Die deutsche Atombombe und das Ende des EWS

Bereits die Deutsche Mark war zu dominant: Jacques Chirac (l.) und Helmut Kohl (M.) an einem EU-Gipfel, 26. Juni 1995. (AFP/Michel Gangne)
Fast genau vor 20 Jahren – im Sommer 1993 – ist das letzte Europäische Währungssystem zusammengebrochen. Auch damals stand Deutschland im Mittelpunkt der Geschehnisse. Der Reihe nach:
- Bereits nach dem Ende des so genannten Bretton-Woods-Systems fixierter Währungen gegenüber dem Dollar wollten die Europäer erneut ein System einführen, um ihre Währungen gegenseitig zu stabilisieren. Sie haben daher 1972 den «Europäischen Wechselkursverbund» geschaffen – besser bekannt unter dem Begriff der «Währungsschlange». Der Begriff leitet sich daraus ab, dass die Währungen der beteiligten Länder innerhalb eines geringen Bandes noch schwanken durften. Immer deutlicher kristallisierte sich allerdings die Deutsche Mark als Leitwährung des Systems heraus, was die anderen Mitglieder faktisch zwang, die deutsche Geldpolitik für die eigene Volkswirtschaft zu übernehmen. Wir erinnern uns: Bei festen Wechselkursen sind wir mit dem Trilemma konfrontiert, dass keine eigenständige Konjunkturpolitik mehr möglich ist, wenn ein freier Kapitalverkehr vorherrscht.
- Weil ein Währungssystem schon damals dem Zweck einer engeren Verbindung der europäischen Länder dienen sollte und die Währungsschlange durch die deutsche Dominanz vor allem für Frankreich ein Problem darstellte, wurde sie 1979 durch das Europäische Währungssystem (EWS) abgelöst. Wie in der Währungsschlange wurden die beteiligten Währungen aneinander gebunden, wobei geringe Schwankungen wiederum erlaubt waren: 2,25 Prozent nach unten und nach oben. Der italienischen Lira wurden sogar Schwankungen von 6 Prozent zugestanden. Der grösste Unterschied bestand aber darin, dass mit dem «Ecu» eine künstliche Leitwährung geschaffen wurde, mit der Absicht, die Dominanz der Deutschen Mark zu brechen. Das System sollte allen das gleiche Gewicht einräumen.
- In der Praxis erwies sich das als frommer Wunsch. Tatsächlich dominierte Deutschland, bzw. die Deutsche Mark auch das EWS. Erneut mussten die anderen Länder faktisch die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank nachvollziehen, wenn sie nicht die vorgegebenen Währungsverhältnisse verletzen wollten. Hätte die französische Notenbank zum Beispiel eine Zinserhöhung der Deutschen Bundesbank nicht nachvollzogen, hätte der französische Franc gegenüber der Deutschen Mark an Wert verloren, was nicht zulässig war. Jacques Attali – Berater des französischen Präsidenten François Mitterand – hat 1987 gemäss dem Buchautoren David Marsh die Mark wegen ihrer Durchschlagskraft als «deutsche Atombombe» bezeichnet.
- Um die Macht der Deutschen Mark zu brechen, forderte wiederum vor allem Frankreich einen noch weitergehenden Schritt: eine Abschaffung der bestehenden europäischen Währungen, inklusive der deutschen und ihren Ersatz durch eine Einheitswährung. Noch im Sommer 1988 wurde daher eine Arbeitsgruppe unter dem damaligen Kommissi0nspräsidenten Jacques Delors ins Leben gerufen, die zu klären hatte, wie eine solche Währungsunion beschaffen sein sollte. Das 1989 präsentierte Ergebnis – der Delors-Bericht – macht deutlich, dass schon damals klar war, welche Probleme auftreten würden, wenn die Währungsuni0n unfertig umgesetzt würde. Was das heisst, war Thema dieses Blogbeitrags.
- Insbesondere war man sich bewusst, dass eine Währungsunion eine Art von Fiskalunion als Ergänzung bedingt, das heisst eine weitgehende Aufgabe von Souveränitätsrechten der Mitgliedsländer in Bezug auf die Staatsfinanzen.
- Aus rein wirtschaftlichen Gründen hatte Deutschland wenig Interesse an einer Währungsunion. Die deutsche Bundesbank machte keinen Hehl daraus, dass sie diese Pläne kaum für realisierbar und schon gar nicht für wünschbar hielt. Mitgespielt hat die deutsche Regierung vor allem aufgrund von äusserem Druck. Mit der Wiedervereinigung und dem Ende des kalten Krieges wollten vor allem Frankreich – aber auch Grossbritannien – Deutschland in ein neues, europäisches Korsett fest einbinden. Das alte war zerfallen: die den Westen einigende Bedrohung durch die Sowjetunion und den Ostblock generell. Das französische Atomwaffenarsenal verlor ihren alten Zweck. Die «deutsche Atombombe», das heisst die Deutsche Mark, erschien immer mehr als Gefahr für den europäischen Zusammenhalt.
Dann ging ab 1992 alles schief:
- Noch zu Beginn des Jahres lief alles nach Plan: Am 7. Februar 1992 Jahres unterzeichneten die Staatschefs der Europäischen Union in der niederländischen Stadt Maastricht den Vertrag, der seither nach dieser Stadt benannt ist. In ihm wurde unter anderem der Fahrplan zur Währungsunion festgelegt. Wie der einstige Chefökonom der Deutschen Bank, Thomas Meyer, in einem spannenden neuen Buch zeigt, hat die deutsche Bundesbank im gleichen Monat noch einmal davor gewarnt, dass der Maastricht-Vertrag zur Bildung einer Währungsunion nicht ausreiche:
«Die Maastricht-Entscheidungen zeigen noch keine Übereinkunft hinsichtlich der zukünftigen Struktur der vorgesehenen politischen Union und in Bezug auf deren erforderliche Parallelentwicklung zur Währungsunion. Die zukünftigen Entwicklungen im Hinblick auf die politische Union werden von entscheidender Bedeutung für den dauerhaften Erfolg der Währungsunion sein.»
