Das Übel des Euro in acht Minuten
Was hat Mario Draghi mit Salvatore Ferragamo zu tun? Um was geht es eigentlich in der Eurokrise? Und wie wird das Kapitel dereinst enden?
Anstelle vieler Worte zeigen wir wieder mal ein aktuelles Video. David McWilliams, selbst ernannter «Punk»-Ökonom aus Dublin, beantwortet all diese Fragen und noch viele mehr innerhalb von acht Minuten. Persönlich teile ich seine Meinung in einigen Punkten zwar nicht, aber das Video ist toll gemacht und lohnt sich auf jeden Fall (es ist in Englisch):
In diesem Blogbeitrag haben wir McWilliams übrigens schon einmal vorgestellt. Und wer noch mehr sehen will: Hier seine Website.
Und jetzt, ich kanns nicht lassen, kommen doch noch einige Worte.
Der Aufruf des US-Finanzministeriums und des Internationalen Währungsfonds an Deutschland, seinen riesigen Leistungsbilanzüberschuss abzubauen, hat in Berlin und vielerorts im Land eine Welle der Empörung ausgelöst. Das Bundeswirtschaftsministerium liess verlauten, die Kritik sei nicht nachvollziehbar. Schliesslich seien die Handelsüberschüsse Ausdruck der starken Wettbewerbsfähigkeit. Der Bundesverband der Deutschen Industrie liess verlauten, die Exportstärke sei das Ergebnis innovativer Produkte, die in der ganzen Welt beliebt seien. Die Forderung, Deutschland solle seine Exporte drosseln, sei nicht nachzuvollziehen, sagte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) gegenüber «Spiegel online». Auch der Kommentator in der «NZZ am Sonntag» schrieb, es sei falsch, von den Deutschen zu verlangen, sie sollten weniger exportieren.
Mit Verlaub: Diese Aussagen zeugen von wenig Verständnis, worum es eigentlich geht.
Mein Kollege Markus Diem Meier hat sich in diesem sehr empfehlenswerten Beitrag schon mit dem Thema auseinandergesetzt, und in den letzten Monaten haben wir es hier, hier und hier schon eingehend behandelt. Daher an dieser Stelle nur kurz:
Das Thema der deutschen Leistungsbilanzüberschüsse wird viel zu emotional diskutiert. Zunächst: Weder das US-Finanzministerium noch der IWF haben gesagt, Deutschland solle weniger exportieren. Sie haben gesagt, der Leistungsbilanzüberschuss sei zu gross. Das ist nicht das Gleiche. Viel wichtiger aber: Argumente wie «Deutschlands Industrie ist halt enorm wettbewerbsfähig», «Niemand zwingt die Ausländer, unsere Produkte zu kaufen» oder «Die hohen Ersparnisse in Deutschland sind eine Tugend» haben in dieser Debatte nichts zu suchen.
Es geht nicht um Tugenden, Nationalstolz oder Moral, sondern ganz simpel um Buchhaltung. Kalte, emotionslose Buchhaltung. Es genügt, sich drei unumstössliche Identitäten vor Augen zu führen:
- Die Leistungs- und die Kapitalbilanz eines Landes müssen sich ausgleichen. Ist die Leistungsbilanz positiv (werden vereinfacht gesagt mehr Waren exportiert als importiert), muss die Kapitalbilanz negativ sein (Kapital fliesst aus dem Land ab).
- Die Differenz zwischen den gesamten inländischen Ersparnissen und den gesamten inländischen Investitionen entspricht dem Saldo der Leistungs- respektive Kapitalbilanz. Sind die inländischen Ersparnisse also höher als die inländischen Investitionen, wird dieses Überschusskapital ins Ausland exportiert.
- Alles, was ein Land produziert, muss entweder konsumiert oder gespart werden.
Weist nun Deutschland einen Leistungsbilanzüberschuss von (je nach Berechnungsmethode) rund 240 Milliarden Dollar aus, bedeutet das erstens, dass entsprechend viel Kapital von Deutschland ins Ausland fliesst; und zweitens, dass die inländischen Ersparnisse um diesen Betrag höher sind als die inländischen Investitionen.
Wie kann nun dieser Leistungsbilanzüberschuss (der zwangsläufig dem Leistungsbilanzdefizit anderer Länder entspricht) abgebaut werden?
