Das Rätsel der Inflation
Die Notenbanken der entwickelten Volkswirtschaften drücken in der Geldversorgung aufs Gaspedal. Das Rätsel ist aber nicht, wieso keine Inflation ausbricht, sondern umgekehrt: warum das Preisniveau nicht stärker sinkt.
Am Dienstag hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die analytischen Kapitel 3 und 4 zum neuen «World Economic Outlook» (WEO) veröffentlicht. Der Rest dieser wichtigsten halbjährlichen Studie des Fonds wird später publiziert. Kapitel 3 enthält die Lösung für das oben angesprochene Rätsel. Gehen wir’s durch:
Warum es auch angesichts der massiven Geldspritzen der Notenbanken nicht zu Inflation kommt, ist regelmässigen Lesenden dieses Blogs bestens bekannt: Das Geld kommt gar nicht in der realen Wirtschaft an, die Banken vergeben weniger Kredite, die Unternehmen und die Privaten horten Cash. Angesichts einer anhaltenden hohen privaten Verschuldung wird weniger als sonst konsumiert und weniger investiert. Das Phänomen läuft unter Begriffen wie Liquiditätsfalle oder «Balance Sheet Recession» (PDF). Wie mein Kollege Alexander Trentin klarmacht, liegt der Leitzins etwa der Europäischen Zentralbank zwar seit langem auf Tiefstwerten, gemessen am Notwendigen (wie die Taylor-Regel zeigt) ist er aber noch immer viel zu hoch. Die Folge ist eine anhaltend sehr hohe Arbeitslosigkeit etwa in Europa oder den USA.
Eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit müsste aber nach gängiger ökonomischer Lehre gerade die umgekehrte Konsequenz haben: Die Inflation müsste deutlich sinken oder sogar negativ werden, was dann als Deflation (mit einem sinkenden statt steigenden Preisniveau) bezeichnet wird. Um diese und die folgenden Überlegungen zu verdeutlichen, habe ich zwei simple, schematische Grafiken mit einem Konjunkturzyklus erstellt:

Das Trendwachstum in der ersten Grafik zeigt an, wie die Wirtschaft wachsen müsste, um voll ausgelastet zu sein, sodass (konjunkturelle) Vollbeschäftigung vorherrscht. Auch hier ist eine Arbeitslosigkeit nicht ausgeschlossen, doch dann ist sie strukturell bedingt und geht nicht auf zu wenig Nachfrage zurück. Die Ökonomen sprechen dann von einer «natürlichen Arbeitslosigkeit» oder von der NAIRU.
Entspricht die aktuelle Krise in vielen Ländern der obigen Grafik, dann geht die hohe Arbeitslosigkeit klar auf eine zu geringe Nachfrage zurück. Die angemessene wirtschaftspolitische Antwort darauf sind Massnahmen, die dieser Nachfrage wieder auf die Sprünge helfen. Am besten geeignet dazu ist gewöhnlich die Geldpolitik, doch die funktioniert wie eingangs erwähnt momentan eher schlecht. Bleibt noch die Fiskalpolitik: Steuersenkungen oder staatliche Investitionen. Diese Politik wird mit der grün gestrichelten Linie angezeigt, die Richtung Vollbeschäftigung führt.
Anhand der obigen Grafik wird aber auch unser Rätsel deutlich. Steigt die konjunkturelle Arbeitslosigkeit durch eine zu geringe Nachfrage, müsste die Inflation rückläufig sein oder sogar Deflation (ein sinkendes Preisniveau) eintreten. Der Grund: Die zu geringe Nachfrage auf den Produkt- und den Arbeitsmärkten zwingt die Anbieter von Produkten und die Beschäftigten angesichts des Überangebots zur Preis- und Lohnzurückhaltung. Die genau umgekehrte Lage ergibt sich, wenn das Wirtschaftswachstum höher ausfällt als das Trendwachstum bei Vollbeschäftigung. Dann müsste die Inflation steigen.
Als Erklärung für das Ausbleiben einer Reaktion der Inflation wird immer wieder eingebracht, die hohe Arbeitslosigkeit sei mittlerweile nicht mehr durch eine zu geringe Nachfrage bedingt. Es habe sich aber das Trendwachstum in der Folge der Krise deutlich reduziert. Die zweite Grafik verdeutlicht das Argument und macht auch die grosse politische Bedeutung klar, sollte das Trendwachstum tatsächlich geschrumpft sein:
Wäre das Trendwachstum (bzw. das Wirtschaftspotenzial) tatsächlich so stark geschrumpft, wie in der Grafik gezeigt, wäre die Arbeitslosigkeit nur noch strukturell bedingt (gleich mehr dazu). In der Sprache der Ökonomen wäre dann die natürliche Arbeitslosigkeit bzw. NAIRU deutlich höher. Die wichtigste Konsequenz: Jede Art von Konjunkturpolitik (Geld- und Fiskalpolitik), die die Nachfrage stärker anheizen will (die grün gestrichelte Linie), würde rasch zu einer stark steigenden Inflation führen. Bei der Geldpolitik wäre das dann der Fall, sobald das Wirtschaftswachstum wieder stärker anzieht.
Ein Grund für einen solchen Einbruch des Wirtschaftspotenzials und mit ihm des Trendwachstums könnte sein, dass die Arbeitslosen (vor allem die Langzeitarbeitslosen) kaum mehr für die Bedürfnisse auf den Arbeitsmärkten vermittelbar sind (man spricht hier vom «Hystereseeffekt»). Ein anderer Grund wäre, wenn die Wirtschaftsstrukturen vor der Krise Fertigkeiten verlangt haben, die jetzt nicht mehr oder deutlich weniger gebraucht werden. Genannt werden etwa Jobs im Bausektor, die nach dem Platzen der Immobilienblase deutlich weniger gebraucht werden. Wenn die Arbeitslosen keinen Job finden, weil sie die falschen Qualifikationen haben und weil der Strukturwandel zu neuen Beschäftigungen nicht gut funktioniert, dann spricht man von struktureller Arbeitslosigkeit. Wie die Grafik zeigt, ist in dieser Situation eine Wirtschaftspolitik, die auf mehr Gesamtnachfrage setzt, schädlich.
Doch ist diese Erklärung mit einem eingebrochenen Trendwachstum bzw. einem derart geschwächten Wirtschaftspotenzials schlüssig?Nein. Das Wirtschaftspotenzial ist fraglos tiefer als vor der Krise und damit auch das Trendwachstum. Dennoch: Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor hauptsächlich konjunkturell bedingt. Das war schon hier und hier Thema.
Doch dann verbleibt das Rätsel, warum die Inflation nicht stärker zurückgegangen ist. Damit zu den Erkenntnissen des IWF im neuen WEO:
- Auch der IWF macht (erneut) deutlich, dass die hohe Arbeitslosigkeit in den reichen Ländern in erster Linie auf eine zu geringe Nachfrage zurückgeht.