- Wie sich allerdings erwies, kam selbst der Maastricht-Vertrag rasch unter Druck. Im Juni 1992 hat die Bevölkerung Dänemarks den Vertrag in einem Referendum abgelehnt. Am 20. September des gleichen Jahres hielt auch das neben Deutschland wichtigste EU-Land Frankreich ein solches Referendum ab. Die Währungsunion bestand zwar dort die Abstimmung, aber nur mit der hauchdünnen Mehrheit von 51,05 Prozent. Die geplante Währungsunion schien sehr schwach demokratisch legitimiert zu sein.
- Die dadurch hervorgerufene Unsicherheit gekoppelt mit realwirtschaftlichen Spannungen sorgten im gleichen Jahr auch für dramatische Turbulenzen an den europäischen Währungsmärkten. Der Nachfrageschub als Folge der Wiedervereinigung sorgte in Deutschland für einen steigenden Inflationsdruck. Das hat die deutsche Bundesbank veranlasst, ihre Zinsen zu erhöhen. Die anderen EWS-Mitglieder mussten ebenfalls nachziehen, da sonst eine Abwertung ihrer Währung gegenüber der Deutschen Mark gedroht hätte.
- Doch die anderen EWS-Länder befanden sich ohnehin schon in einer schwierigen Konjunkturlage. Zinserhöhungen waren das letzte, was sie brauchen konnten. Die Arbeitslosigkeit zum Beispiel in Grossbritannien stieg zwischen 1990 und 1993 von 7 auf mehr als 10 Prozent an und in Frankreich von 8 auf fast 11 Prozent. Dass Grossbritannien angesichts der eigenen schwierigen Wirtschaftslage unter allen Umständen die vom EWS vorgeschriebene Fixierung des Pfund gegenüber der Deutschen Mark aufrecht erhält, galt als besonders wenig glaubwürdig. Kein Wunder spekulierten grosse Hedge Funds wie jener von George Soros auf eine deutliche Abwertung des britischen Pfunds. Nach erfolglosen Versuchen der Bank of England, das Pfund zu stützen und entsprechenden Milliardengewinnen der Hedgefunds, liess sie das Pfund fallen, senkte die Zinsen und Grossbritannien verliess das EWS. Eine Teilnahme am Euro ist seither in Grossbritannien vom Tisch.
- Der französische Franc geriet gleich aus zwei Gründen unter Druck: Wegen der schwachen Wirtschaftslage und dem knappen Referendumsresultat zum Maastrichtvertrag. Doch eine drastische Abwertung oder sogar ein Ausstieg aus dem EWS kamen für das EU-Kernland nicht in Frage. So forderte die französische Regierung Deutschland auf, ein klares Bekenntnis zur französischen Währung abzugeben. Wenn auf den Devisenmärkten allen klar wäre, dass Deutschland notfalls den Franc ebenfalls stützt, würde niemand auf dessen Abwertung setzen.
- Die deutsche Bundesbank war von diesen Plänen alles andere als begeistert. Gemäss David Marsh soll der damalige Bundesbankchef Helmut Schlesinger den Franzosen wörtlich erklärt haben:
«Ich werde keine gemeinsame Erklärung der französischen und der deutschen Zentralbank über die Stützung des Wechselkurses unterschreiben. Rechnen Sie in dieser Angelegenheit nicht mit mir.»
- Doch dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl ging die europäische Integration noch über alles. Frankreich fallen zu lassen, war daher keine Option, entsprechend übte er so viel Druck auf die Bundesbank aus, dass diese den Franc letztlich doch zu unterstützen bereit war. Am 23. September veröffentlichte sie gemeinsam mit der französischen Notenbank eine gemeinsame Erklärung, in der sie gelobten, alles zu tun, um den Kurs des Franc gegenüber der Deutschen Mark stabil zu halten. Gegen die Bundesbank zu wetten erschien anfänglich selbst den mächtigen Währungsspekulanten zu gefährlich. Als Verteidigungslinie hat die Bundesbank der Banque de France eine Kreditlinie von 39 Milliarden Mark zur Verfügung gestellt. Ausserdem hat Frankreich die Zinsen erhöht und Deutschland die seinen gesenkt. Für den Moment war der Franc durch diese Massnahmen gerettet.
- Wie Thomas Meyer in seinem Buch schreibt, hat Bundeskanzler Helmut Kohl die Unterstützung Frankreichs vor dem Bundestag am 25. September 1992 mit der nötigen Unterstützung der anderen Europäer bei der Wiedervereinigung begründet und ausserdem festgehalten, dass es angesichts der Verbesserung der französischen Wettbewerbsfähigkeit ohnehin keinen Bedarf für eine Abwertung des Franc geben würde.
- Diese Einschätzung erwies sich in den Folgemonaten als schönfärberisch. Das EMS blieb unter Druck, die spanische Peseta und der portugiesische Escudo mussten abgewertet werden. Und besonders dramatisch: Auch der französische Franc geriet angesichts einer sich verschlechternden französischen Wirtschaftslage erneut unter heftigen Abwertungsdruck.
- Am 2. August 1993 beschloss das Europäische Währungskomittee, das gemeinsame Entscheidungsgremium im EWS, die zulässigen Schwankungen zwischen den Währungen auf 15 Prozent nach unten, wie nach oben auszuweiten. Damit waren Schwankungen bis zu 30 Prozent erlaubt. Faktisch bedeutete das natürlich die Abschaffung des Währungsmechanismus. Wie Thomas Meyer mit Verweis auf den damaligen französischen Notenbankchef De Larosière schreibt, wollte Frankreich anfänglich das System dadurch retten, indem es Deutschland zum Ausstieg bewegen wollte. Doch dafür fand er nicht die erartete Unterstützung bei anderen Ländern.
Nach dem Zusammenbruch des real existierenden Währungssystems scheiterten auch alle Pläne, eine politische Union (mit einer Zentralisierung der Fiskalpolitik) einzuführen, was in den Euro-Plänen stets als Vorausetzung für eine funktionierende Währungsunion genannt wurde. Ob eine solche Zentralisierung aus demokratischer Sicht überhaupt wünschbar ist und ob sie wie gewünscht funktionieren würde, ist eine andere Sache.
Fazit:
Die Geschichte bis heute hat jenen recht gegeben, die einst vor einer voreiligen Einführung des Euro gewarnt haben. Allein die Ereignisse der Jahre 1992 und 1993 hätte eine Warnung sein müssen. Schon das Scheitern des Europäischen Währungssystems hat gezeigt, was droht, wenn politisches Wunschdenken sich von den wirtschaftlichen Realitäten abkoppelt.