Ganz einfach: Entweder muss der inländische Konsum steigen (wodurch automatisch die inländischen Ersparnisse sinken), oder die inländischen Investitionen müssen steigen (wodurch sich die Differenz zwischen den Ersparnissen und Investitionen verringert). Das wiederum kann erreicht werden, indem die Löhne steigen oder indem über steuerliche Anreize der inländische Konsum oder die inländischen Investitionen erhöht werden.
Als zwingende Folge davon wird Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss sinken – und das ohne jede Selbstbeschränkung der deutschen Exportindustrie.
(Nebenbei bemerkt: Hätte Deutschland noch die D-Mark, wäre sie in den vergangenen Jahren dermassen erstarkt, dass sich der Leistungsbilanzüberschuss über den Währungseffekt korrigiert hätte.)
Hier noch vier Links in eigener Sache:
- Was haben die USA im Jahr 1929, die Sowjetunion 1960, Brasilien 1970, Japan 1989 und China heute gemeinsam? Die Antwort darauf liefert der in Peking lehrende Ökonom Michael Pettis in diesem Kommentar zur aktuellen wirtschaftlichen Situation in China.
- Unsere Serie zu den Altmeistern unter den Ökonomen hat Zugang erhalten: Wer verstehen will, weshalb sich die heutigen Notenbanken so verzweifelt gegen die Deflation wehren, findet die Antworten bei ihm: Irving Fisher.
- Mein Redaktionskollege Alexander Trentin zeigt in diesem Beitrag, weshalb die US-Notenbank möglicherweise noch viel länger an ihrer Nullzinspolitik festhalten wird. Zwei Studien vom Ökonomenteam des Fed geben entsprechende Anhaltspunkte.
- Und noch unsere aktuelle Online-Umfrage: Finden Sie, die Schweizer Grossbanken haben in den fünf Jahren seit der Lehman-Pleite genügend Kapital aufgebaut? Hier geht’s zur Abstimmung.
31 Kommentare zu «Das Übel des Euro in acht Minuten»
Das plakative und humoristische Video bietet Anlaß zu einer ernsten Diskussion. Man verzeihe den politische Diskurs, die Probleme sind aber leider auf ökonischer Ebene nicht zu lösen.Die Wissenträger sind in Ihren historischen Erfahrungen verhaftet (Geldwertstabilität in Deutschland, das Gespenst der Deflation, etc.), die Entscheidungsträger in Ihren nationalen Ritualen. Es mag richtig sein EURO Liquidität zu schöpfen, doch wo fließt sie hin? Statt im realen Sektor Investitionsmultiplikatoren anzuwerfen, werden die Finanzmärkte aufgeblasen. Das erscheint mir, wie wenn die Feuerwehr bei einem Feuer Wasser pumpt, dieses jedoch nicht auf den Brandherd richtet, sondern einen Swimmingpool befüllt, in dem sich Brandstifter und Feurwehrleute eifrig tummeln. Wir tanzen auf dem Vulkan und beobachten, wie sich eine griechische Tragödie entwickelt. Soziale Stabilität in Europa ist ein hohes, aber mittlerweile gefährdetes Gut. Ich bin überzeugter Europäer und würde die Schaffung der Wirtschafts- und Fiskalunion lieber heute als morgen begrüßen. Wenn dies jedoch unter dem Druck einer drohenden finanziellen Kernschmelze erfolgt, fürchte ich sehr, dass die ersten Entscheidungen uns nicht gefallen werden. Christine Lagarde hat den Weg vorgezeichnet.
Sehr gute Beschreibung! Leider…
Worauf ist Ihre Anspielung mit Lagarde gemünzt?
Die Anspielung auf Fr. Lagarde bezieht sich auf ihren Versuchsballon mit einer Vermögensabgabe die Staatsfinanzen zu sanieren.
Ja, Eigentumsgarantie scheint bei ihr nicht hoch im Kurs zu stehen.
Eine Frage an die Autoren des FuW-Blogs zum Thema Leistungsbilanzüberschuss Schweiz:
1) betrachten Sie den Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz von 11% als Problem?
2) Falls ja, welche Gegenmassnahmen würden Sie vorschlagen?
