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Autorenarchiv

Liebe Berner, das wird grossartig!

Florian Raz am Donnerstag den 26. April 2018

Der Cupsieg der Young Boys von 1987. Aktuellere YB-Titelbilder haben wir in unserem Archiv leider nicht gefunden.

Am Samstag also ist es so weit: Der unvergleichliche Berner Sport Club Young Boys wird mit einem Sieg über Luzern Schweizer Meister. Glaubt mir, liebe Berner, das wird grossartig! Das darf ich mit der Erfahrung eines Baslers sagen, der 2002 miterlebt hat, wie der lokale FC erstmals nach 22 zappendusteren Jahren wieder mal etwas gewonnen hat. Und was sind schon 22 Jahre gegen die 32, die ihr euch geduldet habt? Eben. Gar nichts!

Ihr werdet sehen, wie gestandene Fussballprofis losheulen wie kleine Kinder. Natürlich drehen auch die Lokalmedien am Rad. In Basel brannte damals eine Radiostation tatsächlich ihre Meisterreportagen auf CD. Bei euch können wir das Ganze dann wohl auf Youtube nachhören. Ihr habt ja in Bern den einen oder anderen Kandidaten für eine, sagen wir mal: etwas gefühlsbetontere Radioberichterstattung.

Vor allem aber ist da dieses kribbelig-warme Gefühl in Brust- und Bauchbereich, dieses besoffen sein vor Glück. Gut, möglicherweise auch vom Alkohol. Aber vor allem vor Glück. Das gibt es wirklich. Natürlich, ihr konntet euch lange darauf vorbereiten, dass es in dieser Saison endlich klappen wird. Und doch werdet ihr euch gegenseitig mit leicht ungläubigem Blick anschauen und euch dann umarmen. Ist das alles wahr, sind wir jetzt wirklich Meister in einer Sportart, die Büne Huber doof findet? Seid ihr.

Plötzlich interessieren sich alle für euch

Das Beste daran: Dieses Gefühl könnt ihr danach noch ein paar Mal geniessen. Den Kübel gibt es ja erst Mitte Mai. Kostet die Zeit aus. Sie wird nicht wiederkommen. Nicht, weil ich YB in den kommenden Jahren nicht noch den einen oder anderen Titel zutrauen würde. Aber so schön wie beim ersten Mal wird es halt nie mehr.

Gratis mit dem ersten Meistertitel seit Menschengedenken mitgeliefert wird das Interesse der Medien aus der restlichen Schweiz. Alle werden sie euch anhand von YB erklären, in was für einer Stadt ihr lebt, was die Bernerin an und für sich so umtreibt und was den Berner auszeichnet.

Der beste Ort für eine Meisterfeier

Achtung, die Texte könnten allenfalls nicht ganz frei von Neid sein. Die «Zeit» hat schon mal angefangen und haut richtig feste drauf. «In ihrer trunkenen Vorfreude offenbaren die Berner ihre ganze Provinzialität», heisst es da.

Lasst die negativen Texte an euch abperlen wie die obligate Bierdusche in der Fankurve. Und bildet euch nicht zu viel auf die ebenso unvermeidlichen Lobhudeleien ein. Verfasst werden solche Psychogramme, die anhand von ein paar clever eingekauften ausländischen Stürmern, einem total netten Goalie und einem medien-affinen Ex-Stapi eine ganze Stadt erklären wollen, meist in Zürich. Das ist dort, wo schon mehr Pläne für ein richtiges Fussballstadion geplatzt sind als bei den Young Boys Meisterträume.

Was ganz besonders schön ist: YB kann sich den Titel am Samstag zu Hause sichern. Es gibt eigentlich keinen besseren Ort für eine spontane Meisterfeier als Bern. Basler wissen das.

So sehen Meisterfeiern in Bern aus (Abbildung ähnlich).

Was wir alle von Niko Kovac lernen können

Florian Raz am Donnerstag den 19. April 2018

Der mit den Medien tanzt: Niko Kovac beherrscht die Kunst der doppelten Verneinung. (Foto: Keystone)

Und es stimmt eben doch: Fussball ist eine Schule fürs Leben. Letzte Woche war mal wieder so ein Moment, in dem das sehr schön zu beobachten war. Man kann nur hoffen, dass all die kleinen Ronaldos, Neymars und Shaqiris auf den Pausenhöfen dieser Welt gut zugehört und etwas mitgenommen haben für ihren weiteren Weg.

