Die vergessene Geschichte der Ökonomie
Lange Zeit war es üblich, dass jede wirtschaftswissenschaftliche Fakultät in der Schweiz eine Vorlesung zur Geschichte des ökonomischen Denkens – die sogenannte Dogmengeschichte – anbot. Den Studierenden sollte vor Augen geführt werden, wie sich die wissenschaftlichen Vorstellungen in den letzten dreihundert Jahren immer wieder radikal verändert haben und wie alles ökonomische Wissen historisch bedingt ist.
Heute ist dieses Angebot bedauerlicherweise kaum mehr vorhanden. Entsprechend wird in der Ökonomie immer wieder das Rad neu erfunden, weil man alles, was älter als zwanzig Jahre ist, vergessen hat.
Wenn man die Dogmengeschichte wieder beleben will, genügt es allerdings nicht, die alten Positionen chronologisch nachzuerzählen. Man muss sie systematisch auf die aktuellen Debatten beziehen. Das ist aufwändig und verlangt ein grosses historisches und ökonomisches Wissen. Aber es gibt Vorbilder, an die man anküpfen kann, etwa die Geschichte des ökonomischen Denkens (1994) des Schweizer Ökonomen Jürg Niehans.
Besonders anregend an diesem Buch ist, wie Niehans die Selbstdarstellungen der Ökonomen demontiert und den Blick auf das Wesentliche lenkt. So weist er überzeugend nach, wie immer wieder eine intellektuelle Revolution ausgerufen wurde, die in Wirklichkeit gar keine war.
So polemisierte zum Beispiel Karl Marx unablässig gegen die englischen „Klassiker“ (Adam Smith, David Ricardo), aber der Kern seiner Theorie, die Arbeitswertlehre, ist voll und ganz der klassischen Nationalökonomie entnommen. Auch seine Konjunkturtheorie war alles andere als originell. Marx war in vielerlei Hinsicht ein konventioneller Ökonom, trotz aller revolutionären Rhetorik.
Dasselbe gilt für John Maynard Keynes. So versuchte er sich krampfhaft vom „Neoklassiker“ Arthur Cecil Pigou abzugrenzen, obwohl dieser ähnliche Positionen vertrat. Bei Keynes muss man ohnehin immer in Rechnung stellen, dass er nicht nur ein gescheiter Kopf, sondern auch ein guter Verkäufer seiner selbst war. Er konnte glänzend formulieren und nutzte seine Berühmtheit als Publizist, um seine Stellung im Ökonomenstreit zu stärken. Dass heute alle von Keynes sprechen, hat sehr viel mit seiner erfolgreichen Selbstvermarktung zu tun. Es gab auch andere innovative Köpfe in den 1930er Jahren, aber von ihnen spricht niemand mehr.
Wenn Keynes klassischer war, als er selbst behauptete, muss man auch die grosse „antikeynesianische“ Welle seit den 1970er Jahren mit Skepsis betrachten. Vor allem die vehemente Kritik der sogenannten Neuklassiker (Robert Lucas, Thomas Sargent) scheint vor diesem Hintergrund völlig überzogen zu sein. Für Niehans ist jedenfalls klar:
In Wirklichkeit bewegte sich Keynes sehr stark in der klassischen Tradition, die viel reicher, umfassender und vielfältiger war, als Keynes oder die neuklassische Ökonomie uns weismachen wollen.
Vor diesem Hintergrund ist die oft gehörte Gretchenfrage „Glaubst du an Keynes oder nicht?“ geradezu absurd. Sie zeigt nur, dass es höchste Zeit ist, die vergessene Geschichte der Ökonomie neu zu entdecken.
45 Kommentare zu «Die vergessene Geschichte der Ökonomie»
Ich muss sagen, dass ich enttäuscht bin, wenn Sie Keynes‘ Fähigkeit, genau, klar und interessant zu schreiben als eine Art billigen Marketingtrick darstellen. Oekonomen denken in Sprache (heute auch in Formeln, sorry, Modellen), wer die Sprache nicht beherrscht, ist von Anfang an im Nachteil. Seine Fähigkeiten als „Journalist“, wie Sie es nennen, sind direkt korreliert zu seiner Bedeutung als Oekonom, wer nicht klar schreibt, denkt nicht klar (Paul Krugman wäre ein zeitgenössischer Fall, obwohl nicht auf Keynes‘ Niveau).
Keynes‘ Bedeutung liegt auch darin, dass er politische Aktion verlangte, siehe z.B. die berühmte Passage, die beginnt mit: „In the long run we are all dead.“ Sinngemäss aus dem Gedächtnis übersetzt, geht es so weiter: wer nichts tut als die Leute versichert, dass nach dem Sturm die Sonne schon wieder scheinen wird, hat den Beruf verfehlt.
„wer die Sprache nicht beherrscht, ist von Anfang an im Nachteil“
Vielleicht in Bezug auf die Faehigkeit, in der Anwendung der Begriffe, jedoch keinesfalls in Bezug auf die intuitive und logische Faehigkeit Zusammenhaenge zu erkennen. Komplexitaet, welche Teil der oekonomischen Sprache ist, heisst noch lange nicht, dass dies die grundlegenden Aspekte richtig einordnet. Wenn jemand kein Fachmann in Bezug auf Baeume und Pflanzen ist, heisst dies noch lange nicht, dass er einen Wald nicht erkennen kann, nein, das Gegenteil ist der Fall, dass der Fachmann nur noch die Baeume sieht und sich gar nicht der Bedeutung des Waldes bewusst wird. In anderen Worten, wer nicht indoktriniert ist, kann oft die grundlegenden Aspekte besser erkennen. Ebenfalls heisst es noch lange nicht, dass jemand, welcher sich besser durchzusetzen vermag (aufgrund besserer Kommunikationsfaehigkeiten), dieser auch wirklich eine bessere Idee vertritt, nein, es ist oft das Gegenteil der Fall, da solch ein Mensch sich vorrangig um seine persoenliche Kariere kuemmert.
