Das Urproblem der EZB wird erneut akut

Mario Draghi

Tiefer als Null kann ein Leitzins nicht sinken: Welche Möglichkeiten hat EZB-Präsident Mario Draghi noch? (Keystone/Boris Rössler)

Die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins auf ein historisches Tief von noch 0,25 Prozent gesenkt. In Deutschland ist man darüber empört und in der Schweiz besorgt. Dabei ist selbst der tiefere Zinssatz noch viel zu hoch.

Für den angemessenen Leitzins gibt es unter Ökonomen und Notenbankern eine beliebte einfache Formel: die Taylor-Regel. Sie zeigt, wo der Leitzins in Abhängigkeit der vorherrschenden Konjunkturlage einer Volkswirtschaft sein muss, damit die Geldpolitik wieder zu einem konjunkturellen Ausgleich führt. Je stärker die Inflation die Zielinflation einer Notenbank unterschreitet und je tiefer das konjunkuturelle Wachstum unter dem Normalwachstum (dem so genannten Potenzialwachstum) liegt, je tiefer muss der Leitzins sein und umgekehrt. Die Arbeitslosigkeit ist in der Regel indirekt berücksichtigt, da ein zu tiefes (konjunkturelles) Wachstum (im Vergleich zum Potenzialwachstum) mit einer hohen konjunkturellen Arbeitslosigkeit einhergeht.

Hier der nötige Leitzins der Eurozone gemäss Taylor-Regel (braune Linie) und der tatsächliche Leitzins der EZB (blaue Linie), der so genannte Hauptrefinanzierungssatz (Refi, vor der Zinssenkung vom Donnerstag). Quelle ist eine Researchnote der Grossbank Sociéte Générale SG:

Taylor-Rule fuer Eurozne

Angesichts der sinkenden Teuerung in der Eurozone und der hohen Inflation würde die Eurozone einen Leitzins von -2 Prozent benötigen, so die Schlussfolgerung des SG-Analysten Kit Juckes. Eine Leitzinssenkung der EZB um 0,25 Prozent sei daher kein «Game Changer».

Ökonomen von Morgan Stanley sind sogar der Meinung, die Entwicklung in der Eurozone zeige «alarmierende» Parallelen zu jener in Japan seit den 1990er Jahren. Zur Erinnerung: Das Land litt mehr als ein Jahrzehnt lang unter einer Deflation (einem sinkenden Preisniveau), einem für das Land aussergewöhnlich tiefen Wachstum und einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit, obwohl die japanische Notenbank die Leitzinsen auf Tiefstwerten belassen hat.

Eine Deflation herrscht zumindest in der Eurozone insgesamt noch nicht vor. Aber die Inflation geht bereits seit einiger Zeit bedenklich zurück und nähert sich der Deflation, wie der folgenden Chart von Morgan Stanley zeigt. Sinkt die Inflation in den negativen Bereich, entspricht das einer Deflation.

Inflation EZ

Eine geringere Inflation tönt auf den ersten Blick nach etwas Positivem. Ist es aber bei dieser raschen Abnahme und wegen den dahinterliegenden Gründen nicht. Denn beides ist ein Symptom der anhaltenden Wirtschaftskrise, was  sich besonders deutlich daran zeigt, dass die Inflation in den Ländern der Peripherie am schnellsten zurückgeht. Unterausgelastete Produktionskapazitäten senken den Preisdruck. Je stärker die Inflation abnimmt, je mehr steigen die Realzinsen – das heisst die kaufkraftbereinigten Zinsen (Nominalzinsen minus Inflation). Das hemmt Investitionen und – weil dadurch auch die Last der hohen privaten und öffentlichen Verschuldung weiter zunimmt – auch alle anderen Ausgaben.

Eine Grafik aus einer weiteren Société Générale-Studie zeigt das Problem der steigenden Realzinsen an einem Vergleich mit dem Wachstum der Eurozone (Real GDP). Als Indikator für das reale Zinsniveau Deutschlands verwendet die Grafik die Rendite der deutschen Staatsanleihen abzüglich der Kerninflation (braune Linie), und für jenes von Italien italienische Staatsanleihen, ebenfalls abzüglich der Kerninflation (graue Linie):

Realzinsen vs growth

Höhere Realzinsen als Wachstumsraten bedeuten, dass in einer Volkswirtschaft die Kosten von Neuinvestitionen bzw. der bestehenden Verschuldung insgesamt stärker steigen als die Einnahmen. Die Grafik sagt uns, dass das in Italien (als Beispiel eines Peripherielandes) besonders ausgeprägt der Fall ist, es aber selbst für Deutschland zutrifft. Mit einer weiter rückläufigen Inflation verschärft sich dieses Missverhältnis weiter.

An die Lage in Japan gemahnt aber nicht nur die Entwicklung der Inflation und der angeschlagene Bankensektor – Thema für ein andermal – sondern auch die Tatsache, dass auch in der Eurozone die Möglichkeiten der gewöhnlichen Geldpolitik demnächst ausgeschossen sind. Unter 0 Prozent kann der Leitzins nicht sinken, jetzt ist er davon nur noch ein Viertelprozent entfernt.

Mario Draghi hat an seiner Pressekonferenz vom letzten Donnerstag alle Bedenken in den Wind geschlagen und von weiteren Möglichkeiten, die er bereit halte, orakelt. Eine Entwicklung wie in Japan drohe nicht und von der Gefahr einer Deflation könne man schon gar nicht reden. Doch was hätte er auch anderes  sagen können, ohne sogleich grosse Unruhe auszulösen?

Die Ökonomen von Morgan Stanley haben Recht, wenn sie in ihrer Studie zum Schluss kommen:

«The refi rate cut in itself may have little impact but it suggests the ECB is ready to act further.»

Die Zinssenkung von letzter Woche für sich genommen bewirkt wenig. Wirksam ist einzig die darin enthaltene Botschaft, dass Notenbankchef Draghi zu weiteren Massnahmen bereit ist: Etwa weiteren 3-jährigen billigen Krediten direkt ans Bankensystem wie schon Ende 2011 und zu Jahresbeginn 2012 über (3-Jahres-LTRO) oder einer negativen Depositenrate. Letzteres würde bedeuten, dass Banken für ihre Einlagen bei der EZB etwas bezahlen müssen. Dadurch sollte das frisch geschaffene Geld auch vermehrt in der Wirtschaft ankommen und nicht gleich wieder auf die Konten der Zentralbank zurückkehren.

Die Erwartung weiterer Massnahmen sollte auf die Schnelle einen besonderen Störfaktor der jüngsten Zeit beseitigen, den zu teuren Euro. Kein Wunder hat dieser Kurs gleich nach der Bekanntgabe der Zinssenkung mit Abgaben reagiert, bleibt aber dennoch deutlich zu hoch. Ein teurer Euro mindert die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone, was vor allem angesichts der grossen Bedeutung von Exporten nach ausserhalb  als wichtigstem verbliebenen Wachstumstreiber von Bedeutung ist. Ein zu teurer Euro sorgt aber auch für tiefere Importpreise und führt so ebenfalls zu einer sinkenden Inflation und zu höheren Realzinsen. Auch hier zeigt sich wieder eine Parallele zu Japan:

«The euro is at risk of resembling the yen of the 1990s and 2000s – a strong currency with weak economic fundamentals – if the eurozone keeps following Japan’s post-bubble path of slow bank deleveraging and poor credit expansion.»

Wie in Japan geht eine schwache Wirtschaftsentwicklung mit einer teuren Währung Hand in Hand, schreibt Währungsfachmann Mansoor Mohi-uddin von der UBS in einem Kommentar in der Financial Times vom Montag. Die Stärke des Euro ist einerseits durch die Schwache Importnachfrage der Europäer begründet, aber auch die die Erwartung, dass die EZB mit ihrer Geldpolitik letztlich doch weniger Gas geben werden als die Amerikaner.

Kein Wunder ermahnt auch Mansoor Mohi-uddin  die EZB – wieder mit dem Hinweis auf die japanische Erfahrung – sehr viel mehr als bisher zu tun:

«The ECB now faces a crucial test. The overvaluation of the euro risks tipping the eurozone into deflation much as the yen’s strength helped force consumer prices lower in Japan… If the ECB is to successfully pursue its inflation target (von 2 Prozent – Anm. MDM) and avoid deflation, it will need to be far more proactive in easing monetary policy than the Bank of Japan historically has been.»