Es ging darum, ob Niko Kovac demnächst Trainer des wunderbarsten aller FCBs dieser Welt werden solle, des FC Bayern München. Irgendwann war das Thema so drängend, dass sich der damalige Trainer der Eintracht aus Frankfurt zu einer Stellungnahme gezwungen sah. Also sagte Kovac den grossartig gedrechselten Satz: «Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ich im nächsten Jahr hier nicht Trainer bin.» Und so sah das aus.

Es ist so wie es ist: Niko Kovac und die Kunst der doppelten Verneinung. (Video: Hessischer Rundfunk)

Noch einmal, einfach weil ich so begeistert bin: «Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass ich im nächsten Jahr hier nicht Trainer bin.» Das ist so ein toller Satz, weil Kovac beweist, dass er ein Meister der doppelten Verneinung ist. Minus mal Minus gibt Plus und so.

Sie sind verwirrt? Lassen Sie einfach die Verneinungen weg, und Sie erhalten den eigentlichen Sinn des Satzes:  «Es gibt einen Grund, daran zu zweifeln, dass ich im nächsten Jahr hier Trainer bin.»

Et voilà! Ein paar Tage später wurde bekannt, dass Niko Kovac Trainer des besten FCB aller FCBs wird. In Frankfurt mögen sie ihn seither merkwürdigerweise nicht mehr so richtig. Dabei hat der Mann kein bisschen gelogen!

Natürlich habe ich die Technik sofort auf mein eigenes Leben übertragen. Zum Beispiel, als die ältere Tochter danach fragte, ob wir noch vor den Sommerferien in einen Erlebnispark nahe der Grenze gehen: «Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass wir in ein paar Wochen nicht dort sind, mein Mädchen.» Oder als die Kleinere beim Bräteln fragte, ob sie nachher noch etwas Süsses haben dürfe: «Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass es nachher nichts Süsses mehr gibt.» Da lacht das Kinderherz.

So, jetzt warte ich auf die nächste nette Lektion, die ich beim Fussball aufschnappe. Vielleicht das nächste Mal bei einem lokalen Club, den Grasshoppers etwa. Ich denke, es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass man bei denen nicht lernt, wie man Ruhe in einen Betrieb bekommt.

Der Berner Endgegner ist zurück

Florian Raz am Donnerstag den 11. Januar 2018

Der ewige Albtraum der Berner: Valentin Stocker erzielt für die Basler das 0:1 gegen YBs Torhüter Marco Wölfli, 2010. Foto: Peter Klaunzer (Keystone)

Schnell nochmals auf die Tabelle geschaut. Doch, doch, die Young Boys liegen laut der offiziellen Website der Liga noch immer zwei Punkte vor dem FC Basel. Aber fühlt es sich nicht an, als hätten die Berner plötzlich drei Punkte Rückstand?

Ein paar Tage bloss sind vergangen, seit sich die Basler Führungscrew aus ihren diversen Walliser Ferienorten zurückgemeldet hat am Arbeitsplatz. Doch in der kurzen Zeit hat der Serienmeister schnell mal seine Muskeln spielen lassen. Fabian Frei zurück, Valentin Stocker zurück. Das Signal nach Bern könnte klarer nicht sein. Die Berner werden richtig beissen müssen, wollen sie Meister werden.

Vor allem Stockers Rückkehr hat mehr als eine sportliche Bedeutung. Möglich, dass er nach einem halben Jahr ohne Spielpraxis nicht sofort eine Verstärkung sein wird. Und seine Nähe zu Sportchef Marco Streller könnte gar zum Problem werden. Viel wichtiger aber: Seine Verpflichtung trifft die Nerven in Basel und Bern.

Der schnüsige Vali

Im St.-Jakob-Park wird Stocker wohl immer der schnüsige Vali sein. Als unbekümmerter Teenager hat er die Leute im Sturm erobert – und sie danach nie mehr losgelassen. Dieser Einsatz, dieser Hundeblick, dieser unschuldige Sex-Appeal! Und natürlich: die Treffer, die Assists, diese Momente, in denen er den Ball schon verloren zu haben scheint – und ihn dann doch irgendwie ins Tor stockert.

Haben Sie dagegen schon mal gehört, was die Menschen im Stade de Suisse so zu erzählen (oder zu brüllen) haben, wenn Stocker zu Besuch ist? Im Vergleich dazu wirkt die Verabschiedung von Haris Seferovic bei seiner Auswechslung gegen Nordirland wie eine Liebesbekundung des Publikums. Sagen wir, die Berner Einschätzungen zu Stocker pendeln sich im Normalfall im Raum zwischen Gürtellinie und Kniehöhe ein. Dieser Giftzwerg, dieser scheinheilige Milchbubi mit seinen fies gestreckten Beinen, der seinerseits bei der geringsten Berührung wie vom Blitz getroffen zusammensackt! Und natürlich: die Treffer, die Assists – alle immer irgendwie gegen YB gerichtet.