Sicherlich haben die meisten dieser Leute den Beruf verfehlt. Wenn ich eine einfache Frage stelle, kriegt man keine Antwort (z.B. der Langzeiteffekt inflationaerer Geldpolitik auf die gesellschaftliche Werte), sondern man ist einzig faehig inhaltlich unwichtige Details zu analysieren und kritisieren, eben genau wie einer der einen Baum beschreibt und den Wald nicht sehen will oder vielleicht unfaehig geworden ist, ihn zu erkennen. Die Unfaehigkeit die langfristige Nachhaltigkeit einer Idee zu ueberpruefen oder die langfristigen Auswirkungen auf die Gesellschaft zu erkennen sind grundsaetzliche logische Ablaeufe, welche nicht rein auf mathematischen Formeln und Modellen beruhen sondern die Kapazitaet des vernetzten Denkens erfordert, welches offensichtlich eine Mangelware bei vielen Oekonomen ist.
@Linus Huber: „Wenn ich eine einfache Frage stelle, kriegt man keine Antwort (z.B. der Langzeiteffekt inflationaerer Geldpolitik auf die gesellschaftliche Werte)“
Ich möchte Ihre Frage mit einer Gegenfrage beantworten: Fördert Deflation die gesellschaftlichen Werte? Langfristig oder kurzfristig? Wieviel Deflation brauchen wir, um in welcher Zeit das Paradies auf Erden zu haben?
@ Anh Toan
Sie verwechseln Deflation mit dem Verhalten des Konsumentenpreisindexes, welcher nur einen kleinen Teil der Volkswirtschaft abdeckt.
Eine stabile Waehrung foerdert die gesellschaftlichen Werte, da dies Willkuer, Lug und Betrug, kurzfristiges Denken unterdrueckt, jedoch Werte wie Selbstverantwortung, Ehrlichkeit, langfristiges und nachhaltiges Verhalten, Ehrenhaftigkeit etc. foerdert. Es ist eine natuerliche Reaktion, wenn man dem Massstab wirtschaftlichen Tuns nicht mehr trauen kann, wird langfristig ein entsprechendes Umdenken staatfinden, indem man versucht, dieser Entwertung zu entfliehen. Durch inflationaere Geldpolitik werden saemtliche Preise innerhalb des Systems verzerrt, vergleichbar mit dem Versuch ein Haus zu bauen und der Meter ist jedesmal am naechsten Tag wieder ein wenig kuerzer.
Das Problem einer schaedlichen oder zerstoererischen „Deflation“ (welche sich nur einstellt, nach dem Platzen von Blasen) wurde durch die langfristige Geldentwertung kreiert. In den vorangehenden Jahrzehnten wurde eine gute „Deflation“ (sinkende Preise im Konsumentenpreisindex) durch eben diese inflationaere Geldpolitik verhindert.
Sinkende Preise aufgrund von Produktivitaetssteigerungen sind nicht als negativ einzustufen, sondern muessen begruesst werden, indem dies der Bevoelkerung die Moeglichkeit gibt, die Fruechte dieser Produktivitaetssteigerungen zu ernten. Es ist eine fehlerhafte Ueberlegung, Deflation (sinkende Preise des Konsumentpreisindexes) als negative zu betrachten ohne den Grund der sinkenden Preise zu beruecksichtigen.
Das Paradies auf Erden wurde mit der inflationaeren Geldpolitik angestrebt, indem man glaubte, dass die Idee des Verhindern von kurzfristigen Wachstumseinbruechen ohne langfristige Nebenwirkungen angewendet werden kann. Dies zeigt auf, wie die langfristige Nachhaltigkeit bei vielen Oekonomen eine vernachlaessigbare Groesse sein muss.
Gepriesen sei @Linus Huber, unser Guru, der uns mit seinen einfachen Wahrheiten vor der Indoktrination durch die vom Teufel beeinflusten Notenbanker und Politiker rettet. Der weiss, welches Geld ehrlich und welches unehrlich ist, der uns in seiner unendlichen Güte anbietet, uns an seinen umfassenden und allgemein gültigen Kenntnissen teilzuhaben zu lassen, uns zu erleuchten, vielleicht lässt er sich sogar überreden, uns zu führen.
Ahhh – wie habe ich die Überheblichkeit von Anh vermisst. Ohne etwas Herablassende Ironie fehlt doch der Diskussion hier einfach die Würze. Zwar fehlt der Einlassung jeder materielle Gehalt, aber was solls. Hauptsache Anh hat mal wieder einen Beitrag gelassen.
@Thomas ernst: Gegenüber „Dr. Jordan ist sich sehr bewusst, was meine Meinung in Bezug auf die Langzeitwirkung inflationaerer Geldpolitik auf die Gesellschaft ist.“ fällt mir Überheblichkeit schwer!
Was finden Sie Materielles in den Stellungnahmen Herrn Hubers, ausser Geldentwertung ist böse, Markteingriffe sind böse, „manipulieren“ von Geld (als wüchse Geld in der Natur)? Kopplung der Geldmenge was ist das genau?) an was genau (Wirtschaftswachstum (BSP,BIP wie gemessen?) und ist es überhaupt möglich, die Kreditmenge zu steuern? Herr Huber sagt sicher über den Zins, manche sagen das geht nicht. Sagt man ihm dies (von Baer und Oliver fachlich fundiert) kommt „indoktriniert“, alles ohnehin Humbug welcher nicht lohnt, sich damit auseinander zu setzen.
Ich finde auch nichts Materielles in den Kommentaren Herrn Hubers, jedoch eine Selbstverliebtheit in die eigene Meinung, frei von jeglicher Ironie, und darum mir so schwer erträglich.
…jetzt hat Ihr Beitrag ja auch konkreten Gehalt, in casu eine klare Kritik. Damit lässt sich ja auch was anfangen. Das, meine ich, nützt per Saldo mehr als blosser ad hominem Sarkasmus.
Es galt mal als eiserne Regel für wissenschaftliche Arbeiten, niemals den Autor einer Irrlehre anzugreifen, sondern immer die (Falsch-)Aussagen, die Gedankensprünge, die Fehlschlüsse – diese aber mit beliebig viel Verve. Ich wünschte mir dieses Prinzip auch hier als Spielregel.
@thomas ernst: Gestern noch was aufgeschnappt, dass mir natürlich besoonders gefällt:
Niveau wirkt nur von unten wie Arroganz!
Wer echtes Niveau hat, lässt sich nicht dazu hinreissen, andere persönlich anzugreifen. Der fokussiert seine Kritik auf die Sache.