Warum bloss gibt denn die EZB nicht mehr Gas: Sie kann es nicht, weil die genannten Sorgen der Eurozone nicht den Sorgen ihrer Mitgliedsländern entsprechen, nur ihrem gewichteten Durchschnitt. Diese Sorgen sind für einige Länder – konkret jene der leidenden Peripherie – akut, für andere aber kaum der Rede wert – das gilt besonders für Deutschland. Dort ist die Beunruhigung wegen der tiefen Verzinsung der Sparguthaben weit grösser, als die wegen einer drohenden wirtschaftlichen Stagnation. Ausserdem wächst dort die Angst vor Überhitzungen an den Immobilienmärkten.

Der teure Euro ist in Deutschland  zudem ein relativ geringes Problem. Denn hätte das Land noch die Deutsche Mark, wäre diese gemessen in anderen Währungen noch viel teurer. Kein Wunder war Deutschland – gemessen an den Medienberichten – in heller Empörung über den Zinsschritt der EZB. Und kein Wunder haben die deutschen Vertreter im EZB-Entscheidungsgremium gegen den Zinsentscheid gestimmt.

Gemessen an ihrem Auftrag hat die EZB die Argumente auf ihrer Seite, alles zu unternehmen, um zumindest wieder eine höhere Inflationsrate von rund 2 Prozent für die ganze Eurozone hinzubekommen. Angesichts der sehr tiefen Teuerung in den Peripherieländern hätte das aber eine Inflation von mehr als 2 Prozent in Deutschland zur Folge, was dort ebenfalls auf deutlichen Widerstand stossen würde.

Dieser Widerstand der grössten Wirtschaftsmacht Europas macht aber eine derart entschiedene und aggressive Geldpolitik, wie sie die Gefahren erfordern, weniger glaubwürdig. Die Notenbank fährt sozusagen mit angezogener Handbremse. Das allein sorgt für die Aufwertung der Währung, weil die Amerikaner hier weniger Skrupel haben und viel die Geldpresse auf Volltouren weiter laufen lassen.

Dass die einheitliche Geldpolitik das einzige wirtschaftspolitische Instrument zur Bewältigung der Krise ist, erweist sich einmal mehr als bedeutender Hemmschuh für eine ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung der Eurozone.

Ein abschliessendes Wort noch zu den Folgen für die Schweiz, die sich angesichts geringer Aussichten auf ein absehbares Ende der Krise nach wie vor in einer ungemütlichen Lage befindet: Gibt die EZB tatsächlich noch mehr Gas und sinkt der Wert des Euro – was die Eurozone brauchen könnte – steigt der Aufwertungsdruck auf den Franken erneut. Tut die EZB zuwenig, droht sich dagegen die Eurokrise weiter zu verschärfen, was aus Schweizer Sicht ebenfalls wenig berauschend ist. Auf keinen Fall empfiehlt es sich für die Schweizerische Nationalbank angesichts dieser anhaltenden grossen Unsicherheiten, an eine baldige Aufgabe der Untergrenze von 1.20 Franken pro Euro zu denken oder bald an der Zinsschraube zu drehen. Das hat aber zur Folge, dass auch hierzulande die Gefahr einer Immobilienblase wieder steigt.

 

57 Kommentare zu «Das Urproblem der EZB wird erneut akut»

  • Bruni Giordano sagt:

    Das Problem entsteht auch dadurch, dass die heutige Wissenschaft sich sehr intensiv mit der Interpretation von Ausblicken, Extrapolationen, Trends, Statistiken(status erat) etc. befassen muss. Nicht genug damit, nach kurzer Zeit, auch wiederholend sogar, müssen die revidierten Facts wieder intensiv gelesen werden, was mind. einem halben Leerlauf gleichkommt.
    Es ist einfach unlogisch, eine fluide, schwer berechenbare Oekonomie mit arithmetischen, geometrischen, oder noch extremer physikalischen Parametern zu messen. Dies sind nicht die geeigneten Werkzeuge für eine laufend sich bewegende Oekonomie. Daher kommen öfters Fehlanalysen zustande, wie z.Bsp. die Kneschaurekstudie in den 60er Jahren (die CH hat 10 Mio Einwohner1970) oder Anderes.
    Auch die subkutane Angst, fast phobiemässig, wegen einer übersteigerten Inflation (schliesslich kommt es dann zur Deflation)
    ist verständlich, geschichtsmässig betrachtet, aber heute vollkommen inadäquat.
    Es kommt mir vor, wie wenn der Bootschef die Ruderer anweist, langsamer Richtung Wasserfall zu rudern, und nicht merkt,
    dass er eigentlich die Richtung wechseln sollte. Have a good fall!

  • AngieGR sagt:

    Wann begreift man das endlich unter all den unfähigen Politikern in Europa, dass, so lange an den wichtigsten Schalthebeln in der „EU-Kommandatur“ in Brüssel und anderswo, unverantwortliche Ex-Goldman Sachs-Leute sitzen und mit ihnen die Großbanksters, so wie die -industriellen das Sagen haben, in dieser EU von heute, nichts, aber auch gar nichts gut funktionieren wird.
    Die EU in ihrer heutigen Form und mit dem aufgeblasenen Monster-Parlament, so wie mit ihrer illegitimen Kommission und ihrem selbstgefälligen, eben so illegitimen Kommissionspräsidenten, Barroso, wird sich zum Wohlgefallen der US-Regierung, der US-Großindustrie und der FED-Besitzer, selbst zerstören. Vor Dummheit sind nur wenige gefeit.

  • Hugo sagt:

    Die Inflationsrate (Neusprech, denn eigentlich ist ja die Preissteigerungsrate gemeint) liegt für Deutschland bei etwa 5%, wenn man die ganzen Manipulationen wie z.B. Warenkorbzusammenstellung und hedonische Methoden einmal weglässt. (Für die Südländer mag das anders sein.) Also nix mit Deflation. Das Problem der EZB ist es einen Leitzins für mindestens zwei unterschiedliche Wirtschaftsräume (die Südländer und die Nordländer) festlegen zu müssen. DAS ist das Problem der EZB.
    Das mit dem teueren Euro ist auch Mist. Deutschland ist nun einmal das Schwehrgewicht der Eurozone. Geht es Deutschland gut, dann stieg früher die D-Mark und heute der Euro. Eine gesunde und starke Volkswirtschaft geht nun einmal mit einer starken Währung einher. Man könnte natürlich die deutsche Wirtschaft schwächen (siehe Diskussionen um zu große Exportstärke Deutschlands in der EU. Nur wer soll dann bitte die Südländer durchfüttern?
    An dieser Stelle muß ich mich korrigieren. Das Problem der EZB IST der Euro. Er ist für die Südländer zu stark und die Nordländer zu schwach. Das ist wie eine Kleidergröße für alle. Da ergeben sich eine Menge Einsparungen in der Produktion. Nur passen wird die Kleidung dann kaum jemanden.

  • Wenn es nach dem französischen Minister Arnaud Montebourg ginge, käme die Inflation sofort
    http://alternativlos.tk/2013/11/frankreichs-arnaud-montebourg-setzt-ezb-unter-druck/

  • Michael Schwarz sagt:

    @Hr. Meier(der Autor dieses Artikels)

    Die Zinsniveau innerhalb der EU-entwickelten Länder und der Schweiz sind immer noch zu hoch. Diese Schlussfolgerung kame ich schon vor einem Jahr als Draghi verweigerte den Zinssatz schnell zu senken. Wie gesagt, die Leute von EZB sind Anpasser, kein Lenker. Sie haben die Situation nicht einmal richtig erkannt. In letzten Jahren hat die EZB die Situation im Finanzmarkt mehre Male falsch beurteilt. Das sollte niemand überraschen.wie die EZB jetzt aufgestellt ist. Die Zinssenkung käme mind. 9 Monate zu spät.

  • ast sagt:

    „Wirksam ist einzig die darin enthaltene Botschaft, dass Notenbankchef Draghi zu weiteren Massnahmen bereit ist:“

    Diese Wirksamkeit macht sich vor allem auf den Wertpapiermärkten inflationär bemerkbar, während die Realwirtschaft Deflationär wird. Wenn die Bazooka dann erschöpft sind, geht es dann halt in die andere Richtung.

    Vermutlich geht es in umgekehrter Richtung schneller Abwärts an den Märkten als jetzt der Crash Up -Boom eine Scheinstabilisierung des Finanzsystems vorgaukelt.

    Dasselbe gilt auch für die USA, sollte Yellen irgendwann doch die Bilanzausweitung der FED wieder zurück fahren müssen.

