Arme Schweiz

Nicht aus den Tresoren der Banken kommt unser Reichtum, wir verdanken ihn der Industrie.

Seit Jahrzehnten streiten Historikerinnen und Historiker über den politischen Ursprung der Schweiz. Begann alles 1291 oder erst 1315 oder erst im 15. Jahrhundert? Formierte sich erst 1848 die moderne Schweiz, oder bestand schon früher eine Art Nationalbewusstsein? Der jahrzehntelange Streit ist bisweilen mühsam, hat aber sicher dazu beigetragen, dass unsere Vorstellungen der Vergangenheit realistischer geworden sind.

Es ist höchste Zeit, dass auch die schweizerische Wirtschaftsgeschichte zur öffentlichen Debatte beiträgt. Denn es herrscht immer noch grosse Verwirrung in Bezug auf die Frage, seit wann die Schweiz zu den reichen Ländern der Welt gehört. Viele sind der Meinung, dass die Schweiz noch vor 100 Jahren zu den ärmsten Regionen Europas gehörte. Erst im 20. Jahrhundert habe es das Land geschafft, Wohlstand für alle zu schaffen, nicht zuletzt dank dem Bankgeheimnis und der Neutralität.

Genau das Gegenteil ist wahr. Natürlich war es von Vorteil, dass die Schweiz von beiden Weltkriegen verschont worden ist. Auch das Bankgeheimnis hat ohne Zweifel dem Schweizer Finanzsektor geholfen. Aber das sind nicht die entscheidenden Punkte. Vor hundert Jahren war das durchschnittliche Einkommen nirgendwo auf dem europäischen Kontinent höher als in der Schweiz – zu dieser Zeit existierte weder ein kodifiziertes Bankgeheimnis noch spielte der Finanzsektor eine dominante Rolle. Die Schweiz ist wegen ihrer Industrie reich geworden.

Blickt man noch weiter zurück, zeigt sich noch deutlicher, wie verzerrt die Wahrnehmung ist. Bereits im 18. Jahrhundert gehörten mehrere Regionen in der Eidgenossenschaft zu den führenden Gewerberegionen Europas. Die Löhne waren sehr bescheiden, aber die Wirtschaftsstruktur war für die damaligen Verhältnisse modern. Im 19. Jahrhundert setzte die Industrialisierung in den Schweizer Kantonen besonders früh ein. Mitte des 19. Jahrhunderts war der industrielle Output pro Kopf höher als in ganz Kontinentaleuropa. Nur Grossbritannien, der industrielle Pionier, war damals produktiver. Auch damals waren die Durchschnittslöhne im europäischen Vergleich eher bescheiden, aber die moderne Wirtschaftsstruktur legte die Grundlage für den bald ansteigenden Wohlstand.

Natürlich gab es bis in die 1930er Jahre rückständige Gebiete in der Schweiz, aus denen viele auswanderten. Noch in den 1880er Jahren waren die Auswanderungsquoten beträchtlich. Aber ein Gefälle gab es in allen Ländern. Entscheidend war, dass es in manchen Regionen der Schweiz dynamische Wachstumszentren gab, die mit der Zeit die gesamte Volkswirtschaft mitrissen.

Und die Moral von der Geschichte? Der schweizerische Wohlstand ist viel breiter abgestützt, als wir uns manchmal bewusst sind. Und: Die Wirtschaftspolitik darf sich nicht einseitig auf einen Sektor zu Lasten der anderen Sektoren ausrichten. Der Finanzsektor ist wichtig, kein Zweifel, aber sich nur auf ihn zu verlassen würde der historischen Logik widersprechen.

P.S.: Wer sich für historische Daten interessiert, kann sich hier kundig machen.

P.S. II: Der Verweis ist ungenau, wie ein Kommentator zurecht gesehen hat. Hier ist ein besserer Link: Lebensstandard in der Geschichte (siehe v.a. S. 262: Pro-Kopf-Einkommen).