Und Basel ist Meister

Nun mag die Ausdrucksweise diskutabel sein. Aber grundsätzlich beweist das Berner Publikum einen feinen Sinn für die drohende Gefahr, die von Stocker ausgeht. Er ist so etwas wie der Endgegner, an dem die Berner bislang immer gescheitert sind. Stocker, die YB-Nemesis, der ultimative Gegenspieler, der Erzrivale, der Todesengel aller Berner Meisterträume.

Mai 2008, erste Finalissima zwischen Basel und Bern. 38’000 Zuschauer im Joggeli. Stocker ist vor kurzem 19 geworden, als ihm in der 13. Minute der Ball im Strafraum vor die Füsse springt. Eine Drehung, ein Schuss zwischen Marco Wölflis Beinen hindurch – 1:0. Zehn Minuten später schüttelt er Hakan Yakin ab, ein Pass auf Streller – 2:0. Basel ist Meister.

Mai 2010, zweite Finalissima zwischen Bern und Basel. 31’210 Zuschauer im Wankdorf. Stocker ist längst Stammspieler, als ihm ein Ball eigentlich schon weggespritzt zu sein scheint. Eine Berührung mit dem Aussenrist, der Ball fliegt über Goalie Wölfli – 0:1. 20 Minuten später flankt Stocker von links, Scott Chipperfield trifft per Kopf – 0:2. Basel ist Meister.

Kein Wunder, schwelgten die Basler gleich nach Stockers Verpflichtung in ersten Fantasien.

Wenigstens davor muss YB keine Angst haben: Die Liga hat den Spielplan bereits am Saisonstart bekannt gegeben. Bern und Basel treffen in dieser Saison nicht am letzten Spieltag aufeinander.

Andererseits: Kaum ist Stocker zurück, heisst der YB-Goalie wieder … Wölfli.

Warum Petkovic lieber Snapchat benutzt hätte

Florian Raz am Mittwoch den 22. März 2017

Bär, Ball, Bowling, Bilderrätsel. Vladimir Petkovic präsentiert sein Motto für das Lettenspiel. Foto: Keystone

Das Leben ist nicht einfach für Fussballtrainer. Denn Fussballer haben eine ähnlich kurze Aufmerksamkeitsspanne wie ein derzeit handelsüblicher US-Präsident. Gucken Sie sich zum Beispiel an, wie die Verteidiger von Arsenal bei gegnerischen Eckbällen immer ganz brav auf ihrer Position stehen. Und kaum kommt der Ball geflogen, sind sie auch schon wieder weg, weil die kleinen Racker vergessen haben, warum sie überhaupt im eigenen Strafraum sind.

Gerne greift der Fachmann deswegen zu optischen Mitteln, um der Mannschaft seine Botschaft zu vermitteln. Christian Gross war in seiner Zeit beim FC Basel ein Meister dieses Fachs. Mal liess er Meisterpokale in Schokoladenform giessen, mal hing ein Haikopf in der Garderobe, mal stand ein Steinbock herum. Und FCZ-Coach Uli Forte spielte seinen Profis vor der Cuppartie in Basel noch einmal die schönsten Cupszenen der letzten Monate vor – natürlich unterlegt mit emotional aufwühlender Musik. Gut, das hat dann ja auch nichts gebracht. Aber item.

Visuelle Motivation

Jetzt hat sich auch Vladimir Petkovic unter die visuell arbeitenden Trainer gesellt. Und sagen wir mal: Das Ergebnis überzeugt uns so mittelprächtig. Natürlich, die Geschichte, die der Schweizer Nationalcoach erzählen will, ist in sich stimmig. Vor dem letzten Spiel vor der Winterpause hatte er seine Mannschaft zum Bären gemacht, der sich noch etwas Winterspeck zulegen muss, bevor er schlafen darf. Jetzt muss der Bär wieder aufwachen und sozusagen als erste Frühlingsnahrung Lettland verspeisen.