    Ein stabiles Zurückfahren -wenn überhaupt möglich- kann nur durch hohe Inflation eingekauft werden. Dazu allerdings müsste die Realwirtschaft in besserem Zustand sein als jetzt. Eher vermute ich dass die Deflation demnächst nicht nur die Realwirtschaft umfasst, sondern auch Immobilienmärkte und die Aktien- Börsen, Anleihen.

    • will williamson sagt:

      Dass viel Liquidität, jetzt noch verbunden mit tiefen Zinsen, die Börsen antreibt, ist eine altbekannte Tatsache. Dass die Abwärtsbewegung, insbesondere beim Crash, schneller verläuft als die Aufwärtsbewegung desgleichen.

  • Elisa sagt:

    Wen wundert’s, dass Deflation in der EU droht? Es fehlt ganz einfach das Geld für den Konsum und die Investitionen. Die Begüterten allein machen die Suppe nicht fett mit ihrem Konsum, ein kapitalistisches Wirtschaftssystem braucht den Konsum der Masse. Wenn aber das Geld nicht vorhanden ist, sinkt die Nachfrage und danach fallen die Preise.
    In Griechenland senkt sich nach offizieller Meldung in der Presse das Preisniveau der Waren markant. Italien steht vor einer Bankenkrise, die sich mit allen korrupten Ingredienzien gewaschen hat, zudem steigt die Arbeitslosigkeit weiter an. Frankreich steht vor der Pleite. Spanien versucht sich mit kreativer Buchführung und Bilanztricks mehr schlecht als recht durch die Finanzkrise zu mogeln. Sieht ganz danach aus, als hätte Draghi die Sache nicht mehr im Griff.

    Mit Deutschland haben diese Entwicklungen wenig zu tun, als vielmehr mit nationalen Mentalitäten und geschichtlich gewachsenen ökonomischen Verhaltensweisen, denen anscheinend nicht beizukommen ist – auch oder schon gar nicht mit ökonomischen Theorien. Die sind nämlich den Völkern schnappe wurscht. Dass die Deutschen dafür ständig bluten sollen, ist nicht einzusehen. Deutschland scheint der Prügelknabe für alle ökonomischen Miss(t)stände in Europa zu werden. So geht’s auch nicht! (DWN, EZB ist nervös: Weitere Not-Maßnahmen angekündigt)

    • Ueli sagt:

      @Elisa
      Der Anfang ihrer Analyse ist o.k. – nur um dann in den übelsten Kulturdarwinismus (die neuste Variante des Faschismus) zu münden.
      Die Lernkurve der Menschheit – nicht sehr beeindruckend.

      • A. Meier sagt:

        @Ueli
        Seh ich auch so…
        Statt Kulturdarwinismus und der Rhetorik der „faulen Südfrüchte“ muss Elisa sich einmal fragen, wer denn von der Eurozone profitiert hat und weiterhin profitiert. Richtig, die Deutsche Exportwirtschaft!
        Und wer hat die haarsträubende Idee einer Einheitswährung für ganz Europa in die Welt gesetzt? Richtig, D mit F.
        Wer hat miit der Politik der winkenden Brieftasche die mediterranen Länder überhaupt erst in die EU gelockt? Helmut Kohl.
        Und wer hat aus einer Freihandelszone eine mehr und mehr diktatorisch agierende ‚politische Union‘ gemacht? Eben….

  • Oliver sagt:

    Etwa weiteren 3-jährigen billigen Krediten direkt ans Bankensystem wie schon Ende 2011 und zu Jahresbeginn 2012 über (3-Jahres-LTRO) oder einer negativen Depositenrate. Letzteres würde bedeuten, dass Banken für ihre Einlagen bei der EZB etwas bezahlen müssen. Dadurch sollte das frisch geschaffene Geld auch vermehrt in der Wirtschaft ankommen und nicht gleich wieder auf die Konten der Zentralbank zurückkehren.

    Banken werden also mehr Kredite gewähren a) wenn sie für ZB Guthaben weniger bezahlen (billigere Kredite) oder b) wenn sie für ihre ZB Guthaben mehr bezahlen müssen (negative Depositenrate)???

    Guthaben bei der ZB gelangen jedenfalls nie an die Wirtschaft, denn diese können per Definition nur von Banken gehalten werden. Und Banken können sich genau aus diesem Grund systemisch betrachtet ihrer ‚excess reserves‘ auch nicht entledigen. Diese sind einfach da und werfen entweder was ab (interest on reserves) oder kosten halt. Jedenfalls widersprechen sich die beiden Aussagen und beide deuten auf ein falsches Verständnis des vorhandenen dualen Geldsystems hin.

    • Anh Toan sagt:

      @Oliver: Erscheint mir absolut richtig, was Du schreibst:

      Von den Banken wird mehr Eigenkapital verlangt. Weil MDM schreibt, Geldpolitik sei die einige wirtschaftspolitische Massnahme zur Lösung der Krise, muss ich einfügen, das das auch eine von vielen wirtschaftspolitischen Massnahmen ist. Diese wirkt bremsend auf die Kreditvergabe, da das Ziel des realtiv (zu Anlagen=Bilanzsumme und/oder Risiko) zumindest zum Teil auch mit Reduktion der Bilanzsumme erreicht wird. Dividendenverzicht dauert zu lange, der Kapitalmarkt scheint auch nicht attraktiv für Banken. (Banken wechseln doch nur Geld aber verdienen keins mehr.)

      Ein tieferer oder gar negativer Zins bei der Zentralbank vermag kein Eigenkapital bei den Banken zu schaffen, was diesen ermöglichen würde, Kredite zu vergeben.

      Es ist widersprüchlich, von den Banken zu erwarten, sie würden mehr Kredite gewähren, und andererseits von ihnen zu verlangen, mehr Eigenkapital zu schaffen.

      • Josef Marti sagt:

        Mehr EK wird nur von sog. systemrelevanten Banken verlangt. Ausserhalb dieser Staatsbetriebe können die Bankkunden selber entscheiden ob sie einer Bank mit minimer EK Ausstattung vertrauen oder nicht. Das hängt dann auch davon ab wie weit die jeweilige staatliche Einlagenversicherung – welche ja eigentlich Wettbewerbsverzerrung ist – im einzelnen Land ausgedehnt wird.

        • Anh Toan sagt:

          Die kleinen Banken gewähren Kredite vorzugsweise als Hypotheken, und selbst in diesem Segment haben in der Schweiz die beiden Grossbanken zusammen 35%. Im Kommerzkreditgeschäft, bei welchem das Geld in expandierende Unternehmen fliesst und damit in Arbeitsplätze und Erwerbseinkommen, dürfte der Marktanteil der Grossbanken deutlich höher liegen.

          Darum wird im Ergebnis der gesamten Politik (viel billiges Geld, höhere EK Vorschriften für Banken, mit weiteren margenschmälernden Auflagen wie Fatca usw.) mit dem billigen Geld vor allem die Immobilienpreise stimuliert (aufgeblasen?), während in der Realwirtschaft, ausser der Bauindustrie, nicht viel ankommt.

          Ich spreche mich hiermit weder gegen höhere Eigenkapitalvorschriften noch gegen höheren regulativen Aufwand für die Banken aus, auch wenn ich die Aufspaltung der grossen Banken für prioritär halte, weil das EK Problem damit bereits nicht mehr systemrelevant wäre, ich will nur die Konsequenzen, welche diese Massnahmen logischerweise haben, beschreiben.

          Dazu kommen die staatlichen Sparmassnahmen, die ich zwar für notwendig zwecks Erhalt des Vertrauens erachte, die aber dennoch kurzfristig zweifellos bremsend wirken.

      • Oliver sagt:

        Darauf wollte ich zwar nicht direkt heraus. Reseven und EK sind eben nicht das Gleiche. Aber die von Ihnen genannten Widersprüche sind sicher nicht weniger eklatant.

        • Ahn Toan sagt:

          @Oliver: Mir ist der Unterschied zwischen Reserven (können von der Zentralbank mittels Buchungen erhöht werden), und Eigenkapital (Muss im aktuellen Umfeld von der Bank durch Reduktion der Bilanzsumme relativ erhöht werden) schon klar.
          Ossi Grübel bringt meine Argumentation auf den Punkt mit:

          Mit schrumpfenden Banken gibt es kein Wirtschaftswachstum.