Keine Kommentare zu «Arme Schweiz»

  • Raphael Buenter sagt:

    Ich mag Ihre Kommentare, weil sie nichts als der Wahrheit entsprechen…

  • Hans Saurenmann sagt:

    Mathias, nicht einknicken, einer meiner Gross Onkel ist auf dem Helvetia Platz angeschossen worden und im November an seinen Kugelwunden gestorben. Habe alle Details aufgearbeitet, trotzdem koennen wir Stolz sein auf unsere Errungenschaften. Die Entwicklungen nehmen aehnliche Formen an auch Heute und die Schweiz hat seit jeher immer guten Nachwuchs hervorgebracht, natuerlich ist es stossen dass die groessten BS immer das meiste Holz einfahren, trotzdem an alle Schweizer, IHR seid alle Gut im vergleich zum Rest der Welt. Es gibt auf der Welt keinen Flecken der sich mit der Schweiz im ganzen vergleichen laesst. Alle Argumente haben Inhalt und zeugt von gesunden Menschenverstand und Herzenswaerme fuer unsere Nation, es gruessli us Florida

  • Zlatko sagt:

    Im Kanton Aargau habe ich in der Schule gelernt, „arm und klein ist unser Land, gross und reich durch seine Arbeit“ für mich stimmt das, jedenfalls vor 50 Jahren….!!

  • Mathias sagt:

    Wobei dieser Industrielle Wachstum vorallem durch die Förderung von Kreditinstituten überhaupt möglich war. Desweiteren hatten die Industriellen hier genausowenig ein Gewissen wie die heute in China. Kinderarbeit, 7 Tage die Woche, 12 Stunden am Tag…

    Desweiteren ist der Durchschnittslohn nicht ausschlaggebend. Wenn der Arbeiter 1 CHF pro Tag verdient und sein Chef 1000 CHF pro Tag, dann ist der Durchschnitt auch hoch.

    Wichtig wäre, was waren die Mindestlöhne? Warum wurden Proteste gegen die schlimmen Arbeitszustände in der Industrie mit dem Militär niedergeschossen? Warum sollten wir diesen Verbrechern irgendwelche Ehrerbietung schulden?

  • Hampi sagt:

    Dass die Schweizer allgemein unterschätzen, wie breit der Wohlstand abgestützt ist, glaube ich auch.

    Dabei ist diese Eigenschaft gar nicht so schlecht: wenn man sich dauernd in der Opferrolle sieht, ist man ständig alarmiert und beobachtet wachsam, dass einem “die dort oben ” nichts wegnehmen ! Höhenunterschiede mag man in der Schweiz eben nur in der Landschaft .

    Es ist interessant zu lernen, dass wir vor 100 Jahren wohl reicher waren, als wir das denken. Aber der Gedanke, dass unsere Vorfahren wie der “Alp-Öhi” waren, ist und bleibt angenehmer als wie irgend ein uniformierter Buchhalter an einem Stehtisch 🙂

  • Urs Brock sagt:

    Wer schreibt am Ende die Geschichte? Im allgemeinen der Sieger wärend vom Verlierer nicht’s mehr als Fussnoten übrigbleiben…

    Die Attribute die seit Jahren erfolgreich „über“ die Schweiz gelegt werden zeigen doch auf das auch hier „die Sieger“ Geschichte schreiben wärend alle anderen nicht wirklich viel zu sagen haben. Kritik ist komplett unerwünscht…

    Die heutigen Sieger sind…
    Unternehmensgrösse a la Marktkapitalisierung und anderen Parametern (ein Schutzmechanismus gegen unliebsame Fremdkontrolle die durch die WTO Handelsverträge erzwungen wird). welche aber den Zivilgesellschaften keine Vorteile bieten.
    Tiefste Unternehmenssteuern
    Steuerminimierungssysteme wie Holdingstrukturen und auch Stiftungen und Spenden.
    Pauschalbesteuerung
    Steuerwettbwerb (gut versteckt hinter dem Deckmäntelchen Föderalismus)
    Arbeitsmarktliberalisierung
    Privatisierungen
    Rentenklau mittels nebulösen Demoraphielügen.
    Steueroasen die von der OECD legitimiert sind, deswegen aber nicht weniger negative Auswirkungen auf die Zivilgesellschaften weltweit haben.
    Aktionärskapitalismus (dahinter verstecken sich zahllose Systematiken welche die erwirtschafteten Reichtümer ausschliesslich von unten nach oben transferieren)
    Der bis zum Excess getriebene Wettbewerbs- und Effizienzgedanke.
    Das Auslagern Demokratischer Entscheidungsstrukturen an Lobbyingverbände und Hinterzimmer-Kommissionen.
    Die verschiebung der Gesellschaftlichen Agenda bei Parteien, Medien und Individuen in’s Rechtskonservativ/Authoritäre.
    Die inflationäre Vermehrung von Milliardärsstrukturen weltweit.
    Auf der anderen Seite die inflationäre Vermehrung von Armut, gerade auch in den Industrieländern.

    usw.

    Fragt sich nun, was den die künftigen Sieger auszeichnen sollte?

