
Duck und weg: Johan Vogel, Alex Frei und Beni Hügel (r.) versuchen sich 2006 unter Beschuss in die Katakomben des Istanbul Stadions zu retten. Foto: Keystone
Dass man nicht zurückschlagen soll, lernen wir Schweizer bereits als Kinder. Das bleibt haften. Entsprechend benehmen sich auch etwa die meisten Bundesräte politisch brav, im Gegenteil zum US-Präsidenten Donald Trump beispielsweise. Und bei den Fussballern ist das ähnlich.
Nur vor genau zwölf Jahren gab es eine Ausnahme. Die Schweizer Nationalmannschaft stand – wie heute gegen Nordirland – vor der Schwelle zur WM-Endrunde, es ging um Deutschland 2006. Das zweite Barragespiel der Schweizer Fussballer gegen die Türkei war soeben vorbei, die Nacht war zur Schlacht ausgeartet und ging schliesslich als Schande von Istanbul in die Geschichte des Fussballs ein. Die Schweizer qualifizierten sich bekanntlich trotz einer 2:4-Niederlage für die WM-Endrunde 2006 in Deutschland, doch statt Jubelszenen auf dem Feld gab es nach dem Schlusspfiff einen kollektiven Rettungsspurt Richtung Kabine, wobei es zu wüsten Keilereien mit türkischen Spielern und Funktionären kam. Von der Tribüne her flogen Wurfgegenstände.
Nachvollziehbar, aber nicht richtig
Mittendrin Benjamin Huggel. Er tat das, was viele tun, wenn sie angegriffen werden: Er wehrte sich. Huggel stellte einem aggressiven Funktionär ein Bein, er keilte zurück, er warf sich ins Getümmel, um seinen Kameraden zu helfen, er wurde von den Beinen geholt. Fast drei Millionen haben diese letzten Szenen von Türkei – Schweiz im Internet im Laufe der Jahre angeklickt – so viel Publikum erreichte in der Geschichte der Eidgenossenschaft nicht mancher Schweizer.
Benjamin Huggel tat das Nachvollziehbare, doch das Nachvollziehbare war offenbar nicht das Richtige. Er floh nicht, kuschte nicht und hielt auch nicht seine zweite Wange hin, wie es in der Bibel gefordert wird. Aber Huggel als Kung-Fu-Kämpfer liess die Fifa nicht durchgehen, und als Notwehr konnten seine Reaktionen auch nicht bewertet werden. So wurde er von den Hütern des guten fussballerischen Benehmens für sechs Spiele gesperrt und verpasste die Endrunde in Deutschland. Das hatte er nicht verdient.
Rückblickend bereute Huggel in Interviews seine Taten. Das ist zwar politisch korrekt. Aber an sich gibt es da nicht viel zu bereuen. Wäre Benjamin Huggel nicht Fussballer geworden, hätte er zumindest der Schweizergarde in Rom beitreten müssen.
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