Aber warum mischt man das mit Bowling? Und mit einem Ball? Geht es um Alliteration? Bär, Ball, Bowling? Wer hat das grafisch umgesetzt? Wieso brüllt der Bär den Betrachter an – und nicht die Bowling-Pins, die er ja offenbar mit einem Ball umwirft, auf dem die Schweizer Flagge ist? Ist der Bär die Schweiz? Oder ist der Ball die Schweiz? Und wenn die Schweiz der Ball ist, wer ist dann der Bär? Oder ist es gar kein Ball – und der Bär trägt einen Gotthard-Basistunnel-Arbeiterhelm mit Schweizerkreuz? Wieso eigentlich Bowling und nicht Kegeln, was doch viel helvetischer wäre?

Vor allem aber: Warum Print? Viel besser wäre gewesen, Petkovic wäre mit der Zeit gegangen. Wie Ralph Krueger im Jahr 2000. Der Schweizer Nationaltrainer schickte damals seinen Hockey-Helden eine SMS: «Glaube an das Unmögliche und das Unmögliche wird möglich.» Die Schweiz schlug folgerichtig das Heimteam Russland 3:2.

Es gibt nur eine Lösung: Snapchat

Auf heute umgelegt, bedeutet das: Petkovic müsste seine Spieler auf Snapchat kontaktieren. Da würde sich garantiert eine Snapperei entwickeln, die dem Teamgedanken nur förderlich sein kann. Etwa so:

Start Petkovic

Xherdan Shaqiri

 

Valon Behrami

 

Granit Xhaka

 

Yann Sommer

 

Und dann klinken wir uns langsam aus.

Liebe Fussballfans: Hinhören und lernen!

Florian Raz am Donnerstag den 27. Oktober 2016
Fans of San Lorenzo cheer before the First Division Argentine championship soccer match against Estudiantes in Buenos Aires December 1, 2013. REUTERS/Enrique Marcarian (ARGENTINA - Tags: SPORT SOCCER) - RTX160FS

So geht Fussball: Fans von San Lorenzo in Argentinien. Foto: Reuters

Kürzlich war ich per Zufall in einem englischen Fussballstadion. Es spielte Arsenal gegen Basel. Okay, es war kein Zufall, es war Arbeit. Und weil es Arbeit war, genoss ich die angenehm ruhige Atmosphäre. Das Heimteam spielte zwar prächtig, und an die 60’000 Zuschauer waren auch gekommen. Aber ausser im völligen Notfall (Tor Arsenal) war es im Emirates in etwa so laut wie in einem Schweizer Pendlerzug, in den sich vielleicht ein, zwei dieser penetrant gut gelaunten Wanderrentner geschmuggelt haben.

Ruhig ist es geworden in den englischen Stadien. Was mit den Ticketpreisen und dem entsprechenden Wandel der Zuschauerschaft zu tun hat. Wer mit der Tube zu jener Champions-League-Partie fuhr, der hatte nicht das Gefühl, an einen Match zu gehen. Eher wirkte es wie die Fahrt zum Nordlondoner Businesslunch der mittleren und höheren Kadermitglieder finanztechnischer Beratungsfirmen.

Adoleszente Bengalo-Fetischisten

So still ist es inzwischen, dass der «Guardian» letzthin befunden hat, die auf der Insel meist bloss als Ansammlung adoleszenter Bengalo-Fetischisten wahrgenommene Ultra-Bewegung könnte dem Betrieb guttun: In der Premier League sei im Zuge der Hooliganbekämpfung «eine Art Angst vor Atmosphäre» festzustellen. Dem kann nur zustimmen, wer sieht, wie die Ordner im Emirates alle, die bei einer Chance aufstehen, sofort wieder auf ihre Schalensitze zurückbefehlen: «Sit, Sir, sit!»

Und damit zu einem Video, das mir nach jenem leicht antiseptischen Erlebnis das Herz gewärmt hat. Auftritt der Fans des Clubs Atlético San Lorenzo de Almagro, eines Clubs aus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Ein Club? Ach was! DER Club von Papst Franziskus (Mitgliedernummer 88’235). Es wird dargeboten die (wahrscheinlich) neuste Ode an den Club. Schliesslich ist das Lied mit der Originalmelodie erst im Frühjahr 2016 erschienen.

Jetzt: Ton aufdrehen. Und ja, die singen wirklich die ganzen sieben Minuten des Videos durch – und wahrscheinlich noch etwas länger:

Und weil Sie sicher gerne mitsingen wollen, hier der Text.

