierte nur einmal kurz über Parität, aber nie bei 0.9.

            Ich möchte damit nicht, die Ausserordentlichkeit der Währungsbewegungen in dieser Zeit in Frage stellen. Effektiv ist ein Einbruch der wichtigsten Handelswährung von über 30% in weniger als zwei Jahren effektiv sehr problematisch. V.a. das Tempo des Einbruchs machte auch ‚gesunden‘ Exportwirtschaftsunternehmen ernsthafte Probleme. Die Einführung der Untergrenze kann ich deshalb unterstützen.

            Wirtschaftsprofessor Baltensperger hat schon vor der Einführung der Untergrenze gewarnt: der Teufel lauert auf dem Rückweg. Und genauso ist es. Die SNB tut sich schwer mit dem Ausstieg, auch wenn er wohl angezeigt wäre. Die Unternehmen hatten mehr als zwei wertvolle Jahre Zeit, sich auf tiefere EUR Kurse anzupassen. Das ist nicht einfach und auch der aktuelle Kurs dürfte Probleme verursachen. Aber die Situation der extrem schnellen Aenderung des Umfelds liegt nicht mehr vor, mit anderen Worten die Situation ist nicht mehr ‚ausserordentlich‘. Die SNB sollte deshalb von der Kursuntergrenze wieder weg kommen, auch wenn das (der Teufel lauert eben wirklcih auf dem Rückweg) Kollateralschäden verursachen wird. Wer weiss, vielleicht steckt sie dazu ja auch in den Vorbereitungen.

          • Johnny Smith sagt:

            … etwas unglücklich formuliert „nur einmal kurz über Parität“. Meinte natürlich, Tiefstkurse knapp über Parität aber nie bei 0.9.

          • Josef Marti sagt:

            Dass bei neg. EK der SNB das Nominalkapitlal nicht zurückgezahlt werden könne stimmt natürlich nicht solange auf der Aktivseite noch irgendwelche Werte vorhanden sind, zB. das Gold würde schon reichen. Die Bestimmung von Art. 32 führt dann dazu, dass die Gläubiger nicht nur die Überschuldung sondern den vollen Bilanzverlust tragen. Sind dann die verbleibenden Devisen auf der Aktivseite tatsächlich fast wertlos müssten die meisten Banken gleich selbst Konkurs anmelden. Nur schon deshalb ist ein Konkursverfahren gegen die SNB vollkommen illusorisch bzw. gar nicht vorgesehen.
            Deshalb hat man im Gesetz für diesen Fall auch keinen Verweis auf OR 725, gemacht. Diese Bestimmung gilt nur für privatrechliche Gesellschaften und kann nicht ohne weiteres auf Institutionen mit hoheitlichen Befugnissem, sprich Träger von staatl. Monopolen usw. angewendet werden. Es ist der rechltiche Hintergrund zu beachten:
            Als Trägerin eines staatlich verordneten Monopols (das noch nicht privatisiert ist) hätte man auch ein öff.rechtl. Anstalt machen können, dann sind wie beim Bundeshaushalt buchm. Überschuldungen irrelevant. Ein solche Ausgestaltung würde aber dem Dogma der Unabhängigkeit widersprechen, weshalb man eine AG gewählt hat; um an allf. Gewinnen zu partizipieren musste der Staat sich auch beteiligen.

          • urs lehmann sagt:

            @Johnny Smith
            Es ist naheliegend, dass derartige Taucher spürbare Auswirkungen haben.

            Z.B. wäre für Europa zu erwarten, dass unsere Importe wachsen und die Exporte schrumpfen, bzw. Importe klar weniger stark schrumpfen als Export. Genau das war jedoch nicht der Fall, beide Aggregate gegenüber Europa haben sich 2007-2012 weitgehend parallel bewegt mit nur wenig schwankendem Importüberschuss.

            Wieso war in den letzten Jahren die Stimmung unter den KMU-Exporteuren nie so gut wie Mitte 2011 (Quelle: CS/Swiss Global Enterprise) wenn doch damals die Gewinnmargen so niedrig gewesen sein sollen?

            Merkwürdig, finden Sie nicht auch?