„Sind die inländischen Ersparnisse also höher als die inländischen Investitionen, wird dieses Überschusskapital ins Ausland exportiert.“
Warum muss das so sein? Kapiere ich nicht. Wenn ein Teil der Ersparnisse in die eigenen gut laufenden Firmen/Konzerne in Form von Aktien oder Firmenanleihen gesteckt wird, dann geht das Kapital doch nicht zwangsläufig ins Ausland. Für mich als Privatperson sind das schnell abrufbare Ersparnisse, die ich vom Markt mit Verlust oder Gewinn rasch wieder zurückrufen kann.
Oder wird das als Investition angesehen? Wenn dies der Fall ist, muss in der heutigen Globalisierung keinem Staat wegen Leistungsbilanzüberschuss ein Vorwurf gemacht werden. Denn Ersparnisse der Staaten, der Firmen/Konzerne sowie der institutionellen Anleger (Pensionskassen, Versicherungen, Banken, Fonds) sind zu einem guten Teil global investiert. Dann würde mich schon interessieren, wie ein Leistungsbilanzüberschuss wirklich zu berechnen wäre. Die vorgestellte Rechnung scheint mir eine nicht zulässige Vereinfachung zu sein, die nichts als ökonomische Verzerrungen bringt, die zu emotionaler Empörung führt.
Dort stehen wir heute. Kaum ist ein Staat ökonomisch erfolgreich, wird er mit dieser vereinfachten Rechnung, die wenig mit den realen, sehr komplexen globalen Wirtschaftsverhältnissen und auch dem ökonomischen Verhalten der Menschen zu tun hat, zurückgepfiffen.
Und das neu gedruckte, nicht erwirtschaftete Geld, wie wird das denn in diese Rechnung mit einbezogen???
Wenn Sparen gleich Investition ist, dann muss wohl hier eine Lücke bestehen. Das was für Sie privat schnell abrufbar ist kann schon längstens weg sein, wie Sie wissen ist Geld auf der Bank nicht fristenkongruent gedeckt bzw. praktisch überhaupt nicht gedeckt.
Gemäss Lehrbuch ist der Saldo der Kapitalbilanz zwingend gleich dem Saldo der Leistungsbilanz (Stromgrössen) und unter dem Strich Null (Zahlungsbilanz). Allerdings ist im Kapitalexport ins Ausland auch die Zunahme der Devisenreserven der Zentralbank enthalten. Es geht also immer um Zu-/Abnahme von Forderungspositionen.
In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Bestandesgrösse) baut sich bei Exportüberschuss eine Forderunsposition auf gegenüber Ausland. Gläubiger sind private Haushalte, Banken inkl. Notenbank, Nichtbanken (Unternehmen) und evt der Staat (heute sind aber Staat und Ausland die Hauptschuldner eines typischen Exportüberschusslandes wie D).
Genauso wie die ganze Welt gesamthaft nicht sparen kann, können nicht alle Länder Exportüberschuss oder -defizit haben, es muss immer jemand Schuld sein, ausser man exportiert auf den Mars.
Dauernder Exportschuss gegenüber demselben Land ist im Normalfall nicht möglich unter flexiblen Wechselkursbedingungen wegen Aufwertungsdruck.
J. Marti
Danke für Ihre Erklärungen, sie leuchten mir leider immer noch nicht ein.
„… ist Geld auf der Bank nicht fristenkongruent gedeckt bzw. praktisch überhaupt nicht gedeckt.“ Alles kann, wie wir das schon x-mal erlebt haben, im globalen Markt sich im Nu in Nichts auflösen, auch die Ersparnisse in den Pensionskassenfonds, der Lebensversicherungen, Investitionen in Anleihen, Aktien, Investmentfonds usw. Warum? Das Geld floatet rund um den Globus, wird wieder ausgeliehen, es werden wieder Wetten damit abgeschlossen usw. Da war doch etwas mit Schneeballsystem …? Die Banker sagen dann einfach, die Modellrechnungen seien falsch gewesen.
Dieses Geld ist zu einem guten Teil im Ausland investiert. Ich sehe nicht, wie das in Ihrer Rechnung integriert ist. Ebenso wenig kann ich erkennen, wie das Fiat-Geld in diese Rechnung eingebaut wird. (Das mit dem Loch graben und dem entsprechenden Sand auftürmen funktioniert hier ja gar nicht als Metapher).