Vamos San Lorenzo, que hoy hay que ganar
Como todos los años, te vengo a alentar
Nos dicen enfermos, que le voy a hacer
Mi único remedio, es volverte a ver

Donde vas, siempre voy con vos,
Vayas bien o mal, a tu lado estoy,
Ciclon, nunca lo van a entender
Siempre te voy a querer

Ponga huevo matador, esta tarde no podes perder
La banda te va a acompañar, esta es la gloriosa Butteler…

Es geht, wie so üblich, um ewige Treue und so. Eine fast krankhafte Liebe, die andere nicht verstehen. Sie werden das mit Google Translate schnell verstehen. Ciclon, das ist ein Kosename des Clubs (Zyklon). Und Butteler ist der Name des Quartiers und der Fankurve (analog Südkurve, Muttenzerkurve etc.).

Ja, da kann so manches Stadion dieser Welt stimmungsmässig einpacken. Nicht bloss das Emirates.

Besser als das Original?

Und wenn Sie sich fragen, wo die Butteler denn diese lüpfige Melodie herhat: Sie stammt vom Lied «Duele el corazon» (Es schmerzt das Herz) von Enrique Iglesias, einer laut Wikipedia dem Reggeaton verpflichteten Komposition.

Mir gefallen die Argentinier irgendwie besser.

Achtung, Fremdprämienverbot!

Florian Raz am Montag den 23. Mai 2016
Uli Forte verspricht St. Gallen einen Lastwagen Bier. (Keystone)

Uli Forte verspricht St. Gallen einen Lastwagen Bier. (Keystone)

Liebe Fans des FC Zürich, ihr müsst jetzt ganz tapfer sein. Wahrscheinlich kann euch der Uli Forte im letzten Spiel gegen den FC Vaduz nicht mehr helfen. Und das, nachdem er die Mannschaft im nur vielleicht zu spätesten Moment so richtig aufgeweckt hat. 2:2 in Sitten und so.

Aber dann  hat der Uli einen entscheidenden Fehler gemacht: Er hat dem FC St. Gallen Bier versprochen für den Fall, dass sich der tatsächlich noch einmal dazu aufraffen sollte, in Lugano eine vernünftige Leistung abzurufen. Und nein, er hat nicht ein oder zwei Bierchen versprochen. Sondern gleich «einen Lastwagen» voll davon.

Homer Simpsons Bier-Tagtraum. (via GIPHY)

Klingt harmlos? Ist es keineswegs. Wir haben da mal nachrecherchiert. Zum Beispiel: Wie viel Bier passt in einen Lastwagen? Die sympathische Familienbrauerei Feldschlösschen hat kürzlich den Auftrag erhalten, 30’000 Hektoliter Bier nach Frankreich zu verschicken. Dazu benötigt sie 300 Lastwagen, macht also 100 Hektoliter Bier pro LKW.

Wir nehmen jetzt mal an, der Herr Forte erhält das Bier zum Einkaufspreis, den Gastronomen bezahlen. Das kommt offenbar auf rund 300 Franken pro Hektoliter. Macht summa summarum 30’000 Franken, die der FCZ-Temporär-Trainer aus seinem Portokässeli bezahlen müsste. Die Lieferung lassen wir mal aufs Haus der Brauerei gehen.

30’000 Franken also. Das sind immerhin 10’000 Franken mehr, als die Luganesi Igor Djuric und Patrick Rossini 2015 den Spielern des FC Schaffhausen in einem Couvert zukommen liessen. Damals ging es um den Aufstieg in die Super League, und die Schaffhauser siegten gegen Servette, den einzigen verbliebenen Konkurrenten Luganos, 2:1.

Djuric und Rossini wurden damals von der Liga erst für zwölf Spiele gesperrt. Das wurde danach zwar auf zwei Spiele reduziert, aber da war es für Rossini bereits zu spät: Er war von FCZ-Präsident-Eigentümer-Sportchef Ancillo Canepa fristlos entlassen worden. Die zwei werden das Ganze irgendwann vor Gericht miteinander aufarbeiten.

Wir halten also fest:

  1. Demnächst wird Uli Forte von der Liga für zwölf Spiele gesperrt.
  2. Ancillo Canepa löst seinen Vertrag zwei Spiele vor dessen Beendigung auf.
  3. Danach senkt die Liga die Sperre auf zwei Partien.
  4. Forte verklagt den FCZ auf die Cupfinalprämie.
  5. Cupsieger wird entweder Canepa oder Djuric.
  6. Absteiger auch.

Wie viele Kinder passen in einen Champions-League-Pokal?

Florian Raz am Donnerstag den 28. Januar 2016

Das haben Sie sich auch schon immer gefragt? Das ist interessant. Vielleicht sollten Sie mit Ihrem Psychotherapeuten darüber sprechen. Oder mit Wesley Sneijder. Der hat zumindest einmal den Anfang der längst nötigen empirischen Studien gemacht – und seinen Sohn in den Pott gepackt.

