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Liebe Fussballfans: Hinhören und lernen!

Florian Raz am Donnerstag den 27. Oktober 2016
Fans of San Lorenzo cheer before the First Division Argentine championship soccer match against Estudiantes in Buenos Aires December 1, 2013. REUTERS/Enrique Marcarian (ARGENTINA - Tags: SPORT SOCCER) - RTX160FS

So geht Fussball: Fans von San Lorenzo in Argentinien. Foto: Reuters

Kürzlich war ich per Zufall in einem englischen Fussballstadion. Es spielte Arsenal gegen Basel. Okay, es war kein Zufall, es war Arbeit. Und weil es Arbeit war, genoss ich die angenehm ruhige Atmosphäre. Das Heimteam spielte zwar prächtig, und an die 60’000 Zuschauer waren auch gekommen. Aber ausser im völligen Notfall (Tor Arsenal) war es im Emirates in etwa so laut wie in einem Schweizer Pendlerzug, in den sich vielleicht ein, zwei dieser penetrant gut gelaunten Wanderrentner geschmuggelt haben.

Ruhig ist es geworden in den englischen Stadien. Was mit den Ticketpreisen und dem entsprechenden Wandel der Zuschauerschaft zu tun hat. Wer mit der Tube zu jener Champions-League-Partie fuhr, der hatte nicht das Gefühl, an einen Match zu gehen. Eher wirkte es wie die Fahrt zum Nordlondoner Businesslunch der mittleren und höheren Kadermitglieder finanztechnischer Beratungsfirmen.

Adoleszente Bengalo-Fetischisten

So still ist es inzwischen, dass der «Guardian» letzthin befunden hat, die auf der Insel meist bloss als Ansammlung adoleszenter Bengalo-Fetischisten wahrgenommene Ultra-Bewegung könnte dem Betrieb guttun: In der Premier League sei im Zuge der Hooliganbekämpfung «eine Art Angst vor Atmosphäre» festzustellen. Dem kann nur zustimmen, wer sieht, wie die Ordner im Emirates alle, die bei einer Chance aufstehen, sofort wieder auf ihre Schalensitze zurückbefehlen: «Sit, Sir, sit!»

Und damit zu einem Video, das mir nach jenem leicht antiseptischen Erlebnis das Herz gewärmt hat. Auftritt der Fans des Clubs Atlético San Lorenzo de Almagro, eines Clubs aus der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Ein Club? Ach was! DER Club von Papst Franziskus (Mitgliedernummer 88’235). Es wird dargeboten die (wahrscheinlich) neuste Ode an den Club. Schliesslich ist das Lied mit der Originalmelodie erst im Frühjahr 2016 erschienen.

Jetzt: Ton aufdrehen. Und ja, die singen wirklich die ganzen sieben Minuten des Videos durch – und wahrscheinlich noch etwas länger:

Und weil Sie sicher gerne mitsingen wollen, hier der Text.

Vamos San Lorenzo, que hoy hay que ganar
Como todos los años, te vengo a alentar
Nos dicen enfermos, que le voy a hacer
Mi único remedio, es volverte a ver

Donde vas, siempre voy con vos,
Vayas bien o mal, a tu lado estoy,
Ciclon, nunca lo van a entender
Siempre te voy a querer

Ponga huevo matador, esta tarde no podes perder
La banda te va a acompañar, esta es la gloriosa Butteler…

Es geht, wie so üblich, um ewige Treue und so. Eine fast krankhafte Liebe, die andere nicht verstehen. Sie werden das mit Google Translate schnell verstehen. Ciclon, das ist ein Kosename des Clubs (Zyklon). Und Butteler ist der Name des Quartiers und der Fankurve (analog Südkurve, Muttenzerkurve etc.).

Ja, da kann so manches Stadion dieser Welt stimmungsmässig einpacken. Nicht bloss das Emirates.

Besser als das Original?

Und wenn Sie sich fragen, wo die Butteler denn diese lüpfige Melodie herhat: Sie stammt vom Lied «Duele el corazon» (Es schmerzt das Herz) von Enrique Iglesias, einer laut Wikipedia dem Reggeaton verpflichteten Komposition.

Mir gefallen die Argentinier irgendwie besser.

Florian Raz

Florian Raz

Hat einst als Junior den FC Basel eigenhändig mit dem Verkauf von Klebern vor dem Konkurs gerettet («Y stand zem FCB»). Erhielt danach (Undank ist der Welt Lohn) dennoch keinen Profivertrag – und verdient sein Geld heute trotzdem irgendwie mit Fussball. Zum Beispiel hier.

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7 Kommentare zu “Liebe Fussballfans: Hinhören und lernen!”

  1. olze sagt:

    Alles hat seinen Preis im Leben:

    In argentinischen Stadien darf kein Fan der gegenerischen Mannschaft, nei sogar die Farbe darf man nicht tragen.
    All das ist zu gefährlich.

    Schade

    • cayu sagt:

      hahaha unsinn war im stadion wo sie das video gedreht haben slo vs racing und alle racing fans hatten ihre club shirts an die gäst kommen 1std früher und gehen auch früher wir mussten warten bis alle racing fans draussen waren

  2. Benni Aschwanden sagt:

    Es ist immer wieder das gleiche. Wegen ein paar Vollidioten die sich daneben benehmen muss sich die Mehrheit dann einschränken. Weil gewisse Radaubrüder Sportereignisse als Bühne missbrauchen, wo sie ihre Aggressionsbedürfnisse ausleben wollen wird die Atmosphäre dann totreguliert. Weil sich Einzelne nicht an die Regeln halten wollen müssen alle anderen dafür büssen. Das ist nicht nur im Fussball so. Was mir nicht in den Kopf will ist, warum die Vereine nichts gegen diese Randalierer unternehmen. Denn die Personen sind den Verantwortlichen mit Sicherheit bekannt! Aber man lässt sie gewähren. Warum?? Haben alle Angst, dass der Baum gleich umkippt wenn eine faule Wurzel abgeschnitten wird?

  3. Lars Michel sagt:

    Kurve feiert sich selbst…für Touristen aber ein gefährliches Plaster das Gebiet um das Stadion!

  4. Fabian sagt:

    Eine solche Stimmung herrscht in ganz Argentinien, bei jedem Verein.

  5. Peter sagt:

    Etwa so ist die Stimmung bei jedem Heimspiel von Atlético Bucaramanga (Kolumbien). Es ist einfach nur fantastisch. Keine Ausschreitungen und Bubiaktionen wie in der Schweizer Liga. Liebe Grüsse aus Kolumbien.

    • Röschu sagt:

      Genau in Kolumbien gibt es ‘keine Ausschreitungen und Bubiaktionen’. Aber wenn ein Spieler ein Eigentor erzielt, kann es schon mal vorkommen dass er auf offener Strasse erschossen wird…

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