Doch so ging es weiter: Der Euro wurde 1999 dann ohne die Rahmenbedingungen eingeführt, die schon sehr früh als Mindestanforderung für seine Überlebensfähigkeit erkannt wurden. Und im Vergleich zu den Problemen, die noch kamen, blieb in der Krise von 1992 und 1993 ein gewaltiger Vorteil: Die Mängel liessen sich relativ leicht beheben, das System problemlos auflösen und Währungen konnten abgewertet werden.
Ein Happy End ist auch heute noch nicht in Sicht.
46 Kommentare zu «Die deutsche Atombombe und das Ende des EWS»
Irgendwie drängt sich mir der Eindruck auf, dass die Geschichte im Rückblick im Zeitraffer betrachtet und darum erwartet wird, dass derart grosse Umwälzungen wie ein „Gross-Europa“ von heute auf morgen machbar sei, und dass Rückschläge eh nie stattfinden.
Dabei sollte genau das Gegenteil erwartet werden, es dauert viele Jahre bis derartige Umwälzungen in den Köpfen und Herzen angekommen sind, und solche Grossprojekte laufen eigentlich nie gradlinig.
Ein paar Beispiele was ich meine:
USA:
Unabhängigkeitserklärung 1776 als Höhepunkt einer 20 Jahre dauernden Umwälzung, welche 1783 mit der Anerkennung der Unabhängigkeit durch England endete. Nach mehreren Kriegen folgte 1861-1865 der Sezessionskrieg, erst danach waren die USA einigermassen stabil. Fazit: Es dauerte gegen 100 Jahre, bis der Staat etwa in der heutigen Form geformt war.
CH:
Ein bis dahin loser Staatenbund, dem 1815 von aussen (Wiener Kongress) der erste Schritt (Abschaffung der Untertanengebiete) zur heutigen Form erlaubt bzw. aufgezwungen wurde, 1847 Sonderbundskrieg, und 1848 Formierung in der heutigen Form als Bundesstaat (inkl. Abschaffung der inneren Zölle). Der Prozess dauerte 33 Jahre, man könnte auch argumentieren dass der Prozess früher begonnen hatte.
DE:
1871 Gründung des Deutschen Kaisserreichs, 1945 (von aussen erzwungene) Gründung der Demokratie, Dauer 74 Jahre. Man kann auch argumentieren, die Entwicklung sei erst 1990 mit der Wiedervereinigung abgeschlossen, Dauer in diesem Fall 119 Jahre.
@Urs Lehmann
Wir befinden uns jetzt in einer ganz anderen geschichtlichen Phase. Die Nationalstaaten und ihre Grenzen werden für das Kapital immer bedeutungsloser / durchlässiger (während sie im 18. und 19 Jahrhundert noch ihre Gründungsphase erlebten). Das Problem ist, dass die Menschen, die immer noch in diesen „veralteten Nationalkäfigen“ leben (sowohl in ihren Köpfen – als auch mit ihren Körpern), eben nicht wie das Geld in Millisekunden um den Planeten gejagt werden können – um sich „nützlich zu machen“. Die EU ist / war vor allem ein Notbehelf der, im internationalen Vergleich, eher kleinen europäischen Nationalstaaten – um beim „Standortüberlebenskampf“ – überhaupt im Rennen zu bleiben.
Worauf ich hinaus will, ist dass der Mensch/die Gesellschaft Zeit braucht um sich an neue Umstände zu gewöhnen (es sei denn, sie würden aufgezwungen, z.B. durch Kriege). Basis-Psychologie, um es mal so zu bezeichnen, und das ändert sich im Besten Fall im Laufe von Jahrhunderten. Deshalb spielt die betrachtete Epoche mMn nur eine untergeordnete Rolle.
Die Rolle der EU war aus Sicht von Nicht-Deutschland eher, ebendieses möglichst mit Rest-Europa zu verbinden und damit zu bändigen. Dass das nicht klappt, und die Folgen davon, sehen wir heute.
Dass es mit dem Euro so nicht weiter gehen kann ist bestimmt auch den Staatschefs längst bewusst. Merkel wird hoffentlich nach einer Regierungsbildung das Problem in der nächsten Legislatur anpacken.
Fachleute diskutieren bereits, wie eine teilweise Rückkehr zu einem neuen ‚EWS‘ aussehen könnte, in dem der Euro die Funktion des Ecu hat und wirtschaftlich angeschlagene Länder wie Griechenland, Italien usw. parallel dazu für den internen Zahlungsverkehr eigene Landeswährungen mit autonomer Abwertungsmöglichkeit einführen.
Bleibt abzuwarten wie lange es dauert, bis die Blogautoren hier solche Themen aufgreifen…
Mit fixen Wechselkursen ist Konjunkturpolitik nicht unmöglich, bloss Geldpolitik. Zumindest gemäss Mundell (1963). Aber das ist eh ein fragwürdiges Modell.
Vielen Dank für den sehr guten Artikel!
Das Problem des wirtschaftlichen Ungleichgewichts besteht seit Deutschland als Einheitsstaat existiert. Vor 1871 waren die wirtschaftlichen Schwerpunkte auf 5 souveräne Staaten verteilt: Preussen, Baden, Hannover, Württemberg und Sachsen. Bayern industrialisierte sich erst viel später. Bis 1945 verführte die Wirtschaftsmacht Deutschland zu extremer Aggressivität. Nach 1949 trat die Bonner Republik wie eine kleine Maus auf. Man wollte die europäische Integration, tat aber immer so als sei die BRD ein politischer Zwerg. Dabei verlor man die Verantwortung für Gesamteuropa aus den Augen die aus der eigenen wirtschaftlichen Stärke entstand. Die Warnungen Frankreichs vor der „wirtschaftlichen Atombombe“ Deutschland wurden nicht Ernst genommen weil Frankreich damit allzu oft von eigenen wirtschaftlichen Versäumnissen ablenkte. So entstand jenes halbfertige Konstrukt das heute der EURO-Raum ist. Politiker vieler EU-Staaten zollten zwar der demokratischen BRD Beifall, im Hinterkopf geisterte bis weit nach 1989 noch immer die Angst vor einem vierten Reich herum. So betrachtete man die europäische Einigung in erster Linie als ein Instrument zur Zähmung Deutschlands. Jetzt muss, unter viel höheren Kosten, das nachgeholt werden was man vorher versäumte. Es braucht eine unter den EU-Mitgliedern abgestimmte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik.