- Anhand einer umfangreichen Datenauswertung kommen die Ökonomen des Fonds zum Schluss, dass die Inflation in jüngster Zeit sehr viel weniger stark auf konjunkturelle («cyclical»), das heisst nachfrageverursachte Schwankungen des Wachstums bzw. der Arbeitslosigkeit reagiert. Das zeigt die folgende Grafik anhand sogenannter kurzfristiger Phillipskurven über die letzten Jahrzehnte. Jeder Punkt zeigt auf der waagrechten Achse die Abweichung der konjunkturellen Arbeitslosigkeit in einer betrachteten Volkswirtschaft von derjenigen bei Vollbeschäftigung (bzw. einer rein strukturellen Arbeitslosigkeit). Auf der senkrechten Achse ist die Inflation (gemessen an der für diesen Zweck aussagekräftigeren Kerninflation) abgetragen. Wie die Korrelation der nach Zeitabschnitten gefärbten Punkte klarmacht, verursachen über die Zeit konjunkturelle Schwankungen immer geringere Ausschläge der Inflation:

- Zur Erklärung der relativen Trägheit der Inflation angesichts konjunktureller Ausschläge verweist der Fonds einerseits auf die ältere umfangreiche Literatur zum Thema. So verändern Unternehmen selbst bei deutlichen Schwankungen der Nachfrage nach ihren Produkten deshalb ihre Preise zuweilen nicht, weil die Preisänderungen selbst kostspielig sind. Ökonomen sprechen hier von «Menu Costs». Ausserdem sind Lohnsenkungen selbst bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei Arbeitgebern wenig beliebt, weil das die besten Leute vertreibt, hier spricht man von einer sogenannten «adversen Selektion».
- Doch diese Einsichten erklären zwei Dinge nicht oder zu wenig: Erstens, weshalb die Reaktion der Inflation auf wirtschaftliche Schwankungen (wie oben gezeigt) über die Zeit abgenommen hat. Zweitens, warum nicht nur bei Wirtschaftskrisen und steigender Arbeitslosigkeit die Preise und Löhne kaum zurückgehen, sondern warum sie auch kaum mehr ansteigen, wenn die Wirtschaft heiss läuft und das Personal knapp wird.
- Als wichtigsten Grund für die Trägheit der Inflation nach oben wie nach unten macht der IWF schliesslich stabile Inflationserwartungen in der breiten Bevölkerung aus. Von diesen Erwartungen hängen konkrete Lohn- und Preisanpassungen ab. Ökonomen und Zentralbanker sprechen hier von einer starken «Verankerung» der Inflationserwartungen. Wie die Untersuchungen des Fonds zeigen, bleiben diese Erwartungen anders als etwa in den 1970er-Jahren sowohl von der aktuellen Wirtschaftsentwicklung wie auch von vergangenen Inflationsentwicklungen weitgehend unbeeinflusst.
- Diese starke Verankerung der Inflationserwartungen wiederum ist laut dem IWF ein Erfolg der Zentralbanken der entwickelten Länder. Sie haben dank ihrer auf Stabilität der Inflation ausgerichteten Politik so viel Glaubwürdigkeit gewonnen, dass man ihnen zutraut, Abweichungen der Inflation nach oben und nach unten bei entsprechenden wirtschaftlichen Entwicklungen zu verhindern.
- Wichtigstes Kriterium, damit die Notenbanken diese Glaubwürdigkeit überhaupt erwerben konnten, war laut dem IWF ihre Unabhängigkeit von politischen bzw. demokratisch gewählten Entscheidungsträgern. Dadurch waren sie weniger politischem Druck ausgesetzt, den eine gerade vorherrschende, Partei oder Lobby oder allgemeine Stimmung ausüben kann. Mehr zu den Hintergründen der Notenbank-Unabhängigkeit in diesem Beitrag.
- Die Unabhängigkeit der Notenbank ist laut IWF sogar wichtiger für stabile Inflationserwartungen als ihre konkrete Politik. Obwohl die Notenbanken sich einzig oder vor allem der Preisstabilität verpflichten, haben alle – selbst die deutsche Bundesbank vor der Währungsunion – mit ihrer Geldpolitik immer auch Arbeitslosigkeit bekämpft. Selbst wenn sie dabei die konjunkturelle Arbeitslosigkeit überschätzt haben und zu lange die Schleusen zu offen hielten, hat das ihrer Glaubwürdigkeit keinen Abbruch getan, wenn sie unabhängig waren und sich dem Inflationsziel verpflichtet haben.
Die beruhigende Botschaft dieser Überlegungen könnte auf den ersten Blick sein, dass wir uns auch künftig keine Sorgen über Inflation machen müssen, weil das die Notenbanken schon verhindern werden und daher keine entsprechenden Erwartungen aufkommen. Das Problem aber ist, dass die Grundlagen für den bisherigen Erfolg in Zukunft nicht gesichert sind. Ganz einfach weil die Voraussetzungen für die einstige Politik heute immer weniger existitieren. Warum?
- Dass Notenbanken weit mehr wirtschaftspolitischen Einfluss haben als gewählte Regierungen, wird in der aktuellen Krisenlage immer mehr zum Problem – das gilt besonders für die Eurozone, wo die Politik sich praktisch als handlungsunfähig erwiesen hat.
- Das strikte Inflationsziel allein erweist sich als problematisch, wenn selbst starke Schwankungen der Konjunkturlage die Inflation nur noch wenig beeinflussen.
- Ein eng gefasstes Inflationsziel erfasst zu wenig weitere problematische Preisentwicklungen – etwa wenn sich auf Immobilien- oder anderen Anlagemärkten Blasen bilden.
- Ein breiteres Mandat – wie es zur Bekämpfung aller Arten von Wirtschaftskrisen, Blasen und Mängeln im Finanzsystem auf dem Programm steht – gibt den Notenbankern aber zu viel eigenen Ermessenspielraum, um das demokratisch zu legitimieren. Zielkonflikte sind ausserdem unausweichlich und machen die Verpflichtung nur auf ein Ziel – wie eine Inflationsvorgabe – weniger glaubwürdig.
62 Kommentare zu «Das Rätsel der Inflation»
Die EZB hat eine eigenartige Zinspolitik gefahren. Zuerst ließ sie die Leitzinsen hoch, obwohl nur in Deutschland echtes schwaches Wachstum zu Stande kam, Italien langsam immer weiter schrumpfte und sich in Griechenland (hohe Beamtengehälter Staat verschuldet sich), Spanien (Bauboom, private Bauherren verschulden sich) und Irland (Banken verschulden sich)
Welche auslaendischen Institutionen kaufen heute die US Staatsanleihen, nachdem China seinen Appetit verloren hat?
