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Der Fussball-Ramadan am Dienstag schmerzt

Guido Tognoni am Dienstag den 19. Februar 2019
Nachspielzeit

Fand nicht statt im Free-TV: Champions-League-Spiel zwischen Manchester United und Paris Saint-Germain vom 12. Februar 2019. Foto: Dave Thompson (Keystone)

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der FC Bayern AG und der European Club Association, forderte vor einigen Tagen für den europäischen Fussball ausnahmsweise nicht mehr Geld, sondern mehr Spiele im freien Fernsehen, das heisst Spiele ohne extra Bezahlung. Genauer gesagt: Spiele für jeden.

Wenn Rummenigge so etwas fordert, kann das nichts anderes heissen, als dass die Schraube festgedreht beziehungsweise die Zitrone ausgequetscht ist, und dass der europäische Clubfussball einen Scheitelpunkt erreicht hat. Anders ausgedrückt: Die Zuschauerzahlen an den Bildschirmen steigen nicht mehr oder gehen gar zurück, das Fussballvolk mag nicht mehr zahlen. Und wenn das Volk nicht mehr zahlt und deshalb auch nicht mehr schaut, werden die Sponsoren mürrisch. Sie mögen nicht ständig mehr Millionen um Millionen für schwindende Zuschauerzahlen abliefern.

Das Schlimmste für die Uefa, die Clubs und die Sponsoren tritt ein, wenn die Zuschauer merken, dass sie einen Dienstag auch ohne Manchester United – Paris SG depressionsfrei überleben und sich mit dem Mittwoch zufriedengeben.

Rummenigge: Vom Buhmann zum Verbündeten

In der Schweiz ist das wohl bereits eingetreten, auch wenn das kleine Land auf den grossen Fernsehmarkt bezogen nur eine marginale Rolle spielt. Jahrelang waren wir eine Insel der Glückseligen, die alle Spiele frei ins Haus geliefert bekam, oft mit einer zusätzlichen Auswahl beim Westschweizer oder Tessiner Fernsehen. In diesem Jahr ist alles anders. Zuerst die grosse Verwirrung darüber, was wann wo gezeigt wird. Dann die Ernüchterung, dass man an Dienstagen den ganzen Abend durch alle 150 Sender durchzappen kann, ohne auch nur ein einziges Spiel zu finden.

Selbst wenn man verzweifelt bei DAZN, dem Streaming-Dienst via Computer, notfallmässig die Kreditkarte belastet, ist nicht das zu sehen, was man sich wünscht. Und die Spiele im Schweizer Fernsehen erst nach Mitternacht und bei längst bekannten Ergebnissen über sich ergehen zu lassen, ist für den fleissigen Teil der Bevölkerung auch nicht zumutbar.

Die banale Lösung heisst folglich Fussball-Ramadan an Dienstagen und Manchester United – Paris Saint-Germain erst am Mittwoch aus der Zeitung statt live von Ruefer, Salzgeber und Knäbel. Und siehe da: Man kann einen solchen Dienstag überleben, nicht ganz schmerzfrei zwar, aber man überlebt. Das erste heroische Leiden nach der masochistisch anmutenden Zahlungsverweigerung weicht einer leichten, aber doch spürbaren Euphorie, weil man diszipliniert der Versuchung widerstanden hat, für Teleclub, Kilchsperger und Reif extra zu bezahlen, so attraktiv das Spiel gewesen wäre.

Und plötzlich ist Karl-Heinz Rummenigge mit der Forderung nach mehr Fussball ohne Bezahlung nicht mehr der frühere Geldsack, der immer mehr wollte, sondern ein Verbündeter, der offenbar selber gemerkt hat, dass sich die Fans nicht grenzenlos melken lassen. Es ist kein schlechtes Gefühl, ein kleiner Fussball-Rebell zu sein.

Allerdings: Die Trauer, Liverpool – Bayern nicht zu sehen, geht, ehrlich gesagt, doch tiefer. Schauen wir mal, was nächste Saison wird.