Eine EU-weit abgestimmte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik wird es niemals geben.
Viele Länder haben noch nicht mal die Europäische Sozialcharta in Kraft gesetzt – übrigens auch Deutschland und die Schweiz nicht.
In Europa gibt es unterschiedlichste Regierungen und Koalitionen, von ganz links bis ganz rechts. Sie können Entscheide oft nicht mal im eigenen Land durchsetzen, sonst gibt es Streiks, wütende Gewerkschaften, Strassenschlachten usw.
Entscheidend für die EWWU ist, dass einzelne Mitglieder pleite gehen können. Genauso wie in der „klassischen“ Währungsunion, den USA. Auch dort sind bankrotte Gebietskörperschaften an der Tagesordnung.
Zwischen den US-Staaten weicht auch die Sozial-, Wirtschafts- und Steuerpolitik stark ab. So wie übrigens auch das Strafrecht.
@Zlatko Jukic: Lesen ist eine Kunst, oder? Ich schrieb von einer abgestimmten Politik, nicht von Gleichschaltung. Weil es sonst zu absurden Situationen kommt. Erinnern Sie sich an ein Urteil des EUGH als Kfz-Hersteller zu hohen Millionenstrafen verurteilt wurden weil sie ihre Vertragswerkstätten angewiesen hatten Garantieleistungen für privat aus dem Ausland importierten Fahrzeugen zu verweigern. Hintergrund war das Bürger aus Deutschland nach Dänemark fuhren, dort Neuwagen kauften und ihnen bei der Ausfuhr neben der MWSt. auch die 30% Luxussteuer erstattet wurde. Weil die Kaufkraft in Dänemark ähnlich der in Deutschland ist zahlte man für das gleiche Modell einen ähnlichen Bruttopreis. Die MWSt.-Erstattung störte dabei nicht aber die Luxussteuer-Rückerstattung schadete den norddeutschen Garagisten. Wäre die Verbrauchsteuer-Belastung innerhalb der EU annährend gleich würden sich solche Importe nicht lohnen. Oder man schafft die Verbrauchssteuer-Rückerstattung für Geschäfte innerhalb der EU ganz ab.
@M. Grieshaber:
Was wollen Sie denn abstimmen?
Die Energiepolitik? Die Franzosen freuen sich ganz sicher, wenn sie ihre Atomkraftwerke durch Biogasanlagen ersetzen sollen.
Die Steuerpolitik? Die Iren freuen sich ganz sicher, wenn sie ihre Unternehmenssteuer auch nur um 2 Prozentpunkte anheben dürfen. Die Sozialisten in Paris senken sicher wahnsinnig gerne den Spitzensteuersatz von 75 %, den sie erst letztes Jahr eingeführt haben.
Den Mindestlohn? Die Letten freuen sich ganz sicher, wenn ihr Mindestlohn auch nur ein Drittel des luxemburgischen betragen soll.
Das Rentenalter? Die französischen Arbeiter freuen sich ganz sicher, wenn sie aus Solidarität später in Rente dürfen.
Den Umfang des öffentlichen Dienstes? Die Griechen freuen sich ganz sicher, wenn sie auch nur einen Zehntel ihrer Beamten abbauen sollen.
Und was möchten Sie sonst noch alles abstimmen?
Immer daran denken: Europa besteht aus Nationalstaaten. Zum Teil sogar aus nationalistischen Nationalstaaten.
Bis Sie Ihre Verbrauchssteuer auch nur annähernd vereinheitlicht haben, sind Sie und ich schon in Rente. Aber Sie können es ja gerne mal vorschlagen.
Die Probleme zwischen Währungen entstehen infolge der Ungleichgewichte bei der Grösse von Währungsräumen, der Unklarheit über Schuldenobergenzen von Staaten, extrem mangelhafter sozialer Globalisierung, Ungleichgewichten in der Wertschöpfung zwischen Realwirtschaft und Finanzwirtschaft. Die Loslösung von Fiat Money von Wertbindung an Gold oder Silber sorgt zudem für Unklarheiten über den tatsächlichen Wert einer Währung. Es fehlt zudem eine effiziente Regulierung des Schattenbankensystems, der Repo -Märkte. Die Unterordung der Realwirtschaft unter die Finanzwirtschaft ist obskur, worauf u.a. der indische Ökonom Raghuram Rajan und neuer Notenbankchef hinweist. Dieser wäre aus meiner Sicht ein guter Kandidat für den Wirtschafts Nobelpreis gewesen.
Die internationale Geldpolitik ist ein ständiger Tanz auf dem Vulkan, selbst in China scheint man langsam die Kontrolle zu verlieren. Das Schicksal des Euro kann ich nicht loslösen vom US$ und vom Renminbi, die Währungssysteme stehen im ständigen gegenseitigem Austausch. Mit unserem Währungssystem können die Ungleichgewichte nicht behoben werden, der Ausstieg Deutschlands aus dem Euro würde wohl auch nur zum temporären Phyrus Sieg. Es führt langfristig kein Weg vorbei an einer Währungsreform im Stil von Bretton Woods -aber nicht nur des Euro. Aus meiner Sicht haben wir eine Wertschöpfungskrise, mit einer Asymmetrie zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern (aus der Realwirtschaft).
Ich vermute Sie spielen auf einen gewissen Keynes an mit seinem Plan eines Weltwährungssystems „Bancor“. Damals wie heute würden sich jedoch die Amis ihre Hegemonie aus machtpolitischen Gründen niemals nehmen lassen.
@Anh Toan:
„Wie aus einem Beitrag zur Zeit vor dem Euro das Fazit gezogen werden kann, der Euro tauge nichts, erschliesst sich mir nicht.“
Dann haben Sie den Artikel nicht verstanden. Wenn schon das europäische Währungssystem EWS zusammengebrochen ist, weil das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Deutschland (und den anderen wirtschaftlich stärkeren Ländern) und dem Rest einfach zu gross ist, kann EINE Währung gar nicht recht funktionieren. Damals im EWS gab es sogar noch kleine Schwankungsmöglichkeiten, jetzt gibt es gar keine mehr.
Das System „Euro“ ist unter den jetzigen Gegebenheiten nicht mehr in dieser Form zu halten. Die Teilung des Euroraumes ist unabdingbar.
