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Bye bye, Silverdome

Guido Tognoni am Freitag den 14. Juli 2017
Nachspielzeit

Das vielleicht beste Schweizer Team aller Zeiten tritt am 18. Juni 1994 im Silverdome gegen die USA an. Foto: Bill Waugh (Keystone)

Das ideale Fussballfeld ist 105 Meter lang und 68 Meter breit. Das sind die Masse der Fifa, und auf diesen 105 Metern Länge und 68 Metern Breite werden die Spiele der Weltmeisterschaften ausgetragen. Es gab allerdings unvergessliche WM-Partien, bei denen es die Fifa mit diesen Massen nicht so genau nahm: die Spiele im Silverdome in Pontiac bei Detroit an der WM-Endrunde 1994 in den USA. Der Silverdome, eine gedeckte Riesenhalle, in der für den Fussball über 70’000 Fans Einlass fanden, war Teil des Fussball-Abenteuers USA, das seinerzeit alle Mitarbeiter der Fifa ganz besonders faszinierte, den damaligen Generalsekretär Sepp Blatter inbegriffen. Blatter war sich bewusst, dass die Fifa mit einer WM-Endrunde in den Vereinigten Staaten Fussballgeschichte schreiben würde und dass Spiele in einem gedeckten Stadion zum Spektakel gehörten. Und der sonst oft detailversessene Walliser wusste auch, dass er lieber nicht danach fragen sollte, wie gross die Spielfläche im Silverdome war.

Es war wunderbar, dass dies überhaupt niemand wissen wollte. Alle Beteiligten waren sich stillschweigend darüber einig, dass das Erlebnis Silverdome nicht durch formalistische Bedenken gefährdet werden sollte. Das Spielfeld mit dem für die WM-Spiele eingelegten Naturrasen war nicht nur zu kurz, sondern auch viel zu schmal, derart schmal, dass die Trainer und Ersatzspieler auf der Tribüne sassen und die Eckbälle mit etwa eineinhalb Meter Anlauf getreten werden mussten. Statt Auslauf gab es Polsterungen. Offiziell mass die Breite 65 Meter, tatsächlich waren es noch weniger. Aber es wurde gespielt, bei grosser Hitze und noch grösserer Luftfeuchtigkeit, die allein schon beim Zuschauen den Schweiss in Strömen fliessen liess. Bei einer WM im Sommer in Katar wären die klimatischen Voraussetzungen für den Fussball sicher besser als in jener Waschküche.

Die Schweizer feiern einen Treffer von Stéphane Chapuisat gegen Rumänien. Foto: Keystone

Aber es wurde in diesem überhitzten Hohlraum attraktiver Sport geboten, vor allem von der Schweizer Auswahl, jener Mannschaft unter Roy Hodgson, die vielleicht spielerisch die beste in der Geschichte des Schweizer Fussballs war, auch wenn sie später im Achtelfinal gegen Spanien chancenlos ausschied. Die Schweiz spielte dank einem schönen Bregy-Freistoss gegen die USA 1:1 und kam mit einem berauschenden 4:1 gegen das damals starke Rumänien in die Direktausscheidung. Es war die Zeit von Geiger, Sutter, Sforza, Knup und Chapuisat, aber auch von Quentin, Ohrel, Hottiger, Herr und Subiat. Auf der Torlinie stand der von Hodgson bevorzugte Marco Pascolo.

Die WM-Endrunde in den USA war der letzte grosse Höhepunkt des Silverdome, wo zuvor auch Rockstars und Papst Johannes Paul II. aufgetreten waren. Der Niedergang der ehemaligen Automobilmetropole Detroit erfasste auch die Vorstädte, und für den Silverdome gab es bald keine Verwendung mehr. Die letzte Veranstaltung fand 2011 statt, danach wurde der Dome nicht mehr gepflegt, und er zerfiel. Jetzt wird das, was vom einst stolzen Dome noch übrig blieb, abgebrochen. Eine Fussball-WM mit Hallenspielen auf zu kleinem Feld wird es nie mehr geben.

Guido Tognoni

Guido Tognoni

Als Ersatzspieler des FC Davos (3. Liga, untere Tabellenhälfte) erzielte er im Schneetreiben von Tavanasa vor einigen Jahrzehnten sein einziges Meisterschaftstor. Danach stieg er trainingsfrei mit dem FC Tages-Anzeiger in die höchste Firmenfussballklasse auf und hoffte meist vergeblich, dass seine Laserflanken zu Treffern führen würden. Da sein Talent auf dem Rasen nicht erkannt wurde, arbeitete er 15 Jahre an den Schreibtischen der Fifa und Uefa.

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2 Kommentare zu “Bye bye, Silverdome”

  1. Matthias Seidler sagt:

    Ich vermisse die guten alten Fußballjahre zwischen 1990 und 2000. Ich war damals noch ein Kind aber habe die spannenden Spiele vor dem Fernseher zusammen mit Eltern und Verwandten noch gut in Erinnerung. Es ging damals weniger um Geld oder Spielergehälter als viel mehr um nationale Identität mit seinem Land. Und auch die Mannschaften kannte man auswendig, da noch nicht so ein häufiger Spielertransfer jede Saison stattgefunden hat.
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  2. Urs Meier sagt:

    Ich dachte immer, die Spielfeldgrösse muss zwischen 90 – 120m Länge und 45 – 90m Breite liegen. So war das Spielfeld mit 40m Breite im alten Highbury zu schmal, die 75m im alten Hardturm aber i.O.
    Gibt es für die WM eigens eine exakte Feldgrösse?

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