Die Volkswirtschaftslehre war mit der Erstveröffentlichung von “Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld” (Silvio Gesell, 1916) abgeschlossen. Alles, was davon abweicht, ist Unsinn.
Die Alles entscheidende Frage lautet: Welcher kollektive Wahnsinn hielt die halbwegs zivilisierte Menschheit bis heute davon ab, den eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation zu verwirklichen? Antwort: die Religion.
Willkommen im 21. Jahrhundert
http://www.juengstes-gericht.net
@ Stefan
Der Wahnsinn heisst mythische Zivilisation, erfunden ca 6000 vor Christus im Zuge der Ausbreitung von Viehzucht und Ackerbau. Damit einher ging die Erfindung von Mythen und Märchen, von Geld, von Hierarchien, Parteien, Staaten und von Helden und Kriegen.
Obwohl wir weltweit seit etwa 400 Jahren durch die Aufklärung, Descartes und Newton eine rationale Weltsicht zur Verfügung hätten, welche die Lügenwelt der Machtinteressen durch die Interessenwahrung ALLER ersetzen könnte, sind Wirtschaft und Politik immer noch im Würgegriff der mythischen Organisationen und das Denken der meisten Leute in der Märchenwelt der gleichgeschalteten Mainstream-Medien gefangen.
DAS ist der Wahnsinn. Jedem stünde die relevante Information (zB Gesell) heute kostenfrei zur Verfügung. Und es bräuchte nichts Kostspieliges, lediglich ein persönliches Umdenken. Etwa 20% der Bevölkerung würden schon reichen. Doch es wird nicht passieren, bevor nicht das heutige System mit Karacho gegen die Wand gefahren ist und das Chaos ausbricht. Trägheitsgesetz sozialer Massen. Leider.
@ Stefan
Habe mir grad Ihren Text „Himmel auf Erden“ (http://www.deweles.de/files/himmel_auf_erden.pdf) reingezogen. Beeindruckende Perspektive.
@ alle
Empfohlene Lektüre!
@ Linus. Naja, ohne Geld hat die Menschheit auch einige zehntausend Jahre überlebt, und war womöglich „menschlicher“ als heute, ich würde Kaufkraftstabilität nicht gerade als Lakmustest für die Menschlichkeit verwenden. Da würde ich eher schauen, wie wir miteinander umgehen. Haben Sie jemals von einem Gold-Fan, wie Faber oder Rogers oder anderen Jüngern von Hayek, gehört, dass sie sich für das Wohl der Goldminenarbeiter interessieren? Das mag sich jetzt alles sehr komisch anhören, aber solche Überlegungen sind immens wichtig, wenn man ernsthaft darüber sprechen will, einen Goldstandard wieder einzuführen. Denn wir, Sie und ich, wären dafür verantwortlich, dass diese Arbeiter ausgebeutet werden. Und es geht auch bei unserem Geldsystem um Menschlichkeit. Was ist schlimmer? Inflation hier oder Ausbeutung von Goldminenarbeitern dort?
Sie scheinen ein riesiges Vertrauen in das intellektuelle Genie unserer Behörden zu haben. Glauben Sie tatsächlich, dass in den Zentralbanken dieser Welt Leute sitzen, die einfach Knöpfe drücken und so – ganz bewusst – Geld entwerten? Glauben Sie mir, ich beschäftige mich, wie Sie wissen, seit nun ca. seit 5 Jahren ausschliesslich mit Geldtheorie, und die einfache Tatsache ist, dass die grössten Autoritäten auf dem Gebiet die Probleme nicht verstehen. Nehmen Sie die Definition von Inflation: man ist sich noch nicht einig. Bei der Definition von Geld dasselbe. Ich weiss nicht, was für Bücher sie über Geld gelesen haben, aber falls Sie es nicht getan haben, empfehle ich Ihnen, mal ein seriöses, akademisches Buch darüber zu lesen. Heute Abend spricht Thomas Jordan an der UZH. Sie können ihn ja mal fragen, weshalb er unsere Menschlichkeit weginflationiert. Er wird Ihnen vielleicht sagen, dass wir eine der tiefsten Inflationsraten der Welt haben, obschon wir historisch seit langem sehr tiefe ZInsen hatten. Er wird es Ihnen nicht ganz schlüssig erklären können, wieso das so ist, weil er es ganz einfach auch nicht versteht. Verstehen Sie das?
Warum das niemand versteht? Weil man an den falschen Ort hinschaut! Es geht doch weder ums Gold noch ums Geld. Es geht letztlich nur um Vertrauen. Mit welchen Mittel wir dieses herstellen, spielt letztlich keine Rolle. Früher ging es auch mit einem Handschlag. Das Vertrauen stand zudem auch am Anfang des Geldes. Indem man sich Zeug ausgeliehen oder geschenkt hat.
Es geht aber auch um Vertrauen zwischen den Generationen. Es geht doch darum, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt Güter und Dienstleistungen erstellen und diese sinnvoll verteilen. Zur Herstellung braucht es vielleicht ein Viertel der Menschen, die anderen sind zu jung, zu alt oder arbeitslos (plus eine Menge Energie und anderen Ressourcen). Wenn wir darauf vertrauen würden, dass dieser Prozess jeden Tag funktioniert und zwar gerecht, bräuchten wir auch keine Altervorsorge. Wenn wir alt sind, gibt es eben eine anderes Viertel der Menschen, dass diese Güter und Dienstleistungen erbringt.
Uns fehlt es eben am Vertrauen und daher haben wir so einen Stress mit dem Geld. Wir sind eigentlich enttäuscht, dass das Geld diese Aufgabe, Vertrauen zu schaffen, so schlecht erfüllt.
