Und plötzlich war alles fertig. Nach 46 Jahren. Aus, Amen. 3:1 schlägt der SC Kriens den FC Köniz. Dass Kriens kurz vor Schluss noch einen Gegentreffer kassiert hatte, war im kollektiven Bier- und Kaffeeschnaps-Nebel der Fans untergegangen. Für sie waren die letzten 90 Minuten längst zu einem lang anhaltenden Abschiednehmen von der Kultstätte geworden. Von einem Kleinstadion, das in den letzten Jahren bis ins Letzte vergammelt war und das es eigentlich gar nicht mehr geben durfte.
Groteskerweise wuchs die Zuneigung vieler Fans mit jeder rostigen Schraube noch mehr. Zugegeben gut gezählte 1944 Fans kamen so zur Derniere am vergangenen Samstag. 1944 ist übrigens das Gründungsjahr des SC Kriens. Aber so oder so sind auch die wahrscheinlicheren 1400 Zuschauer bei eisiger Affenkälte für die Promotion League eine enorme Zuschauerzahl.
Kein Wunder, denn das Kleinfeld ist ein besonderes Stadion. Ein Relikt aus einer Zeit, als man im Fussballstadion (gross und klein) nur Fussball spielen wollte. Aus einer Zeit, als Altersheime und Einkaufszentren noch in andern Gebäuden im Ort untergebracht waren. Und nicht gleich hinter dem Totomat in die Höhe ragten.
Das Tor von Uli Forte
Und was hier los war: Christian Gross verlor hier im regendurchweichten Sakko in der 91. Minute durch einen Penalty. 1997, in der NLA. Der FC Basel mit Maurizio Gaudino und Trainer Jörg Berger im selben Jahr. Dann Thun und Xamax in den 2000er-Jahren im Cup. Und einmal verlor der FC Bayern München – mit Stefan Effenberg und lauter Stammspielern – in einem Vorbereitungsturnier im Elfmeterschiessen. Einer der Torschützen für Kriens war ein gewisser Uli Forte.
So etwas kann man nicht vergessen. Will man nicht vergessen. Auch wenn die Gegner unterdessen Breitenrain, Köniz oder Brühl heissen. Das morbid-kaputte Kleinfeld stellte zusammen mit der Winterthurer Schützi und dem Aarauer Brügglifeld eine der letzten Stätten der alten Fussballkultur dar, die in den letzten Jahren noch NLA-, NLB- bzw. ChL-Luft schnupperten oder geschnuppert haben. Eine Reise aufs Kleinfeld war immer eine Zeitreise.
Jetzt ist Endstation. Es wird gebaut, bis 2018 das neue Stadion eröffnet wird. An alter Stätte. Aber ob es noch etwas mit dem Geist des alten Kleinfelds zu tun haben wird? Selten ist der Wechsel geglückt. Das Stade de Suisse ist immer noch nur die steife Halbschwester des alten Wankdorf? Und beim Letzigrund ist alles einfach nur traurig. Ja, Stadionumbauten können tödlich sein. Für die Seele eines Vereins.
Heillose Romantiker
Und diese Angst geht auch in der Krienser Fankultur um, die schon immer sehr eigen war. In die Wehmut um das alte Stadion mischt sich die Angst vor dem Neubau. Dieser sieht auf dem Reissbrett sehr kalt aus. So, wie eben Neubauten aussehen. Kommt dazu, dass das neue Stadion einen Kunstrasen haben wird. Was für viele Fans so schlimm ist wie eine Saison lang alkoholfreies Bier im Ausschank.
Das Problem ist aber erkannt. Viele Fans und ehrenamtliche Helfer des Vereins werden in die Detail-Planung miteinbezogen. Das neue Kleinfeld soll auch die Handschrift der Fans tragen. Das klingt heillos romantisch. Aber in Kriens ist man Romantiker. Dadurch hat man zwar nicht alles richtig gemacht. Dafür aber auch nicht so viel falsch wie andere.
Man hätte das alte Kleinfeld problemlos mittels eines Faceliftings hinüberretten können. Neue Garderoben, neue Tribüne, Sanierung der Stehrampen, neuer Rasen. Dies wäre für max. 5 Mio. zu haben gewesen, von der Gemeinde finanziert. Optisch hätte sich damit praktisch nichts verändert. Aber die Clubführung wollte die grosse Variante. Mich wundert, dass sich die Fans nicht gegen dieses überrissene 08/15-Projekt gewehrt haben, das so überhaupt nicht zu Kriens und zum SCK als klassischem Underdog passt. Die Pointe: Die 15 Mio. werden von der kant. Pensionskasse aufgeworfen, die die Sportschule, vom Kt. LU finanziert, unterbringt – mit sehr hohem Mietzins! Wo doch sonst gespart werden muss …
Sehr schöne Kolumne in einer Zeit wo sich der Fussball immer mehr von den Fans hin zu den Konsumenten verabschiedet. Und wunderbar sind die Infos zu Oliver Kraaz – die Technik eines Andi Egli/Kampfeist eines Hakan Yakin big 🙂 So kann man sich Herrn Kraaz geradezu auf dem Fussballplatz vorstellen…