Gleich nach Japan folgt die Schweiz. Sind wir nicht alle happy, dass wir damit eine nicht nachhaltige Entwicklung zulasten der Schweizer Bevoelkerung mit finanzieren.
http://www.cyniconomics.com/2013/04/11/tictictic-the-ominous-warning-in-foreigners-u-s-bond-positions/#more-1498
http://www.spiegel.de/international/business/interview-with-harvard-economist-carmen-reinhart-on-financial-repression-a-893213.html
Interview mit Carmen Reinhart. Eine sehr gute Zusammenfassung der Problematik. Wichtigste Aussagen darin:
The crisis isn’t over yet, not in the US and not in Europe.
No central bank will admit it is keeping rates low to help governments out of their debt crises.
Only when inflation picks up, which is ultimately going to happen, will it become obvious that central banks have become subservient to governments.
But we are in an environment where politicians are very reluctant to do write-offs. So what happens is that money is transferred from savers to borrowers via negative interest rates.
The best way of dealing with a debt overhang is to never get into one. (Diese Aussage zeigt das totale Versagen der Zentralbanken ueber die vergangenen Jahrzehnte auf).
The biggest mistake that European policy-makers are now making is not to put debt restructuring more explicitly on the table.
Ben Bernanke, Greenspan’s successor at the Fed since February 1, 2006, also believes that a „good“ central banker can make all the difference in banishing depressions forever, arguing on record in 2000 that, as Friedman claimed, the 1929 stock market crash could have been avoided if the Fed had not dropped the monetary ball. That belief had been a doctrinal prerequisite for any candidate up for consideration for the post of top central banker by President George W Bush. Yet all the Greenspan era proved was that mainstream monetary economists have been reading the same books and buying the same counterfactual conclusion. Friedman’s „Only money matters“ turned out to be a very dangerous slogan.
Both Greenspan and Bernanke had been seduced by the convenience of easy money and fell into an addiction to it by forgetting that, even according to Friedman, the role of central banking is to maintain the value of money to ensure steady, sustainable economic growth, and to moderate cycles of boom and bust by avoiding destructively big swings in money supply. Friedman called for a steady increase of the money supply at an annual rate of 3% to achieve a non-accelerating inflation rate of unemployment (NAIRU) as a solution to stagflation, when inflation itself causes high unemployment.
Stagflation is a de facto invalidation of the Phillips Curve, which shows a negative correlation between the rate of unemployment and the rate of inflation. There is of course irrefutable logic within the workings of a capitalistic labor market in support of the concept of structural unemployment. Yet the conceptual flaw in NAIRU is its acceptance of a natural rate of unemployment as a justification to abandon the social goal of full employment. When unemployment of 6% of willing workers is accepted as structural in an economic system, the fault is with the system, just as if a hospital accepts an annual mortality rate of 6% of its curable patients… (Henry C. K. Liu, Asia Times, 6. Jan. 2009)
… während meines Studiums galt für CH 0.8% „Sockelarbeitslosigkeit“ als Vollbeschäftigung…
Der Vorteil solcher Faktoren ist, dass sie sich leicht den politisch gewünschten Ergebnissen anpassen lassen.
@ Will
„the role of central banking is to maintain the value of money to ensure steady, sustainable economic growth, and to moderate cycles of boom and bust“
Wie so oft kann man erkennen, dass Sie sich mit den relevanten Aspekten beschaeftigen und Sie sich keinen abstusen Modellen unterwerfen.
Interessant, NMTM sattelt schrittweise von einer Neo-Keynesianischen auf eine mehr österreichische Sichtweise um, oder lotet immerhin die Grenzen der unterliegenden Annahmen der Neo-Keynesianischen Sichtweise aus. Selbstverständlich ist das Trendwachstum eingebrochen anhand des Ueberhandnehmens des Staates und all der staatlich geretteten und unterstützten Sektoren, sowie der durch die Geldschwemme verursachten privaten „Investitionen“ in eine Blase nach der anderen. Selbstverständlich haben wir eine ungemerkt explodierte Sockel-Arbeitslosigkeite angesichts fast vollständiger Rigiditäten in den Arbeitsmärkten. Selbstverständlich haben wir verankerte Inflationserwartungen. Und in den Modellen werden diese Dinge als variabel angenommen? Setzt man gemeinhin für das Trendwachstum und die Sockel-Arbeitslosigkeit Werte aus den guten Vorkrisen-Tagen ein?
Ist es moeglich, dass tiefe Zinsen negativ auf die Arbeitslosen quote wirkt?
Wir wissen, dass beim Senken der Zinsen normalerweise sich ein Investment-Boom entwickelt, welcher grundsaetzlich positiv auf die Arbeitslosenziffern wirken duerfte. Allerdings muss man diesen Aspekt natuerlich mit dem Wachstum des Kreditvolumens verbinden, um ein aussagekraeftiges Argument abzuleiten. Die massive Ausweitung des Kreditvolumens produziert natuerlich einen Nachfrage-Boom, indem Konsum vorgezogen wird (Konsum auf Kredit).
Im Bereiche der Investitionen hingegen wird es immer interessanter, Kapital-intensive Prozesse zu organisieren (zulasten hoeherer Anzahl von Beschaeftigen), da Kapital extrem guenstig ist. Unter dieser Betrachtungsweise koennen tiefe Zinsen laengerfristig eine negative Konsequenz auf die Arbeitslosenquote ausueben.
Es gibt eine Lösung. Hohe Zölle zum Schutz der EU-Textilindustrie. Die Verbraucher im Norden Europas kaufen teurer südeuropäische Klamotten anstatt billige chinesische. Die stellt all diese Importe unter das Stichwort Sozial-Dumping. Sagen sie mal derartiges zu einem deutschen Werkzeugmaschinen-Exporteur, der sich eine dominierende Stellung auf dem chinesischen Markt aufgebaut hat gegen starke japanische und südkoreanische Konkurrenz. Auch neun von zehn Ökonomen würden den
Kopf schütteln inklusive der hervorragend liberale Ökonom Paul Krugman.
„liberale Ökonom Paul Krugman“
liberal ???
Jahrzehntelang hat der Westen vom Freihandel profitiert und unbesehen glaubt jedermann, dass dies jederzeit so sein müsse.
Ich könnte mir allerdings sehr gut vorstellen, dass es heutzutage für die entwickelten Volkswirtschaften besser sein könnte, sich durch mässige Schutzmassnahmen eine gewissen Arbeitsumfang zu erhalten. Das will aber vorläufig noch niemand hören.