@Baer und Sepp
Auszug aus dem neuen Buch von Franz Schirrmacher, dessen Veröffentichung für mich einer Sensation gleichkommt, weil es zeigt das ich Recht damit haben könnte dass eine wie auch immer erfolgreiche Finanzmarktreform letzlich von liberalen Menschen initiert wirde, gerade jene Menschen welche doch so sehr in den letzten Jahren das Menschlichsein vergessen hatten:
„….Damit ist gemeint, dass die Gedankenmodelle der Ökonomie praktisch alle anderen Sozialwissenschaften erobert haben und sie beherrschen.“
„Nach einem 50 Jahre währenden Kalten Krieg … befinden wir uns nach dem Ende des Kommunismus in einem neuen Kalten Krieg zwischen demokratischen Nationalstaaten und globalisierten Finanzmarktkörpern.“
„Bürger und Staat haben keine Souveränität mehr, sondern »spielen« sie nur. Darum werden Parlamente zu Staffagen und Öffentlichkeiten zu Echoräumen, die man anspricht, um in Wahrheit Märkte zu beeinflussen.“
So ist das auch meistens in solchen Blog, da wird geschrieben um die Märkte zu beeinflussen, weniger den Blick auf Minenarbeiter vor Augen, oder den hungernden Millionen. Wir haben uns daran gewöhnt dass gleich um die Europäische Ecke Asylbewerber in Lager gesteckt werden, die man noch vor 20 Jahren als Konzentrationslager bezeichnet hätte. Es werden Menschen ohne Gerichtsverfahren festgehalten (USA) und überhaupt gegen alle Regeln des Humanen verstossen.
PS: Nebenbei, der Abbau von Gold muss nicht so gehandhabt werrden wie er jetzt betrieben wird, Gold ist wenn man so will auch deshalb noch viel zu billig.
Wenn man nur einige Seiten von Schirrmachers neuem Buch „Ego -das Spiel des Lebens“ als korrekte beschriebene Realität aufnimmt, dann fällt es schwer nicht an Revolutionen und Aufstände zu denken, oder an Streiks und Gewalt. Aber es gibt immer noch die Möglichkeit zu einer Rosenrevolution, was diesem Finanzsystem vielleicht den Garaus machen könnte. Es ist wahr, Fiat Money ist nicht per se etwas Schlechtes, aber dessen Möglicheit zur Virtualisierung die nach dem Nixon-Bretton-Woods -Putsch 1972 gekommen war umd den kalten Krieg zu gewinnen, mit dem hat sich der Westen schleisslich selbst zur Strecke gebracht, jedenfalls wenn man den Westen mit Demokratie gleichsetzt. Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Politik versucht Ungleichgewichte abzubauen, leider macht sie genau das Gegenteil, man nennt es Wettbewerb, Privatisierung und Liberalisierung -obwohl solche Disziplinen nur unter fairen Voraussetzungen für alle nützlich sind. Doch ohne politik des Ausgleich postuliert man nicht nur Egoisten, sie werden auch produziert -eine sozialdarwinistisch geprägte Gesellschaft die den schleichenden Demokratie -Selbstmord ausgelöst hat.
@ ast
Wenn Sie Lust haben, sende ich Ihnen gerne meine Ausfuehrungen ueber die Wechselwirkung zwischen Geldpolitik und Gesellschaft. linushuber @ hotmail.com
@ Baer
Dr. Jordan ist sich sehr bewusst, was meine Meinung in Bezug auf die Langzeitwirkung inflationaerer Geldpolitik auf die Gesellschaft ist.
Nennen Sie mir eine einzige Waehrung, welche nicht entwertet wurde in den letzten 70 Jahren.
Inflation ist nicht mit dem Preisanstieg im Konsumentenpreisindex gleichzustellen, da dies nur eine kleinen Bereich einer Volkswirtschaft spiegelt. Von Inflation kann man wirklich sprechen, wenn die Geldmenge (M3) staerker waechst als die Wirtschaft. Unter dieser nachhaltigen Betrachtungsweise waeren die Preise im Konsumentenpreisindex ueber die letzten Jahrzehnte gefallen und dies aufgrund der hohen Produktivitaetssteigerung, welche wir erleben durften. Dass sinkende Preise negative Auswirkungen haben ist ein Mythos und vernaechlaessigt den Kontext in welchem dies ablaeuft.
Nun ja, ich koennte hier ganze Abhandlungen produzieren, aber es bringt eh nichts, wenn jemand schon richtig indoktriniert ist.
@ Linus. Ich hoffe nicht, dass ich allzufest indoktriniert wurde, kann es aber natürlich nicht ausschliessen. Sie haben nun eine theoretische Aussage gemacht, an die ich anknüpfen kann. „Von Inflation kann man wirklich sprechen, wenn die Geldmenge (M3) staerker waechst als die Wirtschaft.“ Mit Wirtschaft, meinen Sie damit das BIP? Meinen Sie also, dass Inflation Ursache oder Wirkung einer Störung ist? Ist das zu schnelle Geldmengenwachstum (Ursache) Inflation, oder ist die Wirkung dieses Wachstums (genereller Preisanstieg?) Inflation? Hier müsste man genauer sein.
Nächstes theoretisches Problem (ich gehe weiterhin davon aus, dass Sie mit „Wirtschaftswachstum“ das Wachstum des BIP meinen). Wieso M3? Wieso nicht M0, 1, 2, 3, 4? Es muss einen exakten, theoretischen Grund dafür geben, dass Sie gerade M3 nennen, nehme ich an. Welchen? Ich bin sicher, Sie wissen, dass das M3-Wachstum kaum mit der Teuerung korreliert?
Nächstes konzeptuelles Problem: Wie messen Sie die Teuerung? Zunahme des LIK? Oder würden Sie noch Wertschriftenpreise reinnehmen, wie das manchmal gefordert wird? Das müsste man genau klären und begründen. Wie jedem einleuchten muss, kann man mit einer konstant bleibenden Geldmenge Wertschriftenpreise in die Höhe drücken, indem einfach alle Leute mit ihren bestehenden Einkommen Aktien hin- und herkaufen.
@ Baer
Wieso wollen Sie Teuerung messen? Die Wirtschaft ist viel zu komplex um mit der Teuerung eines Teiles der Volkswirtschaft eine sinnvolle Messgroesse zu erhaschen, welche in sich eine Nachhaltigkeit kolportiert.
So wie ich Inflation oben definierte, eruebrigt sich die Diskussion, was Inflation ist.
Warum M3 (oder evtl. M4, wo vorhanden)? Weil die Geldmenge aus Basisgeld plus Kreditvolumen besteht und damit Einfluss auf die Preisbildung ausuebt. Dies muss auch nicht mit der gemessenen Teuerung korrelieren, da wie gesagt, die gemessene Teuerung nur einen Teil der Volkswirtschaft abdeckt.