Guido Tognoni

Guido Tognoni

Als Ersatzspieler des FC Davos (3. Liga, untere Tabellenhälfte) erzielte er im Schneetreiben von Tavanasa vor einigen Jahrzehnten sein einziges Meisterschaftstor. Danach stieg er trainingsfrei mit dem FC Tages-Anzeiger in die höchste Firmenfussballklasse auf und hoffte meist vergeblich, dass seine Laserflanken zu Treffern führen würden. Da sein Talent auf dem Rasen nicht erkannt wurde, arbeitete er 15 Jahre an den Schreibtischen der Fifa und Uefa.

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27 Kommentare zu “Der Fussball-Ramadan am Dienstag schmerzt”

  1. Michael sagt:

    Lieber herr Tognoni,

    ich freue mich schon auf Ihren Beitrag – zu dem sie gerade auch im Fernsehen aufgetreten sind – über diesem 25 Milliarden Deal des FIFA Präsidenten Infantini. Noch mehr Turniere, noch mehr Wettkämpfe – ob er noch weiss, das Fussball immer noch von Menschen mit überschabaren Ressourcen gespielt wird ?

  2. Naja verzichten muss man nicht wirklich. Es gibt zahlreiche kostenfreie Streams in HD Qualität im Internet für fast jedes namhafte Spiel

  3. Marcel Buerge sagt:

    «… für den fleissigen Teil der Bevölkerung» – Was für eine faule Bemerkung. Schämen sie sich Herr Guido Tognoni!

    • Michael sagt:

      Wo ist das Problem ? Fleissig ist der grösste Teil der Bevölkerung meist zwischen 0800 – 1900. Und die hätten eben ein Problem, wenn sie wegen ihrer Leidenschaft zum Fussball bis nach Mitternacht aufbleiben müssen.

  4. Kaspar scheidegger sagt:

    Genau. Hätte gerne liverpool-bayern geschaut, aber bin nicht bereit, 7.50 zu zahlen. Jetzt ist es halt kitchen impossible und nach 10min merkte ich dass das eh spannender ist.
    Geht mir schon die ganze saison so. Mehr als 400.- für srf plus netflix abo plus swisscom tv zahle ich nicht. Ist ja so schon sauviel.

  5. Rolf Meyer sagt:

    Das ist schon eine schwierige Entwicklung. livetv.ru und Problem gelöst!

  6. Paul Levi sagt:

    Also ich gehe heute in ein Sport-Pub und dort kann ich auch an einem Dienstag Fussball schauen und erst noch mit anderen zusammen. Problem gelöst. Ich werde sicher nie so ein Abo lösen. Vielleicht werden die Manager irgendwann wieder vernünftig.

    Ich frage mich zudem, wieso diese Spiele erst um 21 Uhr anfangen? Wenn es bei einem Rückspiel ein Unentschieden gibt oder sogar ein Penaltyschiessen, dauert so ein Spiel bis nach 24 Uhr und das an einem Wochentag. Wie soll man bei Kindern Begeisterung für den Fussball wecken, wenn die besten Spiele der Saison so spät sind?

  7. Leonardo sagt:

    Schon im Ansatz unkorrekt. Es gab und gibt weder in DE noch bei uns Free-TV. Das ist die grosse Manipulation der Öffentlich-Rechtlichen. In den meisten Ländern existiert keine Zwangsgebühr, weshalb es dort völlig normal ist, für die ChL-Spiele zu bezahlen. Der grosse Markt ist sowieso in den Ländern ohne Zwangsgebühr und v.a. in Asien. Deshalb kratzt es weder die UEFA noch ihre Sponsoren, wenn hier ein unbedeutender Teil auf Zahlungsverweigerung macht.

  8. Peter Lehmann sagt:

    Die “Champions” League zerfrisst sich von alleine und das ist gut so. Wer nichts weiter tut (und will) als Geld verdienen, verdient am Ende eben auch nicht mehr als Geld..

    Durch die selbst eingeleitete Übersättigung wird eventuell in mittel- bis langfristiger Zukunft die Fussballwelt wieder etwas ausgeglichener und für kleine Vereine schaut wieder etwas mehr heraus..
    Momentan schaue ich auch aus Prinzip keine Europapokal-Spiele mehr, es sei denn von meinem Verein. Der UEFA müssen die Grenzen aufgezeigt werden, das kann nur durch Boykott und Korruptionsresistente Führungspersonen erreicht werden.

