Ben Bernanke stösst ein Seil

Fed-Chef Ben Bernanke an einer Sitzung in Washington, 24. Oktober 2013. (Keystone/Jim Lo Scalzo)

Fed-Chef Ben Bernanke an einer Sitzung in Washington, 24. Oktober 2013. (Keystone/Jim Lo Scalzo)

Die amerikanische Notenbank kauft jeden Monat Staatsanleihen und verbriefte Hypothekarpapiere im Umfang von 85 Milliarden Dollar. Am Mittwoch hat der Offenmarktausschuss unter dem Vorsitz von Ben Bernanke beschlossen, dieses sogenannte Quantitative-Easing-Programm unverändert weiterlaufen zu lassen (hier die Details). Im Verlauf der vergangenen knapp fünf Jahre hat sich die Bilanzsumme der US-Notenbank mehr als vervierfacht; die Basisgeldmenge ist von 800 Milliarden auf gut 3600 Milliarden Dollar gestiegen.

Das muss doch in hoher Inflation münden, oder?

Diese Ansicht ist weitverbreitet. Wenn eine Zentralbank zu viel Geld druckt, sind hohe Teuerungsraten die Folge. Auch der US-Ökonom Allan Meltzer hat die Inflationswarnung in diesem Interview, das mein Kollege Christoph Gisiger in New York mit ihm geführt hat, wieder ausgesprochen.

Das Argument klingt logisch. Doch was ist davon im aktuellen Umfeld zu halten?

Wir massen uns nicht an, zu prognostizieren, wie sich die Inflation in den USA über die nächsten Jahre entwickeln wird. Gegenwärtig sprechen die Signale allerdings eine klare Sprache: Noch immer ist in den USA Deflation die grössere Gefahr.

Zwei Charts werden im Folgenden zeigen, wieso dem so ist.

Doch zunächst ein kurzer Exkurs. Wenn die US-Notenbank am Markt Anleihen für 85 Milliarden abkauft, bezahlt sie dafür mit einem vom Schatzamt ausgestellten Scheck. Die Verkäufer der Anleihen, also die Geschäftsbanken, erhalten 85 Milliarden gutgeschrieben. Die Notenbank hat mit dieser Transaktion dem Finanzsystem also 85 Milliarden zugefügt (im übertragenen Sinn: «Geld gedruckt»), ihre Bilanzsumme erhöht sich um diesen Betrag. Und noch etwas technischer ausgedrückt: Die Basisgeldmenge ist um 85 Milliarden gestiegen.

Die folgende Grafik (Quelle für alle Grafiken in diesem Beitrag: St. Louis Fed) zeigt die Entwicklung der Basisgeldmenge in den USA:

NMTM_Fed_Oct13

In der Tat: beeindruckend.

Doch das heisst noch lange nicht, dass dieses Geld auch tatsächlich in der Wirtschaft ankommt und dort für Teuerungsdruck sorgt.

Wichtig für diese Betrachtung – und letztlich auch für die Beantwortung der Frage, ob bald Inflation droht – sind zwei Verhältniswerte: der Geldmultiplikator und die Umlaufgeschwindigkeit (Velocity).

Der Geldmultiplikator gibt eine Aussage ab, was mit dem neu geschaffenen Basisgeld geschieht. In der gängigen Formel errechnet er sich aus der Geldmenge M2 dividiert durch die Basisgeldmenge (M2/Base). Die Geldmenge M2 wird vereinfacht definiert als Bargeld plus Sichteinlagen bei Geschäftsbanken plus Spardepositen. Je höher der Multiplikator, desto aktiver nutzen die Geschäftsbanken das von der Zentralbank erhaltene Geld, um neue Kredite zu vergeben (wens interessiert: In diesem Blogbeitrag eine längere Auseinandersetzung mit der Frage, wie Geld eigentlich entsteht).

Die folgende Grafik zeigt nun die Entwicklung des Geldmultiplikators in den USA seit den frühen Achtzigerjahren:

NMTM_Fed_MULT_Oct13

Zwischen 1995 und 2005 bewegte er sich stabil um 8. Danach stieg er gegen 9 und stürzte dann mit der Finanzkrise von 2008 jäh in die Tiefe (die grauen Balken in den Grafiken zeigen übrigens die Rezessionen). Und nun kommt das Entscheidende: In den fünf Jahren seit Ende 2008, in denen die Quantitative-Easing-Programme des Fed bereits andauern, hat sich der Geldmultiplikator nie erholt. Im Gegenteil, er ist immer weiter gesunken und steht gegenwärtig auf dem rekordniedrigen Niveau von 3.

Das ist ein klares Indiz dafür, dass ein sehr grosser Teil der neu geschaffenen Basisgeldmenge gar nicht in der realen Wirtschaft ankommt, sondern im Bankensystem stecken bleibt.

Die Diagnose bestätigt sich, wenn man die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes betrachtet. Sie lässt sich berechnen, indem man das Bruttoinlandprodukt (BIP) durch die Geldmenge M2 dividiert (BIP/M2). Die Umlaufgeschwindigkeit zeigt, wie oft die Geldmenge umgeschlagen wird, um die Wirtschaftsleistung zu erreichen. Wechselt das Geld oft die Hände, ist die Umlaufgeschwindigkeit also hoch, ist das ein Zeichen für eine gut geölte, möglicherweise sogar heiss laufende Wirtschaft.

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Umlaufgeschwindigkeit in den USA seit 1958:

NMTM_Fed_VELO_Oct13

Es ist eindrücklich, zu sehen, wie sich die Umlaufgeschwindigkeit in den boomenden Neunzigerjahren erhöhte, dann mit der Rezession von 2001 absackte und wieder zu steigen begann. Auch hier: Die Finanzkrise von 2008 führte zum Absturz. Und genau wie der Geldmultiplikator ist auch die Umlaufgeschwindigkeit seither immer weiter gesunken.