  • pedrobergerac sagt:

    Das generelle Problem der EZB ist unser Falschgeldsystem.

    http://der-klare-blick.com/2013/10/das-falschgeldsystem-sehr-anschaulich-erklart/

    • will williamson sagt:

      Die Theorie vom Falschgeldsystem hält sich hartnäckig. Die Betrachtung ist aber falsch. Rittershausen hat schon in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts festgestellt, dass Geld durch die Umwandlung eines Privatkredits in einen Bankkredit entsteht. Geld ist dadurch charakterisiert, dass es als allgemeines Zahlungsmittel verwendbar ist, was auf den Privatkredit nicht zutrifft. Wenn man vom Tauschhandel ausgeht, sind die Tauschrelationen in den wenigsten Fällen 1:1 erfüllt. Also muss derjenige, der eine Leistung erbringt (Verkäufer), Geld erhalten, das er für den Kauf anderer Waren einsetzen kann. Der Leistungsempfänger (Käufer) muss die benötigte Summe von der Bank holen, um dem Verkäufer die Zahlung zu leisten. Mit der Zahlung wandert der Kredit als Guthaben auf das Konto des Verkäufers, d.h. die Bank schuldet nun den Betrag dem Verkäufer und der Käufer schuldet den Betrag der Bank. Genau genommen hat nicht die Bank, sondern der Verkäufer das Geld geschaffen. Die Bank handelt nur als Clearingstelle und verlangt dafür Zinsen. Der Ablauf kann am Beispiel des Wechseldiskonts relativ anschaullich verfolgt werden.

      • K.A. Barett sagt:

        @will williamson: Ihre Erläuterungen scheinen mir stichhaltig zu sein. Es ist klar, dass hinter jedem Geldschein eine reale Leistung stehen muss. So habe ich das immer verstanden. Wenn nun aber die Geldmenge, gemessen an der Produktivität einer Volkswirtschaft, durch die Notenbank überproportional aufgebläht wird, entsteht meiner Meinung nach, und das ist diejenige eines „blutigen“ finanztechnischen Laien, über eine bestimmte Zeitachse gesehen, ein veritables Problem. Sofern ich das richtig sehe, reicht aber die Produktion an sich noch nicht. Die hergestellten Produkte müssen auf den Märkten auch noch verkäuflich sein, und das zu einem auskömmlichen Preis. Jeder Verkäufer einer Ware oder einer Dienstleistung setzt sich immer dann dem Wettbewerb aus, wenn er mit seinen Produkten auf den Markt geht. Wenn die Thesen linker Ökonomen stimmen würden, wäre das Leben einfach. Man löst alle Probleme über die Stärkung der Nachfrage. Ansonsten kann man den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.

        • Josef Marti sagt:

          Welche linken Ökonomen in den Zentralbanken meinen Sie denn? Meines Wissens sind das alles Monetaristen die bisher das QE betrieben haben im Zusammenspiel mit der gleichzeitigen Austeritätspolitik deren bürgerlichen Regierungskollegen.
          Bekanntlich ist die Geldpolitik in der Liquiditätsfalle aber ziemlich hilflos, es bleibt nur die Fiskalpolitik und deficit spending. Wo sind denn hier brauchbare Ansätze von „rechten“ Ökonomen??

      • Brand Hilmar sagt:

        @will williamson
        Sie wischen die Theorie vom Falschgeldsystem einfach so vom Tisch, indem Sie eine banale Kauf/Verkaufs-Transaktion schildern, ohne aber den Hintergrund der Kreditgelderzeugung (aus dem Nichts) durch Bilanzverlängerung der Bank zu erwähnen, geschweige denn die fehlende Wertdeckung der Währung (eben nicht Geld, weil Geld hat zwingend Wertaufbewahrungsfunktion) zur Kenntnis zu nehmen, und die Verwässerung der sich bereits in Umlauf befindlichen Währung durch neugeschaffene ist offenbar auch nicht Teil der Betrachtung. All diese Elemente kombiniert verdienen mindestens den Begriff Falschgeld (Ponzisystem kommt noch dazu).
        Haben Sie das Video von Mike Maloney gesichtet (im Klarblick-Link von pedrobergerac)? Dann sagen Sie mir doch, welcher Teil an den gezeigten Vorgängen der Falschgelderzeugung nicht stimmt. Wenn Ihnen das nicht gelingt, dann ist eben Ihre Betrachtung falsch…
        Das bestehende Falschgeldsystem steht und fällt mit dem Glauben daran; weil es ist nichts dahinter. Der Kaiser ist nackt!

        • Brand Hilmar sagt:

          „Dauerfazit: Das größte Risiko für unsere heutige Gesellschaft ist das uns umgebende Falschgeld (ungedecktes Monopol-, Zwangs- und Kreditgeld) sowie seine Quelle, die planwirtschaftlich Zinshöhen beziehungswese Zinstiefen festsetzenden Notenbanken! Trocknet die Quelle aus: End the Fed!“

          (http://ef-magazin.de/2013/10/16/4579-falschgeldsystem-kredit-ohne-limit-fuehrt-zu-chaos)

          • Josef Marti sagt:

            Dieses sog. Falschgeld geht schon weit in die Zeit vor den Zentralbanken zurück als die Goldschmiede merkten dass sie für das bei ihnen deponierte Gold locker 3 mal soviele Wertscheine herausgeben konnten ohne ein grosses Risiko einzugehen wenn sie die volle Golddeckung versprachen. Darum ist ja der Geldschein nichts anderes als „Schein“-Geld. Also sollte man das hier nicht als spezielle Erfindung der bösen Zentralbanken aufblasen.

        • will williamson sagt:

          Zumindest die Realwirtschaft besteht ja aus solchen – wie Sie es nennen – banalen Transaktionen. Wenn Sie mein Beispiel richtig interpretieren, steht dem Kredit eben nicht nichts, sondern die Leistung des Verkäufers gegenüber. Sobald der Käufer die Überweisung veranlasst hat, schuldet die Bank den Betrag dem Verkäufer. Wenn der Käufer dann keine Rückzahlung leistet, geht der ausfallende Betrag zu Lasten von Gewinn und/oder Eigenkapital und nicht zu Lasten von nichts. Sonst könnten ja die Banken aus dem Kreditgeschäft gar keine Verluste erleiden.

          Dass die Banken den Kredit als Bilanzverlängerung buchen, ist mir auch bekannt. Ich habe aber damit ein Problem. Ich habe während vielen Jahren Firmen administriert und teilweise erhebliche Kredite gehabt, die ich nur teilweise oder gar nicht benützt habe. Für mich waren das quasi Versicherungen für den Fall eines vorübergehenden Liquiditätsmangels. Zinsen habe ich sodann nicht auf der vertraglichen Kreditsumme, sondern auf dem Betrag des benützten Kredits bezahlt. Wenn die vertragliche Summe als Bilanzverlängerung gebucht wurde, müsste bei Beanspruchung z. B. bei Barauszahlung nochmals gebucht werden (Debioren an Kasse). Dadurch würde der Rahmenkredit noch erhöht, was ja sicher nicht richtig sein kann. Können Sie mir erläutern, wie in diesem Zusammenhang die Buchungen lauten? Dank im Voraus!

          • will williamson sagt:

            Als Ergänzung wäre noch zu erwähnen, dass beim Wechselkredit bei Nichteinlösung des Wechsels der Verlust nicht bei der Bank, sondern beim Verkäufer, der den Wechsel gezogen hat, landet. Der erleidet dann für seine Leistung einen Totalausfall. Insofern erscheint mir die Zwischenschaltung der Bank für den Leistungserbringer von Vorteil. Dass die Bank für das Verlustrisiko eine Entschädigung verlangt, scheint mir nicht ungerechtfertigt. Dass die Banken wie wild Blanko-Kredite verleihen, ist mir noch nicht aufgefallen. In der Regel müssen Sie ja mindestens 400% Sicherheiten hinterlegen, um einen zu erhalten. Die dubiosen Transaktionen scheinen mir überwiegend im reinen Finanzbereich und weniger in der Realwirtschaft vorzukommen. Wahrscheinlich müsste man den Banken auch den Eigenhandel einschränken oder verbieten. Im Übrigen habe ich nichts dagegen, wenn jemand ein besseres Geldsystem einführt. Konkrete Vorschläge macht die Vollgeldbewegung (vollgeld.ch).

      • Josef Anton sagt:

        @ Will

        Es handelt sich hier um eine Begriffsverwirrung.