  9. Michele sagt:

    ….ich schaue immer weniger Fussball und ich habe festgestellt, es fehlt mir gar nicht! Das Leben wird wieder Facettenreicher 🙂

    • Michael sagt:

      Kann ich so auch nur bestätigen ! Dank meines fortgeschrittenen Alters (Bj. ’54) habe ich eine Menge phantastische Spiele sehen können. So war es damals immer ein Erlebnis, wenn die Heimmannschaft mal gegen einen anderen europäischen Verein gespielt hat. Oder wie es bei der Europa- und der Weltmeisterschaft hauptsächlich um Fussball gegangen ist. Und nicht um Werbung, welches Bier getrunken werden kann oder das Namen von Stadien zu verhüllen sind.
      Heute findet doch jede Woche ein oder mehrere Spiele mit europäischer Beteiligung statt – alles nichts besonderes mehr. Und die Ballzauberer von heute sind auch nicht viel besser als die von damals.

  10. Thomas Abderhalden sagt:

    Wer DAZN hat, kann per VPN auf DAZN Kanada ausweichen. Die haben eine sehr gute CL Berichterstattung. Gute Kommentatoren und auch eine gute Runde nach dem Spiel mit der einmaligen Mina Rzouki, welche auch auf dem BBC World Football Phone-in eine Wucht ist. Leider nur alle paar Wochen. Diese Frau kann einen 5-minütigen Monolog halten, und man hört zu. Mein Sohn hat Teleclub und ich habe letzthin mit ihm geschaut. Dani Wyler… was kann man sagen, aber auch die Expertenrunde hat mir nicht gefallen. Man will es irgendwie gross aufziehen, aber es ist dünn. Die sehr unspektakuläre Viererrunde auf DAZN Kanada kommt sehr unaufgeregt daher, aber analysiert sehr interessant.

  11. rodolpho sagt:

    Es ist noch schlimmer, denn wenn ich merke, dass ich den Dienstag schaffe ohne Fussball, wieso soll ich mich dann am Mittwoch vor den Kasten zwingen!?

  12. Schmid sagt:

    Wir haben zu viert immer Champions League geschaut und gefeiert. Das “Loch” am Champions League Abend im Fernsehen beschäftigt uns schon aber keiner ist bereit (obwohl alle könnten) für Fussball extra zu bezahlen. Da geht es ums Prinzip sich nicht für jede einzelne Sendung oder Sportart das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen.Wir bezahlen knapp CHF 400 für die Swisscom, das sollte genügen.

    • Michael sagt:

      Eins kann ich da empfehlen : geht mal wieder in’s Stadion ! Vielleicht nicht gerade zum FCZ, sondern vielleicht zu einem kleinen Dorfverein. Das Fussballspielen ist da nicht weniger intensiv. Okay, man wird dort keinen Messi entdecken, aber man ist ganz dicht drann am Geschehen. Und es gibt keine Schlangen am Bier und Wurststand. Auch An- und Abfahrt gestaltet sich wesentlich stressfreier !

  13. Peter Minder sagt:

    Herr Tognoni, gehen sie in eine Entziehungskur. Ich sehe schon seit einigen Jahren keinen Fussball mehr über TV-Kanäle. Denn diesen perversen Kommerz mache ich nicht mehr mit. Und mir geht es bestens.

  14. Peter Gädickd sagt:

    Ist es nun schon so weit, dass wir auf das Wort Ramadan ausweichen müssen um einen Fussballfreien Abend zu beschreiben! Sich wieder unserer Sprache zuzuwenden wäre wünschenswert. Ich persönlich bezahle generell nichts um Fusdballspiele zu sehen. Schon ein Abo für unsere Superligaspiele ist ein Witz! So toll sind die Spiele nicht!

  15. Dan Horber sagt:

    Tognoni beschreibt treffend, was ich und viele Kollegen von mir erleben. Schon lange nicht mehr so wenig CL geschaut wie diese Saison, und es geht mir gut dabei.