Gut, sagen Sie, da scheint auf der Seite noch etwas Platz zu sein, vielleicht hätte da noch ein ganz kleines Kind … Aber überlassen wir das dem nächsten Forscher und sagen vorerst: Dankeschön, Herr Sneijder, für diesen Beitrag.

Und wenn Sie jetzt finden, es sei herzlos, so ein kleines Würmchen als Testobjekt zu missbrauchen, dann denken Sie daran: Kinder tendieren sowieso dazu, dauernd irgendwo festzustecken:

Terror, Zlatan Ibrahimovic und der Flug der Hummel

Florian Raz am Donnerstag den 19. November 2015
Er wars! Zlatan Ibrahimovic darf auch im Sommer 2015 im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.

Er wars! Zlatan Ibrahimovic darf auch im Sommer 2015 im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. (Keystone)

Nein, das ist kein guter Einstieg in einen Blogbeitrag. Der Textbeginn müsste sofort klarmachen, dass Sie auf den folgenden Zeilen etwas total Wichtiges erwartet. Sonst sind Sie, liebe Leserin, lieber Leser, weg in null Komma nichts. Gerade jetzt, da in Echtzeit mitverfolgt werden kann, ob in Saint-Denis gerade wieder Jagd auf Terrorverdächtige gemacht wird.

Wenn aber gerade Selbstmordattentäter und Kriegsgeheule die Nachrichten liefern, ist es verdammt schwierig, ausgerechnet einen Fussball-Blog als unverzichtbare Lektüre zu verkaufen. Natürlich, Fussballspiele sind derzeit gerade en vogue als Ziel terroristischer Anschläge. Sport war schon immer gefährdet, von Extremisten in Geiselhaft genommen zu werden. Sei es offiziell wie bei den Nazi-Spielen 1936 in Berlin. Oder durch Anschläge wie in München 1972.

Kein zusätzliches halb gares Geschreibsel

Die Frage ist berechtigt, ob es sinnvoll war, die Partie Deutschland gegen Holland im Vorfeld trotzig zum Symbol zu erklären. Andererseits erkannte der Philosoph Hermann Lübbe schon nach den Anschlägen des 11. September 20o1 in der «Basler Zeitung»: «Wir können ja nicht mit der Normalität des Lebens aufhören – auch schon allein deshalb, weil wir gar keine Einwirkungsmöglichkeiten darauf haben, wie sich das Ganze weltpolitisch entwickeln wird.»

Darum hier nicht noch ein zusätzliches halb gares Geschreibsel über die Attentate von Paris. Welchen neuen Gedanken gäbe es dazu noch zu verfassen? Viele intelligente und mindestens ebenso viele weniger intelligente Menschen haben uns schon ihre Schlussfolgerungen mitgeteilt oder aufgedrängt. Stattdessen also ein Fussball-Blogbeitrag.

Denn die Normalität des Lebens, sie hat am Dienstag tatsächlich bereits wieder stattgefunden. In den letzten Barrage-Spielen zur Europameisterschaft zum Beispiel, in denen Teams darum spielten, im kommenden Sommer nach Frankreich reisen zu dürfen, wo der Staatschef soeben einen Krieg ausgerufen hat. Aber lassen wir das. Schauen wir lieber diesen Freistoss an:

Womit ich an der Stelle wäre, an der ich Michel Platini danken möchte. Immerhin hat er erst ermöglicht, dass wir auf weitere Geniestreiche von Zlatan Ibrahimovic hoffen dürfen. Dieser Ibrahimovic soll ja in seiner Jugend in der schwedischen Banlieue-Nachahmung Rosengård nicht immer den Eindruck einer reibungslosen Integration in die westlich-bürgerliche Gesellschaft hinterlassen haben. Noch heute gefällt sich der Secondo in der Rolle des Enfant terrible.

Aber Platini hat ihm ja auch nicht bei der Integration in die Gesellschaft geholfen. So, wie es keine Berichte gibt, dass er mit seinem Beratersalär von zwei Millionen Franken, das er von Fifa-Präsident Sepp Blatter eingesteckt hat, ein Jugendzentrum in einer französischen Banlieue unterstützt hätte. Warum sollte er auch? Integriert hat er Ibrahimovic, indem er die EM auf 128 Teilnehmer aufgeblasen hat. Moment … Nein, es sind doch bloss 24. Bei 54 Bewerbern – Andorra, San Marino und Gibraltar mit eingerechnet.