        Manch einer, ob zurecht oder nicht, bezeichnet die Funktion der Geldschaffung durch die Banken als Falschgeldsystem. In diesem Zusammenhang müssen wir die Reaktion der Zentralbanken mit berücksichtigen. Wenn diese Kredite nicht durch die Zentralbanken „monetized“ werden, also in Zeiten der Krise nicht teilweise auf der Bilanz der Zentralbanken landen und in der Verantwortung des Kreditgebers verbleiben, dann wäre der Begriff „Falschgeld“ tatsächlich unangebracht. Jedoch, wie dies heute abläuft, wenn die Zentralbanken ihre Bilanz zwecks Umverteilung der Kosten des Risikos vom Kreditgeber auf die Währung vornimmt, ist es wohl legitim, den Begriff „Falschgeld“ zu verwenden.

        Die Frage stellt sich, inwiefern die Zentralbanken je einmal in der Lage sein werden, diese „monetized“ Kredite wieder von ihren Bilanzen zu entfernen. Da man allerdings mit gutem Grunde annehmen darf, dass dies nie der Fall sein wird, sollte man sich wirklich Gedanken über die Funktion der Zentralbanken machen, wem sie wirklich dienen und inwiefern dieses Vorgehen langfristig gesellschaftliche Konsequenzen nach sich zieht.

  • Felix Gauch sagt:

    Die einheitliche Währungspolitik, Herr Diem Meier, ist nicht die einzige Möglichkeit, der Euro-Krise Herr zu werden. Es gibt immer noch die Möglichkeit, von Brüssel aus mit Finanzspritzen steuernd einzugreifen. Allerdings hätte vor Einführung des Euro ein Stabilitätsfond eingerichtet werden müssen, vor allem aus Zahlungen erfolgreicher Konzerne (Erhöhung der Steuerlast; der Verdienst der CEO zeigt, dass zu wenig Steuern bezahlt wird). Mit der heutigen Schlagkraft allerdings, und dies zeigen die gesprochenen Gelder von gestern zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen, kommt man nirgends hin. Restrukturierungen in peripheren Ländern versprechen bloss einen langen Weg in eine nachhaltige Zukunft, da werden noch viele Menschen unten bleiben.

  • K.A. Barett sagt:

    Als unbedarfter Nicht-Ökonom stelle ich mir die simple Frage: Ist die Überschwemmung von (noch) nationalen Volkswirtschaften mit Notenbankgeld im Rahmen eines Staatenbundes auch dann vertretbar, wenn dessen wirtschaftliche Effizienz zu einem hohen Prozentsatz von einem einzigen Mitgliedsland, sprich Deutschland, sichergestellt wird? Nach Massgabe des einfachen, aber gesunden Menschenverstandes ist die Wahrscheinlichkeit doch hoch, dass nicht kompetitive Volkswirtschaften in diesem in wichtigen Bereichen noch immer losen „Verein“ , genannt EU, zu viele Staaten zu viele Leistungen „verfrühstücken“, aber zu wenig produzieren und verkaufen. Handelt es sich hier wirklich um eine „Milchmädchenrechnung“, wenn man befürchtet, dass das Prinzip „Augen zu und durch“ in das besagte Auge selbst gehen könnte? Das real existierende Korruptions-Problem im Süden einerseits, vor allem der herrschenden Eliten, die aus verständlichen Gründen grosse Staatsgläubigkeit der wenig oder nichts Besitzenden andererseits, haben zu einem unerfreulichen und gefährlichen Status quo geführt, der zwingend erforderliche Reformen nicht nur erschwert, sondern verunmöglicht. Beispiele: Duales Ausbildungssystem mit Schwergewicht auf einer soliden Berufsausbildung, Eliminierung von Massenunisersitäten, die Akademiker „produzieren“, welche der Arbeitsmarkt gar nicht braucht, Ausdünnung der staatlichen Bürokratie, Absenkung der Spitzensteuersätze, am besten Einführung einer Flat-Tax. Aber immer nur Geld drucken?

    • ast sagt:

      Weder die FED noch die EZB drucken Geld 🙂

      Das Bild von Bernanke welcher Geld aus einem Helikopter abwirft könnte falscher nicht sein. Die Bilanz der Notenbanken wurde durch den „Kauf“ von Staatsanleihen aufgebläht, es gab „billige Kredite“ an Banken, aber die Geldmenge Richtung Realwirtschaft blieb praktisch unverändert. Das führte auch zu asymetrischen Preisentwicklungen im Warenkorb, den man nutzt um die Inflation zu bemessen. Autos wurden billiger, Immobilien und Wertpapiere teurer (Immobilien bei uns und in Deutschland höher, in Spanien,Portugal,Griechenland billiger). Der Warenkorb mit dem man Inflation bemisst, der hat aus meiner Sicht weniger Aussagekraft als früher.

      Es kommt noch schlimmer, in der Realität wirkten die Quantitative Easing- Massnahmen als gigantischer Geld -Staubsauger, aus der Realwirtschaft wurde Geld in Produkte der Finanzindustrie hoch gesogen.

      Die Rentabilität der Produkterzeugung nimmt ab, die Rentabilität von Aktien und anderer Wertpapiere im Vergleich aber zu. Ohne Konjunkturprogramme unter dieser Austerizitäts -Politik findet so bloss eine Umschichtung der Vermögen zu Gunsten von Grossinvestoren statt.

      Die Politik passt somit für die Realwirtschaft nicht zu den Massnahmen der EZB, im Gegenteil.

      • thomas bentele sagt:

        Heli-Ben heißt er meines Wissens nach nur, weil er für den Notfall, wenn seine wissenschaftliche Pamperung der Banken „gegen jede Vernunft“ nicht zum Erfolg führen sollte, zeigen wollte, daß er noch etwas in der Hinterhand hat. Nur ein Versprechen, das ihm ermöglichen sollte, um so unbekümmerter zu gunsten seiner Wall-Street Freunde den Kredithebel der Banken zu verlängern.
        Ob die Realwirtschaft an Kredite rankommt oder nicht geht ihm am A…. vorbei, und Geld vom Himmel regnen zu lassen hatte er bestimmt nie vor.
        Das soll nicht mehr als eine Rannotiz darstellen.
        Ihrer Analyse kann ich nur voll und ganz zustimmen.

    • Ueli sagt:

      @K.A. Barett
      Ich bin auch kein Ökonom Herr Barett – aber eines habe ich begriffen: Das Problem des Kapitalismus 5.0 ist die Überproduktion, welche mit minimalem Humankapital stattfindet (die neue Technologie macht es möglich). Händeringend wird nach Käufern all der schönen Produkte gesucht – nur dummerweise ist das betriebswirtschaftliche Kalkül der einzelnen Konkurrenten dem makroökonomischen Kalkül meist diametral entgegengesetzt und führt dazu, dass die Waren noch wohlfeiler an den Mann/Frau gebracht werden können – während „man/frau“ in Massen keinen Job / oder einen prekären Job hat und sich deshalb nicht die neusten Gadgets leisten kann (ausser wiederum auf Kreditbasis) – egal wie günstig diese auf den Markt geworfen werden. Deswegen war die letzt geplatzte Blase auch viel mehr als nur eine weitere „Finanzkrise“ wie man sie aus der Vergangenheit kennt. Plötzlich kam alles ins Rutschen – von der Immobranche, über die Autobranche, über die Banken- und Versicherungsbranche, die Zuliefererbetriebe, ganze Staaten – die vorher anscheinend quicklebendig waren wurden von heute auf morgen bis Ramschstatus herabgestuft.
      Und meiner Ansicht war das nur ein kleiner Vorgeschmack auf das was noch kommen wird – da beim nächsten Platzen multipler Blasen – die Staaten reihenweise Bankrott anmelden dürfen.

      • Johnny Smith sagt:

        @ Ueli

        Da gibt es doch tatsächlich mehrere Punkte in der Analyse, wo wir zu ähnlichen Einschätzungen kommen. Wer hätte das gedacht…

        Unsere ‚Begründungen‘ für und die Rezepte gegen die Krise(n) dürften allerdings wohl grundsätzlich anders sein.

      • K.A. Barett sagt:

        @Ueli: Ihre Einschätzung teile ich, wenn auch (wahrscheinlich) im Rahmen einer von Ihrer Weltsicht abweichenden Grundeinstellung.

      • Josef Anton sagt:

        Überproduktion

        Die Politik des billigen Geldes führte zu dieser Situation (Fehlinvestitionen) und offeriert ebenfalls die Motivation Arbeitskraft durch Technologie (kapitalintensiv) zu ersetzen.

        Unterschied zwischen Kapital und Geld

        Das erstere kann nur erzielt werden, indem man weniger konsumiert als produziert, während das zweite heute (ohne Goldstandard) beliebig „gedruckt“ werden kann. Wenn man diesen Unterschied nicht klar erkennen kann, kommt man zu falschen Schlussfolgerungen, indem Solvenz mit Liquidität oder vice versa verwechselt wird.