Man kann Teuerung gar nicht sinnvoll messen, da es sich um eine zu komplexe Angelegenheit handelt. Die Idee, dass wir eine leichte Teuerung des Konsumentenpreisindexes anstreben, ist fehlerhaft. Aufgrund von Produktivitaetssteigerungen waere es angebracht gewesen, dass diese Preise gesunken waeren ueber die letzten Jahrzehnte. Sinkende Preise sind ein Tabu, wobei es vernachlaessigt wird, den Grund der sinkenden Preise zu untersuchen. Sinkende Preise aufgrund von hoeherer Produktivitaet sind nicht nur natuerlich, sondern begruessenswert, und dies sollte nicht Grund bieten, um inflationaere Geldpolitik voranzutreiben. Aber genau dies wurde vollzogen, womit wir im heutigen Problem gelandet sind.
In der Literatur geht man z.T. bis M7. Wenn Sie Basisgeld und Kreditvolumen addieren, begehen Sie einen konzeptuellen Fehler. Das Basisgeld ist eine Verbindlichkeit der Zentralbank, dementsprechend auf der Passivseite der Bilanz. Die Kredite sind hingegen auf der Aktivseite von Geschäftsbanken notiert. Diese zwei Aggregate zu vermischen wäre konzeptuell unsauber.
Denken Sie denn, dass es THEORETISCH unmöglich ist, die Teuerung zu messen? Also, wenn man eine genügend Leistungsfähige Maschine hätte – rein theoretisch gesprochen – die alle relevanten Preise erfassen könnte, dann könnte man die Teuerung erfassen? Dann wäre es bloss PRAKTISCH unmöglich. Wie können Sie sagen, dass alle Währungen der letzten 70 Jahre weginflationiert wurden, und gleichzeitig sagen, es sei unmöglich, Teuerung zu messen? Worauf beruht dann Ihre Aussage, welche offensichtlich eine empirische Beobachtung darstellt?
@ Baer
Nicht weginflationiert, sondern entwertet aufgrund inflationaerer Geldpolitik.
Zur Zeit ist M3 normalerweise die weiteste Formel das Geldvolumen zu messen (mit Ausnahme von ganz wenigen Laendern, welche M4 verwenden).
Es geht um M0 plus die Kreditmenge im System. Es geht um die Erfassung des Geldvolumens und selbstverstaendlich erscheinen Kreditmengen einmal auf der Aktiv und Passivseite einer Bilanz. Ich habe das Konzept M3 nicht selber erschaffen, sondern kenne es insofern, als dass es die weiteste Messung des Geldvolumens im System darstellt. Es sollte den unzaehligen Oekonomen in den Zentralbanken wirklich moeglich sein, die Geldmenge im System einigermassen feststellen zu koennen.
Warum kleben Sie am Begriff Teuerung so stark? Heute versteht man unter Teuerung einzig die Aenderung des Konsumentenpreisindexes und vernachlaessigt damit den Rest des wirtschaftlichen Systems. Wenn sich die Geldmenge ungebuehrlich (ueber Wirtschaftswachstum) ausweitet, ist es eigentlich unwichtig, was sich verteuert oder wohin genau dieses Geld fliesst, sondern einzig die dadurch entstehende Verzerrung der Marktpreise ist im Endeffekt das Problem.
Die Geldmenge wurde massiv ueber dem Wirtschaftswachstum ausgeweitet; dies ist meine empirische Beobachtung.
Aber auch auf der Ebene der Erfahrung wird diese Entwicklung bestaetigt. Es ist allgemein bekannt, dass Geld sich entwertet. Uebrigens ist genau diese Tatsache einer der Hauptgruende, warum die gesellschaftlichen Werte sich schrittweise veraendern und zwar im negativen Sinne.
@ Linus. Die Kredite erscheinen auf der Aktivseite, die Sparguthaben auf der Passivseite der Bank. M3 ist momentan das verbreitetste und breiteste Aggregat, das von Zentralbanken üblicherweise verwendet wird, richtig. In der akad. Literatur gehts weiter. Wobei die Definitionen z.T. noch unterschiedlich sind.
2010, 2011 und 2012 hat die Geldmenge M3 jährlich um zwischen 6 und 8% zugenommen, bei praktisch null Teuerung – gemessen am LIK. Aber Sie wären wohl mit der Messung nicht einverstanden.
Die Definition von Teuerung ist wichtig, weil es ein theoretisch-logisches Problem darstellt. Es gibt heute keinen Konsens in der Wissenschaft, ob ein Anstieg der Konsumentenpreise = Teuerung oder ob Entwertung von Geldeinheiten = Teuerung. Meiner Meinung ist das Zweite die Ursache und das Zweite die (mögliche) Folge.
Das Problem ist, dass Preise generell steigen können, ohne dass Geld entwertet wird. Dies ist mit einem einfachen Beispiel nachzuweisen: Nehmen Sie an, alle Löhne und Preise der Migros steigen gleichermassen um CHF 1 Mrd, die Gewinnmarge bleibt also gleich. Die Migros muss jetzt höhere Kredite aufnehmen, um alle Löhne zu bezahlen, aber bekommt auch mehr Umsatz dank höheren Preisen. Die höheren Verkaufspreise der Migros fliessen in irgendeinen Teuerungskorb und drücken diesen nach oben. Die Preise in der Schweiz steigen also wegen der höheren Preise der Migros. Stellt dies eine Geldentwertung dar? Natürlich nicht, denn die Migros-MitarbeiterInnen erhalten entsprechend mehr Lohn. Die Kaufkraft der Bevölkerung hat sich also nicht verändert, sondern nur verschoben. Migros-MitarbeiterInnen erhalten diejenige Kaufkraft, welche der restlichen Schweiz verloren ging wegen den höheren Preisen.
Sie haben in diesem sehr realistischen Fall also die Situation, dass das Preisniveau im Land steigt, ohne dass es eine Geldentwertung gegeben hätte. Laut momentan gebräuchlicher Definition von Inflation dürfte es das aber nicht geben. Deswegen müssen wir über Definitionen sprechen.
Pardon: „Meiner Meinung ist das Zweite die Ursache und das Erste die (mögliche) Folge.“
@ Baer
Natuerlich haben wir eine Geldentwertung, wenn der Preis der Arbeit sowie der Produkte ansteigt. Einzig die Kaufkraft ist gleich geblieben in solch einem Fall. Und natuerlich wird Geld entwertet, wenn man nach 20 Jahren fuer die gleichen chf 100 nur noch eine Arbeitsstunde Dienstleistung gegenueber zuvor zwei Arbeitsstunden „kaufen“ kann.
