
Neuer gegen Messi – das lockt Fans, Sponsoren und das Geld. Aber immer nur Neuer gegen Messi… Foto: Keystone
«Der Teufel scheisst auf den grössten Haufen.» Gewohnt prägnant brachten es die Autoren des Dortmunder Fanzines «Schwatzgelb» wieder mal auf den Punkt. Dabei gings nun für einmal sogar nicht um das im Ruhrpott besonders ungeliebte Bayern München, zumindest nicht explizit. Es ging um nichts weniger als «ein Gespenst, das im europäischen Fussball umgeht», wie die Kollegen von «11 Freunde» schreiben. Es geht um eine europäische Superliga, die schon seit längerer Zeit droht, die der Champions League das Wasser abgraben soll und den reichsten Clubs ihren Status auf immer und ewig zusichern soll.
Bei der Uefa macht man sich grosse Sorgen, für den neuen Präsidenten Aleksander Ceferin wäre eine Superliga ein «Krieg gegen die Uefa» – und meint damit ihre wichtigste Einnahmequelle Champions League. Die grossen spanischen, italienischen und deutschen Clubs hingegen sehen ihre Chancen schwinden gegenüber den zunehmend zahlungskräftigeren Clubs in England. In der Bundesliga kommt erschwerend die «50+1»-Regel hinzu, kein Besitzer darf mehr als 50 Prozent der Anteile eines Vereins besitzen. Das ist zwar inoffiziell längst hinfällig (siehe Wolfsburg, Leverkusen, Hoffenheim, Leipzig, Hamburg), dennoch hält es hochpotente Investoren aus Asien, Saudiarabien und Russland bislang ab.
Die perfekte Drohkulisse
Eine Superliga also soll es richten. Real und Bayern, Barcelona und Chelsea, Juventus und Manchester City fortan nur noch unter sich. Das soll für Spektakel sorgen, für TV- und Werbeeinnahmen. Funktioniert das auf Dauer? Bleibt es wirklich ein Spektakel ohne die heimische Liga, ohne die frechen «Kleinen», ohne zumindest mögliche Sensationen?
Vermutlich nicht. Und das wissen die Abramowitschs und Rummenigges, und sie werden dieses Risiko nicht ohne Not eingehen. Denn eines sind sie alle: geldgeil ohne Ende. Und sie wissen mit Macht umzugehen. Die Diskussionen um die Superliga sind deshalb in erster Linie als Drohung zu verstehen. Gegenüber der Champions League. Es wirkt. Gerade eben wurde der Modus wieder den Wünschen der Reichen angepasst: Ab 2018 gehören den vier Verbänden Spanien, Italien, Deutschland und England 16 der insgesamt 32 Startplätze fix. Das heisst unter anderem, dass zum Beispiel der Schweizer Meister keinen festen Startplatz mehr hat. Zudem wurde der Verteilschlüssel der TV-Einnahmen in der Champions League weiter zugunsten der Grossen verändert.
Grenzenloser Zynismus
Und wenn damit der Fussball – auch ohne europäische Superliga – irgendwann kaputt geht, weil kein System überlebt, das derart aus dem Gleichgewicht ist? Was bitte soll das die Mächtigen und Reichen kümmern, die haben ihre Millionen und Milliarden längst gesichert. Dass Rummenigge beim Lob über die neuen Vereinbarungen von «Solidarität mit den Kleinen» sprach, ist schon zu frech und zynisch, als dass man es noch kommentieren könnte.
Denn es wird immer weitergehen. Irgendwann fragen sich die Reichen zum Beispiel: Ja, warum sind wir eigentlich nicht immer für die Achtelfinals gesetzt? Prompt bauen sie die Drohkulisse Superliga wieder auf. Schwupps, schon wirds von der Uefa umgesetzt. Dass sich deren neuer Präsident Ceferin auf ein Netzwerk des nun wirklich mehrfach schwer diskreditierten russischen Sportministers Witali Mutko stützt, sagt eigentlich auch schon alles über die moralische Integrität des europäischen Fussballverbandes der «Nach-Platini-Ära». Einer wie Ceferin weiss, wies geht im Milliardengeschäft, Sätze wie der mit dem Krieg gegen die Champions League darf man getrost als Funktionärs-Gewäsch abtun. Mit ihm an der Uefa-Spitze müssen sich Abramowitsch, Rummenigge & Co. keine Sorgen um die Umsetzung ihrer Gier und Machtgelüste machen.