  16. Herbert Berger sagt:

    Fussball fast nur noch auf Bezahlsendern?
    OK. Wenn die Clubs sich unbedingt das Geschäft selber kaputt machen wollen. Zwar sahnen sie jetzt wahrscheinlich horrende Summen ab. Aber irgend wann einmal schau niemand mehr zu, die Sponsoren ziehen sich deswegen zurück und voila, die Einnahmen sinken in den Keller.
    Selber schuld.

  17. Thomas Plüss sagt:

    Ich habe Teleclub wegen der Schweizer Super League. Champions League ist nur ein nettes Zückerchen obendrauf. Mit der neuen Möglichkeit, das Sport-Paket einzeln für Fr. 30.- über Swisscom TV zu beziehen, ist auch der Preis wieder ganz ok. Aber einzig für die CL-Dienstagsspiele würde ich das auch nicht bezahlen. Die CL hat definitiv den Zenit überschritten, der Kommerz hat überhand genommen. In 90 Prozent der Fälle ist klar, wer in der Gruppenphase weiter kommen wird. In der KO-Phase ständig dieselben Teams, dieselben selbstverliebten Stars und dieselben Duelle. Da ist die Europa League einiges abwechslungsreicher. Und die gibt’s ja zum Glück auch noch bei Teleclub zu sehen.

  18. jeanni vogel sagt:

    Lieber auf CL verzichten statt ein zusatzabo
    Wer nur noch kommerz will des geldes wegen, wer noch mehr turniere erschaffen will, wer sogar eine krösus liga gründen möchte
    Der soll und kann gegtrost auf mich verzichten

  19. A. Zürcher sagt:

    Naja verzichten muss man nicht wirklich. Es gibt zahlreiche kostenfreie Streams in HD Qualität im Internet für fast jedes namhafte Spiel und meistens noch mit englischem Kommentar. Kurz den Computer mit HDMI Kabel an den Fernseher anschliessen und voila.

  20. H.U. Fuchs sagt:

    Tja, da muss sich der Fussball-Fan an der eigenen Nase nehmen, ist er es doch, der den Kommerz breitwillig unterstützt. Was wir nun je länger je mehr sehen, ist eine vom Kommerz verfressene Sportart, wo von Profitgierigen nur so befallen ist.

  21. Kjus Lendson sagt:

    Fußball-Ramadan??? Was soll das denn? Ist die Islamisierung nun die weit fortgeschritten, dass Begriffe wie „Fastenzeit“, „Askese“ oder „Diät“ nicht mehr infrage kommen? Wir sind hier in Europa, nix Ramadan! Diese Anbiederung an den Islam ist übel. Schon mitgekriegt, dass im Iran kürzlich ein Spiel des FC Bayern nicht im TV gezeigt werden durfte, weil es von einer Frau Schiedsrichterin geleitet wurde? Oder dass in Saudi Arabien Frauen erst seit kurzem überhaupt ins Stadion dürfen? Wahrlich: Anbiederungen beim Islam sind völlig fehl am Platz!

    • Peter Müller sagt:

      Für das mit dem Ramadan müssen sie bei einem ex-FIFA Angestellten nun wirklich Verständnis aufbringen. Tognoni, Blatter und Konsorten wurden deshalb doch jahrelang an- und durchgefüttert, sich im Sinne der Geldgeber zu verhalten und auszudrücken. Das ist so wie bei Übergewicht, das wird man so schnell nicht wieder los. Ganz ausgeprägt wirkt es bereits bei Infantino. Er scheint schon noch kurzer Zeit auf die Bedürfnisse der Futter bereit stellenden Besitzer abgerichtet zu sein…. Humormodus aus!

    • Mark Buehrle sagt:

      Wenn Sie hier allen Ernstes eine Anbiederung an den Islam erkennen, sollten Sie sich möglicherweise ärztlich untersuchen lassen. Ok, gehen Sie vielleicht zuerst an die frische Luft, vielleicht hilft das schon genug. Und dann ein paar Mal tief durchatmen. Bitte, gern geschehen.

    • Matthias Meier sagt:

      Eine Mücke zum Elefanten gemacht, ist es nicht peinlich, sich so über ein Wort aufzuregen, das man schon seit meiner Jugend vor 30 Jahren in vielen verschiedenen Zusamnenhängen hört und liest?

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