Geldentwertung ist ein Umverteilungsmechanismus und zwar vom Sparer zum Schuldner. Was hingegen noch wichtiger ist als dieser Diebstahl liegt in der Tatsache, dass die Gesellschaft sich daran gewoehnt und dementsprechend schrittweise sein Verhalten veraendert. Es entsteht eine Flucht aus dem Geld in sogenannte reale Werte, womit die Boom und Bust Periode in Gang gesetzt wird. Werte, welche die Gesellschaft zusammenschweissen (z.B. Selbstverantwortung, Freiheit, nachhaltiges Verhalten etc.) werden dadurch geschwaecht und Werte, welche eine Gesellschaft schaedigen (wie z.B. Lug und Betrug), werden dadurch gefoerdert.
Wenn das Geldvolumen staerker als die Wirtschaft waechst, entwerten wir automatisch das Geld. Ob diese Entwertung des Geldes sich nun in den Konsumentenpreisen ausdrueckt oder z.B. im Bereiche der Immobilien oder der Arbeit, ist im Endeffekt unwichtig, sondern einzig die dadurch entstandene Verzerrung der marktgerechten Preisfindung ist das Problem.
Die Frage, welche sich eigentlich stellt, besteht darin, ob wir eine Wirtschaft und Gesellschaft der Zentralplanung anstreben oder ob wir die kapitalistischen Regeln, welche das Risiko beim Risikotraeger belaesst weiterfuehren wollen. Es sind viel tiefergreifendere gesellschaftliche und wirtschaftliche Prinzipien, welche hier auf dem Spiel stehen.
@ Linus. Das Geldsystem wird momentan sehr schlecht verstanden, einverstanden. Deswegen tut die SNB gut daran, eine reaktive Geldpolitik zu betreiben. Abwarten und schauen, was passiert, anstatt eine aktivistische, starr regelgebundene Politik. Mittlerweile sollten sich Ökonomen bemühen, Geldfragen zu lösen. Wenn die SNB nicht mehr die Geldmenge manipulieren würde, würden es einfach die Banken tun, was nicht viel ändern würde. Es gäbe dann einfach überhaupt keine demokratische Kontrolle der Geldpolitik mehr, anstatt das kleine bisschen, die es heute gibt. Ich bin grundsätzlich für mehr Demokratie, aber da haben wir vielleicht andere Werte. Gegen die Goldbindung bin ich aus mehreren Gründen. Erstens möchte ich sichergestellt wissen, dass all die Goldminenarbeiter auf der Welt nicht zu den schrecklichen Arbeitsbedingungen, die heute herrschen, für „die Stabilität unseres Geldsystems“ Gold schürfen müssen. Diese Verantwortung will ich nicht übernehmen. Sie schon? Oder ist das einfach „nicht unser Problem“? Ich hoffe nicht, dass Sie so denken. Zweitens ist es absurd, anzunehmen, dass unser Geldsystem stabiler wird, nur weil wir Gold in einem Land ausgraben, nur um es im anderen Land wieder (in Bunkern) zu vergraben. Nicht einmal Marc Faber kann ernsthaft so etwas glauben. Zuletzt bin ich nicht einverstanden mit der Theorie. Wie mittlerweile selbst Institutionen wie der IMF und die US fed explizit anerkennen, ist Gold nicht Geld. Gold ist eine Ware, Geld nicht. Geld existiert im Unterschied zu Gold immer als Schuld und als Guthaben, gleichzeitig, wie auch die Experten des IMF anerkennen. Geld ist numerischer, immaterieller Natur, Gold ist ein Haufen Atome. Das alles gilt es zu berücksichtigen.
@ Baer
In Bezug auf Ihre Aussage, dass Gold nicht Geld ist, darf ich darauf hinweisen, dass letztes Jahr beschlossen wurde, dass Banken auf Gold wieder keine Reserve halten muessen, somit also risikofrei eingestuft wird. Zweitens geht es weniger darum, ob Gold Geld ist oder nicht, sondern darum, dass man den Menschen die Wahl geben soll, was sie als Geld verwenden wollen. Wann immer das Volk frei in der Entscheidung war, fiel die Wahl fast immer auf Gold oder Silber, wohl auch aus dem Grunde, dass diese Waehrung nicht wirklich manipuliert werden kann. Und natuerlich ist ein Geldsystem stabiler, in welchem nicht willkuerlich der Wert der Waehrung manipuliert werden kann. Denn genau darin liegt der Grund der heutigen Situation, indem ueber Jahrzehnte eine inflationaere Geldpolitik betrieben wurde von den Zentralbanken. Sie scheinen auch nicht darueber informiert zu sein, dass heute viele Zentralbanken wieder Gold aufkaufen, jedoch nicht die westlichen.
Ich will hier nicht die gegenwaertige Politik der SNB kritisieren, da sie sich in einer fast aussichtslosen Situation befindet. Jedoch verurteile ich die seit Jahrzehnten betriebene Entwertung der Waehrungen, was sehr wohl im Verantwortungsbereich der Zentralbanken liegt. Die Banken koennen, wie Sie hier aussagen, sicherlich nicht in der Lage sein, die Situation zu manipulieren, wenn die Zentralbanken dies unterbinden wollten (z.B. Zinspolitik, Mindest-Reserven).
Merken Sie sich einzig einen kurzen Satz: Wer Geld entwertet, entwerted die Menschlichkeit.
hi ast
Die Weltwährung Bancor wäre ein rein buchhalterisches Instrument gewesen, um international Zahlungen zwischen Ländern abzuwickeln. Sie hätte nationale Währungen also nicht ersetzt, sondern bloss als Settlement-Währung zwischen Währungsräumen gedient. „Der Durchschnittsmensch“ hätte diese Währung nie zu Augen gekriegt und nichts davon gespürt – ausser wahrscheinlich stabilere Wechselkurse.