Das reichte, damit sogar die Schweden in Frankreich dabei sind. Obwohl sie selbst mit Ibrahimovic und dem GC-Helden Kim Källström in den eigenen Reihen in ihrer Gruppe hinter Österreich und Russland bloss Rang drei belegt haben. Der Rest des schwedischen Teams muss also eine ziemliche Hummeltruppe sein, wie in meinem Dialekt eine unterdurchschnittlich talentierte Mannschaft genannt wird. (Kennen Sie andere schöne Ausdrücke?)

30 Sekunden für den Flug der Hummel

Und nun zur Musik, die Sie vielleicht gleich zu Beginn Ihrer Lektüre dieses Beitrags gehört haben. Es ist Sergei Rachmaninow, der den Flug der Hummel von Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow interpretiert. Ich schlage vor, dass Sie sich jetzt knapp eine halbe Minute Zeit nehmen, hier unten erst noch einmal den Hummelflug starten, anschliessend sogleich das Video von Zlatans Zauberschuss.

Lassen Sie das Zusammenspiel von Musik und Flugbahn auf sich wirken. Denken Sie daran, dass Aerodynamiker 1930 ausgerechnet haben, dass eine Hummel eigentlich viel zu fett ist für ihre kleinen Flügel und darum gar nicht fliegen kann. Stellen Sie sich jene Hummeln vor, die davon völlig unbeeindruckt auf über 5000 Metern über Meer am Mount Everest herumsausen, was sie zu den am höchsten fliegenden Insekten der Erde macht. Und staunen Sie, dass erst 1996 mathematisch bewiesen wurde, dass die Hummel doch fliegen kann (Wirbel sind das Stichwort).

Und damit zurück in den News-Strom von Terror und Antiterror.

Psst … der FC Basel ist gar nicht gut

Florian Raz am Dienstag den 3. November 2015
Meister der Täuschung: Der FC Basel mag die Tabelle mit grossem Vorsprung anführen. Experten sind sich aber einig: Die Basler sind diese Saison gar nicht gut.

Meister der Täuschung: Der FC Basel mag die Tabelle mit grossem Vorsprung anführen. Experten sind sich aber einig: Gut sind diese Basler wirklich nicht.

Irgendeiner muss diese unangenehme Wahrheit mal an die Öffentlichkeit bringen. Bislang ist sie nur gewispert worden – in den Presseräumen und in den Interviewzonen der Schweizer Stadien. Fussballreporter, da nehme ich mich auf keinen Fall aus, sind so etwas wie die moderne Version der vielzitierten Waschweiber. Wer rechtzeitig vor dem Spiel da ist, um die vom Heimclub gesponserte Pasta zu futtern, erfährt so manches, was es danach nicht unbedingt bis in die Zeitungsspalten schafft.


Fussballreporter am Pasta-Büffet (Abbildung ähnlich).

Wer all die Informationen, Gerüchte und Meinungen gewissenhaft sammelt, der kann zu Erkenntnissen kommen, die anderen verborgen bleiben. Und dies hier ist so eine: Der FC Basel ist in dieser Saison gar nicht gut. Doch, doch, glauben Sie mir. Basel in Vaduz? Nicht gut. Basel gegen die Young Boys? Gar nicht gut. Basel in Zürich? Nicht so gut. Basel in Bern? Vielleicht halb gut, aber doch Verlierer.

So wird das geraunt vor den etwas angetrockneten Tortellini al pomodoro oder den leicht lampigen Spaghetti bolognese, beim Gang zu den Spielerinterviews und vor den Pressekonferenzen mit den Trainern. Und weil so viele Fachleute unmöglich falsch liegen können, hier der Blick auf eine durchschnittliche Super-League-Tabelle einer Saison, in der der FC Basel nicht gut spielt:

Tab SL

Was zur Frage führt: Wenn ein nicht gut spielender FCB vier Runden vor der Winterpause bereits weiss, dass er das neue Jahr als Leader beginnen wird, was sagt das dann über die Konkurrenz aus?

Wir könnten jetzt das lustige Lied von der Schweizer, Zitat Murat Yakin, «Gurkenliga» anstimmen. Aber wenn der aktuell Fünfte der Super League im Europacup gegen Rubin Kasan, Bordeaux und den grossartigen FC Liverpool (okay, jenen der Vor-Klopp-Ära) bestehen kann, darf das schon als Indiz für die eigentlich vorhandene Qualität in der Schweizer Liga gelten.