            Zusätzlich ist anzumerken, dass Währungsrisiken zu den fundamentalsten aller Risiken im grenzüberschreitenden Handel gehören. Wer sich nicht absichert, hat seine Aufgaben nicht gemacht und darf sich über die Konsequenzen nicht wundern. Erst recht, nachdem 2002-2007 die durch den steigenden Euro (mehr als 10%) erzielten zusätzlichen Gewinne kommentarlos eingesackt wurden.

          • urs lehmann sagt:

            @Josef Marti
            Bei negativem EK sind per Definition weniger Aktiven als Verbindlichkeiten vorhanden, d.h. die Schulden sind nicht mehr vollständig gedeckt. Willkürlich gewähltes Bsp mit durschnittich 6,3% Unterdeckung:
            150 Aktiven, 160 Verbindlichkeiten und -10 EK (wobei -10 EK aus +5 AK und -15 Verlustvortrag zusammengesetzt ist)

            Die Aktionäre haben bei einer AG mit voll liberiertem AK keinerlei Nachschusspflicht, das ist eine ihrer zentralen Eigenschaften. Bis vor ca. 10 Jahren waren von 500CHF AK pro SNB-Aktie nur 250CHF liberiert, dementsprechend bestand damals Nachschusspflicht von 250CHF pro Aktie. Dies ist heute nicht mehr der Fall, ich kenne keine andere Gesellschaft mit nur teilweise liberierten AK.

            Der vollständige Artikel 2 SNG:
            „Art. 2 Subsidiäre Geltung des Obligationenrechts
            Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten die aktienrechtlichen Vorschriften des Obligationenrechts (OR)1.“

            Das eine Problem dabei ist, dass bei negativem EK gem. OR die Bilanz deponiert werden muss, verbunden mit einer weitgehenden Einstellung der Geschäftstätigkeit (insbesondere grundsätzlich keine Begleichung von Verpflichtungen) zwecks Gläubigerschutz, ansonsten machen sich die Verantwortlichen strafbar. Ich stimme Ihnen zu dass in der Realität in einem solchen Fall Bund/Kantone/etc einspringen würden (oder Notrecht), aber das müsste geschehen bevor sich gravierende Probleme zeigen weil die Reaktion von „Mr Market“ besser nicht abgewartet wird – Prinzip Hoffnung ist für den „Lender of Last Resort“ so ziemlich die schlechteste aller denkbaren Strategien.

            Zum zweiten wäre auch hier die Folge, dass die Kosten für die Probleme einer gewinnorientierten Minderheit auf die Allgemeinheit überwälzt werden (Auslöser war ja der tiefe Eurokurs) – Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.

          • Johnny Smith sagt:

            @ Urs Lehmann

            Ja. Klagen können nicht nur die Bauern (Entschuldigung an die Bauern!), sondern auch die Exporteure 😉 Diesbezüglich will ich sie nicht verteidigen, zumindest für die heutige Situation nicht, nur für die Zeit der extrem schnellen CHF Aufwertung.

            Wir sind wohl relativ ähnlicher Meinung bez. der EUR-Untergrenze. Ich hoffe, die SNB macht sich (und hat sich bereits gemacht) ihre Überlegungen zu einem Ausstieg (oder zumindest Senkung). Es wäre an der Zeit.

          • urs lehmann sagt:

            Ja, ich bin ebenfalls der Meinung dass zumindest die Bilanz reduziert gehört, besser die Untergrenze vollständig gekappt, grundsätzlich je schneller desto besser. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das tatsächlich möglich wäre.

            Die SNB ist jedoch anderer Meinung, gem. Handelszeitung hat Jordan im Dezember das Festhalten an der Untergrenze bekräftigt.

  • Roland Stricker sagt:

    Freier Markt reguliert Werte nach Angebot und Nachfrage. Bernanke hat Unmengen Geld gedruckt und Bonds gekauft, die sonst nicht viele wollten=gefaelschte Nachfrage. Mit seinen laufenden Versprechen, jeweils so weiterzumachen, hat der Staat mehr und mehr Schulden gemacht=gefaelschtes Angebot. Das war nicht brilliant, sondern betruegerisch und auf lange Sicht verheerend ! Investoren sahen sich nicht mehr veranlasst, auf Sicher zu investieren, wodurch die Abzockerei enorm gedoerdert wurde. Letzden Endes werden das die mittleren Vermoegensschichten schmerzlich bezahlen, wenn die verschiedenen Blasen nach und nach in sich zusammen fallen. Die Fed“s verfuegt ueber so viel Geld, dass die Blasen beliebig manipuliert werden koennen, und dank Beziehungen werden die ganz Grossen rechtzeitig aussteigen koennen. Sein Vermaechtinis ist der groesste finanzielle Betrug bisher. Das wird erst dann uebertroffen, wenn die USA tatsaechlich Bankrott erklaeren werden. Eine sehr duenne Schicht ganz oben wird auch noch davon profitieren.