Warum hat mam dann EWS gemacht? War es ohne einfach zu langweilig?
Lesen Sie den Kommentar von J. Kühne
Die Teilung des Euroraumes ist unabdingbar zur langfristigen Aufrechterhaltung der Stellung des USD als Weltreservewährung, im Interesse der USA: Divide et impera!
Im Gegensatz zum Renminbi ist der EUR keine echte Gefahr für die Stellung des USD. Die akuteste Bedrohung des USD dürfte zur Zeit aber die Tea-Party sein, bzw die mathematisch fundierte Erwartung, dass der Koloss USA innert der nächsten 30 Jahre an inneren Spannungen zerbrechen wird.
(Quelle: http://www.newscientist.com/article/mg22029382.400-the-maths-that-saw-the-us-shutdown-coming.html#.Ul6lPDIaySM)
Eine Reservewährung muss wohl frei handelbar sein, und damiit ist die chinesische Währung zur Zeit nicht geeignet, als Reservewährung zu dienen.
Auf längere Frist sehe ich, dass China mit der 1 Kind Politik (Geburtenrate 1.5/Frau) auf der grössten demographischen Zeitbombe aller grossen Volkswirtschaften steht.
Warum gab/gibt es das Ungleichgewicht? Nicht weil die im Süden fauler oder korrupter sind als die Deutschen, sondern weil eine starke Währung private Investion anlockt. Investition führt zu Produktivitätwachstum, was wiederum die Währung stärkt. Eine schwache Währung (Steuer auf Ersparbnisse) führt zu Kapitalflucht, also Devestition, also Rückgang der Produktivität, also weitere Kapitalflucht, bis irgendwann usw usw. Ist die Wirtschaft schwach, wird mit entsprechender Währungsabwertung nichts als die Schwäche der Wirtschaft zementiert, und genau darum empehlen die Starken den Schwachen, einfach ihre Währung abzuwerten.
Ein Austritt der Südländer in einen Südeuro, ist nichts anderes als eine Kolonialisierung, einfach für die meisten nicht verständlich, solange die Oekonomen Vernebelung statt Wissen schaffen.
Eine mit schwacher Währung geförderte Exportindustrie funktioniert nur mit Kapitalverkehrskontrollen (siehe China) etwas was einem Binnenmarkt per Definitionem widerspricht.
China ist aber kein schwaches Land und hat bis dato mehr oder weniger einen festen Kurs zum $ durchgesetzt; Kapitalverkehrskontrollen sind dabei notwendig weil sich die Chinesen nicht in die Geldpolitik reinreden lassen wollen; der Leitzins ist bei ca. 6%.
Die wirklich schwachen Länder werten unter Bedingungen flexibler Kurse automatisch ab; will man sie zu einem höheren festen Nominalkurs fixieren erfährt die Währung zwangsläufig eine reale Aufwertung und der Binnenmarkt wird ausgetrocknet. Für Währungsspekulanten eine Einladung. Mit der Gemeinschaftswährung kann man dem entgehen, nicht aber der Gemeinschaftshaftung bzw. Finanzausgleich.
Interessant ist Brasilien so betrachtet: Anfang der Neunzigern galoppierte die Inflation, die Währung war schwach. und dann machte man eine Währungsreform, band den Real 1/1 an den USD und es ging aufwärts, obwohl es am Anfang durchaus schwer war.
Was ist anders in Europa seit 1992 als zur Zeit des EWS?
ähm….der Binnenmarkt vielleicht?
… noch ein kleiner Zusatz:
Die Briten standen und stehen immer noch (im) Abseits zum Euro und zu Europa. Geht es Ihnen besser? Sind die wettbewerbsfähiger?
Der Finanzplatz London ist ihnen wichtiger als das Überleben der britischen Industrie. Die Einheitswährung war nur Anfang der 90er kurze Zeit „akzeptabel“. Vielleicht auch aus Angst vor einem übermächtigen Finanzplatz Frankfurt nach der Euro-Einführung. In diesem Lichte sollten auch die Beiträge aus London betrachtet werden: Ein Absturz gefährdeter Euro stärkt den Finanzplatz London. Gegenüber beiden erscheint die Zukunft der CH-er Finanzplätze langfristig wieder rosig; auch wenn ein kurzfristiger Schrumpfungsprozess schmerzt.
Herr Kartheiser, als Antwort auf ihre sehr guten Beiträge. Man kann mit gutem Recht behaupten, dass die DDR-Wirtschaft ein
wirklicher Schrotthaufen war, was bei der Industrie von Spanien und Italien trotz Mängel nie Realität ist. In England hat die Industrie geistig einen schweren Stand, die City ist das Vorbild des smarten Kerls und alle eifern diesem nach. Sie bewundern nur das pekuniäre, das mühsam industrielle Schaffen wird verachtet. London hat den EURO-Markt bereits an sich gezogen und diese Nation ist in Brüssel fleissig am antichambrieren, dem Schweizer Finanzplatz mit Hilfe der dortigen Behörden uns juristisch und politisch den Garaus zu machen. Wir sind selber schuld. Wir glauben lieber Blocher und seinem Weltwoche-Ideologen in Sachen EU und es ist uns in unserem Fanatismus völlig gleichgültig, die hiesigen Arbeitsplätze des Finanzplatzes zu vernichten.
Das ist doch egal wie die Waehrung heisst und ob alle dieselbe haben. Denn im Moment haben wir ja eine Schuldenkrise und erst daraus ergibt sich die Waehrungskrise. Und warum haben wir die? Weil Banken Kredite vergeben haben, welche die weniger produktiven Suedlaender sowiso nie haetten zurueckzahlen koennen, egal in welcher Waehrung. Und warum haben die solche Kredite vergeben? Nauerlich im Wissen, dass bei Zahlungsausfall der Steuerzahler einspringt. Dem normalen Italiener oder Deutschen ist doch egal ob er in Lira oder Euro die Exportueberschuesse auf Pump bezahlt. Und bezahlen tut der Steuerzahler ja immer, selbst die Abwertung. Die Gewinne der Einen sind nunmal immer die Schulden der anderen, anders geht’s ja beim besten Willen nicht. Aber was nun passiert ist ja nichts anderes, als dass Banken und ihre Grosskonzerne einen ganzen Kontinent als Buergen fuer ihre Gewinne festhalten, obwohl jeder der ein bisschen Denken kann genau weiss, dass keiner je die Schulden zurueckzahlen kann, weil ja sonst irgendwann einer das Geld fuer die Zinsen haette verschenken muessen. Und somit bleibt als Loesung nur ein Schuldenschnitt uebrig, der gleichermassen Schulden und Vermoegen vernichtet. Und in dem ganzen Streit geht’s nur noch darum, wessen Vermoegen denn das sein werden. Zeit gewinnen, das ist alles was die Politik im Moment noch versucht, mehr nicht.
