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Das Jammern der Fussballer

Guido Tognoni am Donnerstag den 2. August 2018

Muss «die Knochen der Spieler zusammentragen»: Liverpool-Trainer Jürgen Klopp im Training in den USA. Foto: Keystone

Nun jammern sie wieder: Jürgen Klopp findet die Belastung der Spieler zu gross, José Mourinho wünscht sich, dass einige seiner Stars die Sommerferien vorzeitig abbrechen, um dem Team zu helfen, und die Spielervereinigung Fifpro fordert mindestens vier Wochen Ruhepause für alle Fussballer.

Es ist jedes Jahr das gleiche Lied: Die Verantwortlichen des hochgezüchteten professionellen Fussballs beweinen sich selbst, weil sie nicht fähig sind, die Verantwortung für einen ausgewogenen Einsatz ihrer Spieler zu tragen. Er müsse «die Knochen der Spieler zusammentragen», sagte Jürgen Klopp dieser Tage und verwies auf den internationalen Spielkalender mit neuen, zusätzlichen Terminen für Nationalmannschaften. Dass Liverpool derzeit in den USA an einem prestigeträchtigen Freundschaftsturnier teilnimmt, hat Klopp ausgeblendet.

Als Pelé noch spielte – zugegebenermassen eine Weile her –, mussten die grossen Vereine in der Sommerpause um die Welt tingeln, damit mit Freundschaftsspielen die Kasse der Proficlubs gefüllt werden konnte. Das betraf den kleinen FC Zürich gleichermassen wie Pelés grossen FC Santos, den es sogar nach Katar verschlug, als das Emirat noch ein verschlafener Haufen Wüstensand und nicht ein Weltwirtschaftsfaktor war. Die damaligen Löhne der Spieler waren Trinkgelder, die durch die Reiseerlebnisse aufgewertet wurden.

Heute füllen die Grossclubs, deren Umsätze sich an der Milliardengrenze bewegen, ausserhalb der Meisterschaften den Terminkalender und die Kassen mit Freundschaftsspielen in Asien und Nordamerika, mit Werbeauftritten für die Sponsoren und mit allgemeinen Aktivitäten, die der «Stärkung der Marke» der betreffenden Clubs dienen sollen. Die Vereine sind Unternehmen geworden, und Aktiengesellschaften wie Bayern München unterhalten Aussenstationen in den USA und in China. Real Madrid mietet einen ebenso einsamen wie exklusiven Real-Shop in einer Satellitensiedlung in Doha, in der noch viele Wohnungen leer stehen. Dabei sein ist alles, und der weltweite Verkauf von Spielertrikots soll einen Teil der Wahnsinns-Transfersummen einspielen, auch wenn kein Mensch weiss, wie viele dieser Leibchen billige Fälschungen sind und dem Club nichts einbringen.

Das alles fordert natürlich Spieler und Trainer. Aber gibt es weltweit einen Klopp oder Mourinho, einen Messi oder Ronaldo, der sagt, lieber verzichte er auf ein paar Dollar oder Euro seines Millionensalärs, um sich dafür etwas länger ausruhen zu können? Oder gibt es einen Clubpräsidenten, dem die Erholung der Spieler wichtiger ist als zusätzliche Einnahmen? Es gibt sie nicht. Dafür wird regelmässig gejammert. Die Belastung der Spieler ist ein ernsthaftes Thema. Das Jammern der Betroffenen ist es nicht.

Guido Tognoni

Guido Tognoni

Als Ersatzspieler des FC Davos (3. Liga, untere Tabellenhälfte) erzielte er im Schneetreiben von Tavanasa vor einigen Jahrzehnten sein einziges Meisterschaftstor. Danach stieg er trainingsfrei mit dem FC Tages-Anzeiger in die höchste Firmenfussballklasse auf und hoffte meist vergeblich, dass seine Laserflanken zu Treffern führen würden. Da sein Talent auf dem Rasen nicht erkannt wurde, arbeitete er 15 Jahre an den Schreibtischen der Fifa und Uefa.

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5 Kommentare zu “Das Jammern der Fussballer”

  1. Timo sagt:

    Aus meiner Sicht hat der Fussball von den 70ern mit dem heutigen Fussball nicht mehr viele Gemeinsamkeiten. Die Intensität ist höher, der mediale Druck ist, aus meiner Sicht als Laie, höher als damals. Oder wurde in den 70ern in jedem Training die Laufleistungen/Laktatwerte usw. analysiert und ausgewertet? Wurde damals ein Torhüter dermassen kaputt gemacht, wenn er wie Ulreich in einem Vorbereitungsspiel einen Patzer gemacht hat? Ich denke nicht. Daher finde ich die Gehälter zum Teil gerechtfertigt und den Artikel sehr frech. Haben Sie jemals als Profi gespielt? Nein, daher würde ich mich mit solch provokanten Zeilen zurückhalten.

  2. Michael sagt:

    Ein Ersatzspieler aus der dritten Liga ist natürlich voll informiert, wie das in den höchsten Klassen der Fussballligen läuft. Steht er doch ständig in Kontakt mit Neymar, CR7, Messi und Konsorten. Ist live mit dem Rechner der unterschiedlichen medizinischen Abteilungen der Clubs verbunden – schlicht ist der Experte schlechthin.
    Und natürlich verbunden aus seiner eigenen aktiven Zeit, wenn er doch einmal eingewechselt wurde, ein auf die Knochen bekommen hat, gleich wieder aufgestanden und weiter gespielt hat, kann er mit Fug und Recht behaupten, das diese HighClass Kicker nicht so Jammern sollen. Er ist schon ein Fuchs der Guido…

    • René Hartmann sagt:

      komischer Kommentar. Man weiss doch, dass Tognoni ein Fachmann ist, der immer wieder durch differenzierte Aussagen auffällt, obwohl er nur der Leidenschaft Fussball nachgelebt hat und nicht einen Millionen-Vertrag wert war. Und wieso eigentlich nicht auf den Inhalt eingehen?
      Für mich stimmt die Aussage. Spieler/Trainer in den grossen Klubs verdienen mehr als sie Wert sind und dann muss man halt mehr Geld reinholen. Verdient Euer Geld und hört auf zu klagen.

      • Michael sagt:

        Was wäre denn dann das richtiges Gehalt eines Trainers / Spielers und woran sollte es gemessen werden ? Da müssen Sie ja eine Vorstellung haben, wie man das bemessen kann, wenn sie behaupten, das Spieler/Trainer mehr verdienen als sie wert sind.

  3. Theiler sagt:

    Ach Jzngs, für die Kohle die ihr “verdient” könnt ihr von mir aus 24//7/365 im Jahr arbeiten. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Sind ja nur 10 Jahre die ihr das durchstehen müsst, Gell?

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