Die Rechnung kann erst wirklich beurteilt werden, wenn man genau weiss, aus was sich Kapitalbilanz und Leistungsbilanz zusammensetzen. Die einzelnen Posten wird wohl jedes Land etwas unterschiedlich gewichten. Dann müsste man also noch Vergleiche mit anderen Ländern anstellen, und dann erst könnte man die so berüchtigte „Schuld“ vielleicht etwas realer herausdestillieren.
Es wäre tatsächlich hilfreich gewesen, wenn der Autor etwas deutlicher geworden wäre, bei welchem Teil des Videos er anderer Meinung ist. Immerhin scheint mir McWilliams‘ Analyse schlüssig und durch Fakten belegt (auch dieser Blog behandelt das Thema Leistungsüberschüsse ja im selben Sinne). Auch die Schlussfolgerung ist nicht jenseits aller Vorstellungen, sofern man Integration nicht so sehr im Doitschen — und schon gar nicht im Französischen — sondern eher im US-Amischen oder .. ähem… Helvetischen Sinne versteht: ein Föderaler Staatenbund, der ein paar notwendige technische Verfahren an die Bundesebene delegiert. Das ist alles andere als Gleichmacherei. Immerhin hassen die konservativen US-Südstaaten die liberaleren Nordost/-west Staaten wie der Teufel das Weihwasser, und es funktioniert doch. Irgendwie.
Was das rein Ökonomische anbelangt, führt wohl nichts daran vorbei, die Umverteilung-von-unten-nach-oben der letzten 30 Jahre rückgängig zu machen, d.h. Steuergeschenke an Reiche und Unternehmen wieder zurückzunehmen und, wenigstens vorläufig, die Geldschwemme nicht mehr via Banken (die das Geld horten bzw. in Aktienmärkte pumpen) sondern via Volk in die Wirtschaft zu bringen, damit die Mittel wenigstens einmal durch die Wirtschaft laufen müssen, bevor sie in den Taschen der Reichen verschwinden.
Dieses Video ist ein „Masterpiece“ weil es auf eine kreativ-visuelle Art die komplexen Zusammenhänge das volkswirtschaftliche „System“ der EU einfach, verständlich und in meiner Einschätzung auch glaubwürdig in der Theorie darstellt.
Unberücksichtigt jedoch bleiben die wichtigen „emotionalen/verhaltenspsychologischen Faktoren“; d.h. die unterschiedlichen, tief verwurzelten Wertsysteme/Mentalitäten („Soft Factors“), der verschiedenen Völker innerhalb der EU.
Solange ein mentalitätsbezogenes „Nord-Süd-Gefälle“ in Bezug auf Fleiss, Arbeitsethos, Leistungswillen und korruptionsanfälligkeit sowie Steuerehrlichkeit besteht, wird es kein volkswirtschaftlich gemeinsam starkes Europa geben. Solange „Geld“ von „Nord nach Süd“ fliesst, ohne dass entsprechenden Strukturbereinigungen zeit- und planungskonform umgesetzt werden (Stichwort TROIKA), bleiben die strategischen Ziele der EU „Theorie“.
Wenn die Euro-Krise so zu Ende geht wie das Video beschreibt, d.h. eine engere politische Union alle Probleme löst, wäre es ja überhaupt nicht schlimm oder was sehe ich da falsch?
Eine engere politische Union würde beispielsweise aus Spaniern oder Italienern einfach Europäer machen, Europäer mit den gleichen Arbeits- und Ferienzeiten, dem gleichen Renteneintrittsalter und selbst in Ihrem Land gleichgestellt mit andern Europäern, was bedeuten könnte, dass in Italien oder auch Spanien vorwiegend deutsche Chefs die Firmen führen könnten.
So eine Änderung ist mit einem radikalen Bewusstseinswechsel verbunden. Heute noch undenkbar und von den Wenigsten gewünscht, morgen dann vielleicht Realität.
Der Ire glaubt an Nationen, während sich seine Landsleute im Norden seiner Insel mit den Engländer prügeln, die da in der Mehrheit sind. Ist Nordirland jetzt englisch oder irisch?