Das ist die bittere Realität für Ben Bernanke und seine Kolleginnen und Kollegen an der Fed-Spitze: Sowohl Geldmultiplikator wie auch Umlaufgeschwindigkeit haben ein rekordniedriges Niveau erreicht und zeigen keine Anzeichen einer Belebung. Ein Bilderbuchbeispiel von Liquiditätsfalle.

Der Kongressabgeordnete T. Alan Goldsborough soll für dieses Phänomen 1935 den Ausdruck «pushing on a string» geprägt haben.

Es ist, als ob Bernanke einen Wagen zum Rollen bringen will, indem er an einem Seil stösst.

Hier noch zwei Links in eigener Sache:

  • Unsere Porträt-Serie der Ökonomie-Altmeister ist um einen Beitrag reicher geworden: Ludwig von Mises. Weitere folgen.
  • Das US-Finanzministerium hat in seinem halbjährlichen Bericht an den Kongress Verständnis für die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank gezeigt. Überaus harsche Worte fielen im Bericht allerdings gegen Deutschland, das mit seinem hohen Leistungsbilanzüberschuss von 7 Prozent des BIP als deflationäre Kraft für die gesamte Weltwirtschaft wirke (hier die Details dazu). Selbstverständlich hiess es in Berlin wieder mal umgehend, Deutschland könne stolz sein auf seine Leistungsbilanzüberschüsse, weil das ein Zeichen einer wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft sei. Weshalb diese Ansicht falsch ist, lesen Sie in diesem Blogbeitrag.

 

 

41 Kommentare zu «Ben Bernanke stösst ein Seil»

  • Alex sagt:

    …..wo führt die Reise hin? Die Geschichte hat gezeigt dass ungedekte Papiewährungen immer zu ihrem inneren Wert zurückgehen werden (ausnahmslos) das ist eine Garantie! Es ist traurig zu sehen seit die Schweiz 1992 sich vom wirklichen Geld getrennt hat (IWF) von 2950 tonnen Gold trennten sich unsere Nationalbank auf 1040 Tonnen in den 90er (zum Spottpreis). Die meisten Politikern (und lobyisten haben unsere Demokratie untergraben! Aus Eigenutz, Macht und Gier…..Sie werden von den Grossfiormen und Banken korumpiert!!! Der Schweitzerfranken ist nun auch nur noch Vertrauenssache wie der Dölli (ok verschuldung ist kleiner)desshalb versuche ich mich leise und langsam davon zu trennen ( die letzten beissen die Hunde ;-). Eines Tages werden die Massen aufwachen, wie konnte es nur soweit kommen? Pensionsversprechungen…. Papierwerte..etc. Ich bin ja erst 36 Jahre alt, aber die meisten in meinem Alter oder Jünger gucken mich doof an wenn ich denen erzähle dass ich Gold und Silber für meine Pension kaufe :-)Aber wenn ich Freunden diese Münzen und Barren in die Hände drücke dan glänzen ihre Augen …. Auf Politiker vertraue ich nicht mehr und Ihr? Was haltet Ihr von Selbstverantwortung un EM käufe…….
    Übrigens empfehle ich das Buch von Ferdinand Lips „Die Goldverschwörung“ bei Kopp Verlag online bestellen für 12 Franken bei Orell Füsslli 36 Franken.

    • will williamson sagt:

      Das Buch von Lips ist sehr interessante Lektüre. U.a. verweist er auf Robert M. Bleiberg, der 1983 in Barron’s geschrieben hatte, der IWF habe seit Bretton Woods eine nahezu lückenlose Kette von Fehlleistungen produziert. Auch Henry Kissinger und die ex Finanzminister George Schultz und William E. Simon hätten sich für die Abschaffung des IWF ausgesprochen. Diser sei unnötig und überholt. Offensichtlich waren die Interessen derer, die vom IWF profitieren, stark genug um die Abschaffung nicht stattfinden zu lassen. Mit dem Resultat, dass die Fehlleistungen fortgesetzt werden konnten bzw. noch können.

  • ast sagt:

    Die Politik der Notenbanken kann langfristig kluge Politik und Bürger nicht ersetzen. Zum Beispiel hätte die Schweiz den Kauf dieser Milliarden Euros durch die SNB vermeiden können, wenn der Staat bekannt gegeben hätte beim Sparen und abbauender Sozial Reformen die Bremse zu ziehen. In den USA ist man in die Falle der Geldpresse gelaufen, welche neoliberale Politik begünstigt, weil es sonst zu Inflation kommt. Bei Ausbruch der Finanzkrise halfen diese Politik zwar gar nichts mehr, aber die Politik hatte sich bereits auf die Zerstörung des Mittelstandes konditioniert, so dass Versuche zum Umdenken postwendend die Tea Party auslöste. So kann es kommen wenn man sich Jahrelang einer Doktrin aussetzt die eine mächtige Lobby generiert die nun jede Reform verhindert.

  • Zlatko Jukic sagt:

    Das Entscheidende ist der „Ketchup-Effekt“, der sich irgendwann einstellen wird.

    Beispiel:
    Die Konzentration von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre nimmt seit 1900 stark zu, ohne dass sich das Klima entsprechend stark erwärmt hat. Im Gegenteil: Seit 15 Jahren gibt es keine Erwärmung mehr.
    Trotzdem rät der IPCC (Weltklimarat) zur Einsparung von CO2, weil es sonst – selbst nach zwischenzeitlicher Abkühlung – zu einer plötzlichen und unbeherrschbaren Klimaerwärmung kommen wird.
    Genauso verhält es sich mit der Geldschöpfung der Federal Reserve. Irgendwann macht es „blubb“ – und das Ketchup ist auf unserer Hose.