  • will williamson sagt:

    Henry C. K. Liu, einer der den Kollaps nachweislich vorausgesehen hat, meint:

    „Both Federal Reserve chairman Ben Bernanke and Treasury Secretary Henry Paulson, two top officials in charge of US monetary policy, continue to provide obligatory assurance to the nervous public that the United States‘ economic fundamentals are sound in the face of a jittery market. “

    „On the pages of Asia Times Online over the past two years, I have tried to put forth the rationale for the inevitability of a US housing bubble burst, pointing out reasons that the resultant financial meltdown will be much more widespread and severe than has been generally acknowledged.

    On September 14, 2005, I wrote in Greenspan, the Wizard of Bubbleland:

    History has shown that the Fed, more often than not, has made wrong decisions based on faulty projection. Greenspan has been rightly criticized for letting a housing price „bubble“ develop, equating it to the one that swept technology stocks to stratospheric levels before bursting in 2000.“
    (http://www.atimes.com/atimes/Global_Economy/IC17Dj01.html)

  • Johnny Smith sagt:

    Hervorragender Artikel! Anh Toan würde nun allerdings zu Recht sagen, der Artikel sei nicht hervorragend, WEIL er meine Meinung widerspiegelt, sondern falls bzw. weil er gut argumentiert.

    „Während der vergangenen fünf Jahre gab es genau zwei Phasen, in denen die US-Notenbank nicht über unkonventionelle Massnahmen Liquidität in die Finanzmärkte pumpte.“

    Das ist leider traurige Realität. Als Krisenmassnahme kann ich ‚unkonventionelle‘ Massnahmen durchaus gut finden und zustimmen (zB QE1), als Dauermassnahme allerdings nicht. Wenn wir den offiziellen Statistiken trauen, sind wir schon seit Jahren weit von der Drohung eines Systemkollapses weg. Das Wachstum ist einigermassen stabil, lahm zwar, aber es ist immerhin positiv und hat in den letzten paar Quartalen gar deutlich angezogen. Damit sind QE2, QE3, QE4 etc. erstens absolut überflüssig und zweitens schädlich (Spekulationsblasen, Fehlinvestitionen bzw. mangelnde Realinvestitionen, …).

    „So gesehen ist die Feststellung wohl nicht übertrieben, dass Bernanke als einer der brillantesten und effektivsten Finanzmarktmanipulatoren aller Zeiten in die Geschichte eingeht.“

    Man sollte nicht vergessen, dass Bernanke erfolgreich einen Systemkollaps verhindert hat. Dennoch muss ich leider auch diese Schlussfolgerung aus dem Artikel bejahen.

    „«The job of the Fed is to take away the punch bowl just as the party gets going.» Unter Bernanke hat das Fed ziemlich genau das Gegenteil gemacht: Statt den Alkohol vom Tisch zu räumen, bevor die Party überbordet, hat das Fed die Investoren zu Süchtigen gemacht.“

    Auch diese etwas andere Umschreibung teile ich. Die FED unter Bernanke hat sich zum Zudiener der Finanzwirtschaft gemacht. Das Ziel „Realwirtschaft“ hat die FED aus den Augen verloren.