    • Albert Baer sagt:

      Eine Wirtschaft, die keine Verlierer mehr produziert würde man wohl als nachhaltig bezeichnen.

      @Tobias Straumann:

      Inwieweit hat die Schweiz vom Europäischen Imperialismus/Kolonialismus profitiert?

  • Ein obergeiler Link mit den Entwicklungen 1820 bis 2001, herzlichen Dank! Und ja, die Schweiz gehört zu den frühindustrialisierten Ländern. In den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts waren im sekundären Sektor in der Schweiz mehr Menschen beschäftigt, als im Mutterland der Industrialisierung, England! Das ist doch bemerkenswert, oder?

  • Peter Don Kleti sagt:

    Herr Straumann, will ja nicht kleinlich sein, doch eine Frage noch bei Gelegenheit:
    Von den 20 SMI-Titeln habe ich über den Daumen -11- Industrie/Gewerbe/Pharma/Bio gezählt, der Rest ist alles Dienstleistung.
    Da diese -11- zwar sicherlich den Löwenanteil der Exporte bestreiten, so sind es doch sicherlich auch diejenigen, welche die meisten Importe tätigen. Ein seriöser Vergleich Industrie/Dienstleistung kann also nur dann angestellt werden, wenn die Exporte um die Importe bereinigt werden, sodass die in der CH entstandene Wertschöpfung welche in den Exporten netto enthalten ist verglichen wird, was den effektiven „Wert“ eines Sektors wiedergeben würde. Wie sieht’s aus?

    • Tobias Straumann sagt:

      Völlig richtig. Aber diese Banken und Versicherungen entstanden alle im Schlepptau der Industrialisierung: 1856 Schweizerische Kreditanstalt, 1862 Bank in Winterthur (später Schweizerische Bankgesellschaft), 1863 Basler Handelsbank (1945 von Bankverein übernommen), 1872 Basler Bankverein etc. Die Kreditanstalt war zunächst vor allem bei der Finanzierung des Eisenbahnbaus tätig. 1913, als die Schweiz das höchste Pro-Kopf-Einkommen auf dem europäischen Kontinent hatte, war der Finanzsektor relativ klein, sowohl was die Beschäftigung wie auch die Bruttowertschöpfung anging. Natürlich hat sich in den letzten hundert Jahren vieles verändert, aber die Grundlagen wurden im 19. Jahrhundert von industriellen Pionieren gelegt. Das sieht man auch beim SMI: Etwa drei Viertel der Titel gehen auf Unternehmen, die schon vor hundert Jahren existierten.

      • Peter Don Kleti sagt:

        1’000 Dank. OK, nehmen Sie’s mir nicht übel. Wenn wir über EU oder Finanzmarkt diskutieren, interessiert mich natürlich primär das heutige Verhältnis als Ausgangs- und Entscheidungsgrundlage. Will ja schon glauben, dass wir clevere und innovative Industrie-Köpfe hatten, in der Vergangenheit. Auch heute natürlich nicht zu unterschätzen im Bereich Forschung und Entwicklung, auch Pharma. Aber können wir mit unseren Produktionskosten tatsächlich massig Industriegüter in der CH für den globalen Markt herstellen? Ich denke es sind ein paar Spezialisten, welche sich auf den internationalen Märkten profilieren konnten (z.Bsp Meyer-Burger, Villiger Kiel und Velos, etc.).
        Der Finanzmarkt hat wohl nicht nur die höchste Wertschöpfung pro Angestellter, aber aus meiner Sicht vorallem das grösste Wachstumspotenzial, sofern… … wir den Kapitalismus nicht vorzeitig überwinden wollen …;-)

        • Josef sagt:

          Die eigentliche Wertschöpfung passiert in der Industrie, dort, wo etwas erzeugt wird. Die Finanzbranche handelt dann damit. Da kann es dann schon passieren, dass letztere mehr davon absahnen. Aber wie gesagt, die Werte erzeugt haben erstere!

  • Taric Trent sagt:

    @Thom Dahinden: Es gibt auch die Finanzindustrie, aber an Maschinen arbeiten dort nicht viele. Ausser Sie zählen auch den Computer zu den Maschinen?

  • Thom Dahinden sagt:

    Super Artikel, der endlich wieder einmal zeigt, womit die Schweiz reich geworden ist, auch allen jenen, welche die Schweiz schlecht reden wollen und behaupten, nur das Bankgeheimnis trage zu unserem Wohlstand bei.