Können wir wirklich noch mit gutem Gewissen sagen, dass es es ich um eine konjunkturelle Arbeitslosigkeit handelt? Gerade in Spanien, Portugal und Griechenland bin ich mir da nicht so sicher. Klar, die Staaten investieren fast nichts, aufgrund der Austeritätsauflagen ist dies auch gar nicht möglich. Aber mal angenommen die Nachfrage steigt wieder: Was geschieht mit den heute Millionen von arbeitslosen Bauarbeitern und Handwerkern? Ich bezweifle stark, dass sich in den nächsten Jahren in diesen Ländern wieder ein Bauboom entwickeln wird. Eine Integration in andere Branchen dürfte für die meisten betroffenen ziemlich schwierig werden. Zudem ist nicht zu erwarten, dass sich die Regierungen, Arbeitgebervertreter und Gewerkschaften sich in nächster Zeit zu bahnbrechenden oder bannbrechenden Reformen durchringen werden. Gerade bei den südlichen EU-Ländern würde ich langsam aber sicher von einer strukturellen Arbeitslosigkeit reden. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Je länger die hohe Arbeitslosigkeit in den Krisenländern anhält umso stärker kommt es zu einem Qualifikationsverlust der Betroffenen, wobei in Spanien natürlich auch viele Arbeitslose praktisch keine Qualifikation haben, weil sie direkt von der Grundschule ins Baugewerbe eingestiegen sind.
Jedem höher Qualifizierten in den Krisenländern ist anzuraten das Land zu verlassen und beispielsweise in Deutschland anzuheuern. Es kann durchaus sein, dass das in den nächsten Jahren so bleibt und die Krisenländer in Zukunft Leute ausbilden (z.B. in der Universität), dass diese Leute wenn überhaupt nur eine Anstellung in Deutschland erhalten. Damit könnte Deutschland seinen chronischen Fachkräftemangel beheben. Allerdings sind die Ausbildungsgänge in den Krisenländer nicht unbedingt ideale Fachkräfte-Erzeuger. Hier bräuchte es noch etwas Nachhilfe von deutschen Instruktoren.
…oder grössere Wirtschaftsgemeinschaften, wie die EU, „sorgen“ dafür, dass die Deflation nur in gewissen Regionen stattfindet (zB Spanien, Portugal, Griechenland) und damit der Mittelwert der Inflation für die ganze „Gemeinschaft“ niedrig bleibt…oder habe ich da etwas nicht verstanden?
Ich denke, die Strategie dieses Blogs müsste angepasst werden. Es gibt heute einen recht tiefen Graben in der monetären Makro zwischen dem akademischen Diskurs über Geldfragen und dem heterodoxen Randgebiet. Der akademische Diskurs ist weitgehend selbstreferentiell und nimmt die zahlreichen kreativen Anstösse aus dem Randgebiet nicht wahr, oftmals mit dem abschätzigen und unverdienten Argument der „unwissenschaftlichkeit“. Ausnahme von der Regel ist beispielsweise die Debatte zwischen Steve Keen und Paul Krugman.
Die gebildete Öffentlichkeit nimmt jedoch durchaus wahr, dass es fundamentale Differenzen bei den Grundlagen der monetären Makro gibt. Dies wird in diesen Kommentaren jeweils sehr deutlich. Dass der LIK nicht geeignet sei zur Messung der Inflation, ist ein berechtigter Einwand, den man untersuchen müsste. Eine andere, viel diskutierte Frage betrifft die Natur und das Wesen von Geld. Wenn Ron Paul mit Ben Bernanke sich nicht darüber einigen können, ob Gold Geld sei, dann ist es nur selbstverständlich, dass gebildete Bürger an den Grundfesten der hochtrabenden Modelle zweifeln.
Markus Diem Meier präsentiert nun akademische Beiträge für ein Publikum, welches eher skeptisch ist und die grundlegenden Annahmen der gängigen Theorien offenbar sowieso nicht teilen. Es wäre deshalb klüger, unten zu beginnen, bei den Grundlagen der monetären Makro. Dabei könnte man thematisieren, was Geld ist und was nicht, wie Kreditgeschäfte verbucht werden, wie zwischenstaatliche Settlements abgewickelt werden, wie man Inflation überhaupt definieren soll, oder was die Unterschiede zwischen Geld und Einkommen, Preis und Wert sind. Das sind alles ungeklärte Fragen, welche die Theorie betreffen. Bevor diese theoretischen Fragen nicht geklärt sind, macht es keinen Sinn, empirische Studien zu besprechen.
@ Baer
Sie sprechen mir aus der Seele. Dies sind gesellschaftliche Fragen, welche sehr intensiv diskutiert werden muessten in Verbindung mit den gesellschaftlichen Werten, welche wir als wichtig betrachten.
@Bär
Sie sollen sich fragen, wieviel Absolventen der Wiwi das monetary economics verstanden haben. Die Antwort ist keine.
Das ist ein sehr guter Vorschlag, Herr Baer.
Die grundlegenden Annahmen der Mainstream-Ökonomen werden wohl darum nicht von ökonomischen Laien (seien es gebildete Leute, Wissenschaftler anderer Fachgebiete oder Normalverbraucher) geteilt, weil sie oft der täglichen Erfahrung und dem gesunden Menschenverstand widersprechen. So könnte ich mir vorstellen, dass der Wert von soeben verdienten CHF 10’000.- ganz anders wahrgenommen wird als jene CHF 10’000.-, welche als Teil einer grösseren Erbschaft hereinflattern, oder jene CHF 10’000.-, die man als Hypothekarzins der Bank schuldet.
Es kommt dazu, dass wir heute das selbe Geld (konvertierbare Landeswährungen) verwenden, um a) Löhne auszuzahlen, b) unsere Wertschätzung auszudrücken, c) etwas auf die hohe Kante zu legen, d) Immobilien zu kaufen und e) unsere Grundbedürfnisse nach Essen und einem Dach über dem Kopf zu befriedigen – ganz zu schweigen von den undurchsichtigen Verpackungen in strukturierten Produkten.
Ganz zu schweigen von historischen Betrachtungsweisen, beispielsweise durch sozial-historische Komparatistik in Verbindung mit Analysen zu makroökonomischen Prozessen. Es fällt mir auf, dass komplizierte historische Zusammenhänge vielfach zumindest unterbeleuchtet erscheinen, wenn nicht gar ausgeblendet werden. In diesem Blogthema zum Beispiel findet sich kein einziger Kommentar darüber, dass nach dem 2. Weltkrieg bis weit in die 1970er Jahren hinein rasche Abfolgen von Innovationsschüben einander die Hand reichten, Frauen im Arbeitsprozess eine immer wichtigere Rolle einnahmen und somit einen bedeutenden Beitrag zum BIP leisteten, Lebenswelten sich auffächerten und somit weitere Angriffsflächen für eine innovative Oekonomie boten – kurz, all diese Komponenten, die westliche Industriestaaten relativ nahe an eine Vollbeschäftigung brachten, was in einzelnen Branchen zu erhöhter Inflation führte, weil der Lohnbestandteil nun einmal eine wichtige Komponente des Wirtschaftens ist, und andere damit ansteckte: Man merke also, dass rasche Abfolgen von Innovationsschüben einhergehend mit einer Ueberhitzung des Arbeitsmarktes in weiten Bereichen ein hohes Potential an Inflation bergen; wo Innovationsschübe nur noch ein erlauchter Kreis in einem Kontext hoher Arbeitslosigkeit, Schuldenbedienung und Staatsquote samt einer zurückhaltenden Investitionsneigung in die Realwirtschaft erreicht, werden konjunkturelle Amplituden auch signifikant kleiner. Die Schieflagen werden nicht dadurch noch kleiner, wenn bedeutende Steuerzahler sich auch noch aus dem Staub machen, will heissen: nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dem Fiskus zugeführt werden und somit dem Staat weiterer Handlungsspielraum beraubt wird.