    • Johnny Smith sagt:

      … übrigens ein etwas ausführlicherer, aber wirklich herausragender Artikel:
      http://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaftspolitik/experiment-mit-offenem-ausgang-1.18227872

      „Ben Bernankes Amtszeit beim Fed hat zwei Gesichter: Zunächst setzte er sein Wissen über die Grosse Depression erfolgreich zur Krisenbekämpfung ein. Doch hielt er an einer aktivistischen Politik fest, auch als das Gröbste ausgestanden war.“

      „Noch ist jedenfalls offen, wie Bernankes Experiment ausgeht. Entscheidend wird sein, ob das Fed ohne Verwerfungen seine Bilanz und seine Politik normalisieren kann.“

      „Bernankes Wissen zur Grossen Depression und seine Experimentierfreude waren zu Beginn der Krise Aktivposten – wobei er mit seiner Furcht vor Deflation ab 2002 die sehr lockere Geldpolitik mitzuverantworten hatte, die den Immobilienboom verstärkte. Bernanke behielt den Aktivismus jedoch auch bei, als das Gröbste überstanden war. Gefragt wären jetzt vermehrt wieder Tugenden, die einen Notenbanker in «Friedenszeiten» auszeichnen. Dazu gehören Bescheidenheit in Bezug darauf, was die Geldpolitik leisten kann, und die Orientierung an der langen Frist. Diese Tugenden sind indessen auch nach Bernankes Abgang im Fed dünn gesät.“

      • Josef Anton sagt:

        Wir werden zunehmend hören, dass die Zentralbanken in Erfüllung ihres vom Gesetzgeber erteilten Mandates handeln/handelten, eine CYA (cover your Allerwertester) Strategie. Dabei verurteile ich 2 eklatante Fehler dieser Ökonomen.

        1. Die Legislative basiert ihre Gesetzgebung zu einem hohen Anteil auf den wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen, welche diese indoktrinierten Ökonomen den Parlamenten offerierten. Zentralbanker sind also mit verantwortlich für den Inhalt dieser Gesetze.

        2. Preisstabilität wird von vielen Zentralbankern frei interpretiert, indem eine Inflationsrate (des Konsumentenpreisindex) von 0 – 2% dies bewerkstelligen soll. Selbst unter Anwendung dieses Inflationsindikators, welcher in sich Fragen aufwirft, wird effektiv nicht Preisstabilität angestrebt, sondern eine schleichende Inflation (Verfassungswidrigkeit). Wenn diese Inflationsmessung verwendet werden will, sollte zumindest ein Inflationsziel von -1 bis +1% oder -2 bis +2% angepeilt werden, womit Geld nicht schleichend entwertet wird. Der Glaube, dass eine schleichende Geldentwertung keine negativen Konsequenzen nach sich zieht, ist auch heute noch stark vertreten.

  • Max Boriero sagt:

    Wie kann es ander sein, als dass die Chart von einem Fondsmanager kommt. Natürlich ist er happy darüber, denn er ist Benutzer des virtuellen Geld-Casino. Wenn die Börse so ein tolles Instrument der Wirtschaft wäre, weshalb schmelzen die Pensionskassen-Guthaben, steigt die Armut, sind Staaten bankrott? Man kann immer alles beschönigen mit Zahlen, leider reflektieren sie selten die Realität.

  • steve weber sagt:

    Die Leistung ist nicht wirklich beeindruckend: Er hat das Geld der Sparer entwertet, und damit Geld in die Märkte gepumpt. Dazu kommt noch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte, die auf Jahrzehnte hinaus die Steuerzahler belasten werden. Damit hat er für offentsichtliche Fehlallokationen gesorgt, und natürlich all jene bestraft, die geglaubt haben, die FED würde für Geldwertstabilität sorgen. Genützt hat das nur dem ohnehin schon aufgeblasenen tertiären Sektoren. Da bleibt ein sehr bitterer Beigeschmack.

  • Han Huber sagt:

    Bernanke, die Mutter aller Schuldenwirtschaften, mehr fällt mir zu ihm leider nicht ein – vielleicht, weil ich keine riesigen Aktienpakete besitze.

    • ast sagt:

      Barnanke hat nicht Alle „Glücklich“ gemacht, vor allem nicht Investoren die seriöse Wertpapier- Analyse an den Aktienmärkten betrieben und die Rostoff -Spekulanten. Beranke war die leibhaftige Wettbewerbsverzerrung. Defaltion an den Rohstoffmärkten kontrastierten die Aktienmärkte seit Operation Twist. Ob das Tapering nun zu stark steigenden Kosten bei der Refinanzierung der Staaten führt, bleibt abzuwarten. Die Schwellenländer gehören nun auch nicht zu den im Schneebalsystem gesund gepumpten Märkten. Irgendwer sagt mal, mit Bernanke habe „man“ Zeit gewonnen, die Frage ist nur wem diese Zeit geschenkt wurde. Die Vermögensverteilung gibt hier bestes Aufschluss, es war eine Zeit der Reichsten.