Die Idee ist meines Erachtens immer noch potent, wobei man sie den modernen Gegebenheiten anpassen müsste (Gold ist als Settlement-Asset relativ bedeutungslos geworden, wie Sie gemerkt haben). Heute bestehen grosse Probleme im internationalen Zahlungsverkehr, die damit zu tun haben, dass internationale Transaktionen „stecken bleiben“, sprich nicht endgültig zwischen Währungsräumen abgewickelt werden. Das führt z.B. zu den ominösen TargetII-Ungleichgewichten, welche eine direkte Folge davon sind, dass die Welt bis heute keine „Abwicklungswährung“ hat. Das Problem ist äusserst diffizil und die daraus resultierenden Risiken enorm. Die TargetII-Guthaben summieren sich nur für Deutschland auf hunderte von Milliarden Euros. Diese Guthaben „in der Schwebe“ muss Deutschland im Falle eines Auseinanderfallens der EU zu einem beträchtlichen Teil abschreiben.
Obzwar ich also keineswegs Keynesianer bin, bin ich der Meinung, dass einige seiner Ideen bis heute nicht an Bedeutung verloren haben.
@ Baer
Ich stimme Ihnen zu, dass wir ein grosses Problem mit Ungleichgewichten haben. Die Frage, welche sich aufdraengt: Warum wurde Gold als Settlement-Asset abgeschafft? Der Grund liegt darin, dass Gold der inflationaeren Geldpolitik im Wege stand. Jedoch ist der Kern des heutigen Problems genau die inflationaere Geldpolitik der vergangenen vielen Jahrzehnte.
Keynes war, wie viele Oekonomen, der Idee verhaftet, dass der Staat mitunter durch goldpolitische Manipulation das wirtschaftliche Wohlergehen „steuern“ soll. Jedoch muss jeder mit einem IQ ueber 50 verstehen koennen, dass man etwas, was man nicht verstehen kann, auch nicht steuern kann. Die Komplexitaet eines Wirtschaftsraums und der Gesellschaft ist nicht mit einigen Formeln zu begreifen, sondern es spielen viele nicht kontrollierbare und verhersehbare Aspekte (z.B. Reflexivitaet) mit eine Rolle, dass langfristig betrachtet jeder Eingriff am Prinzip der Nachhaltigkeit scheitern duerfte.
„Jedoch muss jeder mit einem IQ ueber 50 verstehen koennen, dass man etwas, was man nicht verstehen kann, auch nicht steuern kann.“
Also muss ein Kleinkind, die neurobiogischen und chemischen Prozesse im Gehirn und die meschliche Anatomie genauso wie physikalische Gesetze kennen, um gehen zu lernen?
Wie ich zuvor mehrfach über dieses Thema kommentiert habe, die Wirtschaftsgeschichte sind wichtig für die Bildung des Verständnises, um zu verstehen wie die heutigen Wirtschaftstheorine entstanden sind. Die Entwicklung an den Universitäten in letzten 15 Jahren wurde durch die politische Willen an konkrete Berufstätigkeit gekoppelt, kurzgesagt, Studieren um mehr Geld zu verdienen, anstatt die wirtschaftliche Arbeit voran zu treiben, diese Aussage beziehe nur auf die WiWi. So wurde ein System geschaffen, dass die Uni-Absolventen bevorzugt in der Privatwirtschaft, obwohl sie gar keine Ahnung von Geschäften haben. Man nimmt etwas an, was eigentlich nicht vorhanden ist. Alles basiert auf Annahme, die später zum Untergang dieses Unternehmens führen wird. Hat jemand gefragt, warum in letzten 15 Jahren soviele Versager in der Privatwirtschaft in wichtigen Positionen in Unternehmen gelangt sind, wurden die Unternehmen am Ende komplett finanziell ruiniert.
Die Wirschaftsgeschichte enthält wertvollle Informatiopn, die wir daraus lernen können. Aber die Geschichte bleibt Geschichte, es ist fraglich wieviel Inhalte können wir heute auf die hyperglobalisierte Wirtschaft übertragen können, das trifft auch die geldpolitische Massnahme der Zentralbank. Ein Umdenken hat sich nicht übermässig stattgefunden, obwohl die Veränderung des Umfeldes bemerkbar machte, konkrete Veränderung lässt sich warten. Die Instabilität im Finanzsystem hat sich nichts verändert, in Gegenteil, durch die aggressive Massnahme der Zentralbanken, ist das System noch instabiler als vor der Krise. Es gibt Stimme unten Ökonomen, das System repariert sei. Aber wenn wir genauer hinschauen würden, werden wir ein anderes Bild sehen, als die Ökonomen uns vorspielen.
Keynes wollte mit dem Bancor eine (an Gold gebundene) Weltwährung einführen, dieses ehrgeizigste Unterfangen seines Lebens war in Bretton Woods gescheitert, stattdessen wurde ein System eingeführt welches den US$ zur Weltleitwährung machte. Unter Nixon wurde der US$ auch von Gold abgekopelt und die Teilnahme am IWF ist für an Gold gebundene Währungen verboten! Sämtliche Theorien Keynes wurden unter Goldstandard entwickelt, sie sind nicht für das aktuelle Währungssystem ungeeignet. Wenn man heute jemanden als Keynesianer benennt, so ist das für mich nicht nachvollziehbar.
Es ist nicht nur in der Ökonomie so. Die Wechselwirkung von Gesellschaft, ihre Moden und Stimmungen, der politische Konsens und das grössere Tagesgeschehen, sowie daraus abgeleitete Theorien in Bezug auf mathematische Modelle zu einer Idee bringen eben verschiedene Betrachtungen hervor. Auch den gegenteiligen Ansatz. Und es werden nie alle Aspekte einbezogen, da sonst das Modell zu kompliziert wird. Psychologische Komponenten, gesellschaftlicher Konsens aus der Kultur, Veränderung der Umwelt etc. werden nie alle einbezogen. Man nimmt immer nur ein Grundmodell und fügt etwas dazu oder lässt die Gewichtung der einzelnen Punkte spielen, aber nie in mehreren veränderten Ansätzen. Es kämen sonst kontorverse, der Theorie und Absicht zuwiderlaufende Ergebnisse heraus. Ob nun vom klassischen Ansatz heraus oder radikal anders, es ist immer Fehler behaftet. Die Geschichte zeigts dann. Es gibt hier keine statische Dynamik, wie im Denkansatz. Dieser ist reduziert. Trotzdem sind Muster vorhanden. Darum neigt man dann zur Meinung es sei eben so, oder dann gegenteilig, und nimmt es schon fast als wahr an. Die persönliche Stimmung ist also ein zentraler Punkt und bestimmt die Kriterienauswahl in Bezug zur Theorie. Wobei einige Lehrsätze besonders robust die Zeiten überstehen, da sie wahrscheinlich gefallen odergriffig im Ansatz sind, aber nicht unbedingt richtig. Details scheinen dann verwirrend. Obwohl sie Hinweise auf Fehler sein können. Auch dies führt quasi dazu, dass der Eindruck entsteht, das Rad neu erfinden zu wollen. Manchmal denke ich,dass die Ökonomie fast so komplex wie ein Klimamodell sein kann, will man der dynamischen Realität nahe kommen. Noch nie wurde ein Modell so umgesetzt, dass das Ende erreicht wurde. Die Strömungen ändern immer im Verlauf. So weiss man nie: Was istnun wahrer als das andere. Und man gibt sich dem Glauben, nicht dem Wissen, hin.