    • will williamson sagt:

      Das meiste CO2, das es je in der Atmosphäre gab, ist in den Kalksteingebirgen gebunden. Durch den sauren Regen wird es wieder ausgewaschen und landet in den Weltmeeren und von dort möglicherweise wieder in die Atmosphäre. Frei nach der Bibel: Die Berge werden abgetragen und die Täler aufgefüllt.

      • Zlatko Jukic sagt:

        Die Klimaforschung ist ein sehr gutes Beispiel, dass der Mensch bis heute komplexe Systeme nicht einmal im Ansatz versteht.
        Die Modelle sind oft zu stark vereinfacht. Sie blenden grosse Bereiche aus, werden mit „plausiblen“ Annahmen ergänzt und damit völlig entwertet. Die Zukunft hält sich nicht an unsere Gedankenspielchen und belehrt uns ständig eines besseren.

        Natürlich können die Experten – frei nach Churchill – hinterher immer genau sagen, warum ihre Prognosen nicht eintrafen. Das betrifft nicht nur die Klimaforschung, sondern auch die Wirtschaftswissenschaften u. v. m.

        Und um Voraussagen völlig aus dem Ruder zu werfen, gibt es zwischendurch noch Ereignisse wie Lehman oder Griechenland, die vorher kein Mensch auch nur für möglich hielt, und die mal eben kurz den Lauf der Weltgeschichte ändern.

        • will williamson sagt:

          Wenn ich jeweils etwas zum Spotten aufgelegt bin, sage ich, das Einzige, was bei den Modellen klar definiert ist, ist das Rechenverfahren. Für den Rest arbeiten sie nach dem GiGo (Garbage in – Garbage out) Prinzip. Wenn vorne bei den Annahmen Fehler hinein laufen, kommen eben hinten auch Fehler heraus. Sowohl beim Klima als auch in der Wirtschaft sind die Einflusskomponenten so zahlreich, dass eine umfassende Berücksichtigung nicht möglich ist. Deshalb sollte man nicht zu modellgläubig sein.

          • Zlatko Jukic sagt:

            Bei Kriegen ist es ähnlich:
            Kriege werden minutiös geplant. Durch perfekt ausgebildete Generäle mit jahrzehntelanger Erfahrung, die sich mit nichts anderem beschäftigen und auf die neueste Technik zurückgreifen können.

            Leider kommt es am Ende oft völlig anders – selbst bei absoluter Überlegenheit.
            Die USA können ein Lied davon singen (Vietnam, Afghanistan, Irak, …).

            Worauf ich hinaus will: Jede mittelfristige Prognose ist bei Modellen mit mehreren Variablen unseriös. Eigentlich eine Frechheit, dass man das der Öffentlichkeit trotzdem immer wieder vorgaukelt.

        • Es gibt vielleicht einen wesentlichen Unterschied zwischen der Klimafrage und der Krisen-Ökonomie, der m.E. zu wenig Beachtung gefunden hat:

          Wenn (für Zweifler: falls) das Klima dereinst vollkommen aus dem Ruder läuft, dann kann niemand sagen, wir seien nicht gewarnt worden. „Wir“ sind durchaus und wiederholt gewarnt worden, aber „wir“ haben alle Warnungen in den Wind geschlagen. Der Klimaschock wird dann stattfinden trotz der Warnungen der Klimaforscher. (Schlüsselwort: trotz)

          Im Falle der Finanzkrise sind wir nicht nur nicht gewarnt worden. Wir haben im Gegenteil alles gemacht, was die Ökonomie verlangt hat: von der Deregulierung der Finanzmärkte via der Nicht-Regulierung von Derivaten bis hin zu den Steuergeschenken für Reiche und Unternehmen. Die Finanzkrise 2008 fand also nicht trotz allfälliger Warnungen statt, sondern gerade weil wir auf die Analysen und Rezepte der Ökonomen gehört hatten.

  • Sehr geehrter Herr Dittli,
    .
    Sie gehören zu den führenden Wirtschaftsjournalisten und bringen die Probleme immer sehr schön aus den Punkt. Ihre Beiträge aus den letzten Monaten hatten mich dazu inspiriert, einen eigenen Beitrag zu schreiben, warum die Zentralbanken z. Z. auf Basis ihres Mandats alles richtig machen, aber dennoch scheitern müssen. Diesen Beitrag habe ich vor zwei Tagen in meinem Blog veröffentlicht. Ihr aktueller Beitrag bestätigt meine Einschätzung. Sie finden dort übrigens auch erste Vorschläge für eine alternative Geldpolitik, die die Umlaufgeschwindigkeit (eigentlich mag ich diesen astrologischen Rummelbegriff nicht, sondern rede lieber von Transaktionshäufigkeit) wieder dorthin bringt, wo sie mal war. Folgen Sie einfach meinem Namen.
    .
    Beste Grüße
    Michael Stöcker

  • Simon Schenker sagt:

    Mich würde es jetzt auch wunder nehmen, welche Rezepte hier angewandt werden könnten um diese Punkte wieder zu beleben. So wie es klingt, sollten also die Zentralbanken das Geld nicht den Banken in den Schoss werfen sondern der arbeitenden Bevölkerung direkt zukommen lassen. In der CH könnte dies ja mit der Krankenkassenrechnung gemacht werden. Es würde einen noch stärkeren Abzug bei den Prämien geben und somit könnten die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben und mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf pumpen. Wenn die Banken dies nicht tun wollen muss es das Volk tun.
    Anderseits müsste man sich dann wohl fragen, sind die Banken noch zum Wohl des Landes, der Wirtschaft, wenn diese es nicht in mit Krediten oder Investitionen in den Kreislauf bringen.
    Hier wird also die Politik gefragt. Entweder man gibt den Banken Gründe, das Geld nicht zu horten (auch bei den grossen Firmen sollte man hier ansetzen) oder der Staat muss selber wieder eine Rolle des Geldgebers übernehmen.
    Ich bitte um Vorschläge für eine Korrektur dieses Zustandes.