Fuer jene, welche den Schlagabtausch zwischen Bernanke and Paul in einer kurzen Zusammenfassung ansehen moechten, ist hier ein Link.
http://www.youtube.com/watch?v=hepidgw-l1w
Danke für die Recherche
Und jetzt versuchen die Zentralbanken mit allen Mitteln, die Inflationserwartungen zu erhöhen, in dem sie vorgeben doch nicht ganz so vernünftig zu sein wie erwartet (Dank sei Krugman). Am besten geht das, wenn die Zentralbank wieder von der Politik an die Kandarre genommen wird, wie in Japan. Wenn dann die Inflationserwartungen am überschiessen sind, dann wird es spannend zuzusehen, wie das Theaterprogramm wieder gekehrt werden soll. Après moi le déluge…
Noch was: der Zeitraum der Inflationsbeobachtungen in der Studie beinhaltet nur einen wirklichen grossen Zinszyklus.
„der Zeitraum der Inflationsbeobachtungen in der Studie beinhaltet nur einen wirklichen grossen Zinszyklus.“
Sehr gut beobachtet. Unter Beruecksichtigung der Tatsache, dass Zentralbanken wirklich einzig zugunsten des Bankensektors handeln und nicht wirklich zugunsten der Bevoelkerung, waere es sicherlich ein edles Ziel, zumindest die Geldpolitik zu demokratisieren. Warum soll die Bevoelkerung nicht ein Wort mitsprechen koennen in Bezug auf die Entwertung von Waehrungen? Warum sollen Massnahmen nicht in erster Linie zugunsten der Bevoelkerung getroffen werden?
Inflation hat nicht nur mit Konjunktur sondern auch mit Vertrauen zu tun. Wenn das Vertrauen weg ist, geht die Inflation steil nach oben, ganz egal wie schwach die Wirtschaft ist. Ich fuerchte, wir sind bald so weit…
Einverstanden. Es wird stattfinden, sobald eine kritische Masse der 99% (also der Fleissigen) das System durchschaut und ihr Geld vom Bankkonto abzieht. Es ist nur noch eine Frage des Bewusstseinswachstums.
@ SuperBear
Wenn das Vertrauen in eine Waehrung schwindet, reden wir von Hyperinflation. Meistens schlittern Scharlatane der Manipulation in solch eine Einbahnstrasse, da aufgrund der zuvor getroffenen Entscheide es einfach nicht mehr moeglich zu sein scheint, die Geldpolitik zu aendern, da man kurzfristige Schmerzen immer wieder verhindern will, bis es auf einmal wirklich zu spaet ist. Der Vorgang der Hyperinflation kann sich nach sehr tendenziellen Anfaengen in sehr abrupter Art und Weise etablieren, innerhalb weniger Monate, und die Entscheidungstraeger verlieren meist jegliche Kontrolle in diesem Prozess.
… man gibt dem Alkoholiker so lange Flasche um Flasche Jack Daniels, bis er ins Koma fällt. Dann hört er tatsächlich auf, zu saufen…
Für mich als Biologen ist es überhaupt kein Rätsel, warum die Nachfrage ausbliebt, obschon genügend Liquidität vorhanden ist. Die Regulationsmechanismen von lebenden Systemen sind etwas komplexer, als es scheint, wenn man nur die Wachstumsphase z.B. einer Bakterienpopulation betrachtet. Aber genau das machen unsere Ökonomen: sie tun so, als ob es nur immer Wachstum gäbe, und wenn dieses ausbleibt, fragen sie nicht nach der tieferen Ursache, sondern wollen die Wirtschaft ankurbeln.
Der Begriff des „steady state“ ist in der Biologie gebräuchlich, um eine Phase des Fliessgleichgewichts zu beschreiben, wo sich aufbauende und abbauende Stoffwechselprozesse die Waage halten. Unser immer noch einigermassen funktionierendes Wirtschaftssystem mit Zinsen und Inflation ist dafür einfach nicht ausgerüstet. Warum nicht? Weil Kapital eben nur in einer Wachstumsphase Zinsen abwerfen kann.
Wir müssten uns global vom Prinzip der Rendite verabschieden: Kapital wäre gratis, also alle Zinsen wären null, und die ganze Finanzwirtschaft, die ja auf Zinsen angewiesen ist, wäre überflüssig. Dann hört auch der Konsumzwang auf.
Geld kann nicht arbeiten. Es sind immer jene Menschen, die kein oder wenig Kapital besitzen, welche arbeiten. Wenn diese Zitrone ausgepresst ist, geht nichts mehr.
@ Rainer
Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie die Umverteilung von der Mittelklasse an die Elite als eine Einwegstrasse betrachten, welche eine langfristige Nachhaltigkeit vermissen laesst. Ueber die Funktion von Geld und Kredit muessten wir allerdings eine vertieftere Betrachtungsweise anwenden, um den Ursprung des heutigen Problems zu analysieren.
@ Rainer
Das Problem mit dem Geld ist, dass es für eine arbeitsteilige grossräumige Wirtschaftsdtruktur unerlässlich ist. Eine reine Tauschwirtschaft funktioniert bestenfalls in Dörfern. Seit der Erfindung von Ackerbau, Viehzucht und „Zivilisation“ geht ohne Geld nicht mehr viel, schon gar nicht das Überleben von 7 bis 10 Milliarden menschlichen Wesen.
Heute ist das Geld aber vom Diener der Menschen zum Götzen avanciert, und die Geldwirtschaft – ursprünglich als Abbild der Realwirtschaft erfunden (Buchhaltung) – wurde zum Steuerungsinstrument. Heute steuert das Surrogat (Geld) die Realität (Konsum und Produktion).
Werch ein Illtum!
warum sie auch kaum mehr ansteigen, wenn die Wirtschaft heiss läuft und das Personal knapp wird.