        • Josef Marti sagt:

          Kapital ist als Grundvoraussetzung schon seit Adam und Eva vorhanden in Form von Grund und Boden sowie Rohstoffen bevor ich überhaupt etwas produziert habe. Die Saudis können tausendmal mehr konsumieren als produzieren und trotzdem vermehrt sich das Kapital; sie müssen sich nicht mal anstrengen um die Rohstoffe selbst zu fördern, das übernehmen die dummen Abnehmer gleich selbst.
          Kein Wunder betreiben die Amis immer mehr selbst Rohstofförderung, in Zukunft wird die Bedeutung von Rohstoffen für die Weltwirtschaft absolut entscheidend. Grund und Boden stellt nach wie vor den stärksten und stabilsten Anteil des BIPS in der Verteilungsrechnung, also Mieten/Pachten und teilweise auch Zinsen; die Profite sind ziemlich schwankend und vielen Einflüssen ausgesetzt, die Löhne sind die Restgrösse, die beliebig zugunsten der anderen Anteile gedrückt werden können.

        • Ueli sagt:

          @Josef Anton
          „Die Politik des billigen Geldes führte zu dieser Situation…“
          Sie probieren einfach mal wieder den Notenbanken und Politikern die „Schuld“ in die Schuhe zu schieben – irgendwie hat das hier bei vielen Blogschreibern „System“ – das man eben systematisch die Funktionsweise des Systems Kapitalismus ausblendet und den „Bösen“ immer von „aussen“ (quasi aus dem Weltraum) ins Spiel bringt.
          Die Politik des „billigen Geldes“ ist eine Folgeerscheinung der Überproduktion mit minimalem Humankapital, da somit wenigstens der dringend benötigte Kreditkreislauf aufrecht erhalten werden kann. Würde dieser auch noch kollabieren – wäre dies wohl der Anfang vom Ende. Aus diesem Grunde war man ja auch vor ein paar Jahren in heller Panik als ein paar systemrelevante Banken wackelten – diese sind eben SYSTEMRELEVANT im wahrsten Sinne des Wortes.
          Es ist im Kapitalismus kein Erfolgsausweis, dass man „weniger konsumiert als produziert“. Nach dieser Logik wären die Chinesen das reichste Land der Welt und die USA bitterarm. Das Stichwort hier ist: Defizitkreislauf.

          • Josef Anton sagt:

            Die Politik des “billigen Geldes” ist eine Folgeerscheinung der Überproduktion mit minimalem Humankapital

            Genau umgekehrt!

        • Johnny Smith sagt:

          „Die Politik des billigen Geldes führte zu dieser Situation (Fehlinvestitionen) und offeriert ebenfalls die Motivation Arbeitskraft durch Technologie (kapitalintensiv) zu ersetzen.“

          Gut beschrieben. Geld wird billiger bzw. gratis gemacht und Zentralbanken drücken Liquidität in den Markt, kein Wunder wird versucht (gleich teure) Arbeitskraft mit (künstlich billig gemachter) kapitalintensiver Technologie zu ersetzen.

          @ Ueli: obiger Satz mit einer Überlegung zum Problem ‚Überproduktion‘ zeigt aber auch auf, dass Überproduktion nicht ein Problem des Kapitalismus an sich ist, sondern ein Problem kreiiert von der leider heute praktizierten Unmässigkeit und Grenzenlosigkeit der Zentralbanken. Wenn diese den heutigen Weg weitergehen, werden Zentralbanken zu den Totengräbern des Kapitalismus (was wohl ganz in Ihrem Sinn sein dürfte).

          • Ueli sagt:

            @Josef Anton @Johnny Smith
            Meine Herren! Sie tun beide so, als ob die Verdrängung von menschlicher Arbeitskraft durch neue Technologie – im Kapitalismus eine Neuigkeit darstellt. Genau das Gegenteil ist der Fall – der Take-off des Kapitalismus im 18. Jahrhundert war mit einer solchen Innovation (Dampfmaschine, Baumwollverarbeitungsmaschine u.a.) erst möglich. Diese Industrie steckte verglichen mit der heutigen freilich immer noch in den Kinderschuhen und war extrem angewiesen auf massenhafte Anwendung menschlicher Körperkraft. Die nächste grosse Revolution war dann der Fordismus / Taylorsystem mit dem Fliessbandprinzip – auch dieses war immer noch auf massenhafte Anwendung menschlicher Körperkraft angewiesen. Aber schon damals war der Anteil an Maschinen, welche in Kombination mit den Arbeitern eingesetzt wurden, massiv gestiegen. Heute ist dieses Verhältnis „Investiertes Kapital / menschliche Arbeitskraft“ in den modernen Industriestaaten (z.B. Deutschland) so hoch, dass man z.B. in der Autoindustrie pro menschliche Arbeitskraft – mehrere Millionen Euro Kapital (Roboter, Computer, sonstige Maschinen, Fabrikhallen, Büros) investieren muss.

          • Josef Anton sagt:

            @ Ueli

            Es geht weniger darum neue Technologien zu verteufeln, sondern darum, wer erstens die Früchte daraus erntet und zweitens, dass solch eine Entwicklung die Regeln der Nachhaltigkeit nicht verletzt (massvolles Vorgehen).

            Wenn die Zentralbanken das Geld aus den Taschen der sich auf persönlicher Ebene verantwortungsvoll, nachhaltig und risikoscheu verhaltenden Menschen via entsprechender Geldpolitik klaut (inkl. der Schwierigkeiten im Bereiche risikoarmer Investitionen für Pensionskassen) und es jenen, welche sich „risikofreudig“ verhalten, durch verschiedene Mechanismen zuschiebt, verändern sich viele Parameter des gesellschaftlichen Systems, indem „moral hazard“ quasi institutionalisiert wird. Dies ist vergleichbar mit der Idee, dass man den Bruder bestraft, wenn einer der Jungen Scheisse baute und dies nun als Regel festlegt. Was glauben Sie, wie sich das Verhalten dieses immer wieder bestraften Bruders langfristig ändern wird? Was glauben Sie, wie sich dies auf das gesellschaftliche Verhalten auswirken mag?

          • Ueli sagt:

            @Josef Anton
            Es war auch nicht die Rede von Technologiefeindschaft und der Rückkehr zur Jäger- und Sammlergesellschaft mit 7 Milliarden Menschen. Es ist schon interessant wie man sofort in eine fortschrittsfeindliche Ecke gestellt wird, sobald man auch nur mal anfängt unser sozioökonomisches System zu hinterfragen. Es geht doch vor allem darum, dass erst die moderne Technologie (Roboter, Computer, Nanotechnologie u.a.) die Widersprüche des Kapitalismus (mikroökonomisches Kalkül vs. makroökonomisches Kalkül) auf die Spitze treiben konnten. Deswegen sollte aber unsere Reaktion auf diesen Fakt nicht in der idiotischen Handlung enden, dass wir alle unsere Computer zerstören und uns einen Speer kaufen, sondern dass wir uns überlegen – wie wir unser veraltetes sozioökonomisches System, welches aus dem 18. Jahrhundert stammt – den modernen Herausforderungen anpassen. Die List der Geschichte ist, dass diejenigen Faktoren (Kapitalismus, bürgerlicher Staat, bürgerliches Recht), welche vor 220 Jahren die grösste kulturelle Revolution der Menschheit starteten – zu einem Hemmschuh der Entwicklung der Menschheit wurden und auch nicht irgendwie eine „Renaissance“ erleben könnten. Aber genau so wie die Adligen des Ancien Régime können sich natürlich die heutigen Bürger nicht vorstellen, dass ihre Zeit als Motor der Geschichte abgelaufen ist – aber es fehlen freilich zwei Elemente für eine Neuauflage der französischen Revolution: das Bewusstsein und der Wille – dem Spuk ein Ende zu bereiten.

  • Johnny Smith sagt:

    Modellgläubigkeit pur bei MDM, Hauptsache das Modell führt zu seinem gewünschten Resultat (Anti-Deutschland, Anti-Sparen, Superexpansive Geldpolitik, tiefere Zinsen, Gelddrucken bis zum Umfallen, etc.etc.)!

    Mit den obigen Worten von John Peer: „Kann eine Regel sinnvoll sein, die behauptet, dass man Geld dafür bekommen sollte, dass man sich Geld ausleiht (negative Zinsen)?“

    Wieso senkt die EZB die Zinsen statt auf -2% (gemäss Modell) auf -10%? Das gäbe doch Schub (meint das ach so perfekte Modell), oder nicht? oder wieso nicht auf -20%?