    • will williamson sagt:

      Die Vollgeldbewegung (z.B. Vollgeld.ch) macht u.a. den Vorschlag, dass die Notenbanken Geld direkt der Bevölkerung zukommen lassen könnte/sollte. Was die Vergabe von Krediten durch die Banken anbelangt, stellt sich die Frage, ob die, die bejammern, dass sie keine Kredite erhalten, aus Bankensicht kreditfähig sind. Die Banken wollen ja in der Regel von den Kreditnehmern Sicherheiten. Wer diese nicht stellen kann, erhält dann eben keinen. Wahrscheinlich wird die Vergabe in Boomzeiten von den Banken etwas lockerer gehandhabt. Wenn die Wirtschaft brummt, ist prinzipiell das Risiko von Kreditausfällen geringer als in Rezessions- oder Depressionsphasen. Hinzu kommt, dass gut laufende Unternehmen bei schlechter Wirtschaftslage ihre Aktivitäten zurück fahren und z.B. Investitionen auf später verschieben, weil sie von einer momentanen Verminderung der Absatzmöglichkeiten ausgehen. Eigentliche Boomphasen werden in der Regel durch neue, grundlegende, allgemein anwendbare Erfindungen/ Technologien ausgelöst. Dieser Impuls scheint mir im Moment zu fehlen.

  • Johnny Smith sagt:

    Ich wusste nicht, wann und wer das erste Mal die Seil-Analogie erwähnte. Danke an MD für die Referenzierung («pushing on a string» T. Alan Goldsborough 1935) und noch viel mehr für die Ausführung dieser absolut einleuchtenden Beschreibung.

    Ich habe im Juni im NMTM-Blog das Bild auch schon mal erwähnt (http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/13309/die-angst-vor-dem-ausstieg/#comment-46187):

    „Mit Zinssenkungen wurde am Seil gezogen, sprich die Produktionsbedingungen verbessert/erleichtert…. Diese aktive Massnahme als Rückenwind für die Wirtschaft ist den Zentralbanken mittlweile aufgebraucht und steht nicht mehr zur Verfügung, da die Zinsen nahe dem Nullpunkt sind….

    …Jetzt wo die Zentralbanken nicht mehr ziehen können, versuchen sie von der anderen Seite zu stossen, indem sie ‘Gratisgeld’ einschiessen…. als Konjunkturankurbelung funktioniert dies offensichtlich überhaupt nicht.“

    Das Problem ist nicht, dass ‚zu wenig QE‘ die Konjunktur ‚zu wenig‘ ankurbelt (auch wenn Krugman und Konsorten lieber „more of the same“ machen wollen). Die Erkenntnis, dass QE als Konjunkturankurbelung so wirkungslos ist wie an einem Seil zu stossen, wird sich langsam durchsetzen.

    • will williamson sagt:

      In einem Appenzeller Ort wurde mal einer angetroffen, der eine Büchse an einer Schnur hinter sich herzog. Als ihn einer fragte, wieso er die Büchse hinter sich her ziehe, erwiderte er: „Zeig mir doch mal wie ich sie an der Schnur vor mir herschieben kann!“ Ein Notenbanker war das sicher nicht.

  • Bernhard Spirig sagt:

    Wunderbarer Artikel vielen Dank. Ich hoffe ich habe das richtig verstanden. Die FED kauft faule Papiere zurück und die Banken kriegen scheinbar gutes Geld dafür und es gibt keine Inflation. Toll nicht einmal einen Verlust machen sie. Dann setzen sie, nachdem sie ja die Papiere schon abgeschrieben haben und darum fast keine Steuern mehr bezahlt haben, dieses Geld ein als Kapital, dass sie von einer anderen Behörde aufgebrummt bekommen haben. Wenn das Kapital dann angereichert ist fangen sie wieder an zu spekulieren und alles fängt wieder von vorne an. In der Zwischenzeit bescheissen sie die Bürger mit falschen Zinsabrechnungen usw. Wie lange schauen wir da eigentlich noch zu ?

  • Elisabeth Krail sagt:

    Was sind die Ursachen eines absinkenden Geldmultiplikators wie auch einer sinkenden Umlaufgeschwindigkeit? Bedingen beide einander? Welche Auswirkungen haben die genannten Feststellungen auf die globale Wirtschaft? Welche Rolle spielen in diesem Vorgang die Schattenbanken? Warum kommt die Basisgeldmenge gar nicht in der realen Wirtschaft an? Wo fliesst das Geld hin?

    • will williamson sagt:

      Meiner Meinung nach hängt der Multiplikator von der Umlaufgeschwindigkeit ab. Mit einer Tausendernote kann man rein theoretisch in einem Jahr auch einen Umsatz von 365,000 erzielen, wenn sie jeden Tag in einer anderen Tasche ist. Kostolany hat einmal die Anekdote portiert, während den 30-er Jahren habe es in Budapest nur einen Forint gegeben. Trotzdem sei die Wirtschaft gelaufen, weil dieser jeden Tag in einer anderen Tasche war.