Nationen sind nichts als Lügen. Es wurde etwas gebraucht, wofür getötet und gestorben werden konnte, (John Lennon) Herrschaftsgebiete mussten abgetrennt werden, die Monarchie war überholt (L’Etat c’est moi), ein Staat musste definiert werden, damit Macht installiert und legalisiert werden kann, da hat man den Leuten eingeredet, es gebe sowas wie Nationen und nationale Identitäten. So vielöe glauben es heute noch, fragen mich, wie den Vietnamesen seien, ich antworte, weiss nicht, ich kenne nur ein paar ein wenig, und die sind alle anders.
Wenn ich sehe, wie unterschiedlich meine Schwester, mein Bruder und ich sind, aber auch, wie ähnlich Menschen überall auf der Welt sind, erkenne ich die Geschichte von den nationalen Identitäten als Lüge. Mythen und Märchen haben im Unterschied dazu einen gewissen Wahrheitskern.
draghi ist ein mann von goldmann sachs und er handelt mit sicherheit nicht in europäischem sinn.wann begreifen wir das endlich das unsere arbeitslosen in der welt in USA poduziert werden.außerdem ist der dollar ein weltbetrug ersten ranges.
@Hilmar
Ich bin ja selber kein Fan der Amerikaner – aber ihnen so ziemlich alles in die Schuhe schieben (die Arbeitslosen der Welt werden in den USA produziert!) – erinnert mich stark an antisemitische Parolen aus der Hitlerzeit (die Juden sind unser Problem!). Vielleicht sollten sie akzeptieren, dass der Kapitalismus in Verbindung mit den neuen Technologien einfach zwangsläufig Milliarden von Menschen nicht mehr als „Arbeitssklaven“ verwerten kann. Es wurden schon halbe Kontinente (grosse Teile von Afrika, Teile von Südamerika, Teile von Asien) ausgemustert. Nun sind halt die Europäer / Nordamerikaner an der Reihe – und werden von ihrem eigenen ökonomischen Kalkül eingeholt. Auch der Euro ist nicht das Hauptproblem – die FED agiert genau so wie die EZB – die Defizitkreisläufe sind global. Der Kapitalismus funktioniert nur noch als grosses Ponzispiel. Alle moralischen Apelle werden nichts nützen – les sont faits und jeder der nicht den Kopf in den Sand steckt – weiss das auch. Entweder wir entwickeln jetzt global Alternativen zum bestehenden Pyramidenbau des Kapitals oder wir wählen Barbarei und globalen Bürgerkrieg a la Mexiko, Liberia, Rio de Janeiro, Afghanistan, Ägypten…
Auch wenn 100mal das Gleiche/Einseitige gesagt wird, wird es nicht ‚richtiger’/ausgeglichener:
„Wie kann nun dieser Leistungsbilanzüberschuss (der zwangsläufig dem Leistungsbilanzdefizit anderer Länder entspricht) abgebaut werden? Ganz einfach: Entweder muss der inländische Konsum steigen (wodurch automatisch die inländischen Ersparnisse sinken), oder die inländischen Investitionen müssen steigen“
Wieso ‚vergessen‘ MDM und MD immer wieder, dass es nicht nur eine Seite der Gleichung (D) gibt? Ein Leistungsbilanzüberschuss wird auch abgebaut, wenn das Ausland (hint: bspw. die Amerikaner) endlich weniger verkonsumieren und etwas mehr Sparen würden.
Und das mit der Konkurrenzfähigkeit wird auch nicht widerlegt…
In protektionistischen Nachfragebremsen sind die Amis ja geübt, zB Strafzölle auf chinesische Reifen u.ä. Das könnte man auch auf deutsche und japanische Autos generell ausdehnen.
„…wenn das Ausland (hint: bspw. die Amerikaner) endlich weniger verkonsumieren und etwas mehr Sparen würden.“
Ihre Worte in des US Amerikaners Ohren. Wenn es ein Land gibt das der Wirtschaft mehr schadet als alle anderen, dann sind das die Amis. Durch ihr Verhalten haben sie über Jahrzehnte hinweg eine Wirtschaft erschaffen die mit einem Sportler unter Dopingeinfluss vergleichbar ist. Jetzt machen sich die Spätfolgen bemerkbar und die haben es in sich.
Erstaunlich: der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz ist relativ zur Wirtschaftsleistung fast doppelt so gross wie derjenige Deutschlands. Die Schweiz verteidigt diesen Überschuss mit einem fragwürdigen Instrument wie dem Mindestwechselkurs im Grunde auf genau dieselbe Art und Weise wie Deutschland – aber wenn die Schweiz das macht ist angeblich in Ordnung.