    Ach, da gibt es leider noch so unberechenbare Nebeneffekte, oder soll ich sagen Nebenwirkungen. Es ist ähnlich wie bei Medikamenten: eine normale Dosis vom Medikament Zinssenkung wirkt gut, eine höhere Dosis aber nicht immer besser. Häufig nehmen dafür aber bei einer weiteren Dosiserhöhung die Nebenwirkungen zu. Das Modell gerät an seine Grenzen.

    • Johnny Smith sagt:

      Ein (ehem.) Geldpolitiker, der Grenzen sieht, auch im eigenen Bereich, ist zB. Otmar Issing. Ein lesenswertes Interview mit ihm war vor einigen Wochen in der NZZ: http://goo.gl/pv8XQA

      „Eine lange Phase von sehr niedrigen Zinsen hat auf Dauer eine begrenzte Wirkung auf die Realwirtschaft. Zugleich gibt es eine Reihe von Nebenwirkungen“

      „Die Erwartungen der Politik an die Notenbank gehen oft über das hinaus, was diese leisten kann.“

      „Eine Notenbank kann auf Dauer die Arbeitslosigkeit nicht steuern. Sie übernimmt damit Verantwortung für etwas, wozu sie auf Dauer nicht die Fähigkeit und Kompetenz hat.“

      und bezüglich Verlässlichkeit das Daten als Input für so grandiose Modelle wie bspw die Traylor-Rule:
      „Dieser sogenannte Output-Gap ist ein noch schlechterer Indikator…Die Daten sind sehr unzuverlässig gewesen und wurden oft massiv revidiert. Der Output-Gap ist laut einer Studie des Internationalen Währungsfonds seit 1999 in mehr als der Hälfte der Fälle so stark revidiert worden, dass sich sogar das Vorzeichen änderte. Die Messung ist heutzutage auch nicht besser.“

      • Josef Anton sagt:

        Phillips-Kurve

        Die Phillips-Kurve versucht zu erklären, dass wenn die Arbeitslosigkeit steigt, die Inflation fällt. Der Glaube an diese Theorie hat sich bei den gegenwärtigen Oekonomen so stark dogmatisiert, dass man heute oft mal hört, dass es gilt eine höhere Inflationsrate anzustreben. Die gegenwärtigen empirischen Daten dazu sind nicht wirklich eindeutig, sondern höchst fragwürdig. Allerdings wird, wie in vielen anderen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften, hierbei die ursprüngliche von A.W. Phillips in 1958 vorgestellte Theorie über das Verhältnis zwischen Arbeitslosigkeit und Gehaltsinflation basierend auf 100 Jahren Daten, während welcher Zeit England auf dem Goldstandard war und allgemeine Konsumentenpreisinflation mehr oder weniger nicht existierte, falsch interpretiert. Die Phillips-Kurve zeigt auf, dass die Gehälter, RELATIV zu andern Preisen, steigen, wenn die Arbeitslosigkeit tief ist, und fallen, wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist.

        Quantitative Easing (QE)

        Ein ähnliches Dogma besteht in der Meinung, dass die Ausweitung der Geldmenge die Arbeitslosigkeit verringern wird. Wenn jedoch die diesebezüglichen Daten untersucht werden, finden wir eine ausserordentlich schwache Beweislage für diese Idee. Dies heisst natürlich nicht, dass QE keinen Effekt auslöste sondern genau das Gegenteil, allerdings mit fragwürdigen Konsequenzen, indem durch die inflationäre Geldpolitik aufgrund des angewendeten Hebels ein Umverteilungseffekt von „unten“ nach „oben“ sowie aufgrund der Tiefzinspolitik (Finanzrepression) ein Umverteilungseffekt vom Sparer an den Schuldner wieder verstärkt zum tragen kam.

    • K.A. Barett sagt:

      @Johnny Smith: Ich sehe das auch so! Wenn die Theorie mit dem unendlichen Gelddrucken wirklich stimmig wäre, hätte man das gefunden,, wonach Leonardo Da Vinci und viele andere bereits vor Jahrhunderten suchten: Das „Perpetuum mobile“.
      Wenn dieses wirklich funktioniert, hat man mit einem Schlag noch eine zweite Fliege erwischt: Das Ei des Kolumbus. Mit diesem Ei könnte man, um im Bilde zu bleiben, gleich die ganze Welt vor allem Ungemach retten. Das heisst, die Armut zu einem Phänomen der Geschichte umzuwandeln, dadurch automatisch das Elend in weiten Teilen der Welt zu eliminieren, die Geburtenrate in diesen Weltgegenden zu senken und alle wären glücklich. Funktioniert ein Leben ohne eigene Anstrengung? Wahrscheinlich vermuten das viele, ansonsten die BGE-Initiative nicht zustande gekommen wäre. Freude herrscht!

      • thomas bentele sagt:

        Herr Asmussen, in einer Diskussion mit Prof Richard Werner (Princes of the Yen) fiel mit dem Rücken zur Wand nichts anderes mehr ein, als: „There is no free Lunch“.
        Vergessen hat er dabe wahrscheinlich sein Hauptklientel, die Banken, deren Hintermänner von genau dem erwähnten „Free Lunch“ sich einen faulen Lenz machen können.
        Leicht nachvollziehbar, dass jeder der das Vorrecht geniesst, Geld herstellen zu dürfen, wie es im fraktionalen Reservesystem den Banken erlaubt ist, durch dieses Vorecht leichter zu Reichtum kommen wird, als der, der für seinen „Lunch“ mit richtiger Arbeit aufkommen muß.
        So mag es nicht das Perpetuum Mobile sein, aber wenn der Bürgerstaat die Geldherstellung in seine eigene Hand nähme, wäre aus den resultierenden Vorteilen zumindest das BGE schon finanzierbar.
        Leider erübrigt sich der Gedanke; denn die Banken werden dagegen sein.

    • Mario M. Montecarlo sagt:

      @Johnny Smith:Ich stimme Ihnen zu – MDM liest täglich seine Financial Times und scheint gefangen zu sein im angelsächsischen Modell.Was immer er bringt – meist stellt er die Meinung der Wall Street und der Londoner City als quasi objektiv hin,was auch kein Wunder ist,wenn man täglich die Meinung der dortigen Banker liest.Dazu kommt der ständig unterschwellig vorhandene antideutsche Reflex,was manchmal lustig ist,meist aber eher peinlich.Hat er ein Problem?

  • Martin Holzherr sagt:

    Die Kombination von Währungsstärke und hohen, tendenziell weiter steigenden Staatsschulden, die Tendenz zur Deflation und die vielen fast insolventen, keine Kredite mehr gewährenden Banken hat die Eurozone gemeinsam mit dem Japan seit den 1990er Jahren. Der grosse Unterschied: Die Eurozone ist höchst inhomogen. Nur die PIIGS-Länder leiden, Nordeuropa unter Führung von Deutschland geht es gut. Das im Titel angesprochene Urproblem der EZB ist wohl genau dieses: Alles was die EZB unternehmen kann, wirkt sich in ganz Europa ähnlich aus. Damit können EZB-Massnahmen, die für die PIIGS-Länder gut sind, für die Nordländer unpassend wirken.
    Wenn man vor japanischen Verhältnissen warnt, meint man in Bezug auf Europa wohl vor allem die Verschleppung der Probleme – wie Verschuldung, Bankenschwäche – über viele Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte. Diese Gefahr besteht tatsächlich auch wegen politischer Führungsschwäche.

    Zum Schluss möchte ich noch auf einen logischen Fehler in folgendem Abschnitt aus obigem Text aufmerksam machen:

    Angesichts der sinkenden Teuerung in der Eurozone und der hohen Inflation würde die Eurozone einen Leitzins von -2 Prozent benötigen, so die Schlussfolgerung des SG-Analysten Kit Juckes.

    Es müsste wohl tiefe Inflation heissen, nicht hohe Inflation

    • K.A. Barett sagt:

      @Martin Holzherr: Ich glaube ebenfalls, dass die fehlende politische Führungsstärke ein grosses Problem ist. Genau dieses Manko ist aber auch die Geissel der Nationalstaaten. Wie kann die „EU-Regierung“ in Brüssel, die gar keine Regierung ist, sondern lediglich als Dompteur in einem „Sack Flöhen“ agiert, die divergierenden nationalen Interessen der Mitgliedsländer koordinieren und unter einen Hut bringen? In diesem Dilemma hilft Draghi mit „seiner“ EZB. Alle Hoffnungen ruhen auf ihm. Das kann nicht gut gehen!