      • Zlatko Jukic sagt:

        Die Ungarn müssten sich gut auskennen. Schliesslich hatten sie 1945/1946 die höchste jemals registrierte Inflation aller Zeiten. Das hat bisher nicht mal Simbabwe geschafft.
        Stammt nicht der hier immer wieder gern zitierte George Soros („Mister Eurobond“) aus Ungarn?

    • Urs Lehmann sagt:

      Man beachte den jeweiligen Massstab (y-Achse). 1960-2010 befand sich Velocity innerhalb einer 30%-Bandbreite, die meiste Zeit sogar innerhalb weniger als 15%. Verglichen mit M2/Base ist Velocity weitgehend konstant.

    • Elisabeth Krail sagt:

      Wenn also die Umlaufgeschwindigkeit und damit auch der Geldmultiplikator sinkt, weist dies auf eine schwache geschäftliche Tätigkeit hin, in der Wertschöpfungskette ist Flaute. Dies weil die Firmen aus Vorsicht kein Geld ausleihen oder die Banken das Risiko, Geld zu verlieren bei diesen als zu hoch einschätzen, denn die Absatzmärkte für deren Produkte sind schwach oder spielen gar nicht. Dies wiederum, weil die Endabnehmer (Kunden) ihr Geld, sofern sie welches haben, für schlechte Zeiten zurück halten und keine Verluste riskieren. Gleichzeitig verarmt ein zunehmender Teil der Bevölkerung.

      Dennoch, das viele zinslose Fiat-Geld hängt bei den Banken. Was machen die damit? Sie verleihen es weniger an den Markt, sondern betreiben damit pure Finanzgeschäfte. D.h. die Banken nehmen das Geld und arbeiten mit Hedgefonds zusammen, womit sie schon wieder dran sind, hochriskante Wetten einzugehen. Bei Hedgefonds ist die Aufnahme von Fremdkapital bis zu einem Mehrfachen des Eigenkapitals üblich. (Finews.ch, UBS O’Connor erstmals mit Asien-Hedge-Fonds). Hedgefonds-Strategien haben deutlich erhöhte Gewinnchancen, aber auch Verlustrisiken. Fonds-Manager haben ein Höchstmaß an Freiheiten bzgl. Auswahl der Investitionen. Auf diese Weise umgehen die Banken die neuen Bank-Regulatorien. Gerade warnte die Fed die Grossbanken per Brief, ihre Kreditvergabe strenger zu handhaben (HZ, Fed ermahnt Grossbanken zu strengerer Kreditvergabe). D.h. d. Banken sitzen wieder auf zu hohen Verlustrisiken.

  • Daniel Grossig sagt:

    Es ist toll, solche Artikel in der Tagiapp zu finden, während dem Lesen war ich überrascht, dass anders als sonst kein einziger Schreibfehler vorkam. Erst nach genauerem Hinsehen sah ich den Autor, FuW sei Dank! Es wäre toll, wenn der Tagi noch viel mehr Artikel von FuW in der Tagiapp bringen würden… Danke!

  • Josef Marti sagt:

    Die hohe Arbeitslosigkeit erzeugt weiterhin einen anhaltenden Druck auf die Reallöhne. Ohne Lohnstückkostenzuwachs ist aber keine Inflation zu erreichen. Da die Monetaristen in den Zentralbanken sich in erster Linie die Inflationsbekämpfung auf die Fahnen geschrieben haben sollten sie doch eigentlich jubeln und konsequent die Brüningsche Deflationspolitik weiter betreiben, also weiterhin Austerität und Preis-/Lohndruck in Kombination mit Ausweitung der Geldbasis. Die Monetaristen haben sich die Liquiditätsfalle jedenfalls redlich verdient und sich einen Platz in der hall of fame gesichert.
    Was passiert wenn der Geldschöpfungsmultiplikator massiv absackt wurde in den 30er Jahren eindrücklich vorgeführt.

    • Rolf Zach sagt:

      Herr Marti, Sie haben vollständig recht, jedermann der dieses Phänomen verstehen will, muss unbedingt Kindleberger lesen in seinem Werk „Die Weltswirtschaftskrise“. Kanada hatte damals bereits im Unterschied zu den USA wenige Grossbanken. Das Geld blieb bei diesen Grossbanken liegen und die Umlaufgeschwindigkeit war sehr gering. Solange die Politik sich nicht auf
      die Einkommen der arbeitenden Bevölkerung konzentriert und nur noch an Steuerwettbewerb interessiert ist verbunden mit
      der Hilfestellung für Spekulanten, die der Volkswirtschaft nichts nützen, wird es nicht besser. Der Grundsatz von Keynes
      „Sparen=Investieren“ wird nicht beachtet und die Löhne zu drücken, hat schon in 30er Jahren nicht geholfen, Ausnahme
      Deutschland, wo die Löhne zurückgegangen sind und Vollbeschäftigung herrschte, aber wir wissen ja alle für welchen Zweck.
      Sie haben dort mit Parolen und Paraden die Leute entlöhnt.

    • ast sagt:

      Herr Marti, von einer 1:12 Initiative und gerechter Einkommensverteilung sind die USA noch viel weiter entfernt als die Schweiz.

      Roosevelt sowie die damals strengeren Bankenkontrollen sind schon längst vergessen und der aktuelle Präsident Obama (welcher sich schon über die sozialen Ungleichgewichte [Folgenlos] beschwert hatte) erscheint als zu schwach für soziale Reformen.Als der Volkswagen Konzern in seinem Werk in den USA einen (recht harmlosen) Betriebsrat einführen wollten kam es nach zum Widerstand durch Senatoren, sogar das FBI wurde eingeschaltet.