Ihre Beobachtung, Herr Huenemoerder, ist durchaus zutreffend und wie gesagt erstaunlich. Es muss aber gesagt werden,
das Leistungsbilanzüberschüsse von Industriestaaten anders zu beurteilen sind als solche von Rohstoff-Exporteuren, wie zum Beispiel Saudi-Arabien und die Golfstaaten. Ebenso ist zu unterscheiden ein relativ kleines Land wie die Schweiz mit vielen multinationalen Gesellschaften und sonstigen Akteuren und das Industrieland Deutschland, dass trotz VW, Siemens und BASF, nicht so ein Land der Multinationalen ist wie das Vereinigte Königreich und die Niederlande. Nur Norwegen, Industrieland und trotzdem Rohstofflieferant, hat einen „Wealth Fund“ wie Saudi-Arabien, Kuweit und die anderen. Chinas Leistungsbilanzüberschuss beunruhigt, wären aber die dortigen Lieferanten der High-Tech Geräte und weltweiten Markenartikel, einheimische Konzern und nicht US-Töchter und abhängige Lieferanten, ohne eigenes Design-Center, würde das der Westen (insbesonders die USA) kaum tolerieren. Bei den japanischen und deutschen Exporten ist alles in einer Hand.
Die USA konnten mit Hilfe ihrer chinesischen Fabriken, die japanische Konkurrenz in Hardware (Intel, HP) und Software (Apple, Microsoft) überholen. Die Schweizer Volkswirtschaft ist eine derart offene Wirtschaft mit Vielfalt in der Kleinheit,
dass die SNB Mindestkurs von CHF 1.20 auch aussenwirtschaftlich voll berechtigt ist, sowieso wenn die Inflation in der EURO-Zone einen niedrigen Prozentsatz aufweist.
Die D Politk reagiert so als würde die Drosselung der Exporte verlangt; wahrscheinlich absichtlich um von den Problemen abzulenken. Die Exporte müssen ja nicht gedrosselt werden, mit der Ankurbelung des staatlichen und privaten Konsums erhöhen sich die Investitionen und damit zwangsläufig auch die Importe. Genau das hat man aber in der Agenda bewusst verhindert indem man die Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben hat und allgemeinen Lohndruck verordnet hat.
Die gelobten hohen Ersparnisse äussern sich zum grossen Teil in der Aufblähung der Targetsalden.
Ein Kommentar hierzu bedarf keiner acht Minuten: Mit Draghi machte man den Bock zum Gärtner.
Enjoy the result!
Dieses Punkt Video kenne ich schon lange obwohl ich nicht zu den „Up to date“ Leuten gehöre. Das hat in NMTM Blog eigentlich nichts zu suchen, weil weniger wirtschaftliche Argumentation sondern Politik (ganz klar EU feindlich) das Video geprägt hat.
Des Weiteren sollte man sich meiner Meinung nach im NMTM Blog langsam damit abfinden, dass die EU sich auch über den Euro zu einer grossen Wirtschaftsmacht zusammengeschlossen hat. Bei all den Problemen die wir haben, letztlich wird die Geldgier „obsiegen“. Sogar die britischen Insulaner erkennen dass langsam. Und diese Gier kann nun Mal in einem grossen effizienteren Wirtschaftsraum besser befriedigt werden. Genau aus diesen wirtschaftlichen Grundargumenten heraus, dem grossen Markt und der Effizienz, Dinge die man in VWL1 Lektion 1 lernt, wird der Euro überleben. Ich störe mich einfach daran, dass man hier immer noch versucht Euro Probleme herbeizureden oder zu wünschen…
Denn sind wir mal ehrlich, das eigentliche Problem sind die Staatsschulden. Und die haben wenig mit dem Euro zu tun. Und wenn uns die um die Ohren fliegen…
