
Differenzen trotz Erfolg: Michael Frey jubelt neben Ludovic Magnin nach dem Cupfinalspiel in Bern. Foto: Peter Klaunzer (Keystone)
Eine der wichtigsten Aufgaben – vielleicht die wichtigste – eines Fussballcoaches besteht darin, dass er sich mit 20 Spielern versteht. Wenn es der Mannschaft gut läuft, reicht bereits ein friedlicher Umgang mit den Schlüsselspielern, denn bei gutem Formstand hat es der Trainer ohnehin leichter. Je besser ein Spieler ist, umso wichtiger ist das Verständnis seines Coaches mit ihm. Ein Trainer, der sich mit Diego Maradona oder Johan Cruyff angelegt hätte, wäre zum Misserfolg verurteilt gewesen, und wer immer beim FC Barcelona die Aufstellung macht, muss sich in erster Linie mit Lionel Messi verstehen.
Ob solche Spieler pflegeleicht sind oder nicht, spielt eine untergeordnete Rolle. Die Spekulation ist erlaubt, dass Deutschland an der WM-Endrunde nicht zuletzt deshalb ein sportliches Fiasko erlebte, weil der Coach Joachim Löw auf den hochtalentierten Offensivspieler Leroy Sané verzichtete. Sané, bei Manchester City brillant, passte aus der Sicht Löws nicht ins Kader, er war nicht stromlinienförmig auf Löws Linie. Aber irgendein Törchen hätte Sané wohl noch hingekriegt oder zumindest den schlaffen deutschen Angriff ausreichend belebt. Löw und der deutsche Fussball zahlten einen hohen Preis dafür, dass Sané in den Ferien statt an der WM war.
Magnin konnte sich Kompromisslosigkeit leisten
Der FCZ-Stürmer Michael Frey ist lange nicht so gut wie Sané, er ist bei weitem weder Cruyff noch Messi und schon gar nicht ein Maradona. Aber er ist ein Stürmer, der zumindest auf Schweizer Fussballplätzen Spiele entscheiden kann. Er ist unberechenbar, kampfstark, schonungslos, er fährt die Ellenbogen aus, er holt sich die Bälle, wenn er sie nicht bekommt, und er nützt jede Gelegenheit, diesen Ball Richtung Tor zu knallen. Frey ist auf dem Rasen eine Kampfsau, die man lieber in der eigenen Mannschaft hat als beim Gegner.
Aber der eigensinnige Michael Frey hatte seit einiger Zeit Probleme mit dem Trainer Ludovic Magnin. Und weil Frey eben kein Leroy Sané und schon gar kein Messi ist, konnte es sich Magnin leisten, gegenüber Frey kompromisslos aufzutreten und ihn aus dem Kader zu streichen. Sportpädagogisch ist das sicher richtig, und der FCZ durfte es sich von der Tabellenlage her in den vergangenen Wochen erlauben, gegenüber einem Spieler solche Zeichen zu setzen. Magnin konnte sich und der Mannschaft einreden, dass der Verzicht auf Frey angesichts seines sprunghaften Verhaltens die einzig richtige Massnahme war.
Ist Fenerbahce die richtige Adresse?
Der junge, unerfahrene Coach Magnin stand vor einem typischen Trainerdilemma: Was ist richtig, Disziplin oder ein Kompromiss, wie er im Teamsport immer wieder geschlossen werden muss? Dieses Dilemma ist nun für den Fall Frey gelöst, da der Spieler nach Istanbul zieht. Dennoch wäre es interessant gewesen, Ludovic Magnin nach zehn weiteren Jahren Trainererfahrung fragen zu können, wie er den Fall Frey rückblickend lösen würde.
Die kommenden Spiele werden zeigen, wie wichtig Frey für den FCZ gewesen wäre. Immerhin muss sich Ludovic Magnin nun nur noch mit den Gegnern und nicht mehr mit Michael Frey auseinandersetzen. Und Frey muss nicht mehr hoffen, dass der FC Zürich ohne ihn verliert. Stattdessen stellt sich ihm bald einmal die bange Frage, ob das viele Geld, das ihm versprochen worden ist, auch wirklich fliesst. Fenerbahce ist in astronomischen Höhen verschuldet, und die türkischen Vereine brillieren seit Jahren nicht mit sonderlich guter Zahlungsmoral. Beim FCZ hätte Frey sein Geld bekommen. Regelmässig, pünktlich, und sogar ohne zu spielen.