Wenn derselbe FC Sion danach aber spielt, als sei er ein komplett anderer und in Lugano 0:3 untergeht, dann sind wir aber schon mittendrin in der Antwort darauf, warum der FCB die Liga derart dominiert: Er ist ein Meister der Konstanz. Die Konkurrenz mag mal hier ganz grundsätzlich ein gutes Spiel zeigen und dort sogar eine starke Halbzeit gegen die Basler. Basel aber unterschreitet praktisch nie ein gewisses Niveau. Brillant mag das Team von Trainer Urs Fischer derzeit vielleicht nicht auftreten. Aber wer den FCB in einem Spiel schlagen will, der muss 90, 93 oder halt 95 Minuten lang besser sein. Und wer tatsächlich auch mal Meister werden möchte, muss 36 Runden lang durchhalten.

Diesen langen Atem hat in dieser Saison offenbar niemand. Die Grasshoppers können ihn gar nicht haben, so dünn ist ihr Kader aus finanziellen Gründen. Und jene Gegner, die sich vor der Saison als Herausforderer gebärdet haben? Kaum hatte die Saison begonnen, waren auch schon ihre Trainer entlassen. Und jetzt sind beim FC Zürich und den Young Boys Männer am Ruder, die für sich in Anspruch nehmen, mindestens bis zur Winterpause einfach mal eine Bestandesaufnahme zu machen und nebenbei noch etwas Aufbauarbeit für künftige Grosstaten zu leisten.

YB und der FCZ haben die Meisterschaft verloren, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Weil sie Ende letzter Saison nicht den Mut hatten, reinen Tisch zu machen und einen Neuanfang zu wagen. Stattdessen hofften sie nach durchzogenen Saisons darauf, dass sich alles irgendwie einrenken würde. Tat es aber nicht. Und mit dem Trainerwechsel warfen die beiden Clubs zugleich ihre ganze Sommervorbereitung auf den Misthaufen der Fussballgeschichte.


Ein hoffnungsfroher FCB-Konkurrent peilt hohe Ziele an (Abbildung sehr ähnlich).

Was jetzt noch bleibt im laaaangen Warten bis zum Saisonende, ist einerseits die Hoffnung auf einen plötzlichen, monatelangen Systemausfall in Basel, der noch etwas Spannung zurückbringen könnte. Und andererseits darauf, dass wenigstens die Young Boys die schon wieder eingeläutete Zwischensaison so nutzen, dass sie wenigstens 2016/17 endlich bereit sind, die Basler anzugreifen. Allen anderen Clubs traut man den Part des ernsthaften FCB-Konkurrenten ja schon gar nicht mehr zu.

Der Bus ist parkiert

Florian Raz am Mittwoch den 30. September 2015

Es gehört zu den beliebtesten Hobbys nicht sonderlich talentierter Mannschaften (oder von jenen, die von José Mourinho trainiert werden): das Parkieren des Busses vor dem eigenen Tor. Auf der bei Taktikanalysten immer beliebter werdenden Heatmap sieht das dann so aus:

bus-parking

Der FC Zürich und der FC Basel gehören nun zu jenen Mannschaften in der Schweiz, die die Kunst des parkierten Busses noch nicht für sich entdeckt haben. Der FCZ hat die statistisch schlechteste Abwehr der Liga. Und dem FCB gelingt es sogar gegen den FC Lugano regelmässig, ein Gegentor zu kassieren.

Kein Wunder, haben die Clubverantwortlichen alle Hebel in Bewegung gesetzt, um diesem Problem entgegenzuwirken. Und tatsächlich: Am selben Tag präsentieren die beiden Erzrivalen ihren Bus. Dabei lassen sie es sich nicht nehmen, etwas Humor einzubauen (und nein, wir lassen hier alle blöden Witze mit Abgaswerten und Ähnlichem): Das Fahrzeug der Zürcher heisst offensichtlich «Eurobus». Und das, obwohl Reisen nach Liechtenstein das grösste der grenzüberschreitenden Erlebnisse im Zürcher Fussballkalender sind. Beim FCB hat es dafür ein Ausdruck auf den Bus geschafft, den eigentlich nur ausserkantonale Boulevardjournalisten auf der Suche nach einem Synonym für das Wort Serienmeister verwenden. Die Begeisterung ist fast ebenso gross wie die Häme:

Und jetzt, das spüre ich, möchten Sie noch die drei Unterschiede herausfinden zwischen einem Busfoto beim FCZ und einem beim FCB:

fczbus1

 

Bleibt wie immer noch eine Frage offen:

Und da sind nun Zürcher klar im Vorteil. Sie wissen schon seit 14 Jahren:

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