Ende 80er – Anfang 90er Jahre waren die BENELUX-Länder und Oesterreich die einzigen EWS-Mitglieder, welche die Hegemonie der DEM akzeptierten und ihre Geldpolitik 100% an diejenige der BuBa anlehnten. Dem gegenüber waren die deutsche Regierung und die deutsche Wirtschaft der kompetitiven Abwertungen der 80-er Jahre überdrüssig.
Fazit alle waren bereit für die Einheitswährung, ausgenommen BuBa Präsident Helmut Schlesinger und sein Vize Tietmeyer. Auch die Märkte waren auf der Seite der Einheitswährung und gingen mir ihren „convergence plays“ auf Äusserste, dies um so mehr da die Wiedervereinigung D immer höhere Finanzierungskosten bescherte, ohne dass Landschaften zu blühen begannen. DEM-Zinsen stiegen, die DEM war so schwach wie nie zuvor und Schlesinger meinte am Abend des 17. September 1992: „… eigentlich müsste die DEM aufgewertet werden“. Die EWS-Krise folgte, muss die Interpretation dazu umgeschrieben werden, im Sinne der Euro-Gegner und der verhängnisvollen Heilssuche in Währungsabwertungen? Europa gewappnet für den nächsten Währungskrieg?
Weder das theoretische Gerüst noch die Praxis der Einheitswährung sind perfekt, heute jedoch eher das kleinere Übel. Die grösste Gefahr geht von den Politiker aus, die dies nicht erkennen, vor allem die Spitzenpolitiker die das Erbe von De Gaulle und Adenauer, von Schmidt und Giscard d’Estaing, Kohl und Brandt nicht angetreten haben und ihr politisches Schaffen nur an den eigenen Vorteilen ausrichten. Sic transit gloria mundi.
Feste Kurse müssen über Devisenmarktinterventionen der Notenbanken gesichert werden; das kann bei Ländern mit unterschiedlicher Produktivität und Exportausrichtung nicht allen gelingen. Anfänglich hatten Italien und Frankreich Kapitalverkehrskontrollen eingeführt um spekulative Angriffe zu verhindern. Für die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes war aber der freie Zahlungs- und Kapitalverkehr elementar und musste wieder sichergestellt werden. Die stark inflationären Südeuropäer hatten aber von Anfang an keine Chance den Kurs zu halten.
Der grösste Fehler in Südeuropa war die plötzliche Zinsverbilligung durch die Einführung des EUROS. Sie führten sich dann auf wie kleine Kinder, die nicht genug Süssigkeiten naschen konnten. Gleichfalls blieb im Hinterkopf der Schuldner die Vorstellung einer starken Inflation erhalten, ein folgenschwerer Irrtum. Dieser falsche Annahme war viel schwerwiegender als die fehlende Fiskalunion. Die Gläubiger verlangten dagegen für EURO-Darlehen die gleiche Währungs-Stabilität wie bei der DM.
Wie aus einem Beitrag zur Zeit vor dem Euro das Fazit gezogen werden kann, der Euro tauge nichts, erschliesst sich mir nicht.
(Ob er was taugt oder nicht, ist eine andere Frage, dieser Beitrag zeigt mir nicht, dass er nichts taugt, das Fazit ist ohne Zusammenhang zum Beitrag)
Aber dumme Leser sehen: Das böse Deutschland hat eine Atombombe mit dem Euro gebaut, das bringt Leser.
Mein Fazit aus diesem Beitrag: Gebe es den Euro nicht, hiesse der Euro Deutsche Mark, alleine die Deutsche Bundesbank bestimmt über die Währung, und das will der Rest Europas nicht.
Die Ablehnung des Maastrichtvertrages in Dänemark war übrigens genau so knapp, wie die Zustimmung in Frankreich, 50.7 Prozenz sagten NEIN in der ersten Abstimmung, 56% sagten JA in der zweiten.
Die Bescheuerten katalanen wollen raus aus Spanien, aber in EU und Euro bleiben, man sind die blöd!
Die dortigen Politiker können ihren arbeitslosen Akademiker der Geisteswissenschaften durch die Unabhängigkeit Kataloniens Posten als Diplomaten verschaffen und ferner braucht eine solche unabhängige Nation zusätzlich höhere Beamte. Was heute in Madrid an Beamten besteht, kann dann in Barcelona mit gutem Gewissen dupliziert werden. Die Produktion von mehr Nationen in dieser Welt hilft diesen Parasiten sich der globalen Konkurrenz zu entziehen und ihren Wanst zu mästen auf Kosten einfacher Beschäftigter der Produktion ihres Landes. Durch eine bodenlose Geschichtsverfälschung haben solche Leute in Jugoslawien das Volk aufgehetzt, um ihre Pfründen zu behalten und auszubauen. Jugoslawien wäre
heute in einer wirtschaftlich besseren Position, wenn es zusammengeblieben wäre.
Dem ist nichts zuzufügen, ausser dass man sich auch bei uns umsehen kann, was unter dem Vorwand des „Föderalismus“ für Geldverschleuderung betrieben wird: Für von den Kantonen vollzogene Bundesaufgaben stellt der Bund i.d.R. auch die notwendige Software zur Verfügung. Die Kantone hingegen trachten jeder für sich – manchmal aber immerhin in Interessenverbünden – eine eigene Software dafür zu entwickeln. Auch Vorschläge des Bundes kann man nicht 1:1 übernehmen, da werden Hunderte von kantonalen Fachstellen-Mitarbeitende damit beschäftigt, eine kantonale Lösung zu suchen und Papier mit dem Kantonswappen zu produzieren …
Katalonien ist etwa so gross wie die ganze Schweiz. Wir sollten auf Gadhafi’s Vorschlag der Aufteilung der Schweiz zurückkommen.
Föderalismus hat viele Vorteile, wobei ich für die Schweiz vielleicht 6-10 Kantone deutlich besser fände als 26.