Erstens mal vielen Dank für Ihre Kommentare, Herr Stadelmann. Wie Ihnen, geht mir das ständige EURO-Bashing auf die Nerven. Grundsätzlich ist es völlig gleichgültig, ob Deutschland einen Leistungsbilanzüberschuss hat oder nicht, was zählt ist der Leistungsbilanzüberschuss aller EURO-Länder. Der Leistungsbilanzüberschuss des Kantons Zürich gegenüber dem Kanton Graubünden wird durch staatliche Transfer ausgeglichen. Das war nicht immer so. Noch 1959 hatten wir eine nationale Sammlung hier im Mittelland, wo man für die armen Bergbauern 10’000 Betten organisierte, damit diese nicht weiter in „Maccaroni-Kistchen“ übernachten mussten. Konsequenterweise kann man daraus folgern, dass ein einheitliches Währungsgebiet durchaus mit Einkommens-Differenzen leben kann. Die Gretchenfrage ist doch, verhindert ein einheitliches
Währungsgebiet Wirtschaftswachstum oder fördert sie es. Als EURO-Anhänger muss sich anerkennen, dass die Befürworter
einer autonomen nationalen Währungspolitik durchaus ihre Argumente haben. Ich glaube nicht, dass Griechenland soviel besser weggekommen wäre mit einer Drachme. Den Staaten mit einer Weichwährung können sich nur in einer Reservewährung verschulden. Klassisches Beispiel ist jetzt die Türkei. Die müssen noch gewaltig abwerten und Exportmärkte finden, wenn sie aus ihrem Dilemma kommen wollen. Ihr Leistungsbilanzdefizit mit der Aufnahme von riesigen Krediten in € und $ haben die Immobilienspekulation noch schneller aufgeheizt als in Spanien.
Ich habe mit empörter Gegenwehr gerechnet und freue mich dass es mit ihrem Kommentar Herr Zach nicht so gekommen ist. Ich sehe es gleich wie Sie. Dieses ständige EU und Euro Bashing ist einfach mühsam und vor allem fokussieren sich viele Ansichten viel zu stark auf die die Makroökonomie der Nationalstaaten oder gar mikroökonomische Aspekte. Wichtig und letztlich entscheidend wird aber die Makroökonomie des gesamten EU Binnenmarktes sein. Und genau hier sind die Vorteile klar nicht von der Hand zu weisen.
Im Wesentlichen kann man diesen Argumenten schon zustimmen, nur müssen Sie sich das mit jahrzehntelanger Massenarbeitslosigkeit, va. Jugendarbeitslosigkeit und Massenprekariat erkaufen. Es sei denn dass aus irgendwelchen wundersamen Beweggründen die regierenden Multis und neoliberalen Globalisierungsturbos und Steuersenker den Zug stoppen.
Warum Euro nicht als Reservewährung beibehalten…….Aber auch über neue einzuführende Nationalwährungen unter National ZB’s. Nationalwährungen aber sind nur im betreffenden Land zur Wertschöpfung aus nationalen Resourcen, wie Land,Wasser,Luft, Arbeitskraft und Ingenuität brauchbar. Aber alle nationalen Exporte/Importe, auch zwischen EU Ländern, gehen über Euro, wobei jede National ZB Wechselkurs zu Euro selber bestimmt nach Notwendigkeit für Export/Import. Dies würde zu optimaler National Wertschöpfungen führen, da interne Defizite rein Nationales Anliegen wäre. So machen es es ja die Chinesen unter sich schon „ewig“ so, und Renminbi und Yuan sind nur der Tip des Eis Berges, und noch nicht so lange nach einem contrived internen System wechselbar.
Ich hatte es mal in VWL, weiss es aber nicht mehr: Wieso fliesst bei einem Leistungsbilanzüberschuss Kapital ins Ausland ab?
Weil der Überschuss ja irgendwo investiert sein will. Und im eigenen Land ist das schwer möglich, weil die eigenen Konsumenten durch Sparübungen etc. ja erst zum Leistungsbilanzüberschüssen kommen konnte. Dem entsprechend wird im Inland auch wenig Investiert.
Beispiel China. Wo sollen die reichen Chinesen ihr Geld investieren? Die eigenen Leute können das ja gar nicht nutzen bzw. Konsumieren, also wandert das Geld in US Staatsanleihen und damit ins Ausland.
Falls meine Erklärung Fehler enthält, darf sie gerne von jemand anderem korrigiert werden. Meine VWL Kurse liegen auch schon ein Weilchen zurück 😉
Und mit was genau sind Sie nicht einverstanden mit dem Video? Damit dass die Politiker blind weitermachen, bis die EU ein einziger Staat ist? Oder mit einzelnen Aussagen über die Wirtschaft?