@ Ronnie
„… dass die Ökonomie fast so komplex wie ein Klimamodell sein kann..“
Die Ökonomie ist deutlich komplexer als das Klima, da sie eine Wirkungsdimension mehr hat. Wenn im TV eine Wettervorhersage gemacht wird, hat dies keine Auswirkung auf das Wetter. Jede Prognose, die Sie zur Wirtschaft machen (zB Butter wird knapp, oder der Goldpreis wird steigen), kann aber selber wieder die Akteure de Wirtschaft beeinflussen. Dem Gewitter ist es hingegen egal, ob Sie es vorhersagen oder nicht.
Diese Rekursion höherer Ebene macht, dass in der Ökonomie nicht nur viele Elemente mit vielen Beziehungen und sich ändernden Regeln das Systemverhalten definieren, sondern dass diese Regeln sich auch noch nach ständig ändernden Regeln ändern.
Im Kern stimme ich Ihnen natürlich völlig zu, was die Unzulänglichkeit aller ökonomischen Modelle angeht. Das ist allerdings weniger einflussreich, da sich die Politiker ohnehin jeweils diejenigen Modellelemente herauspicken, die ihnen grad in den politischen Kram passen – Vernunft hin oder her.
Lieber Herr Straumann,
wie recht Sie haben, dass in Academia heute – nicht nur in den Wirtschaftswissenschaften – die historisch-komparative Reflexion der eigenen Leitideen stark vernachlässigt wird. Aber wie sie dann zur Glättung der konzeptuellen Differenzen voranschreiten.. da verkennen doch manch Entscheidendes. Bezüglich Marx etwa, wie tiefgreifend die Unterschiede zwischen Wirtschaftswissenschaft und politischer Ökonomie, zw. individuellen und Klassen-Interessen sind. Der eine grosse Elefant im Porzelanladen, den die ‚Economics 101‘-Theorie-Vorlesungen ignorieren, hat einen Namen: Imperialismus bzw. Macht. Könnten die Ökonomen diese(n) konzeptuell in ihre Marktmodelle integrieren, dann würden sie sich auch weniger ohnmächtig am Kopf kratzen angesichts der Verlegenheit, dass die bald 100-jährigen Pigou-Steuern querbeet von rechts- bis linksliberal theoretisch unterstützt und eingefordert werden (http://en.wikipedia.org/wiki/Pigou_Club), in der Praxis aber, von schüchternen Ansätzen abgesehen, mit hübscher Regelmässigkeit am Machtwort des Grosskapitals scheitern. Der andere grosse Elefant ist die Steady-State-Ökonomie (Georgescu-Roegen, Hermann Daly, der alte Howard Odum, Tim Jackson, die Real-world economics-Bewegung etc.) Es ist eine Schande, wie die von Ihrem Mainstream (und, mit Verlaub, von ’never mind the markets‘) noch immer totgeschwiegen werden, obwohl führende Ökologen aus empirischen Gründen steigende Zweifel am Fortbestand der Zivilisation haben. (s.zB http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/280/1754/20122845.full)
Herr Stern, ich bin ihnen zwar offensichtlich intelektuell unterlegen aber selbst ich kann erkennen das die Liste der Leute welche Sie als „führende Ökologen“ bezeichnen zwiliichtige eigennützige Ideologien verfolgen welche ganz klaar Mafia methoden verwenden um diese durchzusetzen.. Seinen Sie nicht so leichtgläubig!
@ J.Stern
Es moegen andere Aspekte nicht nachhaltiges Verhalten foerdern, aber einer der Hauptgruende liegt in der inflationaeren Geldpolitik, welche seit vielen Jahrzehnten betrieben wird und die gesellschaftlichen Werte schrittweise veraendert. Ich kann Ihnen gerne meine diesbezueglichen Ausfuehrungen zukommen lassen. linushuber @ hotmail.com
neben dem historischen Kontext ist auch der philosophische zu beachten.
Marx war nicht nur von der klassischen englischen und französichen(Physiokraten) Ökonomie beeinflusst, sondern von der klassischen deutschen Philisophie, insbesondere von Hegel.
Der heutigen Wirtschaftswissenschaft fehlt beides, weshalb ihr historisch-empirischer Gehalt trotz aller Statistik so dürftig ist.
Ja!
Guten Tag Trent. Wie gehts? Nächsten Monat organisiere ich ein Seminar über das Menschenbild von Marx und Smith, im Vergleich zum Menschenbild des Homo Oeconomicus. Da wären Sie doch Experte? Offen für jede und jeden. Lust? Findet in Zürich Stadt statt.
Baer, vielen Dank, gibt es schon Termin und Ort? Natürlich bin ich interessiert. Die Fragestellung befremdet, die antizipierte Expertise in ihr muss ich freundlichst zurückweisen. Nichtsdestotrotz erwarte ich aufschlussreiche Stunden. Gruss.
Termin und Ort gibt es. Auf meinen Namen klicken.
Hier kann ich nur das Buch „Die unsichtbare Hand: Ökonomisches Denken gestern und heute“ von Ulrich van Suntum empfehlen. Schon in der Einleitung wird z.B. die Fage erörtert, ob es „ökonomische Gesetze“ gibt und es ist sehr erhellend, dass diese Diskussion bereits zum Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt fand.