Auf lange Frist (mindestens 50 eher 200 jahre) hoffe ich auf die Überwindung der Nationalstaaten, welche immer eine willkürliche Fiktion waren, (was hat ein Romands gemeinsam mit einem Ostschweizer: Armee, CHF, AHV und Privatrecht: OR und ZGB mit Ergänzungserlassen) auf ein Europa der Regionen: Die Nordwestschweiz kommt zu Baden, die Ostschweiz zu Bayern, das Tessin und Teile Graubünden zur Lombardei: Die Bundesregierung in Eurpa ist Zuständig für äussere Sicherheit, Vertretung der Gemeinschaft nach aussen, Währung, europäische Rente und einen Finanzausgleich, vergleichbar etwa mit den USA, die nicht einmal ein einheitliches Strafrecht kennen: (Ein Blowjob auch in der Ehe ist in Texas ein Vergehen, in Kalifornien werden Homosexuelle verheiratet).
Das (nicht vorhandene) Fazit des Beitrages ist tatsächlich wohl eine Provokation: Der ganze Aufbau der Geschichte evoziert ja die Frage, warum die Europäer so krampfhaft versuchen, ihre Währungen aneinander zu ketten. Die logische Antwort darauf betrifft den gemeinsamen Markt, der eben ohne Gemeinschaftswährung nicht wirklich funktionieren kann. Als Implikation ergibt sich daraus, dass verschiedene Leute sich ihre Illusionen abschminken müssten:
– Die Euro-Gegner, die aber trotzdem weiterhin vom EU-Binnenmarkt profitieren möchten,
– Die Deutschen, die meinen, man könne eine Währungsunion ohne Finanzausgleich und Gemeinschaftshaftung haben,
– EU-„Skeptiker“, die behaupten, dass es für die EU weder einen geopolitischen noch ökonomischen Imperativ gäbe, sondern bloss irgendwelche „Machtgelüste“ einer bösen, zentralistischen, bürokratischen & abgehobenen Elite.
Herr Kuehni, danke für diesen Beitrag. Was war das früher für ein Streit innerhalb der EU wegen dem gemeinsamen Agrarmarkt, wenn sich die Wechselkurse verändert haben. Heute hört man nichts darüber und die EU-Kommission kann
sich den übrigen gewaltigen Herausforderungen dieses Marktes annehmen, ohne sich noch zusätzlich um Auf- und Abwertungen zu kümmern, die anderen Währungen sind hier vernachlässigbar oder fest an den EURO gebunden. Ich habe noch nie einen Artikel angetroffen, der die Transaktions-Kosten der EURO-Zone vergleicht mit denjenigen, die die früheren verschiedenen Währungen innerhalb dieser Zone hatten. Ein Trittbrettfahrer ist z.B. Grossbritannien. Aber seien wir mal ehrlich, hat die ständige Abwertung des £ der britischen Wirtschaft wirklich geholfen. Obwohl ich gar kein Freund von den ständigen Aufwertungen des CHF bin, hat sich die Schweizer Industrie trotz schwereren Schlägen (Sulzer/Textilmaschinen +Oerlikon-Bührle) besser behauptet als die Briten mit ihrem Dopingmittel Abwertung. Ein gewisser Finanzausgleich besteht schon jetzt innerhalb der EU, z.B. hat Griechenland ihre EU-Subventionen gar nicht abgeholt, da ihre Verwaltung unfähig war, die EU-Spezifikationen zu erfüllen. Auch wir in der Schweiz haben noch längst nicht eine Fiskalunion. wir fröhnen fröhlich dieser Chimäre Steuerwettbewerb und verludern dadurch unsere Infrastruktur und unser Bildungswesen. Es hat aber deshalb noch niemand verlangt, dass man den CHF im Zürichsee ersäuft.
Lieber Herr Zach:
„Es hat aber deshalb noch niemand verlangt, dass man den CHF im Zürichsee ersäuft.“
Abwarten und Tea trinken. Oder besser: Bringen Sie bitte die Leute nicht auf dumme Ideen…
😉
@Rolf Zach: Auch wir in der Schweiz haben noch längst nicht eine Fiskalunion.
…und auch die bestehenden Ausglaeichsmechanismen in der Schweiz, wie AHV und Finanzausgleich vor allem, wurden rund ein halbes, bzw. ein fast ein ganzes Jahrhundert nach dem CHF eingeführt.
@Rolf Kuehni: „- Die Deutschen, die meinen, man könne eine Währungsunion ohne Finanzausgleich und Gemeinschaftshaftung haben,“
Sie sehen auch dies, wie alles andere was Sie schreiben durchaus richtig. Jedoch haben halt auch das Duo Merkel/Schäble recht, wenn sie sagen, vorher müssen die Südländer ihre Strukturen (Verrentung der Staatsangestellten nach 30 Dienstjahren, Steuereintreibung, etc.) zumindest ein wenig anpassen, den nachher können die Deutschen ihre berechtigen Forderungen nicht mehr durchsetzen.
@ J. Kuehni, Anh Toan, Rolf Zach
Es ist schade, dass beim Thema EUR es so viele hochrote Köpfe auf der einen wie auf der anderen Seite gibt und eine Diskussion auf sachlicher Ebene oft relativ schwierig wird.
Ich sehe durchaus die Vorteile, die eine gemeinsame Währung im Kontext vno Finanzausgleich und harmonisierter Sozialpolitik (Pensionsierungsalter etc.) hat. Ich kann auch Anh Toans Aussage zum Artikel („der Euro tauge nichts, erschliesst sich mir nicht.“) teilen (allerdings nicht als Kritik an diesem Beitrag, denn der Beitrag hat mE eine andere Aussage) und J. Kuehni scheint gar einer derer ‚auf der einen Seite‘ zu sein, die einen zu hohen Blutdruck und roten Kopf bekommen angesichts seiner reflexartigen, aber nicht sehr sinnvollen Aussage („Das (nicht vorhandene) Fazit des Beitrages…“)
Ein Fazit ist nämlich nicht nur vorhanden, sondern mE auch gut begründet: „Die Geschichte bis heute hat jenen recht gegeben, die einst vor einer voreiligen Einführung des Euro gewarnt haben.“ J. Kuehni müsste einfach etwas kühleren Kopf bewahren, denn er kommt in seinem Kommentar ja inhaltlich zum gleichen Schluss wenn auch etwas agressiver formuliert („Die Deutschen, die meinen, man könne eine Währungsunion ohne Finanzausgleich und Gemeinschaftshaftung haben“).