      • ast sagt:

        Das sehe ich auch so @Barett, wir haben in Europa eine immer schlechtere Politik, wie der Steuerskandal und Finanzmarkt -Lobbyismus bei der EU -Spitze zeigt, auch ein hohes Mass an moralisch ethischen Mangelerscheinungen.
        Demokratie ist in der EU-Regierung ebenfalls ein Fremdwort, die Kontrolle durch das EU Parlament fragwürdiger Effizienz. Die so genannte „Wirtschaftsregierung“, macht die EU-Regierung zur Troika -Diktatur. Die jüngsten Aktivitäten der SNB um Institute Systemrelevanz zu verleihen, sehe ich im Kontext dessen was derzeit in der EU vorbereitet wird, etwa die Benotung der Deutschen Bank als NICHT! System relevant. Im Zusammenhang mit jüngeren Studien des IWF scheint sich eine Abwicklung von Banken vorzubereiten, wo davon auszugehen ist das Zypern als Blaupause genommen wird, um die Kosten zu verteilen. Sowas tut man am Wochenende…

        • K.A. Barett sagt:

          @ast: Wahrscheinlich ist der Abstieg Europas „alternativlos“. Worauf dieser ganz genau zurück zu führen sein wird, dürfte kaum mit letzter Sicherheit geklärt werden können. Ich wage die Hypothese aufzustellen, dass die Versprechen bezüglich der sozialen Wohlfahrt und des Wohlstandes für die breiten Massen der Hauptgrund sind für die ausser Rand und Band geratene Entwicklung. Gute Botschaften werden gerne geglaubt. Es wurde aber glatt unterschlagen, dass es im Diesseits kein System geben kann, das auf die, zumindest partielle, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen verzichten kann. Ein bisschen plakativ ausgedrückt: Je mehr Menschen sich auf dem Sonnendeck des „Dampfers Leben“ im Liegestuhl entspannen wollen und immer weniger im Maschinenraum Kohle schaufeln möchten, desto schneller verliert das Schiff an Geschwindigkeit. Da kann der Kapitän in seiner schmucken Uniform noch so energisch an den Hebeln ziehen, es nützt nichts mehr, der Druck im Kessel sinkt.

          • F. Peter sagt:

            Komische Metapher mit dem Schiff. Aber versuchen wirs mal: Ist-Situation = 98% der Passagiere im Maschinenraum schaufeln Kohle und backen gleichzeitig Kuchen für die auf dem Sonnendeck. Sonnendeckler wollen mehr und besseren Kuchen + mehr Fahrt, was für den Maschinenraum-Mensch kein Spass ist. Zumal: je mehr Kuchen die Deckler konsumieren, desto mehr Kohle muss geschaufelt werden ( für das Halten des gleichen Tempos). Wenn dann der Kreuzer stillsteht sind wieder die Maschinenräumler schuld…..

          • thomas bentele sagt:

            Hereibert Genreith, ein Physiker, daher mit höherer Mthematik vertraut, hat es auf eine auch mir als Laie einleuchtende „Formel“ gebracht: (sinngemäß)
            In ihren Blütezeiten erzeugen Volkswirtschaften mit positiver Kapitalverzinsung exponentiell wachsende Geldvermögen, deren Renditeanspruch vom linear wachsenden BIP immer weniger bedient werden kann. In der Folge wird die Realwirtschaft immer stärker parasitiert bis diese schlußendlich auch die elementarsten Bedürfnisse der Vermögensarmen/losen nicht mehr befriedigen kann.
            Lediglich das Tempo dieser Entwicklung variiert mit dem erreichbaren Durchschnittszins, der Verlauf aber bleibt immer gleich, solange das zinsgetrieben aufgewachsene Vermögen nicht zu den Vermögenslosen umverteilt wird.
            Als Bauer sehe ich da Ähnlichkeiten: Aussaat, Jugendentwicklung, Blüte, Ausreife, Vollreife, Totreife und dann Erntezeit = Privatisierung zu Schnäppchenpreisen, Public-Private-Partnership, Real Estate per Zwangsversteigerung…..

  • Josef Marti sagt:

    Veränderungen in der Inflationsrate können sich in der langen Frist nicht auf den Realzins auswirken sondern spiegeln sich direkt im Nominalzins wider (Fisher-Effekt). Bei der hier getroffenen Zinssenkung handelt es sich deshalb um einen sehr kurzfristigen Einfluss auf die Realzinsen und erst noch auf so extrem niedrigem Niveau, dass man sich die Diskussion sparen kann.
    Tatsächlich waren bis 2012 die Inflationsraten der Pigs deutlich höher als im Norden. Ab diesem Jahr sind sie zusammengebrochen und GR ist sogar definitiv in Deflation geraten.
    Dass man sich angesichts der Massenarbeitslosigkeit angeblich vor japanischen Verhältnissen fürchtet ist wohl ein Witz; den Japanern geht es im Vergleich zum Euroraum hervorragend, die haben bisher jedenfalls ein Massenprekariat wie in Europa verhindern können. Gleichzeitig haben die Japaner mit ihrer efolgreichen Deflation der jahrzehntelangen inflationären Geldpolitik der Zentralbanken endlich wenigstens ein wenig den Riegel schieben können.

    • ast sagt:

      „den Japanern geht es im Vergleich zum Euroraum hervorragend“

      Die Vermögensverteilung in Japan ist um Faktoren besser als in der Euro-Zone. Der Abstand zwischen Arm und Reich, geringer. Zudem wurde den Massnahmen der Notenbank Konjunkturprogramme zur Seite gestellt, in Europa geschieht das Gegenteil. Ein weiterer Unterschied, in Japan ist der Staat vorwiegend bei der eigenen Bevölkerung verschuldet.

      Das auch in Japan die Arbeitslosigkeit nicht zu beseitigen ist, das hat mit Verbesserungen bei Automatisierung und Rationalisierung zu tun, ein Faktor der sich Weltweit bemerkbar gemacht hat. Technologische Fortschritte könnten bei entsprechend guter Politik Vorteilhaft für Alle -ein Segen sein -ist es so aber leider nicht.

      Die Japaner halten weit mehr zusammen als Europäer oder Amerikaner.

      Der Grund für die langjährige Misere bei der japanischen Industrie ist auch nicht den Japanern selbst verschuldet, vielmehr der miserablen sozialen Globalisierung des Westens.

      Dort kaufte man statt in Japan vermehrt in China ein, auch wenn dort die Produzenten ihren Arbeitskräften zu wenig Lohn und Sozialleistungen überwiesen. Der unter Sozialdumping ermöglichte Aufstieg Chinas löste so den Niedergang der westlichen Industrie aus, weil der Westen immer weniger auf Sozialpolitik achtete und somit seine Arbeitskräfte gegenüber denen in China benachteiligte. Das hat sich leider nicht geändert und seit dem Ende der UDSSR noch verschärft.

  • John Peer sagt:

    Ein paar Gedanken:

    Könnte die „Deflation“ in der Eurozone nicht damit zu tun haben, dass alle anderen grossen Währungen einfach noch schneller abgewertet werden und somit Importgüter billiger werden?

    Ist die Sorge über die Deflation (die ja für den einzelnen Konsumenten eine höhere Kaufkraft bedeutet und somit für ihn positiv ist) nicht eher darauf zurückzuführen, dass sie es schwieriger macht, die Staatsverschuldung wegzuinflationieren?

    Ist es möglich, dass die Zinssenkung hauptsächlich aus Angst geschehen ist, namentlich dass man vermeiden wollte, dass die Zinsen für Staatsanleihen wie in den USA raufgehen (als die FED den Taper ankündigte)?

    Kann eine Regel sinnvoll sein, die behauptet, dass man Geld dafür bekommen sollte, dass man sich Geld ausleiht (negative Zinsen)?

    Ist es gerecht, deutsche Sparer dafür zu bestrafen, dass korrupte Eliten in der Peripherie an der Macht sind, die echte, wachstumsfördernde Reformen verhindern (und damit meine ich nicht, Sozialhilfe oder Pensionen zu kürzen, sondern protektionistische Gesetze, Regulierungen und Gebühren abzuschaffen, Parteien samt bürokratischem Apparat nicht mit öffentlichen Geldern finanzieren, Subventionen für staatsnahe Betriebe streichen, etc.)?

    Wenn die EU so sicher ist, dass der Euro eine glänzende Zukunft vor sich hat, warum ist er dann alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel? Eine so stabile, starke Währung braucht sich vor Konkurrenz nicht zu fürchten, oder?

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