      Viele politischen Existenzen sind wie auch in Europa mit der sozialen Abbaupolitik derart verbunden, dass nun ihre politische Existenz und auch ihr Ansehen davon abhängt das alles so weiter betrieben wird wie das seit Nixon aufgebaut wurde.

      Was wenige wissen ist, die Ablösung des US$ vom Goldstandard führte zur massiven Expansion der Geldmenge und zum Neoliberalismus.

      Um nämlich zu verhindern das hohe Inflation ensteht, benötigte man diese Abbaupolitik mit Privatisierung. Wer viel Geld druckt und wenig Inflation, der benötigt grosse statische Entitäten welche die Rolle des Gläubigers einnehmen.

      Damit meine ich z.B. Reiche die so viel besitzen dass sie es kaum wieder ausgeben können, auch solche wie die Chinesen und Derivate. Würde das Geld im Volk kreisen, käme es zu hoher Inflation. Dieses Fiat Money System lebt vom ständig vertieften Sozialdarwinismus, eben wie ein Schneeballsystem.

      • Lieber Herr ast,
        .
        an die Nixon-Geschichte habe ich bis vor kurzem auch noch geglaubt, aber mit unserem Kreditgeldsystem (aka Fiatmoney ) hat das nur am Rande was zu tun. Wenn Sie mutig sind (auch auf die Gefahr, dass ihr Fiat-Lux-Weltbild ins Wanken gerät), dann schauen Sie doch mal hier vorbei: http://soffisticated.wordpress.com/2013/10/10/von-substanzbehafteten-luftnummern/. Vor allem auch die Kommentare sind durchaus lesenswert.

        • ast sagt:

          Herr Stöcker, mit dem Abschied der Geldsysteme, unter denen früher die umlaufende Geldmenge zu Gold konvertierbar gehalten werden musste, hat die Notenbank die Kontrolle zu gunsten der Geschäftsbanken verloren. Nach Auflösung der Gold Konvertierbarkeit wurden die Regeln gelockert in welchem Verhältnis die Banken Kredit herausgeben dürfen.

          Ich habe schon eine Weile nicht mehr nachgeschaut, aber in den USA dürften die Banken für 1 US$ 12 US$ Kredite vergeben. oder die 12 fache Menge der Sichteinlagen in die Wertpapiermärkte einspeisen. Als die Goldbindung noch galt, hätte die Notenbank diese Geldvermehrung drosseln müssen, indem sie z.B. die Leitzinsen hätte erhöhen müssen oder den Kredit -Multiplikator zu Zentralbankengeld hätte reduzieren können.

          Es spielt eigentlich keine Rolle ob man eine Währung zu Silber oder Gold konvertierbar hält, beides sorgt dafür dass die ganze Geldmenge unter Kontrolle einer physikalischen Substanz gehalten werden muss und sich daher nicht unbegrenzt aufblähen kann.

          Genau diese Aufblähung war aber erwünscht, Milton Friedman hat genügend darüber geschrieben. Monetarismus bedeutet nichts anderes als die Loslösung der Geldmenge von Relationen wie etwa zu Gold. Das bunte Treiben der Geschäftsbanken rund um Kredite und Derivate, von dem Sie in ihrem Blog schreiben, wäre mit Goldstandard so nicht möglich. Es wäre nicht möglich weil es ja nicht nur einen Binnemarkt gibt,sondern auch Beziehungen zu anderen Währungen.Der IFW verbot daher Goldbindung

          • will williamson sagt:

            Die Golddeckung oder Goldbindung einer Währung ist willkürlicher Entscheid und es stellt sich die Frage, ob damit eine wachsende Wirtschaft ausreichend mit Geld versorgt werden kann. Richtiger wäre es, die Geldmenge an das Wachstum der Volkswirtschaft zu binden. Wenn wir beim Tauschhandel anknüpfen, ist ein Tausch Ware gegen Ware in den meisten Fällen wegen den Tauschrelationen nicht möglich. Deshalb erhält der Leistende statt Ware eben Geld, das dann einen aufgeschobenen Anspruch auf einen andern Teil der volkswirtschaftlichen Produktion repräsentiert. Der Ablauf ist am Beispiel des Wechseldiskonts anschaulich nachvollziehbar.

            Die Geldmenge kann bzw. könnte auch durch die Vorschrift höherer Mindestreserven der Geschäftsbanken bei den Notenbanken eingeschränkt werden. In der EU betragen diese Mindestreserven gerade noch 1% der Einlagen, so dass mit einer Einlage theoretisch das Hundertfache an Krediten geschöpft werden kann, wenn wir die Barauszahlungen vernachlässigen. Bei einem Reservesatz von 10 würde dieser Multiplikator von 100 auf 10 gesenkt. Der effektive Multiplikator hängt wie beim Bargeld von der Transaktionshäufigkeit ab, d. h. wie oft der Kredit wieder als Einlage erscheint.

        • ast sagt:

          Der Monetarismus ist der Versuch ein monetäres Schneeballsystem zu schaffen das nicht mehr zusammenbrechen kann, weil sowohl Kreditmenge als auch Schuldenmenge unbegrenzt Spielraum nach Oben erhalten. Mit dem Mechanismus des an Nichts gebundenen Geldes wollte Milton Friedman der Wirtschaft praktisch unbegrenzt Kredit verschaffen. Zuerst war das auch gelungen, wie nicht anders zu erwarten. Inzwischen erhalten aber nicht mehr die Realwirtschaft unbegrenzt Kredite, sondern nur noch die systemisch relevanten Banken und die Staatshaushalte. Auch diese Entwicklung war voraus zu sehen. Nicht voraus zu sehen ist allerdings was jetzt geschehen wird, denn entweder die Staatshaushalte werden die letzten Schuldner sein die unbegrenzt Kredit aufnehmen können, oder dann die systemisch relevanten Banken. Ich tippe auf die Staatshaushalte systemisch relevanter Staaten wie die USA, aber da gibt es Tea Party und Lobbys welche mich unschlüssig machen im Moment. Wie auch immer, jedes Schneeballsystem wird sein Ende finden, so auch das Friedmansche Wunderwerk des Monetarismus.