Schwächung der Gewerkschaften, bzw. der Verhandlungsposition der Arbeitnehmer, auch im Kontext der Globalisierung.
Anhand einer umfangreichen Datenauswertung kommen die Ökonomen des Fonds zum Schluss, dass die Inflation in jüngster Zeit sehr viel weniger stark auf konjunkturelle («cyclical»), das heisst nachfrageverursachte Schwankungen des Wachstums bzw. der Arbeitslosigkeit reagiert.
Wenn man immer nur von der Inflation redet, anstatt verschiedene Ursachen bzw. Arten der Inflation zu differenzieren, wird man auch nicht merken, wenn eine Art die andere ablöst. So gibt es beispielsweise die Kategorien cost-push oder demand-pull, consumer price und asset price sowie domestic und imported inflation.
Alle Augen sind auf die Konsumentenpreise und alle Waffen der Zentralbanken auf die demand-pull inflation gerichtet. Derweil werden in der Austeritätshysterie Steuern angehoben, bei frei flottierenden Währung wie dem GBP wird noch zusätlich Inflation importiert und Zentralbanken tun alles daran, die asset-price inflation anzuheizen, ohne sie als solche zu benennen. Folge ist, dass eine Stellvertreterdiskussion um ‚expectations‘ gehalten wird, weil das zugrunde liegende, simplistische Modell der Monetaristen, die quantity theory of money, komplett versagt hat. Die eigentliche Frage, nämlich warum die eine Inflation als böse und die andere als gut betrachtet wird, wird nie hingegen nie diskutiert. Die erfolgreiche Weigerung sich mit soziologischen Themen auseinandersetzen, ist meines Erachtens der grösste Coup der konservativen Ökonomie (also so ziemlich aller orthodoxer Ökonomie). Die verschiedenen Arten der Inflation sind nämlich hauptsächlich Zeichen von Verteilkämpfen. Seit der Einführung con inflation targeting hat eindeutig die besitzende Klasse gegenüber der Lohn beziehenden Klasse gewonnen.
Danke, Oliver (10.4., 10:40) für das Stichwort „Verteilkämpfe“. An meinen Kommentar um 10:43 anschliessend, kann ich gern ausführen, was das biologisch oder eben soziologisch für Folgen hat:
Die Stoffwechselprozesse sind nicht mehr hauptsächlich mit der Produktion neuer Bauteile (Zellwände, Zytoplasma bzw. Häuser, Autos etc.) beschäftigt, sondern es wird nur das renoviert, was renovierungsbedürftig ist. Die Fabriken werden redimensioniert, die Vorräte besser verteilt. Die Intelligenz der vielen ineinandergeschachtelten Regelkreise ist höher als jene der „orthodoxen Ökonomie“.
Interessant, die Sicht eines Biologen! Ich bin zwar skeptisch, was die allgemeine Anwendung biologischer Prinzipien auf die Soziologie belangt, aber Ihre Ausfühgung scheint mir einleuchtend.
Und vonwegen: Die Intelligenz der vielen ineinandergeschachtelten Regelkreise ist höher als jene der “orthodoxen Ökonomie”.
Hiermit sprechen Sie wohl die Probleme der ‚representative agent models‘ an (siehe Wikipedia)?
Die beste mir bekannte Kritik dieses Ansatzes stammt von Paul Davidson: http://www.paecon.net/PAEReview/issue59/Davidson59.pdf
…Many mainstream economists (e.g., Lucas, Cochrane) claim that the characteristics of a “science” require rigor, consistency, and mathematics. So if economics is to be a science it must display these characteristics. Paul Samuelson has added the claim that economists must accept the ergodic axiom in their models in their pursuit of economics as a science on par with physics, astronomy, and chemistry. Efficient market theory possesses all these characteristics. So how is it possible that efficient market theorists did not foresee the financial crisis that started in 2008?
Whether they declare themselves Monetarists, Rational Expectation theorists, Neoclassical Synthesis [Old] Keynesians or New Keynesians, the backbone of their mainstream theories is the efficient market analysis where the future can be known. For “Old” and “New” Keynesians the only thing that prevents efficient markets operating in the short run is the presumption of fixity in nominal wages and prices. [Thus, these “Keynesians” urge government action only because, as John Williamson is always telling me, they are too impatient to wait for the long run.]…
@ Oliver
Efficient markets can exist only, when we really have a free market. When, however, we manipulate and fix the price of one of the most important prices in the economy (rate of interest) on the basis of some model but not by market force, we certainly miss one very important aspect of a free market economy. Distortions must result from such manipulation.
At least, that is my opinion and you may correct me if you have a deeper level of knowledge.
@Huber
We should question yours, have we a free market? The market will be shut down, when the centralbanker do not intervene. This has nothing to do with free market.
Bist du religiös?
libertarianism and the leap of faith – the origins of a political cult
@ Oliver
Bekannter Link, aber danke, habe die Ausfuehrungen kurz ueberflogen. Ich bin keinesfalls religioes, in keiner Beziehung, obwohl vielleicht die Bibel und die 7 Gebote viel Weisheit beinhalten mag.
Die gelinkte Ausfuehrung zeigt ein religioeser Fanatismus gegenueber einer sehr diversen Gruppe von aehnlich denkenden, jedoch in keiner Weise als Einheit auftretenden Gruppe von Menschen, welche grundsaetzlich Gewalt ausser als Selbstverteidigung verabscheut. Manipulationen der Entscheidungstraeger beinhaltet natuerlich immer ein Art Zwang, was ich persoenlich als negativ einstufe, speziell wenn dadurch massives Unrecht Einzug haelt. Wenn wir beobachten, was die Glaeubigen Keneysianer alles anrichten zur Zeit, frage ich mich, wen man wohl hier kritisieren sollte.
@Linus Huber: „Free Market“
Es gibt keinen freien Markt: Entweder wird der Markt gesetzlich „manipuliert“, oder er wird von Kartellen manipuliert.
Damit ein geordneter Markt stattfinden kann, braucht es eine Marktaufsicht und-gerichtsbarkeit: In vielen Sprachen bedeutet das Wort Markt auch Stadt: Städte zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen Märkte stattfanden, weil es eine Aufsicht über die Märkte gab (Gewichte usw.)
Es gibt keinen freien Markt, ausser Allah!
@ Anh Toan
Regeln unterscheiden sich von Preis-Fixing. Wer die Augen vor dem Ursprung der heutigen Krise verschliesst, wird auch keinen nachhaltigen Loesungsansatz in Betracht ziehen, sondern einzig Symptom-Bekaempfung betreiben. Dies mag zwar positiv sein fuer die Elite, welche die Bevoelkerung im Dunkeln tappen laesst, aber oeffnet Tuer und Tor zu einem Ausmass an Willkuer und Korruption, welches mir nicht behagt. Es geht hauptsaechlich um den Trend und dieser sieht nicht sonderlich erfreulich aus.