Das ist keine Aussage, der EUR tauge nichts, sondern schlicht und einfach die Feststellung, dass bei der Einführung des EUR die politische Diskussion (mehr oder weniger absichtlich) vergessen wurde… was jetzt leider zu grösseren Spannungen führt.
Ich hoffe, das EUR Konstrukt ist stabil genug (was die rotköpfigen EUR-Kritiker nicht wollen), um die Spannungen auszuhalten oder dann eben flexibel genug (was die rotköpfigen EUR-Fanatiker nicht wollen), um einen Zusammenbruch zu vermeiden.
Lieber Mr. Smith. Sie sollten Ihre und meine Zeit nicht mit plumpen ad-hominem-Argumenten verschwenden. Bei rein schriftlicher Korrespondenz besteht immerhin die erhöhte Möglichkeit von Missverständnissen (es fehlen ja Mimik und Gestik, nicht zu reden von unsorgfältig formulierten Sätzen) und ausserdem kennen Sie weder meine Umstände, noch meine sonstigen Eigenschaften 😉
Beim Lesen von MDM’s Artikel hatte ich einfach den Eindruck, dass er sein Publikum durch den Kaskadenaufbau seiner Geschichte an die „Warum-Frage“ heranführen wollte; Denn auch bei der rückwirkenden Würdigung der einstigen „Euro-Warner“ stellt sich ja dieselbe Frage (sofern es nicht bloss um sterile Rechthaberei gehen soll).
WARUM konnten sich die Skeptiker nicht durchsetzen, selbst nachdem die Währungskoppelung bereits zwei mal gescheitert war? Wieso haben die damaligen Polit- und Wirtschaftsführer das bekannte Risiko einer Währungsunion ohne gleichzeitig etablierter Fiskalunion auf sich genommen? Alles bloss eitle Zwängerei oder vielleicht doch geopolitischer Zwang?
Die Erörterung von Ursachen halte ich für eine wichtige Voraussetzung bei jeder Diskussion.
„zweimal gescheitert“
Ich möchte hier noch anmerken, dass am Scheitern nach einer gewissen Zeit nicht die Untauglichkeit bewiesen werden kann. Stürzen irgendwann die Pyramiden ein, sage ich, falls ich es erlebe, seht ihr, die waren halt schlecht gebaut!
Die Europhoben (nicht Sie Herr Smith) messen die Untauglichkeit des Medikamentes EWS oder Euro einzig an seinen Nebenwirkungen, klammern die Hauptwirkung einfach aus:
Was wurde beabsichtigt damit, was davon wurde erreicht, was nicht, was waren die Nebenwirkungen, überwiegen die Vorteile oder die Nachteile, können die Nachteile gemildert werden, sodass von den Vorteilen profitiert werden kann, lauten die richtigen Fragen. Der Euro hat von der Einführung bis 2008 zu Wachstum in den Südländern geführt, da dank der harten Währung private Investition angezogen wurden. Die Nebenwirkungen waren, dass zuviel davon angezogen wurde, dass diese Staaten glaubten, es ginge ewig so weiter.
Die Arbeitslosigkeit in Spanien war vor der Euroeinführung so hoch, wie nach der Finanz- und der dadurch ausgelösten Eurokrise, eigentlich eine globale Krise, dazwischen war sie aber deutlich tiefer und sie ist auch heute nicht höher als damals.
Wer jeden, der die positiven Aspekte sieht, als „Euroturbo“ bezeichnet, outet sich damit lediglich ist als europhob.
@ Anh Toan
Ich bin mit Ihren ersten beiden Absätzen absolut einverstanden (den dritten kann ich nicht beurteilen und den vierten sehe ich nicht so kategorisch). Ich wollte mit meinem Votum nur aufzeigen, dass es auf beiden Seiten die Fanatischen gibt, welche (die einen) dann eine Kritik am Prozess (was dieser Artikel meines Erachtens ist, nämlcih das ‚Vergessen‘ der politischen Rahmenbedingungen) reflexartig als unzulässige Kritik am Euro selber sehen und dann von ’nicht vorhandenem Fazit‘ und ‚Provokation‘ sprechen.
Aber ich möchte J.Kuehni nicht noch mehr Unrecht tun, vermutlich musste er mehr als Beispiel der Fanatischen dienen als er/sie wohl ist, wenn ich das zweite Votum richtig interpretiere.
„Das (nicht vorhandene) Fazit des Beitrages ist tatsächlich wohl eine Provokation:“
Dieser Satz in meinem ersten Beitrag war dumm formuliert. Ich wollte damit weder MDM angreifen noch pauschal jede Kritik am Euro (oder der EU) als unzulässig ablehnen.
In der Sache bin ich der Auffassung, dass föderale Gebilde nie ohne äusseren Zwang und immer gegen den Willen von grossen Bevölkerungsteilen entstehen: Ohne Bedrohung durch die europäischen Grossmächte hätten sich die Kolonien an der amerikanischen Ostküste nie zu den Vereinigten Staaten zusammengeschlossen. Ohne napoleonische Invasion wäre aus dem lockeren Bündnis der alten Eidgenossenschaft nie ein moderner Bundesstaat geworden. In beiden Fällen waren dazu sogar Bürgerkriege nötig und der Widerstand von regionalen Interessen war immer substanziell vorhanden (teilweise heute noch).
Dieselben geopolitischen „Gravitationskräfte“ sind meiner Meinung nach auch bei der Entstehung der EU bis heute am Werk. Der wesentliche Punkt dabei ist, dass sich die externen Faktoren dieses Prozesses einer demokratischen Kontrolle entziehen: Die Europäer können zwar beschliessen, die EU abzuschaffen, aber nicht deren aussenliegenden Ursachen (USA / Russland / China / Globalisierung etc.).
Das ist frustrierend aber auch ernüchternd: der Imperativ für eine Union bleibt trotz allen Unzulänglichkeiten und Fehlern erhalten. Und damit eben auch das Bedürfnis nach einer Einheitswährung.
@ J. Kuehni
Danke für Ihre Ergänzungen und sorry, für meinen in Ihrem Fall nicht gerechtfertigten Vorwurf der Kritikabwürgung.
Super Artikel. Danke! Habe einiges daraus gelernt.