  • Anh Toan sagt:

    Das Blogsystem klemmt mal wieder, kriegt Ihr das echt nicht hin?

    Wäre nicht Handeln keine Manipulation? Müssten, um nicht zu manipulieren, die Zinsen immer gleich belassen werden, oder von der Notenbank die Entwicklung einfach dokumentiert, jedoch ja nicht beeinflusst werden?

    Macht = Kompetent = Recht + Pflicht: Wer die Kompetenz zu handeln hat, beeinflusst immer, auch wenn er nicht entscheidet, nicht handelt, hat das Konsequenzen, für welche er verantwortlich ist.

  • Anh Toan sagt:

    „So gesehen ist die Feststellung wohl nicht übertrieben, dass Bernanke als einer der brillantesten und effektivsten Finanzmarktmanipulatoren aller Zeiten in die Geschichte eingeht.“

    Es dürfte schwierig werden, Bernanke Marktmanipulation vor zu werfen, die FED hat, soweit ich weiss, nicht an dem Markt teilgenommen, keine Aktie gekauft oder verkauft, sondern nur Bonds.

    Wer Märkte manipuliert, verändert die Kurse ohne die Realität zu verändern. Wer die Realität verändert und damit auch die Kurse beeinflusst, „manipuliert“ nicht, sondern macht seinen Job. (Oder hat Zuck den Facebook Kurs manipuliert, indem es die Umsätze gesteigert hat?)

    Ich entnehme dem Chart: Von Frühjahr bis Herbst ist nicht viel zu gewinnen an Aktienmärkten.

    • Mark Dittli sagt:

      Der risikofreie Zinssatz (i.e. U.S. Treasury Yields) ist eine zentrale Komponente in der Bewertung von Risiko-Assets. Wenn Sie den risikofreien Zinssatz manipulieren (über den Kauf von Treasuries), manipulieren Sie indirekt auch die Märkte für Risiko-Assets.

      • Anh Toan sagt:

        Notenbanken haben doch schon immer Zinssätze „manipuliert“. Risikolose. Das traditionelle Mittel der Leitzinssenkungen hat nicht gereicht die langfristigen Zinssätze ausreichend zu senken, also wurden neue Mittel eingesetzt. Dies geschah absolut transparent und Regelkonform (EZB ist fraglich betr „regelkonform“).

        „Manipulation“ kann und wird vornehmlich verwendet um den entsprechenden Vorsatz und zwar den direkten (Ergebnis der Handlung beabsichtigt) und nicht den eventuellen (Ergebnis billigend in Kauf nehmen) zu implizieren. Ich glaube nicht, dass Bernankes Massnahmen darauf gerichtet waren, die Aktienmärkte anzutreiben.

        Ich erlaube mir, an den sehr guten Beiträgen hier, den Teil zu kritisieren, der mir „falsch“ erscheint. Lobhudelei liegt mir nicht.

        • Eric Schmid sagt:

          @Anh Toan, Sie sind normalerweise ein brillianter Analytiker, aber der Satz „Ich glaube nicht, dass Bernankes Massnahmen darauf gerichtet waren, die Aktienmärkte anzutreiben“, erscheint mir ja schon sehr als blauäugig Ihrerseits.
          Ich bin absolut kein Finanzmarktspezialist, aber Bernankes Aufgabe dient einzig und allein, seinen Herren zu dienen, wie schon seit der Gründung des Fed. Die Nationalbanken sind meiner Ansicht fürwahr die grössten Manipulatoren, dies sieht man bei der SNB, sowie auch FED, EZB und all die anderen Nationalbanken, die mit ihren Manipulationen immer 1. den Big Banks dienen und zweitens, in der ganzen Geschichte die Kleinen ärmer gemacht hatten. Wenn das nicht Manipulation auf oberster Ebene ist, dann weiss ich nicht was es sein soll.

        • Johnny Smith sagt:

          „Ich glaube nicht, dass Bernankes Massnahmen darauf gerichtet waren, die Aktienmärkte anzutreiben.“

          Ich attestiere Bernanke auch, dass das nicht seine (Haupt)Absicht war. Aber…. hier passt wieder einmal Tucholsky: „Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse sondern gut gemeint.“

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