    @ Taric Trent

    Was für ein Quatsch. Chemieindustrie in Basel und im Wallis, Maschinenindustrie in der ganzen Schweiz, Elektroindustrie in Baden und Zürich, und und und… die Schweiz verfügt über einen grossen industriellen Sektor, welcher den Bankensektor nach wie vor nach allen Masstäben in den Schatten stellt.

  • Eron Thiersen sagt:

    Das ist richtig beschrieben, doch die Vergangenheit zu bewältigen ist kein Rezept für die Zukunft. Business wird zunehmend über Grenzen hinweg gemacht. Nicht zuletzt weil sich Produktionskosten für kurzfristige Güter im Inland aus verschiedenen Gründen nicht lohnen, zumindest nicht wenn man heutige Gewinnansprüche als Maxime der Unternehmerkultur betrachtet. Geld hat eben eine Lobby und diese Lobby macht Politik. Ihren Ursprung findet diese Lobby in den Landbesitzern,den ehemaligen Bauern, bzw. der heutigen Subventionsprofiteure. Seit in den den Unternehmen zunehmend Manager als Vernetzer über die Grenzen hinweg eingesetzt werden, liegen die erstrebenswerten Ziele der Gesellschaft auf Wachstum, Marktbeherrschung, Diversifizierung, Stakeholder Value und möglichst eigenen Finanzprodukten und einer eigenen Bank (Bsp. aktuell Siemens). Dabei ist es durchaus möglich bei uns zu anständigen Löhnen zu produzieren, wenn die Abschöpfung von Liquidität und Gewinn durch die Unternehmer und Aktionäre selbst auf ein schweizerisches bescheidenes Niveau nivelliert wird Aber daran hapert es gewaltig, denn die Generation Reich (alle schon etwas älter) sind den Dividenden leider etwas zu gierig verfallen.

  • Franz Meier sagt:

    Würde mich interessieren, auf welchen Daten der Artikel basiert und wie man sie allenfalls anders interpretieren könnte. Beim angegebenen Link finde ich weder Daten zur Schweiz noch zu vergleichen der historischen Wirtschaftsleistung noch zum gesamten Europa. Schade.

    • Tobias Straumann sagt:

      Entschuldigung, der Verweis war tatsächlich etwas ungenau. Ich habe das P.S. erneuert (siehe oben).

      • Franz Meier sagt:

        Besten Dank. Grafisch dargestellt sieht man die Entwciklung des BIP ganz schön. Die Schweiz war vor den Weltkriegen an der Spitze Europas (nach UK). Zwischen 1913 und 1950 stieg das BIP weit über das europäische Niveau, ist aber mittlerweile wieder „nur“ in der Spitzengruppe. Spannendes Thema!

  • Peter Don Kleti sagt:

    Dann ist ja alles gut. Ich empfehle trotzdem mal einen Besuch im „Ital Reding Museum & Bundesbriefmuseum“ in Schwyz.
    Sofern geführt, hört man da auch interessante Geschichten über „Swiss Banking aus dem Mittelalter“ gepaart mit Kriegsfinanzierung aus derselben Zeit. Die Ausleihung von Söldnern scheint dabei ein weiterer interessanter Wirtschaftszweig gewesen zu sein.

  • Heinrich Gretler sagt:

    @Ronnie König
    Danke für den fundierten Kommentar.

  • Dave sagt:

    Danke für den erhellenden Beitrag, auch wenn er etwas kurz abgerissen ist.

    Eine Bitte habe ich – es ist mir hier wieder einmal hochgekommen: Könnte man statt des «Mittleren Einkommens» nicht jeweils vom Median sprechen. Besonders in Zeiten der auseinanderklaffenden Einkommen wäre dies wohl der deutlichere Indikator.

  • Ronnie König sagt:

    Arme Regionen vor 100 -150 Jahren(zT mit Hunger u. Toten): Appenzell, Tessin, Graubünden, Wallis (wo der Strassenbau mitGewalt verhindert werden sollte!) und überall Begdörfer in höheren Lagen. Reich: Basel, Genf, Berner Unterland und wenige Orte im Oberland (Wengen zB) Teile des Jura. Die Verteilung war massiv ungleichmässig und nicht überall war man auf Grund der Religion am Wohlstand beteiligt. Die Innerschweiz war wegen der Wasserkraft relativ wohlhabend! Parkettindustrie exortierte bis in den Orient. Maschinenindustrie eine kleine Goldgrube und das Aushängeschild (Escher)! Trotzdem herrschte für zu viele Armut. Kinder mussten arbeiten, damit kein Hunger herrschte (BL,GL,BE u.a.). Man denke an Posamenter, Rucksackbauern, Pestalozzi oder Gotthelf, Tunnelbau und Tourismus. Der Hotelier war gut dran, aber nicht die Zimmermädchen die oft nur als Gelegenheitsprostituierte über die Runden kamen, gleich mit Serviertöchter! Diese Details werden oft verschwiegen oder klein geredet. Aufzeichnungen gibt es aus Gründen der Scham damals wenig. Man war oft so arm, dass man schichtweise die Betten teilte und Kinder mit Fusel ruhig stellte. Beweis: Gesetz zum Schnapsbrennen. Andere wiederum haben fast besser gelebt als heute, allerdings nur weil Leute weggeschickt wurden (Religion). Oder von Getreide auf Milchwirtschaft umstiegen.

    • Leo's Schale sagt:

      T’ja Herr König, da haben Sie leider Recht. Aber das und vieles andere Unangenehme schweigt man in der Schweiz lieber tot und lügt sich weiter in die eigene Tasche. Die Schweizer Nachkriegsgeneration und die heutige Jugend werden über ihren „Vaterlandgeschichten-Mythos“ massiv im Unklaren gelassen. Es wäre allerhöchste Zeit, dass auch die Schweiz endlich mal die unrühmlichen Seiten ihrer Vergangenheit aufarbeitet. Aber das will man natürlich nicht wissen, steckt lieber weiter den Kopf in den Sand und träumt sich was zusammen od. lügt sich und den Nachfolgegenerationen in die Taschen.

  • Eine ganz wichtige Quelle des Schweizer Wohlstands, abgesehen von dem auf Calvins Lehre zurückgehenden Kapitalismus,
    ist Napoleons Kontinentalsperre gegen England gewesen. Die Insel war ja der Geburtsort der modernen Industrialisierung,
    damit auch Maschinenlieferant für die ersten Kleinbetriebe in unserm von der Wasserkraft lebenden Land. Da Napoleons
    Sperre auch die Schweiz betraf, mussten die hiesigen Mechaniker fehlende Ersatzteile selber herstellen und schufen so
    die Grundlage für unsere frühe Metall-und Maschinenindustrie, welche in der Folge sehr rasch die neu entdeckte Elektrizi-
    tät als Antriebskraft übernahm und somit auch den Bau von Kraftwerken unterstützte.

  • Taric Trent sagt:

    Reich geworden vielleicht, reich geblieben ist sie sicher nicht wegen der Industrie, die gibts hier im Vergleich zu Dienstleistungen nur noch sporadisch.

    • Rolf Schumacher sagt:

      In allen Industriestaaten, welche die Industrialisierung erlebt haben, war die Industrie der primäre Finanzmotor. Im Verlauf wurde aber immer mehr Verwaltet, verwaltet, verwaltet und noch mal verwaltet. Wer noch hart arbeitet ist in der Schweiz wie in England, den USA immer mehr der Betrogene, das ist das aktuelle Problem. Die Verwalter bei Bundesämtern, Banken, Versicherungen sind die aufgeblasene vollgefressene Hydra, welche dem Arbeitnehmer und dem kleinen und mittleren Unternehmen die Motivation literweise aus den Adern saugen. Die Industrie ist zu einer lahmen Puppe geworden. Vasella, Spuhler, Brabeck haben keine Ahnung von dem was ihre Betriebe produzieren und wie es produziert wird, ihre Betriebe sind auch nicht mehr schweizerrische Betriebe es sind globale Players, deshalb sind sie to big to fail und unantastbar für unser Rechtssystem Sie spekulieren, kaufen ein, verkaufen und schnorren und lobbiieren. Mit Innovation,nachhaltigem Unternehmergeist hat das nichts mehr zu tun. Sie drohen dem Arbeiter und Bürger mit Abwanderung, wenn er ihre perversen Exzesse minimal stutzen will. Die alten Patrons von gestern, welche noch Hand in Hand mit dem Arbeiter gelebt haben sind zu aalglatten, arbeitsfernen Investmentzombies geworden. Das einzige was sie beherrschen ist Innovation aufzukaufen (siehe Vasella mit dem Milliardenkauf von Augenheilmittel).
      Wir sind stolz auf unser Offizierssackmesser unssere Ovomaltine, das Riccola etc. Die neuen Industriemarken-Ueberflieger fehlen. Das einzige was die moderne CEOs können ist grössenwahnsinniges Fusionieren; Intgrigieren, Lobbyieren und drohen. Solider Aufbau eines Werkes und glaubwürdige Vermarktung eines schweizer Produktes ist zu einem Fremdwort geworden. Alle aalglatten „Unternehmer“ kommen stromlinienförmig aus St. Gallen und wer es vermag Harward oder Yale. Ideenlos, abgehoben, elitär, vernetzt ja geradezu verkettet mit Geldadel-Familien, Politk und grossen Geldgebern. Produziert wird billig im Ausland, die Rohstoffe kommen noch billiger aus dem noch ferneren Ausland und irgendein Bundesamtverwalter haut dann trotzdem auf dieses total unschweizerische, unökologische nicht nachhaltige Produkt den CH-Stempel drauf. Die aktuellen Starunternehmer, sind vor allem Stars und sie sind sich nicht bewusst, dass sie die aktuelle Sintflut darstellen unter welcher unsere ganze weltliche Gesellschaft zu leiden hat. Ja die schweiz hat sich einmal einen Namen gemacht. Hunderte von mittleren und kleineren Unternehmen gaben der CH das Wirtschaftsgesicht, welches weit in die Welt hinausstrahlte. Hunderte von Patrons haben ein Leben lang für einen Betrieb gearbeite. Deshalb ist die Schweiz heute was sie ist. Die grössenwahnsinnige aktuelle Garde ist sich ihres Risikos nicht bewusst. Wenn die Schweiz kaputt geht, hauen sie einfach ab auf einen ferne Insel, in ein fernes Land, Erspaartes haben sie bis dann genug geklaut. Wenn die UBS, die CS, Nestle und Novartis (das sind bloss vier Betriebe) eingehen würde, wäre es um die CH geschehen. Das ist mehr als bedrohlich. Vasella und Brabeck sind für mich nicht Vorbilder sie sind Bedrohungen.
      Spekulation, Einkauf, reiche Einwanderer, Verwalter machen heute die Schweiz reich, kaum Güterproduktion. Oder zeigt uns mal die Zahlen.

      • George sagt:

        gute argumentation, das kommt wirklich auf den punkt. Die Schweiz ist anders als sie uns dargestellt wird.

      • stefan trümpler sagt:

        Totaler Käse…das tönt ja wie Copy/Paste vom Stammtisch im Bären in Guntenschwil.
        Nur so nebenbei, das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bilden die KMU, nur etwa 0.5% der Schweizer Unternehmen haben mehr als 250 Mitarbeiter. Und diese KMUs halten den Karren am Laufen. In der Weltmarktnische High Quality, High Innovation und High Price sind viele Schweizer Firmen in Ihrem (auch manchmal kleinen) Segment Weltmarktführer. Einen grossen Global Brand oder eine globale Innovation wie das Schweizer Sackmesser zu produzieren wird natürlich immer schwieriger, da der Weltmarkt viel heterogener geworden ist, aber das ist eine andere Geschichte.
        Ich bin viel im Ausland unterwegs beruflich und sehe immer wieder, dass Swiss Made und Swiss Quality immer noch die besten Verkaufsargumente sind. Die Schwarzmalerei kann ich also überhaupt nicht teilen. Und wenn es sie so viel besser können..wo ist ihre Firma, ihr Produkt, ihre Innovation…. ? 🙂 Rumrünzeln kann jeder..etwas nachhaltig bestehendes und innovatives mit Markterfolg produzieren erfordert dann doch etwas mehr..

        • Rolf Schumacher sagt:

          1. Die Giganten werden immer grösser und machen dann Probleme. Sie als Weltenbummeler werden beipflichten, dass dies ein globales Problem ist. To big to fail. Verfilzung (Politik und Wirtschaft). Keine Verantwortung übernehmen.
          Einen Brand kann man immer lansieren wenn man gute Ideen hat. Die CEOs der grossen Unternehmen, sind aber Ideenlose Verwalter, Lobbyisten, und hochrisikofreudige Finazjongleure. Von dieser Kaste ist keine Idee zu erwarten. Ihre Grössenwahnsinnige Egomanie erdrückt viele gute Ideen. Es sind Oligarchen, welche mit der grossen Kelle anrichten, aber nicht wissen was sie anrichten. Ein Scheich der in Dubai eine CO2 neutrale Stadt aus dem Boden stampfen will aber von NICHTS eine Ahnung hat ist ein miserabler Chef. Da kann nichts gutes heranwachsen. Bis ein Brand entsteht braucht es Zeit. Zeit für eine saubere Entwicklung, Zeit für Feldversuche. Zeit für Verbesserung und es braucht begeisterte Begleiter deises Brands. Die durch die Welt jettenden Elitunijuppies habne keine Zeit mehr zum dennken. Auf dem Reissbrett entwickeln sie schnell eine Idee, pauken und pressen sie durch und die hundsmiserable ausgearbeitete Idee muss dann inner halb weniger Monate bereits einen enormen Gewinn abwerfen. Am liebsten würden die ideenlosen Superceos einfach Wasser teuer verkaufen. Brabek will ja, dass Wasser etwas kostet. Dann kann man sich einfach Quellen unter den Nagel reissen. Das Wasser in Flaschen, Bidons abfüllen und die Menschen, welche Wasser zum überleben brauchen, MUESSEN dann bei Coca Cola, Nestel etc überteuertes Wasse einkaufen. Beim Oelbussiness gehst das genauso. Sorry das hat nichts mit Innovation zu tun, das ist genauso Bussshit wie die Derivate, welche die Finanzheinis aus dem Hut gezaubert haben. Swissness hat wegen unseren Giganten Vasella, Ospel, Kurer, etc bereits sehr gelitten. Und die Gefahr besteht, dass es so weiter geht.
          Schlimm ist, dass die GROSSINDUSTRIE immer mehr das politische sagen hat. Sehen sie doch mal die SVP und FDP die vertrenten NUR die Grossindsutrie MERZ, BLOCHER; SPUHLER; UBS. FDP-Spörry Swissair. etc etc etc. Die Pioniere, welche die Betriebe aufgebaut haben, (Piloten der ersten Studnde) dennen haben wir den Brand Swissair zu verdanken. Die unfähigen, gierigen, CEOS unserer Zeit haben das sehr gut kapitalisierte Unternhmen binnen Monaten zerstört. Kurzsichtige Brandstifter regieren unser Land.

          2: Swissness lebt von alten Zeiten. Für Innovative (solche die wirklich über Jahre ein gutes Produkt entwickelt haben) ist es enorm schwierig Fuss zu fassen. Oft werden Ideen geklaut, oder start-up Begleiter (sogar solche vom Bund) mischen sich in die Geschäftsführung ein, oder wollen sich sogar selber zum CEO machen (das habe ich indirekt selber miterleben dürfen).
          3. Die Zahl der KMUs ist ganz klar rückläufig. Die grossen etabileren sich. Emmi, Cremo, Portas….
          4: Ich führe ein KMU, habe selber investiert und stehe auch dafür gerade. Ich sehe hautnah was abgeht. Grosse aufgeblasene Konsortien kaufen, verkaufen und zerstören die kleinen KMUs. Viele der Giganten erhalten Rückendeckung von der Regierung, Steuerbegünstigung, Kapital zu extrem guten Bedingungen. Geführt werden die grossen Betriebe von Oekonomen, welche keine (NULL) Ahnung vom Produkt haben.
          Sorry ihre Gegenargumente imponieren mir gar nicht.

          • stefan trümpler sagt:

            eh, eh..sie tönen wie der minder von der trybol..;)

            und dass wir in der ära der egomanen und buchhalter leben, ist ja nichts neues..ist seit den späten 80ern so..
            grundsätzlich stimme ich ihren überlegungen überein, aber ich halte echt nichts von ihrer schwarzmalerei. grundsätzlich stehen immer noch millionen von schweizern jeden morgen auf und wollen einen guten job machen – den sie auch machen. und gegen vasella und novartis kann man wettern wie man will – am ende des tages sollten wir dankbar sein, eine so gute pharmabude wie novartis in der schweiz zu haben. die pharmaentwicklung ist so kostenintensiv und von top notch know how – abhängig, dass eine entwicklung in der schweiz alleine gar nicht mehr möglich ist. und gegen spuhler zu wettern würde ich auch vorsichtig sein. was er in bussnang et al aufgebaut hat (und dass sage ich als im tg tätiger), hat er ohne grossfinanz etc. gemacht – zumindest in der anfangsphase hat er ein sehr grosses risiko alleine gestemmt. ich sehe echt nicht ein, was an stadler rail schlecht sein soll??! soll sie redimensioniert werden auf 100 mitarbeiter, damit sie ihnen gefällt oder was?;)

            dass grundsätzlich die multis immer besser wegkommen und behandelt werden als die kmus war leider schon immer so – ich finds ja auch eine sauerei. kmus sind halt nicht too big to fail 🙂 (auch wenn die ubs sicher nicht too big to fail war, das war einfach die jahrhundertausrede der banker).

