
Die machen ja, was sie wollen: Derzeit scheint im Fussballgeschäft schier alles möglich zu sein. (Foto: Keystone)
Wir haben uns ja schon an allerhand gewöhnt im Fussball. Manchester United trainiert in Los Angeles und spielt in Maryland. Die Fernsehanstalten finden den Confed-Cup ganz wichtig. Für Kylian Mbappé werden angeblich 135 Millionen Euro geboten. Der Adidas-Chef kann sich den DFB-Pokal-Final in Peking statt Berlin vorstellen. Und die Fifa möchte unter Gianni Infantino in den kommenden Jahren mindestens eine halbe Milliarde Dollar mehr einnehmen.
Und jetzt kommt noch das dazu: Ab kommender Saison spielt die chinesische U-20-Nationalmannschaft in der Regionalliga Südwest, der vierthöchsten deutschen Spielklasse. Kein Witz. Sie ist das 20. Team, die jeweils zwei Partien gegen die 19 Konkurrenten haben allerdings nur Testspiel-Charakter. Dafür gibts für jeden Gegner 15’000 Euro sowie Zuschauereinnahmen und Vermarktungschancen. Darum haben auch alle Mannschaften schon zugestimmt. Es fehlt jetzt nur noch die letzte Genehmigung zur Umsetzung des Plans, aufgrund der klaren Meinungen bei Clubs und Deutschem Fussball-Bund (DFB) offenbar eine Formalität.
Scheinbar alles möglich
So nett wie einige Fussball-Funktionäre finden das allerdings nicht alle. Für die «Süddeutsche Zeitung» ist die Geschichte absurd genug, um an den Mäzen Hans Viol aus Bonn zu erinnern: «Viol, ein Unternehmer in der profitablen Granit- und Natursteinbranche, hatte 1999 genug von der chronischen Erfolglosigkeit des von ihm alimentierten Bonner SC in der Oberliga Nordrhein. Deshalb beschloss er, die kubanische Nationalmannschaft zu verpflichten. Und zwar: die ganze.»
Die Kubaner landeten dann tatsächlich auf dem Flughafen Köln-Bonn, allerdings fehlten ihnen die Spielberechtigungen, um Punkte zu gewinnen. Der Deutsche Fussball-Bund hatte sich gegen Viols Plan gestellt.
Das ist jetzt ganz anders. Jetzt, da im Fussball scheinbar alles möglich ist, wenn es nur mehr Zaster bringt. Auch beim DFB, der sich sonst ja gerne kritisch gibt, wenn die Fifa wieder mit einem neuen Furz auftaucht – und nachdem er mutmasslich die WM 2006 ins Land gekauft hat.
Gschäftlimacherei zum Davonlaufen
Die chinesischen Jungfussballer sollen in Deutschland auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio vorbereitet werden. Und der DFB soll natürlich auch profitieren von der Verbindung. Er hat 2016 zusammen mit der Deutschen Fussball-Liga und der chinesischen Regierung einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Das Geschäft läuft vorerst einmal bis 2021. Es soll dem deutschen Fussball mehr Umsatz bringen, bei TV-Verträgen oder Fanartikeln etwa.
Es gibt nahe Beobachter, die dieses Ding mit der chinesischen U-20 auch nicht so toll finden. Hajo Sommers zum Beispiel, Theaterleiter, Schauspieler und Präsident von Rot-Weiss Oberhausen, Regionalliga West: «Die Regionalliga wird zu einer Kirmesliga, damit der FC Bayern München mehr Trikots in China verkaufen kann», hat er zum «Reviersport» gesagt. Der DFB und die anderen grossen Mächte des Geschäfts aber sind sicher auch nach 2021 ganz offen für weitere tolle Ideen. Oder lamentieren sie dann schon darüber, dass dem Fussball das Volk davongelaufen ist?