In diesem Paper sind auch logische Fehler der Ökonomie dargelegt.
http://www.paecon.net/PAEReview/issue38/ArnspergerVaroufakis38.htm
Mir scheint, dass das der IWF die Fehlende Inflation zu sehr aus der ökonomischen Ideolo… äh … sorry, ich meine natürlich „Theorie“ zu erklären sucht. Ist es nicht einfach so, dass die von den Zentralbanken geschöpfte Geldschwemme praktisch vollständig in die Aktienmärkte geflossen ist? Denn dort findet sich in der Tat eine Inflation! Man nennt sie einfach anders (dort heisst sie „bull market“ oder „Hausse“ oder „Kursfeuerwerk“).
Das Konzept der „stabile[n] Inflationserwartungen in der breiten Bevölkerung“ scheint mir jedenfalls eher zur Verschleierung der Tatsache zu dienen, dass die Eliten mit Gratisgeld zur freien Vermehrung auf den Aktienmärkten versorgt werden, für das letztlich der Mittelstand bezahlen muss.
Ich kann Ihre Aussage nur unterstuetzen Oliver.
Wenn ich ein wenig an Ihre Ueberlegungen anknuepfen darf, dann gibt es zusaetzliche Aspekte, welche nicht wirklich anerkannt werden. Erstens wird keine Geldpolitik der Preisstabilitaet sondern der andauernden leichten Inflation gehandhabt bei den Zentralbanken. Dieser Umstand resultiert ueber Zeit in einer Verhaltensveraenderung der Bevoelkerung indem man sich in Sachwerte fluechtet. Ebenfalls, da natuerlich die 0,1% nicht nur am meisten Geld haben, sondern auch mit dem hoechsten Hebel arbeiten, erfolgt automatisch eine dauernde leichte Umverteilung nach oben, da diese Geldpolitik vom Sparer an den Schuldner umverteilt. Die Blasen sind das Resultat dieser Verhaltensveraenderung, welche auf der leicht inflationaeren Geldpolitik beruht (langfristig betrachtet handelt es sich keineswegs um eine schwache Entwertung von Waehrungen). Ebenfalls verfuehrt diese Geldpolitik zu unnachhaltigem Verhalten, da es einen Kreditboom (kuenstlich erzeugte und ueberhoehte Nachfrage) erzeugt, welcher an seine Grenzen stossen muss an einem Punkt in der Zukunft, welcher wohl 2008 erreicht wurde. Damit veraendert sich die gesamte Wirtschaft in einem immer staerker werdenden Trend zu einer Planwirtschaft, wo sich die Entscheidungstraeger immer staerker in die marktwirtschaftlichen Aspekte glauben einmischen zu muessen.
Es gibt einen weiteren Punkt, welcher das heutige System viel zu wenig beruecksichtigt, naemlich die Umverteilung der Kosten von Risiko, was obigen Trend noch verstaerkt.
Ich will hier einfach ein wenig darauf aufmerksam machen, dass wohl die Manipulation (geld- wie finanzpolitischer Art) schlussendlich und langfristig betrachtet am Mangel der Nachhaltigkeit leidet.
Muss ich die hiesige Diskussion so verstehen, das Geld und Kredit auf Gesellschaft, Technik und Umwelt treffen. Alle diese Phänomene sind variabel. 1950 hat Bally einen Marktanteil von 50% und Schuhe waren ein teurer Einkauf für eine durchschnittliche Schweizer Familie, aber diese Schuhe waren auch ein Jahrzehnt lang brauchbar. Heute hat man billige Schuhe aus China für ein Jahr. Aber wichtiger ist es, dass in einem Familienbudget solche Auslagen über Jahre hinweg billiger geworden sind. Diese weltweite Öffnung der Märkte vor allem nach 1990 hat die heutige Inflation gezähmt. Europa holt seine Textilien nicht mehr aus Südeuropa, sondern China, Indien und Bangladesh. Zieht die Inflation für Konsumgüter wider stärker an, wenn die hineingerechneten Roh- und Energiekosteninflation noch stärker durchschlagen. Auch Leute, die sich schöne Autos leisten können, wollen solche mit geringem Benzinverbrauch. Von der „Asset Inflation“ wollen wir gar nicht reden. Wir erleben sie gegenwärtig in der Schweiz beim Häusermarkt. Je mehr wir Leute aus der kapitalistischen Massenkonsumgüter-Gesellschaft ausgrenzen, desto mehr haben wir eine strukturelle Arbeitslosigkeit. Dies kann sogar soweit gehen, dass auch ein Ingenieur überflüssig ist. Die verstorbene Maggie hat einfaches Rezept dafür, kürzt die Sozialausgaben und verbunden mit einer Geldmengenpolitik wird die Wirtschaft wieder auf Touren kommen. Jeder zurückgetretene Bankpräsident schreibt ein Buch mit dieser Masche. Zur Entlastung von Maggie muss gesagt werden, dass Cameron schlimmer ist. Wir Keynesianer berücksichtigen zu wenig den weltweiten Markt und die verschiedenen Implikationen, die eine solche Welt hat. Keynesianismus ist immer dann am Erfolgreichsten, wenn die dahinterstehende Volkswirtschaft sehr gross ist und die Reichen ohne Fluchtmöglichkeit besteuert werden können. Vielleicht gibt es einmal eine durchorganisierte Welt, deren Bevölkerung stabil ist und wo Faulheit und Hobbys zählen und nicht die Arbeit.
„Keynesianismus ist immer dann am Erfolgreichsten, wenn die dahinterstehende Volkswirtschaft sehr gross ist und die Reichen ohne Fluchtmöglichkeit besteuert werden können.“
Wir leben mehr oder weniger seit den 30iger Jahren mit diesem Rezept, aber ich denke, dass wir uns verlaufen haben und dies aus dem ganz einfachen Grunde der fehlenden langfristigen Nachhaltigkeit dieser Geldpolitik. Wenn wir das heutige System betrachten, zeichnet sich eine immer staerker werdender Ausschlag des Pendel zwischen Boom und Bust aus, was schlussendlich das ganze System einer nicht mehr kontrollierbaren Volatilitaet aussetzen wird.
Vielleicht liege ich falsch, aber die Entwicklung der letzten 10plus Jahre scheint meine Ueberlegungen zu rechtfertigen.
Die Notenbanken können gar keine Inflation mehr bekämpfen. Durch die dafür benötigte Leitzinserhöhung wären in kürzester Zeit alle überschuldeten Entitäten wie Staaten und Banken insolvent und das Finanzsystem kollabiert. Prost!