      • Ruedi Lais sagt:

        Ich bin kein Parteigänger von Peter Spuhler, sondern auf der politisch anderen Seite. Aber ich liess mich von Peter Spuhler schon durch seinen Betrieb in Bussnang führen. Er erklärte im Detail die Probleme mit der Stabilität der Fensterrahmen im Produkt Flirt. Oder die Überlegungen, die zum Einstieg in den Bereich Unterhalt von Zahnrad- und Seilbahnwagen geführt haben. Ich erhielt nicht den Eindruck, dass dieser Unternehmer keine Ahnung von seinen Produkten hat. Der bisherige Erfolg bestätigt meinen Eindruck. Mit Bezug auf seinen Sitz im UBS-VR könnten Sie hingegen Recht haben…

        • Rolf Schumacher sagt:

          Peter Spuhler hat sich sicher in seine Materie eingearbeite. Und er ist möglicherweise auch ein guter Verkäufer. Aber er hat keine Ahnung von Maschinenbau, Elektronik. Spital-CEOs erlebet welche mich eloquent durch ein Spital führten. Trotzdem haben diese Betriebsführer keine Ahnung von Medizin und kennen die Bedürfnisse nicht. Es geht um Rendite, basta. Das Patienteneitbild, Nachhaltigkeit etc sind leere Worte.
          Zudem wie urteilen sie über die Fähigkeit Spuhlers als VR-der UBS? Wie ist es überhaupt möglich seriös als Verwaltungsrat einer UBS zu arbeiten wenn man Nebenbei eine Stadlerrail zu dirigieren hat. (auch als Vollzeitjob wäre es fast unmöglich einen solchen Giganten serös zu begleiten).
          Wie ist es möglich eine Stadlerrail, UBS und auch noch schweizer Politik zu machen. Sorry es gibt keine Uebermenschen nur solche die sich einbilden Supermenschen zu sein.
          Spuhler hat in die richtige Familie hineingeheiratet. Als er den Betrieb besass sich von seinen familiären Stadlerverpflichtungen abgesetzt und sich via Politik gute aufträge zuschaufeln lassen.
          Spuhler hat sicher nichts selber entwickelt. Spuhler ist so gross geworden, wie es die meisten modernen CEOS sind. Heiraten, Politik, Herrenclubs, Mandate hier und dort und le voila schon ist man oben.
          Wer einigermasen eine geschliffene Zunge hat, kommt damit durch. Ich sehe das leicht anders. Grosse Ideen fingen immer klein und bescheiden an und wurden selber entwickelt. Grosse Katastrophen hingegen immer mit viel Augenwischerei, Lobbyarbeit und leeren Worten.
          Ich kenne Spuhler nicht. Kenne weder seine Qualitäten noch seine Schwächen. Ich nehme das einfach als allgemeines Bild der heuteigen Zeit. Mir sind Ideenschöpfer und umsetzer von einem Forma eines Steve Jobs viel lieber. Von diesen Leuten haben eindeutig zu wenig. Und viele solcher Menschen gehen heute unter.
          Heute werden CEOs in Shows von Markwalder erkoren. Vieles ist grössenwahnsinniges, oberflächlies Schauspiel und hat nur noch wenig mit wirklichem KOENNEN, Fachkompetenz, Sachverständnis und Verantwortungsgefühl zu tun.

      • L. Schütz sagt:

        Sehr richtig erkannt! BRAVO, Herr Schuhmacher! Die Schweiz von heute ist eine Luftblase ohne eigene Identität, völlig erstarrt, bzw. unbeweglich, innovationslos und vollkommen abhängig vom europäischen Umfeld. Stur, egoistisch und trotzig lügt man sich in die eigene Tasche und will nicht begreifen, dass niemand auf der Welt – auch nicht die EU – die Schweiz nötig hat und auf sie wartet. Die Puppenstube Schweiz wird über kurz oder lang in sich zusammenfallen. Es gibt viele kleine und erfolgreiche Staaten auf dieser Welt, aber keiner dieser kleinststaaten ist so zukunftsfremd wie die selbstverliebte und doch so mit massiven Minderwertigkeitskomplexen behaftete, unsolidarische Schweiz in welcher die Normalo-Schweizer rein gar nichts vom Wohlstand haben. Die Probleme in der Schweiz sind praktisch dieselben wie in anderen Ländern auch. Ein paar wenige konsumieren den Wohlstand der anderen unwissenden Träumern.

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