  • Ahn Toan sagt:

    „Je höher der Multiplikator, desto aktiver nutzen die Geschäftsbanken das von der Zentralbank erhaltene Geld, um neue Kredite zu vergeben“

    Die Politik, auf Empfehlung der BIS verhindern dies, indem sie höhere Eigenkapitalanteile für Banken fordern.

    Ich würde sagen, Bernanke zieht an einem Seil, die Politik zieht jedoch in die andere Richtung, und er kann lediglich einen Teil dieses Effektes mildern, also einen Teil des fiktiven Geldes (Geld als Forderung gegen eine Bank) durch echtes Geld (Geld als Forderung gegen die Notenbank) ersetzen.

    Mitten in der Krise höheres Eigenkapital für Banken zu fordern, ist der dümmste Zeitpunkt, eine an sich nützliche Forderung durchzusetzen. Das ist, wie einen von einer kleinen Anforderung vollständig Erschöpften sofort in ein hartes Konditionstraining zu senden.

    • Johnny Smith sagt:

      „Mitten in der Krise … zu fordern…“

      Von was für einer Krise sprechen Sie? Wir haben laues Wachstum, aber keine Krise. Die Finanzkrise was 2008/2009. Die US-Immobilienkrise war davor.

      Wir haben ein Problem mit einer übersteigerten Erwartungshaltung an Geldpolitik. Wir haben zwar nur laues Wachstum, aber ist Geldpolitik geeignet ein Wachstum von 4% und mehr zu konstruieren? Wenn man die Zinsen von 8% auf 5% senken kann vermutlich ja, mit deutlichen Zinssenkungen gibt es sicher Rückenwind. Aber kann man die Zinsen substanziell unter Null senken?

      Die Geldpolitik hat nach 30 Jahren sinkenden Zinsen beim Zinsnullpunkt den Punkt erreicht, wo das gezogene Ende des Seils an der Wand angekommen ist. Die Wand (Zinsnullpunkt) ist im Weg, BB kann nicht mehr weiter an diesem Seilende ziehen. Was ist seine Reaktion: er stösst am anderen Ende. Welche Verzweiflungstat!

      • Ahn Toan sagt:

        Wir haben nur laues Wachstum, weil die Banken kaum Kredite gewähren dürfen, sie müssen Eigenkapital schaffen, um es trivial zu sagen, das Geld horten.

        Die UBS wollte eine Dividende zahlen im nächsten Jahr, an Grossanleger wie Pensionskassen und Kleinanleger, die Finma hat gesagt, behaltet das Geld im Keller, vielleicht braucht ihr es noch.

        • will williamson sagt:

          Seit wann ist gehortetes Geld der Notenbank Eigenkapital?

          • Ahn Toan sagt:

            Ich kann den Zusammenhang nicht wissenschaftlich verstehen, und schon gar nicht erläutern, aber mir scheint klar: Je Hebel der Banken, desto M2!

          • Josef Marti sagt:

            AT meint wohl dass die Banken Gewinne thesaurieren müssen; genau so wie das unsere lieben KMU Patrons immer wieder behaupten, dass sie alles ins Geschäft reinvestieren und ja nichts rausnehmen (höchstens in Form von Aktionärsdarlehen). Aber auch wenn das so ist wäre das ja kein Hinderungsgrund für die Banken trotzdem Kredite zu vergeben.

          • Ahn Toan sagt:

            „Gehortetes“ Geld einer Bank ist primär auf der Aktivseite in der Bilanz. Wird es als Kredit ausbezahlt, ist es noch immer ein Aktivum der Bank, letzteres führt aber dazu, dass die Risikogewichtung der Aktiven steigt und damit mehr Eigenkapital auf der Passivseite der Bilanz erforderlich ist, als wenn das „gehortete“ Geld in Bargeld, Sichtguthaben bei der SNB oder anderen Banken, oder als Staatsanleihen „gehortet“ wird.

            Welche Bank hat sich eine grössere Menge Eigenkapital an den Märkten besorgt? Ich kenne keine, dennoch haben die meisten Banken ihr risikogewichtetes Eigenkapital deutlich erhöht, nämlich indem sie Risiken abgebaut haben, also Kredite an KMU und Private ersetzt durch Staatsanleihen zum Beispiel.

          • Berechtigte Frage: In der Regel Nichts! Vor allem nicht bei Banken. Geld ist eben als Aktivposten Vermögen, auch wenn wir immer wieder gerne von Geldkapital reden. Dies sollte unserem Chefbuchhalter aber doch eigentlich klar sein, bei Volkswirten kann man da schon mal etwas toleranter sein. Und die Geschichte mit der bösen Politik, die nun für die schleppende Kreditvergabe der Banken verantwortlich sei, ist doch reiner Lobbyismus-Sprech. Aber zum Glück gibt es ja Admati und Hellman, die auf solch durchsichtige Geschichtchen nicht hereinfallen: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/10/16/die-grosse-schulden-luege-des-bankers-neue-kleider/

            Und wer noch etwas zum Hebel wissen möchte, der wird hier bedient: http://zinsfehler.wordpress.com/2013/11/01/die-geschichte-vom-kleinen-milton-und-der-dicken-bertha/

          • Ahn Toan sagt:

            @Michael Stöcker: In Ihrem Link zum Eigenkapital von Banken kommt das Wort

            „risikogewichtet“ (…es Eigenkapital) nicht einmal vor:

            Das risikogewichtete Eigenkapital ist keine Position der Buchhaltung, sondern eine Auswertung derselben, in welcher die Aktiven (Kredite an Kunden, andere Banken, Staat, Bargeld) entsprechend ihrem Risiko gewichtet werden, und dann in Relation zum Eigenkapital gemäss Bilanz gesetzt werden.
            Das risikogewichtete Eigenkapital einer Bank ist am grössten, wenn sie alle Kredite an Kunden durch Staatsanleihen ersetzt. Ohne eine Veränderung auf der Passivseite der Bilanz, wird das risikogewichtete Eigenkapital grösser. Je Ausleihungen an gewöhnliche Kunden ohne gutes Kreditrating, also KMU’s und Private, desto weniger risikogewichtetes Eigenkapital.

            Die Politik macht, wovon sie glaubt, dass es die Wiederwahl sichert: In der Finanzkrise wurde, was auch ihr Link macht, ein wesentlicher Grund in den zu geringen Eigenkapitalanteilen der Banken gesehen. Die Forderung nach Erhöhung des Eigenkapitals geniesst breiteste Unterstützung in der Bevölkerung, was auch bei einem Beitrag hier zu erkennen war. OK, machen wir das, aber warum sich dann Oekonomen wundern, warum die Kreditvergabe der Banken harzt, und das Wachstum bestenfalls moderat ist, erschliesst sich mir nicht.

        • Ahn Toan sagt:

          @will williamson: „Seit wann ist gehortetes Geld der Nationalbank Eigenkapital?“

          Gibt die NB den Banken Geld, bucht Sie eine Schuld bei sich an die Bank (Sichtguthaben der Bank) und ein Guthaben an die Bank bei ihr (Ich vermute die buchen so, weiss es nicht). Gleich bucht die Bank: In den Aktiven Sichtguthaben gegen NB, in den Passiven die Schuld aus diesem Guthaben. Diese Schuld ist Fremdkapital der Bank. Die Bilanzsumme der Bank steigt, das relative Egenkapital nimmt ab, das risikogewichtete Eigenkapital bleibt gleich, das das Guthaben bei der NB risikolos ist, es ist Geld. Nun hat die Bank zwei Möglichkeiten:

          a) Sie leiht das Geld auf dem Sichtguhaben bei der NB an einen Kunden, womit auch das risikogewichtete Eigenkapital abnimmt. So zu handeln wäre gegen die Anforderung, den Eigenkapitalanteil zu erhöhen. Das Eigenkapital hätte insgesamt relativ und risikogewichtet abgenommen, obwohl keine Buchung im Eigenkapital erfolgte.

          b) Sie benutzt das Geld, um eigene Verbindlichkeiten abzubauen: Damit werden ihre Aktiven (Sichtguthaben bei der NB) wieder kleiner genauso wie ihre Verbindlichkeiten, es wird eine Verbindlichkeit bei anderen durch eine Verbindlichkeit bei der NB ersetzt). Die Bilanzsumme ist wieder wie vorher, das Eigenkapital auch, die Massnahme der NB war wirkungslos, ausser dass sie nun Bankschulden die vorher Private hielten, in ihren Aktiven hat.

          Unter den aktuellen geseztlichen Vorgaben bleibt der Bank nur, gemäss B zu handeln

          • Josef Marti sagt:

            Stimmt nicht. EK kann nur vom Inhaber und laufenden Gewinne kommen (ausser Sanierung und etc. Spezialfälle). Sie haben ja selbst bestätigt dass man Gewinne einbehalten kann um das EK zu erhöhen. Zudem kann der Aktionär AK erhöhen. Logisch will man das nicht da die EK Rendite sinkt.
            Die Risikogewichtung ist altbekannte rein rechnerische Schummelei um das EK gegen 0 zu bringen, dh. den Bankaktionären eine staatlich garantierte EK Mindestrendite zu garantieren (ist halt freie Marktwirtschaft oder?). Also, wieso Kredite vergeben wenn ich mit Null EK 100% Staatsanleihen haben kann? Das war ja bisher immer so und demnach hatten früher Banken gar nie Anlass Kredite zu vergeben. Passt auch in die EZB Strategie der Bankenmästung, Gratisgeld an Banken und diese legen es an in 7% rettungsschirmverbürgte Staatsanleihen.

            Wird aber die EK Quote in % der Bilanzsumme verordnet, MUSS die Bank im Normalfall auf Kredite und andere Investments ausweichen, weil in einer normalen Wirtschaft keine 7% verbürgten Staatsanleihen via Zentralbankgeldschöpfung nach Belieben zur Verfügung stehen, Staatsanleihen geben dann vielleicht nur 2% und das reicht dann dem Bankaktionär nicht aus.
            Da aber die Zentralplaner und die Bankdirektoren (bzw. das Politbüro) sich sicher nicht gegenseitig die Augen aushacken geht die Umverteilung zulasten Allgemeinheit mithilfe der gekauften Politmarionetten munter weiter.

          • Ahn Toan sagt:

            Stimmt doch: Auch wenn Ihre Aussage, wie EK geschaffen wird, geht es nicht um das EK in absoluter Höhe, sondern relativ zu den Aktiven (=Bilanzsumme) bzw. zu den Aktiven ris kogewichtet. Es geht um Relation, eine Bruchrechnung, deren Ergebnis sowohl durch Veränderung des Zählers (Eigenkapital) als auch Veränderung des Nenners (Aktiven bzw. risikogewichtete Aktiven) verändert werden kann.

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