Ja, das ist das langfristige Resultat der andauernden leichten inflationaeren Geldpolitik, welche in sich eine ueberverhaeltnisstarke Kreditmengenausweitung nach sich zieht, da eine unbemerkte Umverteilung vom Sparer an den Schuldner ablaeuft, womit sich das Verhalten der Bevoelkerung dahin veraendert, dass man sich in Sachwerte meist mit einem zusaetzlichen Hebel der Verschuldung fluechtet.
Das ist ein wichtiger Punkt: „Die Notenbanken können gar keine Inflation mehr bekämpfen.“
Allerdings müssen sie das ja vorläufig auch nicht.
Doch die entscheidende Folgerung bleibt: All die Geldmengenmanipulationen und Notenbankinterventionen schaffen ein höchst labiles, instabiles System, wo schon kleine Abweichungen vom Sollpfad grosse Wirkungen und Nebenwirkungen haben können.
@ Martin
Volle Zustimmung. Das Problem liegt nicht zuletzt darin, dass sich ein monetäres System wie zB der Euro wegen der vielen Rück- und Gegenkoppelungen chaotisch (im systemtheoretischen Sinne, nicht in der vulgärsemantischen) verhält.
Chaotische Systeme kennen sowohl extreme Resilienz gegenüber Änderungen (das System ist „stur“), als auch Phasen raschen Wandels (Kipp-Effekte). Die Systemtheorie zeigt aber vorvallem, dass sich chaotische Systeme NICHT lenken lassen, man kann sie höchstens beeinflussen.
Der tatsächliche Einfluss der Merkels, Draghis und Schäubles dieser Welt ist weit kleiner, als sie auch selber glauben. Das einzige, was diese Figuren wirklich können, ist sich selbst ins rechte Medienlicht zu stellen und Kompetenz zu simulieren.
Was mir hier noch fehlt ist der Einfluss der Sozialversicherungen. Diese nehmen der Inflation die Schärfe. Das Lohnniveau sinkt auch nicht so stark, weil es uninteressant ist, zu tieferm Lohn zu Arbeiten als man von der Versicherung bekommt. Man sieht diesen Einfluss auch deutlich in obiger Grafik. 1976 musste man sich noch schämen, „Stempeln“ zu gehen, auch waren die Auflagen diskriminierender als heute. Damit verändert sich auch die Erwartungshaltung in der Bevölkerung.
@ Thomas
Die Erwartungshaltung und das Verhalten selber aendern sich mit jedem manipulativen Eingriff, ob diese nun geldpolitischer, finanzpolitischer oder sozialpolitischer Natur sind. Es handelt sich um Reflexivitaet, welches in meisten manipulativen Eingriffen nicht wirklich beruecksichtigt werden kann und dadurch viele dieser Programme der Nachhaltigkeit beraubt.
Das Vertrauen an Zentralbanken, welches sie in letzten 50 Jahren aufgebaut haben, zerstören sie durch extreme expansive Geldpolitik und Repressionen. Die niedrigen Inflationsrate sind kein Rätsel, weil die Investition ausblieb. Der grösste Investor in den USA ist der Staat und Fed. Kurzgesagt, die USA betreibt Staatskapitalismus, wodurch die Privatinvestition verdrängte…
Ich persoenlich verspuere eher wenig Vertrauen in die Zentralbanken. Ich weiss nicht genau, wer diesen undemokratischen und den Banken dienenden Instituten wirklich Vertrauen entgegenbringt? Vielleicht handelt es sich um Selbsttaeuschung und Selbstlob, welches hier mit im Spiel ist.
@Huber
Das ist der Grund warum wir die Wirtschaft als Wissenschaft studieren, weil wir die Lügen und Manipulation der Zentralbank durchschauen. Das geht nicht ohne Studium in Wirtschaftswissenschaft. Je mehr man die Wiwi studiert, desto kritisch ist man gegenüber der Zentralbank.
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=GbOWiJ94Xvg
Koennen wir wirklich Vertrauen in diesen Mann haben, der die Bedeutung des Kreditvolumens im System nicht einmal im Ansatz zu erkennen scheint und daher auch nicht die leiseste Ahnung hat, wie sich die Zukunft entwickeln mag.
Oder vieeeel einfacher, die Inflation wird schlicht und einfach falsch berechnet! Was gerade am teuersten geworden ist wird untergewichtet oder ganz einfach gestrichen. Die Staaten brauchen nun Inflation um die Schulden abzubauen, sie machen es aber klever, schön langsam und mit Zahlentricks so das es das Volk nicht merkt. leise enteignung….
@ Gino
Legalisierter Diebstahl bleibt Diebstahl. Ich liege auf Ihrer Linie.
Wer den LIK misst, misst Mist!
Zumindest in der Landwirtschaft ist Mist gut für das Wachstum.
Dieser Blogpost bestätigt das, was eine Studie von Harvard vor einigennJahren herausgefunden hatte: Der einzige Einfluss-Faktor auf die Entwicklung der Inflation, der sich nach dem Vergleich der Inflationsraten von über 80 Ländern und über 100 Jahren identifizieren liess, war die Erwartung der Bevölkerung über die künftige Inflationsentwicklung.
Oder wie die Esoteriker sagen: Du bekommst, was Du erwartest. Nicht nur Menschen, auch Volkswirtschaften machen offenbar ihre Realität selber.
Die Erwartungen der Leute müssen aber schon auch mit etwas Geld unterlegt sein. Mit Erwartungen allein kann man ja noch nichts kaufen.
Erwartungen (und daraus entstandenes Vertrauen) sind das Ergebnis vieler Erfahrungen der Vergangenheit und der Analyse der aktuellen Situation. Wie Vertrauen allgemein hält es sich bei der Mehrheit relativ lange trotz Zweifel und Erschütterungen – ist es aber einmal definitiv verloren, und solches geschieht meist ruckartig, dann kann man fast alles tun und man gewinnt es trotzdem über sehr lange Zeit nicht zurück. Wie kann z.B. Herr Cahuzac jetzt rasch seine Glaubwürdigkeit wieder zurückgewinnen, wie die (amerikanisch dominierte) Finanzindustrie nach dem Desaster von 2007? Offensichtlich haben aber die amerikanischen und die deutsch-europäischen Regierungseliten dieses Vertrauen noch nicht ganz verspielt und ‚man‘ glaubt ihnen immer noch – für wie lange,
das wird die Zukunft schon bald zeigen.
@ will
Ich habe die Ergebnisse der Studie wiedergegeben, nicht die Studie analysiert.
Ich gehe davon aus, dass sich die Inflationserwartungen in realwirtschaftlichen Transaktionen manifestieren, zB ob die Leute lange Festhypos abschliessen (Erwartung: Inflation steigt), oder vermehrt Gold kaufen, oder Schulden abbauen oder aufbauen. Es dürften dann diese Aktivitäten sein, die – vielleicht über die Geldmengenveränderung? – die effektive Inflation beeinflussen.