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Sind 50’000 Zuschauer wenig oder viel?

Guido Tognoni am Dienstag den 20. Juni 2017

Tolle Kulisse: Das Confederations-Cup-Spiel Russland gegen Neuseeland in St. Petersburg am 17. Juni 2017. (Foto: Reuters/ Carl Recine)

Man kann über den Confederations Cup denken, wie man will, man kann ihn als gut, schlecht oder einfach belanglos bewerten. Der als WM-Hauptprobe deklarierte Wettbewerb hatte es in Europa schon immer schwer, Anerkennung zu finden. Und Europa gibt im Fussball nun mal den Takt an.

Wenn ein solches Turnier wie dieser Tage zudem im politisch belasteten Russland stattfindet, regnet es aus vielen Ecken noch mehr Kritik. Allerdings ist nicht jede Kritik nachvollziehbar. So wurde in den Medien mehrfach genüsslich rapportiert, dass beim Eröffnungsspiel Russland – Neuseeland das Stadion in St. Petersburg nicht voll war. Dass Wladimir Putin in den Rängen Lücken sehen musste.

Mit oder ohne Putin?

Das Stadion war tatsächlich nicht voll. Aber um Himmels willen, wer will denn Russland gegen Neuseeland spielen sehen, mit oder ohne Putin? Russlands Nationalmannschaft hat in den vergangenen Jahren eine jammervolle Negativbilanz hingelegt, und Neuseeland trat mit der grossartigen Referenz eines Ozeanien-Meisters an, also als Meister jener Konföderation, aus der das Gründungsmitglied Australien im Jahr 2006 geflüchtet ist, um gegen asiatische Konkurrenz besseren Fussball zu erleben, statt gegen Fidschi, Tonga, Kiribati und Papua-Neuguinea nette Reiseabenteuer hinter sich zu bringen. Und bei Russland gegen dieses Neuseeland wollten in St. Petersburg immerhin über 50’000 Zuschauer dabei sein. Das Glas war also weit mehr als halb voll. Und 33’000 Fans bei Kamerun – Chile in Moskau sind auch nicht so schlecht.

Nochmals die Frage: Würden Sie für die Schlager Mexiko – Neuseeland, Kamerun – Australien oder Neuseeland – Portugal in Zürich, Basel oder Bern Eintritt bezahlen? Würden Sie wenigstens hingehen, wenn Sie ein Gratisbillett erhielten? Würden Sie, im Schweizer Sommer, immerhin am Fernseher sitzen, wenn Mexiko für den Fussballschocker gegen Neuseeland aufläuft?

50’000 Zuschauer für ein Spiel wie Russland – Neuseeland sind eine tolle Kulisse. Dies in einem Land, in dem die grosse Mehrheit der Leute weder vom Fussball noch vom Leben verwöhnt wird. Ob das Stadion nun voll war oder nicht, spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Guido Tognoni

Guido Tognoni

Als Ersatzspieler des FC Davos (3. Liga, untere Tabellenhälfte) erzielte er im Schneetreiben von Tavanasa vor einigen Jahrzehnten sein einziges Meisterschaftstor. Danach stieg er trainingsfrei mit dem FC Tages-Anzeiger in die höchste Firmenfussballklasse auf und hoffte meist vergeblich, dass seine Laserflanken zu Treffern führen würden. Da sein Talent auf dem Rasen nicht erkannt wurde, arbeitete er 15 Jahre an den Schreibtischen der Fifa und Uefa.

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4 Kommentare zu “Sind 50’000 Zuschauer wenig oder viel?”

  1. Michael Berger sagt:

    Also bitte, da wird ein Stadion gebaut für etwa1 Milliarde Franken (trotz Sklaven aus Nordkorea kostete es so viel – Schmiergeld lässt grüssen…) und die Russen spielen ihren ersten ”Ernstkampf” in diesem Stadion. Das Spiel findet in einer 5 Millionen-Stadt statt, Gratistickets werden verschleudert und dann ist es nicht einmal annähernd voll – sorry wenn das nicht peinlich ist, was dann? Der FCB spielte mal im Sommer in der CL-Quali gegen ein Team aus Andorra, mit Gratiseintritt kamen 25’038 Zuschauer….

  2. Vadim Koslov sagt:

    Es ist irritierend zu lesen wie jemand der in Freiheit aufgewachsen die Propaganda Spiele einer Diktatur bejubeln kann.
    Spiele die notabene schon nur durch Korruption nach Russland gekommen sind.
    Naja wir werden und wohl daran gewöhnen müssen all die super, tollen, positiven Geschichten anzuhören die es gibt wenn sich Diktatoren Sportverbände kaufen.

    Für die Schreiber ist es auch gutes Training für “das politisch belastete” Katar wo die Menschen auch nicht vom Leben verwöhnt sind.

    • Vadim Koslov sagt:

      PS: meine Irritierung hat sich etwas verflogen als ich den Arbeitgeber gelesen habe.

      • Matthias Meier sagt:

        Seltsam, bisher hat sich immer noch keiner meiner Freunde in Russland beschwert, in einer Diktatur zu leben. Und auch sonst ist keine grosse Kritik an den Zuständen im Land zu vernehmen, abgesehen manchmal von der Korruption. Wenn ich dagegen vergleiche, was die Ukrainer über ihre Regierung denken, da ist einiges mehr Feuer unter dem Dach…

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